Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 1 S 1739/20

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin wendet sich im vorliegenden Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO - bei sachdienlicher Auslegung - gegen § 3 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung - CoronaVO) vom 9. Mai 2020 (in der ab 15. Juni 2020 gültigen Fassung), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Dritten Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Corona-Verordnung vom 09. Juni 2020, wonach Personen ab dem vollendeten sechsten Lebensjahr zum Schutz anderer Personen vor einer Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus (1.) im öffentlichen Personenverkehr, an Bahn- und Bussteigen, im Wartebereich der Anlegestellen von Fahrgastschiffen sowie in Flughafengebäuden und (2.) in den Verkaufsräumen von Ladengeschäften und allgemein in Einkaufszentren eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssen, wenn dies nicht aus medizinischen Gründen oder aus sonstigen zwingenden Gründen unzumutbar ist oder wenn nicht ein anderweitiger mindestens gleichwertiger baulicher Schutz besteht (sog. Maskenpflicht).
Weiterhin wendet sie sich gegen § 2 Abs. 3 der Verordnung des Sozialministeriums und des Wirtschaftsministeriums zur Eindämmung von Übertragungen des Corona-Virus (SARS-CoV-2) in Gaststätten (Corona-Verordnung Gaststätten - CoronaVO Gaststätten) vom 16. Mai 2020 (in der ab 2. Juni 2020 geltenden Fassung), zuletzt geändert durch die Verordnung des Sozialministeriums und des Wirtschaftsministeriums zur Änderung der Corona-Verordnung Gaststätten vom 28. Mai 2020. Hiernach dürfen Gäste Gaststätten nur besuchen, wenn sie dem Betreiber bestimmte personenbezogene Kontaktdaten vollständig und zutreffend zur Verfügung stellen.
Die Antragstellerin macht geltend, die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes verletze sie in ihrem Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, schon nach kurzer Zeit erleide sie gesundheitliche Beeinträchtigungen in Form von Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen, ihr bleibe die Luft zum Atmen weg. Die Verpflichtung sei rechtswidrig, da sie nicht auf einer tauglichen Ermächtigungsgrundlage beruhe und im Übrigen unverhältnismäßig sei. Weiterhin seien aus den gleichen Gründen ihr Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG), sowie ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt.
Die Pflicht zum Erfassen und Speichern von Daten beim Gaststättenbesuch bzw. das Besuchsverbot von Gaststätten bei Nichtabgabe der Daten verstoße gegen ihre Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung, auf Freiheit der Person und auf Berufsfreiheit. § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG sei auch hierfür keine taugliche Ermächtigungsgrundlage. Außerdem dürften die Grundrechte nicht durch eine Rechtsverordnung eingeschränkt werden. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit sei gegeben, da die Antragstellerin beruflich selbständig tätig sei, auf den ständigen Kontakt zu ihren Geschäftspartnern im ganzen Bundesgebiet angewiesen sei und permanent Dienstreisen unternehme. Meetings fänden dabei häufig in Gaststätten statt.
Darüber hinaus verstoße § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten gegen die Bestimmungen aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Art. 9 Abs. 1 DSGVO bestimme, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen u.a. die rassische und ethnische Herkunft hervorgehe, untersagt sei. Aus Name/Vorname und Adresse von Personen gehe regelmäßig derlei hervor. Weiterhin liege ein Verstoß gegen Art. 5 DSGVO vor, die Maßnahme sei für den Zweck nicht erforderlich und angemessen. Die Speicherdauer sei zu lange, die Betroffenen hätten auch keinerlei Sicherheiten in Bezug auf ihre personenbezogenen Daten. Schließlich seien die Voraussetzungen über die Verarbeitung von Daten nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO nicht erfüllt. Es liege keine Einwilligung der Antragstellerin vor, die Maßnahme sei weder erforderlich noch angemessen. Es gebe mildere Mittel, z.B. eine Gaststättenbesuchsmeldung bei öffentlichen Stellen, eine Freiwilligkeit bei der Abgabe der Daten, ein Einfügen von Trennwänden, ein Verkürzen von Öffnungszeiten bei Gaststätten, eine Mindestpersonenzahl, die sonstigen Hygiene- und Abstandsbestimmungen laut CoronaVO Gaststätten. Die Löschfrist von vier Wochen sei außerdem zu lange. Das SARS-CoV-2 Virus sei nicht bedenklicher als das Influenzavirus. Es müssten außerdem Kollateralschäden gerade in Gastronomie und Hotellerie vermieden werden, indem dafür gesorgt werde, dass Gäste nicht fernblieben. Gerade das Hinterlassen von persönlichen Daten in Gaststätten könne nicht nur Rückschlüsse auf die einzelne Person zulassen, sondern auch auf sensible Personengeflechte, was kriminelle Energie verstärken werde. Aufgrund der hohen Fluktuation an Personal in der Gastronomie könnten eine Vielzahl von Personen Zugriff zu den Daten erlangen. Das Gaststättenpersonal sei im Datenschutz nicht geschult und vollkommen unerfahren, ein hinreichender Schutz der personenbezogenen Daten sei somit nicht gegeben.
Der Antragsgegner ist dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entgegengetreten. Er macht unter anderem mit jeweils näherer Begründung geltend, die Verordnungsbestimmung zur sog. Maskenpflicht greife entgegen dem Antragsvorbringen nicht in verfassungswidriger Weise in die Grundrechte auf allgemeine Handlungsfreiheit sowie körperliche Unversehrtheit ein. Es bestehe insbesondere eine ausreichende, dem Parlamentsvorbehalt genügende Ermächtigungsgrundlage. Die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sei auch verhältnismäßig.
Die Verpflichtung zur Abgabe personenbezogener Daten beim Betreten einer Gaststätte gem. § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten sei nicht zu beanstanden. Die Vorschrift beruhe auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage, sei vereinbar mit Unionsrecht aus der Datenschutz-Grundverordnung sowie verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Antragstellerin sei gerechtfertigt, da er der Eindämmung des Coronavirus und damit dem Schutz von Leben und der Gesundheit der Bevölkerung diene.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO in der Besetzung mit drei Richtern (§ 9 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO). Die Besetzungsregelung in § 4 AGVwGO ist auf Entscheidungen nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht anwendbar (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.2008 - GRS 1/08 - ESVGH 59, 154).
10 
1. Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig.
11 
Ein Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig, wenn ein in der Hauptsache gestellter oder noch zu stellender Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO voraussichtlich zulässig ist (vgl. zu dieser Voraussetzung Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 47 Rn. 387) und die gesonderten Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO erfüllt sind.
12 
a) Die Statthaftigkeit des Antrags in der Hauptsache folgt aus § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 4 AGVwGO. Danach entscheidet der Verwaltungsgerichtshof auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften. Dazu gehören Verordnungen der Landesregierung.
13 
b) Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt.
14 
c) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (ausf. dazu Senat, Urt. v. 29.04.2014 - 1 S 1458/12 - VBlBW 2014, 462, mit zahlreichen Nachweisen). Nach diesem Maßstab besteht die Antragsbefugnis. Es ist möglich, dass die Antragstellerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt ist.
15 
d) Ein Rechtsschutzinteresse liegt vor. Denn mit einem Erfolg ihres Antrags könnte die Antragstellerin ihre Rechtsstellung verbessern.
16 
2. Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist aber nicht begründet.
17 
Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ist danach der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Ergibt diese Prüfung, dass ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache voraussichtlich begründet wäre, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug der streitgegenständlichen Satzung oder Rechtsvorschrift zu suspendieren ist. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug der Rechtsvorschrift vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (BVerwG, Beschl. v. 25.02.2015 - 4 VR 5.14 -, ZfBR 2015, 381; Beschl. v. 16.09.2015 - 4 VR 2/15 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.08.2016 - 5 S 437/16 -, juris m.w.N.; Beschl. v. 13.03.2017 - 6 S 309/17 - juris). Mit diesen Voraussetzungen stellt § 47 Abs. 6 VwGO an die Aussetzung des Vollzugs einer untergesetzlichen Norm erheblich strengere Anforderungen, als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt (BVerwG, Beschl. v. 18.05.1998 - 4 VR 2/98 - NVwZ 1998, 1065).
