Beschluss vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 10 K 11252/18

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.600 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die am … 1968 geborene Antragstellerin war als Bezirksnotarin beim Notariat in ... tätig. Sie wurde mit Ablauf des 31.12.2015 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.
Mit Schreiben vom 27.03.2017 teilte die Antragstellerin dem Landgericht ... mit, ab 01.05.2017 eine Nebentätigkeit im Umfang von maximal fünf Stunden pro Woche bei einem Notar oder Rechtsanwalt aufnehmen zu wollen, und beantragte die Genehmigung der Nebentätigkeit. Mit der Nebentätigkeit habe sie testen wollen, ob sie wieder arbeitsfähig sei, sozusagen als Vorstufe einer Wiedereingliederung. Dem Schreiben legte sie ein Attest einer Fachärztin für Allgemeinmedizin vom 23.03.2017 bei, nach dem aus ärztlicher Sicht eine Tätigkeit bei einem Notar oder Rechtsanwalt von maximal fünf Stunden pro Woche zu befürworten sei.
Mit Schreiben vom 22.05.2017 lehnte der Antragsgegner die Erteilung der beantragten Genehmigung ab. Während des Ruhestandes bestehe für die Aufnahme von Nebentätigkeiten keine Genehmigungspflicht. Die Nebentätigkeit sei lediglich anzuzeigen. Er wies zudem darauf hin, dass eine Nebentätigkeit bei einem privaten Arbeitgeber, die dem äußeren Anschein nach der Tätigkeit im Landesdienst entspreche, während des vorzeitigen Ruhestandes aufgrund von Dienstunfähigkeit mit dienstlichen Interessen nicht vereinbar und daher gegebenenfalls zu untersagen sei.
Mit Schreiben vom 31.05.2017 bat die Antragstellerin den Antragsgegner um die Zustimmung zur geplanten Nebentätigkeit, woraufhin der Antragsgegner mit Schreiben vom 08.08.2017 erneut darauf hinwies, dass keine Genehmigungspflicht hinsichtlich der beabsichtigten Nebentätigkeit bestehe und daher eine Genehmigung nicht erteilt werden könne.
Mit Schreiben vom 12.02.2018 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, mitzuteilen, ob zwischenzeitlich eine Nebentätigkeit aufgenommen worden sei, und bat gegebenenfalls um unverzügliche Erfüllung der Anzeigepflicht.
Am 21.02.2018 teilte die Antragstellerin per E-Mail mit, sie habe ihre Nebentätigkeit am 18.05.2017 begonnen und krankheitsbedingt am 29.06.2017 wieder beendet. Zugleich bat sie um Beteiligung des Schwerbehindertenvertreters.
Mit Schreiben vom 28.02.2018 wies der Antragsgegner darauf hin, dass Nebentätigkeiten von Ruhestandsbeamten anzuzeigen seien, bevor eine Nebentätigkeit aufgenommen werde.
Hierauf antwortete die Antragstellerin mit Schreiben vom 01.04.2018 und führte im Wesentlichen aus, sie habe die Nebentätigkeit nicht anzeigen müssen, da die Voraussetzungen des § 41 BeamtStG nicht erfüllt seien. Zudem habe ihr Schreiben vom 27.03.2017 konkludent die Anzeige einer Nebentätigkeit enthalten. Die Antragstellerin bat um eine rechtmittelfähige Entscheidung hinsichtlich der Nebentätigkeit.
Mit Schreiben vom 14.05.2018 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf mitzuteilen, bei welchem Notar sie eine Nebentätigkeit aufgenommen habe, welche konkreten Aufgaben sie erfülle sowie ob und wenn ja wie häufig sie persönlichen, telefonischen und schriftlichen Kontakt mit Kunden des Notars habe.
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Hierauf antworte die Antragstellerin mit Schreiben vom 22.06.2018 und führte insbesondere aus, es gehe in § 41 BeamtStG nicht um das Fachwissen, sondern darum, ob sie während ihres aktiven Dienstes erworbenes Amtswissen, Dienstgeheimnisse usw. für private Zwecke zum Schaden des Ansehens des Dienstherrn nutze. Die Beschränkungen aus § 41 BeamtStG seien an Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Ein Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit sowie eine mögliche Beeinträchtigung dienstlicher Interessen sei ausgeschlossen. Für den Zusammenhang im Sinne des Gesetzes genüge eine Betätigung auf dem gleichen Fachgebiet nicht.
