Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (4. Kammer) - 4 B 10002/21

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird festgesetzt auf ... €.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2020 und die Festsetzung der Vorauszahlung für das Jahr 2021.

2

Der Antragsteller ist zusammen mit seiner Ehefrau Eigentümer einer Eigentumswohnung unter der Anschrift ... in ... ... (Wohnung 7). Sie wurde im Jahre 2010 für ... € erworben und befindet sich in einem Gebäude aus dem Jahre 1970 an der Hauptstraße des Ortes. Die Hauptwohnung des Ehepaares befindet sich in ... .

3

Die Antragsgegnerin erhebt rückwirkend seit dem 01.01.2013 Zweitwohnungssteuer auf Grundlage der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer vom 02.04.2020, welche die Satzung vom 27.10.2000 für den Zeitraum 01.01.2013 bis 31.12.2013 und die Satzung vom 02.07.2019 für den Zeitraum ab 01.01.2014 ersetzt.

4

Mit Bescheid vom 30.09.2021 setzte die Antragsgegnerin Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2020 in Höhe von ... € für den Zeitraum 01.01.2020 bis 17.03.2020 und 04.05.2020 bis 31.12.2020 und eine Vorauszahlung für das Jahr 2021 in Höhe von ... € fest.

5

Dagegen erhob der Antragsteller am 13.10.2021 Widerspruch und beantragte am 14.10.2021 den Erlass bzw. einen hälftigen Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit, hilfsweise eine monatliche Ratenzahlung. Zur Begründung führte er aus, dass die Antragstellerin es schuldhaft versäumt habe die Zweitwohnungssteuer jeweils im Januar des betroffenen Jahres festzusetzen. Der Einzug eines vierstelligen Betrages ohne Vorankündigung sei unbillig. Weiter sei in der Zeit vom 01.01.2021 bis 17.05.2021 eine Vermietung der Wohnung coronabedingt untersagt gewesen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wieso nur für die Zeit von März bis Mai 2020 keine Zweitwohnungssteuer erhoben worden sei. Ab Ende Mai sei eine Selbstnutzung zwar möglich gewesen, diese sei aber faktisch durch die Corona-Beschränkungen ausgeschlossen gewesen. Der Mietausfall für diese Zeit betrage mehrere tausend Euro, weswegen die Erhebung der Zweitwohnungssteuer unbillig sei. Weiter belaste die Forderung den Antragsteller unbillig, weswegen der Hilfsantrag gestellt werde.

6

Mit Schreiben vom 17.10.2021 wandte sich der Antragsteller an den Bürgermeister persönlich. Er führte aus, dass die neue Zweitwohnungssteuersatzung rechtswidrig sei. Eigentümer älterer Wohnungen würden noch ungerechter behandelt als zuvor und die Satzung sei offensichtlich darauf ausgerichtet, Zweitwohnungsbesitzer bis zum Rand des Erträglichen finanziell auszupressen oder in die Ausweichreaktion der Anmeldung des Hauptwohnsitzes in ... zu treiben, um einen maximalen Mittelzufluss aus dem Länderfinanzausgleich zu generieren. Eine Wohnsitzverlegung komme für den Antragsteller nicht in Betracht. Er übe seine berufliche Tätigkeit sowohl von seinem Hauptwohnsitz in ... als auch von seiner Zweitwohnung aus. Dort sei jeweils ein Arbeitsplatz eingerichtet. Weil auch seine Frau im Homeoffice arbeite, würde er aus Platzgründen überwiegend die Zweitwohnung nutzen. Im Jahr 2020 seien das 55 Tage und im Jahre 2021 bislang 75 Tage gewesen. Es sei daher zu prüfen, ob er nicht unter § 3 Abs. 2 der Satzung falle, da es sich um eine beruflich erforderliche Wohnung handele. Die Erhebung der Zweitwohnungssteuer verletze ihn aber unabhängig davon in seinem Eigentumsrecht. Der Antragsteller und seine Frau hätten die Wohnung für ... ... € erworben und seitdem ... € Zweitwohnungssteuer gezahlt. Dies zeige, dass eine Substanzbesteuerung mit erdrosselnder Wirkung gegeben sei. Nun habe sich die Zweitwohnungssteuer zusätzlich noch um ein Drittel erhöht. Dies beruhe auf einer angeblichen Steigerung des Lagewertes durch einen erhöhten Bodenrichtwert, welcher zukünftig noch weiter steigen solle. Die derzeitige Berechnung der Zweitwohnungssteuer könne daher nicht richtig sein, da dies zukünftig zu einer Verdoppelung der Steuer führen würde. Auch seien die Bodenrichtwerte an sich zweifelhaft. Es könne nicht sein, dass dieser bei den Häusern mit geraden Hausnummern in der Straße „ ... “ bei ... € pro m2 liege und bei den Häusern mit einer ungeraden Hausnummer bei ... € pro m2. Auch ergebe sich aus einem Vergleich mit derzeitigen Verkaufspreisen in der Straße oder der Wohnungen im Bereich ..., dass der Bodenrichtwert höchstens bei ... €/ ... € pro m2 liegen könne. In die Wertermittlung der Bodenrichtwerte seien mithin nicht zu berücksichtigende Faktoren eingeflossen. Gegen den Baujahresfaktor sei einzuwenden, dass dieser die Wertunterschiede nicht abzubilden vermöge. So werde für eine Neubauwohnung nur eine 2,5% höhere Zweitwohnungssteuer fällig, wie für seine Wohnung. Die derzeit erhobene Zweitwohnungssteuer stelle eine zweite Grundsteuer dar. Eine angemessene Zweitwohnungssteuer für die Wohnung des Antragstellers liege höchstens bei ... € pro Jahr. Außerdem liege auch gar keine besteuerungswürdige Leistungsfähigkeit des Antragstellers vor.

