Urteil vom Verwaltungsgericht Trier (5. Kammer) - 5 K 759/08.TR

Tenor

1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Rechtsstreit in Bezug auf die im Bescheid vom 21. September 2007 angeordnete Vornahme von Messungen am Immissionspunkt W. 1 für erledigt erklärt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen; ihre übrigen außergerichtlichen Kosten trägt die Beigeladene selbst.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der den nach der teilweisen Erledigungserklärung noch anhängigen Verfahrensteil betreffenden Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Insoweit darf die Klägerin die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Soweit der Klägerin die Kosten des für erledigt erklärten Verfahrensteils auferlegt werden, ist das Urteil vollstreckbar.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine nachtägliche Änderung einer aufgrund eines im April 2006 eingereichten Antrags der T... AG am 20. Oktober 2006 im vereinfachten Verfahren nach § 19 Bundesimmissionsschutzgesetz erteilten Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von vier Windkraftanlagen auf den in der Gemarkung ... gelegenen Grundstücken Flur 11, Flurstück Nr. 1, sowie Flur 12, Flurstücke Nrn. 21, 39 und 45/1. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

2

Im Genehmigungsverfahren wurden seitens der Bauherrin Schall- und Schattenwurfgutachten der Firma S... vorgelegt, die sich u.a. mit den an einem (fälschlich als W. 7 - dem Anwesen der Beigeladenen - bezeichneten) Immissionspunkt A (IP-A) zu erwartenden Immissionsbelastungen durch die Windkraftanlagen befassen. Tatsächlich liegt dieser Immissionspunkt A knapp 300 m südöstlich des Grundstücks W. 7 - der Parzelle Nr. 28 - näher an den genehmigten Windkraftanlagen. Das Schallgutachten prognostiziert in Bezug auf diesen IP-A einen Schallimmissionswert von 42,2 dB(A) und eine obere Vertrauensbereichsgrenze des Schallimmissionswerts von 44,7 dB(A), wobei das zum Gutachten gehörende Kartenmaterial darlegt, dass die Immissionen vom IP-A in Richtung der Grundstücke der Beigeladenen weiter abnehmen.

3

Nach Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung im Sinne des § 3c Abs. 1 Satz 1 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz - UVPG - machte der Beklagte im August 2006 bekannt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung in Bezug auf das Vorhaben nicht durchgeführt werde.

4

Unter 2.1 - 2.4 der Nebenbestimmungen der Genehmigung 20. Oktober 2006 heißt es dann u.a., dass am Immissionspunkt A der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts nicht überschritten werde dürfe. Hierzu sei es erforderlich, die Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass der von ihnen erzeugte Schallleistungspegel nachts 103,7 dB(A) nicht überschreite und am IP-A ein Immissionsanteil von 43,1 dB(A) nicht überschritten werde. Außerdem dürften die Windkraftanlagen keine immissionshaltige Tonhaltigkeit aufweisen.

5

Im März 2006 wurde sodann dem Beklagten angezeigt, dass ein Bauherrenwechsel auf die Klägerin erfolgt sei und in der 12. Kalenderwoche 2007 mit den Bauarbeiten begonnen werde.

6

Mit formloser e-Mail vom 19. April 2007 und am 3. Mai 2007 bei dem Beklagten eingegangenen Anwaltsschriftsatz legte die Beigeladene sodann Widerspruch gegen die Genehmigung ein. Sie machte im Wesentlichen geltend, 2005 ein in der Nachbarschaft der Windkraftanlagen gelegenes landwirtschaftliches Anwesen zu Eigentum erworben zu haben, um dort eine Pferdezucht von Warmblutpferden, eine Pferde-Reha-Station und einen Gnadenhof zu errichten. Dies werde durch den zu erwartenden unzumutbaren Windschatten und die ebenfalls unzumutbaren Lärmmissionen der genehmigten Anlagen unmöglich. Dies Vorbringen ist Gegenstand des Klageverfahrens 5 K 719/08.TR bei dem erkennenden Gericht.

