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| Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung mit drei Richtern gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO. Es liegt kein Fall einer allein durch den Berichterstatter zu treffenden Entscheidung über Kosten i. S. v. § 87a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 VwGO vor, sondern der einer Sachentscheidung im Rechtsmittelverfahren (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.11.2008 – NC 9 S 2614/08 –, juris Rn. 1; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 02.02.2012 – 1 O 39/11 –, juris Rn. 5; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 11.06.2007 – 2 OA 433/07 –, juris Rn. 2 ff.). |
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| Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12.03.2019, mit dem dieses die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 15.05.2018 zurückgewiesen hat, hat Erfolg. |
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| Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthaft und innerhalb der gemäß § 147 Abs. 1 VwGO geltenden zweiwöchigen Beschwerdefrist erhoben worden. Ein Fall des Ausschlusses der Beschwerde gemäß § 146 Abs. 3 VwGO liegt nicht vor, da die Beklagte erstattungsfähige Auslagen in Höhe von mehr als zweihundert Euro geltend macht. |
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| Die Beschwerde ist auch begründet. Die Beklagte hat gemäß § 164 VwGO einen Anspruch auf Festsetzung der zu erstattenden Kosten. Der Umfang des Kostenerstattungsanspruchs einer obsiegenden Prozesspartei richtet sich nach § 162 VwGO. |
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| Gemäß § 162 Abs. 1 VwGO gehören zu den erstattungsfähigen Kosten – neben den Gerichtskosten – die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Das Gesetz sieht weder nach seinem – eindeutigen – Wortlaut und seiner Systematik noch nach Sinn und Zweck der getroffenen Regelung vor, dass bei der Kostenfestsetzung die Notwendigkeit der Heranziehung eines Rechtsanwalts geprüft und zum Maßstab für die Erstattungsfähigkeit der Kosten gemacht wird. Nur für die Erstattungsfähigkeit von Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sieht § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO eine Notwendigkeitsprüfung durch das Gericht vor (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, juris Rn. 2; Beschluss vom 29.11.2004 – NC 9 S 411/04 –, juris Rn. 2). |
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| Zutreffend ist das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass dies auch für beklagte juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden gilt, die sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, und zwar unabhängig davon, ob das Gesetz gemäß § 67 Abs. 4 VwGO Vertretungszwang vorschreibt oder die Behörde oder juristische Person des öffentlichen Rechts über eigene juristisch qualifizierte Mitarbeiter, rechtskundige Beamte oder gar eine eigene Rechtsabteilung verfügt (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.11.2004 – NC 9 S 411/04 –, juris Rn. 3). Es ist daher – entgegen der wiederholt geäußerten Auffassung der Klägerin – unschädlich, wenn es sich bei dem Leiter des Fachbereichs Recht, Sicherheit und Ordnung der Beklagten um einen promovierten Juristen handelt. |
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| Mit Rücksicht auf die nach der gesetzlichen Regelung in § 162 Abs. 1 und 2 Satz 1 VwGO sonach grundsätzlich bestehende Erstattungspflicht für die (gesetzlichen) Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts sind in der Rechtsprechung Ausnahmen nur in eng begrenzten Ausnahmen anerkannt worden mit der Folge, dass gleichwohl eine Kostenerstattung ausscheidet. Hierzu rechnet zum einen der offensichtliche Verstoß gegen den das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, nach dem jeder Verfahrensbeteiligte die Pflicht hat, die Kosten nach Möglichkeit niedrig zu halten (BVerwG, Beschluss vom 22.06.1993 – 1 ER 103/93 –, juris Rn. 4). Zum anderen ist eine Ausnahme anerkannt worden, wenn das entsprechende Erstattungsverlangen des obsiegenden Prozessbeteiligten unter Berücksichtigung des gegenseitigen Prozessrechtsverhältnisses als treuwidrig angesehen werden musste. Der eine Ausnahme rechtfertigende Verstoß gegen Treu und Glauben ist dann anzunehmen, wenn die anwaltliche Vertretung für die Partei offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen, etwa wenn die Vertretungsanzeige erst nach unstreitig eingetretener objektiver Erledigung der Hauptsache erfolgt, obwohl nur noch die Abgabe entsprechender prozessualer Erklärungen durch die hinsichtlich der zu erwartenden Kostenentscheidung kundigen Beteiligten aussteht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.11.2004 – NC 9 S 411/04 –, juris Rn. 3 m.w.N.). |
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| In Anwendung dieser Grundsätze hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe in den Entscheidungen vom 12.03.2019 und 15.05.2018 zu Unrecht das Vorliegen eines die Kostenerstattung ausschließenden Ausnahmefalls angenommen. Die Beklagte hat einen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten ihres Prozessbevollmächtigten. Denn sie hat mit ihrem Verhalten weder gegen den Grundsatz verstoßen, dass jeder Verfahrensbeteiligte die Pflicht hat, die Kosten nach Möglichkeit niedrig zu halten, noch ist das Erstattungsverlangen als treuwidrig anzusehen. |