7

Mit Schreiben vom 26.10.2021 bezog sich der Antragsteller zur weiteren Begründung seines Widerspruches auf das Schreiben an den Bürgermeister vom 17.10.2021.

8

Am 03.11.2021 zog die Antragsgegnerin den Betrag per Lastschrift aufgrund eines Lastschriftmandats ein, woraufhin der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 30.09.2021, hilfsweise die Aufhebung der Vollziehung, bei der Antragsgegnerin beantragte. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin am 04.11.2021 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zweitwohnungssteuerbescheide und keine Anhaltspunkte für eine unbillige Härte bestünden.

9

Weiter lehnte die Antragsgegnerin mit zwei Bescheiden vom 04.11.2021 die Anträge des Antragstellers auf Erlass bzw. hälftigen Erlass der Steuerzahlungen ab. Zur Begründung führte Sie aus, dass eine eingeschränkte Vermietungsmöglichkeit nicht zu einer Unbilligkeit einer Zweitwohnungssteuererhebung führe, weil die Zweitwohnungssteuer nicht auf die Vermietung der Immobilie abstelle, sondern die Aufwandsbesteuerung an die Einkommensverwendung zur persönlichen Lebensführung gekoppelt sei. Die Nutzung der Ferienimmobilie durch die Eigentümer sei nicht durch die touristischen Einschränkungen im Rahmen der Covid-19-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 derart betroffen gewesen, wie es der Antragsteller ausführe. Lediglich im Zeitraum vom 18.03.2020 bis zum 03.05.2020 sei die Nutzung durch Eigentümer eingeschränkt gewesen. Dies sei im streitgegenständlichen Steuerbescheid berücksichtigt worden.

10

Mit Bescheid vom 10.11.2021 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass seinen Anträgen auf eine Ratenzahlung mangels Vorliegens bestimmter Unterlagen noch nicht entsprochen werden könne und forderte den Antragsteller unter Auflistung der Unterlagen auf, diese einzureichen.

11

Der Antragsteller hat einen Tag zuvor, am 09.11.2021, um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung führt er aus, dass die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer zu einer offensichtlich unzutreffenden Substanzbesteuerung mit erdrosselnder Wirkung führen würde und daher verfassungswidrig sei. Außerdem seien Zeiten der beruflichen Nutzung sowie Zeiten des vollständigen Nutzungsverbotes aufgrund von der Antragsgegnerin erlassener Allgemeinverfügungen wegen Corona unzutreffend berücksichtigt worden. Weiter habe er am 14.10.2021 umfangreich begründete Erlassanträge, hilfsweise Anträge auf Stundung gegen Ratenzahlung gestellt. Auch aus diesem Grund habe die Einziehung der Zweitwohnungssteuer nicht stattfinden dürfen.

12

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

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die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 13.10.2021 gegen den Bescheid vom 30.09.2021 anzuordnen.

14

Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

16

Zur Begründung wiederholt sie die Ausführungen im Schreiben vom 04.11.2021 und führt ergänzend aus, dass § 3 Abs. 2 der Zweitwohnungssteuersatzung nicht erfüllt sei. Die Regelung knüpfe an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11.10.2005 – 1 BvR 1232/00 – an. Es fehle im Falle des Antragstellers an einer melderechtlichen Zwangslage und das Innehaben der Wohnung sei auch nicht berufsbedingt erforderlich. Es handele sich auch nicht um eine Substanzbesteuerung mit erdrosselnder Wirkung. Die Aufwandsteuer besteuere die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Inhabers. Diese liege auch bei dem Antragsteller vor, da er Eigentümer der streitgegenständlichen Wohnung sei. Die Ausführungen des Antragstellers zu pandemiebedingten Ausfällen seien unbeachtlich, weil der Zeitraum der eingeschränkten Nutzung im Bescheid bereits berücksichtig worden sei. Grundlage dafür sei eine Entscheidung der Verwaltungsleitung aufgrund der Landesverordnungen über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Schleswig-Holstein (SARS-CoV-2-BekämpfV) vom 17.03.2020 und vom 18.04.2020. Die Bemessungsgrundlage für die Zweitwohnungssteuer sei rechtmäßig, was sich aus der aktuellen Rechtsprechung ergebe. Auch eine erdrosselnde Wirkung sei nicht erkennbar. Die Multiplikation der unterschiedlichen Faktoren führe dazu, dass das Innehaben von Zweitwohnungen, die typischerweise aufgrund ihrer Lage, Wohnfläche, Baujahr und Gebäudeart einen höheren finanziellen Aufwand erforderten, höher besteuert würden, als Zweitwohnungen, die aufgrund der genannten Faktoren einen geringen finanziellen Aufwand erfordern würden. Durch die Anwendung des satzungsrechtlichen Steuermaßstabs würden Zweitwohnungen aufgrund typischerweise aufwandsbeeinflussender Faktoren in Relation zueinander gesetzt, so dass die Unterschiede hinsichtlich des Aufwands trotz Anwendung eines einheitlichen Steuersatzes bei der Bemessung der Zweiwohnungssteuer Berücksichtigung finden würden. Der von der Antragsgegnerin gewählte Steuermaßstab weise demnach einen Bezug zu dem zu erfassenden Aufwand für das Innehaben einer Zweitwohnung auf.