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Mit Bescheid vom 31.10.2018 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin in Ziff. 1 die Ausübung einer Nebentätigkeit im Notariat von ... mit sofortiger Wirkung und ordnete in Ziff. 2 die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, es könne dem Ansehen des Staates und des Berufsbeamtentums außerordentlich schaden, wenn Beamte einerseits wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand treten, andererseits aber Nebentätigkeiten in nicht unerheblichem Umfang ausüben würden. Hiervon sei im Falle der Antragstellerin auszugehen, denn die Nebentätigkeit komme der dienstlichen Tätigkeit der Antragstellerin vor Eintritt in den Ruhestand außerordentlich nahe. Die Gefahr der Ansehensbeeinträchtigung sei auch konkret, da die Antragstellerin Kontakt zu Kunden des Notariats habe. Da dem Zweck des § 41 BeamtStG eine so überragende Bedeutung zukomme, überwiege das öffentliche Interesse an der Vermeidung des ansehensbeeinträchtigenden Anscheins bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen stets. Ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung habe es die Antragstellerin ohne Rücksicht auf die Rechtmäßigkeit der Verfügung in der Hand, durch bloßes Ausschöpfen aller Rechtschutzmöglichkeiten deren Wirkung weitgehend leerlaufen zu lassen. Der befürchtete Ansehensverlust für den öffentlichen Dienst könne eintreten, ohne dass die Wirkung durch eine Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung im Klageverfahren rückgängig gemacht werden könne.
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Hiergegen erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 28.11.2018 Widerspruch.
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Zugleich hat die Antragstellerin am 28.11.2018 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zum Verwaltungsgericht Stuttgart gestellt. Zur Begründung wiederholt sie ihre Ausführungen aus dem Schreiben vom 22.06.2018. Ergänzend führt sie insbesondere aus, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei bereits deshalb rechtswidrig, weil keine Anhörung erfolgt sei und es an einer hinreichenden Begründung des Sofortvollzuges mangele. Aber auch die Untersagung der Nebentätigkeit sei rechtswidrig. Der Antragsgegner sei für die Untersagung nicht zuständig gewesen und weder der Personalrat noch die Schwerbehindertenvertretung seien am Verfahren beteiligt worden. Eine Nebentätigkeit könne nach § 41 BeamtStG nur dann untersagt werden, wenn die frühere dienstliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Nebentätigkeit stehe und die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen zu besorgen sei. Da die Antragstellerin lediglich bei der früheren Tätigkeit erworbene Fähigkeiten, nicht aber frühere Kontakte nutze, fehle es bereits am Zusammenhang der Nebentätigkeit zur früheren Beschäftigung. Auch nehme § 41 BeamtStG keine Binnendifferenzierung innerhalb der Ruhestandbeamten vor. Zudem fehle es an der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen, denn § 41 BeamtStG solle im vorliegenden Fall lediglich die private Verwertung von Amtswissen nach dem Ausscheiden aus dem Amt verhindern. Weiterhin betrage der Umfang der Nebentätigkeit nicht mehr als fünf Stunden pro Woche, die Verteilung der Arbeitszeit sei flexibel und sie erhalte nur 18 EUR pro Stunde. Sie übe als Schreibkraft lediglich untergeordnete Angestelltentätigkeiten aus und treffe keine Entscheidungen. Ihre Aufgaben seien: Einarbeitung, Aus- und Weiterbildung der Notariatsangestellten, insbesondere Schulungen, Erstellung von schriftlichem Arbeitsmaterial, Ansprechpartner für die Notariatsangestellten bei Rückfragen in der Fallbearbeitung; gegebenenfalls Verwaltungsaufgaben, interne organisatorische Aufgaben, Erstellung und Überarbeitung von Mustern (Urkunden, Datenblätter etc.), Tätigkeiten im Bereich des Urkundsvollzugs/Abwicklung von Urkunden; gegebenenfalls Besprechung, Erstellung von Urkundenentwürfen. Der Kontakt zu Kunden beschränke sich auf maximal fünf Kontakte pro Woche.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Untersagungsverfügung des Ministeriums der Justiz und für Europa Baden-Württemberg vom 31.10.2018 wiederherzustellen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, es habe keiner Anhörung vor der Anordnung der sofortigen Vollziehung bedurft und diese sei hinreichend begründet worden. Soweit der Gesetzeszweck ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht erreicht werden könne, bestehe eine weitgehende Übereinstimmung des Erlassinteresses mit dem Vollzugsinteresse und für eine einzelfallbezogene Argumentation bleibe kein Raum. Das Ministerium für Justiz und Europa Baden-Württemberg sei zudem für den Erlass der Untersagungsverfügung zuständig gewesen und der Personalrat habe nicht beteiligt werden müssen. Die Schwerbehindertenvertretung sei beteiligt worden. Die Untersagungsverfügung sei rechtmäßig, da die Nebentätigkeit mit der früheren Tätigkeit als Bezirksnotarin in dienstlichem Zusammenhang stehe und dienstliche Interessen beeinträchtigt würden. Zwar folgere die Rechtsprechung und Literatur aus § 41 BeamtStG, dass ein Zusammenhang bestehe, wenn Informationen aus der dienstlichen Tätigkeit der Beamten für die Nebentätigkeit verwendet werden könnten. Dieser Maßstab könne jedoch bei Beamten im Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nur eingeschränkt gelten. Für die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen sei es bereits ausreichend, dass eine gleichartige Nebentätigkeit während des Ruhestandes wegen Dienstunfähigkeit ausgeübt werde, was vorliegend der Fall sei. Die Tätigkeiten der Antragstellerin entsprächen auch nicht lediglich der einer Schreibkraft, sondern vielmehr der einer Vertreterin eines Notars.
