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| I. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Dies gilt für die Nebenbestimmung unter II. 1.7. 5. Spiegelstrich, wonach die Klägerin die Kosten der Dokumentierung der Einrichtungen zu tragen hat. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass eine Dokumentierung der unterirdischen Einrichtungen durch die Klägerin nach dem System MEGAPLAN auch für sie ausreichend sei. |
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| II. Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber nur teilweise begründet. |
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| Die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten zur Errichtung oberirdischer Telekommunikationslinien in den Baugebieten „B.“ und „L.“ sind abwägungsfehlerhaft und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte ist deshalb zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). |
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| 1. Die Klägerin ist als Lizenznehmerin des Bundes nach § 68 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes vom 22.06.2004 (BGBl. I S. 1190 - TKG) befugt, Verkehrswege für die öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien unentgeltlich zu benutzen, soweit dadurch nicht deren Widmungszweck dauernd beschränkt wird. Die Verlegung neuer und die Änderung bestehender Telekommunikationslinien bedürfen nach § 68 Abs. 3 Satz 1 TKG der schriftlichen Zustimmung der Träger der Wegebaulast. Werden Telekommunikationslinien oberirdisch verlegt, haben die Träger der Wegebaulast bei der Entscheidung über die Zustimmung ihre eigenen Interessen, die Interessen der Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze und die städtebaulichen Belange gegeneinander abzuwägen (§ 68 Abs. 3 Satz 2 TKG). Rechtsnatur und gerichtliche Überprüfbarkeit einer solchen Abwägungsentscheidung werden im Schrifttum zum Telekommunikationsgesetz unterschiedlich beurteilt. Die Zustimmung wird teilweise grundsätzlich als gebundener Verwaltungsakt angesehen, bei der dem Wegebaulastträger kein eigenes Ermessen zusteht und die in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar sein soll (vgl. Manssen, ArchivPT 1998, 236, 241; ebenso Demmel, in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 50 TKG Rn. 52; Schütz, in: Beck'scher Kommentar TKG § 50 Rn. 47). In der Begründung des Gesetzgebers zu § 49 TKG-E (BT-Drucks 13/3609, S.49) heißt es dazu: |
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| „Das Zustimmungsrecht des Trägers der Wegebaulast beschränkt sich auf Fragen der technischen Ausgestaltung, so dass ein Ermessensspielraum in diesen Fällen nur im Rahmen technischer Vorschriften vorhanden ist. (...) Lediglich in Fällen, in denen Telekommunikationslinien oberirdisch verlegt werden, muss ermessensfehlerfrei eine Abwägung der städtebaulichen Belange einerseits und der wirtschaftlichen Interessen eines Lizenznehmers andererseits erfolgen. Dass die Verlegung von Telekommunikationslinien grundsätzlich gleichberechtigt ober- oder unterirdisch erfolgen kann, ist dem Telegraphenwegegesetz entnommen und soll unverändert fortgelten.“ |
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| Daraus folgt für das Gericht, dass dem Träger der Wegebaulast bei der Zustimmung zu oberirdischer Verlegung im Rahmen der Abwägung mit den städtebaulichen Belangen mindestens ebenso ein Ermessensspielraum zukommen soll wie bei der technischen Ausgestaltung (vgl. auch Ulmen, in: Scheurle/Mayer, Kommentar TKG § 50 Rn. 40; Schütz, in: Beckscher Kommentar TKG § 50 Rn. 51 m.w.N.). Es handelt sich also um einen Gestaltungsspielraum, der einer gerichtlichen Überprüfung nach den Kriterien der sog. Abwägungsfehlerlehre zugänglich ist, ob der Wegebaulastträger überhaupt eine Abwägung angestellt hat (Abwägungsausfall), ob bei der Abwägung von einem vollständig und zutreffend ermittelten Sachverhalt ausgegangen worden ist (Abwägungsdefizit), ob sachfremde und vom Gesetzeszweck nicht gedeckte Erwägungen angestellt wurden (Abwägungsfehlgebrauch), ob bei der Abwägung die Bedeutung der betreffenden Belange zutreffend erkannt worden ist (Abwägungsfehleinschätzung) und ob der Ausgleich zwischen widerstreitenden Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtung außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität). |