7

Unter dem 21. September 2007 änderte der Beklagte sodann unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Genehmigung vom 20. Oktober 2006 u. a. insoweit ab, als die Nummern 2.3 und 2.5 der Nebenbestimmungen dahingehend konkretisiert wurden, dass IP-A nicht das Anwesen W. 7, sondern das unter den Gauß-Krüger-Koordinaten Ost ... bzw. Nord ... befindliche zu den Windkraftanlagen nächstgelegene Stallgebäude sei. Außerdem wurde der Klägerin aufgegeben, in Bezug auf die Immissionspunkte W. 1 und den nunmehr neu bezeichneten IP-A frühestens drei und spätestens zwölf Monate nach Inbetriebnahme der Windkraftanlagen die tatsächliche Gesamtbelastung auf der Grundlage der TA-Lärm durch eine der nach § 26 BImSchG bekannt gegebene Stelle zu ermitteln und den Messbericht der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord, Gewerbeaufsicht Trier, vorzulegen.

8

Gegen diesen Änderungsbescheid legten sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene fristgerecht Widerspruch ein.

9

Auf den Widerspruch der Klägerin gegen den Änderungsbescheid half der Beklagte dem Widerspruch mit Abhilfebescheid vom 23. Oktober 2007 teilweise ab; nicht abgeholfen wurde dem Widerspruch hinsichtlich der unter Nr. 2.3 geforderten Lärmmessungen.

10

Sodann vertrat die Klägerin zu ihrem insoweit aufrechterhaltenen Widerspruch die Ansicht, dass es keine Rechtsgrundlage für die Änderung der Nebenbestimmung 2.3 gebe; es liege eine ausreichende Schallprognose vor.

11

Dem gegenüber vertrat der Beklagte die Ansicht, dass die angeordnete Lärmmessung deshalb gerechtfertigt sei, weil die Lärmprognose am Immissionspunkt W. 7 den geforderten Immissionswert nur geringfügig unterschreite.

12

Mit weiterem Teilabhilfebescheid vom 12. Dezember 2007 beschränkte der Beklagte sodann die mit dem Bescheid vom 21. September 2007 geänderten Nebenbestimmungen dergestalt, dass in Bezug auf das Grundstück W. 1 keine Schattenwurfbeschränkungen mehr gefordert wurden.

13

Auf Antrag der Klägerin ordnete die erkennende Kammer mit Beschluss vom 28. Dezember 2007 - 5 L 998/07.TR - die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 20. Oktober 2006 an. Die gegen diesen Beschluss u.a. von der jetzigen Beigeladenen eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluss des OVG Rheinland-Pfalz vom 7. März 2008 - 8 B 10071/08.OVG - zurückgewiesen. In den Gründen dieses Beschlusses wird u.a. ausgeführt:

14

"Klarstellend sei darauf hingewiesen, dass die Abwägung der Interessen nicht verlangt, dass der mit weiterem Bescheid vom 21. September 2007 zusätzlich geforderten Vorlage einer Schattenwurfprognose vor Inbetriebnahme der Windenergieanlagen und eines Lärmschutzgutachtens spätestens 12 Monate nach Inbetriebnahme der Anlagen schon während der vorläufigen Zulassung des Betriebs nachgekommen wird. Dieser Pflicht ist erst mit Rechtskraft der Genehmigung und ihrer Änderung Rechnung zu tragen. Ausreichenden Schutz für die Nachbarn bieten schon die nach der Genehmigung einzuhaltenden Immissionswerte. Die Erstellung der Gutachten während des vorläufig zulässigen Betriebs kann ggf. jedoch schon in den laufenden Rechtsbehelfsverfahren zur Klärung beitragen."

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Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2008, der der Klägerin am 9. Oktober 2008 zugestellt wurde, wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten den Widerspruch der Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 21. September 2006 zurück. Die Änderung der Nebenbestimmung 2.3 beruhe auf dem Rechtsgedanken des § 28 BImSchG; wenn nämlich nach der Inbetriebnahme einer Anlage nachträglich Messungen gefordert werden dürften, so könne eine derartige Regelung jedenfalls auch dann direkt in die Genehmigung aufgenommen werden, wenn die Lärmprognose den geforderten Immissionswert nur gering unterschreite.

