Urteil vom Verwaltungsgericht Sigmaringen - 8 K 5297/18

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Regierungspräsidiums T. vom 16.08.2018 verpflichtet, dem Kläger die – um die Angabe des Namens und der Adresse der jeweiligen beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln sowie die flurstücksgenaue Bezeichnung der jeweiligen genutzten Flächen geschwärzten – anonymisierten Aufzeichnungen nach Art. 67 Abs. 1 Uabs. 1 Satz 2 VO (EG) 1107/2009 über die verwendeten Pflanzenschutzmittel im Wasserschutzgebiet D.-H. der Kalenderjahre 2017 bis 2019 durch Zusendung per Mail oder per Post zugänglich zu machen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt den Zugang zu Umweltinformationen über von Landwirten verwendete Pflanzenschutzmittel im Wasserschutzgebiet D.-H.
Der Kläger ist 1965 als selbstständiger kommunaler Zweckverband gegründet worden, und seine Mitglieder sind 106 Städte, Gemeinden und kommunale Zweckverbände. Seine Aufgabe (vgl. § 2 Abs. 1 der Verbandssatzung des Klägers) besteht in der Bereitstellung von Wasser für die öffentliche Versorgung der Verbandsmitglieder. Er beliefert jährlich rund 250 Städte und Gemeinden und etwa drei Millionen Menschen in Baden-Württemberg und Bayern mit etwa 90 Millionen m³ Trinkwasser. Zur Erfüllung seiner Versorgungsaufgabe nutzt er auf der Basis wasserrechtlicher Bewilligungen das Grundwasservorkommen im D., die B. im E. (O.), Flusswasser aus der Donau und im Rahmen eines dauerhaften Bezugsrechts Wasser vom Zweckverband B.-Wasserversorgung. Das Vorkommen D.-H. stellt dabei sein wichtigstes Standbein dar. Die Fassungen 2 bis 5 des Grundwasservorkommens im D. liegen im Landkreis A.- Kreis, die Fassungen 1 und 6 dagegen im Landkreis H.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 27.03.2018 bei den Landratsämtern A.- Kreis, H. und O.-Kreis Zugang zu den begehrten Aufzeichnungen. Das Landratsamt O.-Kreis lehnte diesen Antrag stellvertretend ab und verwies zur Begründung im Wesentlichen darauf, dass die Landratsämter in Abstimmung mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz der Ansicht seien, dass sie nicht über die gewünschten Informationen verfügten. Daraufhin wendete sich der Kläger im Hinblick auf das E. an das Regierungspräsidium S. und im Hinblick auf das Gebiet D.-H. an das Regierungspräsidium T.
Das Regierungspräsidium S. lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 20.08.2018 ab. Dagegen erhob der Kläger unter dem Aktenzeichen 14 K 9469/18 am 20.09.2018 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat der Klage mit Urteil vom 10.06.2020 stattgegeben und die Berufung zugelassen. Der Beklagte hat in dem Verfahren Berufung eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.
Der Kläger beantragte beim Regierungspräsidium T. mit Schreiben vom 19.07.2018 den Zugang zu Aufzeichnungen nach § 11 Abs. 1 PflSchG über die verwendeten Pflanzenschutzmittel im Wasserschutzgebiet D.-H. aus den Jahren 2015 bis 2017 durch Zusendung per Mail oder Post. Der Kläger leitete seinen diesbezüglichen Anspruch primär aus § 24 UVwG, hilfsweise aus Art. 67 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (VO (EG) 1107/2009), weiter hilfsweise aus § 11 Abs. 3 PflSchG her. Hintergrund des Informationsbegehrens seien Positivbefunde des Spritzmittels Glyphosat sowie verschiedener Neonicotinoide in der Donau sowie in Bächen und Gräben im D. Der höchste nachgewiesene Glyphosatwert stamme aus dem Hauptgraben XI bei L. (A.- Kreis). Den zweithöchsten Wert habe man in der Nau wenige Hundert Meter von Trinkwasserbrunnen im D. festgestellt.
Ein Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen bestehe nach § 24 UVwG. Er sei nach § 24 Abs. 1 Satz 1 UVwG anspruchsberechtigt, da er die öffentliche Wasserversorgung als weisungsfreie Pflichtaufgabe der Daseinsvorsorge wahrnehme. Die Versorgung der Öffentlichkeit mit Trinkwasser und die Sicherung der Trinkwasserqualität stellten eine Umweltaufgabe dar. Bei den begehrten Aufzeichnungen handle es sich auch um Umweltinformationen im Sinne des § 24 Abs. 1 UVwG. Dies folge aus § 23 Abs. 3 Nr. 2 UVwG bzw. Art. 2 Nr. 1b UIRL. Das Regierungspräsidium T. sei nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UVwG i. V. m. § 59 Abs. 2 Nr. 8 PflSchG i. V. m. § 9 Abs. 3 Satz 1 Landwirtschafts-Zuständigkeitsverordnung auch informationspflichtige Stelle.
Der Beklagte verfüge nach den Ausführungen des Landratsamts O.-Kreis zwar nicht im Sinne des § 24 Abs. 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 Satz 1 UVwG über die begehrten Informationen, halte diese jedoch im Sinne des § 24 Abs. 4 Satz 2 UVwG bereit. Die informationspflichtige Stelle habe gegenüber den Landwirten ausweislich des klaren Wortlauts der Vorschrift einen Übermittlungsanspruch nach Art. 67 Abs. 1 Uabs. 2 Satz 1 VO (EG) 1107/2009. Die Aufzeichnungspflicht stelle auch ein Instrument der Selbstüberwachung dar. Die Aufzeichnungspflicht solle dazu führen, dass sich die Verwender von Pflanzenschutzmitteln an die gesetzlichen Vorgaben erinnerten, und sie für ihren Umgang mit Pflanzenschutzmitteln zu sensibilisieren. Auf diese Weise könnten Verwender von Pflanzenschutzmitteln gegen zu erwartende Verstöße frühzeitig gegensteuern, und das Erfordernis behördlichen Einschreitens werde reduziert, was zur Entlastung der staatlichen Stellen beitrage. Zudem stellten die Aufzeichnungen nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) 1107/2009 die Grundlage staatlicher Überwachungsmaßnahmen dar.
Die begehrten Informationen müssten von den Landwirten auch nicht erst aufgrund von Aufsichtsmaßnahmen an die informationspflichtige Stelle herausgeben werden. Der Wortlaut des § 67 Abs. 1 Uabs. 2 Satz 1 VO (EG) 1107/2009 sei diesbezüglich eindeutig, da er nur eine Anfrage, nicht aber eine Aufsichtsmaßnahme erfordere. Aufsichtsmaßnahmen knüpften repressiv an eine bereits eingetretene Zuwiderhandlung an, während Überwachungsmaßnahmen präventiv/zeitlich vorgelagert seien und dazu dienten, zu prüfen, ob das Verhalten des Überprüften mit dem Sollzustand vereinbar sei. Die Aufzeichnungen nach Art. 67 VO (EG) 1107/2009 seien anlasslos zu fertigen, und einer Aufsichtsmaßnahme bedürfe es nicht.
Hilfsweise ergebe sich ein Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen auch aus Art. 67 Abs. 1 Satz 4 VO (EG) 1107/2009 und höchst hilfsweise aus § 11 Abs. 3 PflSchG.
10 
Das Regierungspräsidium T. lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 16.08.2018 – dem Kläger zugestellt am 17.08.2018 - ab.
11 
Zur Begründung führte das Regierungspräsidium T. aus, dass die Voraussetzungen der drei vom Kläger angeführten Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt seien.
12 
Das Regierungspräsidium verfüge nicht im Sinne des § 23 Abs. 4 UVwG über die entsprechenden Umweltinformationen, da diese dort weder vorhanden seien noch für es bereitgehalten würden.
13 
Nach der Gesetzesbegründung entspreche der Begriff des Bereithaltens in § 23 Abs. 4 UVwG dem (gleichlautenden) aus § 2 Abs. 4 UIG (LT-Drs. 15/5487, S. 83). Nach der Gesetzesbegründung zum UIG erfasse dies zwei Fälle: dass sich die informationspflichtige Stelle Dritter bediene, die selbst keine informationspflichtigen Stellen seien, sowie Fälle, in denen Unternehmen aufgrund einer speziellen Rechtsvorschrift oder eines Verwaltungsaktes Messberichte oder andere Umweltinformationen für einen bestimmten Zeitraum für die informationspflichtigen Stellen aufbewahren und auf entsprechende Anforderung herauszugeben hätten (BT-Drs. 15/3406, Seite 15). Der erste Fall liege nicht vor. Der zweite Fall erfordere nach Rechtsprechung und Literatur, dass das Unternehmen im Rahmen einer Selbstüberwachung verpflichtet sei.
