Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 8 K 3924/15

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Genehmigungsurkunde für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen für die Linien 501, 504, 578, 579 und 612 mit der Geltungsdauer 01.01.2015 bis 31.12.2024 zu erteilen.

Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.11.2014 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 01.07.2015 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Genehmigungsurkunde für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen nach dem Personenbeförderungsgesetz.
Die Klägerin, ein Busunternehmen, war im Besitz mehrerer Genehmigungen für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen nach dem Personenbeförderungsgesetz. Darunter befanden sich eine Genehmigung vom 01.07.2009, befristet gültig bis zum 31.12.2014 für die Linien 501, 578, 579 und 612 sowie eine Genehmigung vom 12.12.2013, befristet gültig bis zum 31.12.2014 für die Linie 504.
Am 04.12.2013 beantragte die Klägerin die Wiedererteilung der Linienverkehrsgenehmigungen für die Linien 501 (...), 504 (...), 578 (...), 579 (...) und 612 (...) für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2024, mithin für 10 Jahre. Der vollständige Antrag ging am 19.12.2013 beim Regierungspräsidium Stuttgart ein.
Im Rahmen der Anhörung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG trug der Beigeladene als Aufgabenträger gegenüber dem Regierungspräsidium vor, die Linien 501, 504 und 612 gehörten dem Linienbündel 1 „...“ und die Linien 578 und 579 dem Linienbündel 12 „...“ an. Für beide sei als Harmonisierungszeitpunkt der 10.12.2017 vorgesehen. Dies sei der Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung bekannt gewesen. Um den Verpflichtungen der im Dezember 2009 in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zur unionsweiten wettbewerblichen Vergabe der Verkehrsleistungen ab dem 03.12.2019 gerecht zu werden, müsse die Genehmigung auf den Harmonisierungszeitpunkt befristet werden. Anderenfalls stehe zu befürchten, dass den gesetzlichen Pflichten, und darunter insbesondere der Umsetzung des Linienbündelungskonzepts als Bestandteil des Nahverkehrsplans, nicht ausreichend nachgekommen werden könne. Außerdem sei mit der Klägerin ein Finanzierungsvertrag (Kooperationsvertrag) geschlossen worden, der zum Fahrplanwechsel im Dezember 2019 auslaufe. Da bis zu diesem Zeitpunkt alle Verkehrsleistungen in wettbewerblichen Verfahren vergeben sein müssten, würden Ausgleichszahlungen ab Dezember 2019 nur noch für auf diese Weise vergebene Verkehre geleistet, nicht also für die von der Klägerin erbrachten Linienverkehre.
Mit Bescheid vom 19.11.2014 entsprach das Regierungspräsidium Stuttgart dem Antrag der Klägerin auf Wiedererteilung der Genehmigungen, jedoch abweichend vom Antrag nur für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum 10.12.2017. Zur Begründung dieser Befristung führte es im Wesentlichen aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die beantragte Höchstlaufzeit von 10 Jahren. Die Geltungsdauer der Genehmigung sei gemäß § 16 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 3a PBefG vielmehr unter Berücksichtigung der öffentlichen Verkehrsinteressen sowie eines vom Aufgabenträger beschlossenen Nahverkehrsplans zu bemessen. Bei einer Genehmigung bis 2024 würde jedoch die Umsetzung des im Nahverkehrsplan des Landkreises ... vom 06.12.2013 vorgesehenen Linienbündelungskonzepts bezüglich der Bündel Nr. 1 und Nr. 12 zum 10.12.2017 zumindest bis zum 31.12.2024 verzögert, wenn nicht gar unmöglich, da dann ein Teilnetz aus dem Gesamtnetz des Kreises herausgebrochen werden müsste. Dies gefährde auch die Umsetzung des Bündelungskonzepts insgesamt. Selbst aus einer Genehmigungsfiktion nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG ergebe sich nichts anderes, nachdem das OVG Niedersachsen in seinem Urteil vom 22.01.2014 (Az.: 7 LB 70/10) festgestellt habe, dass die Genehmigungsfiktion ihrem Inhalt nach nicht über das hinausgehen könne, was auch Gegenstand einer Entscheidung der Genehmigungsbehörde gewesen wäre.
Den hiergegen am 18.12.2014 erhobenen und danach durch den Prozessbevollmächtigten ausführlich und im Einzelnen begründeten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2015, zugestellt am 06.07.2015, zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Klägerin stünde trotz Fiktion kein Anspruch auf Genehmigungserteilung für den gesamten beantragten Zeitraum zu. Für die Geltungsdauer der Genehmigung seien gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 PBefG die öffentlichen Verkehrsinteressen maßgeblich, wobei der Genehmigungsbehörde noch nicht einmal Ermessen zustehe. Eine Berücksichtigung der Belange des Unternehmers - hier wirtschaftliche Interessen - sei dabei nicht vorgesehen. Die Höchstgeltungsdauer von 10 Jahren betreffe, wie der Superlativ deutlich mache, nur den Ausnahmefall. Hierfür spreche auch die Entstehungsgeschichte. Aus § 16 Abs. 1 Satz 1 PBefG sowie aus § 8 Abs. 3 PBefG lasse sich ebenfalls entnehmen, dass es bei der Entscheidung nach § 16 Abs. 2 PBefG nicht auf die Interessen des Unternehmers ankommen könne. Maßgeblich sei der Nahverkehrsplan des Landkreises ... Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dieser in Bezug auf die im Streit stehenden Linien nicht mehr verfolgt würde. Sofern doch von einer Ermessensentscheidung auszugehen sei, überwiege die Umsetzung des Nahverkehrsplans, dem gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 PBefG i.V.m. § 8 Abs. 3 PBefG hohe Priorität zukomme, die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin an einer längstmöglichen Genehmigungsdauer. Der Harmonisierungszeitpunkt habe im Zeitpunkt des Eintritts der Fiktionswirkung bereits festgestanden und sei bekannt gewesen. Soweit sich die Klägerin auf anstehende Investitionen berufe, hätten sich diese an der Genehmigung auszurichten und nicht umgekehrt. Aufgrund der überragenden öffentlichen Interessen an der Umsetzung der Nahverkehrsplanung des Landkreises wäre eine bis 2024 gültige Genehmigungsfiktion ohnehin für den über den Harmonisierungszeitpunkt hinausgehenden Zeitraum zurückzunehmen bzw. zu widerrufen.