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| 2. Die Beklagte war auch selbst für diese Entscheidung und für den Erlass der Widerspruchsbescheide zuständig. § 53c des Straßengesetzes für Baden-Württemberg (StrG), der die Zuständigkeit für Entscheidungen bei der Benutzung von Straßen nach den Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes ab 01.01.2003 den Straßenbaubehörden überträgt, war zum Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung am 30.07.2002 noch nicht in Kraft. Die Beklagte hatte deshalb als Trägerin der Straßenbaulast für Gemeindestraßen (vgl. § 44 StrG) zu entscheiden und unterlag insoweit nur der Rechtsaufsicht (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 1 StrG). Damit handelte es sich um eine Selbstverwaltungsangelegenheit der Beklagten, in der sie selbst den Widerspruchsbescheid zu erlassen hatte (vgl. § 73 Abs. 1 Nr. 3 VwGO). |
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| 3. Der Tatbestand des § 68 Abs. 3 Satz 2 TKG ist erfüllt, da die Klägerin die Zustimmung zur Verlegung einer oberirdischen Telekommunikationslinie begehrt (unten a) und der Widmungszweck der öffentlichen Gehwege dadurch nicht dauerhaft beschränkt wird (unten b). |
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| a) Die Anträge der Klägerin vom 13.02.2002 sind auf die Erteilung der Zustimmung zur Verlegung oberirdischer Telekommunikationsleitungen gerichtet. In den Wegeplänen, die den Anträgen beiliegen, sind zwar keine oberirdischen Leitungen eingezeichnet, sondern jeweils nur unterirdische Zuleitungen und einzelne Holzmasten, die an sich noch keine Telekommunikationslinie im Sinne von § 3 Nr. 26 TKG darstellen, sondern nur Zubehör für die eigentliche oberirdische Kabelanlage. Aus den begleitenden Anschreiben der Klägerin vom 12.02.2002 an die Beklagte ergibt sich aber hinreichend deutlich, dass sie beabsichtigte, die Baugebiete von diesen Masten ausgehend oberirdisch zu verkabeln. Die oberirdische Verkabelung war auch schon vor der Antragstellung Gegenstand von Gesprächen zwischen den Beteiligten, und die jetzt vorhandene oberirdische Kabelführung wurde von der Beklagten aufgrund der Vereinbarung vom 07.05.2003 vorläufig genehmigt. |
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| b) Die Erwägung der Beklagten, dass die Holzmasten der Telekommunikationslinien den straßenrechtlichen Gemeingebrauch auf den Gehwegen dauernd beschränken, geht fehl. Eine Beschränkung des Gemeingebrauchs würde dazu führen, dass ein Nutzungsrecht der Klägerin nicht bestünde und eine Abwägungsentscheidung nach § 68 Abs. 3 Satz 2 TKG gar nicht mehr zu treffen wäre, weil es bereits an den gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen fehlt. Dies ist allerdings nicht der Fall; der Gemeingebrauch wird durch die Masten der Telekommunikationslinien nicht merklich beschränkt. Der Augenschein in den Baugebieten hat insoweit ergeben, dass im Baugebiet „B.“ in G. bislang ein einziger Mast auf dem Bürgersteig errichtet worden ist; alle weiteren Masten der Telekommunikationslinie befinden sich – abweichend vom ursprünglichen Antrag - nunmehr auf Privatgrundstücken. Die Breite des Gehwegs beträgt an dieser Stelle 1,50 m, der Mast hat einen Durchmesser von 0,30 m und ist unmittelbar am inneren Rand des Gehwegs errichtet. Der Mast ist damit genauso angeordnet und nimmt ebenso viel Platz in Anspruch wie die Straßenbeleuchtungsmasten, die von der Beklagten in einem Abstand von ca. 5 m entlang der Gehwege im Baugebiet aufgestellt wurden. Es verbleibt an diesen Stellen eine Gehwegbreite von 1,20 