18 
An diesen Maßstäben gemessen bleibt der Antrag der Antragstellerin auf sofortige Außervollzugsetzung der Maskenpflicht nach § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO (dazu unter a)) sowie der Verpflichtung zur Nennung personenbezogener Daten beim Besuch einer Gaststätte nach § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten (dazu b)), ohne Erfolg.
19 
a) Der Senat hat mit Beschlüssen vom 13.05.2020 - 1 S 1314/20 - und vom 18.05.2020 - 1 S 1417/20 - ebenfalls gegen § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO gerichtete Anträge nach § 47 Abs. 6 VwGO abgelehnt und zur Begründung u.a. ausgeführt:
20 
„a) Der gegen § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO gerichtete Normenkontrollantrag hat voraussichtlich keinen Erfolg (aa). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch nicht im vorstehenden Sinn geboten (bb).
21 
aa) Der gegen § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO gerichtete Normenkontrollantrag wird aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben. Die Vorschrift steht voraussichtlich mit höherrangigem Recht in Einklang.
22 
§ 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO bestimmt, dass Personen ab dem vollendeten sechsten Lebensjahr zum Schutz anderer Personen vor einer Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus (erstens) im öffentlichen Personenverkehr, an Bahn- und Bussteigen sowie in Flughafengebäuden und (zweitens) in den Verkaufsräumen von Ladengeschäften und allgemein in Einkaufszentren eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssen, wenn dies nicht aus medizinischen Gründen oder aus sonstigen zwingenden Gründen unzumutbar ist oder wenn nicht ein anderweitiger mindestens gleichwertiger baulicher Schutz besteht. Durchgreifende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Vorschrift hat die Antragstellerin nicht dargelegt und sind auch sonst nicht erkennbar.
23 
(1) Für die Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO besteht voraussichtlich eine ausreichende Rechtsgrundlage in § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG. Wenn - wie im Fall des Coronavirus unstreitig der Fall - eine übertragbare Krankheit festgestellt ist, können nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Krankheit durch eine Verordnung der Landesregierung getroffen werden. Durchgreifende Bedenken gegen die Bestimmtheit dieser Norm bestehen nicht.
24 
(2) Die Ermächtigungsgrundlage in § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG dürfte für das in § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO geregelte grundsätzliche Gebot zur Tragung von Mund-Nasen-Bedeckungen in bestimmten öffentlichen Bereichen auch dem Vorbehalt des Gesetzes in seiner Ausprägung als Parlamentsvorbehalt genügen (zu den Anforderungen vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.03.1989 - 1 BvR 1033/82 u.a. - BVerfGE 80, 1, 20; Beschl. v. 21.04.2015 - 2 BvR 1322/12 u.a. - BVerfGE 139, 19; ausf. ebenfalls Senat, Beschl. v. 09.04.2020 - 1 S 925/20 - m.w.N.). Denn der Gesetzgeber selbst hat in § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 IfSG ausdrücklich vorgesehen, dass die zuständige Behörde unter den Voraussetzungen von Halbsatz 1 Personen insbesondere dazu verpflichten kann, von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten (vgl. zu einem verordnungsrechtlichen Verbot von Ansammlungen und allen Zusammenkünften von Menschen, die eine Verbreitung von Krankheitserregern begünstigen, ausf. Senat, Beschl. v. 09.04.2020, a.a.O.).
25 
(3) Voraussichtlich ohne Erfolg bringt die Antragstellerin vor, das Infektionsschutzgesetz enthalte lediglich Generalklauseln, die keine Maßnahmen gegen - wie in ihrem Fall - (vermutlich) gesunde Menschen deckten.
26 
Wie der Senat bereits entschieden hat (Beschl. v. 23.04.2020 - 1 S 1046/20 - und ausf. Beschl. v. 09.04.2020, a.a.O.), ermächtigt § 28 Abs.1 IfSG nach seinem Wortlaut, seinem Sinn und Zweck und dem Willen des Gesetzgebers zu Maßnahmen auch gegenüber Nichtstörern. Davon geht auch die höchstrichterliche Rechtsprechung aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.2012 - 3 C 16/11 - BVerwGE 142, 205, 213). Dass es überhaupt am Coronavirus Erkrankte gibt und insofern die Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 IfSG erfüllt sind, steht außer Frage. Im Übrigen ist zu beachten, dass eine Vielzahl von Übertragungen des SARS-CoV-2-Viruses bereits in der präsymptomatischen Phase oder gar durch vollkommen symptomlose Überträger stattfinden können. Es stellt sich daher schon die Frage, ob eine Differenzierung von Störern und Nichtstörern im Falle von SARS-CoV-2 überhaupt sachgerecht ist (vgl. Senat, Beschl. v. 23.04.2020, a.a.O., u.H. auf https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText20 [Ziff. 20]). Auch eine Beschränkung auf lediglich kurzfristige Maßnahmen enthält § 28 Abs.1 IfSG nicht. Eine dahingehende Auslegung wäre weder mit dem Wortlaut der Vorschrift noch mit dem auf die Bekämpfung von - häufig gerade nicht kurzfristigen - Infektionsgeschehen gerichteten Zweck zu vereinbaren.
27 
Die Antragstellerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, das Infektionsschutzgesetz biete jedenfalls keine Rechtsgrundlage dafür, allen Bürgerinnen und Bürgern eine sog. Maskenpflicht aufzuerlegen, weil gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 Satz IfSG „sogar“ eine Zwangsimpfung nicht für die gesamte Bevölkerung, sondern nur für „bedrohte Teile“ derselben angeordnet werden könne. Der von der Antragstellerin gezogene Erst-Recht-Schluss trägt nicht. Sie übersieht, dass eine Zwangsimpfung mit einem gravierenden Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) der Betroffenen verbunden ist (vgl. dementsprechend § 20 Abs. 14 IfSG). Die mit § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO verbundenen Eingriffen in die Grundrechte der Normadressaten, namentlich in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht und die allgemeine Handlungsfreiheit (vgl. unten (4)), wiegen im Vergleich dazu nicht, wie die Antragstellerin suggeriert („sogar“) schwerer, sondern weniger gering. Unabhängig davon ist die Annahme der Antragstellerin, § 28 Abs.1 IfSG gestatte bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen aus Satz 1 Halbsatz 1 selbst dann keine infektionsschutzrechtlichen Anordnungen - hier zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung - gegenüber grundsätzlich allen Mitgliedern der Bevölkerung, wenn sich diese Maßnahme als verhältnismäßig erweist, weder mit dem Wortlaut der Vorschrift noch mit ihrem Sinn und Zweck zu vereinbaren.
28 
(4) Das in § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO geregelte grundsätzliche Gebot zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen in bestimmten öffentlichen Bereichen steht voraussichtlich auch mit Verfassungsrecht in Einklang und genügt insbesondere derzeit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
29 
(a) Ein verfassungswidriger Eingriff in das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) liegt aller Voraussicht nach nicht vor.
30 
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt insbesondere das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen über die Darstellung des persönlichen Lebens- und Charakterbildes (BVerfG, Beschl. v. 14.01.2020 - 2 BvR 1333/17 - NJW 2020, 1049). Der Einzelne soll selbst darüber befinden dürfen, wie er sich gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit darstellen will und was seinen sozialen Geltungsanspruch ausmachen soll (BVerfG, Beschl. v. 14.01.2020, a.a.O., und v. 03.11.1999 - 2 BvR 2039/99 - NJW 2000, 1399). In diesen Schutzbereich greift der Antragsgegner mit § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO ein. Denn der Antragstellerin wird damit vorgegeben, in bestimmten öffentlichen Bereichen ihr Gesicht teilweise hinter einer Maske zu verbergen. Damit wird ihre als Ausdruck ihrer persönlichen Identität zu respektierende Entscheidung, ihr Gesicht in der Öffentlichkeit weder ganz noch teilweise zu verhüllen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.01.2020, a.a.O., zum Tragen eines Kopftuchs), beeinträchtigt.
