Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 9 S 1034/15

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. März 2015 - 9 K 1519/13 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt von dem beklagten Land die Erteilung der Erlaubnis zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf den Bereich der Ergotherapie (sektorale Heilpraktikererlaubnis).
Im Jahre 1989 wurde ihr die Erlaubnis erteilt, eine Tätigkeit unter der damals gesetzlich vorgesehenen Berufsbezeichnung „Beschäftigungs- und Arbeitstherapeutin“ auszuüben. Im Jahre 2009 erwarb sie den akademischen Grad „Diplom-Ergotherapeutin (FH)“. Sie ist in einer eigenen Praxis tätig.
Mit Schreiben an das Gesundheitsamt beim Landratsamt Karlsruhe vom 05.12.2011 beantragte die Klägerin die Zulassung zur Heilpraktikerprüfung im Bereich Ergotherapie. Mit Schreiben vom 07.09.2012 teilte das Gesundheitsamt ihr mit, dass die Arbeitsgruppe der Obersten Landesgesundheitsbehörden im Einvernehmen aller Bundesländer entschieden habe, dass bundeseinheitlich keine Erlaubnisse für den Bereich Ergotherapie erteilt würden. Ihr Antrag habe somit keine Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin hielt gleichwohl an ihrem Begehren fest. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.09.2012 präzisierte sie ihren Antrag dahingehend, ihr die beschränkte Heilpraktikererlaubnis - vorbehaltlich der erfolgreichen Ablegung der erforderlichen Prüfung - zu erteilen.
Mit Bescheid vom 30.11.2012 lehnte das Gesundheitsamt den Antrag ab, da Ergotherapie in gegenständlicher Sicht nicht hinreichend abgrenzbar sei. Zudem handele es sich dabei nicht um die Ausübung von Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes, da sie keine nennenswerten Gesundheitsgefahren zur Folge haben könne.
Den von der Klägerin gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 05.06.2013, zugestellt am 08.06.2013, mit der Begründung zurück, bei den Tätigkeiten im Bereich der Ergotherapie fehle es in Anbetracht ihres breit gefächerten Einsatzes an der erforderlichen Abgrenzbarkeit. Die Ergotherapie finde Anwendung bei der Wiederherstellung und Förderung eingeschränkter körperlicher und geistiger Fähigkeiten in praktisch allen medizinischen Fachbereichen. Beispielhaft seien die Pädiatrie, Orthopädie, Chirurgie, Innere Medizin, Psychiatrie, Neurologie und die Geriatrie genannt. Die mangelnde Abgrenzbarkeit der Ergotherapie stehe auch der Durchführung einer sektoralen Heilpraktikerprüfung auf diesem Gebiet entgegen. Ob von ergotherapeutischen Behandlungen nennenswerte Gesundheitsgefahren ausgehen könnten, könne dahingestellt bleiben.
Die Klägerin hat am 21.06.2013 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 30.11.2012 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.06.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf das Gebiet der Ergotherapie, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden; hilfsweise festzustellen, dass sie - nach Kenntnisüberprüfung - für selbstständige Behandlungen aus dem Aufgabenkreis der ihr erteilten Erlaubnis zur Ausübung einer Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ einer Heilpraktikererlaubnis nicht bedarf.
Mit Urteil vom 19.03.2015 hat das Verwaltungsgericht der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Das Bescheidungsbegehren sei zulässig und begründet. Die vom Landratsamt für die Versagung der von der Klägerin begehrten Erlaubnis angeführten Gründe erwiesen sich als rechtlich nicht tragfähig. Die Klägerin habe Anspruch auf eine neue Entscheidung.
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin sei § 1 Abs. 1 HeilprG in Verbindung mit der Ersten Durchführungsverordnung zu diesem Gesetz (1. DVO - HeilprG). Danach bedürfe der Erlaubnis, wer, ohne als Arzt bestallt zu sein, die Heilkunde ausüben wolle. Auf die Erteilung der Erlaubnis bestehe ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO - HeilprG eingreife. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung als erlaubnispflichtige heilkundliche Tätigkeit im Sinne des Heilpraktikergesetzes anzusehen. Die Ausübung der Heilkunde umfasse nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt werde. Wegen der mit dem Erlaubniszwang verbundenen Beschränkung der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG fielen darunter nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur solche Heilbehandlungen, die nach allgemeiner Auffassung ärztliche Fachkenntnisse erforderten und gesundheitliche Schäden verursachen könnten. Ärztliche Fachkenntnisse könnten erforderlich sein im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der Tätigkeit oder auch schon im Hinblick auf die Feststellung, ob im Einzelfall mit der Behandlung begonnen werden dürfe, ohne dass der Patient durch die Verrichtung selbst unmittelbar Schaden nehme. Auch Tätigkeiten, die für sich gesehen ärztliche Fachkenntnisse nicht voraussetzten, fielen unter die Erlaubnispflicht, wenn sie nennenswerte Gesundheitsgefährdungen zur Folge haben könnten. Dazu zählten auch mittelbare Gefährdungen, wenn durch die Behandlung ein frühzeitiges Erkennen ernster Leiden verzögert werde und die Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefährdung nicht nur geringfügig sei. Eine solche Gefahr bestehe dann, wenn die in Rede stehende Heilbehandlung als eine die ärztliche Berufsausübung ersetzende Tätigkeit erscheine. Der Beklagte stelle nicht in Abrede, dass die eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung ärztliche Fachkenntnisse erfordere. Dies ziehe auch die Kammer nicht in Zweifel. Die Ausübung einer Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ sei nach § 1 ErgThG erlaubnispflichtig. Die Erteilung der Erlaubnis setze nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErgThG das Bestehen einer nach dreijähriger Ausbildung abzulegenden staatlichen Prüfung für Ergotherapeuten voraus. Die in der dreijährigen Ausbildung vermittelte Fachkunde betreffe ausweislich der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten (ErgThAPrV) in erheblichem Umfang auch spezifisch heilkundliche Kenntnisse, wie sich aus der Anlage 1 ableiten lasse. Diese spezifisch heilkundlichen Kenntnisse seien gemäß §§ 5 f. ErgThAPrV auch Gegenstand des schriftlichen und mündlichen Teils der staatlichen Prüfung. Als Beleg für das Erfordernis ärztlicher Fachkenntnisse bei Durchführung von Maßnahmen der Ergotherapie könne auch die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung - Heilmittel-Richtlinie - angeführt werden. Gemäß § 35 Abs. 1 der Richtlinie dienten die Maßnahmen der Ergotherapie der Wiederherstellung, Entwicklung, Verbesserung, Erhaltung oder Kompensation der krankheitsbedingt gestörten motorischen, sensorischen, psychischen und kognitiven Funktionen und Fähigkeiten. Es gehe bei der von der Klägerin angestrebten eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden also bereits im ersten Schritt um die Diagnose krankheitsbedingt gestörter Körperfunktionen, was ohne ärztliche (heilkundliche) Fachkenntnisse nicht möglich erscheine.
Auch die im Anschluss an die Diagnose der Krankheit zu treffende Entscheidung, welche der vielfältigen ergotherapeutischen Behandlungsmaßnahmen angezeigt sei (vgl. §§ 36 f. der Richtlinie), lasse sich ohne Anwendung der in der Ausbildung zum Ergotherapeuten vermittelten heilkundlichen Kenntnisse nicht sachgerecht treffen. Dass Gegenstand ergotherapeutischer Maßnahmen auch beratende Tätigkeiten - etwa mit Blick auf die Verbesserung der eigenständigen Lebensführung - sein könnten (vgl. § 35 Abs. 3, § 36 f. der Richtlinie), die für sich genommen keine ärztlichen Fachkenntnisse erfordern dürften, ändere, da insoweit nur ein Randbereich der Tätigkeit betroffen sei, nichts an dem grundsätzlichen Erfordernis derartiger Kenntnisse für die eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung.
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Die von der Klägerin angestrebte eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung könne auch nennenswerte Gesundheitsgefährdungen zur Folge haben. Das - hier zu bejahende - Erfordernis ärztlicher Fachkenntnisse für die in Rede stehende Behandlung führe ohne Weiteres zu der Annahme, dass diese Behandlung mit der Gefahr gesundheitlicher Schäden verbunden sei. Denn die Ausübung einer Tätigkeit ohne die hierfür erforderlichen ärztlichen oder heilkundlichen Fachkenntnisse sei a priori geeignet, gesundheitliche Schäden beim Patienten nach sich zu ziehen. Der Einwand des Beklagten, die Ergotherapie biete so gut wie keine Risiken, wenn sie von einem gut ausgebildeten Therapeuten durchgeführt werde, gehe von einem unzutreffenden rechtlichen Ansatz aus. Bei der Frage nach der Gefahrengeneigtheit der Tätigkeit seien die durch eine Ausbildung vermittelten ärztlichen Fachkenntnisse auszublenden. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ergotherapeutische Maßnahmen als solche keinen Gesundheitsschaden hervorrufen könnten, was zweifelhaft erscheine, lasse sich jedenfalls eine mittelbare Gesundheitsgefährdung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Abrede stellen. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung setze die Diagnose der Krankheit voraus, die zu der jeweils in Rede stehenden körperlichen oder geistigen Störung führe. Dies impliziere die Gefahr einer Fehldiagnose und infolgedessen die Verzögerung eines rechtzeitigen Erkennens ernster Leiden. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen mittelbaren Gefährdung erscheine auch nicht als nur geringfügig. Entgegen der Auffassung des Landratsamts sei es nicht völlig fernliegend, dass Patienten mit gravierenden Krankheiten sich bei Auftreten von Störungen ihrer motorischen oder kognitiven Funktionen statt in ärztliche in ergotherapeutische Behandlung begäben. Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn sich die gravierende Krankheit in ihrem Frühstadium befinde und noch nicht zu Symptomen geführt habe, die das Aufsuchen eines Arztes als vorrangig erscheinen ließen. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung sei somit eine erlaubnispflichtige heilkundliche Tätigkeit im Sinne des Heilpraktikergesetzes.
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Die Erlaubnispflicht nach diesem Gesetz entfalle nicht deshalb, weil die Klägerin ausgebildete Ergotherapeutin sei. Für die Berufsgruppe der ausgebildeten Physiotherapeuten, die im Besitz einer nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 MPhG erteilten Erlaubnis seien, habe das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass diese Erlaubnis nicht zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur Ausübung der Heilkunde berechtige. Zur Begründung habe das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, das Berufsrecht unterscheide zwischen Heilberufen, die eigenverantwortlich körperliche und seelische Leiden behandeln dürften (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker), und den Heilhilfsberufen oder Gesundheitsfachberufen, die zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt seien. Das gesetzlich fixierte Berufsbild des Physiotherapeuten zähle zu der zweiten Gruppe. Zur weiteren Begründung habe das Bundesverwaltungsgericht auf die in § 8 MPhG genannten Ausbildungsziele sowie auf die diesbezügliche Gesetzesbegründung verwiesen. Daraus sei abzuleiten, dass der für Physiotherapeuten vorgesehene Unterrichtsstoff die der ärztlichen Diagnose nachgelagerte Heilmittelerbringung, nicht aber die eigenverantwortliche Entscheidung darüber betreffe, ob ein bestimmtes Leiden überhaupt durch eine Behandlungsmethode der Physiotherapie kuriert werden könne. Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßstäbe seien auch Ergotherapeuten zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt. Die ihnen nach dem Ergotherapeutengesetz erteilte Erlaubnis berechtige also nicht zur Ausübung der Heilkunde.
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Das Ergotherapeutengesetz definiere allerdings nicht eigenständig, wozu die Ausbildung zum Ergotherapeuten befähigen solle. Hinsichtlich der Mindestanforderungen an die Ausbildung verweise § 5 ErgThG auf die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung. Deren Auswertung ergebe, dass die Ausbildungsinhalte jedenfalls keine hinreichenden Kenntnisse und Fähigkeiten für eine Erstdiagnose vermittelten. Diagnostische Maßnahmen würden lediglich in § 5 ErgThAPrV, betreffend den schriftlichen Teil der Prüfung angesprochen. Gegenstand dieses Teils der Prüfung sei danach unter anderem die spezielle Krankheitslehre einschließlich diagnostischer, therapeutischer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen. Der mündliche Teil (§ 6) der Prüfung betreffe Kenntnisse und Fähigkeiten in der Befunderhebung jedenfalls nicht explizit; der praktische Teil (§ 7) habe derartige Kenntnisse und Fähigkeiten nur am Rande zum Gegenstand (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 2, wonach die im Rahmen des praktischen Teils der Prüfung durchzuführende ergotherapeutische Behandlung auf der Grundlage eines schriftlichen Prüfungsberichts beruhe, der - auch - die ergotherapeutische Befunderhebung betreffe). Dies sei weniger, als die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten dem Prüfling abverlange. Die Befunderhebung sei nämlich Bestandteil der Ausbildung zum Physiotherapeuten (vgl. Teil A Nr. 15 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten). Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 dieser Verordnung sei im praktischen Teil der Prüfung an einem Patienten aus verschiedenen medizinischen Fachgebieten je eine Befunderhebung durchzuführen, zu bewerten und zu dokumentieren. Wenn dies nach der Rechtsprechung nicht ausreiche, um bei Physiotherapeuten bereits aufgrund der ihnen erteilten Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Physiotherapeut von hinreichenden Kenntnissen und Fähigkeiten für eine Erstdiagnose auszugehen, seien - erst recht - Ergotherapeuten nicht bereits aufgrund ihrer Ausbildung zur eigenverantwortlichen Behandlung körperlicher oder seelischer Leiden befähigt.
