Beschluss vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 1 K 11415/17

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2500 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin wehrt sich dagegen, zur fortdauernden Beseitigung ihrer Obdachlosigkeit in eine andere als die bisherige Wohnung eingewiesen zu werden.
Nachdem die Antragstellerin wegen eines Platzverweises zur Vermeidung weiterer häuslicher Gewalt obdachlos geworden war, wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Bescheid vom 11.05.2007 „unbefristet und stets widerruflich“ zur Beseitigung dieses Zustandes in die städtische Obdachlosenunterkunft W-Straße 105, 70839 Gerlingen ein. Mit Verfügung vom 10.09.2014 änderte sie diese Einweisung zugunsten einer anderen Wohneinheit unter derselben Adresse.
Mit Verfügung vom 29.06.2017 änderte die Antragsgegnerin nach vorheriger Anhörung die Einweisungsverfügungen vom 10.05.2007 in der Form der Änderung vom 10.09.2014 und wies die Antragstellerin in den Anbau rechts der Obdachlosenunterkunft S-Straße, 70839 Gerlingen ein (1.). Weiter ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehbarkeit der Verfügung zu Nr. 1 an (2.) und drohte der Antragstellerin ein Zwangsgeld i.H.v. 100 EUR für den Fall der Nichtbefolgung an (3.). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründete die Antragsgegnerin mit der konkreten Gefährdung für die öffentliche Sicherheit, die mit der Obdachlosigkeit einhergehe.
Dagegen legte die Antragstellerin am 06.07.2017 Widerspruch ein. Eine Entscheidung darüber steht bisher aus.
Am 07.07.2017 hat die Antragstellerin den hiesigen Antrag im einstweiligen Rechtschutz erhoben.
Die Antragstellerin trägt vor, die Unterbringung im Anbau rechts der Obdachlosenunterkunft S-Straße, 70839 Gerlingen sei ihr unzumutbar. Die Unterkunft bestehe nur aus einem 2,5 x 3 m großen Raum mit einer Stahltür und einem Fenster. Neben ihrem Bett würden keine Möbel in die Wohnung passen. Sie könnte nur zu einer Seite aus dem Fenster schauen. Weiter hätte sie von anderen Bewohnern gehört, dass die Isolierung mangelhaft sei, sodass es im Sommer sehr heiß werde und sich im Winter Eis bilde. Sie sei Asthmatikerin, ein entsprechender Raum unzumutbar. Schließlich verfüge der Raum auch nicht über eine Küche oder eine Dusche. Auch ein TV-Anschluss sei nicht vorhanden.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches vom 06.07.2017 (AZ: 15-108.51.251) gegen Nr. 2 der Verfügung der Antragsgegnerin vom 29.06.2017 wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Antragsgegnerin trägt vor, die Kapazität der städtischen Obdachlosenunterkünfte müsse aufgrund der stetig steigenden Zahl an Nutzungsanfragen optimiert werden. Die Unterkunft in der Siemensstraße sei frisch renoviert und eine Küchenzeile eingebaut worden. Der Anbau sei in Betonbauweise errichtet, was ein allzu schnelles Aufheizen verhindere. Auch die bisherige Unterkunft der Antragstellerin verfüge nur über ein Fenster. Der Anbau in der Siemensstraße erfülle die Mindestanforderungen. Er sei als Unterkunft für die Antragstellerin geeignet und angemessen. Zudem gäbe es in der bisherigen Unterkunft immer Probleme mit dem Hund der Antragstellerin.
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Dem Gericht liegen die einschlägigen Behördenakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Akten, die Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
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Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle der Kammer, § 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO.
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Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft aber unbegründet.
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Die Statthaftigkeit des Antrages folgt daraus, dass Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben, § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO, die Antragstellerin in Nr. 2 der Verfügung vom 29.06.2017 jedoch die sofortige Vollziehung angeordnet hat, § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO.
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Der Antrag ist unbegründet. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet wurde, wiederherstellen, wenn das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts überwiegt. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der erlassene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, da dann an dessen sofortiger Vollziehung ein öffentliches Interesse nicht bestehen kann.
