Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 1 K 3446/19

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 26.11.2018 und deren Widerspruchsbescheid vom 23.04.2019 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 2014.
Die Klägerin war im Jahr 2014 und ist weiterhin Kommanditistin der M. GmbH & Co. KG (im Folgenden „Klinikbetreiberin“). Diese betreibt eine Rehabilitationsklinik in Bad M., in der insbesondere auch nicht aus dem Gemeindegebiet kommende Patienten behandelt werden.
Eigentümerin des Betriebsgrundstücks war und ist die Kurverwaltung Bad M. GmbH. Die Klägerin war Eigentümerin eines Erbbaurechts an diesem Grundstück sowie an der sich auf dem Grundstück befindenden Immobilie. Zum Betrieb der Rehabilitationsklinik vermietete die Klägerin das Betriebsgrundstück samt der Immobilie an die Klinikbetreiberin. Im Jahr 2014 veräußerte die Klägerin das Erbbaurecht samt der Immobilie an die M. S.à.r.l. (im Folgenden „Erwerberin“) und erzielte dabei einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 7.114.538,79 EUR.
Im Anschluss an den Erwerb des Erbbaurechts vermietete die Erwerberin das Grundstück samt der Immobilie an die R. B.V. & Co. KG. Letztere wiederum schloss mit der Klinikbetreiberin einen Unterpachtvertrag zum Zweck der Fortführung der Rehabilitationsklinik.
Die R. B.V. & Co. KG verschmolz aufgrund eines Verschmelzungsvertrags vom 11.05.2016 als Ganzes auf die X B.V. & Co. KG, die seit dem 26.09.2016 unter dem Namen M. B.V. KG firmiert.
Die Beklagte ist ein anerkannter Kur- und Heilort. Sie erhebt von allen natürlichen und juristischen Personen, die eine selbstständige Tätigkeit ausüben und denen in der Stadt Bad M. aus dem Kurbetrieb oder Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen, einen Fremdenverkehrsbeitrag. Grundlage dafür ist die Satzung über die Erhebung eines Beitrags zu Förderung des Kurbetriebs und Fremdenverkehrs (Fremdenverkehrsbeitragssatzung – nachfolgend FVBS) vom 29.03.2001 in der Fassung der 1. Änderung der Satzung vom 17.07.2008, in Kraft getreten am 01.01.2009. Der Beitrag beläuft sich auf 10 % des Messbetrags. Der Messbetrag ist der Teil der Einkünfte des Beitragspflichtigen, der aus Kurbetrieb und Fremdenverkehr herrührt (Kuranteil). Er wird durch Schätzung ermittelt.
Der Einschätzungsausschuss für den Fremdenverkehrsbeitrag, ein beschließender Ausschuss des Gemeinderats, setzte am 19.11.2012 den Vorteilssatz für die Klinikbetreiberin mit Wirkung ab dem Jahr 2012 durch Schätzung auf 40 % fest. Für die Klägerin soll eine entsprechende Festsetzung für das Jahr 2014 in der nächsten Sitzung des Einschätzungsausschusses am 28.09.2020 erfolgen.
Mit Bescheid vom 26.11.2018 zog die Beklagte die Klägerin zu einem Fremdenverkehrsbeitrag in Höhe von 284.581,55 EUR heran. Bei der Berechnung nahm die Beklagte den Veräußerungsgewinn der Klägerin als Grundlage und legte einen Vorteilssatz in Höhe von 40 % sowie einen Hebesatz von 10 % zugrunde.
Die Klägerin erhob am 20.12.2018 Widerspruch gegen diesen Bescheid. Sie machte geltend, dass die Veräußerung des Erbbaurechts weder in unmittelbarem noch in mittelbarem Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr stehe, mithin die Festsetzung des Fremdenverkehrsbeitrags rechtswidrig sei. Entscheidend für die Kaufpreisbildung seien allein die Ertrags- und Refinanzierungsaussichten gewesen.
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Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2019 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass auch die in Rede stehende Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen im Rahmen der Festsetzung des Fremdenverkehrsbeitrags zu berücksichtigen sei. Es bestehe jedenfalls ein mittelbarer Zusammenhang zwischen der Höhe des Veräußerungsgewinns und dem Fremdenverkehr. Der bestehende und aufrechterhaltende Klinikbetrieb auf dem Grundstück habe den Kaufpreis beeinflusst. Außerdem hätten sich infolge der Veräußerung des Erbbaurechts samt Immobilie die in dem Erbbaurecht und in der Immobilie verkörperten stillen Reserven realisiert. Diese stünden in Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr, weil Fremdenverkehrsbeiträge in der Vergangenheit aufgrund von Abschreibungen in entsprechend geringerer Höhe erhoben worden seien. Die Klägerin sei die richtige Beitragsschuldnerin, weil ihr der mit wirtschaftlichen Vorteilen aus dem Fremdenverkehr behaftete Veräußerungsgewinn zugeflossen sei. Schließlich habe sie auch die Höhe des Vorteilssatzes ordnungsgemäß festgesetzt. Es stehe ihr frei, die Höhe unter Berücksichtigung der in § 4 Abs. 4 FVBS normierten Parameter zu schätzen.
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Am 24.05.2019 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Sie macht geltend, dass die Erwerberin des Erbbaurechts ein Immobilieninvestmentfonds sei, der sich auf den Erwerb und die Vermietung von Gesundheitsimmobilien spezialisiert habe. Um die eigene Position am Markt zu stärken, erwerbe diese bundesweit Klinik-Immobilien teilweise zu Preisen, die über dem Marktwert lägen. Vor diesem Hintergrund fehle es selbst an einem mittelbaren Zusammenhang zum Fremdenverkehr. Dies folge schon daraus, dass weder sie noch die Erwerberin unmittelbar am Fremdenverkehr beteiligt seien, was für die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrags vorausgesetzt werde. Vielmehr sei sie als sogenanntes „drittes Kettenglied“ von der Beitragspflicht nicht erfasst. Ihre Heranziehung komme einer Doppelbesteuerung gleich, weil auch die Klinikbetreiberin zum Fremdenverkehrsbeitrag herangezogen werde. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus einer Gesamtschau der vertraglichen Beziehungen. Namentlich stehe ihre wirtschaftliche Betätigung in keinerlei direktem Zusammenhang zum Fremdenverkehr, was für eine Beitragspflicht jedoch zwingend sei. Außerdem würden sich auch keine Vorteile aus dem Fremdenverkehr realisieren, die bisher aufgrund von Abschreibungen unberücksichtigt geblieben seien. Zum einen könne die durch Abschreibungen bedingte Gewinnminderung konkret belegt werden, zum anderen müssten diese aber ohnehin unberücksichtigt bleiben, weil die Erwerberin aufgrund der Stärkung ihrer bundesweiten Position ungeachtet der Abschreibungen einen deutlich über dem Verkehrswert der Immobilie liegenden Kaufpreis bezahlt habe. Es sei auch inkonsequent, dass die Kurverwaltung Bad M. GmbH als Erbbaurechtseigentümerin nicht mit Fremdenverkehrsbeiträgen belastet werde.