II.
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1. Der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt., Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hinsichtlich der Ziff. 2 des Bescheids des Ministeriums der Justiz und für Europa Baden-Württemberg vom 31.10.2018 statthafte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des fristgerecht eingelegten Widerspruchs ist zulässig, aber unbegründet.
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a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Verbots zur Ausübung einer Nebentätigkeit im Notariat von F. M. ist formell rechtmäßig. Es bedurfte keiner vorherigen Anhörung der Antragstellerin (aa.) und die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde ausreichend schriftlich begründet (bb.).
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aa) Eine Anhörung der Antragstellerin vor Anordnung der sofortigen Vollziehung war nicht erforderlich.
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Die Vorschrift des § 28 Abs. 1 LVwVfG, wonach vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, Gelegenheit zu geben ist, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, ist auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung bereits nicht anwendbar. Der Anwendbarkeit steht entgegen, dass die Vollziehungsanordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO kein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 LVwVfG ist. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung zielt nicht auf eine verbindliche, der Bestandskraft fähige und vollstreckbare Regelung, es werden keinerlei materielle Rechtspositionen verbindlich festgestellt, begründet, aufgehoben oder abgeändert. Sie bewirkt vielmehr allein die Durchsetzung einer von ihr zu trennenden Regelung eines gesonderten Verwaltungsaktes (VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 24.03.1994 – 14 S 2628/93 –, NVwZ 1995, 1220, 1221; OVG Brandenburg, Beschluss v. 21.07.1999 – 4 B 25/99 –, juris Rn. 8; OVG Niedersachsen, Beschluss v. 18.01.2007 – 10 ME 44/07 –, juris Rn. 5; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 80, Rn. 82). Zudem sind die formellen Voraussetzungen einer Anordnung der sofortigen Vollziehung in § 80 VwGO abschließend geregelt und diese Vorschrift verlangt neben dem Begründungserfordernis gerade keine Anhörung (OVG Brandenburg, Beschluss v. 21.07.1999 – 4 B 25/99 –, juris Rn. 8).
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Auch bedurfte es nicht unter analoger Heranziehung des § 28 Abs. 1 LVwVfG einer Anhörung der Antragstellerin. Der Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes liegt im Hinblick auf das Erfordernis einer vorherigen Anhörung bereits eine andere Interessenlage zugrunde als dem Erlass eines Verwaltungsaktes. Im Zeitpunkt der Anordnung des Sofortvollzugs hat der Betroffene regelmäßig schon Gelegenheit gehabt, sich zum beabsichtigten Erlass des Verwaltungsaktes selbst zu äußern und damit auch die Gründe mitzuteilen, die gegen eine Vollzugsanordnung sprechen. Des Weiteren kann der Betroffene in dem ihm nach § 80 VwGO eröffneten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes alle ihm für die Entscheidung wesentlich erscheinenden Gesichtspunkte vorbringen. Eine Anhörung des Betroffenen vor Anordnung des Sofortvollzugs ist daher auch aus rechtsstaatlichen Gründen nicht geboten (VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 14.05.1996 – 10 S 256/96 –, juris Rn. 6; OVG Niedersachsen, Beschluss v. 18.01.2007 – 10 ME 44/07 –, juris Rn. 5; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 35. EL 2018, § 80, Rn. 258).
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bb) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO auch ausreichend schriftlich begründet.
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Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Zweck des Begründungserfordernisses ist es, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten sowie dem Betroffenen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis zu bringen, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Ferner soll die Begründung der Sofortvollzugsanordnung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Anordnung darstellen. Dementsprechend muss aus der Begründung nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen Interesse liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz des Betroffenen einstweilen zurück zu stellen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 02.12.2005 – 10 S 644/05 –, juris Rn. 2; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 80, Rn. 84; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 35. EL 2018, § 80, Rn. 245).