31 
Dieser Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin ist aber aller Voraussicht nach gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig.
32 
(aa) § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO dient einem legitimen Zweck. Der Verordnungsgeber verfolgt damit das Ziel, das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer potentiell sehr großen Zahl von Menschen zu schützen und damit den sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden staatlichen Schutzauftrag zu erfüllen, indem Neuinfektionen mit dem Coronavirus möglichst verhindert werden und die Verbreitung des Virus zumindest verlangsamt wird (vgl. Senat, Beschl. v. 23.04.2020, a.a.O., und v. 09.04.2020, a.a.O.).
33 
(bb) Zur Erreichung dieses Zieles ist das vom Verordnungsgeber gewählte Mittel, in den in § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO genannten öffentlichen Bereichen, namentlich im öffentlichen Personenverkehr und in Verkaufsräumen, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung vorzuschreiben, voraussichtlich geeignet.
34 
Ein Gesetz ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann, wobei dem Gesetzgeber bei der Beurteilung der Eignung ein Beurteilungsspielraum zusteht (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.06.1984 - 1 BvR 1494/78 - BVerfGE 67, 157, 173 ff.; Beschl. v. 09.03.1994 - 2 BvL 43/92 u.a. - BVerfGE 90, 145, 172 f.; je m.w.N.).
35 
Diese Anforderung dürfte die in § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO angeordnete sog. Maskenpflicht erfüllen. Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus ist von der WHO als Pandemie eingestuft worden. Die Erfahrungen in anderen Staaten zeigen, dass die exponentiell verlaufende Verbreitung des besonders leicht von Mensch zu Mensch, insbesondere durch Tröpfcheninfektion übertragbaren Virus nur durch eine strikte Minimierung der persönlichen Kontakte zwischen den Menschen eingedämmt werden kann. Das Gebot in § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO bezweckt, wie gezeigt, die Verbreitung des Coronavirus durch die Verhinderung von Neuinfektionen zu verlangsamen. Die Pflicht, in den genannten öffentlichen Bereichen eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, kann voraussichtlich dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.
36 
Ohne Erfolg hält die Antragstellerin dem entgegen, derzeit sei nicht „nachgewiesen“, dass - und werde von namhaften Vertretern der Ärzteschaft bezweifelt, ob - das Tragen von einfachen Mund-Nasen-Bedeckungen (MNB, auch sog. Alltagsmasken) überhaupt zur Reduzierung von Neuinfektionen geeignet sei. Der Verordnungsgeber hat den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum bei der Schaffung von § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO voraussichtlich nicht verlassen, wenn er davon ausgeht, dass das darin gelegte Gebot dazu beiträgt, Neuinfektionen zu verhindern. Das gemäß § 4 IfSG u.a. zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen und dahingehender Analysen und Forschungen berufene Robert-Koch-Institut ist in Kenntnis der Unterschiede zwischen MNB einerseits und medizinischen Mund-Nasen-Schutz-Produkten (MNS) andererseits, ferner unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Effektivität der Masken in der Fachwelt derzeit im Einzelnen vor dem Hintergrund der noch beschränkten empirischen Erkenntnisse teils unterschiedlich bewertet wird, sowie nach einer Würdigung der derzeit vorhandenen Studien zuletzt zu folgender zusammenfassender Einschätzung gelangt:
37 
‚Wie Beobachtungen aus Ausbruchsuntersuchungen und Modellierungsstudien zeigen, beruht die rasche Ausbreitung von SARS-CoV-2 auf einem hohen Anteil von Erkrankungen, die initial mit nur leichten Symptomen beginnen, ohne die Erkrankten in ihrer täglichen Aktivität einzuschränken. Bereits 1 - 3 Tage vor Auftreten der Symptome kann es zu einer Ausscheidung von hohen Virusmengen kommen. Eine teilweise Reduktion dieser unbemerkten Übertragung von infektiösen Tröpfchen durch das Tragen von MNB könnte auf Populationsebene zu einer weiteren Verlangsamung der Ausbreitung beitragen. Dies betrifft die Übertragung im öffentlichen Raum, an denen mehrere Menschen zusammentreffen und sich dort länger aufhalten (z. B. Arbeitsplatz) oder der physische Abstand von mindestens 1,5 m nicht immer eingehalten werden kann (z. B. Einkaufssituation, öffentliche Verkehrsmittel). Tätigkeiten, die mit vielen oder engeren Kontakten einhergehen, sind hier von besonderer Bedeutung. Da bei vielen Ansteckungen die Infektionsquelle unbekannt ist, kann eine unbemerkte Ausscheidung des Virus in diesen Fällen weder durch eine Verhaltensänderung (wie eine Selbstquarantäne) noch durch eine frühzeitige Testung erkannt werden, da der Beginn der Infektiosität unbekannt ist. Aus diesem Grund kann das Tragen von MNB im öffentlichen Raum vor allem dann im Sinne einer Reduktion der Übertragungen wirksam werden, wenn sich möglichst viele Personen daran beteiligen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass es Personen gibt, die aufgrund von Vorerkrankungen den höheren Atemwiderstand beim Tragen von Masken nicht tolerieren können.
38 
Um möglichst rasch eine nachhaltige Reduktion der Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 in der Bevölkerung und sinkende Neuerkrankungszahlen zu erreichen, ist es notwendig, mehrere Komponenten einzusetzen, die sich gegenseitig ergänzen (s. 2. Strategie-Update). Dabei sind immer die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen und deren unerwünschte Auswirkungen sorgsam gegeneinander abzuwägen. In dem System verschiedener Maßnahmen ist ein situationsbedingtes generelles Tragen von MNB (oder von MNS, wenn die Produktionskapazität dies erlaubt) in der Bevölkerung ein weiterer Baustein, um Übertragungen zu reduzieren.‘ (RKI, Epidemiologisches Bulletin 19/2020 vom 14.04.2020, S. 4 f.; i.W. ebenso dass., „Ist das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in der Öffentlichkeit zum Schutz vor SARS-CoV-2 sinnvoll?“, FAQ unter https://www.rki.de, zuletzt abgerufen am 13.05.2020).
39 
Vor dem Hintergrund dieser den aktuellen Erkenntnis- und Forschungsstand berücksichtigenden und nachvollziehbar begründeten Einschätzung kann der Verordnungsgeber die Anordnung einer sog. Maskenpflicht für den öffentlichen Personenverkehr und Verkaufsstätten derzeit ohne Rechtsfehler als geeignetes Mittel zur Unterbindung von Infektionsketten ansehen (im Ergebnis ebenso BayVGH, Beschl. v. 07.05.2020 - 20 NE 20.926 - [PM]; HessVGH, Beschl. v. 06.05.2020 - 8 B 1153/2020.N - [PM]; VG Saarland, Beschl. v. 30.04.2020 - 6 L 452/20 - juris; VG Mainz, Beschl. v. 28.04.2020 - 1 L 276/20.MZ - juris; offen gelassen von NdsOVG, Beschl. v. 05.05.2020 - 13 MN 119/20 - juris).