14 
Die Landwirte seien gerade nicht zur Selbstüberwachung verpflichtet. Eine entsprechende Pflicht müsse sich aus dem PflSchG ergeben, was jedoch nicht der Fall sei. Sinn und Zweck der Aufzeichnungspflichten von Pflanzenschutzanwendungen durch Landwirte bestehe darin, dass sachgerechte Kontrollen über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln durchgeführt werden könnten bzw. dass im Falle von Auffälligkeiten die Nachvollziehbarkeit sichergestellt sei. Dies ergebe sich bereits aus der Überschrift des § 11 PflSchG („Aufzeichnungs- und Informationspflichten“), da eine Aufzeichnungspflicht nicht die weitergehende Pflicht der Selbstüberwachung beinhalte. Die Ausführungen des Klägers könnten eine Pflicht der Selbstüberwachung nicht überzeugend begründen. Es könne nicht generalisierend davon ausgegangen werden, dass die Aufzeichnungspflichten den Verwendern die Anwendung der Pflanzenschutzmittel vor Augen führen sollten. Selbst wenn man davon ausgehe, könne hieraus nicht auf eine Pflicht zur Selbstüberwachung gefolgert werden. Aufgrund der Aufzeichnungspflichten müssten die Verwender allein korrekte Notizen anfertigen. Sofern der Kläger darauf abstelle, dass die Aufzeichnungen als Grundlage für staatliche Überwachungsmaßnahmen dienen könnten, so verdeutliche dies gerade, dass die Überwachungsbehörde eine Prüfpflicht habe und dass eben keine Pflicht zur Selbstüberwachung bestehe. Auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/7317, S. 45) ergebe sich keine Selbstüberwachungspflicht der Landwirte. Dass der vorliegende Fall nicht unter das Bereithalten falle, ergebe sich auch aus einem Normvergleich mit § 61 Abs. 2 Satz 2 WHG. In § 61 Abs. 1 WHG habe der Gesetzgeber den Begriff der „Selbstüberwachung“ legaldefiniert und nehme in § 61 Abs. 2 Satz 2 WHG darauf Bezug. § 11 PflSchG sei hingegen mit „Aufzeichnungs- und Informationspflichten“ überschrieben.
15 
Ein Bereithalten scheide laut der Gesetzesbegründung zudem aus, sofern die begehrten Umweltinformationen erst aufgrund einer Aufsichtsmaßnahme herausgegeben werden müssten (BT-Drs. 15/3406, S. 15). Vorliegend stelle bereits das Verlangen bzw. Anfragen der aufgezeichneten Daten eine Aufsichtsmaßnahme dar, da keine anlassunabhängige Informationspflicht bestehe. Die Behörde müsse vorliegend aktiv auf die Landwirte zugehen – was wohl als Verwaltungsakt zu werten wäre – und die Daten verlangen.
16 
Es bestehe auch kein Anspruch des Klägers aus Art. 67 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) 1107/2009 oder aus § 11 Abs. 3 PflSchG.
17 
Gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums T. vom 16.08.2018 hat der Kläger am 17.09.2018 die vorliegende Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben.
18 
Zur Begründung nimmt der Kläger Bezug auf seine Ausführungen aus seinem Antrag vom 19.07.2018 und ergänzt diese.
19 
Die Klage sei zulässig, soweit durch den Hauptantrag nunmehr die Herausgabe der Aufzeichnungen der Jahre 2017 bis 2019 verlangt werde. Da dieses Anliegen über die bei Klageerhebung geltend gemachte Herausgabe der Aufzeichnungen der Jahre 2015 bis 2017 hinausgehe, liege eine Klageänderung vor, die sachgerecht und somit zulässig sei. Dies ergebe sich daraus, dass auch die im Wege des Hauptantrags verfolgte, geänderte Klage als solche zulässig sei. Hinsichtlich der Jahre 2018 und 2019 sei zwar kein Verwaltungsverfahren durchgeführt worden, der Beklagte könne ihn nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 14.07.2010 – 11 S 2730/09 –, Rn. 22, Juris) jedoch nicht auf die erneute Durchführung eines erneuten Verwaltungsverfahrens verweisen. Ein erneutes Antragsverfahren sei nicht erforderlich, da der Beklagte sich mit dem Streitstoff bereits befasst habe und allenfalls unwesentliche Änderungen in den Streitstoff eingeführt würden. Die Durchführung eines weiteren Verwaltungsverfahrens stelle sich zudem als pure „Förmelei“ dar, da ein entsprechender Antrag vom Beklagten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abgelehnt würde. Dies ergebe sich daraus, dass der Beklagte im gleich gelagerten und vom VG Stuttgart entschiedenen Fall – 14 K 9469/18 – die Berufung eingelegt habe und im vorliegenden Verfahren trotz der Entscheidung des VG Stuttgart an seiner Rechtsauffassung festhalte. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, einen erneuten Antrag nach einer möglichen Entscheidung des VGH Baden-Württemberg im Berufungsverfahren des vom VG Stuttgart entschiedenen Falles zu bescheiden, da mit einer Entscheidung des VGH Baden-Württemberg nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen zeitlichen Grenzen (§ 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UVwG; § 75 Satz 2 VwGO) zu rechnen sei. Auch auf der Durchführung eines weiteren Widerspruchsverfahrens durch das Regierungspräsidium T. könne der Beklagte nicht bestehen. Das Regierungspräsidium T. stehe in enger Abstimmung mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, sodass mit einer abweichenden Entscheidung nicht zu rechnen sei.
20 
Auch der Hilfsantrag sei zulässig. Nach Art. 67 Abs. 1 Uabs. 1 Satz 2 VO (EG) 1107/2009 führten die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln Aufzeichnungen über „mindestens“ drei Jahre. Dies bedeute, dass die Herausgabepflicht nicht auf die letzten drei Jahre beschränkt sei, sondern auch ältere Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen seien, sofern sie bei den Verwendern vorhanden seien. Dass bei den Verwendern noch Informationen hinsichtlich der Jahre 2015 und 2016 vorlägen, sei nicht auszuschließen. Damit habe sich das Informationsbegehren auch hinsichtlich der Jahre 2015 und 2016 nicht erledigt. Jedenfalls bestehe ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse.
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Die Klage sei auch begründet. § 1 Abs. 3 UVwG stehe seinem Anspruch aus § 24 Abs. 1 Satz 1 UVwG nicht entgegen. § 1 Abs. 3 UVwG finde auf Umweltinformationen nach Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck keine Anwendung. § 1 Abs. 3 UVwG regle das allgemeine Verhältnis von Bundesrecht und Landesrecht, wie es sich aus Art. 31 GG ergebe. Für den vorliegenden Anspruch gelte jedoch der speziellere § 24 Abs. 1 Satz 2 UVwG, wonach neben dem landesrechtlichen Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen andere Ansprüche unberührt blieben. § 24 Abs. 1 Satz 2 UVwG entspreche § 3 Abs. 1 Satz 2 UIG. Beide Vorschriften dienten der Umsetzung der UIRL und sollten somit sicherstellen, dass Umweltinformationen möglichst umfassend und systematisch verfügbar seien. Das UIG und § 24 Abs. 1 Satz 2 UVwG setzten in Bezug auf Umweltinformationen einen Mindeststandard, verdrängten weitergehende Regelungen aus Fachgesetzen aber nicht. Würde § 1 Abs. 3 UVwG jedoch dahingehend ausgelegt, dass § 11 Abs. 3 PflSchG die Anwendung der §§ 22 ff. UVwG ausschließe, bliebe der Zugang zu Umweltinformationen deutlich hinter dem Anspruch der Umweltinformationsrichtlinie und nach § 24 Abs. 1 Satz 1 UVwG zurück. § 1 Abs. 3 UVwG müsse daher unionsrechtskonform dahingehend reduziert werden, dass er im Regelungsbereich der UIRL und damit auf den Zugang zu Informationen nach Maßgabe von §§ 24 ff. UVwG nicht anwendbar sei. § 1 Abs. 3 UVwG betreffe zudem nicht das Verhältnis zu Unionsrecht und habe somit keinen Einfluss auf Art. 67 Abs. 1 VO (EG) 1107/2009, aus dem ihm ebenfalls ein Anspruch zustehe. Selbst falls § 1 Abs. 3 UVwG anwendbar wäre, griffe die Regelung nicht, da § 11 Abs. 3 PflSchG aufgrund seiner Unionsrechtswidrigkeit unanwendbar sei.
22 
Der Beklagte verfüge auch über die Umweltinformationen, da die Landwirte diese für ihn bereithielten (§ 24 Abs. 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 Satz 1, 2 UVwG).
23 
Entgegen der Ansicht des Beklagten müssten die Verwender nicht im Rahmen der Selbstüberwachung zur Aufbewahrung der begehrten Informationen verpflichtet sein. Ein solches Tatbestandsmerkmal folge weder aus § 23 Abs. 4 UVwG noch aus § 2 Abs. 4 UIG oder aus der UIRL. Auch die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/7317, S. 45) sei nicht eindeutig. Die Selbstüberwachung sei demnach zwar Anlass für die Ausdehnung des Informationsanspruchs auf bereitgehaltene Informationen, der Anspruch betreffe aber nicht deshalb nur Informationen, die im Rahmen der Selbstüberwachungspflicht aufbewahrt würden. Es sei kein Grund ersichtlich, Informationen, die vorrangig der Fremdüberwachung dienten, von dem Anspruch auszunehmen. Auch aus dem vom Beklagten zitierten Beschluss des BVerwG ergebe sich ein solches Tatbestandsmerkmal nicht eindeutig.