Am 03.08.2015 hat die Klägerin Klage erhoben, die sie am 14.10.2015 im Wesentlichen wie folgt begründen ließ: Die Genehmigung sei im Wege der Genehmigungsfiktion gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG erteilt worden, nachdem das Regierungspräsidium weder in der Drei-Monats-Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG entschieden, noch Maßnahmen zur Verlängerung der Entscheidungsfrist gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 und 4 PBefG ergriffen habe. Ein Rücknahmegrund nach § 48 LVwVfG liege ungeachtet des Vertrauens der Klägerin nicht vor, da die Genehmigung nicht rechtswidrig sei. Zwar habe der Beklagte kein Ermessen hinsichtlich der Befristung der Geltungsdauer der Genehmigung gemäß § 16 Abs. 2 PBefG ausgeübt, dies berühre aber allenfalls die Rechtmäßigkeit im Verhältnis zwischen dem Beklagten und dem beigeladenen Landkreis. Ein Widerruf scheitere an den Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 LVwVfG. Die fiktive Genehmigung gelte daher - wie beantragt - bis zum 31.12.2024. Die zitierte Rechtsprechung des OVG Niedersachsen betreffe einen anderen Fall, nämlich die Frage, ob die Genehmigung erst mit Rechtskraft der Entscheidung zu laufen beginne. Weiterhin lasse sich ihr nur entnehmen, dass die Fiktion nicht den Sinn verfolge, Verfahrenserleichterungen auch in Bezug auf die Vorlage vollständiger Antragsunterlagen herbeizuführen. Zudem stehe gar nicht fest, dass die Genehmigung ohne Fiktionseintritt einen anderen Inhalt gehabt hätte. Ein Linienbündelungskonzept als Bestandteil eines Nahverkehrsplans wirke sich nicht automatisch auf die Entscheidung der Genehmigungsbehörde aus, sondern sei nur Bestandteil einer planerisch geprägten Abwägungsentscheidung. Da aber vor Fiktionseintritt überhaupt nicht abgewogen worden sei, sei der Nahverkehrsplan und mit ihm das Linienbündelungskonzept gar nicht Bestandteil des Abwägungsmaterials geworden.
Ungeachtet dessen sei die Genehmigung hier zwingend zumindest bis zum 07.12.2019 zu erteilen. Auf den Harmonisierungszeitpunkt (10.12.2017) könne es bei einer aufgabenträgerinitiierten Linienbündelung nach § 9 Abs. 2 PBefG infolge des Verweises auf die Zielsetzung des § 8 PBefG nur ankommen, wenn der Aufgabenträger beabsichtige, zur Umsetzung seiner gemäß § 8 Abs. 3 und Abs. 3a PBefG definierten Ziele Vergabeverfahren nach §§ 8a, 8b PBefG durchzuführen. Eine Veröffentlichung einer Vorabbekanntmachung gemäß § 8a Abs. 2 Satz 2 PBefG habe aber nicht rechtzeitig stattgefunden. Die verbleibende Zeit reiche nicht mehr aus, um eine Vorabbekanntmachung rechtzeitig innerhalb der Frist von 27 Monaten nach § 8a Abs. 2 Satz 2 PBefG durchzuführen. Sonstige Zwecke der Linienbündelung gemäß § 9 Abs. 2 PBefG sprächen ebenfalls nicht für eine Verkürzung der Geltungsdauer der Genehmigung.
Vorliegend sei die Genehmigung aufgrund der Zielsetzung des § 8 PBefG in Bezug auf die wirtschaftlichen und betriebstechnischen Verhältnisse sogar für die Höchstdauer von 10 Jahren zu erteilen. Eine Abwägung im Rahmen des § 16 Abs. 2 PBefG hätte zu ihren Gunsten ausgehen müssen. Im Hinblick auf die gerade vorgenommenen und noch anstehenden Investitionsmaßnahmen sei es nicht hinnehmbar, dass sie in ihrem Unternehmen in großem Umfang Busse beschaffen und über acht Jahre abschreiben bzw. über zehn Jahre nutzen solle, während die Genehmigungen für einen erheblichen Teil der insgesamt beantragten Linienverkehre lediglich befristet bis zum 10.12.2017 - und damit für knapp weniger als drei Jahre - erteilt würden. Dadurch sei ihr durch § 16 Abs. 2 PBefG geschütztes Investitionsinteresse, die Qualität des Verkehrsangebots gemäß § 8 Abs. 3 PBefG sowie die Wirtschaftlichkeit der Verkehrsgestaltung gemäß § 8 Abs. 3a PBefG beeinträchtigt.
10 
Das Auslaufen des Kooperationsvertrag mit dem Landkreis und dem Verband Region Stuttgart zum 10.12.2017 sei im Hinblick auf § 16 Abs. 2 Satz 3 PBefG ohne Belang. Denn dieser werde in seinen wesentlichen Elementen durch die allgemeine Vorschrift des Verbands Region Stuttgart im Sinne des Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 abgelöst. Die bisher auf Grundlage des Vertrags vergüteten Zusatzverkehre müssten Gegenstand einer Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 werden, da die streitbefangenen Linien mangels Wettbewerbsverfahren weiterhin von der Klägerin betrieben würden und das Verbot der Doppelgenehmigung eine anderweitige Vergabe verbiete. Der Betrieb der Zusatzverkehre durch einen Dritten sei zudem weder wirtschaftlich noch betriebstechnisch sinnvoll. Die vom Aufgabenträger mit der Linienbündelung und Harmonisierung verfolgten Zwecke müssten dahinter zurückstehen.
11 
Schließlich sei das Linienbündelungskonzept schon nicht mehr auf dem neuesten Stand, nachdem der Linienweg der Linie 578 erheblich verlängert worden sei, ohne dass eine Fortschreibung des Linienbündelungskonzepts stattgefunden habe.
12 
Die Klägerin beantragt,
13 
den Beklagten zu verurteilen, die Genehmigungsurkunde für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen für die Linien 501, 578, 579, 612 und 504 mit der Geltungsdauer 01.01.2015 bis 31.12.2024 zu erteilen und
14 
den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.11.2014 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 01.07.2015 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Zur Begründung verweist er auf die angefochtene Entscheidung vom 19.11.2014 und den Widerspruchsbescheid vom 01.07.2015. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Beklagten noch einmal deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er zwar grundsätzlich auch vom Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG ausgehe. Gleichwohl vertrete er aber die Auffassung, dass sich diese nur auf die Tatsache der Erteilung der Genehmigung als solcher, nicht aber auf deren Geltungsdauer beziehe. Diese müsse weiterhin durch die Genehmigungsbehörde anhand der gesetzlichen Vorgaben festgesetzt werden dürfen.
18 
Das Gericht hat mit Beschluss vom 21.01.2016 den Landkreis ..., vertreten durch den Landrat, zum Verfahren beigeladen. Der Vertreter des Beigeladenen stellt keinen Antrag.