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Dagegen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, wenn sich der Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig erweist und ein besonderes Vollziehungsinteresse hinzutritt. Wenn sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dagegen weder die offensichtliche Rechtswidrigkeit noch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung feststellen lässt, hängt der Ausgang des Verfahrens vom Ergebnis einer vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung ab (allg. Ansicht, vgl. etwa BayVGH, Beschluss vom 29.04.2014 - 3 CS 14.273 -, juris).
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Vorliegend besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin wiederherzustellen, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung überwiegt. Dies folgt nicht zuletzt daraus, dass ihr Widerspruch nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, weil die Anordnung der sofortigen Vollziehung sowohl formell (1.) als auch materiell (2.) rechtmäßig erging.
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1. Macht die Behörde von der Möglichkeit Gebrauch, entgegen dem Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO die sofortige Vollziehung anzuordnen, § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, hat sie gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Verstößt die Behörde gegen diese Pflicht, so hat ein beim Gericht gestellter Antrag, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs wiederherzustellen, nach allgemeiner Meinung schon aus diesem Grund Erfolg (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.2016 - 3 S 2225/15 -, juris Rn. 6).
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Die Begründungspflicht nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO soll der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit der erforderlichen Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes öffentliches Interesse oder Interesse eines Beteiligten den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert. Ihr Zweck ist es ferner, dem Betroffenen die Kenntnis der für die Vollziehungsanordnung maßgeblichen Gründe zu vermitteln (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.2016 - 3 S 2225/15 -, juris Rn. 7; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 80 Rn. 242; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 80 Rn. 445).
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Aus der Begründung muss daher hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, aus welchen öffentlichen oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten liegenden Gründen die Behörde es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz des Betroffenen zu versagen. Nur pauschale oder formelhafte, für jede beliebige Fallgestaltung passende Wendungen genügen dementsprechend nicht. Ob die Erwägungen der Behörde inhaltlich zutreffen, ist für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung (VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 06.07.2015 - 8 S 534/15 -, juris und 25.09.2012 - 10 S 731/12 -, DVBl. 2012, 1506; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 80 Rn. 446).
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Die Antragsgegnerin hat auf S. 2 des angegriffenen Bescheides ausführlich und mit noch hinreichendem Einzelfallbezug die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründet.
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2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch materiell rechtmäßig, weil die Einweisungsverfügung offensichtlich rechtmäßig erging.
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Zwischen den Beteiligten unstreitig kann sich die Antragsgegnerin für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung auf §§ 1, 3, 5 PolG stützen. Auch in formeller Hinsicht bestehen keine Bedenken, weil mit der Stadt Gerlingen die zuständige Ortspolizeibehörde gehandelt hat, §§ 59 Nr. 1, 60 Abs. 1, 62 Abs. 4 S. 1, 66 Abs. 2 PolG, in deren Zuständigkeitsbereich sich die Obdachlose tatsächlich aufgehalten hat (VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 05.03.1996 - 1 S 470/96 - und vom 16.01.1996 - 1 S 3042/95 -, jeweils juris) und die Antragstellerin angehört worden ist.
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Tatbestandlich setzen §§ 1, 3 PolG eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung voraus. Zwischen den Beteiligten unstreitig ist eine solche durch die drohende Obdachlosigkeit der Antragstellerin gegeben (vgl. statt aller: VGH München, Beschluss vom 09.10.2015 - 4 CE 15.2102, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. November 1991 – 1 S 2584/91 –, juris, Leitsatz). Störer und damit korrekter Adressat der Maßnahme ist die Antragstellerin.
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Zwischen den Beteiligten allein streitig ist dementsprechend nicht das „Ob“ der Einweisung in eine Obdachlosenunterkunft, sondern die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung zugunsten der konkret gewählten Unterbringungsform.
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Tatbestandliches Anknüpfungsmerkmal dieser Erwägungen ist der Begriff der Angemessenheit der Gefahrenabwehrmaßnahme nach §§ 1, 3 PolG. Dem Sinn und Zweck der §§ 1, 3 PolG, der Sicherung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist nur dann genüge getan, wenn nicht in der Einweisungsverfügung selbst ein Verstoß gegen eben jene Schutzgüter liegt. Dieser kann sich daraus ergeben dass, die Einweisungsverfügung das Prinzip der Verhältnismäßigkeit oder das Grundrecht des betroffenen Bürgers auf körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 GG verletzt. Unterhalb dieser Schwelle ist die Ordnungsverfügung demnach rechtmäßig.