24 
Hilfsweise seien die Verwender im Rahmen der Selbstüberwachung verpflichtet, die begehrten Informationen aufzubewahren. Dies ergebe sich aus Erwägungsgrund Nr. 44 der VO (EG) 1107/2009. Durch die Aufzeichnungspflicht würden die staatlichen Behörden auch zeitlich und finanziell entlastet (vgl. Erwägungsgrund 44), was für eine Selbstüberwachungspflicht spreche. Dies ergebe auch ein Vergleich des Sinns und Zwecks der Norm in Vergleich zu § 61 Abs. 2 WHG, der eine Selbstüberwachungspflicht auch ausdrücklich vorsehe. Vom Sinn und Zweck her entsprächen sich die Pflichten des Betreibers einer Abwasseranlage (§ 61 Abs. 2 Satz 1 WHG) und des Bewirtschafters einer landwirtschaftlichen Fläche.
25 
Es bestehe auch ein Anspruch aus Art. 67 Abs. 1 VO (EG) 1107/2009 sowie aus § 11 Abs. 3 PflSchG.
26 
Der Kläger beantragt zuletzt,
27 
den Beklagten zu verpflichten, ihm die – um die Angabe des Namens und der Adresse der jeweiligen beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln sowie die flurstücksgenaue Bezeichnung der jeweiligen genutzten Flächen geschwärzten – anonymisierten Aufzeichnungen nach Art. 67 Abs. 1 Uabs. 1 Satz 2 VO (EG) 1107/2009 über die verwendeten Pflanzenschutzmittel im Wasserschutzgebiet D.-H. der Kalenderjahre 2017 bis 2019 durch Zusendung per Mail oder per Post zugänglich zu machen,
28 
hilfsweise
29 
den Beklagten zu verpflichten, ihm die – um die Angabe des Namens und der Adresse der jeweiligen beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln sowie die flurstücksgenaue Bezeichnung der jeweiligen genutzten Flächen geschwärzten – anonymisierten Aufzeichnungen nach Art. 67 Abs. 1 Uabs. 1 Satz 2 VO (EG) 1107/2009 über die verwendeten Pflanzenschutzmittel im Wasserschutzgebiet D.-H. des Jahres 2017 durch Zusendung per Mail oder per Post zugänglich zu machen und
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, ihm die – um die Angabe des Namens und der Adresse der jeweiligen beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln sowie die flurstücksgenaue Bezeichnung der jeweiligen genutzten Flächen geschwärzten – anonymisierten Aufzeichnungen nach Art. 67 Abs. 1 Uabs. 1 Satz 2 VO (EG) 1107/2009 über die verwendeten Pflanzenschutzmittel im Wasserschutzgebiet D.-H. der Jahre 2015 und 2016 durch Zusendung per Mail oder per Post zugänglich zu machen,
30 
und den Bescheid des Regierungspräsidiums T. vom 16.08.2018 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.
31 
Der Beklagte beantragt,
32 
die Klage abzuweisen.
33 
Zur Begründung nimmt der Beklagte Bezug auf die Ausführungen im angegriffenen Bescheid des Regierungspräsidiums T. und macht ergänzende Ausführungen.
34 
Die Klage sei im (geänderten) Hauptantrag bereits unzulässig. Zwar sei die Durchführung eines Vorverfahrens ursprünglich entbehrlich gewesen und man habe sich hinsichtlich der begehrten Aufzeichnungen der Jahre 2015 bis 2017 rügelos auf die Klage eingelassen. Soweit mit dem Hauptantrag inzwischen jedoch auch die Aufzeichnungen der Jahre 2018 und 2019 begehrt würden, willige er in die Klageänderung nicht ein und diese sei auch nicht sachdienlich. Dies ergebe sich daraus, dass diesbezüglich ein weiteres Antrags- und ggf. Widerspruchsverfahren durchzuführen sei. Der Ausgang dieser Verfahren sei aufgrund des hinsichtlich des Urteils des VG Stuttgart – 14 K 9469/18 – laufenden Berufungsverfahrens als offen zu betrachten.
35 
Darüber hinaus sei das Begehren auch insgesamt aus sachlichen Gründen unbegründet. Einem Anspruch des Klägers aus § 24 UVwG stehe bereits § 1 Abs. 3 UVwG entgegen, da eine abweichende bundesrechtliche Regelung im Sinne dieser Vorschrift mit § 11 Abs. 3 PflSchG bestehe, der im Gegensatz zu § 24 UVwG engere Tatbestandsvoraussetzungen beinhalte (Wahrung des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses; Vorliegen eines berechtigten Interesses) und zudem ein Ermessen der Behörde eröffne. Somit komme § 24 UVwG aufgrund des § 1 Abs. 3 UVwG, aufgrund des Grundsatzes der Normenhierarchie sowie aufgrund des Prinzips „lex specialis derogat legi generali“ nicht zur Anwendung. § 11 Abs. 3 PflSchG sei auch nicht wegen Verstoßes gegen die UIRL unionsrechtswidrig. Dies ergebe sich daraus, dass die VO (EG) 1107/2009 der UIRL unter Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze vorgehe. Die VO (EG) 1107/2009 gehe der UIRL als neuerer Rechtsakt nach den Grundsätzen „lex posterior derogat legi priori“ und „lex specialis derogat legi generali“ vor. Sofern das Gericht Zweifel am Rangverhältnis dieser Normen und ihrer Auslegung habe, möge es die Fragen dem Gerichtshof der Europäischen Union im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens vorlegen.
36 
Dem Gericht liegt die Akte des Regierungspräsidiums T. vor. Hierauf und auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
37 
Die Klage hat im Hauptantrag Erfolg; sie ist insoweit zulässig und begründet. Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es somit nicht.
I.
38 
Die Klage ist zulässig.
39 
Sie ist als Verpflichtungsklage statthaft. Die vom Kläger begehrte Übermittlung von Umweltinformationen stellt zwar einen bloßen Realakt und keinen Verwaltungsakt dar, jedoch ist der Landesgesetzgeber davon ausgegangen, dass die Entscheidung über ein Auskunftsbegehren einen Verwaltungsakt darstelle (vgl. zu § 3 Abs. 1 LUIG Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25.11.2008 – 10 S 2702/06 –, Rn. 17, Juris). Die Klage ist auch in ihrer im Vergleich zur Klageerhebung geänderten Form zulässig. Da die Klage ursprünglich auf den Zugang zu den Aufzeichnungen der Kalenderjahre 2015 bis 2017 gerichtet war, liegt eine Klageänderung vor, die das Gericht für sachdienlich erachtet und die somit nach § 91 Abs. 1 Var. 2 VwGO auch ohne die Einwilligung des Beklagten zulässig ist. An der Sachdienlichkeit fehlt es nicht aufgrund des Fehlens eines auf Zugang zu den Aufzeichnungen der Jahre 2018 und 2019 gerichteten Antrags beim Regierungspräsidium T. (dazu 1.) sowie der fehlenden Durchführung eines Vorverfahrens (dazu 2.).
40 
1. Hinsichtlich des Zugangs zu den Aufzeichnungen der Jahre 2018 und 2019 bedarf es keines erneuten Antrags des Klägers beim Regierungspräsidium T.
41 
Zwar setzt eine Verpflichtungsklage grundsätzlich einen vor der Klageerhebung bei der Behörde gestellten Antrag voraus (siehe zur Notwendigkeit der Antragstellung als eine im Prozess nicht nachholbare Klagevoraussetzung der Verpflichtungsklage näher Kopp/Schenke, VwGO 24. Auflage 2018 Vorb. § 68 Rn. 5a und § 42 Rn. 6 m. w. N.). Die Verweisung auf die Durchführung eines - erneuten - Antragsverfahrens ist jedoch dann nicht gerechtfertigt, wenn der Zweck der vorherigen Antragstellung, nämlich der Behörde die Möglichkeit einzuräumen, eine Angelegenheit innerhalb des üblichen Verwaltungsverfahrens zu prüfen, ausnahmsweise entbehrlich ist, weil die Behörde mit dem Sachverhalt bereits befasst war und allenfalls unwesentliche Änderungen in den Streitstoff eingeführt werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.07.2010 – 11 S 2730/09 –, Rn. 22, Juris; Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 42 Rn. 37 m. w. N.).
42 
So liegt der Fall hier. Der nunmehr verfolgte Auskunftsanspruch hinsichtlich der Jahre 2018 und 2019 ist zwar rechtlich eigenständig, jedoch inhaltlich identisch mit dem bereits im vorliegenden Verwaltungs- sowie Gerichtsverfahren verfolgten und ausführlich erörterten Anspruch hinsichtlich der Jahre 2015 bis 2017. Dass die erneute Befassung des Beklagten mit dem Auskunftsanspruch der Jahre 2018 und 2019 zu einem anderen Ergebnis führen könnte, ist vor diesem Hintergrund ausgeschlossen. Dafür spricht weiter, dass der Beklagte im vorliegenden Verfahren betont hat, an seiner Rechtsauffassung festzuhalten und eine Berufung verfolgen zu wollen. Auch in drei verwandten und bereits entschiedenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren (VG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2020 – 9 K 8441/18 –; VG Stuttgart, Urteil vom 10.06.2020 – 14 K 9469/18 –; VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 13.07.2020 – 10 K 1230/19 –, jeweils Juris) hat der Beklagte gegen die stattgebenden Urteile Berufung eingelegt. An dieser Bewertung vermag der vom Beklagten geäußerte Einwand, dass der Ausgang eines erneuten Verwaltungsverfahrens aufgrund der in den o. g. Rechtssachen laufenden Berufungsverfahren als offen zu betrachten sei, nichts zu ändern. Abzustellen ist hinsichtlich der Vorbefassung und der weitgehenden Identität des Streitstoffs auf den gegenwärtigen Zeitpunkt. Darüber hinaus kann der Kläger nicht auf ein weiteres Antragsverfahren verwiesen werden, dass den Ausgang der o. g. Berufungsverfahren abwartet.