19 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Behördenakte des Regierungspräsidiums Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
21 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Mit der Erteilung der Genehmigungsurkunde nach § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG begehrt die Klägerin die Vornahme eines Realakts und nicht den Erlass eines Verwaltungsakts. Die Erteilung der Genehmigungsurkunde stellt nämlich keinen Verwaltungsakt dar. Entgegen der Vorgängervorschrift des § 17 Abs. 1 PBefG i.d.F. vom 07.06.1978, der vorsah, dass die Genehmigung, nachdem die Entscheidung nach § 15 PBefG unanfechtbar geworden war, durch Aushändigung der Genehmigungsurkunde erteilt wurde, ist dem Wortlaut des PBefG in der jetzt gültigen Fassung an keiner Stelle zu entnehmen, dass die Erteilung der Genehmigung von der Erteilung oder Aushändigung der Urkunde abhinge. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG bedarf der Unternehmer für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen zwar einer Genehmigung, deren Erteilung gemäß § 17 Abs. 3 PBefG nur durch die Genehmigungsurkunde nachgewiesen werden kann. Gleichwohl ergibt sich hieraus keine über die bloße Nachweisfunktion hinausgehende Bedeutung der Urkunde (so auch: OVG Niedersachsen, Urteil vom 16.09.2004 - 7 LB 3545/01 - juris; a.A.: Bidinger, Personenbeförderungsrecht, § 15 Anmerkung 41; Heinze/Fehling/Fiedler, Personenbeförderungsrecht, § 15 Rn. 34). Auch der Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG n.F. spricht gegen die Qualifizierung der Erteilung der Genehmigungsurkunde als Verwaltungsakt. Hiernach wird dem Antragsteller die Genehmigungsurkunde (bereits dann) erteilt, wenn die Entscheidung über den Antrag unanfechtbar geworden ist. Eine erneute oder gar weitergehende Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen und Entscheidung der Genehmigungsbehörde ist hierbei nicht vorgesehen. Es fehlt daher an einer verbindlichen Festlegung von Rechten und Pflichten durch die Urkunde und somit an einer Regelungswirkung als Wesensmerkmal des Verwaltungsakts im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 35 Rn. 88).
II.
22 
Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigungsurkunde für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen für die Linien 501, 504, 578, 579 und 612 mit einer Geltungsdauer vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2014. Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.11.2014 und dessen Widerspruchsbescheid sind daher rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1.
23 
Der Anspruch der Klägerin auf Erteilung der Genehmigungsurkunde für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen folgt aus § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG. Die Genehmigung für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen nach §§ 42, 13 f. PBefG gilt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 4 PBefG versagt wird (Genehmigungsfiktion). Eine solche Fiktion ist hier eingetreten.
24 
Über den Antrag auf Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung ist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG grundsätzlich innerhalb von drei Monaten ab Antragstellung zu entscheiden. Diese Frist kann gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 und 4 PBefG durch Zwischenbescheid um maximal weitere drei Monate verlängert werden. Von dieser Möglichkeit hat das Regierungspräsidium im vorliegenden Fall jedoch keinen Gebrauch gemacht, so dass es bei der Drei-Monats-Frist bleibt. Maßgeblich für den Beginn der Frist ist dabei der Zeitpunkt, in dem ein vollständiger Antrag bei der zuständigen Genehmigungsbehörde eingegangen ist. Die in § 15 Abs. 1 PBefG durch die Novelle vom 27.12.1993 (BGBl I S. 2378) angefügten Sätze 2 bis 5 sollten der Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens dienen. Sinn und Zweck der Fiktionswirkung ist die Stärkung der Position des Antragstellers gegenüber einer untätigen Genehmigungsbehörde. Die Fristenregelung in § 15 Abs. 1 PBefG dient damit in erster Linie dem Interesse der Antragsteller an einer schnellen Durchführung des Genehmigungsverfahrens (so auch OVG Niedersachsen, Urteil vom 22.01.2014 - 7 LB 70/10 -). Sie hat nicht den Zweck, sonstige Verfahrensvereinfachungen herbeizuführen oder materielle Genehmigungsanforderungen herabzusetzen. Deshalb ist es zunächst Sache des Antragstellers, einen hinreichend prüffähigen Antrag vorzulegen, der sich an den Vorgaben des § 12 PBefG und den - diese Regelung konkretisierenden - Vorgaben der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr vom 15.06.2000 (BGBl. I S. 851) orientiert, in welchem die Angaben und Unterlagen, die der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung enthalten soll, bezeichnet werden. Erst durch einen solchen Antrag entsteht die begründete Erwartung, dass sich die Genehmigungsbehörde mit ihm abschließend befasst und zu einer Bescheidung innerhalb der dann in Lauf gesetzten Frist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG gelangt (so OVG Niedersachsen, a.a.O.).
25 
Die Antragstellerin hat ihren, diesen Anforderungen genügenden, Antrag auf Wiedererteilung der Linienverkehrsgenehmigung am 19.12.2013 rechtzeitig gemäß § 12 Abs. 5 Satz 1 PBefG, spätestens zwölf Monate vor Beginn des beantragten Geltungszeitraums (01.01.2015), bei dem gemäß § 11 Abs. 2 PBefG i.V.m. § 2 Abs. 3 b PBefZuVO für die Genehmigungserteilung im kreisüberschreitenden Verkehrs- und Tarifverbund zuständigen Regierungspräsidium Stuttgart gestellt. Die zu diesem Zeitpunkt beginnende dreimonatige Entscheidungsfrist lief folglich am 19.03.2014 ab. Für das Gericht sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Frist nicht zu laufen begonnen hätte oder im Ablauf gehemmt worden wäre. Die Genehmigungsbehörde hat zwar die Möglichkeit, dort, wo auch nur geringe Zweifel an der Begründetheit eines Antrags bestehen, den Antrag zu versagen, um nicht in die Genehmigungsfiktion zu laufen (vgl. Fromm/Fey/Sellmann/Zug, PBefG, § 15 Rn. 2). Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte vorliegend jedoch keinen Gebrauch gemacht, so dass die Fiktion nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG eingetreten ist. Die - verspätete - Entscheidung des Beklagten mit Bescheid vom 19.11.2014 konnte hieran nichts ändern.