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Auch ein Blick auf die Gesetzeshistorie belege, dass es sich bei dem Beruf des Ergotherapeuten um einen sogenannten Heilhilfsberuf oder Gesundheitsfachberuf handele, dessen Angehörige zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt seien. Vorläufer des Ergotherapeutengesetzes sei das Gesetz über den Beruf des Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten vom 25.05.1976 (BGBl. I S. 1246) gewesen. Nach dem Entwurf der Bundesregierung zu diesem Gesetz (BT-Drs. 7/3113, S. 7) handele es sich bei dem Beruf des Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten um einen nichtärztlichen Heilberuf, wobei, wie aus den weiteren Ausführungen (S. 7, dort letzter Absatz) deutlich werde, der Gesetzentwurf die Begriffe Heilberuf und Heilhilfsberuf synonym verwende. Aus der Begründung zu § 1 des Entwurfs (BT-Drs. 7/3113, S. 8) gehe diese dienende Funktion des Therapeuten deutlich hervor; denn es heiße dort: „Der Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut übt seine Tätigkeit unter ärztlicher Anleitung an körperlich und geistig behinderten Menschen aus ...“. An dieser berufsrechtlichen Einstufung habe sich durch die späteren Änderungen des Gesetzes nichts geändert. Die mit Wirkung zum 01.01.1999 erfolgte Ersetzung der Berufsbezeichnung „Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut“ durch die Bezeichnung „Ergotherapeut“ sei in diesem Zusammenhang ohne Belang. Auch die die Ausbildung und Prüfung der Ergotherapeuten betreffende Rechtsverordnung habe sich im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang nicht erheblich geändert. Mit Blick auf die Vermittlung von Fähigkeiten für eine Erstdiagnose seien die Anforderungen an den Auszubildenden und Prüfling im Wesentlichen unverändert geblieben, wie die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten vom 23.03.1977 (BGBl. I S. 509) belege.
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Ebenso wenig wie bei Physiotherapeuten bedeute die nach alledem anzunehmende Ausgestaltung des Berufsbildes der Ergotherapeuten als Heilhilfsberuf allerdings keine Sperre für eine eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Bereich auf der Grundlage einer Heilpraktikererlaubnis. Für eine derartige Sperre sei auch dem Ergotherapeutengesetz nichts zu entnehmen. Die eigenverantwortliche Behandlung von Patienten mit den Methoden der Ergotherapie bleibe unter den Voraussetzungen des Heilpraktikergesetzes weiter möglich. Dass die Heilpraktikererlaubnis anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar sei, die von der Klägerin begehrte sektorale Heilpraktikererlaubnis also grundsätzlich rechtlich in Betracht komme, sei in der Rechtsprechung geklärt. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung sei zum Schutz der Volksgesundheit nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben wolle.
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Der Bereich der Ergotherapie sei hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar. Ohne Erfolg stelle der Beklagte dies unter Hinweis auf den ganzheitlichen Ansatz der Ergotherapie in Abrede. Seiner Auffassung, anders als bei der Psychotherapie und Physiotherapie fehle es an einem bestimmten und bestimmbaren Kreis von Leiden, die zu heilen in die Kompetenz des Ergotherapeuten fielen, sei unter entsprechender Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Physiotherapeuten entgegenzuhalten, dass zwar die Ursachen für Störungen, deren Behebung in die Zuständigkeit des Ergotherapeuten falle, vielfältig sein könnten, und dass die Erstdiagnose der für die Störung ursächlichen Krankheit über ein einzelnes Fachgebiet der Medizin hinausgehende Kenntnisse erfordern könne, dass dies für die Abgrenzbarkeit der Erlaubnis aber noch nichts besage. Was den Bereich der Physiotherapie betreffe, sehe das Bundesverwaltungsgericht keine Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen. Aus der Vielfalt der Ursachen für vom Physiotherapeuten zu behandelnde Störungen ergäben sich nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieform. Bei der Ergotherapie verhalte es sich letztlich nicht anders; auch ihr Bereich sei hinreichend abgrenzbar. Ausschlaggebend für diese Einschätzung sei, dass der Tätigkeitsumfang des Ergotherapeuten durch die Benennung der für ihn maßgeblichen Behandlungsverfahren in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3) und die in der Anlage 1 zu dieser Verordnung im Einzelnen aufgeführten Ausbildungsinhalte präzise genug definiert sei. Es handele sich bei der Ergotherapie zudem - wie auch bei der Physiotherapie - um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie).
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Angesichts dieses normativen Rahmens sei nicht zu befürchten, dass in der Praxis nicht auflösbare Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Ergotherapie zähle oder nicht; eine Abgrenzung der Tätigkeiten, die ein nur für die Ergotherapie zugelassener Heilpraktiker durchführen dürfe, von denen, die ihm verboten seien, erscheine möglich. Da die Klägerin bereit sei, sich einer Kenntnisüberprüfung zu unterziehen, bedürften die insoweit zu stellenden Anforderungen im vorliegenden Verfahren keiner Klärung. Jedenfalls sei nicht ersichtlich, dass, wie der Beklagte geltend mache, eine einigermaßen klar umrissene Kenntnisüberprüfung bei Ergotherapeuten nicht möglich sei. Ohnehin habe eine derartige Kenntnisüberprüfung nicht formalisiert, sondern unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalls zu erfolgen.
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Der Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung fristgerecht eingelegt und begründet. Hierzu führt er aus, bei der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden handele es sich nicht um eine heilkundliche Tätigkeit im Sinne des § 1 HeilprG. Es fehle an dem Merkmal nennenswerter Gesundheitsgefahren. Ferner sei der Bereich der Ergotherapie nicht hinreichend abgrenzbar, so dass eine sektorale Heilpraktikerbefugnis für diesen Bereich nicht erteilt werden könne.
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Richtigerweise schränke das Verwaltungsgericht die Anwendbarkeit des § 1 HeilprG auf solche Heilbehandlungen ein, die nach allgemeiner Auffassung ärztliche Fachkenntnisse erforderten und gesundheitliche Schäden verursachen könnten. Es sei unstreitig, dass die eigenverantwortliche Anwendung eines Teils der ergotherapeutischen Methoden heilkundliche Fachkenntnisse erfordere. Dies gelte jedoch nicht für alle ergotherapeutischen Behandlungen. Der überwiegende Teil erfordere nur eingeschränkte beziehungsweise keine spezifischen heilkundlichen Fachkenntnisse.
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Dies ergebe sich schon aus den Methoden und den Zielsetzungen der Ergotherapie im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes. Dieser gehe aus § 35 der Heilmittel-Richtlinie ebenso hervor wie aus der vom Vorstand des Deutschen Verbandes der Ergotherapeuten e.V. (DVE) am 09.08.2007 beschlossenen Definition der Ergotherapie, die laute: „Ergotherapie unterstützt und begleitet Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind. Ziel ist, sie bei der Durchführung für sie bedeutungsvoller Betätigungen in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit in ihrer persönlichen Umwelt zu stärken. Hierbei dienen spezifische Aktivitäten, Umweltanpassung und Beratung dazu, dem Menschen Handlungsfähigkeit im Alltag, gesellschaftliche Teilhabe und eine Verbesserung seiner Lebensqualität zu ermöglichen.“
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Ebenso betonten internationale Definitionen der Ergotherapie deren ganzheitlichen Ansatz, der überwiegend jenseits des Krankheitsbegriffs des Heilpraktikergesetzes liege: So habe der Weltverband der Ergotherapeuten (World Federation of Occupational Therapists - WFOT) von allen seinen Mitgliedsländern entsprechende Definitionen gesammelt. Die Definition der Ergotherapie, auf die sich das Council Meeting der WFOT 2005 geeinigt habe, laute in der Übersetzung (WFOT 2005 - entnommen Scheepers C et al: Ergotherapie, Vom Behandeln zum Handeln, 5. Aufl. 2015, S. 3-4): „Ergotherapie ist ein Beruf, der mit der Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden durch Betätigung (occupation) befasst ist. Das primäre Ziel der Ergotherapie ist es, Menschen zu ermöglichen, an Aktivitäten des täglichen Lebens teilzunehmen. Ergotherapeuten erreichen dies dadurch, dass sie Menschen befähigen, Dinge zu tun, die ihre Fähigkeiten zur Teilnahme (an Aktivitäten) erweitern, oder indem sie die Umwelt modifizieren, um eine Teilnahme (am Lebensalltag) besser zu unterstützen... Ergotherapeuten glauben, dass Partizipation (Teilnahme am Leben) unterstützt oder eingeschränkt werden kann durch die physische und soziale Umwelt und deren Einstellungen und gesetzliche Bedingungen der Umwelt. Deshalb ist die ergotherapeutische Praxis darauf ausgerichtet, Aspekte der Umwelt zu verändern, um eine Partizipation zu erweitern. Ergotherapie wird in vielen Bereich praktiziert, eingeschlossen Kliniken, Gesundheitszentren, Heime, Arbeitsplätze, Schulen und Seniorenheime. Die Klienten sind aktiv in den therapeutischen Prozess involviert und die Ergebnisse der Therapie sind individuell, klientengesteuert und werden an Begriffen von Partizipation(smöglichkeiten) und Zufriedenheit mit der Teilnahme (an Aktivitäten) gemessen.“ Bei einem so weitläufigen und ganzheitlichen Ansatz liege es auf der Hand, dass die Ergotherapie in großen Teilen keine speziellen medizinischen Fachkenntnisse erfordere.
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Zu dem gleichen Ergebnis komme man, wenn man sich die konkreten ergotherapeutischen Mittel und Verfahren ansehe. Beschrieben seien diese in der Anlage 1 Teil A Nr. 13 ff. zu § 1 Abs. 1 ErgThAPrV: handwerkliche und gestalterische Techniken mit verschiedenen Materialien (Nr. 13), Spiele, Hilfsmittel, technische Medien (Nr. 14), arbeitstherapeutische Verfahren (Nr. 20), adaptierte Verfahren (Nr. 21). Auch für die ergotherapeutischen Maßnahmen, die der Bundesverband für Ergotherapeuten in Deutschland e.V. (BED) in seiner „Patienteninformation zur Ergotherapie" aufzähle, seien keine medizinischen Fachkenntnisse erforderlich.
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Sowohl die Zielsetzung der Ergotherapie, wie sie sich aus § 35 Heilmittel-Richtlinie und der Definition des Berufsverbandes DVE ergebe, als auch der Blick auf die konkreten Hilfsmittel und Verfahren, wie sie sich aus der Anlage zur ErgThAPrV ergäben, zeigten somit, dass für den überwiegenden Teil der Ergotherapie nur eingeschränkte beziehungsweise keine spezifischen heilkundlichen bzw. ärztlichen Fachkenntnisse erforderlich seien.
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Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bestünden bei ergotherapeutischen Behandlungen auch keine nennenswerten Gesundheitsgefahren, weder unmittelbar noch mittelbar. Zu beachten sei dabei, dass ein nur geringfügiges Gefahrenmoment nicht ausreichend sei, um die Erlaubnispflicht auszulösen, weil diese Rechtsfolge für Verrichtungen, die keine nennenswerten Gesundheitsgefahren zur Folge haben könnten, unverhältnismäßig wäre. Zum Beweis der medizinisch-fachlichen Tatsache, dass ergotherapeutische Behandlungen keine nennenswerten Gesundheitsgefahren im Sinne des Heilpraktikergesetzes zur Folge haben könnten, werde angeregt, ein Sachverständigengutachten einzuholen.
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Ergotherapeutische Maßnahmen hätten keine unmittelbaren Gesundheitsgefahren zur Folge. Besonders die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Herleitung der Gesundheitsgefahren aus dem Erfordernis ärztlicher Fachkenntnisse sei unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssten die Merkmale ärztliche Fachkenntnisse und Gesundheitsgefahren kumulativ vorliegen, nicht alternativ. Würde die Notwendigkeit ärztlicher Fachkenntnisse automatisch bei jedem Gesundheitsfachberuf die Annahme potentiell gefährlicher Behandlungsmethoden bedeuten, hätte die Rechtsprechung die Merkmale nicht mit einem „und“ verknüpft, sondern mit einem „oder“ und damit alternativ. Auch der erkennende Senat gehe in seinem Urteil vom 19.03.2009 (9 S 2518/08) davon aus, dass es heilkundliche Tätigkeiten geben könne, für die zwar ärztliche Fachkenntnisse erforderlich seien, die aber dennoch nicht zwangsläufig Gesundheitsgefahren zur Folge haben müssten. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Erfordernis ärztlicher Fachkenntnisse „ohne Weiteres“ dazu führe, die Behandlung sei mit der Gefahr gesundheitlicher Schäden verbunden, widerspreche somit obergerichtlicher und höchstrichterlicher Rechtsprechung und sei überdies sachlich nicht gerechtfertigt.
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Auch der Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, dass bei der Prüfung der Gefahrengeneigtheit der Tätigkeit die durch eine Ausbildung vermittelten ärztlichen Fachkenntnisse auszublenden seien, gehe fehl. Der erkennende Senat habe in seinem Urteil vom 19.03.2009 die Berufsausbildung explizit in seinen Leitsatz aufgenommen: „Die Berufsausübung eines nach § 1 Nr. 1 MPhG zugelassenen Masseurs und medizinischen Bademeisters stellt keine Ausübung der Heilkunde im Sinne des § 1 Abs. 2 HeilprG dar.“
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Weiter bejahe das Verwaltungsgericht auch eine mittelbare Gefahr und führe aus, es sei nicht völlig fernliegend, dass Patienten mit gravierenden Krankheiten sich bei Auftreten von Störungen ihrer motorischen oder kognitiven Funktionen statt in ärztliche zunächst in ergotherapeutische Behandlung begäben. Dies könne insbesondere der Fall sein, wenn sich die gravierende Erkrankung im Frühstadium befinde und noch nicht zu Symptomen geführt habe, die das Aufsuchen eines Arztes vorrangig erscheinen ließen. Dies widerspreche der Lebensrealität. Bei der Vielzahl der durch die Ergotherapie ergänzend oder in selteneren Fällen ausschließlich zu behandelnden Gesundheitsstörungen sei nicht davon auszugehen, dass der Ergotherapeut im Erstkontakt aufgesucht werde. Bei den Physiotherapeuten sei die Sachlage anders und nicht vergleichbar: Dass ein Physiotherapeut insbesondere bei unspezifischen Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden als Erstkontakt aufgesucht werde und dadurch eine mittelbare Gesundheitsgefahr eintreten könne (z.B. bei Bandscheibenvorfällen mit neurologischen Symptomen; bei Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden mit einhergehenden Infektionserkrankungen etc.) sei plausibel und erfahrungsgemäß auch nicht selten. Im Gegensatz dazu werde die Ergotherapie, insbesondere auch bei den von der Klägerin vorgetragenen gravierenden Krankheitsbildern beziehungsweise deren Frühstadien, in aller Regel als Behandlungsmöglichkeit erst nach ärztlicher Diagnose und aufgrund ärztlicher Initiative ergriffen.
