Beschluss vom Verwaltungsgericht Schwerin (15. Kammer) - 15 D 1956/18 SN

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Vollstreckungsgläubiger trägt die Kosten dieses Verfahrens

3. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

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Der Antrag des Vollstreckungsgläubigers,

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die Vollstreckung gegen die Schuldnerin aus dem im Original beigefügten Kostenfestsetzungsbeschlusses der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts vom 22.06.2018, Az.: 15 A 3298/17 As SN, zu verfügen und einen Gerichtsvollzieher wegen nachstehender Beträge mit der Ausführung der Vollstreckung zu beauftragen,

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war abzulehnen.

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Nach § 170 VwGO verfügt auf Antrag des Gläubigers das Gericht des ersten Rechtszuges die Vollstreckung wegen einer Geldforderung gegen die öffentliche Hand (§ 170 Abs. 1 VwGO). Die Verwaltungsgerichtsordnung versucht im Grundsatz, die Vollstreckung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen durch Verweis auf die entsprechenden zivilprozessrechtlichen Vorschriften zu behandeln, ergänzt diese jedoch durch die speziellen Regelungen in den §§ 168 bis 172 VwGO, die auf spezifische Bedürfnisse der hoheitlichen Verwaltungstätigkeit Rücksicht nehmen sollen. Weitere spezielle Vorgaben der §§ 170 und 172 VwGO gelten für die Vollstreckung gegen den Staat. Diese Normen dienen als Schutznormen der öffentlichen Hand, indem sie auf die Besonderheiten der Verwaltung und die von ihr zu erfüllenden öffentlichen Aufgaben Rücksicht nehmen (vgl. Heckmann, in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 172 Rn. 11).

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Auch wenn das Zwangsgeldverfahren damit annähernd vollständig in der Hand des Gerichts liegt, hängen allerdings Beginn und Fortsetzung des Vollstreckungsverfahrens von Anträgen des Vollstreckungsgläubigers bei Gericht ab. Insbesondere hat der Vollstreckungsgläubiger gesondert die Androhung und dann die Festsetzung des Zwangsgeldes zu beantragen (vgl. Heckmann, in Sodan/Ziekow, a. a. O., § 172 Rn. 67 ff.). In jedem Fall ist die auf der Grundlage des § 172 VwGO ergangene Vollstreckungsandrohung bereits Teil der „Vollstreckungsinstanz“. Die Zwangsvollstreckung aus dem im Erkenntnisverfahren erlangten Titel beginnt bereits mit der Vollstreckungsandrohung (vgl. auch § 19 Abs. 2 Nr. 5 RVG) und ist deshalb eine „besondere“, eigenständige Gebührenansprüche auslösende anwaltliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG (OVG Magdeburg, Beschluss vom 20. April 2018 – 3 O 164/18 –, Rn. 12, juris).

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Das Vollstreckungsverfahren ist daher ein eigenständiges Verfahren, bei dem auch grundsätzlich Gebühren des Bevollmächtigten anfallen.

7

Die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens fallen, soweit sie notwendig waren, dem Schuldner zu Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben (§ 167 VwGO i.V.m. § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO). Auf Antrag setzt das Vollstreckungsgericht, bei dem zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung anhängig ist, und nach Beendigung der Zwangsvollstreckung das Gericht, in dessen Bezirk die letzte Zwangsvollstreckung erfolgt ist, die Kosten gem. § 167 VwGO i.V.m. §§ 103 Abs. 2, 104 ZPO fest.

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Die Beitreibung der Kosten des Vollstreckungsverfahren geschieht daher systemwidrig, sie erfolgt grundsätzlich ohne einen besonderen Vollstreckungstitel zusammen mit dem vollstreckbaren Hauptanspruch (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 788 Rn 10). Der Gläubiger darf den Festsetzungsbeschluss aber erwirken (Baumbach, a.a.O.).

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Im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. Juni 2018 sind an 973,30 Euro festgesetzt worden. Die Antragsgegnerin hat am 2. Oktober 2018 einen Betrag von 995,02 Euro überwiesen. Damit hat die Antragsgegnerin die festgesetzte Forderung in Höhe von 973,30 Euro zuzüglich Zinsen vom 14. März 2018 bis 28. September 2018 in Höhe von 21,72 Euro gezahlt.