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Diesen Anforderungen werden die Ausführungen des Ministeriums der Justiz und für Europa Baden-Württemberg im Bescheid vom 31.10.2018 gerecht. Die Begründung beschränkt sich nicht lediglich auf pauschale und formelhafte Wendungen. Vielmehr hat das Ministerium der Justiz und für Europa Baden-Württemberg ausgeführt, der Gesetzeszweck des § 41 Abs. 2 BeamtStG begründe auch im Falle der Antragstellerin das besondere öffentliche Interesse an der sofort eintretenden Wirkung der Untersagungsverfügung und setze sich gegenüber dem privaten Interesse der Antragstellerin durch, bis zur rechtkräftigen Entscheidung in der Hauptsache für den Notar tätig werden zu können. Denn die Antragstellerin hätte es ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung in der Hand, durch die bloße Ausschöpfung aller Rechtschutzmöglichkeiten die Wirkung des Verbots weitgehend leerlaufen zu lassen und der befürchtete Ansehensverlust für den öffentlichen Dienst würde eintreten, ohne dass diese Wirkung durch eine Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung im Klageverfahren rückgängig gemacht werden könnte. Mit diesen Darlegungen hat das Ministerium der Justiz und für Europa Baden-Württemberg den formell-rechtlichen Anforderungen des Begründungszwanges genügt. Es hat begründet, dass und warum es im Fall der Antragstellerin dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagung Vorrang einräumt, nämlich um einen Leerlauf des Verbots und einen nicht wiedergutzumachenden Ansehensverlust des öffentlichen Dienstes zu vermeiden, und kenntlich gemacht, dass es sich bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen. Zudem deckt sich das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Verfügung, durch die einem früheren Beamten eine Erwerbstätigkeit wegen Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen untersagt wird, regelmäßig mit dem die Verfügung selbst rechtfertigenden Interesse (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg v. 13.2.2009 – OVG 6 S 16.08 –, juris Rn. 3; OVG Niedersachsen, Beschluss v. 11.06.2010 – 5 ME 78/10 –, juris Rn. 10; BayVGH v. 15.12.2010 – 6 CS 10.2697 –, juris Rn. 13 ff.).
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b) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Verbots zur Ausübung einer Nebentätigkeit im Notariat von F. M. ist auch materiell rechtmäßig.
28 
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann in Fällen der sofortigen Vollziehbarkeit das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen. Maßgeblich ist, ob das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs oder das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Für das Interesse des Antragstellers, einstweilen nicht dem Vollzug der behördlichen Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von Belang. Ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn die im Eilverfahren gebotene summarische Überprüfung zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn an der Vollziehung eines ersichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen. Ist der Verwaltungsakt dagegen offensichtlich rechtmäßig, überwiegt in den Fällen, in denen abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gesondert angeordnet wurde, das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers gleichwohl nur dann, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht, das über das allgemeine öffentliche Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände, wie es jedem Verwaltungsakt innewohnt, hinausgeht. Das Gericht nimmt in diesem Rahmen eine eigene Interessenabwägung vor und ist grundsätzlich nicht auf die bloße Überprüfung der von der Behörde getroffenen Entscheidung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO beschränkt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 13.03.1997 – 13 S 1132/96 –, juris Rn. 3).
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Gemessen hieran überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verbots der Ausübung einer Nebentätigkeit das private Interesse der Antragstellerin, dem Verbot einstweilen nicht nachzukommen. Denn das in Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Verbot der Ausübung einer Nebentätigkeit ist aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden (aa. und bb.). Auch besteht ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagung der Nebentätigkeit der Antragstellerin (cc.).
30 
aa) Die Untersagungsverfügung in Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist formell rechtmäßig.
31 
(1) Das Ministerium der Justiz und für Europa Baden-Württemberg war für den Erlass der Verbotsverfügung in Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids zuständig.
32 
Zwar bestimmt § 66 Satz 3 des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg (im Folgenden: LBG), dass der Erlass einer Untersagungsverfügung durch den letzten Dienstvorgesetzten ausgesprochen wird. Allerdings können gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 LBG die übergeordneten Dienstvorgesetzten entsprechende Verfahren im Einzelfall jederzeit an sich ziehen. Dies ist hier der Fall, sodass das Ministerium der Justiz und für Europa Baden-Württemberg für die Untersagung der Beschäftigung der Antragstellerin zuständig war.
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(2) Auch musste der Personalrat nicht vor Erlass der Untersagungsverfügung beteiligt werden.