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Schließlich entspreche die angesetzte Höhe des Vorteilssatzes von 40 % nicht dem tatsächlichen Fremdenverkehrsanteil. Die Beklagte habe von vornherein weder Tatsachengrundlagen ermittelt, noch habe sie diese korrekt eingeschätzt. Nur 4,3% der Patienten der Klinik seien Privatpatienten, die über die Wahl der Klinik frei entscheiden könnten. Hierbei sei vor allem zu sehen, dass sich die Klinik auf die Behandlungsgebiete Orthopädie und Geriatrie spezialisiert habe. Den Patienten sei es aufgrund ihrer körperlichen Verfassung nahezu unmöglich, die Einrichtungen der Beklagten zu nutzen. Letztlich gehe es nicht um Erholung, wie beispielsweise bei einer Kur, sondern einzig um die Heilbehandlung als solche. Dies werde auch dadurch belegt, dass 84,72% der behandelten Patienten aus einem Umkreis von 100 km kämen. Unerheblich sei, dass die Klinikbetreiberin den Vorteilssatz von 40% akzeptiert habe. Dies entfalte gegenüber der Klägerin keine Bindungswirkung.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 26.11.2018 und deren Widerspruchsbescheid vom 23.04.2019 aufzuheben,
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sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie trägt vor, der Veräußerungsgewinn der Klägerin zähle zu deren steuerlichen Einkünften und sei bei der Bemessung des Fremdenverkehrsbeitrags zu berücksichtigen. Das Erbbaurecht samt Immobilie habe zum Sonderbetriebsvermögen der Klägerin gehört. Infolge der Veräußerung sei der Veräußerungsgewinn der Klägerin zugeflossen. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass der Fremdenverkehrsbeitrag den Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen erfasse. Dasselbe müsse für den vorliegenden Fall gelten, wenn ein Gesellschafter ein einzelnes Wirtschaftsgut aus seinem Sonderbetriebsvermögen veräußere und der Kaufpreis durch den Fremdenverkehr in einer Gemeinde beeinflusst werde. Es gebe keinen Grundsatz, nach dem ein sogenanntes „drittes Kettenglied“ von der Fremdenverkehrsbeitragspflicht nicht erfasst werde. Vielmehr müsse auf den jeweiligen Einzelfall abgestellt werden. Des Weiteren sei zu sehen, dass sich der Kaufpreis zumindest auch mit Blick auf die auf den Fremdenverkehr bezogene Weiternutzung der Immobilie gebildet habe. Zudem hänge die Wertsteigerung von Grundstücken in einer Kurgemeinde auch von der Fremdenverkehrsförderung durch die Gemeinde ab. Ferner habe die Klägerin besondere wirtschaftliche Vorteile aus der Veräußerung des Erbbaurechts samt Immobilie gezogen, weil der Fremdenverkehrsbeitrag in den Vorjahren aufgrund von Abschreibungen geringer ausgefallen sei, sich die dabei gebildeten stillen Reserven nunmehr aber realisiert hätten. Entgegen dem klägerischen Vorbringen werde die Kurverwaltung Bad M. GmbH sehr wohl zum Fremdenverkehrsbeitrag veranlagt. Sie mache jedoch durchgängig Verluste, so dass es an einer positiven Bemessungsgrundlage für den Fremdenverkehrsbeitrag fehle.
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Schließlich sei die Höhe des Vorteilssatzes angemessen. Dieser entspreche dem wirtschaftlichen Nutzen, den die Klägerin durch die Veräußerung von Erbbaurecht samt Immobilie erzielt habe. Es sei zudem derselbe Vorteilssatz wie bei der Klinikbetreiberin in den Jahren zuvor angesetzt worden. Insoweit gebe es keinen Einschätzungsspielraum, weil der Vorteilssatz eines mittelbar Bevorteilten sich zwingend am Vorteilssatz des unmittelbar Bevorteilten zu orientieren habe, wenn sich der mittelbare Vorteil aus der Überlassung einer Immobilie an den unmittelbar Bevorteilten zur Ausübung seiner beitragspflichtigen Tätigkeit ergebe. Der überwiegende Teil der Patienten der Klinik sei nicht bettlägerig und könne die Kureinrichtungen der Beklagten nutzen. Unabhängig davon würden die Patienten auch durch Familienangehörige oder Freunde besucht, die die Einrichtungen der Beklagten nutzen könnten. Die Klinik werbe auf ihrer Internetseite gerade mit der „reizvollen Landschaft“, dem „historischen Stadtzentrum“ und der „Lage direkt neben einem der zehn schönsten Kurparks“.
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Mit Beschluss vom 20.07.2020 ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefallenen Gerichtsakten und auf die dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die als Anfechtungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Fremdenverkehrsbeitragsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zwar unterliegt der Gewinn aus der Veräußerung des Erbbaurechts dem Grunde nach der Fremdenverkehrsbeitragspflicht (1.), doch erweist sich die Bemessung des Vorteilssatzes als rechtswidrig (2.).
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1. a) Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu einem Fremdenverkehrsbeitrag ist die auf § 44 KAG basierende, im Veranlagungszeitraum geltende Satzung der Beklagten über die Erhebung eines Beitrags zur Förderung des Kurbetriebs und Fremdenverkehrs (FVBS) vom 29.03.2001 in der Fassung der 1. Änderung der Satzung vom 17.07.2008, in Kraft getreten am 01.01.2009.
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b) Gegen die Gültigkeit der Satzung bestehen keine Bedenken. Die FVBS vom 29.03.2001 stimmt mit den Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm des § 44 KAG überein. Nach § 44 Abs. 1 KAG können Kurorte, Erholungsorte und sonstige Fremdenverkehrsgemeinden zur Förderung des Fremdenverkehrs und des Erholungs- und Kurbetriebs für jedes Haushaltsjahr Fremdenverkehrsbeiträge von allen natürlichen Personen, die eine selbstständige Tätigkeit ausüben und von allen juristischen Personen erheben, soweit ihnen in der Gemeinde aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen. Der Fremdenverkehrsbeitrag bemisst sich dabei nach den besonderen wirtschaftlichen Vorteilen, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwachsen (vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 KAG). Der Beitrag wird auf Grund einer Satzung erhoben, die insbesondere den Kreis der Abgabenschuldner, den Gegenstand, den Maßstab und den Satz der Abgabe, sowie die Entstehung und die Fälligkeit der Abgabenschuld bestimmen soll (§ 2 Abs. 1 Satz 2 KAG).
25 
Diesen Maßgaben entspricht die Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Beklagten: Die Beklagte ist als Kurort berechtigt, einen Fremdenverkehrsbeitrag zu erheben. Der Fremdenverkehrsbeitrag wird von allen natürlichen und juristischen Personen erhoben, die eine selbstständige Tätigkeit ausüben und denen in der Stadt Bad M. aus dem Kurbetrieb oder Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen (§ 1 FVBS). Der Beitrag bemisst sich nach den besonderen wirtschaftlichen Vorteilen, die dem Beitragspflichtigen aus dem Kurbetrieb oder Fremdenverkehr in Bad M. erwachsen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 FVBS). Als besondere wirtschaftliche Vorteile gelten die aus Kurbetrieb oder Fremdenverkehr stammenden Einkünfte des Veranlagungsjahrs (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 FVBS - sog. Messbetrag). Für die Ermittlung des Messbetrags sind zunächst die nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes ermittelten, in Bad M. erzielten Einkünfte des Beitragspflichtigen festzustellen (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 FVBS). Von diesen Einkünften ausgehend wird durch Schätzung ermittelt, welcher Teil aus Kurbetrieb und Fremdenverkehr in Bad M. herrührt (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 FVBS). Der sich hierbei ergebende Kuranteil wird in Prozenten ausgedrückt (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 FVBS). Aus der Anwendung des Kuranteils auf die in Bad M. erzielten Einkünfte ergibt sich der Messbetrag (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 3 FVBS). Bei der Schätzung des Kuranteils sind insbesondere Art und Umfang der Tätigkeit, Lage und Größe der Geschäfts- oder Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises zu berücksichtigen (vgl. § 4 Abs. 4 FVBS). Der Beitrag beläuft sich schließlich nach § 5 Abs. 1 FVBS auf 10 % des Messbetrags.§ 3 FVBS regelt die Entstehung der Beitragsschuld und § 9 Abs. 2 FVBS die Fälligkeit des Beitrags.
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c) Gegen den in Anwendung dieser Satzungsregelungen von der Beklagten festgesetzten Fremdenverkehrsbeitrag ist dem Grunde nach nichts einzuwenden.
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aa) Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides werden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.
28 
bb) Die Klägerin unterliegt mit dem im Jahr 2014 erzielten Veräußerungsgewinn in Höhe von 7.114.538,79 EUR der Fremdenverkehrsbeitragspflicht.