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Unzutreffend sei auch, dass der Bereich der Ergotherapie ausreichend ausdifferenziert und abgrenzbar sei. Für die Prüfung der Abgrenzbarkeit sei maßgeblich, warum und unter welchem Gesichtspunkt die Abgrenzbarkeit für die Frage der Heilpraktikererlaubnis überhaupt relevant sei. Es gehe darum, inwieweit die für den regulären Heilpraktiker erforderliche Kenntnisüberprüfung eingeschränkt werden könne und aus Verhältnismäßigkeitserwägungen eingeschränkt werden müsse, weil der Antragsteller nur in einem abgrenzbaren Gebiet tätig werden wolle. Die Frage der Abgrenzbarkeit müsse in zwei Schritten geprüft werden: Zunächst stelle sich die Frage, inwieweit die Ergotherapie ein medizinisch-fachlich abgrenzbares Gebiet darstelle. Falls man eine solche inhaltliche Abgrenzbarkeit bejahe, müsse im zweiten Schritt die Frage gestellt werden, inwieweit dies Auswirkungen auf die Kenntnisüberprüfung habe, ob also auch die Überprüfung und damit die spätere Erlaubnis abgrenzbar sei und auf das fragliche Gebiet beschränkt werden könne. Danach sei die Ergotherapie inhaltlich nicht hinreichend abgrenzbar.
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Die Ergotherapie finde bei einer Vielzahl von Leiden mit einer Vielzahl von Therapieformen Anwendung, und zwar aus den unterschiedlichsten medizinischen Fachbereichen. Als Beleg hierfür sei auf die Heilmittel-Richtlinie zu verweisen: Die dort in den §§ 36-40 genannten und nicht näher spezifizierten Behandlungsmethoden reichten von motorisch-funktioneller Behandlung, sensomotorisch-perzeptiver Behandlung, Hirnleistungstraining/neuropsychologisch orientierter Behandlung, psychisch funktioneller Behandlung bis hin zu Thermotherapie. In der Anlage 1 zur ErgThAPrV würden zwar ergotherapeutische Mittel und Verfahren aufgezählt. Die Bezeichnungen seien aber oftmals unspezifisch, einzelne Behandlungsverfahren würden nicht näher bestimmt. Nach dem gegenwärtigen Entwicklungsstand des Berufsbildes fehle insbesondere den Randbereichen der beruflichen Tätigkeit die notwendige Schärfe.
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Zur Konkretisierung der Ergotherapie dürfe auch nicht einseitig auf einzelne Teile der Anlage 1 ErgThAPrV abgehoben werden. Zu berücksichtigen sei die gesamte Verordnung. Insbesondere Nr. 13 und 14 beschrieben die sehr vielfältigen Mittel der Ergotherapie, die einer Abgrenzung nicht zugänglich seien. Darüber hinaus verdeutlichten die dort genannten Mittel den erheblichen Anteil nicht heilkundlicher Tätigkeiten von Ergotherapeuten, welcher wesentlich weiter sei als der von Physiotherapeuten oder Podologen. Insbesondere die in Nr. 13 und 14 der Anlage 1 ErgThAPrV genannten ergotherapeutischen Mittel seien grundsätzlich nicht in der Lage, die Gesundheit eines Patienten zu gefährden. Auch bezüglich der Nr. 15 bis 22 der Anlage 1 ErgThAPrV gelte, dass diese zahlreiche Tätigkeiten außerhalb des heilkundlichen Bereichs beträfen, welche nicht hinreichend abgrenzbar seien. Insbesondere seien auch arbeitstherapeutische Verfahren Gegenstand der Ergotherapie. Diese Verfahren fielen nicht in den heilkundlichen Sektor. Unter die Punkte der Prüfungsordnung lasse sich eine unübersehbare Anzahl „ergotherapeutischer“ Verfahren subsumieren. Es bliebe jedoch unklar, welche konkreten Tätigkeiten von der Erlaubnis umfasst wären und welche nicht. Hierbei sei stets zu berücksichtigen, dass Verstöße gegen das Heilpraktikergesetz strafbewehrt seien (§ 5 HeilprG). Würde man den gesamten Bereich der Ergotherapie pauschal unter Heilpraktikervorbehalt stellen, würde der Bereich der Strafbarkeit unzulässig ausgeweitet. Es käme zu unzumutbaren Rechtsunsicherheiten für Ergotherapeuten ohne sektorale Zulassung beziehungsweise für Dritte, die angrenzende Verfahrenstechniken - nicht heilkundlicher Natur - anböten.
30 
Für den Bereich der Physiotherapie und der Podologie sei die Abgrenzbarkeit dagegen gegeben, weil sowohl der Kreis der Leiden als auch der Kreis der Therapien klar bestimmt sei. So seien in der Physiotherapie die Leiden auf den Stütz- und Bewegungsapparat begrenzt und die anzuwendenden Methoden unter den Oberbegriffen krankengymnastische Behandlungstechniken, Massagetherapie, Elektro-, Licht-, und Strahlentherapie und Hydro-, Balneo-, Thermo- und Inhalationstherapie mit den dazu gehörenden Therapieverfahren in der PhysThAPrV (Anlage 1 Nr. 16-20) aufgezählt. Bei der Ergotherapie fehle es an einer solchen klaren Begrenzung von Leiden und Therapieformen. In der Praxis werde schon eine Abgrenzung ergotherapeutischer zu physiotherapeutischen oder psychotherapeutischen Verfahren praktisch unmöglich sein.
31 
Anders als die Berufsgesetze der Physiotherapeuten und Podologen definiere das Ergotherapeutengesetz zudem nicht, wozu die Ausbildung zum Ergotherapeuten befähigen solle. Hinsichtlich der Mindestanforderungen an die Ausbildung verweise § 5 ErgThG lediglich auf die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung. Die Inhalte der Berufsausbildung müssten jedoch nicht deckungsgleich mit dem Berufsbild sein. So könnten Weiterbildungen erst nach Aufnahme der Tätigkeit erfolgen. Aus diesem Grund sei allein das Vorliegen der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung kein wesentliches Argument für die Abgrenzbarkeit der Ergotherapie. Dort würden zwar Verfahren genannt, die in den Bereich der Ergotherapie fielen. Darüber hinaus kämen jedoch noch weitere Verfahren in Betracht. Dies werde durch die Internetpräsenz der Klägerin bestätigt. Diese führe dort unter dem Menüpunkt „Ergotherapie“ folgende Punkte auf: „Pädiatrie, Neurologie, Geriatrie, Psychiatrie“. Neben der Ergotherapie (nicht als deren Unterpunkt) nenne sie: „Benaudira, Neurofeedback, Schwerpunkt ADS, Handtherapie, Palliativbereich, tiergestützte Therapie“. Da die Klägerin als Ergotherapeutin ausschließlich dazu berechtigt sei, Ergotherapie im Delegationsverfahren als heilkundliches Verfahren auszuüben, sei zu ihren Gunsten anzunehmen, dass diese Verfahren ebenfalls in den Bereich der Ergotherapie fielen. Dies dokumentiere anschaulich die Unmöglichkeit einer Abgrenzbarkeit der Verfahren. Gleiches gelte für die weiteren Angaben der Klägerin. Diese bezeichne sich auf ihrer Internetseite wie folgt: „Dipl.-Ergotherapeutin, SI-Therapeutin, ADS-Coach, Syst Therapeutin, NFB-Trainerin, Weiterbildung: tiergestützte Therapie (3-jährige Ausbildung), Legasthenietrainer, Entspannungstrainer, Rückenschulleiter, systemische Therapie, NFB, Schwerpunkt: Familientherapie, Gesprächstherapie, NFB.“ Insbesondere die genannten Weiterbildungen illustrierten, dass das Berufsbild des Ergotherapeuten aufgrund der Vielzahl der einschlägigen und angrenzenden Verfahren durch den Ausübenden individuell gestaltet werden könne.
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Auch zum Beweis der medizinisch-fachlichen Tatsache, dass das Gebiet der Ergotherapie inhaltlich nicht hinreichend abgrenzbar sei, werde angeregt, ein Sachverständigengutachten einzuholen.
33 
Selbst wenn man die Auffassung vertrete, dass für die Ergotherapie sowohl der Kreis der Leiden als auch der Kreis der Therapien bestimmt beziehungsweise bestimmbar seien, sei jedenfalls der Umfang so groß, dass Kenntnisse in einem Ausmaß abgeprüft werden müssten, die einer vollen Heilpraktikerprüfung gleich kämen. Es handele sich gerade nicht nur um eine kleine, näher bestimmte Teilmenge, die eine sektorale Heilpraktikererlaubnis und infolgedessen eine eingeschränkte Kenntnisüberprüfung wie bei den Physiotherapeuten rechtfertigen würde. Unter der - ausdrücklich bestrittenen - Annahme, dass ergotherapeutische Behandlungen gefährlich sein könnten, gebiete es der Schutzzweck des Heilpraktikergesetzes - nämlich der Schutz der Volksgesundheit und Schutz vor ungeeigneten Heilbehandlern - dann geradezu, eine vollumfassende Heilpraktikerüberprüfung durchzuführen. Aufgrund der Vielzahl der Therapieformen für eine Vielzahl von Leiden sei die Ergotherapie als eine so umfangreiche Behandlungsform einzustufen, dass eine sinnvolle Abgrenzung und Einschränkung der erforderlichen und abzuprüfenden Kenntnisse nicht möglich sei und aus Verhältnismäßigkeitserwägungen auch nicht geboten erscheine.
34 
Der folgenden Aussage des Senats aus seinem Urteil vom 19.03.2009 (9 S 2518/08) sei beizupflichten: „Die weitere Aufsplitterung der Heilpraktikererlaubnis führte daher im Ergebnis zur Einführung oder jedenfalls Ausdehnung der sektoralen Kurierfreiheit, was dem Anliegen des Heilpraktikergesetzes diametral entgegensteht und mit dem Standard anderer europäischer Staaten kaum in Einklang gebracht werde kann.“ Zudem greife das Heilpraktikergesetz das Bedürfnis in der Bevölkerung nach naturheilkundlichen Behandlungsformen auf. Es solle verhindern, dass diese Behandlungsformen - die von Ärzten überwiegend nicht angeboten würden - in den Bereich des Illegalen fielen. Das Heilpraktikergesetz diene jedoch nicht dazu, einem staatlich reglementierten Gesundheitsfachberuf einen eigenständigen Berufszugang zu ermöglichen.
35 
Ein gesetzlich fixiertes Berufsbild des Ergotherapeuten bestehe nicht. Vielmehr sei das tatsächlich existente Berufsbild maßgeblich. Nach diesem faktischen Begriff der Ergotherapie berieten und behandelten Ergotherapeuten Personen, die Einschränkungen im Bereich der Motorik, der Sinnesorgane oder der geistigen oder psychischen Fähigkeiten hätten. Daneben gäben sie Anregungen und Anleitungen zur Gestaltung des Arbeitsplatzes. Ziel sei die Ermöglichung lebenspraktischer Fähigkeiten oder die Rückkehr in den Berufsalltag. Bei ihrer Tätigkeit wirkten sie überwiegend nicht selbst auf den Körper des Patienten ein. Vielmehr beschränke sich ihre Arbeit in der Regel auf eine Anleitung des Patienten im Rahmen ergotherapeutischer Verfahren. Das Berufsbild des Ergotherapeuten vereine in seinen Bestandteilen verschiedene wissenschaftliche Disziplinen. Hiermit korrespondiere eine Vielfalt der Berufsbilder innerhalb des Bereichs der Ergotherapie, welche jedoch nicht sämtlich heilkundlicher Natur seien. Integraler Bestandteil der Ergotherapie seien handwerkliche Tätigkeiten wie beispielsweise Basteln und Kochen. Einzelne „ergotherapeutische“ Verfahren könnten unter dem Vorbehalt des Heilpraktikergesetzes stehen; die Ergotherapie als solche sei jedoch kein tauglicher Anknüpfungspunkt für die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis. Eine sektorale Heilpraktikerzulassung für Ergotherapie würde die Patientensicherheit massiv gefährden. Eine sorgfältige Überprüfung von sektoralen Heilpraktikeranwärtern sei in der Praxis kaum möglich. Mit einer solchen Erlaubnis wäre eine bundesweite Tätigkeit möglich; auch in Bundesländern, die eine sektorale Heilpraktikerzulassung für Ergotherapeuten ablehnten.
36 
Der Beklagte beantragt,
37 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. März 2015 - 9 K 1519/13 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
38 
Die Klägerin beantragt,
39 
die Berufung zurückzuweisen,
40 
hilfsweise festzustellen, dass sie für selbstständige Behandlungen aus dem Aufgabenkreis der ihr erteilten Erlaubnis zur Ausübung einer Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ einer Heilpraktikererlaubnis nicht bedarf.
41 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen des Beklagten im Einzelnen entgegen.