26 
Zutreffend ist der Beklagte in seiner Entscheidung vom 19.11.2014 davon ausgegangen, dass die nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG fingierte Genehmigung an den entsprechenden Genehmigungsantrag des Antragstellers anknüpft und ihrem Inhalt nach nicht über das hinausgehen kann, was auch Gegenstand einer Entscheidung der Genehmigungsbehörde hätte sein können. Das Gericht vermag dem Beklagten jedoch nicht darin zu folgen, dass die Fiktionswirkung vorliegend nicht weitergehen kann, als die entsprechende Genehmigungsentscheidung des Regierungspräsidiums Stuttgart (vom 19.11.2014) mit einer Befristung der Laufzeit bis 10.12.2017. Zur Begründung seiner Auffassung beruft sich der Beklagte auf eine Entscheidung des OVG Niedersachsen vom 22.01.2014 (Az.: 7 LB 70/10), dort Leitsatz 3. Das OVG hat darin ausgeführt: „Die nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG fingierte Genehmigung knüpft an einen entsprechenden Genehmigungsantrag des Antragstellers an und kann ihrem Inhalt nach nicht über das hinausgehen, was auch Gegenstand einer Entscheidung der Genehmigungsbehörde wäre“. Allerdings geht die hieraus für den vorliegenden Fall gezogene Schlussfolgerung des Beklagten fehl, hatte das OVG Niedersachsen im zugrunde liegenden Fall doch über eine ganz andere Frage zu befinden, als sie sich hier stellt. Dort stellte sich die Frage, ob die Genehmigungsfiktion für eine im Jahr 1999 beantragte Linienverkehrsgenehmigung ohne Angabe eines Geltungszeitraums erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zu laufen beginnt. So hat das OVG in seiner Entscheidung weiter ausgeführt (juris Rn. 42): „Denn die fingierte Genehmigung könnte jedenfalls im für das Klagebegehren maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats keine Geltung mehr beanspruchen. Die nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG fingierte Genehmigung knüpft an einen entsprechenden Genehmigungsantrag des Antragstellers an und kann ihrem Inhalt nach nicht über das hinausgehen, was auch Gegenstand einer Entscheidung der Genehmigungsbehörde wäre. Was die Geltungsdauer einer fiktiven Genehmigung des Antrags der Klägerin vom 23. Januar 1999 anbelangt, kann der Klägerin deshalb nicht darin gefolgt werden, dass die fiktive Genehmigung im jetzigen Zeitpunkt einer noch vorzunehmenden Aushändigung einer entsprechenden Genehmigungsurkunde in Lauf gesetzt werden kann“. Die Geltungsdauer der Genehmigungsfiktion stand überhaupt nicht im Streit. Der Fall ist daher nicht mit dem vorliegenden vergleichbar.
27 
Die Auffassung des Beklagten lässt sich auch nicht dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG oder des allgemeineren § 42a LVwVfG entnehmen. Beide Vorschriften führen lediglich aus, dass die Genehmigung als erteilt gilt, treffen bezüglich des Inhalts und der Geltungsdauer hingegen keine Aussage.
28 
Daher kommt als Anknüpfungspunkt für die Geltungsdauer der Genehmigungsfiktion lediglich der Antrag der Klägerin in Betracht, der eine Geltungsdauer von 10 Jahren vorsieht. Hierfür sprechen auch Sinn und Zweck der Fiktionsvorschrift. Wie oben dargelegt, wurde die Vorschrift eingeführt, um eine Verfahrenserleichterung für den Antragsteller dahingehend zu bewirken, dass die Genehmigungsbehörde durch Untätigkeit nicht das Verfahren verzögern und damit den (wirtschaftlichen) Zweck des Unternehmers, den dieser mit der beantragten Linienverkehrsgenehmigung verfolgt, letztlich zu vereiteln. Die Vorschrift soll dem Unternehmer innerhalb absehbarer Zeit Rechts- und damit auch Planungssicherheit gewähren. Hiermit wäre es wiederum nicht vereinbar, wenn die Genehmigungsbehörde, obwohl sie nicht innerhalb der ihr bekannten Fristen entschieden hat, nachträglich die Geltungsdauer beschränken könnte. Der Eintritt der Genehmigungsfiktion muss daher eine Regelung bezüglich der Geltungsdauer beinhalten, da es sich ansonsten um eine (noch) inhaltsleere, und daher dem Zweck nicht genügende, Hülle handeln würde.
29 
Auch die Vorschrift des § 15 Abs. 4 PBefG spricht gegen die Ansicht des Beklagten. Hiernach darf die Genehmigung nicht vorläufig oder mit dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden. Stünde man der Genehmigungsbehörde im Falle der Fiktion nun die nachträgliche Beschränkung der Geltungsdauer zu, würde die Genehmigungsfiktion, die wie dargelegt von Beginn an auch eine Regelung über die Geltungsdauer enthalten muss, zu einer vorläufigen Genehmigungsfiktion.
30 
Unter der Beschränkung der Genehmigungsfiktion auf das, was auch Inhalt der Entscheidung durch die Genehmigungsbehörde hätte sein können, ist nach alledem letztlich nur die Pflicht zur Wahrung der gesetzlichen Grenzen zu verstehen. So kann die Genehmigung nur als mit dem beantragten Inhalt erteilt gelten, wenn dieser sich im rechtlich zulässigen Rahmen bewegt, die Behörde daher genauso hätte entscheiden können. Die Geltungsdauer einer Genehmigung für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen darf gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 PBefG 10 Jahre nicht überschreiten. Die Klägerin hat die Wiedererteilung der Genehmigungen genau für 10 Jahre beantragt, so dass sich der Antrag innerhalb der gesetzlichen Grenzen hält. Hierbei ist auch nicht etwa auf den konkreten Einzelfall abzustellen, sondern auf die generelle Befugnis der Behörde. Aus § 16 Abs. 2 Satz 1 PBefG geht hervor, dass die Geltungsdauer im konkreten Fall von der Genehmigungsbehörde unter Berücksichtigung der öffentlichen Verkehrsinteressen zu bemessen ist. Ob der Behörde hierbei Ermessen zukommt und inwieweit gegebenenfalls auch die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmers einzustellen wären, ist umstritten (vgl. nur Fielitz/Grätz, Personenbeförderungsrecht, § 16 Rn. 16; VG Minden, Beschluss vom 02.11.2005 - 3 K 6443/03 - juris; VG Karlsruhe, Urteile vom 09.02.2010 - 8 K 1037/09 - und - 8 K 1038/09 - beide juris). Vorliegend kommt es darauf jedoch nicht an. Welche Entscheidung im konkreten Einzelfall rechtmäßig zu treffen wäre, kann schon deshalb nicht maßgeblich sein, weil eine Bemessung durch die Genehmigungsbehörde erfolgen müsste. Hieran fehlt es bei einer Fiktion aber naturgemäß. Die Feststellung der Rechtmäßigkeit kann auch nicht etwa „hilfsweise“ dergestalt erfolgen, dass nachträglich eine Bemessung der Geltungsdauer erfolgt, da diese bereits im Zeitpunkt des Eintritts der Fiktion feststehen muss (s.o.). Daher ist nur entscheidend, ob die Behörde eine entsprechende Genehmigung (abstrakt) hätte erteilen dürfen, was bei Einhaltung der gesetzlichen Höchstgeltungsdauer des § 16 Abs. 2 Satz 2 PBefG im Antrag nur dann nicht der Fall ist, wenn eine entsprechende Entscheidung der Behörde nicht bloß rechtswidrig, sondern sogar nichtig im Sinne des § 44 LVwVfG wäre (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 42a Rn. 16). Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich.