43 
2. Da demnach schon kein weiteres Antragsverfahren hinsichtlich der Jahre 2018 und 2019 durchzuführen ist, bedarf es auch nicht der Durchführung eines grundsätzlich erforderlichen (vgl. § 32 Abs. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Nr. 1 UVwG) weiteren Vorverfahrens.
44 
Der Zweck des Vorverfahrens ist vorliegend darüber hinaus erfüllt. Erfüllt ist der Zweck eines Vorverfahrens, wenn die Widerspruchsbehörde selbst am Verfahren beteiligt ist und nach einer Sachprüfung im Wege einer vorgerichtlichen Erklärung oder einer prozessbegleitenden Einlassung zum Ausdruck bringt, sie würde einen (künftigen) Widerspruch zurückweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2018 – 7 C 21/16 –, Rn. 19 - 20, Juris m. w. N). So liegt es hier. Das Regierungspräsidium T. hat im vorliegenden Verfahren mehrfach betont, an seiner Rechtsauffassung festhalten zu wollen.
II.
45 
Die Klage ist auch begründet. Die Ablehnung der Gewährung der begehrten Aufzeichnungen durch den Bescheid des Regierungspräsidiums T. vom 16.08.2018 ist rechtswidrig und der Kläger ist dadurch in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
46 
Der Anspruch des Klägers beruht auf § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 UVwG, dessen Anwendbarkeit aufgrund der Europarechtswidrigkeit des § 11 Abs. 3 PflSchG nicht nach § 1 Abs. 3 UVwG ausgeschlossen wird (dazu 1.) und dessen Voraussetzungen erfüllt sind, da die begehrten Aufzeichnungen insbesondere nach § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 UVwG für den Beklagten bereitgehalten werden (dazu 2.). Gegenrechte können ihm nicht mit Erfolg entgegengehalten werden (dazu 3.).
47 
Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 UVwG hat jede Person nach Maßgabe des Umweltverwaltungsgesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinne von § 23 Absatz 1 verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Nach § 23 Abs. 4 Satz 1 UVwG verfügt eine informationspflichtige Stelle über Umweltinformationen, wenn diese bei ihr vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden. Ein Bereithalten liegt nach § 23 Abs. 4 Satz 2 UVwG vor, wenn eine natürliche oder juristische Person, die selbst nicht informationspflichtige Stelle ist, Umweltinformationen für eine informationspflichtige Stelle im Sinne von § 23 Abs. 1 UVwG aufbewahrt, auf die diese Stelle einen Übermittlungsanspruch hat.
48 
Dass der Kläger als Gebietskörperschaft eine juristische Person des Öffentlichen Rechts darstellt und damit anspruchsberechtigt ist, es sich bei den streitgegenständlichen Aufzeichnungen nach Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 1107/2009 um Umweltinformationen handelt (vgl. § 23 Abs. 3 Nr. 2 UVwG bzw. Art. 2 Nr. 1b UIRL) und dass das Regierungspräsidium T. zuständige Stelle ist (vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UVwG i. V. m. § 59 Abs. 2 Nr. 8 PflSchG i. V. m. § 9 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz über Zuständigkeiten in den Bereichen Markt und Ernährung, landwirtschaftliche Beratung, Tierzucht und anderen Bereichen vom 04.02.2010, i. d. F. vom 21.03.2016 (Landwirtschafts-Zuständigkeitsverordnung), steht zwischen den Beteiligten nicht (mehr) in Streit.
49 
1. Die Anwendbarkeit des § 24 Abs. 1 Satz 1 UVwG ist nicht nach § 1 Abs. 3 UVwG i. V. m. § 11 Abs. 3 PflSchG ausgeschlossen, weil § 11 Abs. 3 PflSchG mit Unionsrecht offensichtlich unvereinbar ist (vgl. ebenso im Ergebnis VG Stuttgart, Urteil vom 10.06.2020 – 14 K 9469/18 – Juris).
50 
Die Vorschriften des UVwG finden nach dessen § 1 Abs. 3 keine Anwendung, soweit bundesrechtliche Vorschriften eine abschließende Regelung treffen. Als solche bundesrechtliche Vorschrift kommt § 11 Abs. 3 PflSchG in Betracht, wonach die zuständige Behörde auf Antrag bei Vorliegen eines berechtigten Interesses und unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Aufzeichnenden im Einzelfall Auskunft über die Aufzeichnungen geben kann. Die Pflicht der beruflichen Verwender zur Führung von Aufzeichnungen folgt aus Art. 67 Abs. 1 Uabs. 1 Satz 2 VO (EG) 1107/2009. Berufliche Verwender von Pflanzenschutzmitteln führen demnach über mindestens drei Jahre Aufzeichnungen über die Pflanzenschutzmittel, die sie verwenden, in denen die Bezeichnung des Pflanzenschutzmittels, der Zeitpunkt der Verwendung, die verwendete Menge, die behandelte Fläche und die Kulturpflanze, für die das Pflanzenschutzmittel verwendet wurde, vermerkt sind.
51 
Die Informationsansprüche aus § 24 UVwG und § 11 Abs. 3 PflSchG stehen zueinander in Normenkonkurrenz, wobei § 11 Abs. 3 PflSchG aufgrund seiner weiteren Tatbestandsmerkmale (Vorliegen eines berechtigten Interesses, Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Ermessen der Behörde) grundsätzlich die speziellere Norm darstellt (VG Stuttgart, Urteil vom 10.06.2020 – 14 K 9469/18 –, Rn. 25, Juris m. w. N.) Die Unionsrechtswidrigkeit des § 11 Abs. 3 PflSchG folgt nach Auffassung des Gerichts daraus, dass die allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätze des Umweltinformationsrechts (insbesondere die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (Umweltinformationsrichtlinie: UIRL) mangels anderweitiger belastbarer unionsrechtlicher Anhaltspunkte auch im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel anwendbar sind, weil insbesondere die VO (EG) 1107/2009 diesbezüglich kein abweichendes Regelungsregime enthält (dazu a)). Die engeren Tatbestandsmerkmale des § 11 Abs. 3 PflSchG finden in den unionsrechtlichen Regelungen (insb. UIRL und VO (EG) 1107/2009) keine rechtliche Grundlage (dazu b)).
52 
a) Die allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätze des Umweltinformationsrechts (insbesondere die UIRL) sind auch auf Pflanzenschutzmittel anwendbar, und die VO (EG) 1107/2009 gibt diesbezüglich kein abweichendes Regelungsregime vor.
53 
Das unionsrechtlich begründete Umweltinformationsrecht gewährt grundsätzlich weitgehende Auskunftsansprüche: Nach Art. 3 Abs. 1 UIRL gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass Behörden gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie verpflichtet sind, die bei ihnen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen allen Antragstellern auf Antrag zugänglich zu machen, ohne dass diese ein Interesse geltend zu machen brauchen (Art. 3 Abs. 1 UIRL).
54 
Soweit der Beklagte meint, im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel gelte ein anderes Regelungsregime, da die VO (EG) 1107/2009 im Vergleich zur UIRL die neuere (UIRL: 28.01.2003; VO (EG) 1107/2009: 21.10.2009) sowie aufgrund ihres allein auf das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln beschränkten Anwendungsbereichs auch die speziellere Norm darstelle, dringt er damit nicht durch. Denn dies setzte voraus, dass die VO (EG) 1107/2009 auch den Informationszugang im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel abschließend regelt. Dies ist indes nach Auffassung der Kammer nicht der Fall.
55 
Eine derartige Auslegung lässt sich zunächst nicht den Erwägungsgründen der VO (EG) 1107/2009 entnehmen, insbesondere nicht den Erwägungsgründen (41) und (44). Soweit Erwägungsgrund (44) ausführt, dass Bestimmungen zur Führung von Aufzeichnungen und zur Information über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln festgelegt werden sollten, spricht dies gegen eine abschließende Regelung des Informationszugangs durch die Verordnung. Auch der Verordnung selbst lässt sich dies nicht entnehmen. Im einschlägigen Kapitel VI (Öffentlicher Zugang zu Informationen) sieht Art. 63 Abs. 3 VO (EG) 1107/2009 gerade vor, dass „dieser“ (!) Artikel unbeschadet der UIRL gilt. Soweit sich das Land diesbezüglich auf Art. 67 Abs. 1 Uabs. 3 VO (EG) 1107/2009 beruft, folgt das Gericht dem nicht. Nach Art. 67 Abs. 1 Uabs. 3 VO (EG) 1107/2009 macht die zuständige Behörde diese Informationen gemäß den geltenden nationalen oder gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zugänglich. Die Norm verweist somit nicht nur auf nationale, sondern eben gerade auch auf gemeinschaftsrechtliche Vorschriften wie etwa die UIRL. Dass Art. 67 Abs. 1 Uabs. 3 VO (EG) 1107/2009 eine Öffnungsklausel zur Möglichkeit der abweichenden – insbesondere gegenüber der UIRL engeren – Regelung für die Mitgliedstaaten (etwa durch § 11 Abs. 3 PflSchG) darstellen soll, sieht das Gericht nicht. Aufgrund der erheblichen Bedeutung von Pflanzenschutzmitteln innerhalb des Umweltrechts und der daraus folgenden großen Reichweite einer solchen Regelung bedürfte diese Ansicht einer Stütze in den Erwägungsgründen der VO (EG) 1107/2009 oder in der Verordnung selbst, an der es nach vorigen Ausführungen fehlt. Dass § 11 Abs. 3 PflSchG den Informationszugang – wie bereits ausgeführt mit einer weitreichenden Bedeutung – abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des Umweltrechts regeln wollte, lässt sich auch den diesbezüglichen Materialien (BT-Drs. 17/7317, S. 45) nicht entnehmen.