40 
Die Eignung von § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO zur Erreichung des genannten Ziels vermag die Antragstellerin auch nicht mit ihren Einwänden in Frage zu stellen, durch das Tragen der Maske werde die Verbreitung des Coronavirus nicht verhindert, sondern im Gegenteil u.a. durch die Schaffung eines trügerischen Sicherheitsgefühls und die Gefahr einer Sammlung des Virus auf der Maske und eine Weiterverbreitung bei unsachgemäßem Gebrauch noch gefördert. Diesen Bedenken kann durch eine Aufklärung über den sachgemäßen Gebrauch von Mund-Nasen-Bedeckungen begegnet werden (vgl. BayVGH, Beschl. v. 07.05.2020, a.a.O.; VG Saarland, Beschl. v. 30.04.2020, a.a.O.). Eine dahingehende Aufklärung wird (auch) von staatlichen Stellen bereits betrieben (vgl. nur - mit zahlreichen weiterführenden Hinweisen - RKI „Ist das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in der Öffentlichkeit zum Schutz vor SARS-CoV-2 sinnvoll?“, a.a.O.). Es ist den Normadressaten möglich und zumutbar, sich über die richtige Handhabung über allgemein zugängliche Quellen zu informieren (vgl. VG Mainz, Beschl. v. 28.04.2020, a.a.O.).
41 
Ebenfalls ohne Erfolg bleiben in diesem Zusammenhang aller Voraussicht nach die Einwände der Antragstellerin, die Anordnung der sog. Maskenpflicht in § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO führe in anderen Bereichen zu erheblichen negativen Auswirkungen, etwa zu einer höheren Klimabelastung, wenn Menschen auf das Auto auswichen, oder zu Rückschritten bei der Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen. Die Antragstellerin verliert bei dieser Argumentation das von dem Verordnungsgeber verfolgte legitime Ziel aus dem Blick. Dieses besteht, wie gezeigt, darin, das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer potentiell sehr großen Zahl von Menschen zu schützen und damit den sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden staatlichen Schutzauftrag zu erfüllen, indem Neuinfektionen mit dem Coronavirus möglichst verhindert werden sollen. Die Eignung der sog. Maskenpflicht, dieses Ziel zu erreichen, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Maßnahme in anderen Lebensbereichen Nachteile mit sich bringen kann.
42 
Ohne Erfolg bleibt auch der ergänzende und wohl ebenfalls gegen die Eignung der Maßnahme vorgetragene Einwand der Antragstellerin, es werde zu Gefährdungen im Straßenverkehr kommen, wenn Menschen dort eine Maske trügen. Dieses Vorbringen geht bereits an der von der Antragstellerin angegriffenen Vorschrift vorbei. Denn § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO enthält kein Gebot, beim Führen eines Kraftfahrzeuges eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.
43 
(cc) Zur Erreichung des genannten Zieles ist das vom Verordnungsgeber gewählte Mittel eines grundsätzlichen Gebots zur Tragung von Mund-Nasen-Bedeckungen in den genannten öffentlichen Bereichen voraussichtlich auch erforderlich.
44 
Ein Gesetz ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können, wobei dem Gesetzgeber auch insoweit ein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.06.1984, a.a.O., und v. 09.03.1994, a.a.O., jeweils m.w.N.). Solche gleich wirksamen, aber weniger einschränkenden Mittel hat die Antragstellerin nicht aufgezeigt und sind voraussichtlich auch sonst nicht erkennbar.
45 
Ohne Erfolg macht die Antragstellerin insbesondere geltend, das Gesundheitssystem sei in Deutschland inzwischen nicht mehr in der konkreten Gefahr, durch eine Vielzahl gleichzeitig erkrankter Menschen überlastet zu werden. Sie übersieht bei diesem Einwand zum einen, dass das legitime Ziel des Verordnungsgebers nicht lediglich darin besteht, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, sondern auch darin, die Zahl der Neuinfektionen unabhängig davon wegen des potentiell tödlichen Verlaufs der Krankheit und der zurzeit noch fehlenden medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten zu reduzieren. Unabhängig davon teilt der Senat die Einschätzung der Antragsteller zu den Gefahren für das Gesundheitssystem gegenwärtig nicht. Das RKI gelangt dazu in seiner jüngsten Risikoeinschätzung (Lagebericht vom 12.05.2020, zuletzt abgerufen am 13.05.2020, Hervorhebung im Original) zu folgender - nachvollziehbar begründeter - Auffassung:
46 
‚Es handelt sich weltweit und in Deutschland um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation. Bei einem Teil der Fälle sind die Krankheitsverläufe schwer, auch tödliche Krankheitsverläufe kommen vor. Die Anzahl der neu übermittelten Fälle in Deutschland ist rückläufig. Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland wird derzeit insgesamt als hoch eingeschätzt, für Risikogruppen als sehr hoch. Die Wahrscheinlichkeit für schwere Krankheitsverläufe nimmt mit zunehmendem Alter und bestehenden Vorerkrankungen zu. Diese Gefährdung variiert von Region zu Region. Die Belastung des Gesundheitswesens hängt maßgeblich von der regionalen Verbreitung der Infektion, den vorhandenen Kapazitäten und den eingeleiteten Gegenmaßnahmen (Isolierung, Quarantäne, physische Distanzierung) ab und kann örtlich sehr hoch sein. Diese Einschätzung kann sich kurzfristig durch neue Erkenntnisse ändern.‘
47 
Ebenfalls ohne Erfolg bleibt der Einwand der Antragstellerin, es bestünden im Vergleich zu der in § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO geregelten sog. Maskenpflicht mildere Mittel, wie ein Verbot von Massenveranstaltungen, die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln sowie gezielte Maßnahmen zum Schutz der Risikogruppen und ein Selbstschutz derselben. Diese Maßnahmen mögen ebenfalls geeignet sein, zur Erreichung des vom Verordnungsgeber verfolgten Ziels beizutragen. Der Verordnungsgeber überschreitet seinen Beurteilungsspielraum aber nicht, wenn er von der Annahme ausgeht, dass solche - und die weiteren derzeit in der Corona-Verordnung angeordneten - Maßnahmen allein nicht ebenso wirksam sind wie die zusätzliche Anordnung einer Pflicht, Mund-Nasen-Bedeckungen in öffentlichen Bereichen zu tragen, in denen Menschen typischerweise gehäuft und eng aufeinandertreffen und in denen sie deshalb besonderen Infektionsgefahren begründen sowie solchen Gefahren ausgesetzt sein können.
48 
(dd) Das von dem Verordnungsgeber zur Erreichung des genannten Zieles gewählte Mittel einer sog. Maskenpflicht stellt sich im Zeitpunkt der vorliegenden Senatsentscheidung auch noch als verhältnismäßig im engeren Sinne (angemessen) dar.
49 
Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ist von gewissem Gewicht. Sie kann wegen der angegriffenen Verordnungsbestimmung einige wichtige öffentliche Bereiche nicht betreten, ohne zuvor eine Mund-Nasen-Bedeckung aufzusetzen und damit ihr Gesicht zu verdecken. Sie hat glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass sie sich damit in ihrer persönlichen Identität - was in dem gerichtlichen Verfahren zu respektieren ist - subjektiv erheblich beeinträchtigt sieht.