31 
Die Anknüpfung des Inhalts der Genehmigungsfiktion an den Antrag und den gesetzlichen Rahmen ist auch nicht im Hinblick auf die Interessen des Beigeladenen als Aufgabenträger bedenklich. Zwar sind bei der Bemessung der Geltungsdauer im Falle einer gesetzlichen Entscheidung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 PBefG die öffentlichen Verkehrsinteressen und dabei insbesondere ein Nahverkehrsplan gemäß § 8 Abs. 3a Satz 2 PBefG zu beachten. Dies mag auch für den Nahverkehrsplan des Landkreises ... gelten, der unter Beteiligung der verschiedenen Verkehrsunternehmer des Landkreises zustande gekommen ist. Der Nahverkehrsplan einschließlich Linienbündelungskonzept war zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife bereits in Kraft getreten und hätte bei einer rechtzeitig vor Fristablauf getroffenen Entscheidung der Genehmigungsbehörde sicherlich Berücksichtigung finden können und müssen. Jedoch wird durch den Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht auch zugleich deren Rechtmäßigkeit fingiert, so dass sie auch einen rechtswidrigen Inhalt haben kann. Dies wird in § 42a Abs. 1 Satz 2 LVwVfG deutlich zum Ausdruck gebracht. Dort heißt es, dass auch gegen die Genehmigungsfiktion die Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren entsprechend gelten. Somit kann auch eine Genehmigungsfiktion zurückgenommen oder widerrufen und auch aufgrund ihrer (materiellen) Rechtswidrigkeit - durch den beigeladenen Aufgabenträger - angefochten werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 42a Rn. 16). Die Interessen des Aufgabenträgers sind durch die ihm offenstehenden Rechtsbehelfe hinreichend gewahrt.
32 
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Harmonisierungszeitpunkt der Klägerin möglicherweise bekannt war. Eine zwingende und ausnahmslose Bindung der Genehmigungsbehörde an die im Nahverkehrsplan vorgesehenen Harmonisierungszeitpunkte ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Zwar sind die Normierungen des Nahverkehrsplans bei der Bemessung der Geltungsdauer deutlich in den Vordergrund gerückt, jedoch ist dadurch eine Abweichung von dem durch die öffentlichen Verkehrsinteressen gebotenen Zeitraum in besonderen Ausnahmefällen nicht von vornherein ausgeschlossen. Vorstellbar wäre dies etwa dann, wenn die Berücksichtigung des Nahverkehrsplans zu einer sehr kurzen Genehmigungsdauer führen würde, der Unternehmer jedoch zwingend ungewöhnlich hohe Investitionen tätigen oder große Risiken auf sich nehmen müsste, so dass die Übernahme des Linienverkehrs für den Unternehmer praktisch unzumutbar würde. Wann eine solche Abweichung konkret in Betracht kommt, muss hier aber nicht erörtert werden. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus als legitim anzusehen, wenn der Unternehmer auch in Kenntnis eines bestimmten Harmonisierungszeitpunkts eine darüber hinausgehende Genehmigung beantragt. Denn umgekehrt ist die Behörde an den Antrag gebunden und kann selbst beim Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls keine höhere Geltungsdauer für die Genehmigung festlegen, als sie der Unternehmer beantragt hat.
33 
Nach alledem ist festzuhalten, dass die Genehmigungsfiktion gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG sich auch auf die Genehmigungsdauer erstreckt und hierbei einzig den Beschränkungen des Antrags und der gesetzlichen Vorgaben unterliegt. Demgemäß gilt die Genehmigung im vorliegenden Fall als für 10 Jahre und damit bis zum 31.12.2024 als erteilt. Die Klägerin, die bereits zuvor im Besitz von zuletzt vom 01.07.2009 bzw. 12.12.2013 bis zum 31.12.2014 befristeten Linienverkehrsgenehmigungen war, erfüllt im Übrigen weiterhin die Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen nach §§ 42, 13 ff. Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Dies wird auch seitens des Beklagten nicht in Frage gestellt. Der Klägerin ist somit gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG die entsprechenden Genehmigungsurkunde mit Geltungsdauer vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2024 zu erteilen.
2.
34 
Der Bescheid der Beklagten vom 19.11.2014 stellt, soweit er in Ziffer 2 die Geltungsdauer der Genehmigung auf den 10.12.2017 befristet, eine rechtswidrige nachträgliche Beschränkung der eingetretenen Genehmigungsfiktion dar und ist somit aufzuheben. Dies gilt auch für den diese Befristung bestätigenden Widerspruchsbescheid vom 01.07.2015.
3.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Nachdem der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, können ihm keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO).
4.
36 
Die Berufung ist zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Geltungsdauer der Fiktionsgenehmigung nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG, insbesondere die Möglichkeit der Befristung durch eine nachträgliche Entscheidung der Genehmigungsbehörde, ist eine bisher obergerichtlich nicht geklärte Rechtsfrage. Ihre Klärung ist im Sinne der Rechtseinheit jedoch geboten. Aufgrund der Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vom 23.10.2007 (ABl. L 315 vom 03.12.2007, S. 1-13) sind Dienstleistungsaufträge im öffentlichen Personenverkehr ab dem 03.12.2019 zwingend durch wettbewerbliche Verfahren unter Ausschreibung im Amtsblatt der Europäischen Union zu vergeben. Dementsprechend bestehen in der Regel Bestrebungen der Aufgabenträger im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 1 PBefG, noch zuvor zur Vergabe anstehende Leistungen eines Linienbündels im Rahmen des Linienbündelungskonzepts ihres Nahverkehrsplans auf einen einheitlichen Zeitpunkt zu befristen. Diese Bestrebungen geraten dabei in Konflikt mit solchen Anträgen auf Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung, die über die geplanten Harmonisierungszeitpunkte hinausgehen. Die Abweichungen zwischen beantragter Geltungsdauer und den Plänen der Aufgabenträger dürfte immer häufiger werden, je näher der in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 genannte Zeitpunkt rückt. Es ist auch weiterhin zu erwarten, dass die Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 4 PBefG nicht in jedem Fall von der mit dem Aufgabenträger nicht identischen Genehmigungsbehörde eingehalten wird. Die Beantwortung der Frage hat folglich Bedeutung über den hier zugrunde liegenden Fall hinaus und ist daher verallgemeinerungsfähig.

