Beschluss vom Verwaltungsgericht Würzburg - W 8 S 20.431

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den an den Beigeladenen adressierten Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. März 2020 wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die an den Beigeladenen übersandten Kontrollbericht von dem Beigeladenen zurückzufordern.

III. Der Beigeladene wird verpflichtet, die erhaltenen Kontrollberichte im Original an die Antragsgegnerin zurückzusenden. Weiter wird ihm untersagt, Kopien anzufertigen, bzw. wird er verpflichtet, etwaige Kopien zu vernichten sowie die Informationen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens nicht zu veröffentlichen oder sonst an Dritte weiterzugeben.

IV. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

V. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, der einen Gastronomiebetrieb betreibt, begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den an den Beigeladenen adressierten Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. März 2020, in dem einem Antrag des Beigeladenen auf Gewährung von Verbraucherinformationen nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) stattgegeben wurde.

1. Mit E-Mail vom 30. Januar 2020 beantragte der Beigeladene über die Internetplattform „Topf Secret“ (Foodwatch/FragDenStaat) die Herausgabe folgender Informationen:

1. Wann haben die beiden letzten lebensmittel-rechtlichen Betriebsprüfungen in folgendem Betrieb stattgefunden: …

2. Kam es hierbei zu Beanstandungen? Falls ja, beantrage ich hiermit die Herausgabe des entsprechenden Kontrollberichts an mich.

Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2020 erhielt der Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Informationsgewährung.

Mit Schreiben vom 18. Februar 2020 sprach sich der Antragsteller ausdrücklich gegen eine Stattgabe des dem Landratsamt vorliegenden Antrags aus. Eine Veröffentlichung auf der Internetplattform „Topf Secret“ (Foodwatch/ FragDenStaat) sei im VIG nicht vorgesehen.

Mit Bescheid vom 6. März 2020, adressiert an den Beigeladenen, gab die Antragsgegnerin dem Antrag auf Informationsbegehren des Beigeladenen statt (Nr. 1 des Bescheides). Die Informationsgewährung erfolge in folgender Form: Bekanntgabe der Daten der beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsprüfungen (Nr. 2 a.)). Herausgabe der entsprechenden Kontrollberichte, wenn Beanstandungen im Sinne von unzulässigen Abweichungen von den Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) den aufgrund des LFGB erlassenen Rechtsverordnungen und unmittelbar geltenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des LFGB vorliegen (Nr. 2 b.)). Die Information werde zehn Tage nach Zustellung dieses Bescheides an den betroffenen Dritten in Schriftform bekanntgegeben, sofern bis dahin keine gerichtliche Untersagung erfolgt sei.

Mit Schriftsätzen vom 16. März 2020 bzw. 9. April 2020 ließ der Antragsteller beantragen,

  • 1.Die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 9. März 2020, Az.: 3/3629 - DS, zugestellt am 10. März 2020 wiederherzustellen, die Vollziehung des Bescheids auszusetzen und dem Antragsgegner die Informationseröffnung zu untersagen.

  • 2.Hilfsweise, vorläufigen Beschluss zu erlassen und dem Antragsgegner eine Übersendung der Kontrollberichte zu untersagen, bis eine Entscheidung über Ziffer 1 vorliegt.

  • 3.Einen Beschluss zu erlassen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird, die an den Beigeladenen übersandten Kontrollberichte vom 23. September 2019 und 22. Januar 2020 bezüglich des Betriebes des Antragstellers von diesem wieder zurückzufordern.

  • 4.Hilfsweise, einen Beschluss zu erlassen, dass der Beigeladene die ihm übersandten Kontrollberichte vom 23. September 2019 und 21. Januar 2020 bezüglich des Betriebes des Antragstellers an die Antragsgegnerin herausgibt.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Der Bescheid sei rechtswidrig und verletze den Antragsteller in seinen Rechten. Die Vollziehung des angefochtenen Bescheides sei wegen der vielfachen Rechtsverstöße und erheblichen negativen Auswirkungen einer - auch nur vorläufigen - Veröffentlichung, auszusetzen. Es werde ein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verfahrens gerügt. Mit der Bekanntgabe der Kontrollberichte in der beabsichtigten Form werde in die Grundrechte des Antragstellers, insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Berufsfreiheit und -ausübung, Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Die Antragsgegnerin habe keinerlei Ermessen ausgeübt, jedenfalls dieses aber fehlerhaft gebraucht. Durch die unkommentierte Herausgabe der Kontrollberichte handle es sich um eine „Quasi“-Veröffentlichung dieser Berichte durch die Behörde, was aber durch § 40 Abs. 1a LFGB untersagt sei. Im vorliegenden Fall sei der Antrag auf Informationsgewährung nur gestellt worden, um in der Folge eine Veröffentlichung im Internet vorzunehmen. Hierfür sei mit § 40 Abs. 1a LFGB eine speziellere Vorschrift gegenüber den Vorschriften des Verbraucherinformationsgesetzes gegeben. Es werde versucht unter Umgehung dieser Vorschrift rechtswidrig eine Veröffentlichung von Daten im Internet durch Auslagerung auf einen Privaten zu erreichen. Die Veröffentlichung der Kontrollberichte im Internet durch Verbraucher sei auch zivilrechtlich nicht zulässig. Es handle sich zudem um einen global gestellten Ausforschungsantrag, der bereits nicht vom Anwendungsbereich des VIG umfasst bzw. bei Anwendbarkeit jedenfalls als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei. Die Antragsgegnerin habe dem Beigeladenen trotz Widerspruchs durch den Antragsteller und fristgerechter Einlegung eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei Gericht, die angeforderten Kontrollberichte übersandt. Zwar habe das Gericht dem Beigeladenen eine Veröffentlichung untersagt, jedoch könne nur die Rückgabe der Originale sicherstellen, dass die Kontrollberichte nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden.