m. Der Gemeingebrauch am Gehweg wird also durch den Mast der Klägerin ebenso wenig eingeschränkt wie durch einen der Straßenbeleuchtungsmasten der Beklagten. Eine merkliche Beeinträchtigung für den Begegnungsverkehr mit Fußgängern, spielenden und Fahrrad fahrenden Kindern entsteht durch den Mast der Klägerin nicht, weil vergleichbare Engstellen auch ansonsten alle 5 m an den Straßenbeleuchtungsmasten vorhanden sind. Ein gefährdungsfreier Begegnungsverkehr mit und zwischen Inlineskatern ist auf den Gehwegen im Baugebiet sowieso nicht möglich, weil ein erwachsener Inlineskater bei normaler Fahrweise schon eine Spurbreite von 1,30 m hat und damit praktisch den ganzen Gehweg alleine benötigt (vgl. dazu BGH, Urteil v. 19.03.2002, IV ZR 333/00, NJW 2002, 1955; OLG Oldenburg, Urteil v. 15.08.2000, 9 U 71/99, NJW 2000, 3793, 3794; Vieweg, NZV 1998, 1, 3). Im Baugebiet „L.“ im O. S. ist ebenfalls - abweichend vom ursprünglichen Antrag - nur ein einziger Mast auf einer Fläche errichtet worden, die im Bebauungsplan als öffentlicher Gehweg festgesetzt ist. Dieser öffentliche Gehweg endet allerdings unmittelbar danach, südlich schließt sich nach den Festsetzungen des Bebauungsplans eine öffentliche Grünfläche an. Auf den vorhandenen Gehwegen sind auch hier Straßenbeleuchtungsmasten mit gleichem Durchmesser vorhanden; eine Beschränkung des Gemeingebrauchs durch die Holzmasten der Klägerin ist auch hier nicht erkennbar. |
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| 4. Die von der Beklagten (hilfsweise) angestellten Erwägungen zur Abwägung der Belange des Trägers der Wegebaulast mit den der wirtschaftlichen Interessen der Klägerin und den städtebaulichen Belangen in den beiden Baugebieten sind nach den oben dargestellten Grundsätzen fehlerhaft. |
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| Die Beklagte hat bereits ihre eigenen Belange als Trägerin der Wegebaulast unzutreffend ermittelt und gewichtet. Ihre Annahme, die Masten stellten eine Störung der Sicherheit und Ordnung dar, geht fehl. Wie oben bereits dargestellt, befindet sich im Baugebiet „B.“ in G. lediglich ein Holzmast im Bereich des öffentlichen Gehwegs, unmittelbar am Rand zu den Privatgrundstücken. Die Breite des Gehwegs reduziert sich an dieser Stelle auf 1,20 m. Damit geht von dem Mast keine größere Gefährdung für Fußgänger sowie für spielende und radfahrende Kinder aus als von Straßenbeleuchtungsmasten, die im gesamten Baugebiet im Abstand von ca. 5 m auf den Gehwegen angeordnet sind. Begegnungsverkehr mit und zwischen Inlineskatern ist auf diesen Gehwegen ohnehin nicht ohne weiteres möglich, wie oben (unter 3.b) bereits dargelegt. Eine Gefährdung der Verkehrssicherheit durch den Masten ist damit nicht erkennbar. Dies gilt ebenso für das Baugebiet „L.“ in S.. Auch dort sind Straßenbeleuchtungsmasten mit ähnlichem Durchmesser auf den Gehwegen vorhanden, und der bislang einzige Mast der Klägerin im Bereich des öffentlichen Gehwegs befindet sich unmittelbar am Übergang zu einer öffentlichen Grünfläche, so dass eine Gefährdung der Verkehrssicherheit auch hier nicht ernsthaft zu befürchten ist. |
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| 5. Die Beklagte wird deswegen erneut über die Anträge der Klägerin auf Zustimmung zur oberirdischen Leitungsführung zu entscheiden haben. Bei der Abwägung zwischen den Belangen des Trägers der Wegebaulast, den finanziellen Interessen der Klägerin (unten a) und den städtebaulichen Belangen (unten b) wird sie folgendes zu beachten haben: |
