Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 4 K 722/19

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt eine Altersrente für die Monate Januar bis Mai 2019 sowie die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Geldbeträgen.
Der Kläger ist Mitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg. Mit Schreiben vom 10.12.2018 teilte der Kläger mit, für ihn sei das Satzungsregelwerk vom 15. Mai 1985 maßgebend. Nach § 20 Abs. 1 VwS habe er mit Vollendung des 65. Lebensjahrs, also ab dem 31.12.2018 Anspruch auf eine lebenslange Altersrente. Nachträgliche Satzungsänderungen führten zu keiner Veränderung der zum Zeitpunkt des Eintritts geltenden Satzungsregelung. Außerdem habe er Anspruch auf einen Zuschlag in Höhe von 20 Prozent.
Mit weiterem Schreiben vom 18.12.2018 trug der Kläger vor, für ihn persönlich sei der Text der Satzung vom 15.05.1985 maßgebend. Zwar bestehe unter Zugrundelegung der aktuellen Satzung des Beklagten bei ihm Rentenbezug erst ab Juni 2019. Satzungsänderungen könnten jedoch zum Nachteil der Mitglieder keine Rückwirkung haben. Dies folge aus § 20 Abs. 5 VwS in der aktuellen Fassung, wonach nur für Mitglieder, die nach dem 31.12.1956 geboren seien, der Zuschlag von 20 Prozent entfalle. Deshalb sei in seinem Bezugsfall für den Beginn der Rentenzahlung die Satzung des Beklagten vom 15.05.1985 maßgebend. Die Satzung aus dem Jahr 1985 enthalte auch keinerlei Ausstiegsklauseln für einzelne Satzungsregelungen.
Mit weiterem Schreiben vom 22.06.2019 teilte der Kläger mit, er habe trotz Fälligkeit am 15.06.2019 keine Gutschrift der Rente auf seinem Konto erhalten. Vielmehr habe der Beklagte am 17.06.2019 den Beitrag für den Monat Juni 2019 in Höhe von 1.620,06 Euro von seinem Konto abgebucht. Aufgrund der klaren Zahlungsregelung in der Satzung bedürfe es keiner ausdrücklichen Inverzugsetzung. Im Hinblick auf den Auszahlungs- bzw. Rückforderungsanspruch in Höhe von 5.773,24 Euro mache er eine Geschäftsgebühr nach Nr. 1.3 2400 VVRVG in Höhe von 460,20 Euro und eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 Euro geltend.
Mit Schreiben vom 25.06.2019 teilte der Beklagte dem Kläger mit, gemäß § 20 Abs. 1 VwS beginne die satzungsmäßige Altersrente bei ihm am 01.06.2019. Der für Juli 2019 eingezogene Beitrag in Höhe von 1.620,06 Euro werde erstattet. Eine Rentenauszahlung könne derzeit noch nicht erfolgen, da der Rentenzeitpunkt streitig sei.
Mit Bescheid vom 02.07.2019 setzte der Beklagte die Altersrente des Klägers auf monatlich 4.236,48 Euro ab dem 01.06.2019 fest.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 15.07.2019 Widerspruch ein und brachte zur Begründung vor, der festgesetzte Rentenbeginn sei unrichtig. Aufgrund der zum Beitrittszeitpunkt gültigen Satzung stehe ihm Rente ab dem Monat Januar 2019 zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2019 wies das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg den Widerspruch zurück und setzte eine Gebühr in Höhe von 50,00 Euro fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 20 Abs. 1 VwS in der derzeit geltenden Fassung bestehe für Mitglieder (bis einschließlich Geburtsjahrgang 1971), die nach dem 31.12.1948 geboren seien, eine nach Geburtsjahrgang gestaffelte Altersrente. Aufgrund der Satzungsänderung zum 01.01.2009 sei die bis zum 31.12.2008 gültige Regelung des § 20 Abs. 1 VwS, wonach alle Geburtsjahrgänge mit Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Altersrente hätten, aufgehoben worden. Demnach bestehe bei dem im Jahr 1953 geborenen Kläger eine Altersgrenze von 65 Jahren und 5 Monaten. Die satzungsmäßige Altersrente beginne beim Kläger am 01.06.2019. Da der Kläger zum Zeitpunkt der Satzungsänderung noch nicht die Altersgrenze von 65 Jahren erreicht habe, habe für ihn kein Vertrauensschutz bestanden, so dass die aktuell gültige Fassung des § 20 Abs. 1 VwS auf ihn anzuwenden sei. Die Widerspruchsgebühr betrage gemäß § 42 Abs. 3 VwS 50,00 Euro.