Mit Schriftsatz vom 14. April 2020 beantragte die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Dem Informationsbegehren des Beigeladenen sei stattgegeben worden, da nach Rechts- und Sachabwägung der vorgebrachten Einwendungen keine Ausschluss- und Beschränkungsgründe im Sinne des § 3 VIG noch sonstige Ablehnungsgründe vorlägen, die die Herausgabe der beantragten Informationen hemmen würden. Der Antragsgegnerin sei erst auf Nachfrage des Gerichts am 2. April 2020 bekannt geworden, dass ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt worden sei. Das Fax mit der Antragsschrift vom 17. März 2020 sei versehentlich nicht an die zuständige Stelle weitergegeben worden. Deshalb habe der Beigeladene die angeforderten Kontrollberichte erhalten und der Vorgang sei bei der Antragsgegnerin abgeschlossen. Der Beigeladene habe die Berichte bis heute nicht auf der Plattform „Topf Secret“ veröffentlicht und seine Anfrage dort auf „Anfrage abgeschlossen“ umgestellt, ohne eine Veröffentlichung vorzunehmen. Außerdem sei er mit der Übersendung der Kontrollberichte darauf hingewiesen worden, dass das VIG alleine Auskunftsansprüche gegenüber Behörden umfasse, jedoch keine Aussage zur Weiterverwendung der erhaltenen Informationen treffe. Er sei darauf hingewiesen worden, dass es in seiner alleinigen Verantwortung und im eigenen Risiko liege, ob und wie er die Informationen weiterverwende.

Mit Beschluss vom 2. April 2020 wurde Herr T. D. zum vorliegenden Rechtsstreit beigeladen. Dem Beigeladenen wurde mit Hängebeschluss vom selbigen Tage untersagt, die erhaltenen Informationen bis zu einer Entscheidung des Gerichts über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu veröffentlichen oder sonst an Dritte weiterzugeben.

Am 7. April 2020 ließ der Antragsteller im Verfahren W 8 K 20.521 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben.

Am 14. April 2020 teilte der Beigeladene mit, dass eine Veröffentlichung der ihm zugegangenen Informationen zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen und dies auch zukünftig nicht sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte im Klageverfahren W 8 K 20.521) sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den an die Beigeladene adressierten Bescheid über die Erteilung der Informationen nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig und begründet.

Bei verständiger Würdigung des Vorbringens der Antragstellerseite ist der Antrag entsprechend § 88 VwGO (§ 122 VwGO) sachgerecht dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller begehrt, vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache die Herausgabe der Informationen an den Beigeladenen zu verhindern. Diesem Begehren wird durch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den an den Beigeladenen adressierten streitgegenständlichen Bescheid sowie den damit verbundenen Anordnungen nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO Genüge getan. Damit ist dem Begehren des Antragstellers im vollen Umfang Rechnung getragen. Eines darüber hinausgehenden Antrags bzw. Ausspruchs bedarf es nicht. Bei dem Schreiben an den Antragsteller vom 9. März 2020 handelt es sich mangels Regelungswirkung nicht um einen eigenständigen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 BayVwVfG. Mit diesem Schreiben wird der Antragstellerin die Entscheidung über den Antrag der Beigeladenen „nur“ mitgeteilt und näher erläutert (vgl. OVG NRW, U.v. 12.12.2016 - 13 A 846/15 - juris).

Dem Antrag fehlt zudem nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis allein deshalb, weil der angegriffene Verwaltungsakt bereits durch die Herausgabe der Kontrollberichte an den Beigeladenen vollzogen worden ist. Dies ergibt sich daraus, dass eine Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung Voraussetzung für die Anordnung der Aufhebung der Vollzugsfolgen nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO ist (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 80 Rn. 136; OVG NRW, B.v. 25.2.2003 - 10 B 2417/02 - juris Rn.2).