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| Zwar erfolgte die Vertretungsanzeige des Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegenüber dem Verwaltungsgericht erst mit Schriftsatz vom 08.12.2017 und damit nach der objektiven Erledigung der Hauptsache am 07.12.2017. Die Voraussetzungen für die Annahme des von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmefalls erscheinen damit vordergründig erfüllt. Bei näherer Betrachtung unterscheidet sich der vorliegende Fall jedoch von den in der Rechtsprechung bereits entschiedenen Fällen. |
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| In dem dem Ausnahmefall zugrundeliegenden Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 28.02.1991 – NC 9 S 98/90 – ging es um die Stellung eines die volle Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO auslösenden Sachantrags, nämlich auf Klageabweisung, nach Erledigung der Hauptsache. Demgegenüber geht es vorliegend nicht um Kosten, die erst durch ein Tätigwerden nach Erledigung der Hauptsache entstanden sind, sondern um die Festsetzung einer 0,5 Gebühr nach Nrn. 3405 Nr. 2, 3401 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsgesetz (VV RVG) sowie einer Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG zuzüglich der auf diesen Betrag anfallenden Umsatzsteuer. Diese Gebühren sind bereits vor Erledigung der Hauptsache entstanden. |
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| Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz erhält der Rechtsanwalt gemäß der Vorbemerkung in Absatz 1 Satz 1 zu Teil 3 VV RVG, dem ein unbedingter Auftrag als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter, als Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen oder für eine sonstige Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren erteilt worden ist. Nach Nr. 3401 VV RVG entsteht eine Verfahrensgebühr, wenn sich der Auftrag auf die Vertretung in einem Termin im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG beschränkt. Die Terminsgebühr im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs. 3 entsteht sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Sie entsteht jedoch nicht für die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins nur zur Verkündung einer Entscheidung. Nr. 3401 VV RVG stellt darauf ab, dass sich der Auftrag auf die Vertretung in einem bestimmten Termin beschränkt. Eine Terminsvertretung in diesem Sinne setzt nicht voraus, dass es daneben auch einen Verfahrensbevollmächtigten gibt. Nimmt die Partei ihre Rechte selbst war und will sie nur im Termin von einem Rechtsanwalt vertreten sein, so ist letzterer Terminsvertreter (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., RVG VV 3401 Rn. 11). Nach Nr. 3405 Nr. 2 VV RVG entsteht eine 0,5 Gebühr, wenn der Auftrag im Fall der Nr. 3401 VV RVG endet, bevor der Termin begonnen hat. |
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| Ein Erstattungsverlangen nach § 162 Abs. 1 und 2 Satz 1 VwGO ist nicht treuwidrig, wenn zwar die Vertretungsanzeige gegenüber dem Gericht erst nach Erledigung der Hauptsache – hier sogar erst nach Beendigung des Verfahrens durch gerichtlichen Einstellungsbeschluss – erfolgt, die Kosten aber bereits vor der Erledigung der Hauptsache entstanden sind und die Heranziehung des Rechtsanwalts weder offensichtlich nutzlos noch objektiv nur dazu angetan war, dem Gegner Kosten zu verursachen. Nach den vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten vorgelegten Unterlagen beschränkte sich sein Auftrag auf die Wahrnehmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe. Wie sich aus dem E-Mail-Verkehr zwischen der Beklagten und ihrem Prozessbevollmächtigten sowie aus dem Aktenvermerk vom 06.12.2017 ergibt, beauftragte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem 06.12.2017 und damit vor der Erledigung der Hauptsache. Der Senat hat angesichts des Aktenvermerks der Beklagten vom 06.12.2017 und dem nachfolgenden Telefonat zwischen den Bevollmächtigten der Beteiligten am 06.12.2017 keinen Zweifel, dass eine solche Beauftragung erfolgt ist. Auf den Umstand, dass die Vertretungsanzeige gegenüber dem Gericht erst nach der Erledigung der Hauptsache und der Aufhebung des Termins bei Gericht erfolgte, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, da die Gebühr bereits mit der Beauftragung entstanden ist. Zu diesem Zeitpunkt war die Vertretung für die Beklagte nicht offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan, dem Gegner Kosten zu verursachen. Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten seitens der Beklagten sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Es bleibt daher bei der aus § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO folgenden Erstattungsfähigkeit der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts. |
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| Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG). |
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| Dieser Beschluss ist unanfechtbar. |
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