29 
Die Klägerin übt als juristische Person (§ 13 Abs. 1 GmbHG) eine selbstständige Tätigkeit i.S.d § 1 FVBS aus. Der Begriff des „selbstständig Tätigen“ geht weiter als der im Steuerrecht. Sinn und Zweck ist es, unselbstständig tätige Arbeitnehmer von der Beitragspflicht auszunehmen. Der Begriff „selbstständig“ umfasst neben Freiberuflern auch Gewerbetreibende und kann selbst nichtgewerbsmäßige Tätigkeiten umfassen, die steuerrechtlich der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen sind (BayVGH, Urt. v. 27.03.2013 - 4 B 98.2772 -, BayVBl 2003, 725; Gössl in Gössl/Reif, KAG, Stand November 2015, § 44 Anm. 2.1). Beitragspflichtig sind nicht nur diejenigen, die in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgezählt sind, sondern auch jene Personen, die eine gewerbliche Tätigkeit i.S.d. Einkommensteuerrechts ausüben, also Einkünfte nach § 15 Abs. 1 EStG erzielen und nach § 2 Abs. 1 GewStG der Gewerbesteuerpflicht unterliegen (BayVGH, Urt. v. 27.09.1988 - 4 B 87.01844 -, juris). Ob eine selbstständige und damit die Beitragspflicht auslösende Tätigkeit vorliegt, ist nach abgabenrechtlichen Grundsätzen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Wichtige Kriterien sind dabei das Ausmaß der Weisungsabhängigkeit, die Arbeitszeitregelung sowie Art und Weise der Vertragsgestaltung. Selbst private Vermieter von Ferienwohnungen und sonstige Privatpersonen, die Kurgäste, Erholungssuchende oder Touristen gegen Entgelt beherbergen, sind insoweit i.S.d. Fremdenverkehrsbeitragsrechts „selbstständig tätig“. Denn diese Vermietungen stellen sich ihrer Art nach nicht nur als schlichte „normale“ private Vermögensverwaltungen, sondern als nachhaltige Tätigkeiten zur gezielten, auf dem Fremdenverkehr beruhenden Einnahmeerwirtschaftung dar (Lichtenfeld in Driehaus, KAG, Stand März 2011, § 11 Rn. 83).
30 
Vorliegend war die Klägerin selbstständig im fremdenverkehrsrechtlichen Sinn tätig. Dies würde selbst dann gelten, wenn sie nicht gewerblich tätig wäre, sondern ihr Tätigwerden sich lediglich als private Vermögensverwaltung darstellen würde, denn der Begriff der selbstständigen Tätigkeit des Fremdenverkehrsbeitragsrechts umfasst auch Tätigkeiten, die steuerrechtlich der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen sind (Gössl in Gössl/Reif, KAG, Stand November 2015, § 44 Anm. 2.1).
31 
Der Klägerin erwachsen aus dem Kurbetrieb der Beklagten mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile. Diese Vorteile bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in den erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwachsen (vgl. u. a. Urteile vom 15.01.2009 - 2 S 952/08 -, BWGZ 2009, 406 f., vom 15.01.2009 - 2 S 875/08 -, BWGZ 2009, 404 ff., vom 30.11.2000 - 2 S 2061/98 -, KStZ 2001, 78 ff., Beschluss vom 10.08.1998 - 2 S 2753/97 -, MedR 1999, 377 ff.). Der besondere wirtschaftliche Vorteil im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts kann unmittelbar oder mittelbar sein (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.08.2003 - 2 S 2192/03 -, VBlBW 2004, 103 ff.). Allerdings muss zwischen den erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten einerseits und dem Fremdenverkehr und dem Kurbetrieb der Standortgemeinde andererseits ein konkreter Zusammenhang bestehen. Denn der Fremdenverkehrsbeitrag ist keine Steuer, sondern eine Gegenleistung des Beitragspflichtigen für spezielle Leistungen der Gemeinde, nämlich für die Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der systematischen Förderung des Fremdenverkehrs oder des Kurbetriebs entstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.11.2000 - 2 S 2061/98 -, a.a.O.). Folglich müssen bei der Vorteilsbemessung diejenigen Umsätze der Beitragspflichtigen ausscheiden, die entweder durch Geschäfte mit nicht vom Fremdenverkehr unmittelbar bevorteilten Ortsansässigen oder mit Ortsfremden ohne dem Tourismus unterfallende Aufenthaltsgründe erwirtschaftet werden (vgl. NdsOVG, Urteil vom 13.12.2006 - 9 KN 180.04 -, juris).
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Das Tätigwerden der Klägerin war darauf gerichtet, nachhaltig und dauerhaft auf dem Fremdenverkehr beruhende Einnahmen zu erzielen. Sie konnte sowohl in ihrer Eigenschaft als Kommanditistin an dem Gewinn der Klinikbetreiberin partizipieren, als auch infolge des Mietvertrags mit der Klinikbetreiberin eigene Gewinne aus Mietzinsen erwirtschaften. Zugleich traf sie das hiermit stets verbundene unternehmerische Risiko.
33 
Die Beklagte hat den Maßstab des Beitrags i.S.v. § 4 Abs. 1 FVBS zutreffend bestimmt. Zur Bestimmung der besonderen wirtschaftlichen Vorteile dient nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 Satz 1 und 2 FVBS der einkommen- und körperschaftssteuerpflichtige Gewinn. Infolge der Veräußerung des Erbbaurechts samt Immobilie erzielte die Klägerin einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 7.114.538,79 EUR, der als einkommensteuerrechtlicher Gewinn nach § 8 Abs. 1 KStG, § 4 Abs. 1 EStG unter den Begriff der „Einkünfte“ i.S.d. § 4 Abs. 1 und Abs. 2 FVBS fällt und daher bei der Ermittlung eines möglichen Fremdenverkehrsbeitrags zu berücksichtigen ist (BayVGH, Beschluss vom 26.05.2020 - 4 ZB 19.1934 -, juris; VG München, Urt. v. 08.08.2019 - M 10 K 18.570 -, juirs).
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Der Klägerin erwuchs infolge der Veräußerung des Erbbaurechts auch ein gemäß §§ 1, 4 Abs. 1 FVBS jedenfalls mittelbar im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr stehender besonderer wirtschaftlicher Vorteil. Der besondere wirtschaftliche Vorteil besteht dabei in der erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeit, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwächst. Es genügt die objektive Möglichkeit höherer Gewinne, der die Chance gleichsteht, Verluste aus dem Geschäftsbetrieb zu verringern. Das Entstehen von Vorteilen aus dem Fremdenverkehr wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Unternehmer tatsächlich keine Gewinne erzielt oder sogar Verluste macht (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.11.2008 - 2 S 669/07 -, BWGZ 2009, 60). Denn der Sache nach handelt es sich beim Fremdenverkehrsbeitrag um eine Gegenleistung des Beitragspflichtigen für spezielle Leistungen der Gemeinde, nämlich für Aufwendungen, die der Gemeinde im Zusammenhang mit der Förderung des Kurbetriebs und/oder Fremdenverkehrs entstehen.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt es fern, dass sich der Kaufpreis unabhängig von der vom Kurbetrieb profitierenden Tätigkeit der Klinikbetreiberin auf dem Betriebsgrundstück gebildet hat. Wie die Klägerin selbst vorträgt, sei die Erwerberin ein Immobilieninvestmentfonds, der sich auf den Erwerb von klinikbetriebenen Grundstücken spezialisiert habe. Mit Blick auf diese wirtschaftliche Ausrichtung der Erwerberin ist fragwürdig, ob die Erwerberin überhaupt ein Interesse an dem Erwerb gehabt hätte, wenn es den Klinikbetrieb nicht gäbe. Vielmehr dürfte die Erwerberin sogar ein gesteigertes Interesse daran gehabt haben, dass der Klinikbetrieb nach ihrem Erwerb des Erbbaurechts samt Immobilie fortgeführt wird. Untermauert wird dieses Verständnis jedenfalls dadurch, dass der Klinikbetrieb anschließend durch den Abschluss neuer Miet- bzw. Pachtverträge fortgeführt wurde. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Erwerberin das Betriebsgrundstück nach dem Erwerb nicht unmittelbar an die Klinikbetreiberin vermietete, sondern die M. B.V. KG als Hauptmieterin zwischengeschaltet worden ist. Denn es drängt sich in keiner Weise auf, dass die Erwerberin das Betriebsgrundstück an die M. B.V. KG ohne besondere Absicht vermietet und diese wiederum rein zufällig die auf dem Betriebsgrundstück tätige Klinikbetreiberin als Vertragspartnerin ausgewählt hat.