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Aus dem Überbrückungscharakter der Obdachlosenunterkunft folgt, dass die an eine Normalwohnung zu stellenden Anforderungen bezüglich Lage, Größe, Einrichtung und sonstiger Verhältnisse nicht erfüllt zu sein brauchen; die Unterkunft muss daher auch nicht den Anforderungen an eine wohnungsmäßige Versorgung entsprechen. Es reicht aus, eine Unterkunft bereit zu halten, die vorübergehend Schutz vor den Unbilden des Wetters bietet und Raum für die notwendigsten Lebensbedürfnisse lässt (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.03.1996 - 1 S 470/96 -, juris; Derleder, WuM 2009, S. 615, 620 m.w.N.).
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In Bezug auf möglicherweise drohende Gesundheitsbeeinträchtigungen der Antragstellerin fehlt es bereits an einer hinreichenden Glaubhaftmachung der tatbestandlichen Voraussetzungen durch die Antragstellerin. Die wegen Art. 19 Abs. 4 GG gebotene Beschleunigung im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren geht mit abgesenkten Anforderungen an die Tatsachenermittlung einher. Sie sind gleichwohl nicht vollständig suspendiert. So ist die Vorschrift des § 920 Abs. 2 ZPO in Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO trotz fehlender ausdrücklicher Verweisung wegen der vergleichbaren Interessenlage entsprechend anwendbar (Funke-Kaiser, in: Quaas/Zuck, Prozesse in Verwaltungssachen, 2. Aufl., § 4 Rn. 246).
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Demnach sind die tatsächlichen Umstände, auf die sich die Antragstellerin beruft glaubhaft zu machen, § 173 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Die Glaubhaftmachung umfasst gemäß § 294 ZPO alle Beweismittel des Vollbeweises sowie die Versicherung an Eides statt.
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Diesen formellen Anforderungen genügt der Vortrag der Antragstellerin, in dem Anbau werde es sehr heiß, mit Blick auf die Erwiderung der Antragsgegnerin, der Anbau sei in Betonbauweise errichtet, was einer übermäßigen Erwärmung entgegenwirke, nicht. Sofern die Antragstellerin auf eine fehlende Isolierung beruft, handelt es sich schon ihrem eigenen Vortrag nach um Hören-Sagen, dem die Antragsgegnerin mit ihren Ausführungen zur baulichen Beschaffenheit des Anbaus entgegengetreten ist, sodass mit Blick auf den aktuellen Sachstand durch die Änderung der Einweisungsverfügung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Gesundheitsbeeinträchtigung der Antragstellerin zu erwarten ist.
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Soweit die Antragstellerin vorträgt, sie leide an Asthma, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, in welchen Zusammenhang diese Erkrankung mit der Änderung der Einweisungsverfügung steht und dass eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Antragstellerin hinreichend wahrscheinlich durch den Wohnungswechsel zu erwarten ist.
33 
Die zugewiesene Wohnung ist der Antragstellerin auch nicht unzumutbar. Die von der Sicherheitsbehörde zu leistende Obdachlosenfürsorge dient nicht der „wohnungsmäßigen Versorgung“ der Antragstellerin, sondern der effektiven Gefahrenabwehr und damit der Verschaffung einer vorübergehenden Unterkunft einfacher Art.
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Auch unter Berücksichtigung der humanitären Zielsetzung des Grundgesetzes ist es ausreichend, wenn obdachlosen Personen eine Unterkunft zugewiesen wird, die vorübergehend Schutz vor den Unbilden des Wetters bietet und Raum für die notwendigen Lebensbedürfnisse lässt. Obdachlose Personen müssen, weil ihre Unterbringung nur eine Notlösung sein kann, eine weitgehende Einschränkung ihrer Wohnansprüche hinnehmen, wobei freilich die Grenze zumutbarer Einschränkungen dort liegt, wo die Anforderungen an eine menschenwürdige, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit achtende Unterbringung nicht mehr eingehalten sind (st. Rspr. vgl. VGH München, Beschlüsse vom 03.08.2012 - 4 CE 12.1509 -, und vom 14.07.2005 - 4 C 05.1551 -, jeweils juris).