Bereits am 31.01.2019 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, Grundlage für seine seit September 1983 bestehende Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg sei die Satzung vom 15.05.1985. In § 20 Abs. 1 dieser Satzung sei geregelt, dass jedes Mitglied mit Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf eine lebenslange Altersrente habe. Am 30.12.2018 habe er das 65. Lebensjahr erreicht. Ihm stehe demnach ab dem Monat Januar 2019 eine Altersrente zu. § 32 der Satzung des Beklagten aus dem Jahr 1985 bestimme, dass Änderungen der Satzung, die die Höhe der Rente beträfen, auch für die vor der Änderung eingetretenen Leistungsfälle gelten würden. Demnach seien nur Änderungen bezüglich der Höhe der Rente, nicht jedoch bezüglich dem Beginn der Rente möglich.
10 
Mit Schriftsatz vom 30.06.2019 erweiterte der Kläger seine Klage um den Antrag, an ihn einen Rentenbetrag von 4.080,00 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz ab dem 15.06.2019 zu zahlen.
11 
Mit weiterem Schriftsatz vom 11.07.2019 erweiterte der Kläger seine Klage um einen Zahlungsanspruch in Höhe von 480,20 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 05.07.2019. Zur Begründung machte der Kläger geltend, der Beklagte habe als Verzugsschaden die im Schreiben vom 22.06.2019 aufgegebenen Gebühren für die Zahlungsaufforderung bezüglich des in Verzug befindlichen Rentenbetrags zu bezahlen. Zwar habe der Beklagte den Betrag von 1.620,06 Euro an ihn zurücküberwiesen; nicht gezahlt worden seien jedoch die für das Rückforderungsschreiben angefallenen Anwaltsgebühren.
12 
Mit Schriftsatz vom 24.08.2020 erweiterte der Kläger seine Klage um einen Zahlungsanspruch i.H.v. 8100,30 Euro. Zur Begründung machte der Kläger geltend, der Beklagte schulde die Rückzahlung der in der Zeit von Januar 2019 bis Mai 2019 von ihm bezahlten Rentenbeiträge in Höhe von insgesamt 8100,30 Euro.
13 
Der Kläger beantragt nunmehr,
14 
1. den Bescheid des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg vom 02.07.2019 und dessen Widerspruchsbescheid vom 24.07.2019 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Beginn der Altersrente auf 01.01.2019 festzusetzen;
15 
2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 8100,30 Euro zu bezahlen;
16 
3. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 480,20 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszins seit dem 05.07.2019 zu bezahlen.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Er trägt vor, die Berechnung der Höhe der Altersrente von 4.236,48 Euro basiere auf einem Anspruch des Klägers auf Altersrente ab dem 01.06.2019. Für den am ... 1953 geborenen Kläger ergebe sich gemäß § 20 Abs. 1 VwS in der derzeit geltenden Fassung eine Altersgrenze von 65 Jahren plus 5 Monate. Damit beginne die satzungsmäßige Altersrente am 01.06.2019. Die von der Vertreterversammlung beschlossene Satzungsänderung vom 04.07.2008/26.09.2008, durch die § 20 Abs. 1 VwS seine nunmehrige Fassung erhalten habe, sei durch Erlass des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 18.11.2008 genehmigt worden. Satzungsänderungen gestalteten die Rechtsordnung für die Zukunft und erfassten regelmäßig alle künftig entstehenden Rechtsverhältnisse. Dies gelte auch für noch nicht abgeschlossene Rechtsverhältnisse. Wenn anstelle des neuen Rechts etwas Anderes gelten soll, müsse dies ausdrücklich bestimmt werden. Da der Kläger zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzungsänderung die Altersgrenze von 65 Jahren noch nicht erreicht gehabt habe, bestehe für ihn kein Vertrauensschutz mit der Folge, dass die aktuell gültige Fassung des § 20 Abs. 1 VwS auf den Kläger anzuwenden sei.
20 
Im Hinblick auf die mit Schriftsatz des Klägers vom 30.06.2019 erweiterte Klage haben die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
21 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörende Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Das Verfahren ist entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
23 
Die im Übrigen zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat er keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, den Beginn der Altersrente auf 01.01.2019 festzusetzen (1.). Er hat auch keinen Anspruch auf Verurteilung des Beklagten, an ihn 8100,30 Euro zu bezahlen (2.). Schließlich besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Verurteilung des Beklagten, 480,20 Euro zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozent über dem Basiszins seit dem 05.07.2019 zu bezahlen (3.).
24 
1. Die vom Kläger erhobene Untätigkeitsklage ist zulässig. Der Kläger hat mit Schreiben vom 10.12.2018 - sachdienlich ausgelegt - beim Beklagten beantragt, den Beginn seiner Altersrente auf den 01.01.2019 festzusetzen. Über diesen Antrag hat der Beklagte ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden. Bei der nach Ablauf der Sperrfrist von drei Monaten erhobenen zulässigen Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) können während des Klageverfahrens ergangene Bescheide ohne Beachtung einer Klagefrist in das Verfahren einbezogen werden, da das Gericht das Verfahren nicht gemäß § 75 Satz 3 VwGO ausgesetzt hat (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 13.09.2012 - 9 S 2153/11 - NVwZ-RR 2012, 949 - in juris Rn. 7).