42 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts Karlsruhe und des Regierungspräsidiums Karlsruhe sowie die Prozessakten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (jeweils ein Band) vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf verwiesen und auf die im vorliegenden Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
43 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
44 
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf das Gebiet der Ergotherapie, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
45 
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - HeilprG - vom 17.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), in Verbindung mit der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - 1. DVO-HeilprG - vom 18.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 259), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191). Danach bedarf der Erlaubnis, wer, ohne als Arzt bestallt zu sein, die Heilkunde ausüben will. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO-HeilprG eingreift (BVerwG, Urteile vom 26.08.2009 - 3 C 19.08 -, BVerwGE 134, 345, und vom 21.01.1993 - 3 C 34.90 -, BVerwGE 91, 356, 358).
46 
1. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung ist eine heilkundliche Tätigkeit, die ohne Erlaubnis nicht ausgeübt werden darf. Soweit sich der früheren Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil vom 19.03.2009 - 9 S 1413/08 -, MedR 2009, 610, zu Physiotherapeuten) etwas Entgegenstehendes entnehmen lässt, hält der Senat daran nicht mehr fest.
47 
a) Die Ausübung der Heilkunde umfasst nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Maßgeblich sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 26.08.2009, a.a.O., und vom 10.02.1983 - 3 C 21.82 -, BVerwGE 66, 367, 369).
48 
Die eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung ist danach Ausübung der Heilkunde. Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass sie heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzt. Zur Bestimmung des Berufsbildes des Ergotherapeuten ist vorrangig auf die Fixierung im Gesetz über den Beruf der Ergotherapeutin und des Ergotherapeuten - ErgThG - vom 25.05.1976 (BGBl. I 1976 S. 1246), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), sowie in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten - ErgThAPrV - vom 02.08.1999 (BGBl. I 1999 S. 1731), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.04.2016 (BGBl. I S. 886), abzustellen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErgThG wird die Erlaubnis, eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ auszuüben, erteilt, wenn der Antragsteller (unter anderem) nach einer dreijährigen Ausbildung die staatliche Prüfung für Ergotherapeuten bestanden hat. Der schriftliche Teil der Prüfung erstreckt sich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ErgThAPrV auf folgende Fächergruppen: 1. Allgemeine Krankheitslehre; Spezielle Krankheitslehre einschließlich diagnostischer, therapeutischer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie psychosoziale Aspekte; Grundlagen der Arbeitsmedizin; 2. Psychologie und Pädagogik; Behindertenpädagogik; Berufs-, Gesetzes- und Staatskunde; 3. Motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren; Neurophysiologische Behandlungsverfahren; Neuropsychologische Behandlungsverfahren; Psychosoziale Behandlungsverfahren; Arbeitstherapeutische Verfahren. Die dreijährige Ausbildung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten umfasst nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ErgThAPrV mindestens den in der Anlage 1 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht von 2.700 Stunden und die aufgeführte praktische Ausbildung von 1.700 Stunden. Der Unterrichtsteil beinhaltet neben allgemeiner und spezieller Krankheitslehre zum Beispiel je 100 Stunden motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren (A Nr. 16), neurophysiologische Behandlungsverfahren (A Nr. 17) sowie neuropsychologische Behandlungsverfahren (A Nr. 18). Die praktische Ausbildung im motorisch-funktionellen, neurophysiologischen oder neuropsychologischen Bereich beläuft sich auf 400 Stunden (B Nr. 2). Diese normative Ausprägung des Berufsbildes des Ergotherapeuten lässt bereits für sich genommen auf das Erfordernis heilkundlicher Fachkenntnisse schließen. Nicht zuletzt manifestiert sich darin ein zeitlich wie inhaltlich erheblicher Ausbildungsaufwand (vgl. zu diesem Aspekt OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2015 - I-20 U 236/13 -, NJW-RR 2016, 109, 110).
49 
Zusätzlich zum Berufsrecht kann zur Bestimmung des Berufsbildes auch auf andere gesetzliche Regelungen der Ergotherapie - namentlich auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts (vgl. ferner zum Beihilferecht §§ 23, 24 BBhV mit den Anlagen 9 und 10) - abgestellt werden. Insbesondere ist mit in den Blick zu nehmen, dass es sich bei der Ergotherapie um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel handelt (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen in Deutschland (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Seine Richtlinien (§ 92 SGB V) haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle gesetzlich Krankenversicherten und Akteure in der gesetzlichen Krankenversicherung rechtlich bindend (vgl. zu den Einzelheiten des Meinungsstandes Hannes in: Hauck/Noftz, SGB, Stand: 8/16, § 92 SGB V Rn. 3 ff., m.w.N.). Angesichts dessen kommt auch der Heilmittel-Richtlinie eine berufsbildprägende Funktion zu.
50 
Nach § 35 Abs. 1 dienen die Maßnahmen der Ergotherapie der Wiederherstellung, Entwicklung, Verbesserung, Erhaltung oder Kompensation der krankheitsbedingt gestörten motorischen, sensorischen, psychischen und kognitiven Funktionen und Fähigkeiten. Sie bedienen sich komplexer aktivierender und handlungsorientierter Methoden und Verfahren (§ 35 Abs. 2). Die §§ 36 ff. befassen sich mit einzelnen Behandlungsmethoden und therapieergänzenden Maßnahmen. In der Anlage 1 werden zudem - einem negativen Ansatz folgend - nichtverordnungsfähige Heilmittel aufgezählt. Auch die Anlage 2 (Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf nach § 32 Abs. 1a SGB V) befasst sich im Einzelnen mit Fragen der Zuordnung zur Ergotherapie. Im Zweiten Teil (sog. Heilmittelkatalog) findet sich die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen nach § 92 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Hierbei werden detailliert Diagnosegruppen, funktionelle/strukturelle Schädigungen, Leitsymptomatiken, Ziele der Ergotherapie und entsprechende Heilmittelverordnungen zueinander in Beziehung gesetzt. In diesem Rahmen werden auch schwerstwiegende Erkrankungen thematisiert und mit komplexen Behandlungsmethoden in Verbindung gebracht. Dies verdeutlicht umso mehr, dass die selbstständige Ausübung von Ergotherapie heilkundliche Fachkenntnisse erfordert.
51 
Verfassungsrechtliche Erwägungen stützen dieses Ergebnis. Vor dem Hintergrund des mit dem Heilkundebegriff verbundenen Zweckes, Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung abzuwehren (vgl. zu deren hohem Rang als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut BVerfG, Beschlüsse vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 192, und vom 29.10.2002 - 1 BvR 525/99 -, BVerfGE 106, 181, 194; Senatsurteil vom 24.06.2014 - 9 S 1348/13 -, MedR 2015, 40; Achterfeld, MedR 2013, 103), ist eine weite Auslegung geboten (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2002 - 2 BvF 1/01 -, BVerfGE 106, 62, 107; Schnitzler, MedR 2010, 828, 831; Zuck, in: Quaas/Zuck, Medizinrecht, 3. Aufl. 2014, § 33 Rn. 9). Daher ändert sich an dem Heilkundecharakter der eigenverantwortlich ausgeübten Ergotherapie auch dadurch nichts, dass zu ihrem Gebiet ebenso Methoden zählen, die für sich genommen keine ärztlichen oder heilkundlichen Fachkenntnisse bedingen. Ob es sich dabei - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - insgesamt betrachtet lediglich um Randbereiche handelt, kann dahinstehen. Jedenfalls ist die eigenverantwortlich ausgeübte Ergotherapie in erheblichem und damit ausreichendem Maß durch Methoden geprägt, die heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzen.
52 
Soweit der Beklagte dem die anders formulierten Begriffsbestimmungen der verschiedenen Berufsverbände der Ergotherapeuten (WFOT, BED, DVE) entgegenhält, vermögen diese nichts zu ändern. Angesichts des normativ abgesteckten Rahmens tragen die Verbandsdefinitionen nichts Maßgebliches zur Bestimmung des Berufsbildes im Rechtssinne bei (vgl. auch VG Oldenburg, Urteil vom 31.01.2017 - 7 A 3879/16 -, juris Rn. 23).
53 
Der Senat ist ferner der Auffassung, dass mit der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung die Gefahr nennenswerter gesundheitlicher Schäden verbunden ist. Anders als das Verwaltungsgericht dies postuliert hat, dürfte sich dies zwar nicht ohne Weiteres aus dem Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse herleiten lassen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse einerseits und das der Gefahrenträchtigkeit andererseits stets kumulativ genannt worden. Es ist auch in der Sache keineswegs ausgeschlossen, dass bestimmte Behandlungen nur mit ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnis ordnungsgemäß vorgenommen werden können, ohne dass beim Fehlen der Fachkenntnis nennenswerte Gefahren drohen.
54 
Die selbstständige Ausübung der Ergotherapie weist allerdings eine zur Erfüllung des Heilkundebegriffs führende Gefahrengeneigtheit auf. Der rechtliche Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, dass die durch die Ausbildung zum Ergotherapeuten erworbenen Kenntnisse nicht zur Verneinung eines der Ergotherapie immanenten Gefahrenpotentials herangezogen werden können, ist zutreffend. Die Frage, ob eine eigenverantwortlich ausgeübte Ergotherapie gefahrenträchtig ist, ist abstrakt und deshalb grundsätzlich losgelöst von den subjektiven Verhältnissen des Antragstellers zu beantworten. Zwar darf der Erwerb von „heilkundlichen“ Kenntnissen und Fähigkeiten, die ein Betroffener im Rahmen einer normierten Berufsausbildung schon anderweitig zweifelsfrei erworben hat und die auch die Eignung für den Heilkundeberuf im Allgemeinen (teilweise) vermitteln können (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890), bei verfassungskonformer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Auslegung des § 1 Abs. 2 HeilprG nicht noch einmal gefordert werden (vgl. Senatsbeschluss vom 10.07.2006 - 9 S 519/06 -, VBlBW 2007, 24). Auch eine Pflicht, bereits erworbene Kenntnisse (bloß) nochmals überprüfen zu lassen, nur weil sich der Anwendungsbereich des Heilpraktikergesetzes mit den Regelungen über die Qualifikation zum Ergotherapeuten überschneiden mag, ist regelmäßig unzumutbar. Dies spielt jedoch für die Subsumtion eines heilhilfsberuflichen Gebietes wie der Ergotherapie unter den Begriff der Heilkunde keine Rolle. Während die Frage, ob die Ergotherapie der Heilkunde zuzuordnen und deshalb nach dem Heilpraktikergesetz erlaubnispflichtig ist, rein objektiv vorzunehmen ist, wirken sich Vorkenntnisse des Antragstellers erst in einem zweiten Schritt, nämlich darauf aus, ob und in welchem Umfang zur Erteilung der Heilpraktikererlaubnis noch eine Kenntnisüberprüfung stattzufinden hat. Soweit dem Senatsbeschluss vom 10.07.2006 (a.a.O.) etwas Gegenteiliges entnommen werden kann, ist daran nicht festzuhalten.
55 
Die Gefahrengeneigtheit der Ergotherapie lässt sich auch ohne die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bejahen. Es kann bereits davon ausgegangen werden, dass durch die Anwendung (mancher) ergotherapeutischer Behandlungsmethoden unmittelbar Gefahren hervorgerufen werden können. Unabhängig davon drohen bei der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung aber jedenfalls mittelbare Gefahren, weil ein Patient im Einzelfall davon absehen könnte, einen Arzt aufzusuchen, obwohl dies geboten wäre. Insofern gilt es unter anderem zu bedenken, dass es zu den Aufgaben des Ergotherapeuten gehört, bereits an den Folgen schwerwiegender Gesundheitseinschränkungen leidende Patienten - zum Beispiel nach einem Schlaganfall - zu behandeln. Im Falle einer (unerkannten) Neu- oder Wiedererkrankung könnten insbesondere frühere Patienten geneigt sein, statt eines Arztes einen selbstständig die Ergotherapie ausübenden Behandler aufzusuchen, zu dem bereits eine länger dauernde Vertrauensbeziehung besteht.
56 
Dies gilt umso mehr, als ein großer Teil der Patienten von Ergotherapeuten nicht nur wegen eines isoliert aufgetretenen Leidens gesundheitlich eingeschränkt sein dürfte, sondern eher einen generell herabgesetzten Gesundheitszustand aufweist. Jedenfalls ist dem Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zufolge die Inanspruchnahme von Heilmittelleistungen durch Pflegebedürftige überproportional hoch. Ein Drittel von ihnen erhält Leistungen der Physiotherapie. Auch Leistungen der Ergotherapie und der Logopädie werden von dieser Versichertengruppe stärker in Anspruch genommen als von anderen Versichertengruppen (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage im Bundestag, BT-Drucks. 18/7283, S. 7). Um bloß bagatellartige Heilmaßnahmen (vgl. Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 1 HeilprG Rn. 13) oder eine sonst von nennenswerten Gesundheitsgefahren freie Betätigung (vgl. insoweit zu Masseuren und medizinischen Bademeistern BVerwG, Beschluss vom 24.10.2011 - 3 B 31.11 -; BayVGH, Urteil vom 10.02.2011 - 21 B 10.188 -, jeweils juris) geht es bei der Ergotherapie nicht.
57 
b) Die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz entfällt nicht deshalb, weil die Klägerin ausgebildete Ergotherapeutin ist. Die ihr nach dem Ergotherapeutengesetz erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Ergotherapeutin berechtigt nicht zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur Ausübung der Heilkunde. Das Berufsrecht unterscheidet zwischen Heilberufen, die eigenverantwortlich körperliche oder seelische Leiden behandeln dürfen (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker), und den Heilhilfsberufen oder Gesundheitsfachberufen, die zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt sind. Das gesetzlich fixierte Berufsbild des Ergotherapeuten zählt zu der zweiten Gruppe (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
58 
Die Ausbildung ist darauf ausgerichtet, dass der Ergotherapeut anhand eines vom Arzt angegebenen Leitsymptoms nur die Einzelheiten der ergotherapeutischen Behandlung abklärt und diese durchführt.