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Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die Einweisung der Antragstellerin in den Anbau rechts der Obdachlosenunterkunft in der S-Straße, 70839 Gerlingen nicht zu beanstanden. Unzumutbare Einschränkungen ergeben sich entgegen dem Vortrag der Antragstellerin weder aus der geringen Größe des Anbaus, noch aus dessen ihrer Ansicht nach ungenügender Versorgung mit Tageslicht und der ihrer Ansicht nach unzureichenden Ausstattung mit Sanitäranlagen und einem TV-Anschluss.
36 
Soweit sich die Antragstellerin gegen die geringe Größe des Anbaus wendet, ergibt sich aus dem temporären Charakter der Obdachlosenunterbringung und der Prämisse der Effektivität der Gefahrenabwehr, dass Obdachlosen grundsätzlich auch eine Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft und - jedenfalls einer alleinstehenden Person - sogar die Unterbringung in einem Gemeinschaftszimmer zumutbar ist (vgl. jüngst: VG Stuttgart, Beschluss vom 13.03.2017 - 1 K 1102/17). Ein Anspruch auf Raum für Möbel besteht demnach ebenso wenig, wie ein solcher auf einen Raum einer bestimmten Mindestgröße zur alleinigen Nutzung, solange die Anforderung fehlender Gefahren für die körperliche Unversehrtheit, wie vorliegend, erfüllt ist.
37 
Soweit die Antragstellerin die fehlende Belichtung bzw. den fehlenden Ausblick zur Schellingstraße rügt, ist das Gericht überzeugt, dass ein 2,5m x 3m großer Raum mangels weiterer vorgetragener Einschränkungen auch durch ein Fenster hinreichend Tageslicht erhält. Weder nach dem Schutzzweck der Obdachlosenunterbringung noch nach der Intensität der Beeinträchtigung vermag der fehlende Ausblick die Unzumutbarkeit der Einweisung zu begründen.
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Soweit die Antragstellerin die fehlende sanitäre Ausstattung des Anbaus rügt, hat die Antragsgegnerin zur vollen Überzeugung des Gerichtes vorgetragen und mit Bildern belegt, dass der Anbau mit einer separaten Toilette und Waschgelegenheit ausgestattet und einer von der Antragstellerin separat zu nutzenden Küchenzeile ausgestattet ist. Das Maß des Zumutbaren ist damit deutlich erfüllt.
39 
Auch aus dem fehlenden Fernsehanschluss ergibt sich nicht die Unzumutbarkeit der angebotenen Unterkunft. Sofern man dem Fernsehkonsum überhaupt einer rechtlich relevanten Kategorie zuordnen möchte, könnte es dabei allenfalls um die Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben gehen. Ob das auch den TV-Konsum umfasst, kann dahinstehen.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bei der Gewähr von Sozialleistungen der Anspruch eines Jeden auf soziale Teilhabe zu beachten, Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10 -, juris). Daraus folgt, dass der Antragstellerin monetär die Möglichkeit zur hinreichenden gesellschaftlichen Teilhabe eröffnet ist. Es ist allein Sache der Antragstellerin, diese Möglichkeit zu verwirklichen, indem sie Informations-, Teilhabe- und Bildungsangebote wahrnimmt. Es steht ihr frei jederzeit, ggf. unter Inanspruchnahme von Sozialleistungen eine selbst gewählte Unterkunft mit entsprechender Ausstattung zu beziehen. Die polizeiliche Verfügung ist indes eine Maßnahme der Gefahrenabwehr, keine Sozialleistung. Insbesondere mit Blick auf ihre temporäre Natur und Zielrichtung besteht demnach kein Anspruch gegenüber den Polizeibehörden, der Antragstellerin eine Unterkunft mit TV-Anschluss zur Verfügung zu stellen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 35.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Betrag von 5.000 EUR gemäß Satz 1 der Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.

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