17

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes und der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die jeweiligen Schriftsätze der Beteiligten, und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

18

Der Antrag des Antragstellers auf Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung, ist entsprechend seinem Begehren gem. §§ 122, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass er nach § 80 Abs. 5 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen den Zweitwohnungssteuerbescheid vom 30.09.2021 begehrt.

19

Der so verstandene Antrag ist zulässig, insbesondere ist er nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, weil ein Widerspruch gegen einen Zweitwohnungssteuerbescheid nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung hat, in der Hauptsache die Anfechtungsklage die statthafte Klageart wäre (vgl. §123 Abs. 5 VwGO) und der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO auch schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig ist.

20

Es ist auch die Voraussetzung des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO erfüllt. Danach ist ein Antrag nach § 80 Absatz 5 VwGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Der Antragssteller hat mit Schreiben vom 03.11.2021 die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung beantragt. Den Antrag hat die Antragsgegnerin am 04.11.2021 abgelehnt.

21

Dem Antragsteller fehlt auch nicht das Rechtsschutzinteresse, weil der Betrag der Zweitwohnungssteuerfestsetzung bereits eingezogen worden ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist insoweit eine Voraussetzung für die Anordnung der Rückgängigmachung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO (Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 80 Rn. 136).

22

Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

23

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruches gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO ist begründet, wenn das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Interesse am Vollzug der in der Hauptsache anzugreifenden Entscheidung überwiegt. Dies ist regelmäßig nach Durchführung einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage in Abhängigkeit von den Erfolgsaussichten der Hauptsache zu beurteilen. Den Maßstab für die gerichtliche Entscheidung bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, die sich gegen die Anforderung öffentlicher Abgaben oder Kosten (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) richtet, stellt der Maßstab dar, den das Gesetz für das vorgelagerte behördliche Aussetzungsverfahren vorsieht. Nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll die Aussetzung des Sofortvollzuges bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes liegen vor, wenn der Erfolg der Klage zumindest ebenso wahrscheinlich ist wie deren Misserfolg (vgl. std. Rspr. OVG Schleswig, Beschluss vom 5.12.2018 – 2 MB 26/18 – juris, Rn. 5; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 03.07.1981 – 8 C 83.81 – juris; Beschluss der Kammer vom 26.04.2019 – 4 B 2/19 – juris, Rn. 18 ff.).

24

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitbefangenen Abgabenbescheides können sich auch aus sich aufdrängenden Satzungsmängeln der zugrundeliegenden kommunalen Abgabensatzung ergeben. Derartige Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Abgabensatzung müssen dann jedoch im Eilverfahren so offensichtlich und eindeutig sein, dass im Hauptsacheverfahren eine andere rechtliche Beurteilung nicht zu erwarten ist. Eine Klärung offener Fragen zur Gültigkeit der jeweiligen Abgabensatzung kann nicht Aufgabe des Eilverfahrens sein. Vielmehr hat die (Inzident-)Kontrolle der Satzung im dafür vorgesehenen Hauptsacheverfahren stattzufinden (OVG Weimar, Beschuss vom 23.04.1998 – 4 EO 6/97 – juris, Rn. 25 m. w. N.; Beschlüsse der Kammer vom 07.03.2019 – 4 B 105/18 – juris, Rn. 8, vom 19.11.2018 – 4 B 83/18 – n. V. und vom 31.03.2021 – 4 B 1/21 – juris, Rn. 24). Nur wenn Fehler offen zu Tage treten, ist dies im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes zu berücksichtigen (VG München, Beschluss vom 15.11.2005 – M 10 S 05.2876 – juris, Rn. 18).

25

In Anwendung dieser Maßstäbe bestehen im vorliegenden Eilverfahren nach Durchführung der gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zweitwohnungssteuerbescheides vom 30.09.2021.

26

Das Gericht hat im Eilverfahren unter Berücksichtigung des dargelegten Maßstabes keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer der Antragsgegnerin vom 02.04.2020 mit rückwirkender Geltung ab 01.01.2013 (im folgenden ZwStS). Aufdrängende Satzungsmängel sind nicht ersichtlich.