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| a) Bei der Bewertung der finanziellen Interessen der Klägerin wird die Beklagte nicht nur die Mehrkosten der unterirdischen Verlegung bei einer – heute gar nicht mehr möglichen - Gesamtbaumaßnahme zu berücksichtigen haben, sondern die wesentlich höheren Kosten einer isolierten Baumaßnahme nach Fertigstellung der Straßen- und Gehwegdecke, die im Gerichtsverfahren mit 36.000,- EUR für das Baugebiet „B.“ und 31.000,- EUR für das Baugebiet „L.“ angegeben wurden. Die Relation zu anderen Erschließungsanlagen im Baugebiet ist nicht aussagekräftig, weil die Klägerin – anders als die Beklagte - nicht die Möglichkeit hat, einen Großteil der Kosten durch Erschließungs- und Entwässerungsbeiträge an die Grundstückseigentümer weiterzugeben, sondern sie selbst erwirtschaften muss. Die Kosten für Einrichtung und Betrieb des Leitungsnetzes werden bei der Regulierung der Entgelte durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) berücksichtigt und beeinflussen die Anschluss- und Gesprächsentgelte der Klägerin ebenso wie die ihrer Wettbewerber, denen sie Zugang zum Netz zu gewähren hat. Soweit die Klägerin aber darüber hinaus geltend macht, bei einer unterirdischen Verlegung müsse sie sofort eine möglichst vollständige Verkabelung vornehmen und könne sich erst voll refinanzieren, wenn später einmal alle Grundstücke im Baugebiet bebaut und angeschlossen seien, geschieht dies in ihrem eigenen Interesse, um Baukosten für spätere Erweiterungen des Leitungsnetzes zu sparen. Es handelt sich um eine Frage der Verzinsung des eingesetzten Kapitals, in der letztlich das wirtschaftliche Risiko der Klägerin deutlich wird, das ihr der Gesetzgeber zumutet, indem er sie zur Erbringung von Universaldienstleistungen verpflichtet (vgl. §18 TKG). |
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| b) Bei der Ermittlung und Gewichtung der städtebaulichen Belange ist zu beachten, dass der Gesetzgeber bei Erlass des Telekommunikationsgesetzes im Jahr 1996 die ober- und unterirdische Verlegung von Telekommunikationslinien grundsätzlich als gleichberechtigt angesehen hat (BT-Drucks 13/3609, S.49). Ein genereller Vorrang der unterirdischen Verkabelung in Anwendung des § 68 Abs. 3 Satz 3 TKG kommt hier nicht in Betracht. Danach soll die Verlegung in der Regel unterirdisch erfolgen, wenn sie im Rahmen einer Gesamtbaumaßnahme koordiniert werden kann, die in engem zeitlichen Zusammenhang nach dem Antrag auf Zustimmung durchgeführt wird. Als diese Vorschrift am 26.06.2004 in Kraft trat, war eine koordinierte Verlegung der Telekommunikationsleitungen in den beiden Baugebieten zusammen mit den Versorgungsleitungen der F. aber schon längst nicht mehr möglich. Die Gräben in den Baugebieten waren bereits am 14.05.2002 wieder verfüllt worden, noch bevor die Beklagte die Anträge auf Zustimmung negativ beschied. Zu diesem Zeitpunkt war es für die Klägerin nicht abzusehen, dass der Gesetzgeber die Abwägungsentscheidung des Wegebaulastträgers später dahingehend modifizieren würde, dass die unterirdische Verlegung im Rahmen einer koordinierten Gesamtbaumaßnahme grundsätzlich Vorrang haben würde. Eine rückwirkende Anwendung dieser Regelung auf früher gestellte Anträge kommt deshalb nicht in Betracht. Statt dessen wird die Beklagte die konkrete Situation in den beiden Baugebieten „B.“ und „L.“ daraufhin zu bewerten haben, ob städtebauliche Belange von solchem Gewicht vorhanden sind, dass einer oberirdischen Verlegung der Telekommunikationslinien nicht zugestimmt werden kann. Dabei kommt es darauf an, ob etwa im Baugebiet oder in der unmittelbaren Umgebung bereits oberirdisch verlegte Telefon- oder Stromleitungen vorhanden sind und ob diese prägend in Erscheinung treten. Darüber hinaus ist maßgeblich, ob sie mit der Art und dem Maß der baulichen Nutzung harmoniert, das nach den einschlägigen Bauleitplänen oder nach den BauGB in den beiden Baugebieten zulässig ist. Städtebauliche Belange im Sinne des § 68 Abs. 3 Satz 2 TKG können sich außerdem aus bauordnungsrechtlichen Vorschriften und örtlichen Bauvorschriften ergeben, die im maßgeblichen Bereich einschlägig sind (vgl. VG Ansbach, Beschluss v. 08.01.2003, - AN 5 K 01.01422 – zu Festsetzungen eines Bebauungsplans). Ob die Klägerin und vor ihr die Deutsche Bundespost in der jüngeren Vergangenheit in anderen Neubaugebieten noch grundsätzlich unterirdisch verkabelt haben, ist dagegen kein städtebaulicher Belang mit konkretem Bezug zu den beiden Baugebieten und wird bei der erneuten Entscheidung der Beklagten außen vor bleiben müssen. Das gilt auch für ihre Argumentation, die oberirdische Verkabelung sei eine Technik „wie im Mittelalter“. |
