Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 5 S 1439/16

Tenor

Die Satzung der Stadt Singen (Hohentwiel) über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen vom 27. September 2016 und die Satzung der Stadt Singen (Hohentwiel) über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen vom 29. September 2015 werden für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Satzung der Antragsgegnerin über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen (im Folgenden: Sondernutzungssatzung - SoNuS -).
Die Antragstellerin betreibt ein Kaffeegeschäft mit Kaffeebar in der Fußgängerzone im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin. Für dieses Geschäft erhielt sie in der Vergangenheit Sondernutzungserlaubnisse für eine Außenbestuhlung. Im Oktober 2015 wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin darauf hin, dass nach der ab dem Jahr 2016 geltenden Sondernutzungssatzung eine Erlaubnis für das Aufstellen von Tischen und Stühlen nur noch erteilt werde, wenn eine kostenlose Kundentoilette nachgewiesen werde.
Die Sondernutzungsatzung wurde vom Gemeinderat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 29. September 2015 beschlossen und am 28. Oktober 2015 im Amtsblatt „Singen kommunal“ öffentlich bekannt gemacht. Gegen diese Satzung richtet sich der Normenkontrollantrag der Antragstellerin vom 1. August 2016. Die Antragstellerin rügt die fehlende Zustimmung des Regierungspräsidiums Freiburg, sie bezweifelt, dass die bekannt gemachte Satzung mit dem beschlossenen Satzungstext übereinstimmt und rügt eine Überschreitung der Satzungskompetenz, da die Satzung auch für andere Straßen als Gemeindestraßen gelten sollte. Darüber hinaus beanstandet sie, dass § 18 Abs. 3 SoNuS die Ermessensausübung in unzulässiger Weise einschränke, da die Forderung einer Gästetoilette keinen straßenrechtlichen Bezug habe. Ferner fehle es an einer Ermächtigungsgrundlage für die verfahrensrechtlichen Regelungen in § 3 SoNuS. Schließlich verstoße die in § 19 Abs. 3 Satz 2 und § 28 SoNuS vorgesehene Zuständigkeit der Straßenverkehrsbehörde gegen § 16 Abs. 2 Satz 1 und § 8 Abs. 1 Satz 2 FStrG, da nach diesen Vorschriften die Straßenbaubehörde für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnisse zuständig sei.
Am 27. September 2016 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Sondernutzungssatzung zur Heilung etwaiger Mängel erneut. Der Wortlaut blieb mit Ausnahme der Regelung über das Inkrafttreten in § 30 Satz 1 der Satzung identisch. Während die Satzung ursprünglich am 1. Januar 2016 in Kraft treten sollte, sieht deren § 30 Satz 1 nunmehr ein Inkrafttreten rückwirkend zum 28. Oktober 2015 vor. Die Satzung wurde am 12. Oktober 2016 öffentlich bekannt gemacht, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Zustimmung des Regierungspräsidiums Freiburg noch nicht vorlag. Nachdem das Regierungspräsidium am 3. November 2016 die Zustimmung erteilt hatte, wurde die Satzung am 30. November 2016 erneut öffentlich bekannt gemacht.
Am 3. März 2017 hat die Antragstellerin die am 27. September 2016 beschlossene Sondernutzungssatzung in das Normenkontrollverfahren einbezogen. Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, die Ladung der Mitglieder des Gemeinderates zur Gemeinderatssitzung sei nicht ordnungsgemäß gewesen. Im Zeitpunkt der Bekanntmachung vom 12. Oktober 2016 habe die erforderliche Genehmigung des Regierungspräsidiums Freiburg nicht vorgelegen. Die erneute Bekanntmachung vom 30. November 2016 habe diesen Fehler nicht heilen können, da er zur Gesamtnichtigkeit der Satzung geführt habe und deshalb zuvor das Verfahren der Satzungsgebung hätte wiederholt werden müssen. Die Vorschriften der §§ 29 und 30 SoNuS verstießen gegen das Gebot der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit. Zudem liege ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot des Art. 20 Abs. 3 GG vor.
Die Antragstellerin beantragt,
die Satzung der Stadt Singen (Hohentwiel) über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen vom 27. September 2016 und die Satzung der Stadt Singen (Hohentwiel) über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen vom 29. September 2015 für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
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Sie trägt vor, der Antragstellerin fehle das Rechtschutzinteresse für einen Normenkontrollantrag gegen die am 29. September 2015 beschlossene Sondernutzungssatzung, da diese durch die am 27. September 2016 beschlossene Satzung verdrängt worden sei. Die am 27. September 2016 beschlossene Sondernutzungssatzung sei rechtswirksam. Die Bekanntmachung dieser Satzung sei mit heilender Wirkung wiederholt worden, nachdem das Regierungspräsidium seine Zustimmung erteilt habe. Die am 29. September 2015 beschlossene Satzung sei beim Regierungspräsidium zwar nur angezeigt worden. Dies sei jedoch unschädlich, da sie Trägerin der Straßenbaulast für die Gehwege an den Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen sei und die Regelungen des § 4 SoNuS über Freistellungen von der Erlaubnispflicht tatsächlich keine Sachverhalte beträfen, die Erlaubnisfreistellungen nach § 8 Abs. 1 Satz 4 FStrG gewährten und deshalb unter den Zustimmungsvorbehalt des § 8 Abs. 1 Satz 5 FStrG fallen könnten.
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Ermächtigungsgrundlage für die satzungsrechtliche Regelung der Sondernutzung auf Ortsdurchfahrten von Landes und Kreisstraßen sei § 4 Abs. 1 GemO. § 18 Abs. 3 SoNuS weise jedenfalls einen mittelbaren Bezug zur Straße auf. Denn das Erfordernis, für bestuhlte Außengastronomie eine Kundentoilette vorhalten zu müssen, führe zu einer Reduzierung des Angebots in diesem Gastronomiesegment, was wiederum der Übermöblierung des öffentlichen Raums entgegenwirke und damit direkten Einfluss auf die Sicherheit und Leichtigkeit des (Fußgänger-)Verkehrs nehme. Die Adventsregelung in § 18 Abs. 5 SoNuS enthalte eine Ausnahme zum allgemeinen Verkaufsverbot nach § 20 Abs. 3 und § 24 Abs. 1 SoNuS. Die letztgenannten Vorschriften beruhten auf der städtebaulichen Erwägung, öffentliche Verkehrsflächen von Verkaufsvorgängen freizuhalten. Mit § 18 Abs. 5 SoNuS solle mit Rücksicht auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs eine noch maßvolle Öffnung des Verkaufsverbots ermöglicht werden. Die Differenzierung von Handelsgeschäften und Dienstleistern einerseits und Gastronomiebetrieben andererseits diene der notwendigen Mengenbeschränkung. Die durch § 18 Abs. 5 SoNuS Begünstigten verkauften typischerweise Getränke zum sofortigen Verzehr. Zudem habe sich bei ihrer Betriebsart eine teilweise Inanspruchnahme des öffentlichen Verkehrsraums durch Außengastronomie als typisch und sozialadäquat seit langem etabliert. Eine Differenzierung rechtfertige sich schließlich auch unter dem Gesichtspunkt der Lebensmittelsicherheit und des Jugendschutzes. Die Verfahrensvorschrift des § 3 SoNuS finde ihre Grundlage in § 4 Abs. 1 i.V.m. § 24 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 GemO. Die Zuweisung der Entscheidungszuständigkeit an die Straßenverkehrsbehörde in § 19 Abs. 3 Satz 2 und § 28 SoNuS sei rechtmäßig. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG und § 8 Abs. 1 Satz 2 StrG seien zwar die Straßenbaubehörden zuständig. Dies sei jedoch die Antragsgegnerin als „Gemeinde“. Gleichzeitig sei sie als Große Kreisstadt untere Straßenverkehrsbehörde. Bei der Zuständigkeitsregelung der Sondernutzungssatzung handele es sich um eine gemeindeinterne Aufgabenzuordnung.