27

Die Antragsgegnerin war berechtigt, für das Innehaben einer Zweitwohnung im Gemeindegebiet Zweitwohnungssteuer durch Satzung zu erheben, weil es sich hierbei um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) handelt. Zulässige Aufwandsteuern im Sinne dieser Regelung sind Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Im Falle der Zweitwohnungssteuer bringt das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck (BVerfG, Beschlüsse vom 06.12.1983 – 2 BvR 1275/79 – juris, Rn. 75 und vom 11.10.2005 – 1 BvR 1232/00, 2627/03 – juris, Rn. 89; BVerwG, Urteile vom 11.10.2016 – 9 C 28.15 – juris, Rn. 12, vom 15.10.2014 – 9 C 5.13 – juris, Rn. 12 und vom 13.05.2009 – 9 C 8.08 – juris, Rn. 16). Hierin liegt die Rechtfertigung für die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer im Falle der konsumtiven Nutzungsmöglichkeit. Belastungsgrund für den steuerbaren Aufwand ist allein der im Konsum – hier: Halten einer Zweitwohnung – zum Ausdruck kommende äußere Eindruck besonderer Leistungsfähigkeit, ohne Rücksicht auf den persönlichen Anlass, den Grund oder das Motiv für den betriebenen Aufwand (BVerfG, Beschluss vom 17.02.2010 – 1 BvR 2664/09 – juris, Rn. 51). Auch auf die Dauer des Innehabens einer Wohnung kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich nicht an (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 – 2 BvR 1275/79 – juris, Rn. 76), so dass die klarstellende Regelung in § 2 Abs. 6 ZwStS („Eine Wohnung verliert die Eigenschaft einer Zweitwohnung nicht dadurch, dass sie vorübergehend anders oder nicht genutzt wird.“) hiermit im Einklang steht. Der Vergleich mit der Grundsteuer, die einen anderen Besteuerungszweck als den dargestellten zur Zweitwohnungssteuer als Aufwandssteuer hat, trägt daher nicht (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 31.03.2021 – 4 B 1/21 – juris, Rn. 27). Ein Verstoß gegen das Gleichartigkeitsverbot liegt nicht vor. Zweitwohnungs- und Grundsteuer sind nicht gleichartig, da unterschiedliche Steuerschuldner angesprochen und unterschiedliche Quellen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit erschlossen werden und ihre Steuergegenstände verschieden sind. Steuerschuldner der Grundsteuer ist Grundbesitzer. Sie zielt als Objektsteuer wirtschaftlich auf die durch den Besitz sogenannte fundierte Einkommens vermittelte Leistungskraft ab. Steuergegenstand ist die Ertragsfähigkeit des Grundbesitzes als einer möglichen Einnahmequelle. Steuerschuldner der Zweitwohnungssteuer hingegen ist der Eigentümer, Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte. Erfasst wird die Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung von Einkommen für einen Aufwand zum Ausdruck kommt und Steuergegenstand ist das Innehaben einer Zweitwohnung als Form einer Einkommensverwendung (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 – 2 BvR 1275/79 – juris, Rn. 88). Die Berücksichtigung des Bodenrichtwertes erfolgt – wie die Jahresrohmiete in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts – als einer von mehreren Faktoren bei der Berechnung der Zweitwohnungssteuer. Damit wird er im Rahmen des pauschalisierten Steuermaßstabes (dazu sogleich) herangezogen, aber nicht als Steuergegenstand als solcher. Vor diesem Hintergrund führt auch die Berücksichtigung des Bodenrichtwertes als Faktor nach summarischer Prüfung im Eilverfahren zu keinem Verstoß gegen das Gleichartigkeitsverbot.

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Im Übrigen wurde die Satzung in formeller Hinsicht einstimmig am 26.03.2020 durch die dazu berufene Bürgerschaft beschlossen und vom Bürgermeister am 02.04.2020 ausgefertigt sowie im Internet unter www.bekanntmachungen. ... .de entsprechend § 18 Abs. 1 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin in der Fassung der XIII. Änderungssatzung vom 27.11.2017 am 22.04.2020 bekanntgemacht und ist damit wirksam erlassen worden.

29

Materiell-rechtlich ist ebenfalls nichts zu erinnern; ein Verstoß gegen höherrangiges Recht ist nicht ersichtlich.

30

Die Zweitwohnungssteuersatzung berücksichtigt das Zitiergebot des § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG in ausreichendem Maße und sie enthält die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG erforderlichen Mindestangaben [§ 2 (Gegenstand), § 3 (Steuerpflichtiger), §§ 4, 5 (Bemessungsgrundlage), § 6 Abs. 1 (Entstehung) und § 6 Abs. 4 (Fälligkeit)].

31

Die Antragsgegnerin durfte die Satzung auch rückwirkend in Kraft setzen (vgl. § 11 Abs. 1 ZwStS). Die Rechtmäßigkeit des Inkrafttretens von Satzungsregelungen mit Wirkung für die Vergangenheit ist sowohl nach den verfassungsrechtlichen Grenzen (Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung einerseits und der grundsätzlich unzulässigen echten Rückwirkung andererseits, vgl. Darstellung bei Arndt, in: Praxis der Kommunalverwaltung, § 2, Stand: 5.2020, Rn. 104 ff.) als auch nach den einfachgesetzlichen Grenzen, wie sie sich aus § 2 Abs. 2 KAG ergeben, zu beurteilen. Es handelt sich vorliegend zwar um einen Fall einer echten Rückwirkung (bzw. Rückbewirkung von Rechtsfolgen), da § 2 Abs. 1 ZwStS auf in den Jahren 2013 bis 2019 bereits abgeschlossene Sachverhalte (Innehaben einer Zweitwohnung) für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich beeinflusst. Da aber kein Benutzer einer öffentlichen Einrichtung schutzwürdig darauf vertrauen kann, wegen der (mutmaßlichen) Unwirksamkeit der ursprünglichen, für die Zeit der Vorteilsnahme vermeintlich geltenden Satzung, von einer Abgabenpflicht überhaupt verschont zu bleiben, ist diese gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.07.1957 – 1 BvL 23/52 –; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 2, Stand: 22. EL, Rn. 34; Arndt, a.a.O, § 2, Rn. 107) und damit zulässig. Nach Ansicht der Kammer gilt dies gleichermaßen im Bereich des Zweitwohnungssteuerrechts (vgl. Beschluss der Kammer vom 31.03.2021 – 4 B 1/21 – juris, Rn. 31) – bei kommunalen Steuern handelt es sich ebenfalls um Abgaben, vgl. § 1 Abs. 1 KAG –, da ebenso wenig ein Wohnungsinhaber schutzwürdig darauf vertrauen kann, dass er wegen der (mutmaßlichen) Unwirksamkeit der ursprünglichen, für die Zeit des getätigten Aufwands als der Besteuerung unterliegende besondere Leistungsfähigkeit vermeintlich geltende Satzung, von einer Steuerpflicht verschont wird. Ein Differenzierungsgrund im Hinblick auf die (verfassungsrechtliche) Zulässigkeit einer echten Rückwirkung ist nicht erkennbar.