Das Verwaltungsgericht Regensburg hat in einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation bezüglich des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wie folgt entschieden (vgl. VG Regensburg, B.v. 15.3.2019 - RN 5 S 19.189 - BeckRS 2019, 3917 bzw. juris):

„1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig.

a) Statthaft ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1, § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG, da die in der Hauptsache statthafte Drittanfechtungsklage in den Fällen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung entfaltet.

Vorliegend geht es um den Fall der festgestellten nicht zulässigen Abweichungen von Anforderungen unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches nach § 2 Abs1 Nr. 1 Buchst. c VIG.

b) Der Antragsteller ist nach § 42 Abs. 2 VwGO analog antragsbefugt. Adressat des angegriffenen Bescheids ist zwar nur der Beigeladene und nicht der Antragsteller, jedoch kann der Antragsteller auf der Grundlage seines Antragsvorbringens die Verletzung einer drittschützenden Norm geltend machen. § 3 Satz 1 Nr. 2 VIG sieht nach seinem ausdrücklichen Wortlaut auch den Schutz privater Belange vor. Hiernach entfällt der Anspruch auf Informationsgewährung, wenn die dort abschließend aufgezählten Belange berührt werden. Die Veröffentlichung von Informationen über (inzwischen beseitigte) Mängel im Betrieb des Antragstellers kann möglicherweise auch zu einer Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 - 1 BvF 1/13 -, juris und VG Würzburg, Beschluss vom 08. Januar 2018 - W 8 S 17.1396 -, juris).

2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den an den Beigeladenen adressierten Bescheid vom 30.01.2019 ist zudem begründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt auf Antrag eines Betroffenen ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Dabei trifft das Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse des Antragstellers und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 80 Rn. 152; Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 89). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird; ergibt eine vorläufige Überprüfung der Hauptsacheklage dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten offen, so ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 90 ff.).

Vorliegend ist zu beachten, dass es sich in der konkreten Fallkonstellation zum einen um eine Vorwegnahme der Hauptsache handelt und darüber hinaus eine Ablehnung des Antrags die Herausgabe der streitgegenständlichen Kontrollberichte zur Folge hätte, was dazu führt, dass es sich bei der Ablehnung des Antrags um eine Regelung handelt, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, auch wenn die Entscheidung in der Hauptsache anders ausfällt. Regelungen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können und die praktisch die Hauptsache vorwegnehmen, sind im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes jedoch nur zulässig, wenn sie zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings notwendig sind und wenn außerdem ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für einen Erfolg im Hauptsacheverfahren spricht. Die Rechtmäßigkeit allein genügt deshalb noch nicht, um eine Vorwegnahme der Hauptsache zu rechtfertigen (vgl. Kopp/Schenke, 24. Aufl. 2018, § 80 Rn. 156 und Eyermann/Hoppe, 15. Aufl. 2019, VwGO § 80 Rn. 92 und OVG B.-B., Beschluss vom 18.02.2014 - 12 S 124.12 -, juris).

Da der vorliegende Fall mehrere Sach- und Rechtsfragen aufwirft, kann im Rahmen der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung weder von einer (offensichtlichen) Rechtswidrigkeit noch von einer (offensichtlichen) Rechtmäßigkeit des an den Beigeladenen adressierten Bescheids vom 30.01.2019 ausgegangen werden, sodass die Erfolgsaussichten als offen zu bewerten sind und insbesondere kein für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlicher „hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für einen Erfolg im Hauptsacheverfahren“ angenommen werden kann (a). Ebenso wenig ist ersichtlich, dass eine sofortige Zugänglichmachung der Informationen nach dem VIG an den Beigeladenen aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes notwendig wäre. Die vorzunehmende Interessenabwägung fällt damit zugunsten des Antragstellers aus (b).

a) Auf tatsächlicher Ebene ist in einem Hauptsacheverfahren zu klären, ob die streitgegenständlichen Kontrollberichte - wie von der Antragstellerseite ausgeführt - lediglich beschreibender Natur sind oder - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof fordert - auch eine rechtliche Subsumtion der Kontroll- und Untersuchungsergebnisse durch die zuständige Vollzugsbehörde beinhalten (BayVGH Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 16. Februar 2017 - 20 BV 15.2208 -, Rn. 47, juris und VG Regensburg, 9. Juli 2015, RN 5 K 14.1110).