59 
Deutlich wird die den Ergotherapeuten durch das Berufsrecht gezogene Grenze zudem durch einen Vergleich mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Berufsbildes der Psychotherapeuten. Ihnen ist die Ausübung der Heilkunde im Bereich der Psychotherapie ausdrücklich erlaubt (§ 1 Abs. 1 PsychThG). Durch die Zulassung der Berufsausübung im Wege der Approbation wird die Gleichstellung mit den anderen Heilberufen dokumentiert, die die Versorgung der Patienten eigenverantwortlich wahrnehmen dürfen (BT-Drucks. 13/8035 S. 14 Nr. 7 und Nr. 8). Wenn der Gesetzgeber die Ergotherapeuten ebenfalls zu einer eigenverantwortlichen Ausübung hätte berechtigen wollen, hätte er ihr Berufsrecht entsprechend ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
60 
Die durch § 63 Abs. 3b SGB V in der Fassung des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28.05.2008 (BGBl. I S. 874) ermöglichten Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der kassenärztlichen Versorgung bestätigen, dass der Gesetzgeber weiterhin von einem Berufsbild ausgeht, wonach Ergotherapeuten nur aufgrund ärztlicher Anordnung tätig werden dürfen. Die Modellvorhaben beruhen gerade auf diesem Umstand und knüpfen daran an, ohne jedoch die berufsrechtlich gezogenen Grenzen zu verschieben. Vielmehr hat der Gesetzgeber Bedacht darauf gelegt, dass den Ergotherapeuten keine Entscheidungsbefugnisse eingeräumt werden, bei denen es sich um selbstständige Ausübung der Heilkunde handelt (§ 63 Abs. 3b Satz 2 und 3 SGB V; vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; BT-Drucks. 16/8525 S. 105).
61 
Dass Ergotherapeuten mit eigener Praxis sozialrechtlich ähnlich der Zulassung von Ärzten zur vertragsärztlichen Versorgung als Leistungserbringer von Heilmitteln zugelassen werden können (§ 124 Abs. 1 und 2 SGB V), ist für die berufsrechtlich gezogenen Grenzen ihrer Tätigkeit ohne Bedeutung. Die Zulassung berechtigt nicht zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, sondern betrifft die Rechtsbeziehungen zu den Krankenkassen und deren Leistungspflicht bei der Versorgung mit Heilmitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
62 
c) Die Ausgestaltung des Berufsbildes der Ergotherapeuten als Heilhilfsberuf bedeutet auf der anderen Seite keine Sperre für eine eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Bereich auf der Grundlage einer Heilpraktikererlaubnis. Der Gesetzgeber hat mit dem Ergotherapeutengesetz die Anwendung dieser Behandlungsmethoden nicht auf die nach diesem Gesetz ausgebildeten Ergotherapeuten beschränkt und damit dieses Betätigungsfeld für Heilpraktiker geschlossen, sondern nur die Voraussetzungen und den Rahmen für eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeut“ normiert (vgl. § 1 Abs. 1 ErgThG). Die eigenverantwortliche Behandlung von Patienten mit den Methoden der Ergotherapie bleibt unter den Voraussetzungen des Heilpraktikergesetzes weiter möglich. Die jeweiligen Berufszugangsregelungen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen bestehen nebeneinander. Insoweit gilt für die Ergotherapie nichts anderes als für andere vom Gesetzgeber fixierte Heil- oder Heilhilfsberufe (vgl. für den Bereich der Physiotherapie BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; für den Bereich der Psychotherapie Urteile vom 09.12.2004 - 3 C 11.04 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 22, und vom 28.11.2002 - 3 C 44.01 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 21).
63 
2. Das Verwaltungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf den Bereich der Ergotherapie erteilt werden darf. Die Heilpraktikererlaubnis ist anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. Das Heilpraktikergesetz enthält weder dem Sinne noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden. Seitdem haben sich jedoch die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst für den Bereich der Psychotherapie ausgesprochen (Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 361); die dortigen Erwägungen sind aber - wie das Bundesverwaltungsgericht später ausdrücklich betont hat - nicht darauf beschränkt, sondern gelten allgemein. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben möchte (vgl. - diese Voraussetzungen bejahend für das Gebiet Physiotherapie - BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24.10.1994 - 1 BvR 1016/89 -, n.v., Beschlussabdruck S. 7 ff.; dem folgend etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.06.2012 - 13 A 668/09 -, MedR 2012, 751; Beschluss vom 04.11.2013 - 13 A 1463/12 -, juris; NdsOVG, Urteil vom 14.11.2013 - 8 LB 225/12 -, NdsVBl. 2014, 130). In diesem Fall reicht es aus, eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet.
64 
Der Bereich der Ergotherapie ist hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar (ebenso: VG Braunschweig, Urteil vom 21.01.2015 - 1 A 32/14 -, juris; VG Oldenburg, Urteil vom 31.01.2017, a.a.O.). Der Tätigkeitsumfang wird durch den in der Anlage 1 ErgThAPrV aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht und die aufgeführte praktische Ausbildung definiert. Es handelt sich zudem um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie). Angesichts dieses normativen Rahmens ist nicht zu befürchten, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Ergotherapie zählt oder nicht. Ähnlich wie bei der Psychotherapie geht es bei der Ergotherapie nicht um die Herauslösung eines bestimmten Fachgebietes aus dem Bereich der allgemeinen Heilkunde, sondern um bestimmte Therapieformen für einen bestimmten Kreis von Leiden, die unterschiedliche Ursachen haben können. Daraus ergeben sich keine (unzumutbaren) Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen, sondern nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieformen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
65 
Der Annahme des Beklagten, für den Ergotherapeuten fehle es im Gegensatz etwa zum Physiotherapeuten an einem gesetzlich fixierten Berufsbild, kann nicht zugestimmt werden. Ein hinreichender normativer Rahmen ist insbesondere mit dem Ergotherapeutengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten gesetzt. Daneben kann auf die Heilmittel-Richtlinie zurückgegriffen werden. Dabei ist es unschädlich, dass - insoweit abweichend von der Rechtslage bei den Physiotherapeuten - kein ausdrückliches Ausbildungsziel definiert ist. Der Beruf des Ergotherapeuten erfährt durch die sonst vorhandenen, oben genannten Normen, darunter etwa die genaue Bestimmung der Ausbildungsinhalte, eine hinreichende Prägung.
66 
Soweit der Beklagte der Auffassung ist, das Maß nicht-heilkundlicher Bestandteile der Ausbildung und erst recht der faktischen Betätigung des Ergotherapeuten sei (auch bei unterstellter eigenverantwortlicher, das heißt von ärztlicher Verordnung unabhängiger Berufsausübung) so hoch, dass dies der Erteilung einer auf dieses Gebiet bezogenen Heilpraktikererlaubnis entgegenstehe, überzeugt das nicht. Die Argumentation des Beklagten verkennt insoweit die Bedeutung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis. Mit deren Erteilung werden die nicht-heilkundlichen Bestandteile der Tätigkeit des Ergotherapeuten nicht zur Heilkunde aufgewertet oder auch nur „umdeklariert“. Es bedarf deshalb auch keiner genauen Ermittlung und Gewichtung der heilkundlichen im Verhältnis zu den nicht-heilkundlicher Verrichtungen eines Ergotherapeuten. Soweit sich Teile des ergotherapeutischen Tätigkeitsfeldes eindeutig dem nicht-heilkundlichen Bereich zuordnen lassen, sind sie der Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet Ergotherapie nicht abträglich; sie haben für die Heilpraktikererlaubnis schlicht keine Relevanz.
67 
Lediglich insoweit, als wegen der Weite des Berufsbildes des Ergotherapeuten hiervon auch Betätigungsfelder umfasst sind, bei denen zweifelhaft sein könnte, ob es sich bei selbstständiger Ausübung um Heilkunde handelt, bedarf dies einer näheren Betrachtung. Die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Ergotherapie führt allerdings zu keiner Änderung des dem Ergotherapeuten Gestatteten mit Ausnahme dessen, dass das Erfordernis einer jeweiligen ärztlichen Verordnung für das Tätigwerden als Ergotherapeut entfällt. Vor diesem Hintergrund erscheint der Vortrag des Beklagten, der auf eine erhöhte Rechtsunsicherheit, eine mögliche Gefährdung von Patienten und eine Ausdehnung der Strafbarkeit nach § 5 HeilprG abzielt (vgl. auch Sasse, GesR 2013, 641 ff.), überzogen.
68 
Mit dem Ergotherapeutengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten ist normativ entschieden, welchen Voraussetzungen die Führung der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ unterliegt (zur Bußgeldbewehrung siehe § 7 ErgThG). Auf den Umfang dessen, was im Sinne von § 5 HeilprG strafbar ist, hat die Anerkennung von Heilpraktikererlaubnissen für bestimmte therapeutische Teilgebiete keinen Einfluss. Von Bedeutung könnten somit allein vermehrt auftretende Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Zulassung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapie im Hinblick auf den in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten genannten Kanon der Ausbildungs- und Prüfungsinhalte und deren heilkundliche Qualität sein.
69 
Auch ohne einen Bezug zur Heilpraktikererlaubnis stellt sich indes schon bislang das Problem der Bestimmtheit und der Auslegung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, da es gilt, die genauen Ausbildungs- und Prüfungsinhalte für Ergotherapeuten zu bestimmen. Diese Problematik verlagert sich bei einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapeuten auf die Ebene der Überprüfung durch das Gesundheitsamt, das aus den solchermaßen normativ vorgegebenen Ausbildungs- und Prüfungsinhalten des Ergotherapeuten abzuleiten hat, welche Kenntnisse bei diesem vorausgesetzt werden können und welche zusätzlich für die Ausübung selbstständiger Heilkunde auf dem so umrissenen Gebiet zusätzlich überprüft werden müssen. Ferner kann auf einer weiteren Ebene, nämlich im Rahmen der Prüfung einer möglichen Strafbarkeit der Anwendung von Behandlungsmethoden nach § 5 HeilprG, die Frage aufgeworfen sein, welchen Umfang eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapeuten abdeckt. Um eine Besonderheit gerade der Ergotherapeuten geht es insoweit allerdings nicht. Abgrenzungsprobleme dergestalt, ob bestimmte Behandlungen als Heilkunde zu betrachten sind und - falls ja - ob sie von einer Heilpraktikererlaubnis gedeckt sind, entstehen nicht dadurch, dass ein Ergotherapeut auch zahlreiche nicht-heilkundliche Maßnahmen praktiziert, sondern können ebenso etwa bei Physio- oder Psychotherapeuten auftreten (vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2011 - 2 StR 580/10 -, NJW 2011, 3591, wonach die einschränkende Auslegung des von der primären öffentlich-rechtlichen Verhaltensnorm in § 1 HeilprG verwendeten Begriffs „Ausübung der Heilkunde“ auch für die akzessorische strafrechtliche Beurteilung von Heilbehandlungsfällen nach § 5 HeilprG maßgeblich ist). Zwar ist einzuräumen, dass das Gebiet der Ergotherapie etwas weniger scharf umrissen ist; dies wird allerdings dadurch abgemildert, dass sich auch hier - wie oben (S. 21 ff.) dargestellt wurde - ein „heilkundlicher Teil“ bestimmen lässt und es für die beschränkte Heilpraktikererlaubnis allein auf diesen Teilbereich ankommt. Mithin ist eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapie ebenso wenig zu unbestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG wie die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten aus Gründen mangelnder Bestimmtheit unwirksam ist. Auch eine mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG nicht hinreichend bestimmte Strafbarkeit ist mit ihr nicht verbunden (vgl. zur Verwaltungsaktakzessorietät von Strafgesetzen Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 103 Rn. 62, m.w.N.).
70 
Entgegen der Annahme des Beklagten handelt es sich bei der hinreichenden Ausdifferenziertheit und Abgrenzbarkeit nicht um medizinisch-fachliche Tatsachen, die einem Beweis zugänglich wären. Für die Einholung eines darauf bezogenen Sachverständigengutachtens besteht auch sonst kein Anlass.
71 
Der bei einer weiteren Aufsplitterung der Heilpraktikererlaubnis zu erwartende erhöhte Verwaltungsaufwand (vgl. auch Sasse, a.a.O.) ist als solcher nicht geeignet, Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl zu rechtfertigen. Sektorale Beschränkungen der Heilpraktikererlaubnis spiegeln im Übrigen nur die fortgeschrittene Ausdifferenzierung der Gesundheitsberufe durch den Gesetzgeber wider. Solange einerseits Berufsbilder mit erheblichen Qualifikationsanforderungen geschaffen werden und andererseits über das Heilpraktikergesetz die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Betätigung bei der Patientenbehandlung allein aufgrund einer Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt aufrechterhalten bleibt, besteht eine systematische Unstimmigkeit oder - mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 10.05.1988 a.a.O., S. 195) - eine Ungereimtheit, die sich dadurch jedenfalls abmildern lässt, dass der Zugang zu abgrenzbaren heilkundlichen Betätigungsfeldern durch entsprechend beschränkte Heilpraktikererlaubnisse eröffnet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
72 
3. Ein Ergotherapeut ist allerdings allein kraft seiner Ausbildung nicht zu einer eigenverantwortlichen Tätigkeit befähigt. Zum Schutz der Patienten ist deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die in der Ausbildung nicht vermittelten Kenntnisse zur ergotherapeutischen Behandlung ohne ärztliche Verordnung nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
73 
Nach § 2 Abs. 1 lit. i 1. DVO-HeilprG ist eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt vorzunehmen, um festzustellen, ob die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) bedeuten würde. Diese Überprüfung fragt keinen bestimmten Ausbildungsstand ab, sondern dient der Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) im konkreten Einzelfall. Sie soll ergeben, ob mit der Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden, das heißt mit der konkret beabsichtigten Heilkundetätigkeit, eine Gefahr für den Patienten verbunden wäre (BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O., S. 373). Der Umfang der Überprüfung steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Von einem Berufsbewerber dürfen nur solche Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt werden, die in einem Bezug zu der geplanten Tätigkeit stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f. und vom 10.02.1983, a.a.O., S. 372 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10.05.1988, a.a.O., S. 194). Er muss keine Kenntnisse nachweisen, die er für die beabsichtigte Tätigkeit nicht benötigt oder aufgrund seiner Ausbildung ohnehin schon besitzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; näher zum Ganzen auch Schelling, a.a.O., § 2 DVO-HeilprG, Rn. 8 ff.).