25 
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 02.07.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2019 lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Kläger hatte in der Zeit von 1. Januar bis 31. Mai 2019 keinen Anspruch auf eine Altersrente.
26 
Für die Überprüfung des Klagebegehrens ist auf die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Satzung des Versorgungswerks abzustellen. Einer Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage darf nur dann stattgegeben werden, wenn dem Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der von ihm geltend gemachte Anspruch zusteht. Ob ein solcher Anspruch besteht, ergibt sich aus dem materiellen Recht. Die materiell-rechtliche Prüfung muss danach bei der Rechtslage ansetzen, die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung gilt (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2002 - 3 C 54/01 - NVwZ 2003, 92 - in juris Rn. 19 und Urt. v. 01.12.1989 - 8 C 17/87 - BVerwGE 84, 157 - in juris Rn. 24).
27 
Maßgebend für die Entscheidung des Gerichts ist hiernach die Satzung des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg mit Stand 01.06.2016 (im Folgenden: VwS).
28 
Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 VwS hat jedes Mitglied des Versorgungswerks ab dem auf die Vollendung des 67. Lebensjahres (Altersgrenze) folgenden Monat Anspruch auf lebenslange Altersrente. Für Mitglieder, die nach dem 31. Dezember 1948 geboren sind, ergibt sich eine gestaffelte Altersgrenze, die beim Geburtsjahr 1953 65 Jahre plus 5 Monate beträgt (§ 20 Abs. 1 Satz 3 VwS). Dementsprechend hat der Beklagte den Beginn der Altersrente bei dem am ... 1953 geborenen Kläger zutreffend auf den 01.06.2019 festgesetzt.
29 
Die Heraufsetzung der Altersgrenze durch die zum 01.01.2009 in Kraft getretene Satzungsänderung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
30 
Die in berufsständischen Versorgungswerken erworbene Anwartschaft auf Rente unterliegt dem eigentumsrechtlichen Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.04.2010 - 8 B 118/09 - in juris Rn. 6). Die Anwartschaft auf eine Altersrente aus einem berufsständischen Versorgungswerk ist dem einzelnen Versicherten als vermögenswerte Rechtsposition privatnützig zugeordnet; sie beruht im Wesentlichen auf Eigenleistungen und dient der Sicherung einer von der Höhe der Beiträge abhängigen angemessenen Versorgung im Altersfall (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.09.2005 - 6 C 3/05 - NJW 2006, 711 - in juris Rn. 25).
31 
Sämtliche Eigentumspositionen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG sind indes einer Inhalts- und Schrankenbestimmung zugänglich, da die Eigentumsgarantie ein normgeprägtes Grundrecht ist. Ein absoluter Bestandsschutz ist deshalb auch bei eigenfinanzierten kapitalgedeckten Versorgungsanwartschaften nicht gewährleistet. Allerdings sind einschränkende Inhalts- und Schrankenbestimmungen nach Art. 14 Abs. 1 GG nur gerechtfertigt, wenn sie einem Gemeinwohlzweck dienen, verhältnismäßig sind, den Vertrauensschutz der Betroffenen wahren und das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot beachten. Das gilt nicht nur für die Umgestaltung gesetzlicher Rentenanwartschaften, sondern auch für die Umgestaltung berufsständischer Versorgungsanwartschaften im offenen Deckungsplan- oder im Anwartschaftsdeckungsverfahren. Eine Eigenfinanzierung im Anwartschaftsdeckungsverfahren erhöht lediglich die dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Inhalts- und Schrankenbestimmung, die in den bisherigen Rechtsbestand eingreift. Der Gestaltungsspielraum des Normgebers ist umso geringer, je stärker die Anwartschaft durch eigene personale Leistung des Anwartschaftsberechtigten geprägt ist (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 11.08.2016 - 10 BN 2/15 - NVwZ 2017, 332 - in juris Rn. 4).
32 
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Maßstäbe hat der Satzungsgeber mit der Änderung des Eintritts der Altersrente einen legitimen Gemeinwohlzweck verfolgt, nämlich das Ziel der langfristigen Sicherung der Rentenbezüge aller derzeitigen und zukünftigen Rentenbezieher (vgl. VGH München, Urt. v. 30.04.2015 - 21 N 14.1 - in juris Rn. 39). Die Wahrung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Altersversorgung ist ein wichtiger Gemeinwohlbelang (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 03.12.2018 - 9 S 1475/17 - in juris Rn. 36; OVG Koblenz, Urt. v. 14.12.2011 - 6 C 11098/11 - in juris Rn. 41). Dabei steht dem Satzungsgeber bei der berufsständischen Altersversorgung wie in allen komplexen, auf künftige Entwicklungen ausgelegten Rechtsbereichen ein weiter Einschätzungsspielraum zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.02.2004 - 1 BvR 2491/97 - NVwZ 2004, 604 - in juris Rn. 19). Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit kann der Satzungsgeber Rentenansprüche und -anwartschaften beschränken. Wenn in bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen angelegt ist; eine Unabänderlichkeit der bei ihrer Begründung bestehenden Bedingungen widerspräche dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zu einem privaten Versicherungsverhältnis von Anfang an nicht allein auf dem Versicherungsprinzip, sondern auch auf dem Gedanken der Verantwortung und des sozialen Ausgleichs beruht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11.11.2008 - 1 BvL 3/05 - BVerfGE 122, 151 - in juris Rn. 79). Für die berufsständischen Versorgungswerke gilt dies entsprechend (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 24.09.2014 - 9 S 2333/12 - in juris Rn. 35). Von diesem Gestaltungsspielraum sind die Vorschriften über die Anhebung des Renteneintrittsalters gedeckt; dies wird vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt. Anhaltspunkte dafür, dass die Heraufsetzung der Altersgrenze durch die zum 01.01.2009 in Kraft getretene Satzungsänderung unverhältnismäßig sein könnte, sind weder ersichtlich noch sonst dargelegt.