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Mit Beschluss vom 29. März 2017 (5 S 533/17) hat der Senat den von der Antragstellerin zusätzlich gestellten Antrag abgelehnt, die Vollziehung der Sondernutzungssatzung einstweilen auszusetzen. Die Vorschrift des § 18 Abs. 3 SoNuS sei zwar voraussichtlich unwirksam. Dennoch sei der Vollzug der Sondernutzungssatzung nicht einstweilen auszusetzen, da die Antragstellerin keinen schweren Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO zu befürchten habe. Ihr sei mit Bescheid vom 7. Dezember 2016 eine Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von fünf Stehtischen erteilt worden.
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Mit Urteil vom 17. August 2017 hat das Verwaltungsgericht Freiburg (6 K 3378/17) die Antragsgegnerin verpflichtet, der Antragsgegnerin die von ihr beantragte Sondernutzungserlaubnis für eine Außenbestuhlung für die Zeit bis zum 31. Oktober 2017 zu erteilen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Parteien wird auf die dem Senat vorliegenden Verfahrensakten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten in den Verfahren 5 S 1439/16 und 5 S 971/17 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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A. Der nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 AGVwGO statthafte Normenkontrollantrag gegen die Sondernutzungssatzung der Antragsgegnerin vom 27. September 2016 ist zulässig. Die Antragstellerin verfügt über die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Sie macht geltend, durch die Anwendung der angefochtenen Sondernutzungssatzung in ihren Rechten verletzt zu werden, da sie unter Verweis auf § 18 Abs. 3 Satz 1 SoNuS keine Sondernutzungserlaubnis für eine Außenbestuhlung erhalte.
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Die Antragstellerin verfügt auch über das erforderliche Rechtschutzinteresse für einen Normenkontrollantrag gegen die gesamte Satzung. Sie wendet sich unter anderem gegen die Übergangsregelungen in § 29 SoNuS und gegen die Regelung über das Inkrafttreten der Satzung in § 30 SoNuS. Diese gelten für sämtliche anderen Vorschriften der Satzung und es steht nicht von vornherein fest, dass die - unterstellte - Nichtigkeit dieser Vorschriften nur zur Teilnichtigkeit der Satzung führt. Diese Annahme setzte nicht nur voraus, dass die Satzung auch ohne die fehlerhafte Bestimmung sinnvoll bleibt, sondern sie müsste zudem auch in dieser Form vom Willen des Satzungsgebers getragen sein. Jedenfalls Letzteres ist nicht offensichtlich.
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B. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die von der Antragstellerin geltend gemachten formellen Fehler tatsächlich vorliegen. Die Sondernutzungssatzung vom 27. September 2016 weist jedenfalls materielle Fehler auf, die zu ihrer Gesamtnichtigkeit führen.
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I. Die Vorschrift des § 18 Abs. 3 SoNuS ist nicht von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt.
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Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
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„Soweit Sitzgelegenheiten beantragt werden, kann eine Erlaubnis nur erteilt werden, wenn eine kostenlose Gästetoilette nachgewiesen wird. Der Nachweis ist auf Verlangen schriftlich vorzulegen und muss vom Eigentümer der Toilette ausgestellt sein. Die Toilette muss sich in zumutbarer Entfernung befinden und muss durch den Inhaber der Sondernutzungserlaubnis ausgeschildert sein.“
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§ 16 Abs. 7 StrG und § 8 Abs. 1 Satz 1 FStrG scheiden offensichtlich als Ermächtigungsgrundlage für diese Regelung aus. Das hat der Senat bereits in seinem Beschluss im Eilverfahren (5 S 533/17) vom 29. März 2017 ausgeführt. Darauf kann verwiesen werden. Auch § 4 Abs. 1 GemO i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG stellt keine taugliche Rechtsgrundlage dar. Der Senat hat hierzu in seinem Beschluss vom 29. März 2017 Folgendes ausgeführt:
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Da die Satzungsgebung materiell Verwaltungstätigkeit darstellt, kann die Satzung nicht höhere Voraussetzungen für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis aufstellen als dies in einer, in Anwendung von § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG ausgeübten verwaltungsbehördlichen Einzelentscheidung möglich wäre. Mit anderen Worten darf die Antragsgegnerin zwar im Rahmen ihrer allgemeinen Satzungsermächtigung das ihr in § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG eröffnete Ermessen in einer Satzung regeln und so einer gleichmäßigen Ausübung zuführen. Die Satzung muss aber im gleichen Maße wie in einer behördlichen Einzelentscheidung die durch das Gesetz gezogenen Grenzen bei der Ausübung des Ermessens beachten. Entsprechend dem Zweck des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG erfasst das Ermessensprogramm dieser Vorschrift in erster Linie nur spezifisch straßenrechtliche Erwägungen im Hinblick auf die mit der beabsichtigten Sondernutzung verbundene Beeinträchtigung des widmungsgemäßen Gemeingebrauchs. Andere Erwägungen halten sich nur dann im Rahmen des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG, wenn sie (noch) einen sachlichen Bezug zur Straße haben; dies gilt beispielsweise für städtebauliche oder baugestalterische Aspekte (Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes), die auf einem konkreten gemeindlichen Gestaltungskonzept beruhen (vgl. Senatsurteil vom 1.8.1996 - 5 S 3300/95 - NVwZ-RR 1997, 677, und vom 17.3.2000 - 5 S 369/99 - NVwZ-RR 2001, 159; Senatsbeschluss vom 2.11.2009 - 5 S 3121/08 - NVwZ-RR 2010, 164). Ordnungs-, gewerbe- oder gaststättenrechtliche Gesichtspunkte dürften dagegen nicht hierzu gehören (vgl. Senatsbeschluss vom 14.10.1996 - 5 S 1775/96 - juris; BayVGH, Urteil vom 20.1.2004 - 8 N 02.3211 - NVwZ-RR 2004, 879 [880]).
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Gemessen daran dürfte § 18 Abs. 3 Satz 1 Sondernutzungssatzung den zulässigen gesetzlichen Rahmen zur satzungsrechtlichen Regelung der Ausübung des Ermessens bei der Entscheidung über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen verlassen; jedenfalls spricht nach derzeitigem Erkenntnisstand vieles dafür. Das “Abhängigmachen” der straßenfremden Nutzung in Form von bestuhlter Außenbewirtschaftung von einer kostenlosen Gästetoilette dient nach den sich aus den vorliegenden Akten ergebenden Erkenntnissen nicht - auch - dazu, straßenbezogenen Belangen, insbesondere der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs oder etwa der Vermeidung von Verunreinigungen der Straße (vgl. § 42 StrG), Rechnung zu tragen. Vielmehr geht es der Antragsgegnerin augenscheinlich nur darum, einen Mangel an öffentlich zugänglichen Toiletten auszugleichen und hierfür die Gewerbetreibenden in der Innenstadt in die Verantwortung zu nehmen (vgl. Beschlussvorlage Nr. 2015/244 der Antragsgegnerin sowie Anlagen Ast. 4 und 5). Hieran ändert auch nichts, dass die Antragsgegnerin im Zuge der neuerlichen Beschlussfassung über die Sondernutzungssatzung mit § 18 Abs. 3 der Sondernutzungssatzung nunmehr (auch) das Ziel verfolgt, der zunehmenden „Möblierung des öffentlichen Raumes“ (vgl. Beschlussvorlage der Antragsgegnerin Nr. 2016/262) entgegenzuwirken. Zwar erscheint ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Zunahme bestuhlter Außenbewirtschaftung dazu führen kann, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt wird. Allerdings lässt die Anknüpfung an das Vorhandensein einer kostenlosen Kundentoilette als Auswahlkriterium für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis den erforderlichen Bezug zur Straße vermissen. Denn auch im Rahmen des “Verteilungsermessens”, dessen Ausübung in der Satzung antizipiert wird, dürfen nicht solche Belange herangezogen werden, die überhaupt keinen Bezug zum Bestand und zur Nutzung der Straße haben, also keine straßenbezogenen Belange mehr darstellen (vgl. Senatsurteil vom 18.3.2014 - 5 S 348/13 - NVwZ-RR 2014, 539).