56 
Nach alledem gilt die UIRL auch für den Informationszugang im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel.
57 
b) Die UIRL (dazu aa)) und die VO (EG) 1107/2009 (dazu bb) enthalten keine rechtliche Grundlage für die engeren Tatbestandsmerkmale des § 11 Abs. 3 PflSchG (Vorliegen eines berechtigten Interesses, Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) und die Einräumung eines behördlichen Ermessens.
58 
aa) Hinsichtlich eines berechtigten Interesses folgt dies bereits aus dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 UIRL. Im Hinblick auf die Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sieht Art. 4 Abs. 2 d) UIRL zwar vor, dass die Mitgliedstaaten eine Regelung zur Ablehnung des Zugangs zu Umweltinformationen vorsehen können, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen auf Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse hätte. Hierzu ist in Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 S. 3 UIRL jedoch eine Rückausnahme vorgesehen, nach der die Mitgliedstaaten aufgrund des Abs. 2 a), d), g) und h) nicht vorsehen dürfen, dass ein Antrag abgelehnt werden kann, wenn er sich – wie vorliegend – auf Informationen über Emissionen in die Umwelt bezieht. Auch einen Entscheidungsspielraum räumt die UIRL den Behörden nicht ein.
59 
bb) Eine rechtliche Grundlage folgt auch nicht aus der VO (EG) 1107/2009, insbesondere nicht aus Art. 67 Abs. 1 Uabs. 2 Satz 2 VO (EG) 1107/2009, wonach Dritte wie beispielsweise die Trinkwasserwirtschaft, Einzelhändler oder Anrainer bei der zuständigen Behörde um Zugang zu diesen Informationen ersuchen können. Aus der beispielhaften Aufzählung kann nicht ohne Weiteres darauf geschlossen werden, dass andere Dritte gerade keinen Anspruch auf Informationszugang haben sollen. Das Wort „können“ meint im vorliegenden Kontext allein die Möglichkeit der Dritten, ein Informationsersuchen an die zuständigen Behörden zu richten, räumt den zuständigen Behörden allerdings kein Ermessen ein.
60 
2. Der Beklagte verfügt nach § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 UVwG über die vom Kläger begehrten Aufzeichnungen. Die begehrten Aufzeichnungen sind zwar nicht im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 Satz 1 Var. 1 UVwG beim Beklagten vorhanden, werden von den Landwirten jedoch für den Beklagten bereitgehalten (§ 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 Satz 1 Var. 2, Satz 2 UVwG). Die vom Beklagten dagegen vorgebrachten Einwendungen, wonach kein Fall des Bereithaltens vorliege, da die Landwirte die begehrten Aufzeichnungen nicht im Wege der Selbstüberwachung aufbewahrten (dazu a)) bzw. da die Ermittlung der begehrten Aufzeichnungen vorliegend eine Aufsichtsmaßnahme erfordere (dazu b)), greifen nicht durch.
61 
a) Ein Bereithalten im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 Satz 1 Var. 2, Satz 2 UVwG erfordert entgegen der Auffassung des Beklagten keine Aufbewahrung der begehrten Aufzeichnungen seitens der Landwirte „im Wege der Selbstüberwachung“ (dazu aa)). Im Übrigen halten die Landwirte die begehrten Aufzeichnungen gerade im Wege der Selbstüberwachung bereit (dazu bb)).
62 
aa) Dass ein Bereithalten im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 Satz 1 Var. 2, Satz 2 UVwG eine Aufbewahrung der begehrten Aufzeichnungen seitens der Landwirte im Wege der Selbstüberwachung erfordert, ergibt sich schon nicht aus dem Wortlaut dieser Vorschrift. Es folgt aber insbesondere auch nicht aus den Materialien und der Literatur, auf die der Beklagte diesbezüglich Bezug nimmt (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum mit § 23 Abs. 4 UVwG identischen § 2 Abs. 3 UIG a. F.; Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 92. EL § 2 UIG, Rn. 54; BVerwG, Beschluss vom 01.11.2007 – 7 B 37/07 –, Rn. 20, Juris).
63 
Diesen Quellen lässt sich ebenso wie dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.11.2007 (– 7 B 37/07 –, Rn. 20, Juris) zwar übereinstimmend entnehmen, dass insbesondere Fälle, in denen dritte Stellen, die im Wege der Selbstüberwachung Aufzeichnungen vorhalten, unter das Tatbestandsmerkmal des Bereithaltens fallen. Dass ein Tätigwerden im Sinne der Selbstüberwachung allerdings zwingende Voraussetzung und damit ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal sein soll, lässt sich dem hingegen nicht entnehmen.
64 
bb) Im Übrigen halten die Landwirte die begehrten Aufzeichnungen hier ohnehin im Wege der Selbstüberwachung bereit.
65 
Dies folgt zunächst aus dem Wortlaut des Art. 67 Abs. 1 Uabs. 1 Satz 2, Uabs. 2 Satz 1 VO (EG) 1107/2009, der die „klassische“ Konstellation des „Outsourcings“ von Verwaltungskontrolltätigkeit in Gestalt der Selbstüberwachung mit Überwachungsbefugnis der Kontrollbehörde darstellt (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2020 – 9 K 8441/18 –, Rn. 27, Juris m. w. N.). Darüber hinaus sind auch die in der einschlägigen Kommentarliteratur (Landmann/Rohmer UmweltR/Reidt/Schiller, 90. EL Juni 2019, UIG § 2 Rn. 54) angegebenen Beispiele für einen Fall des Bereithaltens (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG i. V. m. §§ 18 ff. 13. BImSchV, §§ 14 ff. 17. BImSchV, § 31 BImSchG, §§ 62 ff. WHG; § 47 Abs. 4 KrWG) mit der vorliegenden Konstellation weitgehend vergleichbar (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2020 – 9 K 8441/18 –, Rn. 28, Juris m. w. N.). Etwas Anderes folgt entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht daraus, dass die zuständige Kontrollbehörde vorliegend die entsprechenden Daten selbst aktiv bei den beruflichen Verwendern von Pflanzenschutzmitteln anfragt. Dass ein Fall der Selbstüberwachung voraussetzt, dass der Betroffene proaktiv und in gewisser Regelmäßigkeit dazu verpflichtet ist, die zur Selbstüberwachung vorgehaltenen Aufzeichnungen an die zuständige Behörde zu übermitteln, folgt nicht allein daraus, dass unter den o. g. Beispielen für das Bereithalten auch solche sind, bei denen der Betroffene zu einer solchen proaktiven Übermittlung verpflichtet ist (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2020 – 9 K 8441/18 –, Rn. 28, Juris m. w. N.).
66 
Vor diesem Hintergrund verfängt auch der Verweis des Beklagten auf § 61 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 WHG nicht. Wie vorgehend ausgeführt, stellt sich die Aufbewahrung seitens der beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln vorliegend unabhängig von der Bezeichnung jedenfalls funktional als Selbstüberwachung dar.
67 
b) Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass nicht von einem Bereithalten im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 UVwG auszugehen sein könnte, sofern die Ermittlung der begehrten Aufzeichnungen eine Aufsichtsmaßnahme erforderte. Denn der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum mit § 23 Abs. 4 UVwG identischen § 2 Abs. 3 UIG a. F. (BT-Drs. 15/3406, Seite 15) besagt: „[...] Nicht erfasst werden dagegen Fälle, in denen die beantragte Umweltinformation erst aufgrund einer Aufsichtsmaßnahme für die Stelle der öffentlichen Verwaltung erstellt oder an die Stelle herausgegeben werden müsste.“
68 
Im vorliegenden Fall bedarf es nach Auffassung des Gerichts jedoch keiner Aufsichtsmaßnahme der Beklagten. Dass die Herausgabe der beantragten Umweltinformation vorliegend eine Aufsichtsmaßnahme der zuständigen Behörde erfordert, ergibt sich aus dem Wortlaut des Art. 67 Abs. 1 Uabs. 2 Satz 1 VO (EG) 1107/2009 nämlich gerade nicht. Demnach stellen sie [die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln] die einschlägigen Informationen in diesen Aufzeichnungen auf Anfrage der zuständigen Behörde zur Verfügung. Die Formulierung „auf Anfrage“ ist dahingehend zu verstehen, dass die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln nicht dazu verpflichtet sind, die Aufzeichnungen proaktiv zu übermitteln, sondern vielmehr nur reaktiv im Fall der Anforderung durch die zuständige Behörde (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2020 – 9 K 8441/18 –, Rn. 43, Juris).