32

Die Zweitwohnungssteuersatzung verstößt zudem nicht gegen § 2 Abs. 2 KAG. Danach kann eine Satzung mit rückwirkender Kraft auch dann erlassen werden, wenn sie eine die gleiche oder eine gleichartige Abgabe enthaltende Regelung ohne Rücksicht auf deren Rechtswirksamkeit ausdrücklich ersetzt. Die Rückwirkung kann bis zu dem Zeitpunkt ausgedehnt werden, zu dem die ersetzte Satzung in Kraft getreten war oder in Kraft treten sollte. Diese Vorgaben sind vorliegend erfüllt. Nach § 11 Abs. 1 ZwStS tritt die Satzung rückwirkend zum 01.01.2013 in Kraft und ersetzt ab diesem Zeitpunkt die Satzungen vom 27.10.2000 und vom 02.07.2019.

33

Zudem dürfen Abgabenpflichtige durch die rückwirkend erlassene Satzung nicht ungünstiger gestellt werden als nach der bisherigen Satzung (§ 2 Abs. 2 Satz 3 KAG). Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Zweitwohnungssteuersatzung, denn sie regelt in § 11 Abs. 2 ZwStS ausdrücklich, dass durch das rückwirkende Inkrafttreten Steuerpflichtige nicht ungünstiger gestellt werden als nach dem bisherigen Satzungsrecht. Dies entspricht der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts, wonach die Vorschrift dahingehend auszulegen ist, dass das Schlechterstellungsverbot in der rückwirkenden Satzung selbst geregelt sein muss, es sei denn es steht fest, dass die rückwirkende Satzung stets zu günstigeren Ergebnissen führt (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 20.03.2002 – 2 K 4/00 – juris). Im Übrigen hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30.01.2019 (– 2 LB 92/18 – juris, Rn. 139) ausdrücklich angeführt, dass die Kommunen zum rückwirkenden Erlass einer Zweitwohnungssteuersatzung mit geändertem Steuermaßstab unter Beachtung des Schlechterstellungsverbotes berechtigt sind.

34

Letztlich bestehen keine sich aufdrängenden materiell-rechtlichen Bedenken gegen den von der Antragsgegnerin gewählten Steuermaßstab (§ 4 ZwStS) und Steuersatz (§ 5 ZwStS).

35

Der Gesetzgeber hat einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes und des Steuermaßstabes. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen. Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (OVG Schleswig, Urteil vom 30.01.2019 – 2 LB 92/18 – juris, Rn. 78 m. w. N.).

36

Wie bereits dargestellt, ist der Belastungsgrund einer kommunalen Zweitwohnungssteuer der finanzielle Aufwand des einzelnen Zweitwohnungsinhabers für das Innehaben der Zweitwohnung. Denn die Zweitwohnungssteuer knüpft als örtliche Aufwandsteuer an das Innehaben einer Zweitwohnung im Gebiet der betreffenden Kommune an. Mit ihr soll die in der Einkommens- und Vermögensverwendung für das Innehaben der Zweitwohnung zum Ausdruck kommende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Zweitwohnungsinhabers erfasst werden. Ausgehend davon wäre zwar der tatsächliche Aufwand des einzelnen Zweitwohnungsinhabers für das Innehaben einer Zweitwohnung in der betreffenden Kommune der wirklichkeitsnächste Maßstab für die Bemessung der Zweitwohnungssteuer. Er ist aber kaum zuverlässig feststellbar. So fallen neben dem Kaufpreis für den Erwerb der Zweitwohnung einschließlich der damit verbundenen Nebenkosten bzw. dem Mietzins für eine gemietete Zweitwohnung als weitere finanzielle Aufwendungen für das Innehaben einer Zweitwohnung z. B. von den individuellen Umständen abhängige Nebenkosten sowie Kosten für die Anschaffung von Mobiliar und Haushaltszubehör an. Lässt sich der individuelle, wirkliche Aufwand nicht oder – wie hier – kaum zuverlässig erfassen und steht damit kein praktikabler Wirklichkeitsmaßstab zur Verfügung, so darf der Satzungsgeber zur Bemessung einer Aufwandsteuer auf einen Ersatzmaßstab zurückgreifen. Er darf sich bei der Festlegung und Ausgestaltung des Ersatzmaßstabs von Praktikabilitätserwägungen leiten lassen, die je nach Zahl der zu erfassenden Bewertungsvorgänge an Bedeutung gewinnen und so auch in größerem Umfang Typisierungen und Pauschalierungen rechtfertigen können, dabei aber deren verfassungsrechtliche Grenzen wahren müssen. Der gewählte Ersatzmaßstab muss allerdings einen zumindest lockeren Bezug zu dem zu erfassenden Aufwand aufweisen. Er muss die Erfassung des Aufwands wenigstens wahrscheinlich machen (OVG Schleswig, Urteil vom 30.01.2019 – 2 LB 92/18 – juris, Rn. 81 ff.).