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| aa) Im Baugebiet „B.“ in R. wird die Beklagte zu beachten haben, dass die oberirdische Verlegung einer Telekommunikationslinie nicht schon durch die Regelung der Nr. 2.7a der örtlichen Bauvorschriften ausgeschlossen werden kann, wonach Niederspannungsfreileitungen zur Versorgung der Neubebauung nicht zulässig seien. Da das Baugebiet aufgrund des Bebauungsplans B. vom 29.04.1999 erstmals zur Bebauung freigegeben wurde und auch heute noch zum größten Teil unbebaut ist, bestehen zwar keine durchgreifenden Bedenken, es zum Zeitpunkt der Änderung der örtlichen Bauvorschriften am 27.06.2002 noch als „neues“ Baugebiet im Sinne des § 74 Abs. 1 Nr. 5 LBO anzusehen, in dem ein Gestaltungskonzept umgesetzt werden kann. Das Verbot kann aber nur Niederspannungsfreileitungen zur Stromversorgung betreffen. Für die Errichtung von Telekommunikationsleitungen besteht mit dem Zustimmungsverfahren nach § 68 Abs. 3 TKG spezielles, vorrangig anzuwendendes Bundesrecht. Örtliche Bauvorschriften über die Zulässigkeit von Niederspannungsfreileitungen haben ihre Ermächtigungsgrundlage im Landesrecht (§ 74 Abs. 1 Nr. 5 der LBO) und können das in § 68 Abs. 3 TKG vorgegebene Zustimmungsverfahren und die zu treffende Abwägung weder ausschließen noch in einem anderen Verfahren vorwegnehmen (vgl. Art. 31 GG). Ob ein Verbot oberirdischer Telekommunikationslinien nach der Änderung des § 9 Abs. 1 Nr. 13 BauGB durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau (Fassung vom 23.09.2004, BGBl. I, 2414) auch durch Bebauungsplan festgesetzt werden könnte, kann hier offen bleiben, weil das im vorliegenden Fall nicht geschehen ist. |
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| Der örtlichen Bauvorschrift der Beklagten kann im Rahmen der Abwägung gleichwohl erhebliches Gewicht zukommen (vgl. VG Ansbach, Beschluss v. 08.01.2003, - AN 5 K 01.01422 – zu Festsetzungen eines Bebauungsplans). Die Beklagte wird hier berücksichtigen können, dass es sich nach dem Bebauungsplan um ein allgemeines Wohngebiet handelt. Nach der Begründung des Bebauungsplans wird ein schonender Übergang vom Wohngebiet zum Außenbereich angestrebt. Aus den örtlichen Bauvorschriften der Beklagten ist außerdem der gestalterische Wille erkennbar, technische Einrichtungen zur Versorgung der Gebäude möglichst nicht optisch in Erscheinung treten zu lassen. So sind Vorgartenflächen mindestens zur Hälfte zu begrünen (Nr. 2.3) und sogar freistehende Standorte für Abfalleimer zu begrünen (Nr. 2.5.). Darüber hinaus sind Außenantennen unzulässig; Antennen sind unter dem Dach oder von der Straße abgewandt zu montieren, soweit dies technisch möglich ist (Nr. 2.7) Diese Vorschrift betrifft vor allem konventionelle Rundfunk- und Fernsehantennen, aber nicht die zahlreich vorhandenen Satellitenschüsseln, die aus technischen Gründen richtungsgebunden montiert werden müssen. Das nachträglich eingefügte Verbot oberirdischer Niederspannungsfreileitungen in Nr. 27a der Örtlichen Bauvorschriften fügt sich in dieses Gestaltungskonzept ein. Bei den tatsächlichen Gegebenheiten wird die Beklagte schließlich zu berücksichtigen haben, dass im Baugebiet zwar Straßenbeleuchtungsmasten, aber - außer den hier streitigen Telefonkabeln - keinerlei andere oberirdische Freileitungen vorhanden sind. In den angrenzenden Baugebieten sind zwar oberirdische Stromleitungen vorhanden, in der nordöstlich gelegenen S. ist sogar die Straßenbeleuchtung mit oberirdischer Verkabelung ausgeführt. Diese Leitungen liegen allerdings zum größten Teil tiefer als das Baugebiet „B.“ und sind nach dem Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins von dort aus auch nicht so deutlich sichtbar, dass sie prägenden Charakter für die Leitungsverlegung haben könnten. Das gilt auch für die Beleuchtungsmasten der südwestlich gelegenen Sportanlagen. Insgesamt bestehen damit im Baugebiet „B.“ sehr gewichtige städtebauliche Belange, die gegen eine oberirdische Verlegung der Telekommunikationslinie sprechen und bei der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen sein werden. |