74 
Aufgrund ihrer Ausbildung kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die richtige Ausführung einer Krankenbehandlung mit den Mitteln der Ergotherapie hinreichend sicher beherrscht. Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der ergotherapeutischen Behandlungsmethoden müssen deshalb nicht überprüft werden. Gleiches gilt für heilkundliche Kenntnisse über Krankheiten, die mit Beschwerden auf dem Gebiet der Ergotherapie in keinem Zusammenhang stehen und mit denen ein Ergotherapeut in der Praxis nicht konfrontiert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
75 
Ihre Ausbildung befähigt die Klägerin aber nicht zu einer selbstständigen Erstdiagnose. Der Gesetzgeber hat mit dem Ausbildungsprogramm für Ergotherapeuten nach Maßgabe des Ergotherapeutengesetzes und der Ergotherapeuten-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung gerade keine Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten vorgesehen, die für eine solche Erstdiagnose erforderlich sind. Entsprechend dem vom Gesetzgeber ausgestalteten Berufsbild wird ein Ergotherapeut im Rahmen der Krankenbehandlung nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung tätig (siehe oben). Seine durch die Ausbildung vermittelte Befähigung ist begrenzt auf die fachgerechte Anwendung der Ergotherapie bei Patienten, bei denen die vorgelagerte Entscheidung darüber, ob überhaupt eine mit dieser Therapieform zu behandelnde Krankheit vorliegt, bereits getroffen worden ist. Diese Ausbildungslücke ist normativ vorgegeben. Sie folgt der Einschätzung des Gesetzgebers, dass ein nach seinen Vorstellungen geschulter Ergotherapeut keine selbstständige Heilkunde ausüben kann, aber auch nicht soll. Es geht also nicht nur um eine Bewertung der durch die Ausbildung erreichbaren Befähigung, sondern auch um die im Vorfeld getroffene Festlegung, inwieweit Nichtärzten eine selbstständige Heiltätigkeit anvertraut werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
76 
Eine andere Beurteilung wäre erst dann geboten, wenn sich die Einschätzung des Gesetzgebers als eindeutig unzutreffend oder überholt erweisen würde. Dazu müsste etwa dargelegt werden, dass die vorgegebenen Ausbildungsinhalte nicht mit dem Berufsbild eines Heilhilfsberufes korrespondierten, sondern - gleichsam überschießend - deutlich weitergehende Kenntnisse vermittelten als für die Ausübung des Berufs erforderlich. Dafür spricht indes nichts. Die für ein eigenverantwortliches Handeln nötigen Kenntnisse entstehen auch nicht in ausreichendem Maße durch die Befassung mit der Ergotherapie gleichsam als Nebeneffekt der Aneignung von Kenntnissen über die richtige Anwendung der Therapiemethode. Es besteht nämlich ein grundlegender Unterschied zwischen der fachgerechten Anwendung einer Behandlungsmethode und ihrer Indikation. Auch von einem ausgebildeten Ergotherapeuten muss deshalb zum Schutz der Patienten verlangt werden, dass über die richtige Anwendung der Therapie hinausgehende Kenntnisse aus den verschiedenen medizinischen Fachgebieten darüber vorhanden sind, ob eine solche Behandlung angezeigt ist. Dabei geht es nicht darum, eine ärztliche Differentialdiagnose zu ersetzen, sondern darum, die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Diagnosefähigkeiten zu kennen und zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
77 
Eine solche Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Patienten nicht unverhältnismäßig. Vor allem dient sie nicht nur der Abwehr mittelbarer Gefahren, die daraus erwachsen können, dass ein Patient von dem notwendigen Besuch eines Arztes abgehalten wird, etwa weil er der Erstdiagnose eines ausgebildeten Ergotherapeuten besonderes Vertrauen entgegenbringt. Es geht vielmehr auch um Gefahren, die durch die Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden unmittelbar hervorgerufen werden können. Sie bleiben bei falscher Diagnose oder nicht erkannten Kontraindikationen nicht lediglich wirkungslos, sondern können das Leiden des Patienten unter Umständen deutlich verschlimmern. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu solchen Tätigkeiten, die für sich genommen nicht zu Beeinträchtigungen führen können (dazu BVerfG, Beschlüsse vom 02.03.2004 - 1 BvR 784/03 -, MedR 2005, 35 und vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890; ferner Beschluss vom 07.08.2000 - 1 BvR 254/99 -, NJW 2000, 2736; zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
78 
Aus alledem ergibt sich für den Regelfall ein bestimmter Zuschnitt der Kenntnisüberprüfung bei ausgebildeten Ergotherapeuten, die auf ihrem Gebiet eigenverantwortlich tätig werden wollen. Der jeweilige Antragsteller muss nachweisen, dass er ausreichende Kenntnisse über die Abgrenzung der heilkundlichen Tätigkeit als Ergotherapeut gegenüber der den Ärzten und den allgemein als Heilpraktiker tätigen Personen vorbehaltenen heilkundlichen Behandlungen besitzt und ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf die einschlägigen Krankheitsbilder hat. Außerdem sind Kenntnisse in Berufs- und Gesetzeskunde einschließlich der rechtlichen Grenzen der nichtärztlichen Ausübung der Heilkunde nachzuweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
79 
Da die Kenntnisüberprüfung keine formalisierte Prüfungsleistung darstellt, sondern allein der Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Gefahrenabwehr dient, kommt es außerdem auf mögliche Einzelumstände an. Die Behörde muss zunächst die vorgelegten Zeugnisse und sonstigen Nachweise über absolvierte Studiengänge und Zusatzausbildungen prüfen und je nach dem Ergebnis die Art der weiteren Ermittlungen bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; so bereits auch BVerwG, Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f.).
II.
80 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird zugelassen, weil die Beschränkbarkeit der Heilpraktikererlaubnis auf den Bereich der Ergotherapie grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
81 
Beschluss vom 23. März 2017
82 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; vgl. Nr. 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, VBlBW Sonderbeilage Januar 2014; Senatsbeschluss vom 20.12.2016 - 9 S 1935/16 -).
83 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
I.
43 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
44 
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf das Gebiet der Ergotherapie, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
45 
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - HeilprG - vom 17.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), in Verbindung mit der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - 1. DVO-HeilprG - vom 18.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 259), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191). Danach bedarf der Erlaubnis, wer, ohne als Arzt bestallt zu sein, die Heilkunde ausüben will. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO-HeilprG eingreift (BVerwG, Urteile vom 26.08.2009 - 3 C 19.08 -, BVerwGE 134, 345, und vom 21.01.1993 - 3 C 34.90 -, BVerwGE 91, 356, 358).
46 
1. Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung ist eine heilkundliche Tätigkeit, die ohne Erlaubnis nicht ausgeübt werden darf. Soweit sich der früheren Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil vom 19.03.2009 - 9 S 1413/08 -, MedR 2009, 610, zu Physiotherapeuten) etwas Entgegenstehendes entnehmen lässt, hält der Senat daran nicht mehr fest.
47 
a) Die Ausübung der Heilkunde umfasst nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Maßgeblich sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 26.08.2009, a.a.O., und vom 10.02.1983 - 3 C 21.82 -, BVerwGE 66, 367, 369).
48 
Die eigenverantwortliche Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung ist danach Ausübung der Heilkunde. Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass sie heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzt. Zur Bestimmung des Berufsbildes des Ergotherapeuten ist vorrangig auf die Fixierung im Gesetz über den Beruf der Ergotherapeutin und des Ergotherapeuten - ErgThG - vom 25.05.1976 (BGBl. I 1976 S. 1246), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), sowie in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten - ErgThAPrV - vom 02.08.1999 (BGBl. I 1999 S. 1731), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.04.2016 (BGBl. I S. 886), abzustellen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErgThG wird die Erlaubnis, eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ auszuüben, erteilt, wenn der Antragsteller (unter anderem) nach einer dreijährigen Ausbildung die staatliche Prüfung für Ergotherapeuten bestanden hat. Der schriftliche Teil der Prüfung erstreckt sich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ErgThAPrV auf folgende Fächergruppen: 1. Allgemeine Krankheitslehre; Spezielle Krankheitslehre einschließlich diagnostischer, therapeutischer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie psychosoziale Aspekte; Grundlagen der Arbeitsmedizin; 2. Psychologie und Pädagogik; Behindertenpädagogik; Berufs-, Gesetzes- und Staatskunde; 3. Motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren; Neurophysiologische Behandlungsverfahren; Neuropsychologische Behandlungsverfahren; Psychosoziale Behandlungsverfahren; Arbeitstherapeutische Verfahren. Die dreijährige Ausbildung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten umfasst nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ErgThAPrV mindestens den in der Anlage 1 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht von 2.700 Stunden und die aufgeführte praktische Ausbildung von 1.700 Stunden. Der Unterrichtsteil beinhaltet neben allgemeiner und spezieller Krankheitslehre zum Beispiel je 100 Stunden motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren (A Nr. 16), neurophysiologische Behandlungsverfahren (A Nr. 17) sowie neuropsychologische Behandlungsverfahren (A Nr. 18). Die praktische Ausbildung im motorisch-funktionellen, neurophysiologischen oder neuropsychologischen Bereich beläuft sich auf 400 Stunden (B Nr. 2). Diese normative Ausprägung des Berufsbildes des Ergotherapeuten lässt bereits für sich genommen auf das Erfordernis heilkundlicher Fachkenntnisse schließen. Nicht zuletzt manifestiert sich darin ein zeitlich wie inhaltlich erheblicher Ausbildungsaufwand (vgl. zu diesem Aspekt OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2015 - I-20 U 236/13 -, NJW-RR 2016, 109, 110).
49 
Zusätzlich zum Berufsrecht kann zur Bestimmung des Berufsbildes auch auf andere gesetzliche Regelungen der Ergotherapie - namentlich auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts (vgl. ferner zum Beihilferecht §§ 23, 24 BBhV mit den Anlagen 9 und 10) - abgestellt werden. Insbesondere ist mit in den Blick zu nehmen, dass es sich bei der Ergotherapie um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel handelt (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen in Deutschland (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Seine Richtlinien (§ 92 SGB V) haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle gesetzlich Krankenversicherten und Akteure in der gesetzlichen Krankenversicherung rechtlich bindend (vgl. zu den Einzelheiten des Meinungsstandes Hannes in: Hauck/Noftz, SGB, Stand: 8/16, § 92 SGB V Rn. 3 ff., m.w.N.). Angesichts dessen kommt auch der Heilmittel-Richtlinie eine berufsbildprägende Funktion zu.
50 
Nach § 35 Abs. 1 dienen die Maßnahmen der Ergotherapie der Wiederherstellung, Entwicklung, Verbesserung, Erhaltung oder Kompensation der krankheitsbedingt gestörten motorischen, sensorischen, psychischen und kognitiven Funktionen und Fähigkeiten. Sie bedienen sich komplexer aktivierender und handlungsorientierter Methoden und Verfahren (§ 35 Abs. 2). Die §§ 36 ff. befassen sich mit einzelnen Behandlungsmethoden und therapieergänzenden Maßnahmen. In der Anlage 1 werden zudem - einem negativen Ansatz folgend - nichtverordnungsfähige Heilmittel aufgezählt. Auch die Anlage 2 (Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf nach § 32 Abs. 1a SGB V) befasst sich im Einzelnen mit Fragen der Zuordnung zur Ergotherapie. Im Zweiten Teil (sog. Heilmittelkatalog) findet sich die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen nach § 92 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Hierbei werden detailliert Diagnosegruppen, funktionelle/strukturelle Schädigungen, Leitsymptomatiken, Ziele der Ergotherapie und entsprechende Heilmittelverordnungen zueinander in Beziehung gesetzt. In diesem Rahmen werden auch schwerstwiegende Erkrankungen thematisiert und mit komplexen Behandlungsmethoden in Verbindung gebracht. Dies verdeutlicht umso mehr, dass die selbstständige Ausübung von Ergotherapie heilkundliche Fachkenntnisse erfordert.
51 
Verfassungsrechtliche Erwägungen stützen dieses Ergebnis. Vor dem Hintergrund des mit dem Heilkundebegriff verbundenen Zweckes, Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung abzuwehren (vgl. zu deren hohem Rang als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut BVerfG, Beschlüsse vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 192, und vom 29.10.2002 - 1 BvR 525/99 -, BVerfGE 106, 181, 194; Senatsurteil vom 24.06.2014 - 9 S 1348/13 -, MedR 2015, 40; Achterfeld, MedR 2013, 103), ist eine weite Auslegung geboten (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2002 - 2 BvF 1/01 -, BVerfGE 106, 62, 107; Schnitzler, MedR 2010, 828, 831; Zuck, in: Quaas/Zuck, Medizinrecht, 3. Aufl. 2014, § 33 Rn. 9). Daher ändert sich an dem Heilkundecharakter der eigenverantwortlich ausgeübten Ergotherapie auch dadurch nichts, dass zu ihrem Gebiet ebenso Methoden zählen, die für sich genommen keine ärztlichen oder heilkundlichen Fachkenntnisse bedingen. Ob es sich dabei - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - insgesamt betrachtet lediglich um Randbereiche handelt, kann dahinstehen. Jedenfalls ist die eigenverantwortlich ausgeübte Ergotherapie in erheblichem und damit ausreichendem Maß durch Methoden geprägt, die heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzen.