33 
Die Neuregelung genügt ferner dem Grundsatz des Vertrauensschutzes, wobei offenbleiben kann, ob sich dieser Grundsatz bei Rentenanwartschaften aus Art. 14 Abs. 1 GG ergibt oder aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.02.2004 - 1 BvR 2491/97 - NVwZ 2004, 604 - in juris Rn. 23).
34 
Die Anhebung des Beginns der Altersrente greift nicht im Sinne einer echten Rückwirkung zu Ungunsten des Klägers rückwirkend in eine Rechtsposition ein. Echte Rückwirkung entfaltet eine Anordnung, nach der eine Rechtsfolge schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten soll (vgl. BVerfG, Urt. v. 05.02.2004 - 2 BvR 2029/01 - BVerfGE 109, 133 - in juris Rn. 169). Eine solche Wirkung kommt der Rechtsänderung vom 01.01.2009 für den Kläger nicht zu. Der im Jahr 1953 geborene Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt das 65. Lebensjahr noch längst nicht vollendet, in dem er nach der bis dahin geltenden alten Fassung rentenbezugsberechtigt gewesen wäre. Die Satzungsänderung zum 01.01.2009 wirkte sich für den Kläger also nicht rückwirkend, sondern erst zukünftig, nämlich im Jahr 2019 aus, in dem er nach der alten Satzungsbestimmung altersrentenberechtigt gewesen wäre, nunmehr jedoch fünf Monate länger auf seinen regulären Renteneintritt warten musste.
35 
Die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters greift jedoch in die den Kläger und vergleichbare Anspruchsberechtigte begünstigende, bis zum 31.12.2008 gültige Rechtslage ein und stellt daher eine sog. unechte Rückwirkung dar. Die ausschließlich aus den Beiträgen des Klägers finanzierte Altersrentenanwartschaft ist in der Vergangenheit bezogen auf ein Rentenalter von 65 Jahren berechnet worden. Nunmehr hat der Kläger zum Erhalt dieses Renteneintrittsalters eine Kürzung der in Aussicht gestellten Altersrente hinzunehmen. Es handelt sich für den Kläger also bei der Neuregelung des § 20 VwS um eine Bestimmung, die mit Wirkung für die Zukunft in bestehende Rechtspositionen eingreift und damit eine unechte Rückwirkung entfaltet. Eine nur unechte Rückwirkung bedarf im Gegensatz zur echten Rückwirkung keines besonderen Rechtfertigungsgrundes (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.12.1976 - I C 23.71 - NJW 1977, 1116 - in juris Rn. 22). Eine solche unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig und genügt dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.05.2001 - 1 BvL 4/96 - BVerfGE 103, 392 - in juris Rn. 40).
36 
Das Vertrauen von Mitgliedern des Beklagten auf den unveränderten Bestand von Altersrentenanwartschaften ist zwar grundsätzlich nicht gering einzuschätzen. Dies gilt aber nicht in gleicher Weise für das hier maßgebliche Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der Altersgrenze von 65 Jahren. Dieses Vertrauen ist nur eingeschränkt schutzwürdig gewesen, da die ihm zugrundeliegende Rechtslage nicht für die Zukunft gesichert erscheinen konnte. Angesichts der allgemein bekannten Alterung der Bevölkerung konnten die begünstigten Mitglieder des Beklagten bzw. Anwartschaftsberechtigten einschließlich des Klägers nicht darauf vertrauen, dass eine solche Regelung unverändert beibehalten werden würde, insbesondere nicht mit Eintritt des 65. Lebensjahres abschlagsfrei altersrentenbezugsberechtigt sein sollten. Diesem nur eingeschränkt schutzwürdigen Vertrauen des Klägers steht im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung der mit der Regelung verfolgte Zweck gegenüber, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Beklagten im Interesse aller Betroffenen einschließlich des Klägers sicherzustellen. Dieser Zweck überwiegt die entgegenstehenden Interessen am unveränderten Fortbestand der bisherigen Altersgrenze. Hiervon profitiert auch der Kläger, da sein Renteneintrittsalter nicht auf die Vollendung des 67. Lebensjahres, sondern auf das günstigere Alter von nur 65 Jahren und fünf Monaten heraufgesetzt worden ist. Außerdem kann er auch zum ursprünglich vorgesehenen Termin in den Ruhestand treten, wenn er dafür Abschläge in Kauf nimmt.