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Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 des baden-württembergischen Landespersonalvertretungsgesetzes (im Folgenden: LPVG) sind Beschäftigte im Sinne des LPVG Personen, die weisungsgebunden in die Arbeitsorganisation der Dienststelle eingegliedert und innerhalb dieser tätig oder arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne von § 12a des Tarifvertragsgesetzes sind (Nr. 1), sich in der Ausbildung für eine Beamtenlaufbahn oder in sonstiger beruflicher Ausbildung befinden (Nr. 2), unabhängig davon, ob sie in einem Dienst-, Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis mit einer juristischen Person nach § 1 LPVG stehen. Beschäftigte sind auch Personen, die unter Fortsetzung eines bestehenden unmittelbaren Dienst- oder Arbeitsverhältnisses zur Dienststelle nach beamtenrechtlichen oder tariflichen Vorschriften zu einer anderen Stelle abgeordnet oder dieser zugewiesen sind oder dort ihre geschuldete Arbeitsleistung erbringen.
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Die Antragstellerin wurde am 24.12.2015 als Bezirksnotarin in den Ruhestand versetzt und ist damit keine Beschäftigte im Sinne des § 4 LPVG. Demnach finden die Vorschriften des LPVG vorliegend keine Anwendung, sodass es im Rahmen des Erlasses der Untersagungsverfügung auch keiner Beteiligung des Personalrates bedurfte.
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(3) Soweit die Antragstellerin ferner die Nichtbeteiligung der Schwerbehindertenvertretung rügt, kann sie auch mit diesem Einwand nicht durchdringen. Das Ministerium der Justiz und für Europa Baden-Württemberg hat die Schwerbehindertenvertretung mit Schreiben vom 12.02.2018 und 17.05.2018 beteiligt.
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bb) Auch in materieller Hinsicht begegnet die Untersagungsverfügung des Ministeriums der Justiz und für Europa Baden-Württemberg keinen rechtlichen Bedenken.
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Gemäß § 66 Satz 1 LBG ist eine Tätigkeit nach § 41 Satz 1 BeamtStG dem letzten Dienstvorgesetzten anzuzeigen, wenn sie innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach Beendigung des Beamtenverhältnisses aufgenommen wird und mit der dienstlichen Tätigkeit der Beamtin oder des Beamten in den letzten fünf Jahren vor Beendigung des Beamtenverhältnisses in Zusammenhang steht. Eine Untersagung nach § 41 Satz 2 BeamtStG wird durch den letzten Dienstvorgesetzten ausgesprochen, § 66 Satz 2 LBG. § 41 Satz 2 BeamtStG bestimmt, dass die Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung zu untersagen ist, wenn zu besorgen ist, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt werden.
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(1) Die Nebentätigkeit im Notariat des ... steht zunächst im Zusammenhang mit der früheren dienstlichen Tätigkeit der Antragstellerin.
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Ein Zusammenhang im Sinne von § 41 Satz 1 BeamtStG und § 66 Satz 1 LBG zwischen der Erwerbstätigkeit im Ruhestand und der früheren dienstlichen Tätigkeit besteht, wenn die Erwerbstätigkeit einen Anknüpfungspunkt in der früheren dienstlichen Tätigkeit hat und die dienstliche Tätigkeit für das frühere Hauptamt des Ruhestandesbeamten nicht nur untergeordnete Bedeutung hat (vgl. BVerwG, Urteil v. 26.06.2014 – 2 C 23.13 – juris Rn. 18; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 02.03.2016 – 1 B 1375/15 – juris Rn. 42). Die neue Tätigkeit knüpft an die frühere dienstliche Tätigkeit an, wenn sie einen qualitativen Bezug zu dieser aufweist, der insbesondere dann anzunehmen ist, wenn der Betroffene bei seiner neuen Tätigkeit die gleiche Materie bearbeitet wie bei der bisherigen Dienstausübung (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 02.03.2016 – 1 B 1375/15 – juris Rn. 44).
41 
Gemessen hieran besteht der erforderliche Zusammenhang zwischen der bisherigen Tätigkeit der Antragstellerin mit der neuen Tätigkeit. Die Antragstellerin war als Bezirksnotarin tätig und möchte im Rahmen der Nebentätigkeit im Notariat des ... bei der Einarbeitung, Aus- und Weiterbildung der Notariatsangestellten, insbesondere Schulungen und bei der Erstellung von schriftlichem Arbeitsmaterial tätig sein, als Ansprechpartnerin für die Notariatsangestellten bei Rückfragen in der Fallbearbeitung fungieren, Verwaltungsaufgaben und interne organisatorische Aufgaben wahrnehmen, Muster (Urkunden, Datenblätter etc.) erstellen und überarbeiten, im Bereich des Urkundenvollzugs/Abwicklung von Urkunden tätig sein, Urkundenentwürfe erstellen und besprechen sowie Kundenkontakt unterhalten. Damit deckt sich die Nebentätigkeit teilweise mit der früheren dienstlichen Tätigkeit der Antragstellerin als Bezirksnotarin, knüpft jedenfalls an die frühere Tätigkeit als Bezirksnotarin an und ist schon aufgrund der thematischen Übereinstimmung nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung.