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| bb) Das Baugebiet „L.“ in R. ist nach den Festsetzungen des Bebauungsplans gestaffelt in Gewerbegebiet, eingeschränktes Gewerbegebiet und Mischgebiet. Die allgemeine Erwägung der Beklagten, Gewerbetreibende und Kunden erwarteten heutzutage ein „sauberes“, optisch ansprechendes Gewerbegebiet, hat sich nicht in Festsetzungen des Bebauungsplans oder in örtlichen Bauvorschriften zur Gestaltung niedergeschlagen und wird deshalb nicht als städtebaulicher Belang berücksichtigt werden können. Die Beklagte hat es hier vielmehr den einzelnen Eigentümern weitgehend selbst überlassen, ob die baulichen Anlagen sauber und ansprechend gestaltet werden. Außerdem wird dieses Gebiet nach dem Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins geprägt von oberirdische Freileitungen zur Stromversorgung, die in unmittelbarer Nähe südöstlich und östlich des Gebiets entlang der D. Straße deutlich sichtbar über den Hausdächern verlaufen und sich gegen den Himmel abzeichnen. Auch am nördlichen Rand des Baugebietes sind oberirdische Stromleitungen deutlich erkennbar, die entlang der Straße „A.“ zu einem Gebäude im Außenbereich führen. Städtebauliche Belange von nennenswertem Gewicht, die gegen eine oberirdische Leitungsführung sprechen, wird die Beklagte für das Baugebiet „L.“ deshalb nicht in ihre Abwägungsentscheidung einstellen können. |
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| III. 1. Das Gericht sieht keinen Anlass, die Berufung zuzulassen. Insbesondere dürfte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) haben, da es für die Entscheidung maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalles, insbesondere auf die konkrete städtebauliche Situation in den beiden Baugebieten „B.“ und „L.“ ankommt. Darüber hinaus beruht die Entscheidung nicht auf der heute geltenden Rechtslage, da § 68 Abs. 3 Satz 3 TKG hier noch keine Anwendung finden kann. |
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| 2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und berücksichtigt, dass beide Beteiligten teilweise obsiegt haben und teilweise unterlegen sind. |
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| a) Hinsichtlich des erledigten Teils war in entsprechender Anwendung von § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es in der Regel, dem Beteiligten die Kosten aufzuerlegen, der im Verfahren voraussichtlich unterlegen wäre. Dies wäre aller Voraussicht nach die Klägerin gewesen, weil sie die Nebenbestimmung unter II.1.8. der Widerspruchsbescheide vom 20.10.2003, in der ihr einzelne Dokumentationspflichten zur Auflage gemacht werden, nicht angefochten hat, so dass eine Verpflichtung zur Dokumentation auf eigene Kosten bereits anderweitig bestandskräftig feststand und für die Klage gegen die angefochtenen Nebenbestimmungen kein Rechtsschutzbedürfnis bestanden hätte. |
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| b) Hinsichtlich der Zustimmung zur Errichtung oberirdischer Telekommunikationslinien war zu berücksichtigen, dass der Klägerin anstelle der begehrten Zustimmung nur eine Neubescheidung ihrer Anträge zugesprochen werden konnte, und dass im Baugebiet „B.“ in R. gewichtige städtebauliche Belange gegen eine oberirdische Verlegung sprechen, die bei der Neubescheidung zu berücksichtigen sein werden. Deshalb waren die Kosten zum überwiegenden Teil der Klägerin aufzuerlegen (vgl. dazu Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Kommentar VwGO § 113 Rn. 75). |
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