37 
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verurteilung des Beklagten, an ihn 8100,30 Euro zu bezahlen.
38 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Der Leistungsantrag ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung von 8100,30 Euro.
39 
Anspruchsgrundlage ist das Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, das die Rückgängigmachung einer im Rahmen öffentlich-rechtlicher Rechtsbeziehungen ohne Rechtsgrund erfolgten Vermögensverschiebung zum Inhalt hat; danach müssen Leistungen, die ohne Rechtsgrund erbracht wurden bzw. bei denen der Rechtsgrund nachträglich entfallen ist, rückgängig gemacht werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.1985 - 7 C 48/92 - BVerwGE 71, 85 - in juris Rn. 12 und Beschl. v. 22.02.2018 - 9 B 6/17 - NVwZ-RR 2018, 539 - in juris Rn. 6; OVG Münster, Urt. v. 12.09.1996 - 7 A 3131/95 - in juris Rn. 102 und Urt. v. 11.12.2019 - 9 A 1133/18 - in juris Rn. 55). Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch setzt demnach voraus, dass in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis eine Vermögensverschiebung ohne Rechtsgrund erfolgt oder der Rechtsgrund später entfallen ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
40 
Die Beitragspflicht des Klägers endete erst mit Ablauf des Kalendermonats, vor dem Altersruhegeld gewährt wird (§ 15 Abs. 8 Nr. 3 VwS). Der Beklagte hat - wie oben dargelegt - den Beginn der Altersrente des Klägers zu Recht auf den 01.06.2019 festgesetzt. Der Kläger hat deshalb die von Januar 2019 bis Mai 2019 gezahlten Beiträge nicht ohne Rechtsgrund geleistet.
41 
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verurteilung des Beklagten, 480,20 Euro zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozent über dem Basiszins seit dem 05.07.2019 zu bezahlen.
42 
Die auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtete Klage ist als Leistungsklage zulässig. Der Kläger hat seinen Anspruch auch zunächst beim Beklagten erfolglos geltend gemacht.
43 
Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung des von ihm geltend gemachten Verzugsschadens; dementsprechend kann er auch keine Erstattung von Rechtsanwaltskosten verlangen.
44 
Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, aus dem die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen hergeleitet werden kann; die Folgen der Nichterfüllung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen richten sich vielmehr nach dem im Einzelfall einschlägigen Spezialrecht (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.09.1990 - 3 C 56/88 - in juris Rn. 17). Weder die Satzung des Versorgungswerks des Beklagten noch das Rechtsanwaltsversorgungsgesetz enthalten eine Regelung, die den Beklagten verpflichtet, für rückständige Versorgungsleistungen Zinsen zu zahlen.
45 
Der Kläger kann einen Zinsanspruch wegen Verzugs auch nicht auf § 44 Abs. 1 SGB I stützen, da es sich dabei gerade nicht um für seinen Fall einschlägiges Spezialrecht handelt. Das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg gehört nicht zu den in §§ 18 bis 29 SGB I genannten Leistungsträgern, deren Leistungen in den verschiedenen Büchern des SGB eine nähere Regelung erfahren haben.
46 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 Abs. 2, § 154 Abs. 1 VwGO. Der Kläger hat auch im Hinblick auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Rechtsstreit die Kosten des Verfahrens zu tragen. Denn auch die diesbezügliche Klage hätte keinen Erfolg gehabt. Das Versorgungswerk hat den Beginn und die Höhe der Altersrente durch Verwaltungsakt festzusetzen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 12.06.2014 - 8 LC 130/12 - in juris Rn. 28). Eine Klage auf Leistung des Geldbetrags (Leistungsklage) war damit ausgeschlossen; vielmehr hätte der Kläger mittels Verpflichtungsklage auf Erlass eines Verwaltungsakts klagen müssen, der seinerseits die Auszahlung des Geldbetrages anordnet.

Gründe

 
22 
Das Verfahren ist entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
23 
Die im Übrigen zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat er keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, den Beginn der Altersrente auf 01.01.2019 festzusetzen (1.). Er hat auch keinen Anspruch auf Verurteilung des Beklagten, an ihn 8100,30 Euro zu bezahlen (2.). Schließlich besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Verurteilung des Beklagten, 480,20 Euro zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozent über dem Basiszins seit dem 05.07.2019 zu bezahlen (3.).