Darüber hinaus wirft der vorliegende Fall auch mehrere Rechtsfragen auf, insbesondere hinsichtlich der Rechtsmissbräuchlichkeit eines über die von foodwatch/FragDenStaat betriebenen Plattform „Topf Secret“ gestellten Antrags, einer unzulässigen Umgehung des § 40 Abs. 1a LFGB und der Verfassungsmäßigkeit des Verbraucherinformationsgesetzes im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. März 2018, 1 BvF 1/13. Zwar handelt es sich vorliegend um kein staatliches Informationshandeln im Sinne einer unmittelbaren Veröffentlichung. Staatliches Handeln liegt jedoch auch grundsätzlich bereits in der behördlichen Herausgabe der Informationen an die antragstellenden Privatpersonen. Amtliche Informationen kommen einem Eingriff in die Berufsfreiheit aber jedenfalls dann gleich, wenn sie direkt auf die Marktbedingungen konkret individualisierter Unternehmen zielen, indem sie die Grundlagen von Konsumentscheidungen zweckgerichtet beeinflussen und die Markt- und Wettbewerbssituation zum Nachteil der betroffenen Unternehmen verändern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 - BvF 1/13 -, juris). Zwar ist das Schutzbedürfnis des Unternehmens vor einer aktiven staatlichen Veröffentlichung unrichtiger Informationen ungleich größer als in den Fällen der antragsveranlassten individuellen Einsichtsgewähr. Denn die Öffentlichkeitsinformation, die - wie etwa eine produktbezogene Warnung - auf Initiative des Staates erfolgt, ist ihrer Intention nach auf eine unmittelbare Unterrichtung des Marktes gerichtet. Der Staat nimmt in diesem Fall selbst am öffentlichen Kommunikationsprozess teil und wirkt unmittelbar auf ihn ein. Er selbst wählt dabei die Informationen aus, die er bekannt geben will. Die Informationen sollen für die Verbraucherinnen und Verbraucher verständlich dargestellt werden, § 6 Abs. 1 Satz 4 VIG. Informationen, die der Staat in einem solchen Sinne direkt an alle Markteilnehmer richtet, finden eine breite Beachtung. Sie wirken sich auf die Wettbewerbsposition eines am Markt tätigen Unternehmens mit einer deutlich größeren Intensität aus als die Informationsgewährung an einen einzelnen Antragsteller (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 15.6.2015 - 7 B 22.14 - juris Rn. 12 und BayVGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - 20 BV 15.2208 -, Rn. 54, juris). Es stellt sich aber gerade in vorliegender Fallgestaltung die Frage, ob die staatliche Informationsweitergabe an einen Antragsteller, der seinen Antrag über die Plattform „Topf Secret“ stellt, aufgrund der zu erwartenden Veröffentlichung auf der Plattform in ihren Auswirkungen nicht einer unmittelbaren staatlichen Information sehr nahe kommt, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass der Staat - im Gegensatz zu einer eigenen Veröffentlichung der Informationen im Internet, vgl. § 6 Abs. 1 Satz 3 VIG - nach Herausgabe der Informationen an den Antragsteller auf den öffentlichen Kommunikationsprozess auf der von foodwatch/FragDenStaat betriebenen Plattform gerade nicht mehr einwirken kann und durch die Veröffentlichung der behördlichen Schreiben bzw. Bescheide beim Leser der Eindruck eines behördlichen Informationshandeln entstehen kann. Insofern müsste geprüft werden, ob in vorliegen-der Konstellation nicht ein wichtiger Grund i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 2 VIG gegeben ist, der dazu führt, dass man den Antragstellern, die ihren Antrag erkennbar über die Plattform „Topf Secret“ stellen, die streitgegenständlichen Informationen gerade nicht durch Übersendung der Kontrollberichte, sondern im Rahmen von Akteneinsicht oder durch Auskunftserteilung, die schon dem Wortlaut nach gerade nicht auf die bloße Übersendung der Kontrollberichte beschränkt ist, zugänglich macht.

b) Eine Abwägung der gegenläufigen Interessen des Antragstellers und des Beigeladenen fällt vorliegend zugunsten des Antragstellers aus. Nach Auffassung der erkennenden Kammer über-wiegt hier das Interesse des Antragstellers an einer vorläufigen Nichtherausgabe der streitgegenständlichen Informationen bis über das Hauptsacheverfahren entschieden worden ist, insbesondere da eine Herausgabe der streitgegenständlichen Kontrollberichte an den Beigeladenen und damit die entsprechende Kenntnisnahme des Beigeladenen von den Informationen nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte und der Informationszugang für den betroffenen Antragsteller zu erheblichen Nachteilen führen kann. Eine Herausgabe würde somit vollendete Tatsachen schaffen und damit zur Vorwegnahme der Hauptsache führen. Demgegenüber ist kein gesteigertes Interesse des Antragsgegners oder des Beigeladenen an der sofortigen Übermittlung der beantragten Informationen ersichtlich. Streitgegenständlich ist die Herausgabe von Kontrollberichten datiert auf den 10.03.2016 und den 07.06.2018, mithin um Berichte, die bereits vor drei Jahren bzw. neun Monaten erstellt wurden. Schwere und unzumutbare Nachteile aufgrund der vorläufigen Nicht-Zuänglichmachung der Informationen drohen für den Beigeladenen damit gerade nicht. Eine Eilbedürftigkeit der Herausgabe wurde zudem auch weder von Seiten des Antragsgegners noch von Seiten des Beigeladenen geltend gemacht.