50 
Dem stehen jedoch die ebenfalls gravierenden Folgen für Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener und die damit verbundene Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands gegenüber. Auch nach den seit Mitte März andauernden Beschränkungsmaßnahmen und einer merklichen Abnahme der Infektionsgeschwindigkeit besteht derzeit weiterhin die Gefahr, dass ohne Kontaktbeschränkungen die Infektionsgeschwindigkeit wieder sehr schnell zunimmt und es zu einer Überlastung des Gesundheitswesens kommt (vgl. oben (bb) und dazu Senat, Beschl. v. 09.04.2020 - 1 S 925/20 -, v. 28.04.2020 - 1 S 1068/20 -, und v. 30.04.2020 - 1 S 1101/20 -, je m.w.N.). Angesichts dessen ist die Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO zur sog. Maskenpflicht voraussichtlich verhältnismäßig im engeren Sinne. Das gilt umso mehr, als die nachteiligen Folgen für die Betroffenen dadurch etwas abgemildert werden, dass die Vorschrift einen Zumutbarkeitsvorbehalt und Ausnahmebestimmungen enthält („wenn dies nicht aus medizinischen Gründen oder aus sonstigen zwingenden Gründen unzumutbar ist oder wenn nicht ein anderweitiger mindestens gleichwertiger baulicher Schutz besteht“). Hinzu kommt, dass die Maßnahme nur einen räumlich und zeitlich beschränkten Teilbereich des öffentlichen Lebens betrifft und die Betroffenen den Eingriffen in gewissem Umfang auf zumutbare Weise ausweichen können, etwa indem sie, wie auch von der Antragstellerin in Betracht gezogen, auf die Nutzung des öffentlichen Personenverkehrs einstweilen zugunsten von anderen Verkehrsmitteln verzichten und persönliche Einkäufe durch eine Verringerung der Frequenz und die Inanspruchnahme von Angeboten des Fernhandels reduzieren (ähnl. insoweit VG Mainz, Beschl. v. 28.04.2020, a.a.O.). Die Anordnung der sog. Maskenpflicht unterliegt zudem als dauerhaft eingreifende Maßnahme der Verpflichtung der Landesregierung zur fortlaufenden Überprüfung, insbesondere wie wirksam die Maßnahme im Hinblick auf eine Verlangsamung der Verbreitung des Coronavirus ist und wie sie sich für die Betroffenen auswirkt. Dass die Landesregierung bisher dieser Verpflichtung nicht nachgekommen wäre, ist in keiner Weise ersichtlich (ähnlich zu anderen betrieblichen Schließungsanordnungen OVG Bln.-Bdbg., Beschl. v. 23.03.2020 - 11 S 12/20 - juris; BayVGH, Beschl. v. 30.03.2020 - 20 CS 20.611 - juris). Mit Inkrafttreten der Fünften, Sechsten und Siebten Corona-Verordnung sowie dem im Wege einer faktischen achten Änderung erfolgten Neuerlass der Verordnung am 09.05.2020 hat die Landesregierung in Reaktion auf die gesunkenen Neuinfektionszahlen erste Lockerungen in dem Gesamtpaket der ab März 2020 zunächst getroffenen Maßnahmen ermöglicht (vgl. bereits Senat, Beschl. v. 28.04.2020 - 1 S 1068/20 -).
51 
(b) Die gemäß Art. 1 Abs. 1 GG unantastbare Menschenwürde der Antragstellerin wird durch § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO ebenfalls nicht verletzt.
52 
Von der Vorstellung ausgehend, dass der Mensch in Freiheit sich selbst bestimmt und entfaltet (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.06.1999 - 2 BvE 2/08 u.a. - BVerfGE 123, 267 <413> m.w.N.), umfasst die Garantie der Menschenwürde insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.01.2017 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 144, 20 <207>). Damit ist ein sozialer Wert- und Achtungsanspruch verbunden, der es verbietet, den Menschen zum „bloßen Objekt“ staatlichen Handelns zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.01.2017, a.a.O., m.w.N.). Einer solchen sie zum Objekt degradierenden Behandlung wird die Antragstellerin durch das Gebot, in bestimmten öffentlichen Bereichen eine Mund-Nasen-Bedeckung zum Schutz anderer vor einer potentiell tödlichen Erkrankung aufzusetzen, nicht ausgesetzt.
53 
(c) Ein verfassungswidriger Eingriff in das Grundrecht der Antragstellerin auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) liegt aller Voraussicht ebenfalls nicht vor.
54 
Ohne Erfolg macht sie geltend, die Verwendung von Mund-Nasen-Bedeckungen berge ihrerseits gesundheitliche Risiken, weil sich darauf Viren und andere Krankheitserreger sammeln könnten. Es ist weder mit ihrem diesbezüglichen, nicht weiter substantiierten Vortrag dargelegt noch sonst erkennbar, dass die Verwendung der genannten Bedeckung, die sich in der Regel auf jeweils kurze Zeiträume erstrecken wird, bei sachgemäßem Gebrauch ernsthafte Gesundheitsrisiken für gesunde Normadressaten begründen könnte. Hygienische Bedenken, die sich aus der Nutzung der eigenen Mund-Nasen-Bedeckung ergeben können, dürfte jeder Träger selbst hinreichend beeinflussen können (vgl. insoweit NdsOVG, Beschl. v. 05.05.2020, a.a.O.). Soweit es Normadressaten im Einzelfall, etwa aufgrund krankheitsbedingter Vorbelastungen der Atemwege, aus medizinischen Gründen unzumutbar ist, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, sind sie bereits tatbestandlich aus dem Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO ausgenommen (vgl. erneut den letzten Halbsatz: „wenn dies nicht aus medizinischen Gründen oder aus sonstigen zwingenden Gründen unzumutbar ist“).
55 
(d) Ein verfassungswidriger Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Antragstellerin (Art. 2 Abs. 1 Abs. 1 GG) liegt aller Voraussicht nach ebenfalls nicht vor.
56 
Der Schutzbereich dieses Grundrechts umfasst das Recht, das eigene äußere Erscheinungsbild nach eigenem Gutdünken selbstverantwortlich zu bestimmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.01.1991 - 2 BvR 550/90 - NJW 1991, 1477; BVerwG, Urt. v. 02.03.2006 - 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 m.w.N.). In diesen Schutzbereich greift das in § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO geregelte grundsätzliche Gebot, in bestimmten öffentlichen Bereichen eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, ein. Dieser Eingriff ist aber aller Voraussicht nach verfassungsrechtlich gerechtfertigt, insbesondere aus den oben genannten Gründen (vgl. (a)) verhältnismäßig.
57 
bb) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in Bezug auf § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO auch nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO geboten.
58 
Dies folgt bereits daraus, dass ein Normenkontrollantrag, wie gezeigt, voraussichtlich unbegründet ist. In einem solchen Fall ist - wie oben dargelegt - der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Unbeschadet dessen ist eine erhebliche, die von dem Antragsgegner vorgebrachten Interessen des Schutzes von Leib und Leben überwiegende Beeinträchtigung der Belange der Antragstellerin nicht ersichtlich. Das gilt umso mehr, als sie den Eingriffen, wie gezeigt, in gewissem Umfang ausweichen und das Tragen der Maske dadurch auf wenige und zeitlich überschaubare Bereiche beschränken kann. Die verbleibenden Einschränkungen sind ihr im Rahmen der gebotenen Abwägung zumutbar.“
59 
Hieran hält der Senat nach Überprüfung auch angesichts der Einwände der Antragstellerin fest.
60 
aa) Ein Verstoß gegen den Vorbehalt des Gesetzes in seiner Ausprägung als Parlamentsvorbehalt und gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG liegt voraussichtlich nicht vor. Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichten den Gesetzgeber, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen und diese nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive zu überlassen. Dabei bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel „wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte“. Eine Pflicht zum Tätigwerden des Gesetzgebers besteht insbesondere in mehrdimensionalen, komplexen Grundrechtskonstellationen. Grundsätzlich können zwar auch Gesetze, die gemäß Art. 80 Abs. 1 GG zu Rechtsverordnungen ermächtigen, den Voraussetzungen des Gesetzesvorbehalts genügen, die wesentlichen Entscheidungen müssen aber durch den parlamentarischen Gesetzgeber selbst erfolgen. (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.03.1989 - 1 BvR 1033/82 u.a. - BVerfGE 80, 1, 20; Beschl. v. 21.04.2015 - 2 BvR 1322/12 u.a. - BVerfGE 139, 19, m.w.N.).