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Darüber hinaus fehlt entgegen dem klägerischen Vortrag auch nicht deshalb der mittelbare Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr, weil die Klägerin ein Geschäft als sogenanntes „drittes Kettenglied“ getätigt habe, das nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Münchens (Urt. v. 08.12.2016 - M 10 K 15.5363 -, juris) von der Beitragspflicht grundsätzlich nicht mehr erfasst werde. Denn wie das Verwaltungsgericht München in seinem Urteil ausführt, gibt es Ausnahmekonstellationen, bei denen gleichwohl ein Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr bestehen kann. Abgesehen davon ging es dort um die Veräußerung von neutralen, nicht bereits vor der Veräußerung dem Fremdenverkehr zugeordneter Räume. Vorliegend handelt es sich hingegen um die Veräußerung des Erbbaurechts samt Immobilie, in der die Klinikbetreiberin nach wie vor den im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr stehenden Klinikbetrieb unterhält. Richtigerweise hängt die Beurteilung, ob ein Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr besteht, stets von einer Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls ab. Ein fremdenverkehrsbedingter Vorteil kann selbst dann vorliegen, wenn ein Beitragspflichtiger durch eine Kette von Zwischenverträgen von der unmittelbar dem Fremdenverkehr zuzurechnenden Tätigkeit getrennt ist (BayVGH, Urt. v. 21.12.1998 - 4 B 95.2560 -, BayVBl 1998, 599; Urt. v. 14.01.2016 - 4 B 14.2227 -, juris; VG München, Urt. v. 08.08.2019 - M 10 K 18.570 -, juris Rn. 49).
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Vorliegend war das durch die Klägerin veräußerte Erbbaurecht samt Immobilie mit Vorteilen behaftet, die aus dem Fremdenverkehr herrühren. Zusätzlich zu dem bereits angesprochenen Einfluss der Tätigkeit im Fremdenverkehr auf die Kaufpreisbildung, haben sich im Zeitpunkt der Veräußerung stille Reserven zugunsten der Klägerin realisiert, die über die vorausgegangenen Jahre aufseiten der Klägerin durch Abschreibungen entstanden waren. Auch diese sind bei der Festsetzung des Fremdenverkehrsbeitrags zu berücksichtigen. Geklärt worden ist dies in der Rechtsprechung bereits für den Fall eines Betriebsaufgabegewinns (BayVGH, Urt. v. 10.10.2005 - 4 BV 04.1306 -, juris) sowie den Fall der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen (VG Stuttgart, Urt. v. 24.01.2019 - 1 K 5634/15 und 1 K 5639/15 -, n.v.). Eine andere Bewertung lässt auch der vorliegende Fall nicht zu. Denn die Abschreibungen standen in sachlichem Zusammenhang mit der auf dem Betriebsgrundstück stehenden Immobilie, die an die Klinikbetreiberin zum Klinikbetrieb vermietet war. Sähe man dies anders, bestünde die Gefahr, dass die Fremdenverkehrsbeitragspflicht umgangen würde. Gesellschafter könnten sich gezielt der Fremdenverkehrsbeitragspflicht entziehen, indem sie gezielt Gesellschaftsanteile oder sonstige im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr stehende Vermögensbestandteile veräußern würden. Weil der Veräußerungsgewinn unmittelbar den Gesellschaftern und nicht der im Fremdenverkehr unmittelbar tätigen Betriebsgesellschaft zugute käme, käme eine Fremdenverkehrsbeitragspflicht nicht in Betracht. Letztendlich widerspräche das dem Sinn und Zweck des Fremdenverkehrsbeitrags, sämtliche aus dem Fremdenverkehr herrührende Vorteile der Beitragspflicht zu unterwerfen.
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2. Die Festsetzung des Vorteilssatzes (Kuranteil) mit 40 % hält jedoch einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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Der Kuranteil bezeichnet den Teil der Einkünfte (vgl. § 4 Abs. 3 FVBS), für den die speziellen fremdenverkehrsbezogenen Leistungen der Gemeinde zumindest mitursächlich waren. Die fremdenverkehrsbedingten Einkünfte müssen im Rahmen der Beitragsbemessung somit von den sonstigen allgemein erzielten Einkünften abgegrenzt werden. Da die durch den Fremdenverkehr ermöglichte Steigerung des Umsatzes bzw. Gewinns nicht genau anhand eines Wirklichkeitsmaßstabes festgestellt werden kann, kann die Bemessung der die Beitragserhebung rechtfertigenden Vorteile nur nach einem an der Wahrscheinlichkeit orientierten Maßstab vorgenommen werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg besteht für die Gemeinden die Möglichkeit, dass der Ortsgesetzgeber in der Satzung selbst regelt, welche Beitragspflichtigen bzw. welche Gruppen der Beitragspflichtigen mit welchen Vorteilssätzen zu veranlagen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.01.2009 - 2 S 875/08 -, a.a.O.; Normenkontrollurteil vom 06.11.2008 - 2 S 669/07 -, ZKF 2009, 141 f.). Zulässig ist aber auch, dass der Gemeinderat oder auch die Verwaltung auf der Grundlage einer ausreichend bestimmten Satzungsregelung den Vorteilssatz des jeweiligen Beitragspflichtigen individuell bestimmt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.04.2010 - 2 S 2160/09 -, VBlBW 2010, 440 ff., und vom 06.02.1987 - 14 S 2497/85 -, ZKF 1987, 204 ff.; Beschluss vom 01.04.2016 - 2 S 1129/15 -). Da der Vorteil für die verschiedenen Abgabepflichtigen unterschiedlich ist, gebietet es zudem der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit, die Abgabepflichtigen auch unterschiedlich zu belasten. Diejenigen, die in etwa den gleichen Vorteil haben, sollen auch nach Maßstab und Abgabensatz gleichgestellt werden und diejenigen, die vom Fremdenverkehr größere Vorteile haben, sollen aufgrund des Maßstabes des Abgabensatzes auch höhere Abgaben zahlen müssen als die Pflichtigen mit wahrscheinlich geringeren Vorteilen.
40 
Darüber hinaus kann die Bestimmung des Vorteilssatzes im Bereich des Fremdenverkehrsbeitrags nur im Wege einer Schätzung erfolgen, weil die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für den Fremdenverkehrsbeitrag immer mit gewissen Unwägbarkeiten verbunden ist. Die Schätzung ist im Gegensatz zur Ermessensausübung eine besondere Art der Tatsachenfeststellung, ohne die gerade im Abgabenrecht nicht auszukommen ist. Schätzungen als eine Form der Tatsachenfeststellung unterliegen grundsätzlich nur eingeschränkt der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung. Aus dem Wesen der Schätzung folgt, dass der Behörde ein Schätzungsspielraum zugebilligt werden muss, innerhalb dessen sie die Schätzung zwar mehr oder weniger genau, aber noch nicht fehlerhaft vornimmt. Fehlerhaft ist nur die Überschreitung der Grenzen dieses Schätzungsspielraums und rechtswidrig ist daher auch nur ein Verwaltungsakt, der auf einer Überschreitung dieser Grenzen beruht (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.02.1987 - 14 S 2497/85 -, a.a.O.). Die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung der Grenzen des Schätzungsspielraums bedingt es, dass der Einschätzungsausschuss der Beklagten dokumentiert, welche Tatsachen er seiner Schätzung zugrunde gelegt hat und welches Gewicht er den einzelnen zu berücksichtigenden Kriterien beigemessen hat. Fehlerhaft ist eine Schätzung insbesondere dann, wenn sie auf falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht, wenn wesentliche Tatsachen nicht ermittelt oder außer Acht gelassen oder wenn der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt worden sind.