Gründe

 
20 
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
21 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Mit der Erteilung der Genehmigungsurkunde nach § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG begehrt die Klägerin die Vornahme eines Realakts und nicht den Erlass eines Verwaltungsakts. Die Erteilung der Genehmigungsurkunde stellt nämlich keinen Verwaltungsakt dar. Entgegen der Vorgängervorschrift des § 17 Abs. 1 PBefG i.d.F. vom 07.06.1978, der vorsah, dass die Genehmigung, nachdem die Entscheidung nach § 15 PBefG unanfechtbar geworden war, durch Aushändigung der Genehmigungsurkunde erteilt wurde, ist dem Wortlaut des PBefG in der jetzt gültigen Fassung an keiner Stelle zu entnehmen, dass die Erteilung der Genehmigung von der Erteilung oder Aushändigung der Urkunde abhinge. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG bedarf der Unternehmer für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen zwar einer Genehmigung, deren Erteilung gemäß § 17 Abs. 3 PBefG nur durch die Genehmigungsurkunde nachgewiesen werden kann. Gleichwohl ergibt sich hieraus keine über die bloße Nachweisfunktion hinausgehende Bedeutung der Urkunde (so auch: OVG Niedersachsen, Urteil vom 16.09.2004 - 7 LB 3545/01 - juris; a.A.: Bidinger, Personenbeförderungsrecht, § 15 Anmerkung 41; Heinze/Fehling/Fiedler, Personenbeförderungsrecht, § 15 Rn. 34). Auch der Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG n.F. spricht gegen die Qualifizierung der Erteilung der Genehmigungsurkunde als Verwaltungsakt. Hiernach wird dem Antragsteller die Genehmigungsurkunde (bereits dann) erteilt, wenn die Entscheidung über den Antrag unanfechtbar geworden ist. Eine erneute oder gar weitergehende Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen und Entscheidung der Genehmigungsbehörde ist hierbei nicht vorgesehen. Es fehlt daher an einer verbindlichen Festlegung von Rechten und Pflichten durch die Urkunde und somit an einer Regelungswirkung als Wesensmerkmal des Verwaltungsakts im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 35 Rn. 88).
II.
22 
Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigungsurkunde für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen für die Linien 501, 504, 578, 579 und 612 mit einer Geltungsdauer vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2014. Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.11.2014 und dessen Widerspruchsbescheid sind daher rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1.
23 
Der Anspruch der Klägerin auf Erteilung der Genehmigungsurkunde für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen folgt aus § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG. Die Genehmigung für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen nach §§ 42, 13 f. PBefG gilt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 4 PBefG versagt wird (Genehmigungsfiktion). Eine solche Fiktion ist hier eingetreten.
24 
Über den Antrag auf Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung ist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG grundsätzlich innerhalb von drei Monaten ab Antragstellung zu entscheiden. Diese Frist kann gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 und 4 PBefG durch Zwischenbescheid um maximal weitere drei Monate verlängert werden. Von dieser Möglichkeit hat das Regierungspräsidium im vorliegenden Fall jedoch keinen Gebrauch gemacht, so dass es bei der Drei-Monats-Frist bleibt. Maßgeblich für den Beginn der Frist ist dabei der Zeitpunkt, in dem ein vollständiger Antrag bei der zuständigen Genehmigungsbehörde eingegangen ist. Die in § 15 Abs. 1 PBefG durch die Novelle vom 27.12.1993 (BGBl I S. 2378) angefügten Sätze 2 bis 5 sollten der Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens dienen. Sinn und Zweck der Fiktionswirkung ist die Stärkung der Position des Antragstellers gegenüber einer untätigen Genehmigungsbehörde. Die Fristenregelung in § 15 Abs. 1 PBefG dient damit in erster Linie dem Interesse der Antragsteller an einer schnellen Durchführung des Genehmigungsverfahrens (so auch OVG Niedersachsen, Urteil vom 22.01.2014 - 7 LB 70/10 -). Sie hat nicht den Zweck, sonstige Verfahrensvereinfachungen herbeizuführen oder materielle Genehmigungsanforderungen herabzusetzen. Deshalb ist es zunächst Sache des Antragstellers, einen hinreichend prüffähigen Antrag vorzulegen, der sich an den Vorgaben des § 12 PBefG und den - diese Regelung konkretisierenden - Vorgaben der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr vom 15.06.2000 (BGBl. I S. 851) orientiert, in welchem die Angaben und Unterlagen, die der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung enthalten soll, bezeichnet werden. Erst durch einen solchen Antrag entsteht die begründete Erwartung, dass sich die Genehmigungsbehörde mit ihm abschließend befasst und zu einer Bescheidung innerhalb der dann in Lauf gesetzten Frist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG gelangt (so OVG Niedersachsen, a.a.O.).
25 
Die Antragstellerin hat ihren, diesen Anforderungen genügenden, Antrag auf Wiedererteilung der Linienverkehrsgenehmigung am 19.12.2013 rechtzeitig gemäß § 12 Abs. 5 Satz 1 PBefG, spätestens zwölf Monate vor Beginn des beantragten Geltungszeitraums (01.01.2015), bei dem gemäß § 11 Abs. 2 PBefG i.V.m. § 2 Abs. 3 b PBefZuVO für die Genehmigungserteilung im kreisüberschreitenden Verkehrs- und Tarifverbund zuständigen Regierungspräsidium Stuttgart gestellt. Die zu diesem Zeitpunkt beginnende dreimonatige Entscheidungsfrist lief folglich am 19.03.2014 ab. Für das Gericht sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Frist nicht zu laufen begonnen hätte oder im Ablauf gehemmt worden wäre. Die Genehmigungsbehörde hat zwar die Möglichkeit, dort, wo auch nur geringe Zweifel an der Begründetheit eines Antrags bestehen, den Antrag zu versagen, um nicht in die Genehmigungsfiktion zu laufen (vgl. Fromm/Fey/Sellmann/Zug, PBefG, § 15 Rn. 2). Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte vorliegend jedoch keinen Gebrauch gemacht, so dass die Fiktion nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG eingetreten ist. Die - verspätete - Entscheidung des Beklagten mit Bescheid vom 19.11.2014 konnte hieran nichts ändern.