24 
An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch nach nochmaliger Überprüfung fest. Die Antragsgegnerin vertritt zwar die Auffassung, das Erfordernis, für bestuhlte Außengastronomie eine kostenlose Kundentoilette vorhalten zu müssen, weise einen mittelbaren Bezug zur Straße auf, da es zu einer Reduzierung des Angebots in diesem Gastronomiesegment führe und damit direkten Einfluss auf die Sicherheit und Leichtigkeit des (Fußgänger-)Verkehrs nehme. Dieses Argument vermag jedoch nicht zu überzeugen, selbst wenn man entsprechend dem Vortrag der Antragsgegnerin davon ausgeht, dass das Projekt „Nette Toilette“, mit dem einem Mangel an öffentlich zugänglichen Toiletten entgegengewirkt werden soll, nicht in direktem Zusammenhang mit § 18 Abs. 3 SoNuS steht. Die Pflicht zum Nachweis einer kostenlosen Kundentoilette weist für sich genommen ebenso wenig einen Bezug zur Straße auf, wie es beispielsweise bei einer Pflicht zur Bereitstellung einer kostenlosen W-Lan-Verbindung der Fall wäre. Nicht jede Maßnahme, die mittelbar auch dazu führt, dass das Angebot an bestuhlter Außengastronomie schrumpft und dadurch die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs fördert, besitzt den erforderlichen Bezug zur Straße, sondern nur eine solche, die unmittelbar an den Bestand oder die Nutzung der Straße anknüpft. Bei § 18 Abs. 3 SoNuS handelt es sich daher um eine in unzulässiger Weise von § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG abweichende Regelung. Sie stellt eine zusätzliche Hürde für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis auf, die keinen sachlichen Bezug zur Straße hat und ist aus diesem Grund nichtig.
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II. Auch § 18 Abs. 5 SoNuS mangelt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage.
26 
Nach dieser Vorschrift können Gaststätten sowie Inhaber einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis gemäß § 12 GastG auf Antrag an den vier Adventssonntagen einen Getränkeverkaufsstand vor der Gaststätte bzw. dem Betriebssitz erhalten. Zulässig ist jedoch nur der Verkauf eigener Getränke.
27 
Ein sachlicher Grund für eine Differenzierung zwischen den durch § 18 Abs. 5 SoNuS Begünstigten und anderen Personen mag zwar noch erkennbar sein (Gaststättenbetrieb bereits vorhanden, lebensmittelhygienische Anforderungen). Es fehlt jedoch der erforderliche straßenrechtliche Bezug. Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine Differenzierung aus Gründen des Gaststättenrechts, der Lebensmittelsicherheit und des Jugendschutzes sowie - wie die Antragsgegnerin meint - auch der Sozialadäquanz gerechtfertigt ist. Diese Umstände stellen jedenfalls keine straßenrechtlichen Belange dar.
28 
III. Die Übergangsregelungen des § 29 SoNuS und die Inkrafttretensregelung des § 30 SoNuS sind rechtswidrig, weil sie in einem unauflösbaren Widerspruch zueinander stehen und deshalb gegen das Gebot der Normklarheit (Art. 20 Abs. 3 GG) verstoßen.
29 
Nach § 30 SoNuS tritt die Satzung (rückwirkend) zum 28. Oktober 2015 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Sondernutzungssatzung vom 7. Juli 1995 außer Kraft.
30 
§ 29 SoNuS enthält eine Übergangsregelung für Anträge auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis, die vor dem 1. Januar 2016 gestellt werden. Nach § 29 Abs. 1 SoNuS werden Sondernutzungsanträge, die vor dem 1. Januar 2016 gestellt werden und bei denen die Sondernutzung im Jahr 2015 ausgeübt werden soll, nach der Sondernutzungssatzung in der bis zum 31. Dezember 2015 gültigen Fassung beschieden. Eine solche Fassung existiert jedoch nicht. Denn nach der Inkrafttretensregelung des § 30 SoNuS gilt die Sondernutzungssatzung vom 7. Juli 1995 nur bis zum 27. Oktober 2015.
31 
Nach § 29 Abs. 2 SoNuS werden Sondernutzungsanträge, die vor dem 1. Januar 2016 gestellt werden und bei denen die Sondernutzung im Jahr 2016 oder später ausgeübt werden soll, nach den Regelungen der Sondernutzungssatzung in der ab dem 1. Januar 2016 gültigen Fassung beschieden, soweit die Neufassung der Satzung bereits bekanntgegeben wurde. Eine Sondernutzungssatzung in dieser Fassung existiert jedoch ebenfalls nicht, da die am 29. September 2016 beschlossene Satzung bereits rückwirkend zum 28. Oktober 2015 in Kraft getreten ist.
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Die dargestellte Widersprüchlichkeit lässt sich durch Auslegung nicht beseitigen. Das scheitert bereits am eindeutigen Wortlaut der beiden Vorschriften. Jede ist für sich genommen eindeutig und klar, in der Gesamtschau lassen sie sich jedoch nicht miteinander vereinbaren. Die Widersprüchlichkeit aufzulösen, ist Sache des Satzungsgebers, der nach seinem Satzungsermessen bestimmen kann, welches Übergangsrecht für welche Fallgestaltungen gelten und zu welchem Zeitpunkt die Satzung in Kraft treten soll. Es ist dem Senat verwehrt, an dessen Stelle zu treten und eine Entscheidung hierüber zu treffen.
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IV. Die Vorschriften des § 3 SoNuS über das Erlaubnisverfahren sind dagegen rechtmäßig.
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§ 3 SoNuS enthält zeitliche, förmliche und inhaltliche Anforderungen an den Erlaubnisantrag. Die Antragstellerin rügt, es fehle an einer gesetzlichen Ermächtigung hierfür, weil das Verwaltungsverfahren nicht an bestimmte Formen gebunden sei. Damit dringt sie nicht durch.
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Nach § 10 Satz 1 LVwVfG ist das Verwaltungsverfahren nicht an bestimmte Formen gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen. Die Vorschrift räumt der Behörde ein Ermessen ein, wie sie das Verwaltungsverfahren durchführt - begrenzt durch die Handlungsdirektiven des § 10 Satz 2 LVwVfG, dass das Verfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen ist (vgl. Sennekamp in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 10 Rn. 11). Dieses Ermessen kann durch Rechtsvorschriften gelenkt werden. Zu diesen Rechtsvorschriften zählen auch Satzungen (vgl. Sennekamp, a.a.O. Rn 13), die sich allerdings ihrerseits an § 10 Satz 2 LVwVfG messen lassen müssen (vgl. § 40 LVwVfG).