37

Das ist vorliegend der Fall. Die von der Antragsgegnerin gewählte Formel zur Ermittlung des Steuermaßstabs weist einen Bezug zu dem zu erfassenden Aufwand auf. Dabei geht die Kammer nach der summarischen Prüfung davon aus, dass der von der Antragsgegnerin normierte Steuermaßstab sich im Hinblick auf die zugrunde gelegten Bemessungsfaktoren durchaus in dem vom Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30.01.2019 (– 2 LB 92/18 – juris, Rn. 116) umrissenen Rahmen bewegt. So hat die Antragsgegnerin vorliegend in § 4 Abs. 1 ZwStS mit der Quadratmeterzahl der Wohnfläche (Abs. 4) einen Flächenmaßstab gewählt, der sodann – entsprechend den vom Oberverwaltungsgericht genannten Kriterien Baujahr und Lage – mit einem so genannten Lagewert des Steuergegenstandes (modifizierter Bodenrichtwert, Abs. 2 und 3), Baujahresfaktor (Abs. 5) und dem Verfügbarkeitsgrad (Abs. 6) multipliziert wird. Die Ermittlung der einzelnen Faktoren wird in den genannten Absätzen der Vorschrift konkretisiert. Nach der summarischen Prüfung erscheint auch das Fehlen des Faktors Gebäudeart, welchen das Oberverwaltungsgericht ebenfalls aufzählt, als unschädlich, da sich aus dem Beschlussvorschlag der Satzung vom 28.02.2020 ergibt, dass die Antragsgegnerin sich eingehend mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts befasst hat. Sie hat demnach absichtlich auf den Faktor Gebäudeart verzichtet, weil die vom Oberverwaltungsgericht geforderte Differenzierung bereits durch die Anwendung des individuellen Bodenrichtwertes erfolge. In der überwiegenden Zahl der Zonen würden Bodenrichtwerte für die unterschiedlichen Gebäudearten (Reihenhaus, Einfamilienhaus, Wohnung) ausgewiesen. Dies entspricht auch der Erläuterung zu den Bodenrichtwerten vom 31.12.2018, in der es heißt, dass beispielsweise die Abkürzung MFH hinter dem ausgewiesenen Bodenrichtwert für die streitgegenständliche Wohnung in der Karte des DigitalenAtlasNord (abrufbar unter https://danord.gdi-sh.de/viewer/resources/apps/VBORIS/index.html?lang=de#/) für Mehrfamilienhäuser steht. Im Übrigen bleibt die Beurteilung des Fehlens des Faktors Gebäudeart in § 4 ZwStS einer Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten.

38

Auch der Steuersatz in Höhe von 1,3 % des Maßstabes nach § 4 ZwStS (§ 5 Satz 1 ZwStS) unterliegt im Eilverfahren keinen rechtlichen Bedenken. Dies wäre nur der Fall, wenn sich dadurch evident eine (grundsätzlich) beim Steuersatz zu überprüfende erdrosselnde Wirkung gemessen an dieser ergäbe. Das dem Satzungsgeber auch insoweit eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Höhe des Steuersatzes wird eingeschränkt durch allgemeine Eingriffsbegrenzungen, insbesondere durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Nach der Rechtsprechung ist die Eigentumsgarantie jedenfalls dann verletzt, wenn der Steuer erdrosselnde Wirkung zukommt (OVG Schleswig, Urteil vom 30.01.2019 – 2 LB 90/18 – juris, Rn. 136). Dies ist bei einem Steuersatz von 1,3 % weder ersichtlich noch hat der Antragsteller hierzu konkrete Anhaltspunkte dargelegt. Dass sich im einzelnen Veranlagungsfall – wie auch im Falle des Antragstellers – nunmehr eine höhere jährliche Zweitwohnungssteuer ergeben kann, ist das Ergebnis des neuen Steuermaßstabes in Kombination mit dem Steuersatz, welche beide – wie dargestellt – nach summarischer Prüfung den rechtlichen Anforderungen entsprechen und insbesondere aus der Ablösung des verfassungswidrigen Steuermaßstabes der sog. Jahresrohmiete nach § 79 des Bewertungsgesetzes – die dann gerade in diesen Fällen ggf. zu gering ausgefallen ist – resultiert.

39

Die Rechtsanwendung durch die Antragsgegnerin im konkreten Fall ist nach der summarischen Prüfung ebenfalls nicht zu beanstanden, erhebliche Zweifel hieran bestehen nicht. Die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2020 (01.01.2020 bis 17.03.2020 und 04.05.2020 bis 31.12.2020) in Höhe von insgesamt ... € und die Festsetzung der Vorauszahlung für das Jahr 2021 in Höhe von ... € gemäß des Bescheides vom 30.09.2021 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

40

Rechtsgrundlage für den Erlass des Bescheides für die Jahre 2020 und 2021 (Vorauszahlung) ist § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG i. V. m. der Zweitwohnungssteuersatzung der Antragsgegnerin vom 02.04.2020.

41

Die Antragsgegnerin war zuständig für den Erlass des angefochtenen Zweitwohnungssteuerbescheides, der auf ihrer Zweitwohnungssteuersatzung beruht. Sie durfte nach § 6 Abs. 3 und 4 ZwStS auch eine Vorauszahlung für das Jahr 2021 erheben.