41 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat sich die Beklagte - in auch vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg nicht beanstandeter Weise - für eine individuelle Vorteilsbestimmung durch den Gemeinderat bzw. den Einschätzungsausschuss für den Fremdenverkehrsbeitrag auf der Grundlage von § 4 Abs. 4 FVBS entschieden. Danach sind bei der Schätzung des Kuranteils insbesondere Art und Umfang der Tätigkeit, Lage und Größe der Geschäfts- oder Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises zu berücksichtigen. Die Satzung legt damit die wesentlichen Kriterien der Schätzung hinreichend bestimmt fest.
42 
a) Nicht zu beanstanden ist es im Ausgangspunkt, dass der Vorteilssatz für die Klägerin als mittelbar Bevorteilte nicht gesondert ermittelt und festgesetzt werden muss, sondern sich an dem für die Klinikbetreiberin als unmittelbar Bevorteilte festgesetzten Satz orientieren kann. Gerade wenn eine Fremdenverkehrsbeitragspflicht aufgrund mittelbaren Zusammenhangs mit einer Tätigkeit im Fremdenverkehr besteht, liegt es in der Regel nahe, sich bei der Bestimmung des Vorteilssatzes an dem Vorteilsatz der Betriebsgesellschaft zu orientieren (vgl. VG München, Urt. v. 29.10.2015 - M 10 K 15.2764 -, juris).
43 
b) Richtig ist weiter, dass der Umstand, dass die Klinikbetreiberin den Vorteilssatz bislang nicht angegriffen hat, für die zutreffende Einschätzung des fremdenverkehrsbedingten Vorteils spricht (BayVGH, Urteil vom 09.05.2016 - 4 B 15.2338 -, KStZ 2016, 194). Die bestandskräftige Festsetzung von Fremdenverkehrsbeiträgen gegenüber der Klinikbetreiberin entfaltet indes keine Bindungswirkung zulasten der Klägerin, vielmehr kommt ihr lediglich indizielle Bedeutung zu. Wird - wie vorliegend - die Höhe des Vorteilssatzes von dem mittelbar Bevorteilten substantiiert angegriffen, ist daher zu prüfen, ob die Grenzen des Schätzungsspielraums eingehalten worden sind.
44 
c) Hier folgt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bereits daraus, dass der Einschätzungsausschuss der Beklagten nicht einmal in den Grundzügen dokumentiert hat, von welchen Tatsachen er ausgegangen ist und wie er die nach der Satzung zu berücksichtigenden Kriterien (Art und Umfang der Tätigkeit, Lage und Größe der Geschäfts- oder Beherbergungsräume, Betriebsweise, Zusammensetzung des Kundenkreises) gewichtet hat. Der vorgelegten Niederschrift über die Sitzung des Einschätzungsausschusses vom 19.11.2012 lässt sich hierzu nichts entnehmen. Wie der Vorteilssatz von 40% zustande gekommen ist, erschließt sich nicht einmal ansatzweise. Die Niederschrift enthält hierzu lediglich die nicht weiterführende Bemerkung, dass der zuvor festgesetzte Vorteilssatz von 87% rechtlich nicht mehr haltbar gewesen sei. Soweit in der Klageerwiderung der Versuch unternommen wird, den festgesetzten Vorteilssatz zu plausibilisieren, vermag dies diese grundlegenden Mängel schon deshalb nicht zu heilen, weil der Einschätzungsspielraum nicht der Beklagten oder deren Prozessbevollmächtigten, sondern dem Einschätzungsausschuss des Gemeinderats zusteht.
45 
d) Unabhängig davon ist der Bescheid auch deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte die Grenzen des Schätzungsspielraums überschritten hat, indem sie für die Schätzung erhebliche Tatsachen nicht ermittelt hat. Mag den Mitgliedern des Einschätzungsausschusses Lage und Größe der Klinik und deren Betriebsweise möglicherweise bekannt gewesen sein, so gilt dies nicht für die Zusammensetzung des Kundenkreises, d.h. die Patientenstruktur, die nach der Satzung ebenfalls ein zwingend zu berücksichtigendes Kriterium ist. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, zu ermitteln, in welchem Umfang in der Klinik im Jahr 2014 Privatpatienten und in welchem Umfang Kassenpatienten behandelt worden sind, wie sich die Einkünfte auf diese Patientengruppen verteilen und wie hoch der Anteil der Patienten ist, die sich nicht allein aufgrund von Ortsnähe oder fachlichem Renommee der Klinik, sondern zumindest auch aufgrund des Kurbetriebs und/oder der Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten für einen Aufenthalt dort entschieden haben (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.04.2010 - 2 S 2160/09 -, VBlBW 2010, 440 juris Rn. 38 f.). Mangels Erhebung entsprechender Daten bei der Betreibergesellschaft konnte die Patientenstruktur als ein maßgebliches Kriterium überhaupt nicht berücksichtigt werden. Die mit der Klageerwiderung vorgelegte Übersicht über den Anteil kurtaxepflichtiger Übernachtungstage vermag diesen Mangel nicht zu heilen. Erstens hat sie dem Einschätzungsausschuss nicht vorgelegen. Zweitens bezieht sich nicht auf das Jahr 2014, sondern auf die Jahre 2017 bis 2019. Drittens ist diese Übersicht bezogen auf die zu ermittelnden relevanten Parameter nur von begrenzter Aussagekraft. Sie erlaubt keinen Schluss darauf, wie hoch der Anteil der Patienten ist, die sich nicht allein aufgrund von Ortsnähe oder fachlichem Renommee der Klinik, sondern zumindest auch aufgrund des Kurbetriebs und/oder der Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten für einen Aufenthalt dort entschieden haben.
46 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Klägerin ist gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, denn ein verständiger Beteiligter in der Lage der Klägerin durfte im Zeitpunkt der Zuziehung der Verfahrensbevollmächtigten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.05.2000 - 7 C 8.99 -, Buchholz 428 § 38 VermG Nr. 5) mit Blick auf die Bedeutung und Schwierigkeit der Sache vernünftigerweise die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für erforderlich halten.
47 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

Gründe

 
22 
Die als Anfechtungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Fremdenverkehrsbeitragsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zwar unterliegt der Gewinn aus der Veräußerung des Erbbaurechts dem Grunde nach der Fremdenverkehrsbeitragspflicht (1.), doch erweist sich die Bemessung des Vorteilssatzes als rechtswidrig (2.).
23 
1. a) Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu einem Fremdenverkehrsbeitrag ist die auf § 44 KAG basierende, im Veranlagungszeitraum geltende Satzung der Beklagten über die Erhebung eines Beitrags zur Förderung des Kurbetriebs und Fremdenverkehrs (FVBS) vom 29.03.2001 in der Fassung der 1. Änderung der Satzung vom 17.07.2008, in Kraft getreten am 01.01.2009.
24 
b) Gegen die Gültigkeit der Satzung bestehen keine Bedenken. Die FVBS vom 29.03.2001 stimmt mit den Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm des § 44 KAG überein. Nach § 44 Abs. 1 KAG können Kurorte, Erholungsorte und sonstige Fremdenverkehrsgemeinden zur Förderung des Fremdenverkehrs und des Erholungs- und Kurbetriebs für jedes Haushaltsjahr Fremdenverkehrsbeiträge von allen natürlichen Personen, die eine selbstständige Tätigkeit ausüben und von allen juristischen Personen erheben, soweit ihnen in der Gemeinde aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen. Der Fremdenverkehrsbeitrag bemisst sich dabei nach den besonderen wirtschaftlichen Vorteilen, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwachsen (vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 KAG). Der Beitrag wird auf Grund einer Satzung erhoben, die insbesondere den Kreis der Abgabenschuldner, den Gegenstand, den Maßstab und den Satz der Abgabe, sowie die Entstehung und die Fälligkeit der Abgabenschuld bestimmen soll (§ 2 Abs. 1 Satz 2 KAG).