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Davon ausgehend ist § 3 Abs. 1 und 2 SoNuS nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage für die darin enthaltenen Regelungen ist § 4 Abs. 1 GemO. Sie entsprechen auch den Grundsätzen des § 10 Satz 2 LVwVfG.
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Die Erfordernisse eines Antrags in schriftlicher (Brief, Telefax) oder elektronischer Form (E-Mail) (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SoNuS) sowie von Angaben über Ort, Art, Umfang und Dauer der beabsichtigten Sondernutzung (§ 3 Abs. 1 Satz 2 SoNuS) sind zur zweckmäßigen und zügigen Bearbeitung eines Antrags geeignet und angemessen. Gleiches gilt für die Bestimmung in § 3 Abs. 1 Satz 3 SoNuS, auf Verlangen Pläne, Beschreibungen oder sonstige erforderliche Unterlagen vorzulegen. Die Regelungen widersprechen auch nicht der Anforderung, das Verfahren „einfach“ auszugestalten. Ohne die geforderten Angaben zu Ort, Art, Umfang und Dauer der beabsichtigten Sondernutzung sowie gegebenenfalls weitere Unterlagen kann die Behörde über den Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nicht entscheiden. Die schriftliche oder elek-tronische Form des Antrags ist angesichts der Komplexität des zu prüfenden Sachverhalts sinnvoll und erschwert das Verwaltungsverfahren für den Bürger gegenüber einem nur mündlichen Antrag nicht unzumutbar.
38 
Auch die zeitlichen Vorgaben des § 3 Abs. 1 und 2 SoNuS sind unter dem Blickwinkel des § 10 LVwVfG nicht zu beanstanden. Nach § 3 Abs.1 Satz 1 SoNuS ist die Erlaubnis mindestens zwei Wochen vor der Inanspruchnahme der Sondernutzung zu beantragen. Nach § 3 Abs. 2 SoNuS können Anträge auf Erlaubnis zur Sondernutzung nur für das laufende Kalenderjahr gestellt werden. Anträge für das nächste Kalenderjahr sind ab November des Vorjahres zulässig. Die Regelungen könnten unter dem Gesichtspunkt einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage dann problematisch sein, wenn sie zu einer zwingenden und endgültigen Ablehnung eines Antrags führen würden, der die genannten Vorgaben nicht einhält (vgl. dazu Kallerhoff/Stamm in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl., § 31 Rn. 13). Bei verfrüht gestellten Anträgen ist das von vornherein nicht der Fall, denn sie können ohne Weiteres zu einem späteren Zeitpunkt erneut gestellt werden. Aber auch verspätet, d.h. unter Missachtung der Zwei-Wochen-Frist gestellte Anträge, haben nicht zwingend eine Ablehnung zur Folge. Das belegt § 3 Abs. 3 SoNuS. Nach dieser Vorschrift können die Verwaltungsgebühren bei verspätet eingelegten Anträgen dem erhöhten Aufwand angepasst werden, soweit eine Erlaubnis dennoch erteilt wird.
39 
V. Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, die Übertragung der Entscheidungszuständigkeit auf die „Straßenverkehrsbehörde“ in § 19 Abs. 3 und § 28 SoNuS widerspreche § 8 Abs. 1 Satz 4 FStrG, § 16 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 7 StrG, da nach diesen Vorschriften die Straßenbaubehörde zuständig sei.
40 
§ 16 Abs. 2 Satz 1 StrG sieht zwar vor, dass die Straßenbaubehörde über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zu entscheiden hat. Wer Straßenbaubehörde ist, regelt jedoch § 50 Abs. 3 StrG. Daraus folgt die Zuständigkeit der Antragsgegnerin als „Gemeinde“. Für die Gemeindestraßen ergibt sich dies direkt aus § 50 Abs. 3 Nr. 3 StrG, für die Ortsdurchfahrten der Landes- und Kreisstraßen aus § 50 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b) und Nr. 2 Buchst. b) i.V.m. § 43 Abs. 3 Satz 1 StrG. Für die Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen sieht § 8 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 FStrG ebenfalls die Zuständigkeit der Gemeinde vor. Adressat der genannten Zuständigkeitsvorschriften ist der Rechtsträger „Gemeinde“, nicht jedoch ein bestimmtes Amt innerhalb dieses Rechtsträgers. Denn die interne Zuweisung von Aufgaben ist Teil der Organisationsgewalt des jeweiligen Rechtsträgers und hat keine Außenwirkung (vgl. Senatsurteil vom 28.8.2006 - 5 S 2497/05 - VBlBW 2007, 62, juris Rn. 30). Dementsprechend gibt es auch keinen Anspruch auf den „gesetzlichen Beamten“. Etwas anderes gilt nur dann, wenn durch oder aufgrund einer Rechtsvorschrift bestimmt ist, dass innerhalb des Rechtsträgers ein bestimmter Organwalter in institutioneller Eigenschaft zu handeln hat (Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz, 9. Aufl., VwVfG § 3 Rn. 6 und 11). Eine solche funktionelle Zuständigkeitsregelung enthalten weder das Fernstraßengesetz noch das Landesstraßengesetz.
41 
Nach diesen Maßgaben ist die Zuweisung der Entscheidungszuständigkeit an die „Straßenverkehrsbehörde“ als interne Aufgabenzuweisung an ein bestimmtes Amt der Antragsgegnerin, nämlich das Straßenverkehrsamt, zu verstehen. Diese Aufgabenzuweisung innerhalb des zuständigen Rechtsträgers steht nicht in Widerspruch zu § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG.
42 
VI. Die oben dargestellte Widersprüchlichkeit der Satzungsbestimmungen der §§ 29 und 30 SoNuS führt zur Gesamtnichtigkeit der Satzung.
43 
Mängel, die einzelnen Satzungsbestimmungen anhaften, führen nur dann nicht zur Gesamtnichtigkeit des fraglichen Normgefüges, solange ein fehlerfreier Teil (objektiv) sinnvoll bleibt und (subjektiv) vom Normsetzungswillen des Normgebers getragen wird (BVerwG, Urteil vom 21.6.2018 - 7 C 19.16 - juris Rn. 16). Nach diesem Maßstab mag die Satzung auch ohne die fehlerhaften Vorschriften der §§ 29 und 30 SoNuS objektiv sinnvoll bleiben. Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass der fehlerfreie Teil noch vom Normsetzungswillen des Gemeinderates der Antragsgegnerin getragen wird. Das wäre nur dann der Fall, wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass der Gemeinderat nach seinem im Satzungsgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2013 - 4 CN 7.12 - BVerwGE 147, 138, juris Rn. 22).
44 
Daran fehlt es. Die Vorlagen für die Gemeinderatssitzungen, in denen sich der Gemeinderat mit der Sondernutzungssatzung befasste, enthalten keine Überlegungen zu den §§ 29 und 30 SoNuS. Auch den Sitzungsprotokollen ist hierzu nichts zu entnehmen. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat die Antragsgegnerin vorgetragen, Ziel der Sondernutzungssatzung 2015 sei es gewesen, „ab 1.1.2016 alle Sondernutzungserlaubnisse auf einer einheitlichen Grundlage stehen zu haben“. Mit dem Inkraftsetzen der Sondernutzungssatzung 2016 rückwirkend zum 28. Oktober 2015, d.h. dem Datum der Bekanntmachung der Sondernutzungssatzung 2015, habe man vermeiden wollen, den Sondernutzungserlaubnissen für das Jahr 2016, die bereits Ende 2015 auf der Grundlage der Sondernutzungssatzung 2015 erteilt worden waren, nachträglich die Rechtsgrundlage zu entziehen. Jedenfalls habe die Unwirksamkeit von § 29 SoNuS nicht die Gesamtunwirksamkeit der Satzung zur Folge. Denn eine etwaige Widersprüchlichkeit beträfe ausschließlich in der Vergangenheit liegende Sachverhalte. Es stehe außer Zweifel, dass ab 1. Januar 2016 ausschließlich das neue Satzungsrecht anzuwenden sein solle.