42

Gemäß § 2 Abs. 1 ZwStS ist Gegenstand der Steuer das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet. Eine Zweitwohnung ist gemäß Absatz 2 dieser Vorschrift jede Wohnung, über die jemand neben der Hauptwohnung zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs oder dem persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder oder Angehörigen im Sinne des § 15 Abgabenordnung (AO) verfügen kann. Steuerpflichtig ist gemäß § 3 Abs. 1 ZwStS, wer im Stadtgebiet eine Zweitwohnung im Sinne des § 2 innehat. Nicht der Steuer unterliegt das Innehaben einer berufsbedingt erforderlichen Zweitwohnung, die trotz vorwiegender Nutzung aufgrund melderechtlicher Vorschriften betreffend den Familienwohnsitz nicht Hauptwohnung ist (Abs. 2).

43

Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 ZwStS nicht erfüllt. Die Regelung ist Folge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.10.2005 – 1 BvR 1232/00. Danach diskriminiert die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer auf das Innehaben einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrenntlebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, die Ehe und verstößt gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Voraussetzung dafür ist, dass die Wohnung berufsbedingt erforderlich ist und eine melderechtliche Zwangslage für den Zweitwohnungsinhaber vorliegt. Berufsbedingt erforderlich ist eine Wohnung nur dann, wenn der Arbeit nach der Lage des Beschäftigungsortes nicht von der gemeinsamen Wohnung aus nachgegangen werden kann und die Wohnung nur für die Berufsausübung benötigt wird. Dabei sind die Entfernung zwischen gemeinsamer (ehelicher) Wohnung und dem Beschäftigungsort bzw. dem Ort der Nebenwohnung zu berücksichtigen, sowie die Verkehrsverbindung, die Kosten und der Zeitaufwand für das Zurücklegen der Strecken. Weiter berücksichtigt werden können die persönlichen Verhältnisse wie gesundheits-, alters- oder behinderungsbedingte Beeinträchtigungen, die Arbeitszeiten und die Größe und Kosten der Nebenwohnung (VG Köln, Urteil vom 20.02.2008 – 21 K 4802/07 – juris, Rn. 19). Eine melderechtliche Zwangslage liegt vor, wenn die jeweilige Wohnung überwiegend genutzt wird und daher nach dem Melderecht eigentlich als Hauptwohnung eingestuft werden würde. Beide Voraussetzungen sind bei dem Antragsteller nicht erfüllt. Bei einer Nutzung der Wohnung als Homeoffice für 55 Tage oder 75 Tage im Jahr fehlt es bereits an der berufsbedingten Erforderlichkeit. Der Antragsteller hat selbst vorgetragen, dass er die Zweitwohnung aufgesucht habe, weil die Hauptwohnung nicht genügend Raum für zwei im Homeoffice arbeitende Erwachsene böte. Mangelnder Platz für das Arbeiten im Homeoffice macht eine Zweitwohnung jedoch noch nicht beruflich erforderlich, sondern es handelt sich dabei um einen subjektiven Eindruck. Weiter hat der Antragsteller weder vorgetragen, dass er ohne die Nebenwohnung seiner Arbeit nicht nachgehen könne noch andere Gründe, die eine berufsbedingte Erforderlichkeit rechtfertigen könnten. Auch eine melderechtliche Zwangslage ist nicht zu erkennen, da der Antragsteller zusammen mit seiner Ehefrau die Wohnung in ... überwiegend nutzt und gerade nicht die Zweitwohnung.

44

Inhaber einer Zweitwohnung kann nur sein, wer für eine gewisse Dauer rechtlich gesichert über die Nutzung dieser Wohnung verfügen, also entsprechend seinen Vorstellungen zur persönlichen Lebensführung selbst bestimmen kann, ob, wann und wie er diese nutzt, ob und wann er sich selbst darin aufhalten oder sie anderen zur Verfügung stellen will. Er muss Eigentümer, Mieter oder sonst Nutzungsberechtigter sein (BVerwG, Urteil vom 11.10.2016 – 9 C 28.15 – juris, Rn. 12 - 13; Urteil vom 13.05.2009 – 9 C 8.08 – Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 27 Rn. 23 m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 – 2 BvR 1275/79 – BVerfGE 65, 325 <348>). Maßgeblich ist mithin das „Innehaben“ einer Zweitwohnung. Diese Voraussetzungen liegen bei summarischer Prüfung vor; der Antragsteller hat im Sinne dieser Vorschriften die Wohnung unter der Anschrift ... in ... ... als Zweitwohnung inne. Die teilweise berufliche Nutzung spricht dabei nicht gegen ein Innehaben, da – wie bereits ausgeführt – die Wohnung nicht als berufsbedingt erforderlich angesehen werden kann und die Art der Nutzung im Übrigen für das Innehaben an sich irrelevant ist, da es lediglich auf die Möglichkeit der Nutzung zur persönlichen Lebensführung ankommt (vgl. dazu die Ausführungen oben).