25 
Diesen Maßgaben entspricht die Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Beklagten: Die Beklagte ist als Kurort berechtigt, einen Fremdenverkehrsbeitrag zu erheben. Der Fremdenverkehrsbeitrag wird von allen natürlichen und juristischen Personen erhoben, die eine selbstständige Tätigkeit ausüben und denen in der Stadt Bad M. aus dem Kurbetrieb oder Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen (§ 1 FVBS). Der Beitrag bemisst sich nach den besonderen wirtschaftlichen Vorteilen, die dem Beitragspflichtigen aus dem Kurbetrieb oder Fremdenverkehr in Bad M. erwachsen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 FVBS). Als besondere wirtschaftliche Vorteile gelten die aus Kurbetrieb oder Fremdenverkehr stammenden Einkünfte des Veranlagungsjahrs (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 FVBS - sog. Messbetrag). Für die Ermittlung des Messbetrags sind zunächst die nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes ermittelten, in Bad M. erzielten Einkünfte des Beitragspflichtigen festzustellen (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 FVBS). Von diesen Einkünften ausgehend wird durch Schätzung ermittelt, welcher Teil aus Kurbetrieb und Fremdenverkehr in Bad M. herrührt (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 FVBS). Der sich hierbei ergebende Kuranteil wird in Prozenten ausgedrückt (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 FVBS). Aus der Anwendung des Kuranteils auf die in Bad M. erzielten Einkünfte ergibt sich der Messbetrag (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 3 FVBS). Bei der Schätzung des Kuranteils sind insbesondere Art und Umfang der Tätigkeit, Lage und Größe der Geschäfts- oder Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises zu berücksichtigen (vgl. § 4 Abs. 4 FVBS). Der Beitrag beläuft sich schließlich nach § 5 Abs. 1 FVBS auf 10 % des Messbetrags.§ 3 FVBS regelt die Entstehung der Beitragsschuld und § 9 Abs. 2 FVBS die Fälligkeit des Beitrags.
26 
c) Gegen den in Anwendung dieser Satzungsregelungen von der Beklagten festgesetzten Fremdenverkehrsbeitrag ist dem Grunde nach nichts einzuwenden.
27 
aa) Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides werden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.
28 
bb) Die Klägerin unterliegt mit dem im Jahr 2014 erzielten Veräußerungsgewinn in Höhe von 7.114.538,79 EUR der Fremdenverkehrsbeitragspflicht.
29 
Die Klägerin übt als juristische Person (§ 13 Abs. 1 GmbHG) eine selbstständige Tätigkeit i.S.d § 1 FVBS aus. Der Begriff des „selbstständig Tätigen“ geht weiter als der im Steuerrecht. Sinn und Zweck ist es, unselbstständig tätige Arbeitnehmer von der Beitragspflicht auszunehmen. Der Begriff „selbstständig“ umfasst neben Freiberuflern auch Gewerbetreibende und kann selbst nichtgewerbsmäßige Tätigkeiten umfassen, die steuerrechtlich der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen sind (BayVGH, Urt. v. 27.03.2013 - 4 B 98.2772 -, BayVBl 2003, 725; Gössl in Gössl/Reif, KAG, Stand November 2015, § 44 Anm. 2.1). Beitragspflichtig sind nicht nur diejenigen, die in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgezählt sind, sondern auch jene Personen, die eine gewerbliche Tätigkeit i.S.d. Einkommensteuerrechts ausüben, also Einkünfte nach § 15 Abs. 1 EStG erzielen und nach § 2 Abs. 1 GewStG der Gewerbesteuerpflicht unterliegen (BayVGH, Urt. v. 27.09.1988 - 4 B 87.01844 -, juris). Ob eine selbstständige und damit die Beitragspflicht auslösende Tätigkeit vorliegt, ist nach abgabenrechtlichen Grundsätzen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Wichtige Kriterien sind dabei das Ausmaß der Weisungsabhängigkeit, die Arbeitszeitregelung sowie Art und Weise der Vertragsgestaltung. Selbst private Vermieter von Ferienwohnungen und sonstige Privatpersonen, die Kurgäste, Erholungssuchende oder Touristen gegen Entgelt beherbergen, sind insoweit i.S.d. Fremdenverkehrsbeitragsrechts „selbstständig tätig“. Denn diese Vermietungen stellen sich ihrer Art nach nicht nur als schlichte „normale“ private Vermögensverwaltungen, sondern als nachhaltige Tätigkeiten zur gezielten, auf dem Fremdenverkehr beruhenden Einnahmeerwirtschaftung dar (Lichtenfeld in Driehaus, KAG, Stand März 2011, § 11 Rn. 83).
30 
Vorliegend war die Klägerin selbstständig im fremdenverkehrsrechtlichen Sinn tätig. Dies würde selbst dann gelten, wenn sie nicht gewerblich tätig wäre, sondern ihr Tätigwerden sich lediglich als private Vermögensverwaltung darstellen würde, denn der Begriff der selbstständigen Tätigkeit des Fremdenverkehrsbeitragsrechts umfasst auch Tätigkeiten, die steuerrechtlich der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen sind (Gössl in Gössl/Reif, KAG, Stand November 2015, § 44 Anm. 2.1).
31 
Der Klägerin erwachsen aus dem Kurbetrieb der Beklagten mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile. Diese Vorteile bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in den erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwachsen (vgl. u. a. Urteile vom 15.01.2009 - 2 S 952/08 -, BWGZ 2009, 406 f., vom 15.01.2009 - 2 S 875/08 -, BWGZ 2009, 404 ff., vom 30.11.2000 - 2 S 2061/98 -, KStZ 2001, 78 ff., Beschluss vom 10.08.1998 - 2 S 2753/97 -, MedR 1999, 377 ff.). Der besondere wirtschaftliche Vorteil im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts kann unmittelbar oder mittelbar sein (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.08.2003 - 2 S 2192/03 -, VBlBW 2004, 103 ff.). Allerdings muss zwischen den erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten einerseits und dem Fremdenverkehr und dem Kurbetrieb der Standortgemeinde andererseits ein konkreter Zusammenhang bestehen. Denn der Fremdenverkehrsbeitrag ist keine Steuer, sondern eine Gegenleistung des Beitragspflichtigen für spezielle Leistungen der Gemeinde, nämlich für die Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der systematischen Förderung des Fremdenverkehrs oder des Kurbetriebs entstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.11.2000 - 2 S 2061/98 -, a.a.O.). Folglich müssen bei der Vorteilsbemessung diejenigen Umsätze der Beitragspflichtigen ausscheiden, die entweder durch Geschäfte mit nicht vom Fremdenverkehr unmittelbar bevorteilten Ortsansässigen oder mit Ortsfremden ohne dem Tourismus unterfallende Aufenthaltsgründe erwirtschaftet werden (vgl. NdsOVG, Urteil vom 13.12.2006 - 9 KN 180.04 -, juris).
32 
Das Tätigwerden der Klägerin war darauf gerichtet, nachhaltig und dauerhaft auf dem Fremdenverkehr beruhende Einnahmen zu erzielen. Sie konnte sowohl in ihrer Eigenschaft als Kommanditistin an dem Gewinn der Klinikbetreiberin partizipieren, als auch infolge des Mietvertrags mit der Klinikbetreiberin eigene Gewinne aus Mietzinsen erwirtschaften. Zugleich traf sie das hiermit stets verbundene unternehmerische Risiko.
33 
Die Beklagte hat den Maßstab des Beitrags i.S.v. § 4 Abs. 1 FVBS zutreffend bestimmt. Zur Bestimmung der besonderen wirtschaftlichen Vorteile dient nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 Satz 1 und 2 FVBS der einkommen- und körperschaftssteuerpflichtige Gewinn. Infolge der Veräußerung des Erbbaurechts samt Immobilie erzielte die Klägerin einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 7.114.538,79 EUR, der als einkommensteuerrechtlicher Gewinn nach § 8 Abs. 1 KStG, § 4 Abs. 1 EStG unter den Begriff der „Einkünfte“ i.S.d. § 4 Abs. 1 und Abs. 2 FVBS fällt und daher bei der Ermittlung eines möglichen Fremdenverkehrsbeitrags zu berücksichtigen ist (BayVGH, Beschluss vom 26.05.2020 - 4 ZB 19.1934 -, juris; VG München, Urt. v. 08.08.2019 - M 10 K 18.570 -, juirs).