69 
Nach alledem sind § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 UVwG vorliegend anwendbar und seine Tatbestandsvoraussetzungen sind erfüllt. Offenbleiben kann somit, ob die Anspruchsvoraussetzungen des § 11 Abs. 3 PflSchG – zwischen den Beteiligten wurde diesbezüglich insbesondere kontrovers diskutiert, ob die Versagung des Ermessens sachgerecht war – erfüllt sind, ob Art. 67 Abs. 1 Uabs. 2 Satz 2 VO (EG) 1107/2009 eine unmittelbare Anspruchsgrundlage darstellt und ob deren Voraussetzungen vorliegen.
70 
3. Diesem Anspruch stehen auch keine Rechte Dritter entgegen, insbesondere nicht dahingehend, dass durch die Herausgabe der begehrten Aufzeichnungen an den Kläger Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht oder in sonstiger Weise verletzt würden.
71 
Dies folgt bereits daraus, dass der Kläger nur den Zugang zu anonymisierten Daten begehrt. Dass derartige entgegenstehende Belange Dritter nicht dazu führen können, dass der Zugang zu Umweltinformationen vollständig verweigert wird, sondern dass in Fällen wie dem vorliegenden der Zugang dann ggf. nur auszugsweise zu gewähren ist, folgt zudem aus Art. 4 Abs. 4 der UIRL. Unabhängig davon, dass der Kläger vorliegend nur den Zugang zu anonymisierten Daten begehrt, stehen dem Anspruch auf Informationszugang auch § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 3 UVwG nicht entgegen (vgl. dazu ausführlich VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 13.07.2020 – 10 K 1230/19 –, Rn. 56 ff., Juris).
72 
4. Das Gericht hält auch die vom Beklagten angeregte Vorlage zum Gerichtshof der Europäischen Union im Wege der Vorabentscheidung nach Art. 267 Uabs. 2 AEUV nicht für sachgerecht. Die vorzulegende Rechtsfrage lautet nach Ansicht des Beklagten sinngemäß im Wesentlichen, ob die VO (EG) 1107/2009 im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel die UIRL überlagert und den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnet – wie etwa in § 11 Abs. 3 PflSchG vom Bundesgesetzgeber geschehen – weitere Anforderungen an den Informationszugang zu stellen. Diese Frage hält das Gericht nach obigen Ausführungen für geklärt und damit für nicht vorlagebedürftig. Im Übrigen ist die Kammer als erstinstanzliches Gericht zu einer Vorlage nicht verpflichtet und übt ihr Ermessen mit Blick auf die bereits anhängigen Berufungsverfahren gleichen Inhalts dahingehend aus, dass von einem Vorabentscheidungsersuchen abgesehen wird.
73 
Der Beklagte war daher wie aus dem Tenor ersichtlich zur Zugangsgewährung zu verpflichten.
III.
74 
Die Berufung ist gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen.
IV.
75 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
37 
Die Klage hat im Hauptantrag Erfolg; sie ist insoweit zulässig und begründet. Einer Entscheidung über den Hilfsantrag bedarf es somit nicht.
I.
38 
Die Klage ist zulässig.
39 
Sie ist als Verpflichtungsklage statthaft. Die vom Kläger begehrte Übermittlung von Umweltinformationen stellt zwar einen bloßen Realakt und keinen Verwaltungsakt dar, jedoch ist der Landesgesetzgeber davon ausgegangen, dass die Entscheidung über ein Auskunftsbegehren einen Verwaltungsakt darstelle (vgl. zu § 3 Abs. 1 LUIG Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25.11.2008 – 10 S 2702/06 –, Rn. 17, Juris). Die Klage ist auch in ihrer im Vergleich zur Klageerhebung geänderten Form zulässig. Da die Klage ursprünglich auf den Zugang zu den Aufzeichnungen der Kalenderjahre 2015 bis 2017 gerichtet war, liegt eine Klageänderung vor, die das Gericht für sachdienlich erachtet und die somit nach § 91 Abs. 1 Var. 2 VwGO auch ohne die Einwilligung des Beklagten zulässig ist. An der Sachdienlichkeit fehlt es nicht aufgrund des Fehlens eines auf Zugang zu den Aufzeichnungen der Jahre 2018 und 2019 gerichteten Antrags beim Regierungspräsidium T. (dazu 1.) sowie der fehlenden Durchführung eines Vorverfahrens (dazu 2.).
40 
1. Hinsichtlich des Zugangs zu den Aufzeichnungen der Jahre 2018 und 2019 bedarf es keines erneuten Antrags des Klägers beim Regierungspräsidium T.
41 
Zwar setzt eine Verpflichtungsklage grundsätzlich einen vor der Klageerhebung bei der Behörde gestellten Antrag voraus (siehe zur Notwendigkeit der Antragstellung als eine im Prozess nicht nachholbare Klagevoraussetzung der Verpflichtungsklage näher Kopp/Schenke, VwGO 24. Auflage 2018 Vorb. § 68 Rn. 5a und § 42 Rn. 6 m. w. N.). Die Verweisung auf die Durchführung eines - erneuten - Antragsverfahrens ist jedoch dann nicht gerechtfertigt, wenn der Zweck der vorherigen Antragstellung, nämlich der Behörde die Möglichkeit einzuräumen, eine Angelegenheit innerhalb des üblichen Verwaltungsverfahrens zu prüfen, ausnahmsweise entbehrlich ist, weil die Behörde mit dem Sachverhalt bereits befasst war und allenfalls unwesentliche Änderungen in den Streitstoff eingeführt werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.07.2010 – 11 S 2730/09 –, Rn. 22, Juris; Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 42 Rn. 37 m. w. N.).
42 
So liegt der Fall hier. Der nunmehr verfolgte Auskunftsanspruch hinsichtlich der Jahre 2018 und 2019 ist zwar rechtlich eigenständig, jedoch inhaltlich identisch mit dem bereits im vorliegenden Verwaltungs- sowie Gerichtsverfahren verfolgten und ausführlich erörterten Anspruch hinsichtlich der Jahre 2015 bis 2017. Dass die erneute Befassung des Beklagten mit dem Auskunftsanspruch der Jahre 2018 und 2019 zu einem anderen Ergebnis führen könnte, ist vor diesem Hintergrund ausgeschlossen. Dafür spricht weiter, dass der Beklagte im vorliegenden Verfahren betont hat, an seiner Rechtsauffassung festzuhalten und eine Berufung verfolgen zu wollen. Auch in drei verwandten und bereits entschiedenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren (VG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2020 – 9 K 8441/18 –; VG Stuttgart, Urteil vom 10.06.2020 – 14 K 9469/18 –; VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 13.07.2020 – 10 K 1230/19 –, jeweils Juris) hat der Beklagte gegen die stattgebenden Urteile Berufung eingelegt. An dieser Bewertung vermag der vom Beklagten geäußerte Einwand, dass der Ausgang eines erneuten Verwaltungsverfahrens aufgrund der in den o. g. Rechtssachen laufenden Berufungsverfahren als offen zu betrachten sei, nichts zu ändern. Abzustellen ist hinsichtlich der Vorbefassung und der weitgehenden Identität des Streitstoffs auf den gegenwärtigen Zeitpunkt. Darüber hinaus kann der Kläger nicht auf ein weiteres Antragsverfahren verwiesen werden, dass den Ausgang der o. g. Berufungsverfahren abwartet.
43 
2. Da demnach schon kein weiteres Antragsverfahren hinsichtlich der Jahre 2018 und 2019 durchzuführen ist, bedarf es auch nicht der Durchführung eines grundsätzlich erforderlichen (vgl. § 32 Abs. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Nr. 1 UVwG) weiteren Vorverfahrens.
44 
Der Zweck des Vorverfahrens ist vorliegend darüber hinaus erfüllt. Erfüllt ist der Zweck eines Vorverfahrens, wenn die Widerspruchsbehörde selbst am Verfahren beteiligt ist und nach einer Sachprüfung im Wege einer vorgerichtlichen Erklärung oder einer prozessbegleitenden Einlassung zum Ausdruck bringt, sie würde einen (künftigen) Widerspruch zurückweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2018 – 7 C 21/16 –, Rn. 19 - 20, Juris m. w. N). So liegt es hier. Das Regierungspräsidium T. hat im vorliegenden Verfahren mehrfach betont, an seiner Rechtsauffassung festhalten zu wollen.
II.
45 
Die Klage ist auch begründet. Die Ablehnung der Gewährung der begehrten Aufzeichnungen durch den Bescheid des Regierungspräsidiums T. vom 16.08.2018 ist rechtswidrig und der Kläger ist dadurch in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
46 
Der Anspruch des Klägers beruht auf § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 UVwG, dessen Anwendbarkeit aufgrund der Europarechtswidrigkeit des § 11 Abs. 3 PflSchG nicht nach § 1 Abs. 3 UVwG ausgeschlossen wird (dazu 1.) und dessen Voraussetzungen erfüllt sind, da die begehrten Aufzeichnungen insbesondere nach § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 UVwG für den Beklagten bereitgehalten werden (dazu 2.). Gegenrechte können ihm nicht mit Erfolg entgegengehalten werden (dazu 3.).
47 
Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 UVwG hat jede Person nach Maßgabe des Umweltverwaltungsgesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinne von § 23 Absatz 1 verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Nach § 23 Abs. 4 Satz 1 UVwG verfügt eine informationspflichtige Stelle über Umweltinformationen, wenn diese bei ihr vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden. Ein Bereithalten liegt nach § 23 Abs. 4 Satz 2 UVwG vor, wenn eine natürliche oder juristische Person, die selbst nicht informationspflichtige Stelle ist, Umweltinformationen für eine informationspflichtige Stelle im Sinne von § 23 Abs. 1 UVwG aufbewahrt, auf die diese Stelle einen Übermittlungsanspruch hat.