26 
Zutreffend ist der Beklagte in seiner Entscheidung vom 19.11.2014 davon ausgegangen, dass die nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG fingierte Genehmigung an den entsprechenden Genehmigungsantrag des Antragstellers anknüpft und ihrem Inhalt nach nicht über das hinausgehen kann, was auch Gegenstand einer Entscheidung der Genehmigungsbehörde hätte sein können. Das Gericht vermag dem Beklagten jedoch nicht darin zu folgen, dass die Fiktionswirkung vorliegend nicht weitergehen kann, als die entsprechende Genehmigungsentscheidung des Regierungspräsidiums Stuttgart (vom 19.11.2014) mit einer Befristung der Laufzeit bis 10.12.2017. Zur Begründung seiner Auffassung beruft sich der Beklagte auf eine Entscheidung des OVG Niedersachsen vom 22.01.2014 (Az.: 7 LB 70/10), dort Leitsatz 3. Das OVG hat darin ausgeführt: „Die nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG fingierte Genehmigung knüpft an einen entsprechenden Genehmigungsantrag des Antragstellers an und kann ihrem Inhalt nach nicht über das hinausgehen, was auch Gegenstand einer Entscheidung der Genehmigungsbehörde wäre“. Allerdings geht die hieraus für den vorliegenden Fall gezogene Schlussfolgerung des Beklagten fehl, hatte das OVG Niedersachsen im zugrunde liegenden Fall doch über eine ganz andere Frage zu befinden, als sie sich hier stellt. Dort stellte sich die Frage, ob die Genehmigungsfiktion für eine im Jahr 1999 beantragte Linienverkehrsgenehmigung ohne Angabe eines Geltungszeitraums erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zu laufen beginnt. So hat das OVG in seiner Entscheidung weiter ausgeführt (juris Rn. 42): „Denn die fingierte Genehmigung könnte jedenfalls im für das Klagebegehren maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats keine Geltung mehr beanspruchen. Die nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG fingierte Genehmigung knüpft an einen entsprechenden Genehmigungsantrag des Antragstellers an und kann ihrem Inhalt nach nicht über das hinausgehen, was auch Gegenstand einer Entscheidung der Genehmigungsbehörde wäre. Was die Geltungsdauer einer fiktiven Genehmigung des Antrags der Klägerin vom 23. Januar 1999 anbelangt, kann der Klägerin deshalb nicht darin gefolgt werden, dass die fiktive Genehmigung im jetzigen Zeitpunkt einer noch vorzunehmenden Aushändigung einer entsprechenden Genehmigungsurkunde in Lauf gesetzt werden kann“. Die Geltungsdauer der Genehmigungsfiktion stand überhaupt nicht im Streit. Der Fall ist daher nicht mit dem vorliegenden vergleichbar.
27 
Die Auffassung des Beklagten lässt sich auch nicht dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG oder des allgemeineren § 42a LVwVfG entnehmen. Beide Vorschriften führen lediglich aus, dass die Genehmigung als erteilt gilt, treffen bezüglich des Inhalts und der Geltungsdauer hingegen keine Aussage.
28 
Daher kommt als Anknüpfungspunkt für die Geltungsdauer der Genehmigungsfiktion lediglich der Antrag der Klägerin in Betracht, der eine Geltungsdauer von 10 Jahren vorsieht. Hierfür sprechen auch Sinn und Zweck der Fiktionsvorschrift. Wie oben dargelegt, wurde die Vorschrift eingeführt, um eine Verfahrenserleichterung für den Antragsteller dahingehend zu bewirken, dass die Genehmigungsbehörde durch Untätigkeit nicht das Verfahren verzögern und damit den (wirtschaftlichen) Zweck des Unternehmers, den dieser mit der beantragten Linienverkehrsgenehmigung verfolgt, letztlich zu vereiteln. Die Vorschrift soll dem Unternehmer innerhalb absehbarer Zeit Rechts- und damit auch Planungssicherheit gewähren. Hiermit wäre es wiederum nicht vereinbar, wenn die Genehmigungsbehörde, obwohl sie nicht innerhalb der ihr bekannten Fristen entschieden hat, nachträglich die Geltungsdauer beschränken könnte. Der Eintritt der Genehmigungsfiktion muss daher eine Regelung bezüglich der Geltungsdauer beinhalten, da es sich ansonsten um eine (noch) inhaltsleere, und daher dem Zweck nicht genügende, Hülle handeln würde.
29 
Auch die Vorschrift des § 15 Abs. 4 PBefG spricht gegen die Ansicht des Beklagten. Hiernach darf die Genehmigung nicht vorläufig oder mit dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden. Stünde man der Genehmigungsbehörde im Falle der Fiktion nun die nachträgliche Beschränkung der Geltungsdauer zu, würde die Genehmigungsfiktion, die wie dargelegt von Beginn an auch eine Regelung über die Geltungsdauer enthalten muss, zu einer vorläufigen Genehmigungsfiktion.
30 
Unter der Beschränkung der Genehmigungsfiktion auf das, was auch Inhalt der Entscheidung durch die Genehmigungsbehörde hätte sein können, ist nach alledem letztlich nur die Pflicht zur Wahrung der gesetzlichen Grenzen zu verstehen. So kann die Genehmigung nur als mit dem beantragten Inhalt erteilt gelten, wenn dieser sich im rechtlich zulässigen Rahmen bewegt, die Behörde daher genauso hätte entscheiden können. Die Geltungsdauer einer Genehmigung für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen darf gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 PBefG 10 Jahre nicht überschreiten. Die Klägerin hat die Wiedererteilung der Genehmigungen genau für 10 Jahre beantragt, so dass sich der Antrag innerhalb der gesetzlichen Grenzen hält. Hierbei ist auch nicht etwa auf den konkreten Einzelfall abzustellen, sondern auf die generelle Befugnis der Behörde. Aus § 16 Abs. 2 Satz 1 PBefG geht hervor, dass die Geltungsdauer im konkreten Fall von der Genehmigungsbehörde unter Berücksichtigung der öffentlichen Verkehrsinteressen zu bemessen ist. Ob der Behörde hierbei Ermessen zukommt und inwieweit gegebenenfalls auch die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmers einzustellen wären, ist umstritten (vgl. nur Fielitz/Grätz, Personenbeförderungsrecht, § 16 Rn. 16; VG Minden, Beschluss vom 02.11.2005 - 3 K 6443/03 - juris; VG Karlsruhe, Urteile vom 09.02.2010 - 8 K 1037/09 - und - 8 K 1038/09 - beide juris). Vorliegend kommt es darauf jedoch nicht an. Welche Entscheidung im konkreten Einzelfall rechtmäßig zu treffen wäre, kann schon deshalb nicht maßgeblich sein, weil eine Bemessung durch die Genehmigungsbehörde erfolgen müsste. Hieran fehlt es bei einer Fiktion aber naturgemäß. Die Feststellung der Rechtmäßigkeit kann auch nicht etwa „hilfsweise“ dergestalt erfolgen, dass nachträglich eine Bemessung der Geltungsdauer erfolgt, da diese bereits im Zeitpunkt des Eintritts der Fiktion feststehen muss (s.o.). Daher ist nur entscheidend, ob die Behörde eine entsprechende Genehmigung (abstrakt) hätte erteilen dürfen, was bei Einhaltung der gesetzlichen Höchstgeltungsdauer des § 16 Abs. 2 Satz 2 PBefG im Antrag nur dann nicht der Fall ist, wenn eine entsprechende Entscheidung der Behörde nicht bloß rechtswidrig, sondern sogar nichtig im Sinne des § 44 LVwVfG wäre (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 42a Rn. 16). Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich.