45 
Dieser Vortrag lässt einen Willen des Gemeinderates, die Satzung auch ohne § 29 oder § 30 SoNuS zu beschließen, nicht erkennen. Im Gegenteil würde - § 29 als teilnichtig hinweggedacht - gerade nicht die von der Antragsgegnerin geschilderte, gewollte Rechtslage bestehen. Denn ohne die Übergangsregelung wären sämtliche Anträge auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis ab dem in § 30 SoNuS genannten Datums des Inkrafttretens, d.h. ab dem 28. Oktober 2015, nach dem neuen Satzungsrecht zu beurteilen gewesen. Ein Hinwegdenken von § 30 SoNuS würde dazu führen, dass die Satzung erst am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft getreten wäre (vgl. § 4 Abs. 3 GemO). Auch dies hätte nicht zur Folge, dass ab dem 1. Januar 2016 neues Satzungsrecht gelten würde. Denn die Satzung wäre dann erst am 1. Dezember 2016 in Kraft getreten.
46 
C. Der Normenkontrollantrag gegen die Sondernutzungssatzung vom 29. September 2015 ist in gleichem Umfang zulässig und begründet wie der Antrag gegen die Satzung vom 27. September 2016. Die Sondernutzungssatzung vom 29. September 2015 ist insgesamt unwirksam. Es fehlt an der nach § 8 Abs. 1 Satz 5, § 22 Abs. 4 Satz 2, § 3 Nr. 2 LRFStrGZustV erforderlichen Zustimmung des Regierungspräsidiums Freiburg.
47 
Nach § 8 Abs. 1 Satz 4 FStrG kann die Gemeinde durch Satzung bestimmte Sondernutzungen in den Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen von der Erlaubnis befreien und die Ausübung regeln. Die Satzung bedarf nach § 8 Abs. 1 Satz 5 FStrG der Zustimmung der obersten Landesbehörde, soweit die Gemeinde nicht Trägerin der Straßenbaulast ist. Nach diesen Vorschriften ist die Sondernutzungssatzung der Antragsgegnerin zustimmungsbedürftig, soweit sie sich auch auf Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen erstreckt. Die Antragsgegnerin ist für diese Straßen nach § 5 Abs. 2 und 2a FStrG nicht Trägerin der Straßenbaulast, weil sie weniger als 80.000 Einwohner (§ 5 Abs. 2 FStrG) und auch weniger als 50.000 Einwohner (§ 5 Abs. 2a FStrG) hat. Zuständig für die Erteilung der Zustimmung ist nach § 22 Abs. 4 Satz 2 FStrG i.V.m. § 3 Nr. 2 LRFStrGZustV das Regierungspräsidium Freiburg.
48 
Die Antragsgegnerin trägt zwar nach § 5 Abs. 3 FStrG die Straßenbaulast für die Gehwege und Parkplätze in den Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen. Der Geltungsbereich der Satzung ist jedoch nach ihrem § 1 Abs. 1 nicht auf die Gehwege und Parkplätze in den Ortsdurchfahren der Bundesstraßen beschränkt. Der Senat folgt nicht der Auffassung der Antragsgegnerin, es habe keiner Zustimmung des Regierungspräsidiums bedurft, weil die Satzungsbestimmungen „faktisch“ nur die Gehwegbereiche beträfen. Maßgebend ist insoweit, dass die Satzung nach ihrem § 1 Abs. 1 keine Einschränkung enthält.
49 
Im Übrigen sind auch in der am 29. September 2015 beschlossenen Satzung die Vorschriften des § 18 Abs. 3 und 5 SoNuS unwirksam. Sie sind identisch mit denjenigen in der am 27. September 2016 beschlossenen Satzung. Es kann daher auf die obenstehenden Ausführungen verwiesen werden.
50 
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
51 
E. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
52 
Beschluss
53 
vom 8. Mai 2019
54 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000 Euro festgesetzt.
55 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
A. Der nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 AGVwGO statthafte Normenkontrollantrag gegen die Sondernutzungssatzung der Antragsgegnerin vom 27. September 2016 ist zulässig. Die Antragstellerin verfügt über die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Sie macht geltend, durch die Anwendung der angefochtenen Sondernutzungssatzung in ihren Rechten verletzt zu werden, da sie unter Verweis auf § 18 Abs. 3 Satz 1 SoNuS keine Sondernutzungserlaubnis für eine Außenbestuhlung erhalte.
16 
Die Antragstellerin verfügt auch über das erforderliche Rechtschutzinteresse für einen Normenkontrollantrag gegen die gesamte Satzung. Sie wendet sich unter anderem gegen die Übergangsregelungen in § 29 SoNuS und gegen die Regelung über das Inkrafttreten der Satzung in § 30 SoNuS. Diese gelten für sämtliche anderen Vorschriften der Satzung und es steht nicht von vornherein fest, dass die - unterstellte - Nichtigkeit dieser Vorschriften nur zur Teilnichtigkeit der Satzung führt. Diese Annahme setzte nicht nur voraus, dass die Satzung auch ohne die fehlerhafte Bestimmung sinnvoll bleibt, sondern sie müsste zudem auch in dieser Form vom Willen des Satzungsgebers getragen sein. Jedenfalls Letzteres ist nicht offensichtlich.
17 
B. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die von der Antragstellerin geltend gemachten formellen Fehler tatsächlich vorliegen. Die Sondernutzungssatzung vom 27. September 2016 weist jedenfalls materielle Fehler auf, die zu ihrer Gesamtnichtigkeit führen.