48 
Dass der Kläger als Gebietskörperschaft eine juristische Person des Öffentlichen Rechts darstellt und damit anspruchsberechtigt ist, es sich bei den streitgegenständlichen Aufzeichnungen nach Art. 67 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 1107/2009 um Umweltinformationen handelt (vgl. § 23 Abs. 3 Nr. 2 UVwG bzw. Art. 2 Nr. 1b UIRL) und dass das Regierungspräsidium T. zuständige Stelle ist (vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UVwG i. V. m. § 59 Abs. 2 Nr. 8 PflSchG i. V. m. § 9 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz über Zuständigkeiten in den Bereichen Markt und Ernährung, landwirtschaftliche Beratung, Tierzucht und anderen Bereichen vom 04.02.2010, i. d. F. vom 21.03.2016 (Landwirtschafts-Zuständigkeitsverordnung), steht zwischen den Beteiligten nicht (mehr) in Streit.
49 
1. Die Anwendbarkeit des § 24 Abs. 1 Satz 1 UVwG ist nicht nach § 1 Abs. 3 UVwG i. V. m. § 11 Abs. 3 PflSchG ausgeschlossen, weil § 11 Abs. 3 PflSchG mit Unionsrecht offensichtlich unvereinbar ist (vgl. ebenso im Ergebnis VG Stuttgart, Urteil vom 10.06.2020 – 14 K 9469/18 – Juris).
50 
Die Vorschriften des UVwG finden nach dessen § 1 Abs. 3 keine Anwendung, soweit bundesrechtliche Vorschriften eine abschließende Regelung treffen. Als solche bundesrechtliche Vorschrift kommt § 11 Abs. 3 PflSchG in Betracht, wonach die zuständige Behörde auf Antrag bei Vorliegen eines berechtigten Interesses und unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Aufzeichnenden im Einzelfall Auskunft über die Aufzeichnungen geben kann. Die Pflicht der beruflichen Verwender zur Führung von Aufzeichnungen folgt aus Art. 67 Abs. 1 Uabs. 1 Satz 2 VO (EG) 1107/2009. Berufliche Verwender von Pflanzenschutzmitteln führen demnach über mindestens drei Jahre Aufzeichnungen über die Pflanzenschutzmittel, die sie verwenden, in denen die Bezeichnung des Pflanzenschutzmittels, der Zeitpunkt der Verwendung, die verwendete Menge, die behandelte Fläche und die Kulturpflanze, für die das Pflanzenschutzmittel verwendet wurde, vermerkt sind.
51 
Die Informationsansprüche aus § 24 UVwG und § 11 Abs. 3 PflSchG stehen zueinander in Normenkonkurrenz, wobei § 11 Abs. 3 PflSchG aufgrund seiner weiteren Tatbestandsmerkmale (Vorliegen eines berechtigten Interesses, Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Ermessen der Behörde) grundsätzlich die speziellere Norm darstellt (VG Stuttgart, Urteil vom 10.06.2020 – 14 K 9469/18 –, Rn. 25, Juris m. w. N.) Die Unionsrechtswidrigkeit des § 11 Abs. 3 PflSchG folgt nach Auffassung des Gerichts daraus, dass die allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätze des Umweltinformationsrechts (insbesondere die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (Umweltinformationsrichtlinie: UIRL) mangels anderweitiger belastbarer unionsrechtlicher Anhaltspunkte auch im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel anwendbar sind, weil insbesondere die VO (EG) 1107/2009 diesbezüglich kein abweichendes Regelungsregime enthält (dazu a)). Die engeren Tatbestandsmerkmale des § 11 Abs. 3 PflSchG finden in den unionsrechtlichen Regelungen (insb. UIRL und VO (EG) 1107/2009) keine rechtliche Grundlage (dazu b)).
52 
a) Die allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätze des Umweltinformationsrechts (insbesondere die UIRL) sind auch auf Pflanzenschutzmittel anwendbar, und die VO (EG) 1107/2009 gibt diesbezüglich kein abweichendes Regelungsregime vor.
53 
Das unionsrechtlich begründete Umweltinformationsrecht gewährt grundsätzlich weitgehende Auskunftsansprüche: Nach Art. 3 Abs. 1 UIRL gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass Behörden gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie verpflichtet sind, die bei ihnen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen allen Antragstellern auf Antrag zugänglich zu machen, ohne dass diese ein Interesse geltend zu machen brauchen (Art. 3 Abs. 1 UIRL).
54 
Soweit der Beklagte meint, im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel gelte ein anderes Regelungsregime, da die VO (EG) 1107/2009 im Vergleich zur UIRL die neuere (UIRL: 28.01.2003; VO (EG) 1107/2009: 21.10.2009) sowie aufgrund ihres allein auf das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln beschränkten Anwendungsbereichs auch die speziellere Norm darstelle, dringt er damit nicht durch. Denn dies setzte voraus, dass die VO (EG) 1107/2009 auch den Informationszugang im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel abschließend regelt. Dies ist indes nach Auffassung der Kammer nicht der Fall.
55 
Eine derartige Auslegung lässt sich zunächst nicht den Erwägungsgründen der VO (EG) 1107/2009 entnehmen, insbesondere nicht den Erwägungsgründen (41) und (44). Soweit Erwägungsgrund (44) ausführt, dass Bestimmungen zur Führung von Aufzeichnungen und zur Information über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln festgelegt werden sollten, spricht dies gegen eine abschließende Regelung des Informationszugangs durch die Verordnung. Auch der Verordnung selbst lässt sich dies nicht entnehmen. Im einschlägigen Kapitel VI (Öffentlicher Zugang zu Informationen) sieht Art. 63 Abs. 3 VO (EG) 1107/2009 gerade vor, dass „dieser“ (!) Artikel unbeschadet der UIRL gilt. Soweit sich das Land diesbezüglich auf Art. 67 Abs. 1 Uabs. 3 VO (EG) 1107/2009 beruft, folgt das Gericht dem nicht. Nach Art. 67 Abs. 1 Uabs. 3 VO (EG) 1107/2009 macht die zuständige Behörde diese Informationen gemäß den geltenden nationalen oder gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zugänglich. Die Norm verweist somit nicht nur auf nationale, sondern eben gerade auch auf gemeinschaftsrechtliche Vorschriften wie etwa die UIRL. Dass Art. 67 Abs. 1 Uabs. 3 VO (EG) 1107/2009 eine Öffnungsklausel zur Möglichkeit der abweichenden – insbesondere gegenüber der UIRL engeren – Regelung für die Mitgliedstaaten (etwa durch § 11 Abs. 3 PflSchG) darstellen soll, sieht das Gericht nicht. Aufgrund der erheblichen Bedeutung von Pflanzenschutzmitteln innerhalb des Umweltrechts und der daraus folgenden großen Reichweite einer solchen Regelung bedürfte diese Ansicht einer Stütze in den Erwägungsgründen der VO (EG) 1107/2009 oder in der Verordnung selbst, an der es nach vorigen Ausführungen fehlt. Dass § 11 Abs. 3 PflSchG den Informationszugang – wie bereits ausgeführt mit einer weitreichenden Bedeutung – abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des Umweltrechts regeln wollte, lässt sich auch den diesbezüglichen Materialien (BT-Drs. 17/7317, S. 45) nicht entnehmen.
56 
Nach alledem gilt die UIRL auch für den Informationszugang im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel.
57 
b) Die UIRL (dazu aa)) und die VO (EG) 1107/2009 (dazu bb) enthalten keine rechtliche Grundlage für die engeren Tatbestandsmerkmale des § 11 Abs. 3 PflSchG (Vorliegen eines berechtigten Interesses, Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) und die Einräumung eines behördlichen Ermessens.
58 
aa) Hinsichtlich eines berechtigten Interesses folgt dies bereits aus dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 UIRL. Im Hinblick auf die Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sieht Art. 4 Abs. 2 d) UIRL zwar vor, dass die Mitgliedstaaten eine Regelung zur Ablehnung des Zugangs zu Umweltinformationen vorsehen können, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen auf Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse hätte. Hierzu ist in Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 S. 3 UIRL jedoch eine Rückausnahme vorgesehen, nach der die Mitgliedstaaten aufgrund des Abs. 2 a), d), g) und h) nicht vorsehen dürfen, dass ein Antrag abgelehnt werden kann, wenn er sich – wie vorliegend – auf Informationen über Emissionen in die Umwelt bezieht. Auch einen Entscheidungsspielraum räumt die UIRL den Behörden nicht ein.
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bb) Eine rechtliche Grundlage folgt auch nicht aus der VO (EG) 1107/2009, insbesondere nicht aus Art. 67 Abs. 1 Uabs. 2 Satz 2 VO (EG) 1107/2009, wonach Dritte wie beispielsweise die Trinkwasserwirtschaft, Einzelhändler oder Anrainer bei der zuständigen Behörde um Zugang zu diesen Informationen ersuchen können. Aus der beispielhaften Aufzählung kann nicht ohne Weiteres darauf geschlossen werden, dass andere Dritte gerade keinen Anspruch auf Informationszugang haben sollen. Das Wort „können“ meint im vorliegenden Kontext allein die Möglichkeit der Dritten, ein Informationsersuchen an die zuständigen Behörden zu richten, räumt den zuständigen Behörden allerdings kein Ermessen ein.