31 
Die Anknüpfung des Inhalts der Genehmigungsfiktion an den Antrag und den gesetzlichen Rahmen ist auch nicht im Hinblick auf die Interessen des Beigeladenen als Aufgabenträger bedenklich. Zwar sind bei der Bemessung der Geltungsdauer im Falle einer gesetzlichen Entscheidung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 PBefG die öffentlichen Verkehrsinteressen und dabei insbesondere ein Nahverkehrsplan gemäß § 8 Abs. 3a Satz 2 PBefG zu beachten. Dies mag auch für den Nahverkehrsplan des Landkreises ... gelten, der unter Beteiligung der verschiedenen Verkehrsunternehmer des Landkreises zustande gekommen ist. Der Nahverkehrsplan einschließlich Linienbündelungskonzept war zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife bereits in Kraft getreten und hätte bei einer rechtzeitig vor Fristablauf getroffenen Entscheidung der Genehmigungsbehörde sicherlich Berücksichtigung finden können und müssen. Jedoch wird durch den Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht auch zugleich deren Rechtmäßigkeit fingiert, so dass sie auch einen rechtswidrigen Inhalt haben kann. Dies wird in § 42a Abs. 1 Satz 2 LVwVfG deutlich zum Ausdruck gebracht. Dort heißt es, dass auch gegen die Genehmigungsfiktion die Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren entsprechend gelten. Somit kann auch eine Genehmigungsfiktion zurückgenommen oder widerrufen und auch aufgrund ihrer (materiellen) Rechtswidrigkeit - durch den beigeladenen Aufgabenträger - angefochten werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 42a Rn. 16). Die Interessen des Aufgabenträgers sind durch die ihm offenstehenden Rechtsbehelfe hinreichend gewahrt.
32 
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Harmonisierungszeitpunkt der Klägerin möglicherweise bekannt war. Eine zwingende und ausnahmslose Bindung der Genehmigungsbehörde an die im Nahverkehrsplan vorgesehenen Harmonisierungszeitpunkte ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Zwar sind die Normierungen des Nahverkehrsplans bei der Bemessung der Geltungsdauer deutlich in den Vordergrund gerückt, jedoch ist dadurch eine Abweichung von dem durch die öffentlichen Verkehrsinteressen gebotenen Zeitraum in besonderen Ausnahmefällen nicht von vornherein ausgeschlossen. Vorstellbar wäre dies etwa dann, wenn die Berücksichtigung des Nahverkehrsplans zu einer sehr kurzen Genehmigungsdauer führen würde, der Unternehmer jedoch zwingend ungewöhnlich hohe Investitionen tätigen oder große Risiken auf sich nehmen müsste, so dass die Übernahme des Linienverkehrs für den Unternehmer praktisch unzumutbar würde. Wann eine solche Abweichung konkret in Betracht kommt, muss hier aber nicht erörtert werden. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus als legitim anzusehen, wenn der Unternehmer auch in Kenntnis eines bestimmten Harmonisierungszeitpunkts eine darüber hinausgehende Genehmigung beantragt. Denn umgekehrt ist die Behörde an den Antrag gebunden und kann selbst beim Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls keine höhere Geltungsdauer für die Genehmigung festlegen, als sie der Unternehmer beantragt hat.
33 
Nach alledem ist festzuhalten, dass die Genehmigungsfiktion gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG sich auch auf die Genehmigungsdauer erstreckt und hierbei einzig den Beschränkungen des Antrags und der gesetzlichen Vorgaben unterliegt. Demgemäß gilt die Genehmigung im vorliegenden Fall als für 10 Jahre und damit bis zum 31.12.2024 als erteilt. Die Klägerin, die bereits zuvor im Besitz von zuletzt vom 01.07.2009 bzw. 12.12.2013 bis zum 31.12.2014 befristeten Linienverkehrsgenehmigungen war, erfüllt im Übrigen weiterhin die Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen nach §§ 42, 13 ff. Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Dies wird auch seitens des Beklagten nicht in Frage gestellt. Der Klägerin ist somit gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG die entsprechenden Genehmigungsurkunde mit Geltungsdauer vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2024 zu erteilen.
2.
34 
Der Bescheid der Beklagten vom 19.11.2014 stellt, soweit er in Ziffer 2 die Geltungsdauer der Genehmigung auf den 10.12.2017 befristet, eine rechtswidrige nachträgliche Beschränkung der eingetretenen Genehmigungsfiktion dar und ist somit aufzuheben. Dies gilt auch für den diese Befristung bestätigenden Widerspruchsbescheid vom 01.07.2015.
3.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Nachdem der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, können ihm keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO).
4.
36 
Die Berufung ist zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Geltungsdauer der Fiktionsgenehmigung nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG, insbesondere die Möglichkeit der Befristung durch eine nachträgliche Entscheidung der Genehmigungsbehörde, ist eine bisher obergerichtlich nicht geklärte Rechtsfrage. Ihre Klärung ist im Sinne der Rechtseinheit jedoch geboten. Aufgrund der Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vom 23.10.2007 (ABl. L 315 vom 03.12.2007, S. 1-13) sind Dienstleistungsaufträge im öffentlichen Personenverkehr ab dem 03.12.2019 zwingend durch wettbewerbliche Verfahren unter Ausschreibung im Amtsblatt der Europäischen Union zu vergeben. Dementsprechend bestehen in der Regel Bestrebungen der Aufgabenträger im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 1 PBefG, noch zuvor zur Vergabe anstehende Leistungen eines Linienbündels im Rahmen des Linienbündelungskonzepts ihres Nahverkehrsplans auf einen einheitlichen Zeitpunkt zu befristen. Diese Bestrebungen geraten dabei in Konflikt mit solchen Anträgen auf Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung, die über die geplanten Harmonisierungszeitpunkte hinausgehen. Die Abweichungen zwischen beantragter Geltungsdauer und den Plänen der Aufgabenträger dürfte immer häufiger werden, je näher der in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 genannte Zeitpunkt rückt. Es ist auch weiterhin zu erwarten, dass die Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 4 PBefG nicht in jedem Fall von der mit dem Aufgabenträger nicht identischen Genehmigungsbehörde eingehalten wird. Die Beantwortung der Frage hat folglich Bedeutung über den hier zugrunde liegenden Fall hinaus und ist daher verallgemeinerungsfähig.

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