24 
1. Die vom Kläger erhobene Untätigkeitsklage ist zulässig. Der Kläger hat mit Schreiben vom 10.12.2018 - sachdienlich ausgelegt - beim Beklagten beantragt, den Beginn seiner Altersrente auf den 01.01.2019 festzusetzen. Über diesen Antrag hat der Beklagte ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden. Bei der nach Ablauf der Sperrfrist von drei Monaten erhobenen zulässigen Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) können während des Klageverfahrens ergangene Bescheide ohne Beachtung einer Klagefrist in das Verfahren einbezogen werden, da das Gericht das Verfahren nicht gemäß § 75 Satz 3 VwGO ausgesetzt hat (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 13.09.2012 - 9 S 2153/11 - NVwZ-RR 2012, 949 - in juris Rn. 7).
25 
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 02.07.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2019 lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Kläger hatte in der Zeit von 1. Januar bis 31. Mai 2019 keinen Anspruch auf eine Altersrente.
26 
Für die Überprüfung des Klagebegehrens ist auf die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Satzung des Versorgungswerks abzustellen. Einer Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage darf nur dann stattgegeben werden, wenn dem Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der von ihm geltend gemachte Anspruch zusteht. Ob ein solcher Anspruch besteht, ergibt sich aus dem materiellen Recht. Die materiell-rechtliche Prüfung muss danach bei der Rechtslage ansetzen, die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung gilt (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2002 - 3 C 54/01 - NVwZ 2003, 92 - in juris Rn. 19 und Urt. v. 01.12.1989 - 8 C 17/87 - BVerwGE 84, 157 - in juris Rn. 24).
27 
Maßgebend für die Entscheidung des Gerichts ist hiernach die Satzung des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg mit Stand 01.06.2016 (im Folgenden: VwS).
28 
Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 VwS hat jedes Mitglied des Versorgungswerks ab dem auf die Vollendung des 67. Lebensjahres (Altersgrenze) folgenden Monat Anspruch auf lebenslange Altersrente. Für Mitglieder, die nach dem 31. Dezember 1948 geboren sind, ergibt sich eine gestaffelte Altersgrenze, die beim Geburtsjahr 1953 65 Jahre plus 5 Monate beträgt (§ 20 Abs. 1 Satz 3 VwS). Dementsprechend hat der Beklagte den Beginn der Altersrente bei dem am ... 1953 geborenen Kläger zutreffend auf den 01.06.2019 festgesetzt.
29 
Die Heraufsetzung der Altersgrenze durch die zum 01.01.2009 in Kraft getretene Satzungsänderung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
30 
Die in berufsständischen Versorgungswerken erworbene Anwartschaft auf Rente unterliegt dem eigentumsrechtlichen Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.04.2010 - 8 B 118/09 - in juris Rn. 6). Die Anwartschaft auf eine Altersrente aus einem berufsständischen Versorgungswerk ist dem einzelnen Versicherten als vermögenswerte Rechtsposition privatnützig zugeordnet; sie beruht im Wesentlichen auf Eigenleistungen und dient der Sicherung einer von der Höhe der Beiträge abhängigen angemessenen Versorgung im Altersfall (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.09.2005 - 6 C 3/05 - NJW 2006, 711 - in juris Rn. 25).
31 
Sämtliche Eigentumspositionen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG sind indes einer Inhalts- und Schrankenbestimmung zugänglich, da die Eigentumsgarantie ein normgeprägtes Grundrecht ist. Ein absoluter Bestandsschutz ist deshalb auch bei eigenfinanzierten kapitalgedeckten Versorgungsanwartschaften nicht gewährleistet. Allerdings sind einschränkende Inhalts- und Schrankenbestimmungen nach Art. 14 Abs. 1 GG nur gerechtfertigt, wenn sie einem Gemeinwohlzweck dienen, verhältnismäßig sind, den Vertrauensschutz der Betroffenen wahren und das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot beachten. Das gilt nicht nur für die Umgestaltung gesetzlicher Rentenanwartschaften, sondern auch für die Umgestaltung berufsständischer Versorgungsanwartschaften im offenen Deckungsplan- oder im Anwartschaftsdeckungsverfahren. Eine Eigenfinanzierung im Anwartschaftsdeckungsverfahren erhöht lediglich die dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Inhalts- und Schrankenbestimmung, die in den bisherigen Rechtsbestand eingreift. Der Gestaltungsspielraum des Normgebers ist umso geringer, je stärker die Anwartschaft durch eigene personale Leistung des Anwartschaftsberechtigten geprägt ist (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 11.08.2016 - 10 BN 2/15 - NVwZ 2017, 332 - in juris Rn. 4).