Nach alledem war dem Antrag statt zu geben.“

Das Verwaltungsgericht Würzburg schließt sich für den vorliegenden Fall den vorstehenden Ausführungen im Ergebnis sowie in der wesentlichen Begründung an (siehe auch schon VG Würzburg, B.v. 6.11.2019 - W 8 S 19.1363; B.v. 3.4.2019 - W 8 S 19.239 - juris; B.v. 11.4.2019 - W 8 S 19.289 - juris; B.v. 15.4.2019 - W 8 S 19.311 - juris sowie zuletzt etwa B.v. 22.8.2019 - W 8 S 19.1033 - juris; B.v. 19.9.2019 - W 8 S 19.1199 - juris. Ebenso im Ergebnis mit unterschiedlichen Schwerpunkten in der Argumentation VG Koblenz, B.v. 10.4.2019 - 1 L 287/19.KO; B.v. 7.5.2019 - 1 L 403/19.KO - jeweils juris; VG Sigmaringen, B.v. 18.4.2019 - 10 K 1068/19 - juris; VG Hamburg, B.v. 27.5.2019 - 20 E 934/19 - juris; VG Regensburg, B.v. 27.5.2019 - RO 5 S 19.676 und RO 5 S 19.780 - juris; VG Ansbach, U.v. 12.6.2019 - AN 14 K 19.00773 - juris; VG Minden, B.v. 3.7.2019 - 9 L 644/19 - juris; OVG Hamburg, B.v. 14.10.2019 - 5 Bs 149/19 - BeckRS 2019, 26284; OVG RhPf., B.v. 15.1.2020 - 10 B 11634/19 - juris sowie - bislang - unveröffentlicht etwa VG Stade, B.v. 1.4.2019 - 6 B 380/19; VG Bayreuth, B.v. 8.4.2019 - B 7 S 19.286; VG Potsdam, B.v. 11.4.2019 - VG 9 L 221/19; VG Köln, B.v. 17.4.2019 - 13 L 471/19; VG Neustadt a.d. Weinstraße, B.v. 30.4.2019 - 4 L 416/19.NW. Anderer Ansicht VG Augsburg, U.v. 30.4.2019 - Au 1 K 19.242 und Au 1 K 19.244 - juris; VG Weimar, B.v. 23.5.2019 - 8 E 423/19 - juris; VG Düsseldorf, B.v. 7.6.2019 - 29 L 1226/19 - juris; VG Gießen, B.v. 18.6.2019 - 4 L 1902/19.GI - juris; VG Sigmaringen, B.v. 8.7.2019 - 5 K 3162/19 - juris; VG München, B.v. 8.7.2019 - M 32 SN 19.1346 und M 32 SN 19.1389 - juris; VG Freiburg, B.v. 20.8.2019 - 4 K 2530/19 - juris; VG Wiesbaden, B.v. 9.9.2019 - 6 L 790/19.WI - juris; VG Karlsruhe, B.v. 16.9.2019 - 3 K 5407/19 - juris; VGH BW, B.v. 13.12.2019 - 10 S 2614/19 - juris; NdsOVG, B.v. 16.1.2020 - 2 ME 707/19 - juris; OVG NRW, B.v. 16.1.2020 - 15 B 814/19 - juris). Das Verwaltungsgericht Würzburg sieht den Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache gleichermaßen als offen an. Insbesondere sind noch weitere Fragen zu klären. Angesichts einer bei Antragsablehnung erfolgenden Vorwegnahme der Hauptsache zum Nachteil des Antragstellers fällt die Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers aus.

Ergänzend ist noch auszuführen:

Offen ist noch die Frage, ob die Feststellung der unzulässigen Abweichungen durch die Behörde gegebenenfalls in einem bestandskräftigen Verwaltungsakt erfolgen muss. Zwar ist dies nach bisher überwiegender Auffassung nicht erforderlich (vgl. BayVGH, U.v. 16.2.2017 - 20 BV 15.2208 - LRE 74, 122; Schulz in PdK Bu K-6c, Juli 2018, § 2 VIG, Erl. 5.1.1; Rossi in BeckOK, Informations- und Medienrecht, Gersdorf/Paal, 23. Edition, Stand 1.5.2019, § 2 VIG Rn. 16). Auch das Bundesverwaltungsgericht hat (BVerwG, U.v. 29.8.2019 - 7 C 29.17 - juris) zwar entschieden, dass eine nicht zulässige Abweichung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG nicht durch Verwaltungsakt festgestellt werden müsse. Unklar ist jedoch die Fallkonstellation, wenn und soweit die Kontrollberichte - wie hier etwa angesichts genannter Anordnungen, die eine Nachkontrolle erfordern - Verwaltungsaktscharakter haben und mangels Rechtsbehelfsbelehrung:noch anfechtbar sind mit der Folge, dass mögliche Rechtsbehelfe dagegen aufschiebende Wirkung hätten, sodass sich nicht nur die Frage der Rechtskraft stellt, sondern auch die Frage der Wirksamkeit der Anordnungen samt den enthaltenen Feststellungen.

Eine weitere offene Frage ist die Frage eines eventuellen Missbrauchs gemäß § 4 Abs. 4 VIG. Das nicht abschließende Regelbeispiel des § 4 Abs. 4 Satz 2 VIG ist wohl nicht erfüllt. Der Begriff des Missbrauchs ist im Übrigen in dem Zusammenhang nicht näher definiert. Eine Missbräuchlichkeit ist auch mit Blick auf vergleichbare Rechtsvorschriften dann gegeben, wenn das Informationsbegehren erkennbar nicht dem Zweck des Informationsgesetzes dient, Öffentlichkeit in dem betreffenden Bereich herzustellen und dadurch etwaige bestehende Missstände aufzudecken und letztlich abzustellen. Der Betreffende muss diesen Zweck mit seinem Informationsbegehren nicht unmittelbar erreichen. Ein behördlicher Missbrauch (querulatorischer Zweck) und ein verwendungsbezogener Missbrauch (Verwendungszweck außerhalb des Gesetzes) lassen sich unterscheiden. Ein querulatorischer Fall läge etwa vor, wenn eine Vielzahl identischer Informationsanträge lediglich zur Generierung anwaltlicher Gebühren gestellt würde oder wenn es erkennbar darum ginge, die Arbeit der Verwaltung zu erschweren oder ein Verwaltungsverfahren zu verzögern (vgl. NdsOVG, U.v. 27.2.2018 - 2 LC 58/17 - LRE 76, 86; OVG Bln-Bbg, U.v. 22.2.2018 - OVG 12 B 16.17 - NVwZ 2018, 1886; jeweils m.w.N.; siehe auch VG Regensburg, U.v. 9.7.2015 - RN 5 K 14.1110 - juris sowie VG Regensburg, B.v. 15.3.2019 - RN 5 S 19.189 - BeckRS 2019, 3917 bzw. juris). Ob ein Missbrauchsfall anzunehmen ist, weil offenbar in einer Vielzahl von Fällen über eine bestimmte Internetseite Anträge nach dem VIG mit dem Zweck gestellt werden, Informationen sodann unmittelbar auf dieser Internetseite zeitlich unbegrenzt zu veröffentlichen, und ob jedenfalls insoweit eine subjektive Rechtsverletzung des/der Betroffenen anzunehmen ist (a.A. etwa BayVGH, B.v. 6.7.2015 - 20 ZB 14.978 - juris; B.v. 6.7.2015 - 20 ZB 14.977 - LRE 74, 122), kann im vorliegenden Sofortverfahren bei summarischer Prüfung nicht abschließend entschieden werden.

Zudem ist in der vorliegenden Konstellation offen, ob die Übersendung der Kontrollberichte auf postalischem Wege das relativ mildeste Mittel im Rahmen der Art der Informationsgewährung darstellt. Das VG Regensburg hat in seinem Beschluss vom 15. März 2019 im Zusammenhang mit der klärungsbedürftigen Frage einer unzulässigen Umgehung des § 40 Abs. 1a LFGB bereits ausgeführt, dass geprüft werden müsse, ob in der vorliegenden Konstellation nicht ein wichtiger Grund im Sinne § 6 Abs. 1 Satz 2 VIG gegeben ist, der dazu führt, dass man dem Antragsteller die Informationen nicht durch Übersendung der Kontrollberichte, sondern im Rahmen von Akteneinsicht oder durch Auskunftserteilung zugänglich macht (VG Regensburg, B.v. 15.3.2019 - RN 5 S 19.189 - BeckRS 2019, 3917 bzw. juris; siehe die oben zitierten Ausführungen). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet, dass die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung in Bezug auf den Dritten das relativ mildeste Informationsmittel wählt (Grube/Immel/Wallau, Verbraucherinformationsrecht, 2013, § 6 VIG Rn. 3). Der Bescheid an den Beigeladenen enthält bei Herausgabe der Informationen insofern keinen einschränkenden Hinweis, sondern stellt die Weiterverwendung der Informationen in die alleinige Verantwortung und das Risiko der Beigeladenen, so dass sich die Frage stellt, ob der Antragsgegner mit Blick auf die betroffenen wechselseitigen Grundrechte verpflichtet wäre, weitergehende Vorkehrungen im Rahmen der Informationsgewährung zu treffen.