61 
Nach diesem Maßstab dürfte nicht zu beanstanden sein, dass die Maskenpflicht durch den Verordnungsgeber geregelt worden ist. Um eine mehrdimensionale komplexe Grundrechtskonstellation handelt es sich nicht, die Antragstellerin behauptet dies auch nicht. Der Grundrechtseingriff durch die Maskenpflicht ist - wie ausgeführt - von einem gewissen Gewicht, hat jedoch keine besonders ausgeprägte Eingriffstiefe. Bereits der Parlamentsgesetzgeber hat in § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG den zuständigen Behörden die Befugnis, die notwendigen Schutzmaßnahmen zu ergreifen, gegeben und dabei bewusst - wie sich aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt - eine generelle Ermächtigung in das Gesetz aufgenommen, um für alle Fälle gewappnet zu sein (vgl. bereits Senat, Beschl. v. 09.04.2020 - 1 S 925/20 - juris).
62 
bb) In der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung gem. § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO liegt aller Voraussicht nach auch kein ungerechtfertigter Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art.1 Abs. 1 GG), das Recht auf Leben und körperliche Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) sowie das Grundrecht auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG der Antragstellerin.
63 
Ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) dürfte zwar vorliegen, dieser ist jedoch nach dem Vorstehenden (II. 2. a) „a) aa) (4) (a)“) aller Voraussicht nach gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig.
64 
Voraussichtlich kein Eingriff liegt jedoch in das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) der Antragstellerin vor. Bezüglich der hygienischen Bedenken, die die Antragstellerin im Hinblick auf die nicht sachgerechte Verwendung der Masken hegt, dürfte es bei dem Träger der Maske selbst liegen, ob diese eine Gesundheitsgefahr z.B. wegen Verkeimung bergen kann. Zwar hat die Antragstellerin vorgetragen, dass sie gesundheitliche Beeinträchtigungen erleide, diesbezüglich steht es ihr jedoch frei, den Ausnahmetatbestand des § 3 Abs.1 Satz 3 CoronaVO für sich in Anspruch zu nehmen.
65 
Offenbleiben kann hier, ob die von der Antragstellerin beanstandete Regelung zur Maskentragepflicht sie in ihrem Grundrecht auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt. Dieses Grundrecht schützt die körperliche Bewegungsfreiheit. Es bedarf im vorliegenden Eilrechtsverfahren keiner Entscheidung der im Einzelnen - wegen des Hintergrunds der Norm im Habeas-Corpus-Recht und des Normzusammenhangs mit Art. 104 Abs. 2 GG - umstrittenen Fragen, ob damit ohne weitere Voraussetzungen die Freiheit erfasst ist, sich an beliebige Orte zu bewegen (vgl. zum Meinungsstand, Murswiek/Rixen, in: Sachs, GG, 8. Aufl., Art. 2 Rn. 228 ff.; Lang, in: Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 42. Ed., Art. 2 Rn. 84; jeweils m.w.N.), und unter welchen Voraussetzungen Beeinträchtigungen der Bewegungsfreiheit als Eingriffe anzusehen sind (vgl. dazu Lang, a.a.O., Art. 2 Rn. 86 ff.). Selbst wenn die durch § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO angeordnete Maskentragungspflicht an bestimmten öffentlichen Orten, als Eingriff in das Grundrecht der Antragstellerin aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG einzuordnen wäre, würde sich dieser Eingriff aller Voraussicht nach als gerechtfertigt, insbesondere aus den oben genannten (II. 2. a) „a) aa) (4) (a)“), und auch hier entsprechend geltenden Gründen, als verhältnismäßig erweisen.
66 
cc) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO geboten. Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 3 CoronaVO ist aller Voraussicht nach bereits rechtmäßig. Darüber hinaus ist es der Antragstellerin aufgrund der geringen Eingriffstiefe der Maskenpflicht in Abwägung mit den Interessen des Antragsgegners, den Schutz von Leib und Leben zu gewährleisten, zumutbar, eine Maske in den festgeschriebenen Bereichen zu tragen.
67 
b) Auch der gegen § 2 Abs. 3 Satz 2 CoronaVO Gaststätten gerichtete Normenkontrollantrag hat voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg (aa)). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch insoweit nicht geboten (bb)).
68 
aa) § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten steht aller Voraussicht nach mit höherrangigem Recht in Einklang.
69 
§ 3 Abs. 3 Satz 1 CoronaVO Gaststätten bestimmt, dass der Betreiber der Gaststätte ausschließlich zum Zweck der Auskunftserteilung gegenüber dem Gesundheitsamt oder der Ortspolizeibehörde nach §§ 16, 25 IfSG, Name und Vorname des Gastes, Datum sowie Beginn und Ende des Besuchs und Telefonnummer oder Adresse des Gastes zu erheben und zu speichern hat. Gem. § 2 Abs. 3 Satz 2 CoronaVO dürfen Gäste Gaststätten nur besuchen, wenn sie dem Betreiber Daten nach § 3 Abs. 3 Satz 1 CoronaVO Gaststätten vollständig und zutreffend zur Verfügung stellen. Die Daten sind vom Betreiber vier Wochen nach Erhebung zu löschen (§ 2 Abs. 3 Satz 3 CoronaVO Gaststätten), wobei die allgemeinen Bestimmungen über die Verarbeitung personenbezogener Daten unberührt bleiben (§ 2 Abs. 3 Satz 4 CoronaVO Gaststätten). Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diese Vorschrift hat die Antragstellerin nicht dargelegt und sind auch sonst nicht erkennbar.
70 
Für die Regelung in § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten besteht voraussichtlich eine ausreichende Rechtsgrundlage in § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG und § 4 Abs. 5 CoronaVO (dazu (1)). Sie dürfte auch verfassungsgemäß und insbesondere verhältnismäßig sein (dazu (2)) und mit der unionsrechtlichen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Einklang stehen (dazu (3)).
71 
(1) Wenn - wie im Fall des Coronavirus unstreitig der Fall - eine übertragbare Krankheit festgestellt ist, können nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Krankheit durch eine Verordnung der Landesregierung getroffen werden. Eine solche Regelung hat die Landesregierung mit der CoronaVO vom 09.05.2020 in der ab dem 15.06.2020 geltenden Fassung erlassen. Diese sieht - was § 32 Satz 2 IfSG zulässt - in § 4 Abs. 5 vor, dass das Sozialministerium und das Wirtschaftsministerium ermächtigt werden, durch gemeinsame Rechtsverordnung über § 4 Abs. 3 hinausgehende oder davon abweichende Hygienevorgaben für [...] das Gaststättengewerbe festzulegen.
72 
Die Ermächtigungsgrundlage in § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG und § 4 Abs. 5 CoronaVO dürfte für das in § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten geregelte Gebot zur vollständigen und zutreffenden Zurverfügungstellung von Daten i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 CoronaVO Gaststätten beim Besuch einer Gaststätte dem Vorbehalt des Gesetzes in seiner Ausprägung als Parlamentsvorbehalt genügen (ausf. dazu Senat, Beschl. v. 09.04.2020 - 1 S 925/20 - m.w.N.). Denn der Gesetzgeber selbst hat in § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 IfSG ausdrücklich vorgesehen, dass die zuständige Behörde unter den Voraussetzungen von Halbsatz 1 Personen insbesondere dazu verpflichten kann, von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten (vgl. zu einem verordnungsrechtlichen Verbot von Ansammlungen und allen Zusammenkünften von Menschen, die eine Verbreitung von Krankheitserregern begünstigen, ausf. Senat, Beschl. v. 09.04.2020, a.a.O.).
73 
(2) Die in § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten geregelte Verpflichtung zur Abgabe bestimmter personenbezogener Daten vor dem Betreten von Gaststätten ist voraussichtlich verfassungsgemäß und insbesondere verhältnismäßig.
74 
(a) Der von der Antragstellerin gerügte Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dürfte verfassungsrechtlich gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig sein.