16

Am 7. November 2008 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass angesichts der im Genehmigungsverfahren vorgelegten Schallprognose keine Veranlassung für eine derartige Nebenbestimmung bestanden habe und auch keine Rechtsgrundlage für eine derartige Nebenbestimmung existiere. Weder § 26 BImSchG noch § 28 BImSchG seien einschlägig. Eine Abnahmemessung könne allenfalls vor Inbetriebnahme einer Anlage, nicht aber nachträglich, gefordert werden.

17

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 27. Februar 2009 hob der Beklagte sodann den Bescheid vom 21. September 2007 insoweit auf, als der Klägerin dort die Ermittlung der Lärmimmissionen in Bezug auf den IP W. 1 aufgegeben worden war. Begründet wurde dies seitens des Beklagten damit, dass er nunmehr erfahren habe, dass das dort befindliche Wohnhaus abgerissen worden sei und - da eine Wiedererrichtung nicht in Betracht komme - von daher keine Veranlassung mehr bestehe, dort Schallmessungen durchzuführen. Die Messung am IP-A werde weiterhin für erforderlich gehalten, weil nur an diesem Punkt eine Vergleichbarkeit mit der im Genehmigungsverfahren vorgelegten Prognose gegeben sei. Werde an diesem Punkt der zulässige Wert eingehalten, so sei davon auszugehen, dass dies auch für die weiter entfernt liegenden tatsächlichen Immissionsorte gelte.

18

Die Klägerin und der Beklagte haben den Rechtsstreit daraufhin insoweit für erledigt erklärt, als der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 27. Februar 2009 den Bescheid vom 21. September 2007 teilweise aufgehoben hat.

19

Die Klägerin beantragt nunmehr,

20

die im Änderungsbescheid vom 21. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. Februar 2009 enthaltene Ergänzung der Nebenbestimmung Nr. 2.3 der ursprünglichen Genehmigung vom 20. Oktober 2006 aufzuheben.

21

Der Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Gründe der ergangenen Bescheide,

22

die Klage abzuweisen.

23

Die Beigeladene beantragt,

24

die Klage abzuweisen,

25

und ist der Ansicht, dass von den genehmigten Windkraftanlagen für sie unzumutbare Belästigungen ausgingen.

26

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsvorgänge, die ebenso wie die Prozessakten 5 K 719/08.TR und 5 L 998/07.TR des erkennenden Gerichts vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

27

Die Klage ist insoweit, als über sie nach der übereinstimmenden teilweisen Erledigungserklärung noch streitig zu entscheiden ist, zulässig, denn die Nebenbestimmung, mit der der Klägerin für den Fall, dass sie von der Genehmigung Gebrauch macht, ein Tun vorgeschrieben wird, stellt eine Auflage dar, die nicht integrierender Bestandteil der Genehmigung ist. Die Genehmigung wird dabei unabhängig von der Erfüllung der Auflage wirksam, so dass die Auflage als trennbarer Bestandteil der Genehmigung selbstständig angefochten werden kann.

28

Die Klage ist jedoch sachlich nicht begründet. Die vorliegend allein noch streitbefangene geänderte Nebenbestimmung, mit der der Klägerin aufgegeben wird, in Bezug auf den nunmehr neu bezeichneten IP-A frühestens drei und spätestens zwölf Monate nach Inbetriebnahme der Windkraftanlagen die tatsächliche Gesamtbelastung auf der Grundlage der TA-Lärm durch eine der nach § 26 BImSchG bekannt gegebene Stelle zu ermitteln und den Messbericht der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord, Gewerbeaufsicht Trier, vorzulegen, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in eigenen Rechten.