Das Gericht schließt sich schließlich auch den oben zitierten Ausführungen des VG Regensburg zur erforderlichen Interessenabwägung an (VG Regensburg, B.v. 15.3.2019 - RN 5 S 19.189 - BeckRS 2019, 3917 bzw. juris). Die Abwägung der gegenläufigen Interessen des Antragstellers und des Beigeladenen fällt vorliegend zugunsten des Antragstellers aus. Das Informationsinteresse des Beigeladenen muss einstweilen zurücktreten. Denn die Herausgabe der streitgegenständlichen Kontrollberichte könnte nicht mehr rückgängig gemacht werden und würde zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen. Besteht der Grundrechtseingriff in der Herausgabe von Informationen, so ist er im besonderen Maße irreversibel. Im Regelfall muss es bei dem aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleitenden verfassungsrechtlichen Grundsatz bleiben, wonach die vollziehende Behörde nicht der Entscheidung über eingelegte Rechtsbehelfe vorgreift (Grube/Immel/Wallau, Verbraucherinformationsrecht, 2013, § 5 VIG Rn. 28 und § 6 VIG Rn. 9 ff.). Aufgrund der besonders verfassungsrechtlich verankerten Interessen, um deren Schutz es bei dem Begehren des betroffenen Dritten (hier des Antragstellers) regelmäßig gehen wird, wird in der Regel sein Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegen. Hinzu kommt, dass die infolge der Einbindung der Internetseite „Topf Secret“ (Foodwatch/FragDenStaat) realitätsnah zu erwartende Veröffentlichung der behördlichen Informationen im Internet qualitativ und quantitativ nahe an einen direkten unmittelbaren Grundrechtseingriff zu Lasten des betroffenen Antragstellers heranreicht, so dass in der vorliegenden Konstellation erst recht dem Interesse an einer zügigen Information der Beigeladenen das gegenläufige Interesse des Antragstellers entgegensteht (Rossi in BeckOK, Informations- und Medienrecht, Gersdorf/ Paal, 23. Edition, Stand 1.5.2018, § 5 VIG Rn. 25 und § 6 VIG Rn. 10 ff.). Demgegenüber ist ein vorrangiges Interesse des Beigeladenen bzw. der Antragsgegnerin an einer sofortigen Informationsübermittlung vorliegend nicht gegeben.

Die Intensität eines Schadens zum Nachteil des Antragstellers ist durch die Multiplikation über die Internetplattform „Topf Secret“ (Foodwatch/FragDenStaat) ungleich höher als bei einer singulären Auskunft an einen einzelnen Verbraucher. Die Streuung über den Multiplikator Internet erfolgt unmittelbar, unumkehrbar und unbefristet und anders als im Fall des § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB auch bei geringfügigen Beeinträchtigungen, bei denen kein Bußgeld in Höhe von mindestens dreihundertfünfzig Euro zu erwarten ist* Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Korrespondenz mit dem Beigeladenen per Post abläuft, so dass anders als bei einer Übersendung der Korrespondenz und Kontrollberichte an die durch das Portal „Topf Secret“ generierte E-Mail-Adresse diese nicht automatisiert auf das Portal hochgeladen werden kann. Insofern ist darauf hinzuweisen, dass eine postalisch erfolgte Zustellung von Kopien der begehrten Kontrollberichte deren Scannen und anschließendes Einstellen auf der Plattform nicht verhindern kann, ebenso wenig wie der Hinweis, dass die Weiterverwendung der Information in der alleinigen Verantwortung und im Risiko des Beigeladenen liege und gegebenenfalls zivilrechtlich zu verfolgen wäre.

Nach alledem war dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage in vollem Umfang stattzugeben. Einer Entscheidung über den hilfsweise gestellten Antrag zu 2.) bedurfte es daher nicht.

2. Bei verständiger Würdigung sind die Anträge zu 3.) und 4.) auf Erlass eines Beschlusses, mit welchem die Antragsgegnerin verpflichtet wird, die streitgegenständlichen Kontrollberichte von dem Beigeladenen zurückzufordern bzw., dass der Beigeladene die ihm übersandten Kontrollberichte an die Antragsgegnerin herausgibt, dahingehend auszulegen, dass die Aufhebung der Vollzugsfolgen nach § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO begehrt wird.

Der so verstandene Antrag ist zulässig und begründet, da dem Antragsteller ein Anspruch auf Aufhebung der Vollzugsfolgen zusteht.