75 
Mit der Verpflichtung gem. § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten zur Abgabe personenbezogener Daten liegt ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Antragstellerin vor. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmungen beinhaltet als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts die Befugnis des Einzelnen, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten grundsätzlich selbst zu bestimmen (vgl. grundlegend BVerfG Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. BVerfGE 65, 1 (43); BVerfG, Beschl. v. 06.11.2019 - 1 BvR 16/13 - juris Rn. 83 ff. m.w.N.). Für die Berufungsmöglichkeit auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung kommt es nicht auf eine etwaige Sensibilität betroffener Daten an (vgl. BeckOK GG/Lang, 43. Ed. 15.5.2020, GG Art. 2 Rn. 45a), es schützt generell vor staatlicher Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten (BVerfG, Beschl. v. 09.03.1988 - 1 BvL 49/86 - juris Rn. 29).
76 
Beschränkungen bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar ergeben. § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten stellt als untergesetzliche Rechtsnorm insoweit eine taugliche Eingriffsgrundlage dar (vgl. bereits oben II. 2. b) aa) (1)), der Eingriff genügt voraussichtlich dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
77 
§ 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten dient einem legitimen Zweck, nämlich die Nachverfolgung von Kontakten im Falle eines Infektionsgeschehens in der Gaststätte zu erleichtern und dadurch die Verbreitung des besonders leicht im Wege der Tröpfcheninfektion und über Aerosole übertragbaren Coronavirus zumindest zu verlangsamen. Das gemäß § 4 IfSG u.a. zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen und dahingehender Analysen und Forschungen berufene Robert-Koch-Institut (RKI, vgl. dazu Senat, Beschl. v. 13.05.2020 - 1 S 1314/20 - juris) schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland derzeit weiterhin insgesamt als hoch, für Risikogruppen als sehr hoch ein (RKI, Lagebericht vom 24.06.2020; https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/2020-06-24-de.pdf?__blob=publicationFile) und empfiehlt fortlaufend, Infizierte möglichst frühzeitig zu erkennen und zu isolieren sowie Kontaktpersonen nachzuverfolgen (RKI, „COVID-19: Jetzt handeln, vorausschauend planen - Strategie-Ergänzung zu empfohlenen Infektionsschutzmaßnahmen und Zielen (2. Update)“, Epidemiologisches Bulletin 12/2020 v. 19.03.2020, S. 4).
78 
Zur Erreichung dieses Ziels ist das vom Verordnungsgeber gewählte Mittel, gem. § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten alle Gäste zu verpflichten, vollständige und zutreffende Kontaktdaten zu hinterlassen, voraussichtlich geeignet.
79 
Ein Gesetz ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann, wobei dem Gesetzgeber bei der Beurteilung der Eignung ein Beurteilungsspielraum zusteht (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.06.1984 - 1 BvR 1494/78 - BVerfGE 67, 157, 173 ff.; Beschl. v. 09.03.1994 - 2 BvL 43/92 u.a. - BVerfGE 90, 145, 172 f.; je m.w.N.).
80 
Durch die Pflicht zur Angabe von Kontaktdaten beim Besuch eines Restaurants ist im Falle einer aufgetretenen Infektion in den Gasträumen jederzeit nachvollziehbar, wer sich dort zur gleichen Zeit aufgehalten hat. Hierdurch können potentielle Ansteckungsgefahren transparent gemacht werden und auch untereinander unbekannte Kontaktpersonen nachverfolgt und somit im Hinblick auf eine mögliche Ansteckung sensibilisiert werden werden. Das Gebot in § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten kann mithin dazu beitragen, die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen.
81 
Zur Erreichung des genannten Zieles ist das vom Verordnungsgeber gewählte Mittel der verpflichtenden Abgabe von Kontaktdaten bei einem Gaststättenbesuch voraussichtlich auch erforderlich, denn ein gleich geeignetes, aber milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Dem Gesetzgeber steht insoweit ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.03.1994, a.a.O). Solch ein gleich wirksames, aber weniger einschneidendes Mittel ist nicht in der von der Antragstellerin vorgeschlagenen Gaststättenbesuchsmeldung bei öffentlichen Stellen, einer Freiwilligkeit bei der Abgabe der Daten, einem Einfügen von Trennwänden, einem Verkürzen von Öffnungszeiten bei Gaststätten oder mit der Festlegung einer Mindestpersonenzahl zu sehen. Diese mögen zwar ihrerseits dazu beitragen, die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, jedenfalls aber bei Freiwilligkeit der Datenabgabe muss davon ausgegangen werden, dass nicht alle Gaststättenbesucher ihre Kontaktdaten hinterlegen. Im Falle eines Infektionsgeschehens wäre eine Kontaktpersonennachverfolgung dann nur lückenhaft möglich und vergleichsweise weniger effektiv. Die Antragstellerin verkennt bei ihren Vorschlägen hinsichtlich der Verkürzung von Öffnungszeiten, der Festlegung von Mindestpersonenanzahl und dem Aufstellen von Trennwänden, dass diese eine andere Zielrichtung verfolgen, nämlich eine Infektion zu verhindern. Für den Fall aber, dass sich in den Gasträumen bereits eine infizierte Person befindet, stellen sie kein geeignetes Mittel dar, Kontakte (sich unbekannter Personen) nachzuverfolgen. Der Vorschlag der Gaststättenbesuchsmeldung bei öffentlichen Stellen erscheint organisatorisch weit aufwändiger und wäre gleichwohl mit einer Angabe personenbezogener Daten verbunden.
82 
Die angeordnete Abgabe personenbezogener Daten stellt sich zur Erreichung des genannten Ziels im Zeitpunkt der Senatsentscheidung noch als verhältnismäßig im engeren Sinne (angemessen) dar.
83 
Der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Antragstellerin ist von einigem Gewicht. Sie darf eine Gaststätte nur betreten, wenn sie entsprechend der angegriffenen Verordnungsbestimmung ihre Kontaktdaten richtig und vollständig hinterlegt. Dem stehen auf der anderen Seite jedoch die ebenfalls gravierenden Folgen für Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener und die damit verbundene Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands gegenüber. Auch nach den seit Mitte März andauernden Beschränkungsmaßnahmen und einer merklichen Abnahme der Infektionsgeschwindigkeit besteht derzeit weiterhin die Gefahr, dass die Infektionsinzidenz aufgrund einzelner unentdeckter Ausbrüche - wie aktuell bei Ausbrüchen im Umfeld fleischverarbeitender Betriebe - wieder sehr schnell zunimmt und es zu einer Überlastung des Gesundheitswesens kommt (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 09.04.2020 - 1 S 925/20 -, v. 28.04.2020 - 1 S 1068/20 -, und v. 30.04.2020 - 1 S 1101/20 -, je m.w.N.). Angesichts dessen ist die Regelung in § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten voraussichtlich verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Speicherung der Daten ist zeitlich eng begrenzt, der Zweck der Datenerhebung klar beschränkt auf Auskunftserteilung nach §§ 16, 25 IfSG, und die Betreiber der Gaststätten sowie die Gesundheitsämter und Ortspolizeibehörden über § 2 Abs. 3 Satz 3 CoronaVO zur Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften verpflichtet. Die Antragstellerin kann der Erhebung der Daten jederzeit ausweichen, indem sie Restaurantbesuche, die grundsätzlich freiwillig und verzichtbar sind, vermeidet.
84 
(b) Die von der Antragstellerin beanstandete Regelung in § 2 Abs. 3 CoronaVO verletzt sie aller Voraussicht nach auch nicht in ihrem Grundrecht auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG.
85 
Dieses Grundrecht schützt die körperliche Bewegungsfreiheit. Selbst wenn die durch § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten normierten Gebote (oder Zutrittsverbote) als Eingriff in das Grundrecht der Antragstellerin aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG einzuordnen wäre, würden sich diese Eingriffe aller Voraussicht nach als gerechtfertigt, insbesondere aus den oben (II. 2.b)aa) (a)) genannten und auch hier entsprechend geltenden Gründen als verhältnismäßig erweisen.