29

Gemäß §§ 28 Satz 1 Nr. 1, 26 Bundesimmissionsschutzgesetz - BImSchG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl. I S. 3830) kann die Behörde bei genehmigungsbedürftigen Anlagen nach der Inbetriebnahme anordnen, dass der Betreiber der Anlage Art und Ausmaß der von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine nach Landesrecht zuständige Stelle ermitteln lassen muss, ohne dass zu befürchten sein muss, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden. Dabei darf trotz des Wortlauts des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ("...nach der Inbetriebnahme ..") eine derartige Anordnung auch schon - wie hier geschehen - im Genehmigungsbescheid und damit zeitlich vor der Inbetriebnahme der genehmigungsbedürftigen Anlage getroffen und als Auflage mit der Genehmigung verbunden werden. Dies folgt aus Sinn und Zweck der Norm, die darauf gerichtet ist, insbesondere die für die Emissions- und Immissionsbeurteilung wichtige Anlaufphase der Anlagen zu überprüfen und eine wirksame Emissions- und Immissionskontrolle sicher zu stellen (vgl. Feldhaus, Bundesimmissionsschutzgesetz, Kommentar, Stand Juli 2006, § 28 Anm. 5 unter Hinweis auf die amtliche Gesetzesbegründung genannten Zweck der Vorschrift). Ausgehend hiervon darf die Anordnung auch schon vor Inbetriebnahme, allerdings mit Wirkung nach Inbetriebnahme, getroffen werden (so auch Feldhaus, a.a.O.; Jarass, Kommentar zum BImSchG, 7. Auflage 2007, § 28 Rn. 4, Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2007, § 28 BImSchG Rdnr. 7, und wohl auch das OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. August 2001 - 21 A 671/99 -, NVwZ-RR 2002, S. 337 ff., das hinsichtlich der Möglichkeit der Einbindung von Anordnungen nach § 28 BImSchG in den Genehmigungsbescheid auf die [bejahende] Kommentierung von Feldhaus verweist).

30

Soweit demgegenüber, wie im Urteil des VG Lüneburg vom 4. September 2008 - 2 A 211/07 - , juris, ausgeführt, das Verwaltungsgericht Düsseldorf in einem Urteil vom 21. November 1978 (- 3 K 374/78 -, GewArchiv 1979, S. 202) und der VGH Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 26.5.1977 (- X 168/77 -, juris) und diesen folgend Engelhardt/Schlicht (Kommentar zum BImSchG, 4. Aufl. 1997, § 28 Rdnr. 2) die Auffassung vertreten, dass § 28 BImSchG dahingehend auszulegen sei, dass der Inbetriebnahme oder wesentlichen Änderung die Bedeutung einer Zeitbestimmung im Sinne eines frühest möglichen Zeitpunktes zukomme und von daher eine Anordnung nach § 28 erst erlassen werden könne, wenn die Anlage in Betrieb genommen worden sei, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Wenn nämlich schon nachträglich Messanforderungen gestellt werden dürfen, so muss dies zur Sicherung des dargestellten Zwecks der Norm erst recht insoweit gelten, als die Anordnung bereits mit der Genehmigung verknüpft werden darf. Angesichts dessen, dass Zweck der Norm eine wirksame Emissions- und Immissionskontrolle der Anlage ist und die Vornahme der Messung erst nach der Inbetriebnahme der Anlage erfolgen muss, ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum der Beklagte die diesbezügliche Anordnung (erst und möglicherweise unmittelbar) nach der Inbetriebnahme der Anlage anordnen dürfte. Vielmehr dient es gerade den Interessen des Anlagenbetreibers, wenn er sich bereits bei Erhalt der entsprechenden Genehmigung darauf einstellen kann, dass er nach Inbetriebnahme der Anlage Messungen durchzuführen hat.

31

Anhaltspunkte dafür, dass die Anordnung ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig ist, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die Anordnung habe deshalb nicht getroffen werden dürfen, weil das im Genehmigungsverfahren vorgelegte Gutachten zum Schutz der Nachbarn auf einer Prognose der Immissionsbelastungen beruht habe, die "auf der sicheren Seite" im Sinne der Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (vgl. Urteil vom 21. Januar 2005 - 8 A 11488/04.OVG -) liege, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Wie nämlich §§ 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 Satz 1 BImSchG deutlich machen, ist es Aufgabe der zuständigen Behörden, darüber zu wachen, dass nicht nur bei der Errichtung, sondern auch beim Betrieb genehmigungsbedürftiger Anlagen schädliche Umwelteinwirkungen, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Da indessen die Genehmigungserteilung bei derartigen Anlagen regelmäßig auf der Grundlage von Emissions- und Immissionsprognosen erfolgt, ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Behörden fordern, dass nach Inbetriebnahme der Anlagen durch Messungen bestätigt wird, dass die prognostizierten Emissions- bzw. Immissionswerte auch tatsächlich eingehalten werden. Eine derartige Anordnung kann vorliegend angesichts dessen, dass die - wenn auch unter Sicherheitszuschlägen - prognostizierten Emissionen/Immissionen nur knapp unter den zulässigen Werten liegen, auch nicht als unverhältnismäßig angesehen werden, zumal nichts dafür ersichtlich ist, dass die mit der Messung verbundenen Kosten unzumutbar wären. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, dass eine Messanordnung in Fällen der vorliegenden Art nur ergehen dürfe, wenn Anhaltspunkte für eine Nichteinhaltung der geforderten Werte vorlägen, vermag sich die Kammer dem angesichts dessen, dass § 28 BImSchG - anders als § 26 BImSchG - bereits seinem Wortlaut nach keine dahingehenden Anforderungen stellt, nicht anzuschließen.