52 
Soweit der Beklagte dem die anders formulierten Begriffsbestimmungen der verschiedenen Berufsverbände der Ergotherapeuten (WFOT, BED, DVE) entgegenhält, vermögen diese nichts zu ändern. Angesichts des normativ abgesteckten Rahmens tragen die Verbandsdefinitionen nichts Maßgebliches zur Bestimmung des Berufsbildes im Rechtssinne bei (vgl. auch VG Oldenburg, Urteil vom 31.01.2017 - 7 A 3879/16 -, juris Rn. 23).
53 
Der Senat ist ferner der Auffassung, dass mit der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung die Gefahr nennenswerter gesundheitlicher Schäden verbunden ist. Anders als das Verwaltungsgericht dies postuliert hat, dürfte sich dies zwar nicht ohne Weiteres aus dem Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse herleiten lassen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse einerseits und das der Gefahrenträchtigkeit andererseits stets kumulativ genannt worden. Es ist auch in der Sache keineswegs ausgeschlossen, dass bestimmte Behandlungen nur mit ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnis ordnungsgemäß vorgenommen werden können, ohne dass beim Fehlen der Fachkenntnis nennenswerte Gefahren drohen.
54 
Die selbstständige Ausübung der Ergotherapie weist allerdings eine zur Erfüllung des Heilkundebegriffs führende Gefahrengeneigtheit auf. Der rechtliche Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, dass die durch die Ausbildung zum Ergotherapeuten erworbenen Kenntnisse nicht zur Verneinung eines der Ergotherapie immanenten Gefahrenpotentials herangezogen werden können, ist zutreffend. Die Frage, ob eine eigenverantwortlich ausgeübte Ergotherapie gefahrenträchtig ist, ist abstrakt und deshalb grundsätzlich losgelöst von den subjektiven Verhältnissen des Antragstellers zu beantworten. Zwar darf der Erwerb von „heilkundlichen“ Kenntnissen und Fähigkeiten, die ein Betroffener im Rahmen einer normierten Berufsausbildung schon anderweitig zweifelsfrei erworben hat und die auch die Eignung für den Heilkundeberuf im Allgemeinen (teilweise) vermitteln können (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890), bei verfassungskonformer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Auslegung des § 1 Abs. 2 HeilprG nicht noch einmal gefordert werden (vgl. Senatsbeschluss vom 10.07.2006 - 9 S 519/06 -, VBlBW 2007, 24). Auch eine Pflicht, bereits erworbene Kenntnisse (bloß) nochmals überprüfen zu lassen, nur weil sich der Anwendungsbereich des Heilpraktikergesetzes mit den Regelungen über die Qualifikation zum Ergotherapeuten überschneiden mag, ist regelmäßig unzumutbar. Dies spielt jedoch für die Subsumtion eines heilhilfsberuflichen Gebietes wie der Ergotherapie unter den Begriff der Heilkunde keine Rolle. Während die Frage, ob die Ergotherapie der Heilkunde zuzuordnen und deshalb nach dem Heilpraktikergesetz erlaubnispflichtig ist, rein objektiv vorzunehmen ist, wirken sich Vorkenntnisse des Antragstellers erst in einem zweiten Schritt, nämlich darauf aus, ob und in welchem Umfang zur Erteilung der Heilpraktikererlaubnis noch eine Kenntnisüberprüfung stattzufinden hat. Soweit dem Senatsbeschluss vom 10.07.2006 (a.a.O.) etwas Gegenteiliges entnommen werden kann, ist daran nicht festzuhalten.
55 
Die Gefahrengeneigtheit der Ergotherapie lässt sich auch ohne die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bejahen. Es kann bereits davon ausgegangen werden, dass durch die Anwendung (mancher) ergotherapeutischer Behandlungsmethoden unmittelbar Gefahren hervorgerufen werden können. Unabhängig davon drohen bei der eigenverantwortlichen Anwendung ergotherapeutischer Methoden zur Krankenbehandlung aber jedenfalls mittelbare Gefahren, weil ein Patient im Einzelfall davon absehen könnte, einen Arzt aufzusuchen, obwohl dies geboten wäre. Insofern gilt es unter anderem zu bedenken, dass es zu den Aufgaben des Ergotherapeuten gehört, bereits an den Folgen schwerwiegender Gesundheitseinschränkungen leidende Patienten - zum Beispiel nach einem Schlaganfall - zu behandeln. Im Falle einer (unerkannten) Neu- oder Wiedererkrankung könnten insbesondere frühere Patienten geneigt sein, statt eines Arztes einen selbstständig die Ergotherapie ausübenden Behandler aufzusuchen, zu dem bereits eine länger dauernde Vertrauensbeziehung besteht.
56 
Dies gilt umso mehr, als ein großer Teil der Patienten von Ergotherapeuten nicht nur wegen eines isoliert aufgetretenen Leidens gesundheitlich eingeschränkt sein dürfte, sondern eher einen generell herabgesetzten Gesundheitszustand aufweist. Jedenfalls ist dem Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zufolge die Inanspruchnahme von Heilmittelleistungen durch Pflegebedürftige überproportional hoch. Ein Drittel von ihnen erhält Leistungen der Physiotherapie. Auch Leistungen der Ergotherapie und der Logopädie werden von dieser Versichertengruppe stärker in Anspruch genommen als von anderen Versichertengruppen (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Kleine Anfrage im Bundestag, BT-Drucks. 18/7283, S. 7). Um bloß bagatellartige Heilmaßnahmen (vgl. Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 1 HeilprG Rn. 13) oder eine sonst von nennenswerten Gesundheitsgefahren freie Betätigung (vgl. insoweit zu Masseuren und medizinischen Bademeistern BVerwG, Beschluss vom 24.10.2011 - 3 B 31.11 -; BayVGH, Urteil vom 10.02.2011 - 21 B 10.188 -, jeweils juris) geht es bei der Ergotherapie nicht.
57 
b) Die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz entfällt nicht deshalb, weil die Klägerin ausgebildete Ergotherapeutin ist. Die ihr nach dem Ergotherapeutengesetz erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Ergotherapeutin berechtigt nicht zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur Ausübung der Heilkunde. Das Berufsrecht unterscheidet zwischen Heilberufen, die eigenverantwortlich körperliche oder seelische Leiden behandeln dürfen (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker), und den Heilhilfsberufen oder Gesundheitsfachberufen, die zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt sind. Das gesetzlich fixierte Berufsbild des Ergotherapeuten zählt zu der zweiten Gruppe (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
58 
Die Ausbildung ist darauf ausgerichtet, dass der Ergotherapeut anhand eines vom Arzt angegebenen Leitsymptoms nur die Einzelheiten der ergotherapeutischen Behandlung abklärt und diese durchführt.
59 
Deutlich wird die den Ergotherapeuten durch das Berufsrecht gezogene Grenze zudem durch einen Vergleich mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Berufsbildes der Psychotherapeuten. Ihnen ist die Ausübung der Heilkunde im Bereich der Psychotherapie ausdrücklich erlaubt (§ 1 Abs. 1 PsychThG). Durch die Zulassung der Berufsausübung im Wege der Approbation wird die Gleichstellung mit den anderen Heilberufen dokumentiert, die die Versorgung der Patienten eigenverantwortlich wahrnehmen dürfen (BT-Drucks. 13/8035 S. 14 Nr. 7 und Nr. 8). Wenn der Gesetzgeber die Ergotherapeuten ebenfalls zu einer eigenverantwortlichen Ausübung hätte berechtigen wollen, hätte er ihr Berufsrecht entsprechend ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
60 
Die durch § 63 Abs. 3b SGB V in der Fassung des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28.05.2008 (BGBl. I S. 874) ermöglichten Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der kassenärztlichen Versorgung bestätigen, dass der Gesetzgeber weiterhin von einem Berufsbild ausgeht, wonach Ergotherapeuten nur aufgrund ärztlicher Anordnung tätig werden dürfen. Die Modellvorhaben beruhen gerade auf diesem Umstand und knüpfen daran an, ohne jedoch die berufsrechtlich gezogenen Grenzen zu verschieben. Vielmehr hat der Gesetzgeber Bedacht darauf gelegt, dass den Ergotherapeuten keine Entscheidungsbefugnisse eingeräumt werden, bei denen es sich um selbstständige Ausübung der Heilkunde handelt (§ 63 Abs. 3b Satz 2 und 3 SGB V; vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; BT-Drucks. 16/8525 S. 105).
61 
Dass Ergotherapeuten mit eigener Praxis sozialrechtlich ähnlich der Zulassung von Ärzten zur vertragsärztlichen Versorgung als Leistungserbringer von Heilmitteln zugelassen werden können (§ 124 Abs. 1 und 2 SGB V), ist für die berufsrechtlich gezogenen Grenzen ihrer Tätigkeit ohne Bedeutung. Die Zulassung berechtigt nicht zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde, sondern betrifft die Rechtsbeziehungen zu den Krankenkassen und deren Leistungspflicht bei der Versorgung mit Heilmitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
62 
c) Die Ausgestaltung des Berufsbildes der Ergotherapeuten als Heilhilfsberuf bedeutet auf der anderen Seite keine Sperre für eine eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Bereich auf der Grundlage einer Heilpraktikererlaubnis. Der Gesetzgeber hat mit dem Ergotherapeutengesetz die Anwendung dieser Behandlungsmethoden nicht auf die nach diesem Gesetz ausgebildeten Ergotherapeuten beschränkt und damit dieses Betätigungsfeld für Heilpraktiker geschlossen, sondern nur die Voraussetzungen und den Rahmen für eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Ergotherapeut“ normiert (vgl. § 1 Abs. 1 ErgThG). Die eigenverantwortliche Behandlung von Patienten mit den Methoden der Ergotherapie bleibt unter den Voraussetzungen des Heilpraktikergesetzes weiter möglich. Die jeweiligen Berufszugangsregelungen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen bestehen nebeneinander. Insoweit gilt für die Ergotherapie nichts anderes als für andere vom Gesetzgeber fixierte Heil- oder Heilhilfsberufe (vgl. für den Bereich der Physiotherapie BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; für den Bereich der Psychotherapie Urteile vom 09.12.2004 - 3 C 11.04 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 22, und vom 28.11.2002 - 3 C 44.01 -, Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 21).
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2. Das Verwaltungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf den Bereich der Ergotherapie erteilt werden darf. Die Heilpraktikererlaubnis ist anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. Das Heilpraktikergesetz enthält weder dem Sinne noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden. Seitdem haben sich jedoch die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst für den Bereich der Psychotherapie ausgesprochen (Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 361); die dortigen Erwägungen sind aber - wie das Bundesverwaltungsgericht später ausdrücklich betont hat - nicht darauf beschränkt, sondern gelten allgemein. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben möchte (vgl. - diese Voraussetzungen bejahend für das Gebiet Physiotherapie - BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24.10.1994 - 1 BvR 1016/89 -, n.v., Beschlussabdruck S. 7 ff.; dem folgend etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.06.2012 - 13 A 668/09 -, MedR 2012, 751; Beschluss vom 04.11.2013 - 13 A 1463/12 -, juris; NdsOVG, Urteil vom 14.11.2013 - 8 LB 225/12 -, NdsVBl. 2014, 130). In diesem Fall reicht es aus, eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet.
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Der Bereich der Ergotherapie ist hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar (ebenso: VG Braunschweig, Urteil vom 21.01.2015 - 1 A 32/14 -, juris; VG Oldenburg, Urteil vom 31.01.2017, a.a.O.). Der Tätigkeitsumfang wird durch den in der Anlage 1 ErgThAPrV aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht und die aufgeführte praktische Ausbildung definiert. Es handelt sich zudem um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (§ 124 Abs. 1 SGB V, Heilmittel-Richtlinie). Angesichts dieses normativen Rahmens ist nicht zu befürchten, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zur Ergotherapie zählt oder nicht. Ähnlich wie bei der Psychotherapie geht es bei der Ergotherapie nicht um die Herauslösung eines bestimmten Fachgebietes aus dem Bereich der allgemeinen Heilkunde, sondern um bestimmte Therapieformen für einen bestimmten Kreis von Leiden, die unterschiedliche Ursachen haben können. Daraus ergeben sich keine (unzumutbaren) Schwierigkeiten, den Umfang der erlaubten Heiltätigkeit zu bestimmen, sondern nur bestimmte Anforderungen an den Umfang der notwendigen Kenntnisse für eine eigenverantwortliche Anwendung der Therapieformen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
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Der Annahme des Beklagten, für den Ergotherapeuten fehle es im Gegensatz etwa zum Physiotherapeuten an einem gesetzlich fixierten Berufsbild, kann nicht zugestimmt werden. Ein hinreichender normativer Rahmen ist insbesondere mit dem Ergotherapeutengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten gesetzt. Daneben kann auf die Heilmittel-Richtlinie zurückgegriffen werden. Dabei ist es unschädlich, dass - insoweit abweichend von der Rechtslage bei den Physiotherapeuten - kein ausdrückliches Ausbildungsziel definiert ist. Der Beruf des Ergotherapeuten erfährt durch die sonst vorhandenen, oben genannten Normen, darunter etwa die genaue Bestimmung der Ausbildungsinhalte, eine hinreichende Prägung.