Der streitgegenständliche Bescheid wurde vorliegend durch die Herausgabe der begehrten Informationen an den Beigeladenen im Zeitpunkt der Entscheidung bereits vollzogen.

Nach § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO kann das Gericht in diesen Fällen auf Antrag die Aufhebung der Vollziehung anordnen. § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO gibt dem Gericht schon im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Befugnis, die Vollzugsfolgen gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ausgesetzter Verwaltungsakte vorläufig ganz oder teilweise zu beseitigen bzw. deren vorläufige Beseitigung anzuordnen, und dient damit der vorläufigen Sicherung eines Anspruchs auf Beseitigung der Vollzugsfolgen, dessen materielle Grundlage der allgemeine Folgenbeseitigungsanspruch in Verbindung mit dem einschlägigen materiellen Recht ist (Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 80 Rn. 176; a.A. Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Werkstand: 37. EL Juli 2019, § 80 Rn. 343: § 80 Abs. 5 Satz 3 als eigenständige Rechtsgrundlage). Voraussetzungen für den aus den Grundrechten und dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitenden öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch sind, dass durch die Vollziehung ein fortdauernd rechtswidriger Zustand herbeigeführt worden ist und die Folgenbeseitigung rechtlich und tatsächlich möglich ist (Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 80 Rn. 176; § 113 Rn. 87). § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO dient mithin der vorläufigen Sicherung eines solchen Anspruchs. Das Gericht hat bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen keinen Ermessensspielraum dahingehend, ob es die Beseitigung der Vollzugsfolgen anordnet, sondern es besteht lediglich hinsichtlich der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung ein Gestaltungsspielraum um den Umständen des jeweiligen Einzelfalls und dem Rechtsschutzziel gerecht zu werden (vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 37. EL Juli 2019, § 80 Rn. 446 m.w.N. zur Rspr.).

Ausgehend hiervon wurde ein solcher Anspruch vorliegend glaubhaft gemacht, denn wie bereits dargestellt sind die Erfolgsaussichten der vom Antragsteller erhobenen Klage als offen anzusehen. Aus diesem Grund besteht die Gefahr, dass durch die erfolgte Herausgabe der begehrten Kontrollberichte an den Beigeladenen ein faktisch unumkehrbarer Zustand geschaffen würde, wenn dieser die Berichte entgegen seines bisherigen Vorbringens dennoch in der Zukunft auf der Plattform „Topf Secret“ veröffentlicht. Sollte sich im Klageverfahren herausstellen, dass der Bescheid, mit welchem dem Antrag des Beigeladenen auf Herausgabe der Kontrollberichte stattgegeben wurde, rechtswidrig ist, so würde durch die Vollziehung des streitgegenständlichen Verwaltungsaktes in Form der Weitergabe der begehrten Informationen an den Beigeladenen, ein fortdauernd rechtswidriger Zustand herbeigeführt. Aus diesem Grund und zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) war damit die aus dem Tenor ersichtliche, vorläufige Regelung zur Rückgängigmachung der Vollzugsfolgen durch das Gericht zu treffen. Eine solche Rückgängigmachung ist auch rechtlich und tatsächlich möglich, da die begehrten Informationen dem Beigeladenen zwar bereits zur Kenntnis gelangt sind, er diese aber auf postalischem Wege erhalten und zum jetzigen Zeitpunkt nicht im Internet veröffentlicht hat, wodurch eine letztlich irreversible Verbreitung selbiger erfolgt wäre.

Die vorliegende Anordnung ist auch vor dem Hintergrund der mit Hängebeschluss vom 2. April 2020 getroffenen Regelung erforderlich, da die darin erfolgte einstweilige Untersagung der Veröffentlichung der erhaltenen Informationen eine rein vorläufige Zwischenverfügung im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes darstellt.

Auch die Mitteilung des Beigeladenen, er beabsichtige keine Veröffentlichung der Informationen, führt nicht zu einer anderen Sichtweise, denn die Frage der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit der Herausgabe von Verbraucherinformationen bei Antragstellung über das Portal „fragdenstaat“ ist wie dargestellt nicht abschließend geklärt. Letztlich geht es also um die Rechtmäßigkeit des an den Beigeladenen adressierten Bescheid vom 6. März 2020, welcher die rechtliche Grundlage für das Behaltendürfen der streitgegenständlichen Informationen darstellt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene hat seine außergerichtlichen Kosten mangels Antragstellung gemäß § 154 Abs. 3 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO selbst zu tragen.

4. Die Streitwertfestsetzung resultiert aus § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach für sonstige Maßnahmen im Lebensmittelrecht der Jahresbetrag der erwarteten wirtschaftlichen Auswirkungen, sonst - wie hier - der Auffangwert von 5.000,00 EUR anzusetzen ist, welcher nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren ist, sodass 2.500,00 EUR festzusetzen waren.

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