18 
I. Die Vorschrift des § 18 Abs. 3 SoNuS ist nicht von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt.
19 
Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
20 
„Soweit Sitzgelegenheiten beantragt werden, kann eine Erlaubnis nur erteilt werden, wenn eine kostenlose Gästetoilette nachgewiesen wird. Der Nachweis ist auf Verlangen schriftlich vorzulegen und muss vom Eigentümer der Toilette ausgestellt sein. Die Toilette muss sich in zumutbarer Entfernung befinden und muss durch den Inhaber der Sondernutzungserlaubnis ausgeschildert sein.“
21 
§ 16 Abs. 7 StrG und § 8 Abs. 1 Satz 1 FStrG scheiden offensichtlich als Ermächtigungsgrundlage für diese Regelung aus. Das hat der Senat bereits in seinem Beschluss im Eilverfahren (5 S 533/17) vom 29. März 2017 ausgeführt. Darauf kann verwiesen werden. Auch § 4 Abs. 1 GemO i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG stellt keine taugliche Rechtsgrundlage dar. Der Senat hat hierzu in seinem Beschluss vom 29. März 2017 Folgendes ausgeführt:
22 
Da die Satzungsgebung materiell Verwaltungstätigkeit darstellt, kann die Satzung nicht höhere Voraussetzungen für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis aufstellen als dies in einer, in Anwendung von § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG ausgeübten verwaltungsbehördlichen Einzelentscheidung möglich wäre. Mit anderen Worten darf die Antragsgegnerin zwar im Rahmen ihrer allgemeinen Satzungsermächtigung das ihr in § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG eröffnete Ermessen in einer Satzung regeln und so einer gleichmäßigen Ausübung zuführen. Die Satzung muss aber im gleichen Maße wie in einer behördlichen Einzelentscheidung die durch das Gesetz gezogenen Grenzen bei der Ausübung des Ermessens beachten. Entsprechend dem Zweck des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG erfasst das Ermessensprogramm dieser Vorschrift in erster Linie nur spezifisch straßenrechtliche Erwägungen im Hinblick auf die mit der beabsichtigten Sondernutzung verbundene Beeinträchtigung des widmungsgemäßen Gemeingebrauchs. Andere Erwägungen halten sich nur dann im Rahmen des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG, wenn sie (noch) einen sachlichen Bezug zur Straße haben; dies gilt beispielsweise für städtebauliche oder baugestalterische Aspekte (Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes), die auf einem konkreten gemeindlichen Gestaltungskonzept beruhen (vgl. Senatsurteil vom 1.8.1996 - 5 S 3300/95 - NVwZ-RR 1997, 677, und vom 17.3.2000 - 5 S 369/99 - NVwZ-RR 2001, 159; Senatsbeschluss vom 2.11.2009 - 5 S 3121/08 - NVwZ-RR 2010, 164). Ordnungs-, gewerbe- oder gaststättenrechtliche Gesichtspunkte dürften dagegen nicht hierzu gehören (vgl. Senatsbeschluss vom 14.10.1996 - 5 S 1775/96 - juris; BayVGH, Urteil vom 20.1.2004 - 8 N 02.3211 - NVwZ-RR 2004, 879 [880]).
23 
Gemessen daran dürfte § 18 Abs. 3 Satz 1 Sondernutzungssatzung den zulässigen gesetzlichen Rahmen zur satzungsrechtlichen Regelung der Ausübung des Ermessens bei der Entscheidung über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen verlassen; jedenfalls spricht nach derzeitigem Erkenntnisstand vieles dafür. Das “Abhängigmachen” der straßenfremden Nutzung in Form von bestuhlter Außenbewirtschaftung von einer kostenlosen Gästetoilette dient nach den sich aus den vorliegenden Akten ergebenden Erkenntnissen nicht - auch - dazu, straßenbezogenen Belangen, insbesondere der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs oder etwa der Vermeidung von Verunreinigungen der Straße (vgl. § 42 StrG), Rechnung zu tragen. Vielmehr geht es der Antragsgegnerin augenscheinlich nur darum, einen Mangel an öffentlich zugänglichen Toiletten auszugleichen und hierfür die Gewerbetreibenden in der Innenstadt in die Verantwortung zu nehmen (vgl. Beschlussvorlage Nr. 2015/244 der Antragsgegnerin sowie Anlagen Ast. 4 und 5). Hieran ändert auch nichts, dass die Antragsgegnerin im Zuge der neuerlichen Beschlussfassung über die Sondernutzungssatzung mit § 18 Abs. 3 der Sondernutzungssatzung nunmehr (auch) das Ziel verfolgt, der zunehmenden „Möblierung des öffentlichen Raumes“ (vgl. Beschlussvorlage der Antragsgegnerin Nr. 2016/262) entgegenzuwirken. Zwar erscheint ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Zunahme bestuhlter Außenbewirtschaftung dazu führen kann, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt wird. Allerdings lässt die Anknüpfung an das Vorhandensein einer kostenlosen Kundentoilette als Auswahlkriterium für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis den erforderlichen Bezug zur Straße vermissen. Denn auch im Rahmen des “Verteilungsermessens”, dessen Ausübung in der Satzung antizipiert wird, dürfen nicht solche Belange herangezogen werden, die überhaupt keinen Bezug zum Bestand und zur Nutzung der Straße haben, also keine straßenbezogenen Belange mehr darstellen (vgl. Senatsurteil vom 18.3.2014 - 5 S 348/13 - NVwZ-RR 2014, 539).
24 
An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch nach nochmaliger Überprüfung fest. Die Antragsgegnerin vertritt zwar die Auffassung, das Erfordernis, für bestuhlte Außengastronomie eine kostenlose Kundentoilette vorhalten zu müssen, weise einen mittelbaren Bezug zur Straße auf, da es zu einer Reduzierung des Angebots in diesem Gastronomiesegment führe und damit direkten Einfluss auf die Sicherheit und Leichtigkeit des (Fußgänger-)Verkehrs nehme. Dieses Argument vermag jedoch nicht zu überzeugen, selbst wenn man entsprechend dem Vortrag der Antragsgegnerin davon ausgeht, dass das Projekt „Nette Toilette“, mit dem einem Mangel an öffentlich zugänglichen Toiletten entgegengewirkt werden soll, nicht in direktem Zusammenhang mit § 18 Abs. 3 SoNuS steht. Die Pflicht zum Nachweis einer kostenlosen Kundentoilette weist für sich genommen ebenso wenig einen Bezug zur Straße auf, wie es beispielsweise bei einer Pflicht zur Bereitstellung einer kostenlosen W-Lan-Verbindung der Fall wäre. Nicht jede Maßnahme, die mittelbar auch dazu führt, dass das Angebot an bestuhlter Außengastronomie schrumpft und dadurch die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs fördert, besitzt den erforderlichen Bezug zur Straße, sondern nur eine solche, die unmittelbar an den Bestand oder die Nutzung der Straße anknüpft. Bei § 18 Abs. 3 SoNuS handelt es sich daher um eine in unzulässiger Weise von § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG abweichende Regelung. Sie stellt eine zusätzliche Hürde für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis auf, die keinen sachlichen Bezug zur Straße hat und ist aus diesem Grund nichtig.
25 
II. Auch § 18 Abs. 5 SoNuS mangelt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage.
26 
Nach dieser Vorschrift können Gaststätten sowie Inhaber einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis gemäß § 12 GastG auf Antrag an den vier Adventssonntagen einen Getränkeverkaufsstand vor der Gaststätte bzw. dem Betriebssitz erhalten. Zulässig ist jedoch nur der Verkauf eigener Getränke.
27 
Ein sachlicher Grund für eine Differenzierung zwischen den durch § 18 Abs. 5 SoNuS Begünstigten und anderen Personen mag zwar noch erkennbar sein (Gaststättenbetrieb bereits vorhanden, lebensmittelhygienische Anforderungen). Es fehlt jedoch der erforderliche straßenrechtliche Bezug. Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine Differenzierung aus Gründen des Gaststättenrechts, der Lebensmittelsicherheit und des Jugendschutzes sowie - wie die Antragsgegnerin meint - auch der Sozialadäquanz gerechtfertigt ist. Diese Umstände stellen jedenfalls keine straßenrechtlichen Belange dar.
28 
III. Die Übergangsregelungen des § 29 SoNuS und die Inkrafttretensregelung des § 30 SoNuS sind rechtswidrig, weil sie in einem unauflösbaren Widerspruch zueinander stehen und deshalb gegen das Gebot der Normklarheit (Art. 20 Abs. 3 GG) verstoßen.
29 
Nach § 30 SoNuS tritt die Satzung (rückwirkend) zum 28. Oktober 2015 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Sondernutzungssatzung vom 7. Juli 1995 außer Kraft.