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(2) Weiterhin ist ernsthaft zu besorgen, dass durch die von der Antragstellerin beabsichtigte Tätigkeit im Notariat von ... dienstliche Interessen beeinträchtigt werden.
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(aa) Bei dem Begriff der „dienstlichen Interessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Bedeutung sich aus der Zweckbestimmung und Zielsetzung der jeweiligen gesetzlichen Regelung sowie aus dem systematischen Zusammenhang ergibt (BVerwG, Urteile v. 25.06.2009 – 2 C 68.08 –, juris Rn. 16 und v. 19.03.2015 – 2 C 31.13 –, juris Rn. 16; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 02.03.2016 – 1 B 1375/15 –, juris Rn. 48). Vor dem Hintergrund, dass § 41 Satz 1 BeamtStG und § 66 LBG einen Zusammenhang der Erwerbstätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes mit einer vor dem Eintritt in den Ruhestand konkret ausgeübten Tätigkeit fordern, ist aus systematischen Gründen zunächst evident, dass dienstliche Interessen insoweit nur die Interessen der jeweiligen Verwaltung sind, in der der Beamte tätig gewesen ist. Aus dieser Begrenzung der maßgeblichen dienstlichen Interessen kann in der Zusammenschau mit dem Erfordernis eines qualitativen Zusammenhangs zwischen Dienst- und Erwerbstätigkeit ferner abgeleitet werden, dass die Vorschriften ihrem Sinn und Zweck nach darauf zielen, mögliche Interessen- und Loyalitätskonflikte zu vermeiden und auf diese Weise die Integrität des öffentlichen Dienstes und das Vertrauen in den öffentlichen Dienst zu schützen, was wiederum der Erhaltung der vollen Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes dient (vgl. hierzu auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 02.03.2016 – 1 B 1375/15 –, juris Rn. 50 ff.). Diesem Verständnis entspricht auch § 62 LBG, der genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten betrifft und regelt, dass die Genehmigung zu versagen ist, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden, und in Absatz 2 Satz 2 eine beispielhafte Aufzählung enthält, wann dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können. Das ist gerade dann der Fall, wenn die Nebentätigkeit einen Beamten in Widerstreit mit dienstlichen Pflichten bringt, die Unparteilichkeit oder Unbefangenheit des Beamten beeinflusst, zu einer wesentlichen Einschränkung der künftigen dienstlichen Verwendbarkeit der Beamtin oder des Beamten führen kann oder wenn die Nebentätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann.
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Da sich die Bedeutung des unbestimmten Rechtsbegriffs der dienstlichen Interessen auch aus der Zweckbestimmung und Zielsetzung der jeweiligen gesetzlichen Regelung ergibt, ist der Begriff der dienstlichen Interessen zudem entsprechend der jeweiligen Vorschrift zu bestimmen. Es ist daher zu differenzieren: Bei aktiven Beamten, die eine Nebentätigkeit ausüben möchten und hierfür eine Genehmigung benötigen (vgl. § 62 LBG), erfasst der Begriff des dienstlichen Interesses jeden Belang, der die Erledigung der dienstlichen Aufgaben und die integre Amtsführung der Beamten betrifft oder sich darauf auswirken kann. Ist ein Beamter aktiv im Dienst, ist der der Auslegung zugrunde zu legende Zweck der Vorschriften zur Genehmigung einer Nebentätigkeit darin zu sehen, dass der Vorrang des Hauptamtes sichergestellt wird, was sich aus dem durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Grundsatz der Hauptberuflichkeit des Beamtendienstes sowie aus dem ebenfalls in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Dienstpflichten zum vollen beruflichen Einsatz ergibt. Dementsprechend muss das Verbot der Nebentätigkeit bei aktiven Beamten einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit aufweisen. Lediglich öffentliche Interessen ohne Bezug zum Hauptamt und den für die Amtsführung geltenden Dienstpflichten können ein Nebentätigkeitsverbot nicht rechtfertigen (vgl. Müller/Beck/Danner/Gehlhaar/Heinz, Beamtenrecht in Baden-Württemberg, 102. Aktualisierung 2018, § 66, Rn. 6). Dass diese zweckgebundene Auslegung des Begriffs des dienstlichen Interesses bei aktiven Beamten nicht mit der Auslegung des wortgleichen Begriffs des dienstlichen Interesses bei Ruhestandsbeamten, die sich aufgrund des Erreichens der Altersgrenze im Ruhestand