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Soweit der Beklagte der Auffassung ist, das Maß nicht-heilkundlicher Bestandteile der Ausbildung und erst recht der faktischen Betätigung des Ergotherapeuten sei (auch bei unterstellter eigenverantwortlicher, das heißt von ärztlicher Verordnung unabhängiger Berufsausübung) so hoch, dass dies der Erteilung einer auf dieses Gebiet bezogenen Heilpraktikererlaubnis entgegenstehe, überzeugt das nicht. Die Argumentation des Beklagten verkennt insoweit die Bedeutung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis. Mit deren Erteilung werden die nicht-heilkundlichen Bestandteile der Tätigkeit des Ergotherapeuten nicht zur Heilkunde aufgewertet oder auch nur „umdeklariert“. Es bedarf deshalb auch keiner genauen Ermittlung und Gewichtung der heilkundlichen im Verhältnis zu den nicht-heilkundlicher Verrichtungen eines Ergotherapeuten. Soweit sich Teile des ergotherapeutischen Tätigkeitsfeldes eindeutig dem nicht-heilkundlichen Bereich zuordnen lassen, sind sie der Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet Ergotherapie nicht abträglich; sie haben für die Heilpraktikererlaubnis schlicht keine Relevanz.
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Lediglich insoweit, als wegen der Weite des Berufsbildes des Ergotherapeuten hiervon auch Betätigungsfelder umfasst sind, bei denen zweifelhaft sein könnte, ob es sich bei selbstständiger Ausübung um Heilkunde handelt, bedarf dies einer näheren Betrachtung. Die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Ergotherapie führt allerdings zu keiner Änderung des dem Ergotherapeuten Gestatteten mit Ausnahme dessen, dass das Erfordernis einer jeweiligen ärztlichen Verordnung für das Tätigwerden als Ergotherapeut entfällt. Vor diesem Hintergrund erscheint der Vortrag des Beklagten, der auf eine erhöhte Rechtsunsicherheit, eine mögliche Gefährdung von Patienten und eine Ausdehnung der Strafbarkeit nach § 5 HeilprG abzielt (vgl. auch Sasse, GesR 2013, 641 ff.), überzogen.
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Mit dem Ergotherapeutengesetz sowie mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten ist normativ entschieden, welchen Voraussetzungen die Führung der Berufsbezeichnung „Ergotherapeutin“ oder „Ergotherapeut“ unterliegt (zur Bußgeldbewehrung siehe § 7 ErgThG). Auf den Umfang dessen, was im Sinne von § 5 HeilprG strafbar ist, hat die Anerkennung von Heilpraktikererlaubnissen für bestimmte therapeutische Teilgebiete keinen Einfluss. Von Bedeutung könnten somit allein vermehrt auftretende Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Zulassung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapie im Hinblick auf den in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten genannten Kanon der Ausbildungs- und Prüfungsinhalte und deren heilkundliche Qualität sein.
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Auch ohne einen Bezug zur Heilpraktikererlaubnis stellt sich indes schon bislang das Problem der Bestimmtheit und der Auslegung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, da es gilt, die genauen Ausbildungs- und Prüfungsinhalte für Ergotherapeuten zu bestimmen. Diese Problematik verlagert sich bei einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapeuten auf die Ebene der Überprüfung durch das Gesundheitsamt, das aus den solchermaßen normativ vorgegebenen Ausbildungs- und Prüfungsinhalten des Ergotherapeuten abzuleiten hat, welche Kenntnisse bei diesem vorausgesetzt werden können und welche zusätzlich für die Ausübung selbstständiger Heilkunde auf dem so umrissenen Gebiet zusätzlich überprüft werden müssen. Ferner kann auf einer weiteren Ebene, nämlich im Rahmen der Prüfung einer möglichen Strafbarkeit der Anwendung von Behandlungsmethoden nach § 5 HeilprG, die Frage aufgeworfen sein, welchen Umfang eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapeuten abdeckt. Um eine Besonderheit gerade der Ergotherapeuten geht es insoweit allerdings nicht. Abgrenzungsprobleme dergestalt, ob bestimmte Behandlungen als Heilkunde zu betrachten sind und - falls ja - ob sie von einer Heilpraktikererlaubnis gedeckt sind, entstehen nicht dadurch, dass ein Ergotherapeut auch zahlreiche nicht-heilkundliche Maßnahmen praktiziert, sondern können ebenso etwa bei Physio- oder Psychotherapeuten auftreten (vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2011 - 2 StR 580/10 -, NJW 2011, 3591, wonach die einschränkende Auslegung des von der primären öffentlich-rechtlichen Verhaltensnorm in § 1 HeilprG verwendeten Begriffs „Ausübung der Heilkunde“ auch für die akzessorische strafrechtliche Beurteilung von Heilbehandlungsfällen nach § 5 HeilprG maßgeblich ist). Zwar ist einzuräumen, dass das Gebiet der Ergotherapie etwas weniger scharf umrissen ist; dies wird allerdings dadurch abgemildert, dass sich auch hier - wie oben (S. 21 ff.) dargestellt wurde - ein „heilkundlicher Teil“ bestimmen lässt und es für die beschränkte Heilpraktikererlaubnis allein auf diesen Teilbereich ankommt. Mithin ist eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapie ebenso wenig zu unbestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG wie die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten aus Gründen mangelnder Bestimmtheit unwirksam ist. Auch eine mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG nicht hinreichend bestimmte Strafbarkeit ist mit ihr nicht verbunden (vgl. zur Verwaltungsaktakzessorietät von Strafgesetzen Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 103 Rn. 62, m.w.N.).
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Entgegen der Annahme des Beklagten handelt es sich bei der hinreichenden Ausdifferenziertheit und Abgrenzbarkeit nicht um medizinisch-fachliche Tatsachen, die einem Beweis zugänglich wären. Für die Einholung eines darauf bezogenen Sachverständigengutachtens besteht auch sonst kein Anlass.
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Der bei einer weiteren Aufsplitterung der Heilpraktikererlaubnis zu erwartende erhöhte Verwaltungsaufwand (vgl. auch Sasse, a.a.O.) ist als solcher nicht geeignet, Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl zu rechtfertigen. Sektorale Beschränkungen der Heilpraktikererlaubnis spiegeln im Übrigen nur die fortgeschrittene Ausdifferenzierung der Gesundheitsberufe durch den Gesetzgeber wider. Solange einerseits Berufsbilder mit erheblichen Qualifikationsanforderungen geschaffen werden und andererseits über das Heilpraktikergesetz die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Betätigung bei der Patientenbehandlung allein aufgrund einer Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt aufrechterhalten bleibt, besteht eine systematische Unstimmigkeit oder - mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 10.05.1988 a.a.O., S. 195) - eine Ungereimtheit, die sich dadurch jedenfalls abmildern lässt, dass der Zugang zu abgrenzbaren heilkundlichen Betätigungsfeldern durch entsprechend beschränkte Heilpraktikererlaubnisse eröffnet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
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3. Ein Ergotherapeut ist allerdings allein kraft seiner Ausbildung nicht zu einer eigenverantwortlichen Tätigkeit befähigt. Zum Schutz der Patienten ist deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die in der Ausbildung nicht vermittelten Kenntnisse zur ergotherapeutischen Behandlung ohne ärztliche Verordnung nachgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
73 
Nach § 2 Abs. 1 lit. i 1. DVO-HeilprG ist eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt vorzunehmen, um festzustellen, ob die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) bedeuten würde. Diese Überprüfung fragt keinen bestimmten Ausbildungsstand ab, sondern dient der Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit (Gesundheit der Bevölkerung) im konkreten Einzelfall. Sie soll ergeben, ob mit der Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden, das heißt mit der konkret beabsichtigten Heilkundetätigkeit, eine Gefahr für den Patienten verbunden wäre (BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O., S. 373). Der Umfang der Überprüfung steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Von einem Berufsbewerber dürfen nur solche Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt werden, die in einem Bezug zu der geplanten Tätigkeit stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f. und vom 10.02.1983, a.a.O., S. 372 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10.05.1988, a.a.O., S. 194). Er muss keine Kenntnisse nachweisen, die er für die beabsichtigte Tätigkeit nicht benötigt oder aufgrund seiner Ausbildung ohnehin schon besitzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; näher zum Ganzen auch Schelling, a.a.O., § 2 DVO-HeilprG, Rn. 8 ff.).
74 
Aufgrund ihrer Ausbildung kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die richtige Ausführung einer Krankenbehandlung mit den Mitteln der Ergotherapie hinreichend sicher beherrscht. Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der ergotherapeutischen Behandlungsmethoden müssen deshalb nicht überprüft werden. Gleiches gilt für heilkundliche Kenntnisse über Krankheiten, die mit Beschwerden auf dem Gebiet der Ergotherapie in keinem Zusammenhang stehen und mit denen ein Ergotherapeut in der Praxis nicht konfrontiert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
75 
Ihre Ausbildung befähigt die Klägerin aber nicht zu einer selbstständigen Erstdiagnose. Der Gesetzgeber hat mit dem Ausbildungsprogramm für Ergotherapeuten nach Maßgabe des Ergotherapeutengesetzes und der Ergotherapeuten-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung gerade keine Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten vorgesehen, die für eine solche Erstdiagnose erforderlich sind. Entsprechend dem vom Gesetzgeber ausgestalteten Berufsbild wird ein Ergotherapeut im Rahmen der Krankenbehandlung nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung tätig (siehe oben). Seine durch die Ausbildung vermittelte Befähigung ist begrenzt auf die fachgerechte Anwendung der Ergotherapie bei Patienten, bei denen die vorgelagerte Entscheidung darüber, ob überhaupt eine mit dieser Therapieform zu behandelnde Krankheit vorliegt, bereits getroffen worden ist. Diese Ausbildungslücke ist normativ vorgegeben. Sie folgt der Einschätzung des Gesetzgebers, dass ein nach seinen Vorstellungen geschulter Ergotherapeut keine selbstständige Heilkunde ausüben kann, aber auch nicht soll. Es geht also nicht nur um eine Bewertung der durch die Ausbildung erreichbaren Befähigung, sondern auch um die im Vorfeld getroffene Festlegung, inwieweit Nichtärzten eine selbstständige Heiltätigkeit anvertraut werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
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Eine andere Beurteilung wäre erst dann geboten, wenn sich die Einschätzung des Gesetzgebers als eindeutig unzutreffend oder überholt erweisen würde. Dazu müsste etwa dargelegt werden, dass die vorgegebenen Ausbildungsinhalte nicht mit dem Berufsbild eines Heilhilfsberufes korrespondierten, sondern - gleichsam überschießend - deutlich weitergehende Kenntnisse vermittelten als für die Ausübung des Berufs erforderlich. Dafür spricht indes nichts. Die für ein eigenverantwortliches Handeln nötigen Kenntnisse entstehen auch nicht in ausreichendem Maße durch die Befassung mit der Ergotherapie gleichsam als Nebeneffekt der Aneignung von Kenntnissen über die richtige Anwendung der Therapiemethode. Es besteht nämlich ein grundlegender Unterschied zwischen der fachgerechten Anwendung einer Behandlungsmethode und ihrer Indikation. Auch von einem ausgebildeten Ergotherapeuten muss deshalb zum Schutz der Patienten verlangt werden, dass über die richtige Anwendung der Therapie hinausgehende Kenntnisse aus den verschiedenen medizinischen Fachgebieten darüber vorhanden sind, ob eine solche Behandlung angezeigt ist. Dabei geht es nicht darum, eine ärztliche Differentialdiagnose zu ersetzen, sondern darum, die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Diagnosefähigkeiten zu kennen und zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
77 
Eine solche Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Patienten nicht unverhältnismäßig. Vor allem dient sie nicht nur der Abwehr mittelbarer Gefahren, die daraus erwachsen können, dass ein Patient von dem notwendigen Besuch eines Arztes abgehalten wird, etwa weil er der Erstdiagnose eines ausgebildeten Ergotherapeuten besonderes Vertrauen entgegenbringt. Es geht vielmehr auch um Gefahren, die durch die Anwendung ergotherapeutischer Behandlungsmethoden unmittelbar hervorgerufen werden können. Sie bleiben bei falscher Diagnose oder nicht erkannten Kontraindikationen nicht lediglich wirkungslos, sondern können das Leiden des Patienten unter Umständen deutlich verschlimmern. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu solchen Tätigkeiten, die für sich genommen nicht zu Beeinträchtigungen führen können (dazu BVerfG, Beschlüsse vom 02.03.2004 - 1 BvR 784/03 -, MedR 2005, 35 und vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890; ferner Beschluss vom 07.08.2000 - 1 BvR 254/99 -, NJW 2000, 2736; zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
78 
Aus alledem ergibt sich für den Regelfall ein bestimmter Zuschnitt der Kenntnisüberprüfung bei ausgebildeten Ergotherapeuten, die auf ihrem Gebiet eigenverantwortlich tätig werden wollen. Der jeweilige Antragsteller muss nachweisen, dass er ausreichende Kenntnisse über die Abgrenzung der heilkundlichen Tätigkeit als Ergotherapeut gegenüber der den Ärzten und den allgemein als Heilpraktiker tätigen Personen vorbehaltenen heilkundlichen Behandlungen besitzt und ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf die einschlägigen Krankheitsbilder hat. Außerdem sind Kenntnisse in Berufs- und Gesetzeskunde einschließlich der rechtlichen Grenzen der nichtärztlichen Ausübung der Heilkunde nachzuweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.).
79 
Da die Kenntnisüberprüfung keine formalisierte Prüfungsleistung darstellt, sondern allein der Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Gefahrenabwehr dient, kommt es außerdem auf mögliche Einzelumstände an. Die Behörde muss zunächst die vorgelegten Zeugnisse und sonstigen Nachweise über absolvierte Studiengänge und Zusatzausbildungen prüfen und je nach dem Ergebnis die Art der weiteren Ermittlungen bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2009, a.a.O.; so bereits auch BVerwG, Urteil vom 21.01.1993, a.a.O., S. 360 f.).
II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird zugelassen, weil die Beschränkbarkeit der Heilpraktikererlaubnis auf den Bereich der Ergotherapie grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
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Beschluss vom 23. März 2017
82 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; vgl. Nr. 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, VBlBW Sonderbeilage Januar 2014; Senatsbeschluss vom 20.12.2016 - 9 S 1935/16 -).
83 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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