32

Von daher kann die Klage insoweit, als über sie noch streitig zu entscheiden ist, mit der auf § 154 Abs. 1 VwGO beruhenden Kostenentscheidung keinen Erfolg haben. Dabei entspricht es der Billigkeit im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen insoweit der Klägerin aufzuerlegen, denn die Beigeladene hat sich durch Stellung eines eigenen Antrags dem Risiko ausgesetzt, im Falle des Unterliegens gemäß § 154 Abs. 3 VwGO mit Verfahrenskosten belastet zu werden (vgl. hierzu auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. März 1995 - 8 A 12977/94.OVG -).

33

Soweit die Klägerin und der Beklagte - einer Erledigungserklärung der Beigeladenen bedurfte es nicht (vgl. Kopp, Kommentar zur VwGO, 14. Auflage, § 161 Rdnr. 14) - den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren aus Gründen der Klarstellung in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 einzustellen und gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nur noch über die Frage zu befinden, wer die Kosten des für erledigt erklärten Verfahrens zu tragen hat. Diese Entscheidung ist in das Ermessen des Gerichts gestellt, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts sind die Kosten in erster Linie demjenigen aufzuerlegen, der bei Fortsetzung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen wäre. War der Ausgang des Rechtsstreits bislang offen, kommt eine Kostenentscheidung in Betracht, die die Beteiligten gleichmäßig belastet. Schließlich kann bei der nach § 161 Abs. 2 VwGO zu treffenden Entscheidung noch ins Gewicht fallen, wer das erledigende Ereignis herbeigeführt hat.

34

Vorliegend entspricht es der Billigkeit, die Kosten des für erledigt erklärten Verfahrens der Klägerin aufzuerlegen, obwohl der Beklagte die Klägerin klaglos gestellt hat. Die Klägerin hätte nämlich ohne den Abriss des am Immissionspunkt A befindlichen Wohnhauses, der ihrer Sphäre zuzurechnen ist, weil sie sich mit dem Grundstückseigentümer dahingehend geeinigt hat, mit ihrer Klage aus den vorstehend dargelegten Gründen auch in Bezug auf die diesen Immissionspunkt betreffende Anordnung des Beklagten aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben können. Allerdings besteht insoweit keine Veranlassung, der Klägerin auch die diesen Verfahrensteil betreffenden außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, denn diese hat erst nach der Erledigungserklärung hinsichtlich des dann noch streitigen Verfahrensteils einen Klageabweisungsantrag gestellt und sich von daher hinsichtlich des erledigten Teils nicht dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt.

35

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der den streitig entschiedenen Verfahrensteil betreffenden Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung. In Bezug auf die Kostenentscheidung, die den für erledigt erklärten Verfahrensteil betrifft, ist das Urteil vollstreckbar.

36

Die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO, denn die Frage, ob eine Anordnung nach § 28 Satz 1 Nr. 1 bereits als Nebenbestimmung in eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung aufgenommen werden darf, hat grundsätzliche Bedeutung.

37

Beschluss

38

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Zeit bis zur übereinstimmenden teilweisen Hauptsacheerledigungserklärung auf 10.000,00 € und für die nachfolgende Zeit auf 5.000,00 € festgesetzt, da die Kammer die durch die beiden Messanordnung veranlassten Mehrkosten der Klägerin auf jeweils 5.000,00 € schätzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 19.1.2 des von Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalogs, DVBl. 2004, S. 1525).

39

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der Beschwerde angefochten werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt.

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