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2. Der Beklagte verfügt nach § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 UVwG über die vom Kläger begehrten Aufzeichnungen. Die begehrten Aufzeichnungen sind zwar nicht im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 Satz 1 Var. 1 UVwG beim Beklagten vorhanden, werden von den Landwirten jedoch für den Beklagten bereitgehalten (§ 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 Satz 1 Var. 2, Satz 2 UVwG). Die vom Beklagten dagegen vorgebrachten Einwendungen, wonach kein Fall des Bereithaltens vorliege, da die Landwirte die begehrten Aufzeichnungen nicht im Wege der Selbstüberwachung aufbewahrten (dazu a)) bzw. da die Ermittlung der begehrten Aufzeichnungen vorliegend eine Aufsichtsmaßnahme erfordere (dazu b)), greifen nicht durch.
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a) Ein Bereithalten im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 Satz 1 Var. 2, Satz 2 UVwG erfordert entgegen der Auffassung des Beklagten keine Aufbewahrung der begehrten Aufzeichnungen seitens der Landwirte „im Wege der Selbstüberwachung“ (dazu aa)). Im Übrigen halten die Landwirte die begehrten Aufzeichnungen gerade im Wege der Selbstüberwachung bereit (dazu bb)).
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aa) Dass ein Bereithalten im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 Satz 1 Var. 2, Satz 2 UVwG eine Aufbewahrung der begehrten Aufzeichnungen seitens der Landwirte im Wege der Selbstüberwachung erfordert, ergibt sich schon nicht aus dem Wortlaut dieser Vorschrift. Es folgt aber insbesondere auch nicht aus den Materialien und der Literatur, auf die der Beklagte diesbezüglich Bezug nimmt (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum mit § 23 Abs. 4 UVwG identischen § 2 Abs. 3 UIG a. F.; Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 92. EL § 2 UIG, Rn. 54; BVerwG, Beschluss vom 01.11.2007 – 7 B 37/07 –, Rn. 20, Juris).
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Diesen Quellen lässt sich ebenso wie dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.11.2007 (– 7 B 37/07 –, Rn. 20, Juris) zwar übereinstimmend entnehmen, dass insbesondere Fälle, in denen dritte Stellen, die im Wege der Selbstüberwachung Aufzeichnungen vorhalten, unter das Tatbestandsmerkmal des Bereithaltens fallen. Dass ein Tätigwerden im Sinne der Selbstüberwachung allerdings zwingende Voraussetzung und damit ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal sein soll, lässt sich dem hingegen nicht entnehmen.
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bb) Im Übrigen halten die Landwirte die begehrten Aufzeichnungen hier ohnehin im Wege der Selbstüberwachung bereit.
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Dies folgt zunächst aus dem Wortlaut des Art. 67 Abs. 1 Uabs. 1 Satz 2, Uabs. 2 Satz 1 VO (EG) 1107/2009, der die „klassische“ Konstellation des „Outsourcings“ von Verwaltungskontrolltätigkeit in Gestalt der Selbstüberwachung mit Überwachungsbefugnis der Kontrollbehörde darstellt (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2020 – 9 K 8441/18 –, Rn. 27, Juris m. w. N.). Darüber hinaus sind auch die in der einschlägigen Kommentarliteratur (Landmann/Rohmer UmweltR/Reidt/Schiller, 90. EL Juni 2019, UIG § 2 Rn. 54) angegebenen Beispiele für einen Fall des Bereithaltens (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG i. V. m. §§ 18 ff. 13. BImSchV, §§ 14 ff. 17. BImSchV, § 31 BImSchG, §§ 62 ff. WHG; § 47 Abs. 4 KrWG) mit der vorliegenden Konstellation weitgehend vergleichbar (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2020 – 9 K 8441/18 –, Rn. 28, Juris m. w. N.). Etwas Anderes folgt entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht daraus, dass die zuständige Kontrollbehörde vorliegend die entsprechenden Daten selbst aktiv bei den beruflichen Verwendern von Pflanzenschutzmitteln anfragt. Dass ein Fall der Selbstüberwachung voraussetzt, dass der Betroffene proaktiv und in gewisser Regelmäßigkeit dazu verpflichtet ist, die zur Selbstüberwachung vorgehaltenen Aufzeichnungen an die zuständige Behörde zu übermitteln, folgt nicht allein daraus, dass unter den o. g. Beispielen für das Bereithalten auch solche sind, bei denen der Betroffene zu einer solchen proaktiven Übermittlung verpflichtet ist (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2020 – 9 K 8441/18 –, Rn. 28, Juris m. w. N.).
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Vor diesem Hintergrund verfängt auch der Verweis des Beklagten auf § 61 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 WHG nicht. Wie vorgehend ausgeführt, stellt sich die Aufbewahrung seitens der beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln vorliegend unabhängig von der Bezeichnung jedenfalls funktional als Selbstüberwachung dar.
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b) Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass nicht von einem Bereithalten im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 UVwG auszugehen sein könnte, sofern die Ermittlung der begehrten Aufzeichnungen eine Aufsichtsmaßnahme erforderte. Denn der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum mit § 23 Abs. 4 UVwG identischen § 2 Abs. 3 UIG a. F. (BT-Drs. 15/3406, Seite 15) besagt: „[...] Nicht erfasst werden dagegen Fälle, in denen die beantragte Umweltinformation erst aufgrund einer Aufsichtsmaßnahme für die Stelle der öffentlichen Verwaltung erstellt oder an die Stelle herausgegeben werden müsste.“
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Im vorliegenden Fall bedarf es nach Auffassung des Gerichts jedoch keiner Aufsichtsmaßnahme der Beklagten. Dass die Herausgabe der beantragten Umweltinformation vorliegend eine Aufsichtsmaßnahme der zuständigen Behörde erfordert, ergibt sich aus dem Wortlaut des Art. 67 Abs. 1 Uabs. 2 Satz 1 VO (EG) 1107/2009 nämlich gerade nicht. Demnach stellen sie [die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln] die einschlägigen Informationen in diesen Aufzeichnungen auf Anfrage der zuständigen Behörde zur Verfügung. Die Formulierung „auf Anfrage“ ist dahingehend zu verstehen, dass die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln nicht dazu verpflichtet sind, die Aufzeichnungen proaktiv zu übermitteln, sondern vielmehr nur reaktiv im Fall der Anforderung durch die zuständige Behörde (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2020 – 9 K 8441/18 –, Rn. 43, Juris).
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Nach alledem sind § 24 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 UVwG vorliegend anwendbar und seine Tatbestandsvoraussetzungen sind erfüllt. Offenbleiben kann somit, ob die Anspruchsvoraussetzungen des § 11 Abs. 3 PflSchG – zwischen den Beteiligten wurde diesbezüglich insbesondere kontrovers diskutiert, ob die Versagung des Ermessens sachgerecht war – erfüllt sind, ob Art. 67 Abs. 1 Uabs. 2 Satz 2 VO (EG) 1107/2009 eine unmittelbare Anspruchsgrundlage darstellt und ob deren Voraussetzungen vorliegen.
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3. Diesem Anspruch stehen auch keine Rechte Dritter entgegen, insbesondere nicht dahingehend, dass durch die Herausgabe der begehrten Aufzeichnungen an den Kläger Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht oder in sonstiger Weise verletzt würden.
71 
Dies folgt bereits daraus, dass der Kläger nur den Zugang zu anonymisierten Daten begehrt. Dass derartige entgegenstehende Belange Dritter nicht dazu führen können, dass der Zugang zu Umweltinformationen vollständig verweigert wird, sondern dass in Fällen wie dem vorliegenden der Zugang dann ggf. nur auszugsweise zu gewähren ist, folgt zudem aus Art. 4 Abs. 4 der UIRL. Unabhängig davon, dass der Kläger vorliegend nur den Zugang zu anonymisierten Daten begehrt, stehen dem Anspruch auf Informationszugang auch § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 3 UVwG nicht entgegen (vgl. dazu ausführlich VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 13.07.2020 – 10 K 1230/19 –, Rn. 56 ff., Juris).
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4. Das Gericht hält auch die vom Beklagten angeregte Vorlage zum Gerichtshof der Europäischen Union im Wege der Vorabentscheidung nach Art. 267 Uabs. 2 AEUV nicht für sachgerecht. Die vorzulegende Rechtsfrage lautet nach Ansicht des Beklagten sinngemäß im Wesentlichen, ob die VO (EG) 1107/2009 im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel die UIRL überlagert und den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnet – wie etwa in § 11 Abs. 3 PflSchG vom Bundesgesetzgeber geschehen – weitere Anforderungen an den Informationszugang zu stellen. Diese Frage hält das Gericht nach obigen Ausführungen für geklärt und damit für nicht vorlagebedürftig. Im Übrigen ist die Kammer als erstinstanzliches Gericht zu einer Vorlage nicht verpflichtet und übt ihr Ermessen mit Blick auf die bereits anhängigen Berufungsverfahren gleichen Inhalts dahingehend aus, dass von einem Vorabentscheidungsersuchen abgesehen wird.
73 
Der Beklagte war daher wie aus dem Tenor ersichtlich zur Zugangsgewährung zu verpflichten.
III.
74 
Die Berufung ist gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen.
IV.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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