86 
(c) Ein Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG liegt voraussichtlich nicht vor. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, wieso sie durch das Gebot der Abgabe ihrer Kontaktdaten in ihrer Berufsausübungsfreiheit betroffen sein sollte. Es ist für den Senat nicht ersichtlich, dass und ob sie zur Anbahnung von Geschäften alleine auf Meetings in Gaststätten angewiesen wäre. Wäre dennoch von der Eröffnung des Schutzbereichs auszugehen, so wäre der mögliche Eingriff aufgrund der vorstehenden Erwägungen (II. 2.b)aa) (a)) ebenfalls gerechtfertigt.
87 
(4) Die Verordnungsermächtigung des § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, 2 IfSG verstößt nicht gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG. Dieses findet nur Anwendung auf Grundrechte, die aufgrund ausdrücklicher Ermächtigung vom Gesetzgeber eingeschränkt werden dürfen, und auf Gesetze, die darauf abzielen, ein Grundrecht über die in ihm selbst angelegten Grenzen hinaus einzuschränken. Von Grundrechtseinschränkungen, für die das Zitiergebot gilt, sind andersartige grundrechtsrelevante Regelungen unterschieden, die der Gesetzgeber in Ausführung der ihm obliegenden, im Grundrecht vorgesehenen Regelungsaufträge, Inhaltsbestimmungen oder Schrankenziehungen vornimmt. Auf diese findet das Zitiergebot keine Anwendung. Berufsregelnde Gesetze fallen daher ebenso wenig unter das Zitiergebot (vgl. auch hierzu bereits Senat, Beschl. v. 09.04.2020 und v. 23.04.2020, je a.a.O.) wie Gesetze, die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, vgl. OVG BBbg, Beschl. v. 27.05.2020 - 11 S 43/20 - juris Rn. 17) sowie die Freiheit der Person einschränken können.
88 
(3) § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten verstößt voraussichtlich auch nicht gegen die Vorschriften der DSGVO.
89 
Gem. Art. 6 Abs. 1 DSGVO ist die Verarbeitung von Daten, dazu gehört nach Art. 4 Ziff. 2 DSGVO unproblematisch das Erheben, Speichern und Verwenden personenbezogener Daten, nur unter einer der in Art. 6 Abs. 1 lit. a) bis f) DSGVO genannten Bedingungen rechtmäßig. Im Falle der Datenverarbeitung nach § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten liegen voraussichtlich die Erlaubnistatbestände des Art. 6 Abs. 1 lit c) und e) vor. Gem. Art. 6 Abs. 1 lit c) DSGVO ist die Verarbeitung von Daten rechtmäßig, wenn diese zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche (i.S. v. Art. 4 Ziff. 7 DSGVO) unterliegt. Art. 6 Abs. 1 lit e) DSGVO erlaubt die Verarbeitung von Daten, wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse steht (Art. 6 Abs. 1 lit c) DSGVO. Bei Vorliegen dieser Erlaubnistatbestände kommt es entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht auf ihre Einwilligung zur Verarbeitung ihrer Daten an.
90 
Gem. Art. 6 Abs. 3 lit b) DSGVO wird die Rechtsgrundlage für die Verarbeitungen gem. Art. 3 Abs. 1 lit c) und e) DSGVO durch das Recht des Mitgliedstaates festgelegt, dem der Verantwortliche unterliegt. Dass § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten als untergesetzliche Rechtsverordnung - anders als die Antragstellerin meint - grundsätzlich eine taugliche Rechtsgrundlage darstellen kann, ergibt sich aus Erwägungsgrund 41 der DSGVO. Auch im Übrigen genügt § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 Satz 2 bis 4 DSGVO. Danach muss der Zweck der Verarbeitung der Daten in der Rechtsgrundlage festgelegt oder hinsichtlich der Verarbeitung gemäß Abs. 1 lit. e) DSGVO für die Erfüllung einer Aufgabe erforderlich sein, die im öffentlichen Interesse liegt. § 2 Abs. 3 Satz 1 CoronaVO Gaststätten nennt ausdrücklich den Zweck der Datenerhebung („zum Zweck der Auskunftserteilung gegenüber dem Gesundheitsamt oder der Ortspolizeibehörde nach §§ 16, 25 IfSG“). Wie oben dargestellt (II. 2.b)aa) (a)) liegt die Datenerhebung auch im öffentlichen Interesse, nämlich der Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus. Durch die so möglich gemachte Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten sollen das Leben und die Gesundheit einer Vielzahl von Personen geschützt werden. Weiterhin regelt der Verordnungsgeber ausdrücklich, welche Arten von Daten (Name, Dauer des Besuchs, Telefonnummer oder Adresse), von welchen Personen (Gästen der Gaststätte) wie lange (vier Wochen) gespeichert werden dürfen. Die in § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten klar umgrenzte und zeitlich beschränkte Datenverarbeitung steht hierzu auch in einem angemessenen Verhältnis (Art. 6 Abs. 3 Satz 4 DSGVO).
91 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin untersagt voraussichtlich auch Art. 9 Abs. 1 DSGVO die Erhebung der personenbezogenen Daten nicht, denn ihre Verarbeitung wäre nach Art. 9 Abs. 2 lit. h) DSGVO zulässig. Nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person untersagt. Zweifelhaft ist hier bereits, ob die in § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 3 CoronaVO Gaststätten zu verarbeitenden Daten Datenarten i.S. von Art. 9 Abs. 1 DSGVO darstellen (zu den Abgrenzungsschwierigkeiten vgl. Ehmann/Selmayr/Schiff, 2. Aufl. 2018, DSGVO Art. 9 Rn. 18 m.w.N), jedenfalls wäre ihre Verarbeitung nach Art. 9 Abs. 2 lit. h) DSGVO zulässig, da sie zum Zwecke der Gesundheitsvorsorge erfolgt und den weiteren Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 3 DSGVO entspricht. Die Datenverarbeitung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 CoronaVO Gaststätten erfolgt ausschließlich zum Zweck der Auskunftserteilung gegenüber dem Gesundheitsamt oder der Ortspolizeibehörde zur Wahrnehmung ihrer hoheitlichen Aufgaben nach §§ 16, 25 IfSG. Diese wiederum unterliegen gesetzlich einem Berufsgeheimnis (vgl. § 203 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB).
92 
Dem Senat sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, die auf einen Verstoß des § 2 Abs. 3 CoronaVO Gaststätten gegen die allgemeinen Grundsätze des Art. 5 DSGVO hindeuten. Soweit die Antragstellerin Bedenken hinsichtlich der Vertrauenswürdigkeit des Gaststättenpersonals im Umgang mit den erhobenen Daten hat und damit einen möglichen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 lit. f) DSGVO in Bezug nimmt, äußert sie diese ins Blaue hinein. § 2 Abs. 3 Satz 3 CoronaVO Gaststätten weist explizit darauf hin, dass die allgemeinen Bestimmungen über die Verarbeitung personenbezogener Daten unberührt bleiben, hierunter fallen insbesondere auch die Bestimmungen über die Sicherheit und Vertraulichkeit verarbeiteter Daten nach Art. 29 ff. DSGVO, die von den Betreibern der Gaststätte sowie dem Gesundheitsamt oder Ortspolizeibehörde zu beachten sind.
93 
bb) Nach alldem ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Angabe personenbezogener Daten beim Betreten einer Gaststätte nicht geboten.
94 
Dies folgt bereits daraus, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unbegründet ist. In einem solchen Fall ist - wie oben dargelegt - der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Unbeschadet dessen ist eine erhebliche, die von dem Antragsgegner vorgebrachten Interessen des Schutzes von Leib und Leben überwiegende Beeinträchtigung der Belange der Antragstellerin nicht ersichtlich. Die Einschränkungen sind der Antragstellerin im Rahmen der gebotenen Abwägung auch im Hinblick auf die Einschränkungen ihres Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmungen zumutbar.
95 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1 GKG. Für eine Halbierung des Auffangstreitwerts bestand im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen der weitgehenden Vorwegnahme der Hauptsache kein Anlass.
96 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen