Der Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 24.6.2003 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass beim Kläger die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.
Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.
Die Beklagte trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten, die dieser selbst trägt.
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Der iranische Kläger beantragte erstmals im Februar 1996 aus angeblicher Furcht vor Verfolgung wegen Aktivitäten für die Volksmudjaheddin erfolglos Asyl (vgl. Urteil des VG Stuttgart v. 31.10.1996 - A 11 K 12774/96 -). Mit Anwaltsschriftsatz vom 28.7.1997 stellte er wegen Unterstützung einer Gruppe von Radjavi und aktiver Mitgliedschaft im monarchistischen N.I.D. Asylfolgeantrag, der nach einer Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Urteil des VG Stuttgart v. 29.1.1998 - A 11 K 14463/97 -) erneut zur Ablehnung unter Verneinung der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG führte (Bescheid des Bundesamts v. 31.5.1999). Die hiergegen erhobene Klage wurde rechtskräftig abgewiesen (Urteil des VG Stuttgart v. 16.12.1999 - A 11 K 12835/99 -, Beschluss des VGH Baden-Württ. v. 4.2.2000 - A 3 S 202/00) mit der Begründung, die exilpolitischen Aktivitäten stellten sich nicht als Fortführung einer bereits im Heimatland betätigten politischen Überzeugung dar und dürften kein beachtliches Verfolgungsinteresse des iranischen Staates auslösen.
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Mit Anwaltsschriftsatz vom 25.9.2002 beantragte der Kläger Feststellungen nach §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG und führte aus, er sei am 16.7.2000 in die Türkei ausgereist und von dort in den Iran zurückgekehrt, wo er im Auftrag der Exilorganisation des N.I.D. seine subversiven regimefeindlichen Aktivitäten fortgesetzt und die Studentenunruhen im Juli 2002 mitorganisiert habe, sei am 23.9.2002 mit einem Direktflug von Teheran nach Frankfurt/Main erneut geflohen und müsse im Iran mit schwerster Bestrafung auch für seine Mitgliedschaft in der immer bedeutsameren monarchistischen Opposition rechnen. Zum Beweis für den Auftrag der Exilorganisation bezüglich dieser Unruhen hat er eine Bestätigung ihres Präsidenten vom 24.9.2002 vorgelegt, in der zusätzlich ausgeführt ist, er sei sofort nach seiner Einreise in den Iran inhaftiert, beraubt, gedemütigt und erniedrigt, geschlagen und gefoltert, dann freigelassen und observiert worden, am 9.7.2002 in eine Massen-Festnahme geraten, erneut geschlagen und verhört worden, nach neun Tagen durch Bestechung eines Staatsbeamten freigekommen und mit Hilfe eines Schleppers ausgereist. Ferner wurde am 18.11.2002 die Übersetzung eines Artikels dieses Präsidenten aus der Zeitung Nimrooz vom 27.11.1998 zur Ermordung von Daryousch Forohar und dessen Frau vorgelegt, den der Antragsteller im Iran als Flugblatt verteilt habe.
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Mit Bescheid vom 24.6.2003, der den Eingangsstempel des Anwaltsbüros vom 30.6.2003 erhielt, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Durchführung eines Folgeverfahrens und auf Abänderung des Bescheids vom 31.5.1999 bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG ab und drohte dem Kläger mit der Ausreisefrist von einer Woche die Abschiebung in den Iran an. Zur Begründung ist ausgeführt, der angebliche Aufenthalt im Iran sei nicht durch entsprechende Belege substantiiert worden und die exilpolitischen Aktivitäten seien bereits im Urteil vom 16.12.1999 bewertet.
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Der Kläger hat am 7.7.2003 Klage erhoben und deren aufschiebende Wirkung beantragt, wobei er eine wachsende Bedeutung der auch im Iran aktiv gewordenen Monarchisten dargelegt hat. Mit Beschluss vom 12.11.2003 - A 11 K 12041/03 - ist der vorläufige Rechtsschutz versagt worden. Mit Schriftsatz vom 26.11.2003 hat der Kläger als Belege für eine Neubewertung der monarchistischen Aktivitäten die Vernehmung des Gutachters des Deutschen Orient-Instituts beim VG Wiesbaden am 11.3.2003 und dessen Stellungnahme vom 26.5.2003 an das VG Schleswig angeführt. Mit Schriftsatz vom 5.4.2004 hat er hierzu ein Urteil des VG Wiesbaden vom 14.10.2003 und ein Urteil des VG Koblenz vom 11.11.2003 benannt und vorgetragen, dass nunmehr alle seine exilpolitischen Aktivitäten einschließlich seiner zwischenzeitlichen Ernennung zum Vorstandsmitglied der örtlichen Sektion des N.I.D. neu zu würdigen seien. Mit Schriftsatz vom 29.6.2004 hat er die Ausgabe der Zeitung Keyhan vom 3. bis 9.6.2004 mit Übersetzung der Seite 4 vorgelegt, wonach dort seine Berufung zum neuen Verantwortlichen der Sektion ... mit Foto dargestellt ist, und hierzu auf eine Stellungnahme von amnesty international vom 26.5.2004 hingewiesen. Schließlich hat er mit Schriftsätzen vom 1. und 4.4.2005 vorgetragen, im Iran habe er vom iranischen Geheimdienst angeworben werden sollen und auf Instruktion des Frankfurter N.I.D.-Präsidenten gehandelt, er übe seit seiner Wiedereinreise eine herausgehobene Funktion aus und sei für Aktivitäten einschließlich einer Internetadresse gegen das iranische Regime verantwortlich, womit auch nach einer Auskunft des Bundesamts für Verfassungsschutz vom 25.5.2004 und einer Aussage des Bundesanwalts vom 23.9.2003 über die Ausspähung der Monarchisten als eine der größten und einflussreichsten Gruppe oppositioneller Emigranten davon auszugehen sei, dass er iranischen Stellen bekannt und bei seiner Rückkehr gefährdet sei. In der mündlichen Verhandlung hat er vorgetragen, warum er keine Unterlagen über die Rückreise vom Iran nach Deutschland habe und dass in der Bestätigung vom 24.9.02, nach der „ein nicht zu benennender Staatsbeamter“ gegen Entgelt für seine Freilassung gesorgt habe, ein Geheimdienst-Mitarbeiter gemeint gewesen sein dürfte.
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Der Kläger beantragt unter Zurücknahme der Klage bezüglich seiner Anerkennung als Asylberechtigter,
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den Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 24.6.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1, hilfsweise Abs. 2 bis 7 AufenthG festzustellen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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Der beteiligte Bundesbeauftragte hat sich nicht geäußert.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die angeführten Bescheide und Schriftsätze mit Unterlagen und einem Auszug der genannten Internetseite sowie auf das Sitzungsprotokoll mit Anlage Bezug genommen.
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Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten des Bundesamts vor.
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Das Verfahren ist bezüglich der begehrten Anerkennung als Asylberechtigter einzustellen, da die Klage insoweit zurückgenommen worden ist (§ 92 Abs. 3 VwGO).
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Die verbliebene Klage, über die das Gericht im allseitigen Einverständnis durch den Berichterstatter und trotz Ausbleibens Beteiligter in der mündlichen Verhandlung entscheiden kann (§§ 87a Abs. 2 und 3, 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und mit den Hauptanträgen begründet; der Bescheid des Bundesamts ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zum maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung liegen sowohl die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vor als auch die Voraussetzungen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG (§§ 71 Abs. 1, 13 Abs. 2, 31 Abs. 2, 77 Abs. 1 AsylVfG).Dabei kommt es letztlich nicht darauf an, ob der Kläger vor dem jetzigen Verfahren im Iran gefährdet war, denn die Verfolgungsgefahr ergibt sich schon aus seiner gegen das dortige Regime gerichteten Position und Tätigkeit in Deutschland.
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Der Kläger hat insoweit eine seit dem Bescheid des Bundesamts vom 31.5.1999 zu seinen Gunsten geänderte Sach- oder Rechtslage, die er nicht in einem früheren Verfahren geltend machen konnte, binnen drei Monaten nach ihrer Entstehung vorgetragen (§ 51 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 VwVfG). Die am 7.7.2003 rechtzeitig vorgetragene wachsende Bedeutung der iranischen Monarchisten, wie sie in den Stellungnahmen des Deutschen Orient-Instituts vom 26.5.2003 an das VG Schleswig und das VG Kassel aufgezeigt wird, ist zwar im Beschluss vom 12.11.2003 als nicht ausreichend bewertet, aber die damals noch fehlende exponierte Stellung und Betätigung des Klägers ergibt sich spätestens aus der mit Schriftsatz vom 29.6.2004 unter erneutem Hinweis auf die Bedeutung der Monarchisten vorgelegten Zeitung Keyhan vom gleichen Monat samt Übersetzung der Anzeige des N.I.D. (Wächter des Ewigen Iran) und O.I.K. (Iranische Konstitutionalisten) über die Berufung des Klägers als neuen Verantwortlichen der Sektion ... und „Vertreter der Organisation Wächter des Ewigen Iran“ vom April 2004 „unter Berücksichtigung seiner sichtbaren Aktivitäten gegen das Regime der Islamischen Mullah Republik Iran und unter Berücksichtigung seiner Aktivitäten für die Herstellung der konstitutionellen Monarchie im Iran in den Jahren 2000 bis 2002 ... “, verbunden mit Wünschen für „ständigen Erfolg bei der Fortsetzung seines unermüdlichen Kampfes für die Abschaffung des diktatorischen Regimes der Mullah ...“.
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Das hiernach durchzuführende weitere Asylverfahren führt zur Verpflichtung der Beklagten, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG, nämlich drohende Gefahr für Leben oder Freiheit wegen politischer Überzeugung festzustellen (vgl. §§ 13 Abs. 2, 31 Abs. 2 AsylVfG). Schon wegen der gesamten einzubeziehenden Vorgängen nach der angeblichen Reise in den Iran ist für den Kläger die Rückkehr in den Heimatstaat nicht mehr zumutbar, weil die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung aus politischen Gründen beachtlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.11.1991, BVerwGE 89, 162).
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Es ist davon auszugehen, dass iranische Stellen regimefeindliche Exilaktivitäten genau und möglichst umfassend beobachten sowie Mitglieder und Sympathisanten oppositioneller Gruppen namentlich zu erfassen suchen (Auswärtiges Amt, Auskünfte v. 8.2.2000 an VG Trier und 3.11.1997 an VG Münster und Schleswig; Bundesamt für Verfassungsschutz v. 28.1.2003 an VG Schleswig, 23.8.2000 an VG Potsdam, 21.1.2000 an VG Köln und 26.10.1999 an VG Koblenz). Zwar setzt eine erhöhte Gefährdung nach Auffassung des Bundesamts für Verfassungsschutz eine „exponierte oppositionelle Betätigung“ bzw. „hervorgehobene Bedeutung“ des Oppositionellen voraus (Auskünfte v. 28.1.2003 an VG Schleswig, v. 11.12.2000 an VG Köln und v. 23.8.2000 an VG Leipzig, Köln und Potsdam). Sie hängt auch von den konkreten Tätigkeiten und ihrer Bedeutung für das Regime ab, insbesondere davon, inwieweit jemand schon im Iran als Regimegegner aufgefallen ist, denn dort ist bekannt, dass mit Exilaktivitäten auch eine drohende Verfolgungsgefahr heraufbeschworen und damit ein Verbleiben im Ausland ermöglicht werden soll (vgl. Deutsches Orient-Institut, Stellungnahmen v. 23.5.2003 an VG Schleswig und VG Kassel; Bundesamt für Verfassungsschutz v. 28.1.2003 a.a.O.; Auswärtiges Amt v. 5.9.2000; Bericht des unabhängigen Bundesasylsenats Österreich über eine Reise im Mai/Juni 2002 S. 13 f). Der Kläger hat aber ernsthaft zu befürchten, dass die wiedergegebene exponierte Stellung und Betätigung für die Monarchisten, die er auch mit eigenem Foto als „Vorstandsmitglied im ...“ unter einer Internetadresse der N.I.D./O.I.K. beschreibt, zu einer strafrechtlichen Verfolgung im Falle der Rückkehr in den Iran genügt. Dabei kommt es bereits im Stadium von Voruntersuchungen, die Tage, Wochen oder sogar Monate andauern können, insbesondere während des Polizeigewahrsams zu Misshandlungen und Folterungen, mit denen Geständnisse und Informationen erpresst werden (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 22.12.2004, III.3.a, Rat der Europäischen Union S. 27). Die staatlichen Reaktionen gegen Oppositionelle unterliegen keiner Systematik (vgl. Deutsches Orient-Institut v. 29.2.2000, Bundesamt für Verfassungsschutz v. 23.8.2000) und sind kaum berechenbar, zumal wenn die Werte der Islamischen Revolution oder deren Führer als verunglimpft betrachtet werden könnten; nach außen wirksame politische Betätigungen mit dem Ziel, das Regime oder das islamische System zu stürzen, werden aber strikt verfolgt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 22.12.2004, II.1.a; amnesty international v. 24.3.2004 an OVG Bremen; Deutsches Orient-Institut v. 24.7.2000 an VG Mainz).
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Dass gerade die monarchistisch-nationalistischen Exilorganisationen vom iranischen Regime ausspioniert und inzwischen als Ernst zu nehmende politische Gegner gewertet werden, nachdem sie sich als führende Oppositionsbewegung mit großem medialem Einfluss auf die unzufriedene Bevölkerung im Iran etabliert haben, ergibt sich aus zahlreichen neueren Erkenntnisquellen, denen auch die Gefährdung exponierter Vertreter der Organisationen zu entnehmen ist (Gutachtervernehmung beim VG Wiesbaden am 11.3.2003; Deutsches Orient-Institut v. 26.5.2003 a.a.O., anders noch v. 2.9.2002 an Unabhängigen Bundesasylsenat Österreich; Kompetenzzentrum Orient-Okzident Mainz v. 19.8.2003 an Hess. VGH; amnesty international v. 3.2.2004 an VG Schleswig und v. 24.3.2004 an OVG Bremen, so im Grundsatz dessen Urt. v. 10.11.2004 - 2 A 475/03.A -; Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 22.12.2004, II.4). Dazu gehört die mit ebenfalls herausgehobenen Aktivitäten verbundene Position des Klägers, wenngleich sich der Sinn der demonstrativen Darstellung seiner Person und ihrer „sichtbaren Aktivitäten“ in der Zeitung Keyhan und im Internet erst durch den Zusammenhang mit entsprechenden Defiziten in den bisher erfolglosen Asylverfahren erschließt. Dass er bei einer - bisher gebotenen - Abschiebung mit solchen Gefahren zu rechnen hatte, spricht letztlich nicht gegen seine begründete Verfolgungsfurcht, da er aus anderen Gründen offenbar nicht abgeschoben werden konnte.
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§ 28 AsylVfG steht dieser Feststellung der Voraussetzungen des Abschiebungsverbots nicht entgegen. Hiernach wird ein Ausländer in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. Nach dem eingefügten Abs. 2 kann zwar ab 1.1.2005 bei Folgeanträgen in der Regel auch die Feststellung, dass die in § 60 Abs. 1 AufenthG bezeichneten Gefahren drohen, nicht mehr getroffen werden, wenn das Vorbringen auf Umstände im Sinne des Absatzes 1, die nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung des früheren Antrags enthalten sind, gestützt wird (Art. 3 Nr. 18, Art. 15 Abs. 3 Zuwanderungsgesetz). Auch wenn die neue Rechtslage maßgebend ist und der Kläger dem Urteil vom 29.1.1998 zufolge keine im Iran gefasste und betätigte politische Überzeugung fortgeführt hat, kann sich dies aber nicht auswirken, was die Kammer bereits zum vorläufigen Rechtsschutz in einem anderen Verfahren erwogen hat (Beschl. v. 13.4.2005 - A 11 K 13268/04 -).
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§ 60 Abs. 1 AufenthG enthält ausdrücklich „in Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559)“ - GFK - die Umsetzung des dortigen „Artikel 33. Verbot der Ausweisung und Zurückweisung“. § 28 Abs. 2 AsylVfG zielt darauf ab, die Feststellung drohender Gefahren i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG auch für die Abschiebebehörde verbindlich zu verneinen (§ 4 S. 1 AsylVfG). Dies widerspräche aber der Verpflichtung nach Art. 33 Abs. 1 GFK:
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Keiner der vertragschließenden Staaten wird einen Flüchtling auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner ... politischen Überzeugung bedroht sein würde.
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„Flüchtling“ im Sinne dieses Abkommens ist nämlich „jede Person“, die ...aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer ... politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will...
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Eine Einschränkung für Nachfluchtgründe wie in § 28 AsylVfG findet sich dort nicht; auch die Nachfluchtentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 26.11.1986, BVerfGE 74, 66), auf die § 28 AsylVfG zurückgeht, weist besonders auf den verbleibenden „Schutz nach Maßgabe von Art. 33“ GFK hin und enthält am Ende die - eigentlich tragende - Erwägung, das Oberverwaltungsgericht sei willkürfrei davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer politische Verfolgung nicht drohe. Ebenso heißt es in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2004/83/EG vom 29.4.2004 (Amtsblatt der Europäischen Union L 304/12) einschränkend:
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Unbeschadet der Genfer Flüchtlingskonvention können die Mitgliedstaaten festlegen, dass ein Antragsteller, der einen Folgeantrag stellt, in der Regel nicht als Flüchtling anerkannt wird, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Antragsteller nach Verlassen des Herkunftslandes selbst geschaffen hat.
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Demgemäß hat die UNHCR-Vertretung Deutschland zur Umsetzung des § 28 AsylVfG n.F. am 23.12.2004 angeregt:
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Um einen völkervertragswidrigen Ausschluss vom Flüchtlingsschutz zu vermeiden, sollte in den Auslegungshinweisen zu dieser Vorschrift ... klar gestellt werden, dass bei festgestellter Verfolgungsgefahr eine Ausnahme von der Regelvermutung für die fehlende Verfolgungsgefahr vorliegt und eine Flüchtlingsanerkennung möglich bleibt.
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In der Begründung zu § 28 Abs. 2 AsylVfG (BT-Drucksache 15/538 zu Art. 3 Nr. 18) ist zwar ausgeführt, dass durch die Versagung auch des „Kleinen Asyls“ nach § 60 Abs. 1 AufenthG keine Schutzlücke entstehe, weil es noch andere Rechtsgrundlagen für Schutz vor Abschiebungen bei konkreten Gefahren gebe und die Genfer Flüchtlingskonvention „lediglich - bei Vorliegen der Voraussetzungen des Artikels 33 Abs. 1 GFK - einen Abschiebungsschutz für die Dauer der Bedrohung garantiert“. Dabei wird aber übergangen, dass Art. 33 Abs. 1 GFK gerade durch § 60 Abs. 1 AufenthG umgesetzt werden soll, nicht etwa durch § 60 Abs. 7 AufenthG, der nicht einmal ein striktes Abschiebungsverbot enthält.
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Sollte also § 28 Abs. 2 AsylVfG bewirken, dass § 60 Abs. 1 AufenthG einer Abschiebung nicht entgegensteht, obwohl Art. 33 Abs. 1 GFK entgegensteht, widerspräche sich das Zuwanderungsgesetz selbst, da es § 60 Abs. 1 AufenthG und § 28 Abs. 2 AsylVfG gleichzeitig in Kraft gesetzt hat. Dieser Widerspruch lässt sich dadurch ausräumen, dass bei einem Verstoß gegen Art. 33 Abs. 1 GFK eine Ausnahme von der Regel des § 28 Abs. 2 AsylVfG gemacht wird. Dadurch wird zwar die Ausnahme zur Regel, denn der Anwendungsbereich des § 28 Abs. 2 AsylVfG bleibt auf etwaige Fälle beschränkt, in denen der Abschiebungsschutz des § 60 Abs. 1 AufenthG über Art. 33 Abs. 1 GFK hinausgeht. Das dürfte aber nicht schwer wiegen, denn § 28 Abs. 2 AsylVfG könnte ohnehin kaum die Erwartung des Gesetzgebers erfüllen, dass der „bislang bestehende Anreiz“ entfällt, durch Folgeverfahren mit neu geschaffenen Nachfluchtgründen zu einem dauerhaften Aufenthalt zu gelangen (BTDrucks.15/538 a.a.O.). Auch bei Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG, die nicht unter Art. 33 Abs. 1 GFK fallen, soll nämlich eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, die schließlich zur Niederlassungserlaubnis führen kann (§§ 25 Abs. 3 S. 1, 26 Abs. 4 AufenthG).
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Hiernach ist auch die Ablehnung einer Änderung der Verneinung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG aufzuheben, denn abweichend von der bisherigen Annahme des Bundesamts besteht gemäß § 51 VwVfG Anlass, die jeweils mit Ziffer 3 der Bescheide vom 31.5.1999 und 21.5.1996 getroffene Feststellung aufzuheben, ohne dass eine neue Feststellung - jetzt zu den Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG - zu treffen ist (§ 31 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AsylVfG). Die Abschiebungsandrohung ist ebenfalls aufzuheben, weil der Kläger nicht in den angegebenen Zielstaat abgeschoben werden darf (§ 34 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG) und ein anderer Zielstaat nicht konkret bezeichnet ist (§ 60 Abs. 10 AufenthG).
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Das Verfahren ist bezüglich der begehrten Anerkennung als Asylberechtigter einzustellen, da die Klage insoweit zurückgenommen worden ist (§ 92 Abs. 3 VwGO).
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Die verbliebene Klage, über die das Gericht im allseitigen Einverständnis durch den Berichterstatter und trotz Ausbleibens Beteiligter in der mündlichen Verhandlung entscheiden kann (§§ 87a Abs. 2 und 3, 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und mit den Hauptanträgen begründet; der Bescheid des Bundesamts ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zum maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung liegen sowohl die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vor als auch die Voraussetzungen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG (§§ 71 Abs. 1, 13 Abs. 2, 31 Abs. 2, 77 Abs. 1 AsylVfG).Dabei kommt es letztlich nicht darauf an, ob der Kläger vor dem jetzigen Verfahren im Iran gefährdet war, denn die Verfolgungsgefahr ergibt sich schon aus seiner gegen das dortige Regime gerichteten Position und Tätigkeit in Deutschland.
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Der Kläger hat insoweit eine seit dem Bescheid des Bundesamts vom 31.5.1999 zu seinen Gunsten geänderte Sach- oder Rechtslage, die er nicht in einem früheren Verfahren geltend machen konnte, binnen drei Monaten nach ihrer Entstehung vorgetragen (§ 51 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 VwVfG). Die am 7.7.2003 rechtzeitig vorgetragene wachsende Bedeutung der iranischen Monarchisten, wie sie in den Stellungnahmen des Deutschen Orient-Instituts vom 26.5.2003 an das VG Schleswig und das VG Kassel aufgezeigt wird, ist zwar im Beschluss vom 12.11.2003 als nicht ausreichend bewertet, aber die damals noch fehlende exponierte Stellung und Betätigung des Klägers ergibt sich spätestens aus der mit Schriftsatz vom 29.6.2004 unter erneutem Hinweis auf die Bedeutung der Monarchisten vorgelegten Zeitung Keyhan vom gleichen Monat samt Übersetzung der Anzeige des N.I.D. (Wächter des Ewigen Iran) und O.I.K. (Iranische Konstitutionalisten) über die Berufung des Klägers als neuen Verantwortlichen der Sektion ... und „Vertreter der Organisation Wächter des Ewigen Iran“ vom April 2004 „unter Berücksichtigung seiner sichtbaren Aktivitäten gegen das Regime der Islamischen Mullah Republik Iran und unter Berücksichtigung seiner Aktivitäten für die Herstellung der konstitutionellen Monarchie im Iran in den Jahren 2000 bis 2002 ... “, verbunden mit Wünschen für „ständigen Erfolg bei der Fortsetzung seines unermüdlichen Kampfes für die Abschaffung des diktatorischen Regimes der Mullah ...“.
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Das hiernach durchzuführende weitere Asylverfahren führt zur Verpflichtung der Beklagten, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG, nämlich drohende Gefahr für Leben oder Freiheit wegen politischer Überzeugung festzustellen (vgl. §§ 13 Abs. 2, 31 Abs. 2 AsylVfG). Schon wegen der gesamten einzubeziehenden Vorgängen nach der angeblichen Reise in den Iran ist für den Kläger die Rückkehr in den Heimatstaat nicht mehr zumutbar, weil die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung aus politischen Gründen beachtlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.11.1991, BVerwGE 89, 162).
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Es ist davon auszugehen, dass iranische Stellen regimefeindliche Exilaktivitäten genau und möglichst umfassend beobachten sowie Mitglieder und Sympathisanten oppositioneller Gruppen namentlich zu erfassen suchen (Auswärtiges Amt, Auskünfte v. 8.2.2000 an VG Trier und 3.11.1997 an VG Münster und Schleswig; Bundesamt für Verfassungsschutz v. 28.1.2003 an VG Schleswig, 23.8.2000 an VG Potsdam, 21.1.2000 an VG Köln und 26.10.1999 an VG Koblenz). Zwar setzt eine erhöhte Gefährdung nach Auffassung des Bundesamts für Verfassungsschutz eine „exponierte oppositionelle Betätigung“ bzw. „hervorgehobene Bedeutung“ des Oppositionellen voraus (Auskünfte v. 28.1.2003 an VG Schleswig, v. 11.12.2000 an VG Köln und v. 23.8.2000 an VG Leipzig, Köln und Potsdam). Sie hängt auch von den konkreten Tätigkeiten und ihrer Bedeutung für das Regime ab, insbesondere davon, inwieweit jemand schon im Iran als Regimegegner aufgefallen ist, denn dort ist bekannt, dass mit Exilaktivitäten auch eine drohende Verfolgungsgefahr heraufbeschworen und damit ein Verbleiben im Ausland ermöglicht werden soll (vgl. Deutsches Orient-Institut, Stellungnahmen v. 23.5.2003 an VG Schleswig und VG Kassel; Bundesamt für Verfassungsschutz v. 28.1.2003 a.a.O.; Auswärtiges Amt v. 5.9.2000; Bericht des unabhängigen Bundesasylsenats Österreich über eine Reise im Mai/Juni 2002 S. 13 f). Der Kläger hat aber ernsthaft zu befürchten, dass die wiedergegebene exponierte Stellung und Betätigung für die Monarchisten, die er auch mit eigenem Foto als „Vorstandsmitglied im ...“ unter einer Internetadresse der N.I.D./O.I.K. beschreibt, zu einer strafrechtlichen Verfolgung im Falle der Rückkehr in den Iran genügt. Dabei kommt es bereits im Stadium von Voruntersuchungen, die Tage, Wochen oder sogar Monate andauern können, insbesondere während des Polizeigewahrsams zu Misshandlungen und Folterungen, mit denen Geständnisse und Informationen erpresst werden (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 22.12.2004, III.3.a, Rat der Europäischen Union S. 27). Die staatlichen Reaktionen gegen Oppositionelle unterliegen keiner Systematik (vgl. Deutsches Orient-Institut v. 29.2.2000, Bundesamt für Verfassungsschutz v. 23.8.2000) und sind kaum berechenbar, zumal wenn die Werte der Islamischen Revolution oder deren Führer als verunglimpft betrachtet werden könnten; nach außen wirksame politische Betätigungen mit dem Ziel, das Regime oder das islamische System zu stürzen, werden aber strikt verfolgt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 22.12.2004, II.1.a; amnesty international v. 24.3.2004 an OVG Bremen; Deutsches Orient-Institut v. 24.7.2000 an VG Mainz).
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Dass gerade die monarchistisch-nationalistischen Exilorganisationen vom iranischen Regime ausspioniert und inzwischen als Ernst zu nehmende politische Gegner gewertet werden, nachdem sie sich als führende Oppositionsbewegung mit großem medialem Einfluss auf die unzufriedene Bevölkerung im Iran etabliert haben, ergibt sich aus zahlreichen neueren Erkenntnisquellen, denen auch die Gefährdung exponierter Vertreter der Organisationen zu entnehmen ist (Gutachtervernehmung beim VG Wiesbaden am 11.3.2003; Deutsches Orient-Institut v. 26.5.2003 a.a.O., anders noch v. 2.9.2002 an Unabhängigen Bundesasylsenat Österreich; Kompetenzzentrum Orient-Okzident Mainz v. 19.8.2003 an Hess. VGH; amnesty international v. 3.2.2004 an VG Schleswig und v. 24.3.2004 an OVG Bremen, so im Grundsatz dessen Urt. v. 10.11.2004 - 2 A 475/03.A -; Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 22.12.2004, II.4). Dazu gehört die mit ebenfalls herausgehobenen Aktivitäten verbundene Position des Klägers, wenngleich sich der Sinn der demonstrativen Darstellung seiner Person und ihrer „sichtbaren Aktivitäten“ in der Zeitung Keyhan und im Internet erst durch den Zusammenhang mit entsprechenden Defiziten in den bisher erfolglosen Asylverfahren erschließt. Dass er bei einer - bisher gebotenen - Abschiebung mit solchen Gefahren zu rechnen hatte, spricht letztlich nicht gegen seine begründete Verfolgungsfurcht, da er aus anderen Gründen offenbar nicht abgeschoben werden konnte.
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§ 28 AsylVfG steht dieser Feststellung der Voraussetzungen des Abschiebungsverbots nicht entgegen. Hiernach wird ein Ausländer in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. Nach dem eingefügten Abs. 2 kann zwar ab 1.1.2005 bei Folgeanträgen in der Regel auch die Feststellung, dass die in § 60 Abs. 1 AufenthG bezeichneten Gefahren drohen, nicht mehr getroffen werden, wenn das Vorbringen auf Umstände im Sinne des Absatzes 1, die nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung des früheren Antrags enthalten sind, gestützt wird (Art. 3 Nr. 18, Art. 15 Abs. 3 Zuwanderungsgesetz). Auch wenn die neue Rechtslage maßgebend ist und der Kläger dem Urteil vom 29.1.1998 zufolge keine im Iran gefasste und betätigte politische Überzeugung fortgeführt hat, kann sich dies aber nicht auswirken, was die Kammer bereits zum vorläufigen Rechtsschutz in einem anderen Verfahren erwogen hat (Beschl. v. 13.4.2005 - A 11 K 13268/04 -).
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§ 60 Abs. 1 AufenthG enthält ausdrücklich „in Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559)“ - GFK - die Umsetzung des dortigen „Artikel 33. Verbot der Ausweisung und Zurückweisung“. § 28 Abs. 2 AsylVfG zielt darauf ab, die Feststellung drohender Gefahren i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG auch für die Abschiebebehörde verbindlich zu verneinen (§ 4 S. 1 AsylVfG). Dies widerspräche aber der Verpflichtung nach Art. 33 Abs. 1 GFK:
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Keiner der vertragschließenden Staaten wird einen Flüchtling auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner ... politischen Überzeugung bedroht sein würde.
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„Flüchtling“ im Sinne dieses Abkommens ist nämlich „jede Person“, die ...aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer ... politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will...
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Eine Einschränkung für Nachfluchtgründe wie in § 28 AsylVfG findet sich dort nicht; auch die Nachfluchtentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 26.11.1986, BVerfGE 74, 66), auf die § 28 AsylVfG zurückgeht, weist besonders auf den verbleibenden „Schutz nach Maßgabe von Art. 33“ GFK hin und enthält am Ende die - eigentlich tragende - Erwägung, das Oberverwaltungsgericht sei willkürfrei davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer politische Verfolgung nicht drohe. Ebenso heißt es in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2004/83/EG vom 29.4.2004 (Amtsblatt der Europäischen Union L 304/12) einschränkend:
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Unbeschadet der Genfer Flüchtlingskonvention können die Mitgliedstaaten festlegen, dass ein Antragsteller, der einen Folgeantrag stellt, in der Regel nicht als Flüchtling anerkannt wird, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Antragsteller nach Verlassen des Herkunftslandes selbst geschaffen hat.
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Demgemäß hat die UNHCR-Vertretung Deutschland zur Umsetzung des § 28 AsylVfG n.F. am 23.12.2004 angeregt:
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Um einen völkervertragswidrigen Ausschluss vom Flüchtlingsschutz zu vermeiden, sollte in den Auslegungshinweisen zu dieser Vorschrift ... klar gestellt werden, dass bei festgestellter Verfolgungsgefahr eine Ausnahme von der Regelvermutung für die fehlende Verfolgungsgefahr vorliegt und eine Flüchtlingsanerkennung möglich bleibt.
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In der Begründung zu § 28 Abs. 2 AsylVfG (BT-Drucksache 15/538 zu Art. 3 Nr. 18) ist zwar ausgeführt, dass durch die Versagung auch des „Kleinen Asyls“ nach § 60 Abs. 1 AufenthG keine Schutzlücke entstehe, weil es noch andere Rechtsgrundlagen für Schutz vor Abschiebungen bei konkreten Gefahren gebe und die Genfer Flüchtlingskonvention „lediglich - bei Vorliegen der Voraussetzungen des Artikels 33 Abs. 1 GFK - einen Abschiebungsschutz für die Dauer der Bedrohung garantiert“. Dabei wird aber übergangen, dass Art. 33 Abs. 1 GFK gerade durch § 60 Abs. 1 AufenthG umgesetzt werden soll, nicht etwa durch § 60 Abs. 7 AufenthG, der nicht einmal ein striktes Abschiebungsverbot enthält.
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Sollte also § 28 Abs. 2 AsylVfG bewirken, dass § 60 Abs. 1 AufenthG einer Abschiebung nicht entgegensteht, obwohl Art. 33 Abs. 1 GFK entgegensteht, widerspräche sich das Zuwanderungsgesetz selbst, da es § 60 Abs. 1 AufenthG und § 28 Abs. 2 AsylVfG gleichzeitig in Kraft gesetzt hat. Dieser Widerspruch lässt sich dadurch ausräumen, dass bei einem Verstoß gegen Art. 33 Abs. 1 GFK eine Ausnahme von der Regel des § 28 Abs. 2 AsylVfG gemacht wird. Dadurch wird zwar die Ausnahme zur Regel, denn der Anwendungsbereich des § 28 Abs. 2 AsylVfG bleibt auf etwaige Fälle beschränkt, in denen der Abschiebungsschutz des § 60 Abs. 1 AufenthG über Art. 33 Abs. 1 GFK hinausgeht. Das dürfte aber nicht schwer wiegen, denn § 28 Abs. 2 AsylVfG könnte ohnehin kaum die Erwartung des Gesetzgebers erfüllen, dass der „bislang bestehende Anreiz“ entfällt, durch Folgeverfahren mit neu geschaffenen Nachfluchtgründen zu einem dauerhaften Aufenthalt zu gelangen (BTDrucks.15/538 a.a.O.). Auch bei Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG, die nicht unter Art. 33 Abs. 1 GFK fallen, soll nämlich eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, die schließlich zur Niederlassungserlaubnis führen kann (§§ 25 Abs. 3 S. 1, 26 Abs. 4 AufenthG).
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Hiernach ist auch die Ablehnung einer Änderung der Verneinung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG aufzuheben, denn abweichend von der bisherigen Annahme des Bundesamts besteht gemäß § 51 VwVfG Anlass, die jeweils mit Ziffer 3 der Bescheide vom 31.5.1999 und 21.5.1996 getroffene Feststellung aufzuheben, ohne dass eine neue Feststellung - jetzt zu den Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG - zu treffen ist (§ 31 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AsylVfG). Die Abschiebungsandrohung ist ebenfalls aufzuheben, weil der Kläger nicht in den angegebenen Zielstaat abgeschoben werden darf (§ 34 AsylVfG, § 60 Abs. 1 AufenthG) und ein anderer Zielstaat nicht konkret bezeichnet ist (§ 60 Abs. 10 AufenthG).
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