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Unter Berücksichtigung der vorstehenden Maßstäbe hat der Satzungsgeber mit der Änderung des Eintritts der Altersrente einen legitimen Gemeinwohlzweck verfolgt, nämlich das Ziel der langfristigen Sicherung der Rentenbezüge aller derzeitigen und zukünftigen Rentenbezieher (vgl. VGH München, Urt. v. 30.04.2015 - 21 N 14.1 - in juris Rn. 39). Die Wahrung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Altersversorgung ist ein wichtiger Gemeinwohlbelang (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 03.12.2018 - 9 S 1475/17 - in juris Rn. 36; OVG Koblenz, Urt. v. 14.12.2011 - 6 C 11098/11 - in juris Rn. 41). Dabei steht dem Satzungsgeber bei der berufsständischen Altersversorgung wie in allen komplexen, auf künftige Entwicklungen ausgelegten Rechtsbereichen ein weiter Einschätzungsspielraum zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.02.2004 - 1 BvR 2491/97 - NVwZ 2004, 604 - in juris Rn. 19). Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit kann der Satzungsgeber Rentenansprüche und -anwartschaften beschränken. Wenn in bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen angelegt ist; eine Unabänderlichkeit der bei ihrer Begründung bestehenden Bedingungen widerspräche dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zu einem privaten Versicherungsverhältnis von Anfang an nicht allein auf dem Versicherungsprinzip, sondern auch auf dem Gedanken der Verantwortung und des sozialen Ausgleichs beruht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11.11.2008 - 1 BvL 3/05 - BVerfGE 122, 151 - in juris Rn. 79). Für die berufsständischen Versorgungswerke gilt dies entsprechend (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 24.09.2014 - 9 S 2333/12 - in juris Rn. 35). Von diesem Gestaltungsspielraum sind die Vorschriften über die Anhebung des Renteneintrittsalters gedeckt; dies wird vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt. Anhaltspunkte dafür, dass die Heraufsetzung der Altersgrenze durch die zum 01.01.2009 in Kraft getretene Satzungsänderung unverhältnismäßig sein könnte, sind weder ersichtlich noch sonst dargelegt.
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Die Neuregelung genügt ferner dem Grundsatz des Vertrauensschutzes, wobei offenbleiben kann, ob sich dieser Grundsatz bei Rentenanwartschaften aus Art. 14 Abs. 1 GG ergibt oder aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.02.2004 - 1 BvR 2491/97 - NVwZ 2004, 604 - in juris Rn. 23).
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Die Anhebung des Beginns der Altersrente greift nicht im Sinne einer echten Rückwirkung zu Ungunsten des Klägers rückwirkend in eine Rechtsposition ein. Echte Rückwirkung entfaltet eine Anordnung, nach der eine Rechtsfolge schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten soll (vgl. BVerfG, Urt. v. 05.02.2004 - 2 BvR 2029/01 - BVerfGE 109, 133 - in juris Rn. 169). Eine solche Wirkung kommt der Rechtsänderung vom 01.01.2009 für den Kläger nicht zu. Der im Jahr 1953 geborene Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt das 65. Lebensjahr noch längst nicht vollendet, in dem er nach der bis dahin geltenden alten Fassung rentenbezugsberechtigt gewesen wäre. Die Satzungsänderung zum 01.01.2009 wirkte sich für den Kläger also nicht rückwirkend, sondern erst zukünftig, nämlich im Jahr 2019 aus, in dem er nach der alten Satzungsbestimmung altersrentenberechtigt gewesen wäre, nunmehr jedoch fünf Monate länger auf seinen regulären Renteneintritt warten musste.
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Die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters greift jedoch in die den Kläger und vergleichbare Anspruchsberechtigte begünstigende, bis zum 31.12.2008 gültige Rechtslage ein und stellt daher eine sog. unechte Rückwirkung dar. Die ausschließlich aus den Beiträgen des Klägers finanzierte Altersrentenanwartschaft ist in der Vergangenheit bezogen auf ein Rentenalter von 65 Jahren berechnet worden. Nunmehr hat der Kläger zum Erhalt dieses Renteneintrittsalters eine Kürzung der in Aussicht gestellten Altersrente hinzunehmen. Es handelt sich für den Kläger also bei der Neuregelung des § 20 VwS um eine Bestimmung, die mit Wirkung für die Zukunft in bestehende Rechtspositionen eingreift und damit eine unechte Rückwirkung entfaltet. Eine nur unechte Rückwirkung bedarf im Gegensatz zur echten Rückwirkung keines besonderen Rechtfertigungsgrundes (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.12.1976 - I C 23.71 - NJW 1977, 1116 - in juris Rn. 22). Eine solche unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig und genügt dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.05.2001 - 1 BvL 4/96 - BVerfGE 103, 392 - in juris Rn. 40).