befinden, identisch sein kann, ergibt sich bereits daraus, dass solche Ruhestandsbeamte im Vergleich zu aktiven Beamten gerade kein Hauptamt mehr innehaben und ihnen keine Dienstverpflichtung obliegt. Dementsprechend ist es auch nicht Zweck der Vorschriften über die Ausübung einer Nebentätigkeit von Ruhestandsbeamten, die sich aufgrund Erreichens der Altersgrenze im Ruhestand befinden, den Vorrang des Hauptamtes sicherzustellen. Zweck ist es vielmehr, das Vertrauen in die Integrität des Berufsbeamtentums und des öffentlichen Dienstes hinsichtlich der früheren Amtsführung des Ruhestandsbeamten zu schützen. Daher stehen bei Ruhestandsbeamten, die sich aufgrund Erreichens der Altersgrenze im Ruhestand befinden, der Nebentätigkeit dienstliche Interessen nur dann entgegen, wenn die Nebentätigkeit nachteilige Rückschlüsse auf die frühere Amtsführung des Ruhestandsbeamten in der Hinsicht zulässt, der Ruhestandsbeamte habe sich im früheren Hauptamt womöglich nicht in jeder Hinsicht pflichtgemäß verhalten. Dies kann etwa der Fall sein, wenn durch die Nebentätigkeit dienstlich erworbene, der Amtsverschwiegenheit unterliegende Kenntnisse verwertet werden oder die Nebentätigkeit den Anschein begründet, der Beamte habe bereits während seines Dienstes die Integrität der Amtsführung, das heißt die Pflichten zur unparteilichen und uneigennützigen Amtsführung zurückgestellt, um sich die Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit im Ruhestand zu eröffnen oder nicht zu verbauen (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil v. 26.06.2014 – 2 C 23.13 –, juris Rn. 23 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 02.03.2016 – 1 B 1375/15 –, juris Rn. 52 ff.; Müller/Beck/Danner/Gehlhaar/Heinz, Beamtenrecht in Baden-Württemberg, 102. Aktualisierung 2018, § 66, Rn. 6).
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Befindet sich diesen beiden Fällen gegenüber ein Ruhestandsbeamter aufgrund von Dienstunfähigkeit im Ruhestand, kann weder die zweckgebundene Auslegung des Begriffes der dienstlichen Interessen bezüglich aktiven Beamten noch die hinsichtlich Ruhestandsbeamten, die die Altersgrenze erreicht haben, herangezogen werden. Anders als aktive Beamten befindet sich der dienstunfähige Ruhestandsbeamte gerade nicht im Dienst, hat also kein Hauptamt inne und ihm obliegt keine Dienstverpflichtung. Anders als Ruhestandsbeamte, die sich aufgrund Erreichens der Altersgrenze im Ruhestand befinden, müssen dienstunfähige Ruhestandsbeamte gleichwohl auf Erfordernisse der Dienstausübung Rücksicht nehmen und es steht ihnen gerade nicht frei, ihre Arbeitskraft zu verwerten. Sie sind vielmehr im Sinne des § 29 BeamtStG gehalten, alles ihnen Zumutbare zu tun, um eine rasche Wiederherstellung der Dienstfähigkeit herbeizuführen. Dazu gehört, dass die Kräfte geschont und sie nicht vorzeitig, insbesondere zu Erwerbszwecken, eingesetzt werden. Fühlt sich der Beamte imstande, Dienstleistungen auch nur in beschränktem Umfang zu erbringen, so handelt er pflichtwidrig, wenn er sie nicht seinem Dienstherrn anbietet, der ihm das Gehalt weiterzahlt und ihm aus Anlass der Krankheit soziale Vorteile gewährt (vgl. hierzu BVerwG, Urteile v. 01.06.1999 – 1 D 49.97 –, juris Rn. 54, v. 14.11.2001 – 1 D 49.97 –, juris Rn. 27; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 18.04.2002 – 6D A 5177/00.O –, juris Rn. 85). Da es bei dienstunfähigen Ruhestandsbeamten, anders als bei Ruhestandsbeamten wegen Erreichens der Altersgrenze, gerade nicht ausgeschlossen ist, dass sie ihre frühere Tätigkeit wiederaufnehmen, kann auch der Begriff der dienstlichen Interessen nicht – wie die Antragstellerin meint – wie bei Beamten, die sich aufgrund Erreichens der Altersgrenze im Ruhestand befinden, lediglich auf die frühere Tätigkeit des Beamten beschränkt sein. Vielmehr stehen nach Sinn und Zweck bei dienstunfähigen Ruhestandsbeamten der Nebentätigkeit dienstliche Interessen insbesondere auch dann entgegen, wenn der Beamte seine vollständige oder teilweise Arbeitskraft nicht wieder seinem ihn alimentierenden Dienstherrn zur Verfügung stellt, sondern anderweitig einsetzt (so im Ergebnis auch Bayerischer VGH, Urteil v. 20.05.2015 – 16a D 14.1158 –, juris Rn. 58; VG Köln, Beschluss v. 06.11.2015 – 19 L 2476/15 –, juris Rn. 9; VG Düsseldorf, Urteil v. 18.04.2018 – 2 K 5577/16 –, juris Rn. 31 ff.).