30 
§ 29 SoNuS enthält eine Übergangsregelung für Anträge auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis, die vor dem 1. Januar 2016 gestellt werden. Nach § 29 Abs. 1 SoNuS werden Sondernutzungsanträge, die vor dem 1. Januar 2016 gestellt werden und bei denen die Sondernutzung im Jahr 2015 ausgeübt werden soll, nach der Sondernutzungssatzung in der bis zum 31. Dezember 2015 gültigen Fassung beschieden. Eine solche Fassung existiert jedoch nicht. Denn nach der Inkrafttretensregelung des § 30 SoNuS gilt die Sondernutzungssatzung vom 7. Juli 1995 nur bis zum 27. Oktober 2015.
31 
Nach § 29 Abs. 2 SoNuS werden Sondernutzungsanträge, die vor dem 1. Januar 2016 gestellt werden und bei denen die Sondernutzung im Jahr 2016 oder später ausgeübt werden soll, nach den Regelungen der Sondernutzungssatzung in der ab dem 1. Januar 2016 gültigen Fassung beschieden, soweit die Neufassung der Satzung bereits bekanntgegeben wurde. Eine Sondernutzungssatzung in dieser Fassung existiert jedoch ebenfalls nicht, da die am 29. September 2016 beschlossene Satzung bereits rückwirkend zum 28. Oktober 2015 in Kraft getreten ist.
32 
Die dargestellte Widersprüchlichkeit lässt sich durch Auslegung nicht beseitigen. Das scheitert bereits am eindeutigen Wortlaut der beiden Vorschriften. Jede ist für sich genommen eindeutig und klar, in der Gesamtschau lassen sie sich jedoch nicht miteinander vereinbaren. Die Widersprüchlichkeit aufzulösen, ist Sache des Satzungsgebers, der nach seinem Satzungsermessen bestimmen kann, welches Übergangsrecht für welche Fallgestaltungen gelten und zu welchem Zeitpunkt die Satzung in Kraft treten soll. Es ist dem Senat verwehrt, an dessen Stelle zu treten und eine Entscheidung hierüber zu treffen.
33 
IV. Die Vorschriften des § 3 SoNuS über das Erlaubnisverfahren sind dagegen rechtmäßig.
34 
§ 3 SoNuS enthält zeitliche, förmliche und inhaltliche Anforderungen an den Erlaubnisantrag. Die Antragstellerin rügt, es fehle an einer gesetzlichen Ermächtigung hierfür, weil das Verwaltungsverfahren nicht an bestimmte Formen gebunden sei. Damit dringt sie nicht durch.
35 
Nach § 10 Satz 1 LVwVfG ist das Verwaltungsverfahren nicht an bestimmte Formen gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen. Die Vorschrift räumt der Behörde ein Ermessen ein, wie sie das Verwaltungsverfahren durchführt - begrenzt durch die Handlungsdirektiven des § 10 Satz 2 LVwVfG, dass das Verfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen ist (vgl. Sennekamp in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 10 Rn. 11). Dieses Ermessen kann durch Rechtsvorschriften gelenkt werden. Zu diesen Rechtsvorschriften zählen auch Satzungen (vgl. Sennekamp, a.a.O. Rn 13), die sich allerdings ihrerseits an § 10 Satz 2 LVwVfG messen lassen müssen (vgl. § 40 LVwVfG).
36 
Davon ausgehend ist § 3 Abs. 1 und 2 SoNuS nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage für die darin enthaltenen Regelungen ist § 4 Abs. 1 GemO. Sie entsprechen auch den Grundsätzen des § 10 Satz 2 LVwVfG.
37 
Die Erfordernisse eines Antrags in schriftlicher (Brief, Telefax) oder elektronischer Form (E-Mail) (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SoNuS) sowie von Angaben über Ort, Art, Umfang und Dauer der beabsichtigten Sondernutzung (§ 3 Abs. 1 Satz 2 SoNuS) sind zur zweckmäßigen und zügigen Bearbeitung eines Antrags geeignet und angemessen. Gleiches gilt für die Bestimmung in § 3 Abs. 1 Satz 3 SoNuS, auf Verlangen Pläne, Beschreibungen oder sonstige erforderliche Unterlagen vorzulegen. Die Regelungen widersprechen auch nicht der Anforderung, das Verfahren „einfach“ auszugestalten. Ohne die geforderten Angaben zu Ort, Art, Umfang und Dauer der beabsichtigten Sondernutzung sowie gegebenenfalls weitere Unterlagen kann die Behörde über den Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nicht entscheiden. Die schriftliche oder elek-tronische Form des Antrags ist angesichts der Komplexität des zu prüfenden Sachverhalts sinnvoll und erschwert das Verwaltungsverfahren für den Bürger gegenüber einem nur mündlichen Antrag nicht unzumutbar.
38 
Auch die zeitlichen Vorgaben des § 3 Abs. 1 und 2 SoNuS sind unter dem Blickwinkel des § 10 LVwVfG nicht zu beanstanden. Nach § 3 Abs.1 Satz 1 SoNuS ist die Erlaubnis mindestens zwei Wochen vor der Inanspruchnahme der Sondernutzung zu beantragen. Nach § 3 Abs. 2 SoNuS können Anträge auf Erlaubnis zur Sondernutzung nur für das laufende Kalenderjahr gestellt werden. Anträge für das nächste Kalenderjahr sind ab November des Vorjahres zulässig. Die Regelungen könnten unter dem Gesichtspunkt einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage dann problematisch sein, wenn sie zu einer zwingenden und endgültigen Ablehnung eines Antrags führen würden, der die genannten Vorgaben nicht einhält (vgl. dazu Kallerhoff/Stamm in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl., § 31 Rn. 13). Bei verfrüht gestellten Anträgen ist das von vornherein nicht der Fall, denn sie können ohne Weiteres zu einem späteren Zeitpunkt erneut gestellt werden. Aber auch verspätet, d.h. unter Missachtung der Zwei-Wochen-Frist gestellte Anträge, haben nicht zwingend eine Ablehnung zur Folge. Das belegt § 3 Abs. 3 SoNuS. Nach dieser Vorschrift können die Verwaltungsgebühren bei verspätet eingelegten Anträgen dem erhöhten Aufwand angepasst werden, soweit eine Erlaubnis dennoch erteilt wird.
39 
V. Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, die Übertragung der Entscheidungszuständigkeit auf die „Straßenverkehrsbehörde“ in § 19 Abs. 3 und § 28 SoNuS widerspreche § 8 Abs. 1 Satz 4 FStrG, § 16 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 7 StrG, da nach diesen Vorschriften die Straßenbaubehörde zuständig sei.
40 
§ 16 Abs. 2 Satz 1 StrG sieht zwar vor, dass die Straßenbaubehörde über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zu entscheiden hat. Wer Straßenbaubehörde ist, regelt jedoch § 50 Abs. 3 StrG. Daraus folgt die Zuständigkeit der Antragsgegnerin als „Gemeinde“. Für die Gemeindestraßen ergibt sich dies direkt aus § 50 Abs. 3 Nr. 3 StrG, für die Ortsdurchfahrten der Landes- und Kreisstraßen aus § 50 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b) und Nr. 2 Buchst. b) i.V.m. § 43 Abs. 3 Satz 1 StrG. Für die Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen sieht § 8 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 FStrG ebenfalls die Zuständigkeit der Gemeinde vor. Adressat der genannten Zuständigkeitsvorschriften ist der Rechtsträger „Gemeinde“, nicht jedoch ein bestimmtes Amt innerhalb dieses Rechtsträgers. Denn die interne Zuweisung von Aufgaben ist Teil der Organisationsgewalt des jeweiligen Rechtsträgers und hat keine Außenwirkung (vgl. Senatsurteil vom 28.8.2006 - 5 S 2497/05 - VBlBW 2007, 62, juris Rn. 30). Dementsprechend gibt es auch keinen Anspruch auf den „gesetzlichen Beamten“. Etwas anderes gilt nur dann, wenn durch oder aufgrund einer Rechtsvorschrift bestimmt ist, dass innerhalb des Rechtsträgers ein bestimmter Organwalter in institutioneller Eigenschaft zu handeln hat (Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz, 9. Aufl., VwVfG § 3 Rn. 6 und 11). Eine solche funktionelle Zuständigkeitsregelung enthalten weder das Fernstraßengesetz noch das Landesstraßengesetz.