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Das Vertrauen von Mitgliedern des Beklagten auf den unveränderten Bestand von Altersrentenanwartschaften ist zwar grundsätzlich nicht gering einzuschätzen. Dies gilt aber nicht in gleicher Weise für das hier maßgebliche Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der Altersgrenze von 65 Jahren. Dieses Vertrauen ist nur eingeschränkt schutzwürdig gewesen, da die ihm zugrundeliegende Rechtslage nicht für die Zukunft gesichert erscheinen konnte. Angesichts der allgemein bekannten Alterung der Bevölkerung konnten die begünstigten Mitglieder des Beklagten bzw. Anwartschaftsberechtigten einschließlich des Klägers nicht darauf vertrauen, dass eine solche Regelung unverändert beibehalten werden würde, insbesondere nicht mit Eintritt des 65. Lebensjahres abschlagsfrei altersrentenbezugsberechtigt sein sollten. Diesem nur eingeschränkt schutzwürdigen Vertrauen des Klägers steht im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung der mit der Regelung verfolgte Zweck gegenüber, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Beklagten im Interesse aller Betroffenen einschließlich des Klägers sicherzustellen. Dieser Zweck überwiegt die entgegenstehenden Interessen am unveränderten Fortbestand der bisherigen Altersgrenze. Hiervon profitiert auch der Kläger, da sein Renteneintrittsalter nicht auf die Vollendung des 67. Lebensjahres, sondern auf das günstigere Alter von nur 65 Jahren und fünf Monaten heraufgesetzt worden ist. Außerdem kann er auch zum ursprünglich vorgesehenen Termin in den Ruhestand treten, wenn er dafür Abschläge in Kauf nimmt.
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2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verurteilung des Beklagten, an ihn 8100,30 Euro zu bezahlen.
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Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Der Leistungsantrag ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung von 8100,30 Euro.
39 
Anspruchsgrundlage ist das Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, das die Rückgängigmachung einer im Rahmen öffentlich-rechtlicher Rechtsbeziehungen ohne Rechtsgrund erfolgten Vermögensverschiebung zum Inhalt hat; danach müssen Leistungen, die ohne Rechtsgrund erbracht wurden bzw. bei denen der Rechtsgrund nachträglich entfallen ist, rückgängig gemacht werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.1985 - 7 C 48/92 - BVerwGE 71, 85 - in juris Rn. 12 und Beschl. v. 22.02.2018 - 9 B 6/17 - NVwZ-RR 2018, 539 - in juris Rn. 6; OVG Münster, Urt. v. 12.09.1996 - 7 A 3131/95 - in juris Rn. 102 und Urt. v. 11.12.2019 - 9 A 1133/18 - in juris Rn. 55). Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch setzt demnach voraus, dass in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis eine Vermögensverschiebung ohne Rechtsgrund erfolgt oder der Rechtsgrund später entfallen ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
40 
Die Beitragspflicht des Klägers endete erst mit Ablauf des Kalendermonats, vor dem Altersruhegeld gewährt wird (§ 15 Abs. 8 Nr. 3 VwS). Der Beklagte hat - wie oben dargelegt - den Beginn der Altersrente des Klägers zu Recht auf den 01.06.2019 festgesetzt. Der Kläger hat deshalb die von Januar 2019 bis Mai 2019 gezahlten Beiträge nicht ohne Rechtsgrund geleistet.
41 
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verurteilung des Beklagten, 480,20 Euro zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozent über dem Basiszins seit dem 05.07.2019 zu bezahlen.
42 
Die auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtete Klage ist als Leistungsklage zulässig. Der Kläger hat seinen Anspruch auch zunächst beim Beklagten erfolglos geltend gemacht.
43 
Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung des von ihm geltend gemachten Verzugsschadens; dementsprechend kann er auch keine Erstattung von Rechtsanwaltskosten verlangen.
44 
Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, aus dem die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen hergeleitet werden kann; die Folgen der Nichterfüllung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen richten sich vielmehr nach dem im Einzelfall einschlägigen Spezialrecht (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.09.1990 - 3 C 56/88 - in juris Rn. 17). Weder die Satzung des Versorgungswerks des Beklagten noch das Rechtsanwaltsversorgungsgesetz enthalten eine Regelung, die den Beklagten verpflichtet, für rückständige Versorgungsleistungen Zinsen zu zahlen.
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Der Kläger kann einen Zinsanspruch wegen Verzugs auch nicht auf § 44 Abs. 1 SGB I stützen, da es sich dabei gerade nicht um für seinen Fall einschlägiges Spezialrecht handelt. Das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg gehört nicht zu den in §§ 18 bis 29 SGB I genannten Leistungsträgern, deren Leistungen in den verschiedenen Büchern des SGB eine nähere Regelung erfahren haben.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 Abs. 2, § 154 Abs. 1 VwGO. Der Kläger hat auch im Hinblick auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Rechtsstreit die Kosten des Verfahrens zu tragen. Denn auch die diesbezügliche Klage hätte keinen Erfolg gehabt. Das Versorgungswerk hat den Beginn und die Höhe der Altersrente durch Verwaltungsakt festzusetzen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 12.06.2014 - 8 LC 130/12 - in juris Rn. 28). Eine Klage auf Leistung des Geldbetrags (Leistungsklage) war damit ausgeschlossen; vielmehr hätte der Kläger mittels Verpflichtungsklage auf Erlass eines Verwaltungsakts klagen müssen, der seinerseits die Auszahlung des Geldbetrages anordnet.

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