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(bb) Gemessen hieran teilt das Gericht die Einschätzung des Antragsgegners, dass die Nebentätigkeit der Antragstellerin im Notariat des ... die Integrität des öffentlichen Dienstes und das Vertrauen in das Berufsbeamtentum ernsthaft stören würde, der Nebentätigkeit daher dienstliche Interessen entgegenstehen. Ein Beamter, der aufgrund einer Erkrankung außerstande ist, Dienst zu verrichten, dennoch aber in der Zeit der Dienstunfähigkeit einer privaten Erwerbstätigkeit nachgeht, zeigt ein Verhalten, das in der Öffentlichkeit und auch bei den aktiven Beamten auf kein Verständnis stößt und das Vertrauen in die Loyalität der Beamtenschaft beeinträchtigt. Der Dienstherr alimentiert Beamte bei Dienstunfähigkeit und stellt so sicher, dass sich ein Beamter schonen kann, um seine Genesung bestmöglich zu fördern, und nicht gezwungen ist, eine anderweitige Tätigkeit aufzunehmen, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Geht der Beamte dann aber einer Nebentätigkeit nach, erweckt er den Eindruck, nicht so krank zu sein, dass er zur Dienstleistung außerstande ist. Bei Durchführung der Nebentätigkeit durch die Antragstellerin entstünde damit der ansehensbeeinträchtigende Eindruck, dass zum einen der Nebentätigkeit ein höherer Stellenwert beigemessen wird als dem Dienst als Beamter bzw. der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit, zum anderen der Dienstherr dies tatenlos hinnimmt (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil v. 01.06.1999 – 1 D 49.97 –, juris Rn. 58; Bayerischer VGH, Urteil v. 20.05.2015 – 16a D 14.1158 –, juris Rn. 58; siehe auch VG Düsseldorf, Urteil v. 18.04.2018 – 2 K 5577/16 –, juris Rn. 29 ff.).
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(cc) Da die Öffentlichkeit über die Hintergründe der Dienstunfähigkeit wegen Krankheit und die genaue Diagnose regelmäßig nicht informiert ist, kommt es für die Ansehensbeeinträchtigung und das Entgegenstehen dienstlicher Interesse auch nicht maßgeblich darauf an, ob die Nebentätigkeit mit dem Grund der Dienstunfähigkeit in Einklang gebracht werden kann und ob die Nebentätigkeit die Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit negativ oder positiv beeinflusst. Maßgeblich und ausreichend ist allein, dass Irritationen und Unverständnis aufgrund dauerhafter Dienstunfähigkeit bei fortlaufender Alimentation einerseits und der Ausübung einer vergüteten Nebentätigkeit andererseits entstehen (vgl. VG Köln, Beschluss v. 06.11.2015 – 19 L 2476.15 –, juris Rn. 9).
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Dies gilt, entgegen der Ansicht der Antragstellerin, auch hinsichtlich des Umfanges der konkreten Nebentätigkeit. Es ist bei einer Wochenarbeitszeit von fünf und einer Monatsarbeitszeit von damit 20 Stunden sowie der von der Antragstellerin dargestellten Tätigkeit im Notariat des ..., die auch Kundenkontakt umfasst, gerade nicht davon auszugehen, dass es sich um eine solch unbedeutende Tätigkeit handelt, die gar nicht bekannt werden würde und daher nicht geeignet ist, Irritationen und Unverständnis herbeizurufen und damit die Integrität des öffentlichen Dienstes und das Vertrauen in das Berufsbeamtentum ernsthaft zu stören.
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cc) Es besteht schließlich auch ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagung der Ausübung der Nebentätigkeit der Antragstellerin. Dieses ergibt sich aus der Gefahr der Störung der Integrität des öffentlichen Dienstes sowie des Vertrauens in das Berufsbeamtentum, die eine Nebentätigkeit der Antragstellerin im Notariat mit sich bringen würde.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 10.6. des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (18 EUR x 5 Wochenstunden x 40 Jahreswochen).

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