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Der Hauptanspruch aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ist daher bereits gezahlt und braucht (bzw. kann) nicht mehr vollstreckt werden. Offen sind mithin die vom Prozessbevollmächtigten des Antragstellers geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 34,27 Euro nach Nr. 3309 VVRVG nebst dem darauf fallenden Zinsanteil seit 22. August 2018.

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Dieser Kostenanteil ist in dem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht enthalten, weil er erst später im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens entstanden ist. Das Gericht hat bereits in seinem Vollstreckungsbeschluss vom 19. September 2018 ausgeführt, dass es sich dabei um grundsätzlich erstattungsfähige Kosten handelt (vgl. VG Schwerin, Beschluss vom 19. September 2018 – 15 D 707/18 SN -, juris). Die Kosten waren auch „notwendig“ im Sinne des Gesetzes, denn die Antragsgegnerin hat die im Beschluss vom 22. Juni 2018 festgesetzten Kosten trotz Vollstreckungsandrohung vom 22. August 2018 mit Fristsetzung bis zum 31. August 2018 nicht gezahlt. Das Gericht hat im oben genannten Beschluss einzeln ausgeführt, dass bei den Behörden der öffentlichen Hand, insbesondere bei hoher Arbeitsbelastung, eine Frist von sechs Wochen für die Zahlung noch angemessen sein kann. Nach zwei Monaten dürfte diese Frist aber auch unter Berücksichtigung einer hohen Arbeitsbelastung überschritten sein. Auch der Gläubiger hat Anspruch darauf, dass seine Kostenforderungen ausgeglichen werden. Dies steht bei der öffentlichen Hand zwar außer Zweifel, allerdings kann die Frist zur Erstattung aber auch nicht bis ins Unermessliche ausgedehnt werden. Auch wenn durch die Zinszahlung in der Regel kein materieller Schaden entsteht, so ist doch von der öffentlichen Hand zu erwarten, dass sie die Forderungen zügig ausgleicht. Eine Frist von sechs Wochen dürfte in aller Regel angemessen sein, um Arbeitsspitzen oder andere Probleme in der Verwaltungsarbeit auszugleichen bzw. innerhalb dieses Zeitraums organisatorisch zu lösen. Nach einer Frist von sechs Wochen darf der Gläubiger daher zu Recht seinen Prozessbevollmächtigten mit der Vollstreckung aus dem Beschluss beauftragen.

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Die nunmehr noch offenen Kosten können aber nicht mehr aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. Juni 2018 vollstreckt werden, weil sie in diesem Beschluss nicht enthalten und erst später entstanden sind. Eine Vollstreckung „zugleich“ mit dem Hauptanspruch aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ist nicht möglich, weil dieser bereits ausgeglichen ist.

13

Das Gericht hat bereits in dem oben zitierten Beschluss die Frage offen gelassen, ob diese Kosten noch aus dem Beschluss heraus vollstreckt werden können. Grundsätzlich sind zwar die Kosten in der Zwangsvollstreckung, soweit sie notwendig waren, zugleich mit den zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben (§ 788 Abs. 1 ZPO, § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Diese Vorschrift ermöglicht, die Kosten der Zwangsvollstreckung zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben. Die Vorschrift bezweckt eine Vereinfachungsfunktion für den Gläubiger, in dem sie die Beitreibung neben dem Hauptanspruch zulässt und die Prüfung der Entstehung und der Notwendigkeit der entstandenen Kosten den Vollstreckungsorganen auferlegt (Karsten Schmidt/Brinkmann im Münchner Kommentar Zivilprozessordnung § 788 Rn. 1). Voraussetzung für eine Beitreibung der Vollstreckungskosten ohne einen gesonderten Titel ist allerdings, dass es wegen des Hauptanspruchs überhaupt zu einer Vollstreckung gekommen ist (Kessel in Kindl/Meller-Hannich, Zwangsvollstreckung § 788 Rn. 17). Die Beitreibung der entstandenen Nebenkosten ohne Vollstreckung der festgesetzten Kosten ist daher nicht möglich. Bereits aus dem Wortlaut ergibt sich, dass diese Kosten nur „zugleich“ mit den zur Zwangsvollstreckung stehenden Kosten beizutreiben sind. Das bedeutet, dass eine isolierte Vollstreckung von Nebenkosten nicht möglich ist. Dem Gläubiger bleibt die Möglichkeit, diese Kosten durch ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren festzusetzen.

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Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 188 Satz 2 VwGO).

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