34 
Der Klägerin erwuchs infolge der Veräußerung des Erbbaurechts auch ein gemäß §§ 1, 4 Abs. 1 FVBS jedenfalls mittelbar im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr stehender besonderer wirtschaftlicher Vorteil. Der besondere wirtschaftliche Vorteil besteht dabei in der erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeit, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwächst. Es genügt die objektive Möglichkeit höherer Gewinne, der die Chance gleichsteht, Verluste aus dem Geschäftsbetrieb zu verringern. Das Entstehen von Vorteilen aus dem Fremdenverkehr wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Unternehmer tatsächlich keine Gewinne erzielt oder sogar Verluste macht (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.11.2008 - 2 S 669/07 -, BWGZ 2009, 60). Denn der Sache nach handelt es sich beim Fremdenverkehrsbeitrag um eine Gegenleistung des Beitragspflichtigen für spezielle Leistungen der Gemeinde, nämlich für Aufwendungen, die der Gemeinde im Zusammenhang mit der Förderung des Kurbetriebs und/oder Fremdenverkehrs entstehen.
35 
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt es fern, dass sich der Kaufpreis unabhängig von der vom Kurbetrieb profitierenden Tätigkeit der Klinikbetreiberin auf dem Betriebsgrundstück gebildet hat. Wie die Klägerin selbst vorträgt, sei die Erwerberin ein Immobilieninvestmentfonds, der sich auf den Erwerb von klinikbetriebenen Grundstücken spezialisiert habe. Mit Blick auf diese wirtschaftliche Ausrichtung der Erwerberin ist fragwürdig, ob die Erwerberin überhaupt ein Interesse an dem Erwerb gehabt hätte, wenn es den Klinikbetrieb nicht gäbe. Vielmehr dürfte die Erwerberin sogar ein gesteigertes Interesse daran gehabt haben, dass der Klinikbetrieb nach ihrem Erwerb des Erbbaurechts samt Immobilie fortgeführt wird. Untermauert wird dieses Verständnis jedenfalls dadurch, dass der Klinikbetrieb anschließend durch den Abschluss neuer Miet- bzw. Pachtverträge fortgeführt wurde. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Erwerberin das Betriebsgrundstück nach dem Erwerb nicht unmittelbar an die Klinikbetreiberin vermietete, sondern die M. B.V. KG als Hauptmieterin zwischengeschaltet worden ist. Denn es drängt sich in keiner Weise auf, dass die Erwerberin das Betriebsgrundstück an die M. B.V. KG ohne besondere Absicht vermietet und diese wiederum rein zufällig die auf dem Betriebsgrundstück tätige Klinikbetreiberin als Vertragspartnerin ausgewählt hat.
36 
Darüber hinaus fehlt entgegen dem klägerischen Vortrag auch nicht deshalb der mittelbare Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr, weil die Klägerin ein Geschäft als sogenanntes „drittes Kettenglied“ getätigt habe, das nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Münchens (Urt. v. 08.12.2016 - M 10 K 15.5363 -, juris) von der Beitragspflicht grundsätzlich nicht mehr erfasst werde. Denn wie das Verwaltungsgericht München in seinem Urteil ausführt, gibt es Ausnahmekonstellationen, bei denen gleichwohl ein Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr bestehen kann. Abgesehen davon ging es dort um die Veräußerung von neutralen, nicht bereits vor der Veräußerung dem Fremdenverkehr zugeordneter Räume. Vorliegend handelt es sich hingegen um die Veräußerung des Erbbaurechts samt Immobilie, in der die Klinikbetreiberin nach wie vor den im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr stehenden Klinikbetrieb unterhält. Richtigerweise hängt die Beurteilung, ob ein Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr besteht, stets von einer Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls ab. Ein fremdenverkehrsbedingter Vorteil kann selbst dann vorliegen, wenn ein Beitragspflichtiger durch eine Kette von Zwischenverträgen von der unmittelbar dem Fremdenverkehr zuzurechnenden Tätigkeit getrennt ist (BayVGH, Urt. v. 21.12.1998 - 4 B 95.2560 -, BayVBl 1998, 599; Urt. v. 14.01.2016 - 4 B 14.2227 -, juris; VG München, Urt. v. 08.08.2019 - M 10 K 18.570 -, juris Rn. 49).
37 
Vorliegend war das durch die Klägerin veräußerte Erbbaurecht samt Immobilie mit Vorteilen behaftet, die aus dem Fremdenverkehr herrühren. Zusätzlich zu dem bereits angesprochenen Einfluss der Tätigkeit im Fremdenverkehr auf die Kaufpreisbildung, haben sich im Zeitpunkt der Veräußerung stille Reserven zugunsten der Klägerin realisiert, die über die vorausgegangenen Jahre aufseiten der Klägerin durch Abschreibungen entstanden waren. Auch diese sind bei der Festsetzung des Fremdenverkehrsbeitrags zu berücksichtigen. Geklärt worden ist dies in der Rechtsprechung bereits für den Fall eines Betriebsaufgabegewinns (BayVGH, Urt. v. 10.10.2005 - 4 BV 04.1306 -, juris) sowie den Fall der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen (VG Stuttgart, Urt. v. 24.01.2019 - 1 K 5634/15 und 1 K 5639/15 -, n.v.). Eine andere Bewertung lässt auch der vorliegende Fall nicht zu. Denn die Abschreibungen standen in sachlichem Zusammenhang mit der auf dem Betriebsgrundstück stehenden Immobilie, die an die Klinikbetreiberin zum Klinikbetrieb vermietet war. Sähe man dies anders, bestünde die Gefahr, dass die Fremdenverkehrsbeitragspflicht umgangen würde. Gesellschafter könnten sich gezielt der Fremdenverkehrsbeitragspflicht entziehen, indem sie gezielt Gesellschaftsanteile oder sonstige im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr stehende Vermögensbestandteile veräußern würden. Weil der Veräußerungsgewinn unmittelbar den Gesellschaftern und nicht der im Fremdenverkehr unmittelbar tätigen Betriebsgesellschaft zugute käme, käme eine Fremdenverkehrsbeitragspflicht nicht in Betracht. Letztendlich widerspräche das dem Sinn und Zweck des Fremdenverkehrsbeitrags, sämtliche aus dem Fremdenverkehr herrührende Vorteile der Beitragspflicht zu unterwerfen.
38 
2. Die Festsetzung des Vorteilssatzes (Kuranteil) mit 40 % hält jedoch einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
39 
Der Kuranteil bezeichnet den Teil der Einkünfte (vgl. § 4 Abs. 3 FVBS), für den die speziellen fremdenverkehrsbezogenen Leistungen der Gemeinde zumindest mitursächlich waren. Die fremdenverkehrsbedingten Einkünfte müssen im Rahmen der Beitragsbemessung somit von den sonstigen allgemein erzielten Einkünften abgegrenzt werden. Da die durch den Fremdenverkehr ermöglichte Steigerung des Umsatzes bzw. Gewinns nicht genau anhand eines Wirklichkeitsmaßstabes festgestellt werden kann, kann die Bemessung der die Beitragserhebung rechtfertigenden Vorteile nur nach einem an der Wahrscheinlichkeit orientierten Maßstab vorgenommen werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg besteht für die Gemeinden die Möglichkeit, dass der Ortsgesetzgeber in der Satzung selbst regelt, welche Beitragspflichtigen bzw. welche Gruppen der Beitragspflichtigen mit welchen Vorteilssätzen zu veranlagen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.01.2009 - 2 S 875/08 -, a.a.O.; Normenkontrollurteil vom 06.11.2008 - 2 S 669/07 -, ZKF 2009, 141 f.). Zulässig ist aber auch, dass der Gemeinderat oder auch die Verwaltung auf der Grundlage einer ausreichend bestimmten Satzungsregelung den Vorteilssatz des jeweiligen Beitragspflichtigen individuell bestimmt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.04.2010 - 2 S 2160/09 -, VBlBW 2010, 440 ff., und vom 06.02.1987 - 14 S 2497/85 -, ZKF 1987, 204 ff.; Beschluss vom 01.04.2016 - 2 S 1129/15 -). Da der Vorteil für die verschiedenen Abgabepflichtigen unterschiedlich ist, gebietet es zudem der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit, die Abgabepflichtigen auch unterschiedlich zu belasten. Diejenigen, die in etwa den gleichen Vorteil haben, sollen auch nach Maßstab und Abgabensatz gleichgestellt werden und diejenigen, die vom Fremdenverkehr größere Vorteile haben, sollen aufgrund des Maßstabes des Abgabensatzes auch höhere Abgaben zahlen müssen als die Pflichtigen mit wahrscheinlich geringeren Vorteilen.