41 
Nach diesen Maßgaben ist die Zuweisung der Entscheidungszuständigkeit an die „Straßenverkehrsbehörde“ als interne Aufgabenzuweisung an ein bestimmtes Amt der Antragsgegnerin, nämlich das Straßenverkehrsamt, zu verstehen. Diese Aufgabenzuweisung innerhalb des zuständigen Rechtsträgers steht nicht in Widerspruch zu § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG.
42 
VI. Die oben dargestellte Widersprüchlichkeit der Satzungsbestimmungen der §§ 29 und 30 SoNuS führt zur Gesamtnichtigkeit der Satzung.
43 
Mängel, die einzelnen Satzungsbestimmungen anhaften, führen nur dann nicht zur Gesamtnichtigkeit des fraglichen Normgefüges, solange ein fehlerfreier Teil (objektiv) sinnvoll bleibt und (subjektiv) vom Normsetzungswillen des Normgebers getragen wird (BVerwG, Urteil vom 21.6.2018 - 7 C 19.16 - juris Rn. 16). Nach diesem Maßstab mag die Satzung auch ohne die fehlerhaften Vorschriften der §§ 29 und 30 SoNuS objektiv sinnvoll bleiben. Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass der fehlerfreie Teil noch vom Normsetzungswillen des Gemeinderates der Antragsgegnerin getragen wird. Das wäre nur dann der Fall, wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass der Gemeinderat nach seinem im Satzungsgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2013 - 4 CN 7.12 - BVerwGE 147, 138, juris Rn. 22).
44 
Daran fehlt es. Die Vorlagen für die Gemeinderatssitzungen, in denen sich der Gemeinderat mit der Sondernutzungssatzung befasste, enthalten keine Überlegungen zu den §§ 29 und 30 SoNuS. Auch den Sitzungsprotokollen ist hierzu nichts zu entnehmen. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat die Antragsgegnerin vorgetragen, Ziel der Sondernutzungssatzung 2015 sei es gewesen, „ab 1.1.2016 alle Sondernutzungserlaubnisse auf einer einheitlichen Grundlage stehen zu haben“. Mit dem Inkraftsetzen der Sondernutzungssatzung 2016 rückwirkend zum 28. Oktober 2015, d.h. dem Datum der Bekanntmachung der Sondernutzungssatzung 2015, habe man vermeiden wollen, den Sondernutzungserlaubnissen für das Jahr 2016, die bereits Ende 2015 auf der Grundlage der Sondernutzungssatzung 2015 erteilt worden waren, nachträglich die Rechtsgrundlage zu entziehen. Jedenfalls habe die Unwirksamkeit von § 29 SoNuS nicht die Gesamtunwirksamkeit der Satzung zur Folge. Denn eine etwaige Widersprüchlichkeit beträfe ausschließlich in der Vergangenheit liegende Sachverhalte. Es stehe außer Zweifel, dass ab 1. Januar 2016 ausschließlich das neue Satzungsrecht anzuwenden sein solle.
45 
Dieser Vortrag lässt einen Willen des Gemeinderates, die Satzung auch ohne § 29 oder § 30 SoNuS zu beschließen, nicht erkennen. Im Gegenteil würde - § 29 als teilnichtig hinweggedacht - gerade nicht die von der Antragsgegnerin geschilderte, gewollte Rechtslage bestehen. Denn ohne die Übergangsregelung wären sämtliche Anträge auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis ab dem in § 30 SoNuS genannten Datums des Inkrafttretens, d.h. ab dem 28. Oktober 2015, nach dem neuen Satzungsrecht zu beurteilen gewesen. Ein Hinwegdenken von § 30 SoNuS würde dazu führen, dass die Satzung erst am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft getreten wäre (vgl. § 4 Abs. 3 GemO). Auch dies hätte nicht zur Folge, dass ab dem 1. Januar 2016 neues Satzungsrecht gelten würde. Denn die Satzung wäre dann erst am 1. Dezember 2016 in Kraft getreten.
46 
C. Der Normenkontrollantrag gegen die Sondernutzungssatzung vom 29. September 2015 ist in gleichem Umfang zulässig und begründet wie der Antrag gegen die Satzung vom 27. September 2016. Die Sondernutzungssatzung vom 29. September 2015 ist insgesamt unwirksam. Es fehlt an der nach § 8 Abs. 1 Satz 5, § 22 Abs. 4 Satz 2, § 3 Nr. 2 LRFStrGZustV erforderlichen Zustimmung des Regierungspräsidiums Freiburg.
47 
Nach § 8 Abs. 1 Satz 4 FStrG kann die Gemeinde durch Satzung bestimmte Sondernutzungen in den Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen von der Erlaubnis befreien und die Ausübung regeln. Die Satzung bedarf nach § 8 Abs. 1 Satz 5 FStrG der Zustimmung der obersten Landesbehörde, soweit die Gemeinde nicht Trägerin der Straßenbaulast ist. Nach diesen Vorschriften ist die Sondernutzungssatzung der Antragsgegnerin zustimmungsbedürftig, soweit sie sich auch auf Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen erstreckt. Die Antragsgegnerin ist für diese Straßen nach § 5 Abs. 2 und 2a FStrG nicht Trägerin der Straßenbaulast, weil sie weniger als 80.000 Einwohner (§ 5 Abs. 2 FStrG) und auch weniger als 50.000 Einwohner (§ 5 Abs. 2a FStrG) hat. Zuständig für die Erteilung der Zustimmung ist nach § 22 Abs. 4 Satz 2 FStrG i.V.m. § 3 Nr. 2 LRFStrGZustV das Regierungspräsidium Freiburg.
48 
Die Antragsgegnerin trägt zwar nach § 5 Abs. 3 FStrG die Straßenbaulast für die Gehwege und Parkplätze in den Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen. Der Geltungsbereich der Satzung ist jedoch nach ihrem § 1 Abs. 1 nicht auf die Gehwege und Parkplätze in den Ortsdurchfahren der Bundesstraßen beschränkt. Der Senat folgt nicht der Auffassung der Antragsgegnerin, es habe keiner Zustimmung des Regierungspräsidiums bedurft, weil die Satzungsbestimmungen „faktisch“ nur die Gehwegbereiche beträfen. Maßgebend ist insoweit, dass die Satzung nach ihrem § 1 Abs. 1 keine Einschränkung enthält.
49 
Im Übrigen sind auch in der am 29. September 2015 beschlossenen Satzung die Vorschriften des § 18 Abs. 3 und 5 SoNuS unwirksam. Sie sind identisch mit denjenigen in der am 27. September 2016 beschlossenen Satzung. Es kann daher auf die obenstehenden Ausführungen verwiesen werden.
50 
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
51 
E. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
52 
Beschluss
53 
vom 8. Mai 2019
54 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000 Euro festgesetzt.
55 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

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