45

Die Antragsgegnerin war nach summarischer Prüfung auch nicht gehalten, eine etwaig fehlende Nutzungsmöglichkeit der Wohnung aufgrund der Corona-Pandemie weiter als in dem bereits berücksichtigten Umfang (18.03.2020 bis 03.05.2020) zu beachten. Unabhängig von der Frage, ob die Möglichkeit der eigenen Nutzung der Zweitwohnung überhaupt beschränkt war, beruht die Berücksichtigung auf einer behördeninternen Entscheidung deren Grundlage § 2 SARS-CoV-2-BekämpfV vom 17.03.2020, vom 18.04.2020 war. Nach § 2 SARS-CoV-2-BekämpfV vom 17.03.2020 (GVOBl. SH 2020 Nr. 4, 158 ff.), 23.03.2020 (GVOBl. SH 2020 Nr. 6, 171 ff.), 02.04.2020 (GVOBl. SH 2020 Nr. 6, 175 ff.), 08.04.2020 (GVOBl. SH 2020 Nr. 6, 178 ff.) und 18.04.202 (GVOBl. SH 2020 Nr. 6, 195 ff.) war es in dem Zeitraum vom 18.03.2020 (Inkrafttreten der SARS-CoV-2-BekämpfV vom 17.03.2020 durch Ersatzverkündung am 17.03.2020) bis zum 04.05.2020 untersagt, aus touristischem Anlass nach Schleswig-Holstein einzureisen. Die Antragsgegnerin hat mit der behördeninternen Entscheidung das Einreiseverbot zugunsten des Antragstellers auch auf das Aufsuchen von Zweitwohnungen in der Zeit vom 18.03.2020 bis 03.05.2020 bezogen und von der Festsetzung der Zweitwohnungssteuer insoweit nach § 156 Abs. 2 AO abgesehen, wobei es sich um eine behördliche Ermessensentscheidung handelt. Vor diesem Hintergrund und da der Antragsteller seine Zweitwohnung im Jahre 2020 und 2021 nicht vermietet hat, das Einreiseverbot nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 der SARS-CoV-2-BekämpfV vom 01.05.2020 (GVOBl. SH 2020 Nr. 8, 271 ff.) in der Zeit vom 04.05.2020 bis zum 17.05.2020 gelockert wurde, die SARS-CoV-2-BekämpfV vom 01.05.2020 am 17.05.2020 außer Kraft getreten ist und im Übrigen keine weitere gesetzliche Grundlage für eine etwaige coronabedingte Zweitwohnungssteuerbefreiung (Betretungsverbot aus „touristischen“ Gründen) ersichtlich ist, kann die Frage, ob (überhaupt) und wie eine Berücksichtigung der coronabedingten Nutzungsbeschränkung (ggf. bis zum 17.05.2020) zu berücksichtigen war, der Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten bleiben. Jedenfalls unterliegt der Bescheid vom 30.09.2021 nach summarischer Prüfung im Eilverfahren keinen ernstlichen Zweifeln.

46

Die Höhe der festgesetzten Zweitwohnungssteuer ist inhaltlich und rechnerisch zutreffend. Danach ergibt sich folgende Formel:

47

- für das Jahr 2020 anteilig: ... € [Lagewert Stichtag 2018: ... € x 1,17 (GFZ des Wertermittlungsobjektes 1,1 und GFZ – Bezug des Richtwertes 0,8)] x ... m² [Wohnfläche] x 1,970 [Baujahr/1000] x 100 [% Verfügbarkeit] x 1,3 [Steuersatz] = ... €.

48

- für das Jahr 2021 (Vorauszahlung): ... € [Lagewert Stichtag 2018: ... € x 1,17 (GFZ des Wertermittlungsobjektes 1,1 und GFZ – Bezug des Richtwertes 0,8)] x ... m² [Wohnfläche] x 1,970 [Baujahr/1000] x 100 [% Verfügbarkeit] x 1,3 [Steuersatz] = ... €.

49

Für das Gericht sind darüber hinaus keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Vollziehung des Bescheides vom 30.09.2021 für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hatte.

50

Eine unbillige Härte in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn durch die sofortige Vollziehung oder Zahlung dem Abgabenpflichtigen wirtschaftliche Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur schwer wiedergutzumachen sind, insbesondere, wenn gar die wirtschaftliche Existenz des Abgabenpflichtigen gefährdet wäre (vgl. Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL 2020, § 80, Rn 296 m. w. N.). Bei der bereits eingezogenen Forderung in Höhe von ... ... € ist nicht ohne weiteres von einer finanziellen Überforderung des Antragstellers auszugehen. Dahingehende konkrete Anhaltspunkte hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Der Vortrag, in seinem Falle sei keine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gegeben, trägt nicht, da in dem Innehaben der Zweitwohnung allein die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck kommt (BVerfG, Beschlüsse vom 06.12.1983 – 2 BvR 1275/79 – juris, Rn. 75 und vom 11.10.2005 – 1 BvR 1232/00, 2627/03 – juris, Rn. 89; BVerwG, Urteile vom 11.10.2016 – 9 C 28.15 – juris, Rn. 12, vom 15.10.2014 – 9 C 5.13 – juris, Rn. 12 und vom 13.05.2009 – 9 C 8.08 – juris, Rn. 16).

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

52

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 39 Abs. 1, 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Danach ist für die Festsetzung des Streitwertes das Interesse des Antragstellers bei Antragstellung an der vorläufigen Regelung – der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches – maßgebend. Dieses Interesse ist bei Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen Abgabenforderungen im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO mit einem Viertel der in den in der Hauptsache angefochtenen Bescheiden genannten Beträge zu bewerten (hier ¼ von 1.691,38 €).


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