40 
Darüber hinaus kann die Bestimmung des Vorteilssatzes im Bereich des Fremdenverkehrsbeitrags nur im Wege einer Schätzung erfolgen, weil die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für den Fremdenverkehrsbeitrag immer mit gewissen Unwägbarkeiten verbunden ist. Die Schätzung ist im Gegensatz zur Ermessensausübung eine besondere Art der Tatsachenfeststellung, ohne die gerade im Abgabenrecht nicht auszukommen ist. Schätzungen als eine Form der Tatsachenfeststellung unterliegen grundsätzlich nur eingeschränkt der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung. Aus dem Wesen der Schätzung folgt, dass der Behörde ein Schätzungsspielraum zugebilligt werden muss, innerhalb dessen sie die Schätzung zwar mehr oder weniger genau, aber noch nicht fehlerhaft vornimmt. Fehlerhaft ist nur die Überschreitung der Grenzen dieses Schätzungsspielraums und rechtswidrig ist daher auch nur ein Verwaltungsakt, der auf einer Überschreitung dieser Grenzen beruht (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.02.1987 - 14 S 2497/85 -, a.a.O.). Die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung der Grenzen des Schätzungsspielraums bedingt es, dass der Einschätzungsausschuss der Beklagten dokumentiert, welche Tatsachen er seiner Schätzung zugrunde gelegt hat und welches Gewicht er den einzelnen zu berücksichtigenden Kriterien beigemessen hat. Fehlerhaft ist eine Schätzung insbesondere dann, wenn sie auf falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht, wenn wesentliche Tatsachen nicht ermittelt oder außer Acht gelassen oder wenn der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt worden sind.
41 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat sich die Beklagte - in auch vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg nicht beanstandeter Weise - für eine individuelle Vorteilsbestimmung durch den Gemeinderat bzw. den Einschätzungsausschuss für den Fremdenverkehrsbeitrag auf der Grundlage von § 4 Abs. 4 FVBS entschieden. Danach sind bei der Schätzung des Kuranteils insbesondere Art und Umfang der Tätigkeit, Lage und Größe der Geschäfts- oder Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises zu berücksichtigen. Die Satzung legt damit die wesentlichen Kriterien der Schätzung hinreichend bestimmt fest.
42 
a) Nicht zu beanstanden ist es im Ausgangspunkt, dass der Vorteilssatz für die Klägerin als mittelbar Bevorteilte nicht gesondert ermittelt und festgesetzt werden muss, sondern sich an dem für die Klinikbetreiberin als unmittelbar Bevorteilte festgesetzten Satz orientieren kann. Gerade wenn eine Fremdenverkehrsbeitragspflicht aufgrund mittelbaren Zusammenhangs mit einer Tätigkeit im Fremdenverkehr besteht, liegt es in der Regel nahe, sich bei der Bestimmung des Vorteilssatzes an dem Vorteilsatz der Betriebsgesellschaft zu orientieren (vgl. VG München, Urt. v. 29.10.2015 - M 10 K 15.2764 -, juris).
43 
b) Richtig ist weiter, dass der Umstand, dass die Klinikbetreiberin den Vorteilssatz bislang nicht angegriffen hat, für die zutreffende Einschätzung des fremdenverkehrsbedingten Vorteils spricht (BayVGH, Urteil vom 09.05.2016 - 4 B 15.2338 -, KStZ 2016, 194). Die bestandskräftige Festsetzung von Fremdenverkehrsbeiträgen gegenüber der Klinikbetreiberin entfaltet indes keine Bindungswirkung zulasten der Klägerin, vielmehr kommt ihr lediglich indizielle Bedeutung zu. Wird - wie vorliegend - die Höhe des Vorteilssatzes von dem mittelbar Bevorteilten substantiiert angegriffen, ist daher zu prüfen, ob die Grenzen des Schätzungsspielraums eingehalten worden sind.
44 
c) Hier folgt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bereits daraus, dass der Einschätzungsausschuss der Beklagten nicht einmal in den Grundzügen dokumentiert hat, von welchen Tatsachen er ausgegangen ist und wie er die nach der Satzung zu berücksichtigenden Kriterien (Art und Umfang der Tätigkeit, Lage und Größe der Geschäfts- oder Beherbergungsräume, Betriebsweise, Zusammensetzung des Kundenkreises) gewichtet hat. Der vorgelegten Niederschrift über die Sitzung des Einschätzungsausschusses vom 19.11.2012 lässt sich hierzu nichts entnehmen. Wie der Vorteilssatz von 40% zustande gekommen ist, erschließt sich nicht einmal ansatzweise. Die Niederschrift enthält hierzu lediglich die nicht weiterführende Bemerkung, dass der zuvor festgesetzte Vorteilssatz von 87% rechtlich nicht mehr haltbar gewesen sei. Soweit in der Klageerwiderung der Versuch unternommen wird, den festgesetzten Vorteilssatz zu plausibilisieren, vermag dies diese grundlegenden Mängel schon deshalb nicht zu heilen, weil der Einschätzungsspielraum nicht der Beklagten oder deren Prozessbevollmächtigten, sondern dem Einschätzungsausschuss des Gemeinderats zusteht.
45 
d) Unabhängig davon ist der Bescheid auch deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte die Grenzen des Schätzungsspielraums überschritten hat, indem sie für die Schätzung erhebliche Tatsachen nicht ermittelt hat. Mag den Mitgliedern des Einschätzungsausschusses Lage und Größe der Klinik und deren Betriebsweise möglicherweise bekannt gewesen sein, so gilt dies nicht für die Zusammensetzung des Kundenkreises, d.h. die Patientenstruktur, die nach der Satzung ebenfalls ein zwingend zu berücksichtigendes Kriterium ist. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, zu ermitteln, in welchem Umfang in der Klinik im Jahr 2014 Privatpatienten und in welchem Umfang Kassenpatienten behandelt worden sind, wie sich die Einkünfte auf diese Patientengruppen verteilen und wie hoch der Anteil der Patienten ist, die sich nicht allein aufgrund von Ortsnähe oder fachlichem Renommee der Klinik, sondern zumindest auch aufgrund des Kurbetriebs und/oder der Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten für einen Aufenthalt dort entschieden haben (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.04.2010 - 2 S 2160/09 -, VBlBW 2010, 440 juris Rn. 38 f.). Mangels Erhebung entsprechender Daten bei der Betreibergesellschaft konnte die Patientenstruktur als ein maßgebliches Kriterium überhaupt nicht berücksichtigt werden. Die mit der Klageerwiderung vorgelegte Übersicht über den Anteil kurtaxepflichtiger Übernachtungstage vermag diesen Mangel nicht zu heilen. Erstens hat sie dem Einschätzungsausschuss nicht vorgelegen. Zweitens bezieht sich nicht auf das Jahr 2014, sondern auf die Jahre 2017 bis 2019. Drittens ist diese Übersicht bezogen auf die zu ermittelnden relevanten Parameter nur von begrenzter Aussagekraft. Sie erlaubt keinen Schluss darauf, wie hoch der Anteil der Patienten ist, die sich nicht allein aufgrund von Ortsnähe oder fachlichem Renommee der Klinik, sondern zumindest auch aufgrund des Kurbetriebs und/oder der Fremdenverkehrseinrichtungen der Beklagten für einen Aufenthalt dort entschieden haben.
46 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Klägerin ist gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, denn ein verständiger Beteiligter in der Lage der Klägerin durfte im Zeitpunkt der Zuziehung der Verfahrensbevollmächtigten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.05.2000 - 7 C 8.99 -, Buchholz 428 § 38 VermG Nr. 5) mit Blick auf die Bedeutung und Schwierigkeit der Sache vernünftigerweise die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für erforderlich halten.
47 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

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