Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 2 S 3174/20

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28. August 2020 - 2 K 3130/18 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 1.207,90 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28.08.2020 zuzulassen, ist zulässig, jedoch nicht begründet.
I.
Die Klägerin ist bei der Beklagten als B1-Mitglied mit einem Bemessungssatz von 30 % krankenversichert. Sie beantragte bei der Beklagten die anteilige Erstattung von Aufwendungen für in der Zeit vom 23.08.2017 bis 27.10.2017 erbrachte zahnärztliche implantologische Leistungen (korrigierte Rechnung vom 27.10.2017 über insgesamt 9.859,08 EUR).
Mit Bescheiden vom 14.11.2017 und 27.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2018 gewährte die Beklagte hierfür Kassenleistungen in Höhe von insgesamt 1.749,82 EUR. Die Gewährung weiterer Kassenleistungen (in Höhe von 1.207,90 EUR) lehnte die Beklagte ab. Zur Begründung führte sie im Widerspruchsbescheid Folgendes aus: Gemäß § 32 Abs. 6 Satz 3 (gemeint ist Satz 4) der Satzung der Beklagten seien Aufwendungen im zahnlosen Ober- und Unterkiefer für maximal vier Implantate (je Kiefer) erstattungsfähig. Die GOZ-Ziffer 9050 („Entfernen und Wiedereinsetzen sowie Auswechseln eines oder mehrerer Aufbauelemente bei einem zweiphasigen Implantatsystem während der rekonstruktiven Phase“) sei für die Regio 46, 44, 33, 34, 16, 14, 24, 26, 43, 41, 13, 11, 21 und 23 berechnet worden. Entsprechend der erstattungsfähigen Höchstzahl von Implantaten seien Aufwendungen für vier Implantate im Oberkiefer und vier Implantate im Unterkiefer (Regio 46, 44, 33, 34, 16, 14, 24 und 26) als erstattungsfähig anerkannt worden. Die Aufwendungen für Regio 43, 41, 13, 11, 21 und 23 seien nicht erstattungsfähig.
Die für die acht berücksichtigungsfähigen Implantate angesetzte GOZ-Ziffer 9050 sei satzungsgemäß mit dem 2,3fachen und nicht mit dem in Rechnung gestellten 3,5fachen Steigerungssatz erstattungsfähig. Nach § 5 GOZ sei eine Überschreitung des 2,3fachen Regelsatzes nur gerechtfertigt, wenn bei der Behandlung besondere Schwierigkeiten vorgelegen hätten. Darunter seien Besonderheiten zu verstehen, die gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle aufgetreten seien. Bei den in der Rechnung angegebenen Begründungen „bes. Schwierigkeit durch zeitlichen und instrumentellen Mehraufwand“ handele es sich nicht um individuelle patientenbezogene Besonderheiten in diesem Sinne.
Die mit dem Faktor 3,0 in Rechnung gestellten GOZ-Ziffern 5120 („Provisorische Brücke im direkten Verfahren mit Abformung, je Zahn oder Implantat, einschließlich Entfernung“) und 5140 („Provisorische Brücke im direkten Verfahren mit Abformung, je Brückenspanne oder Freiendsattel, einschließlich Entfernung“) seien ebenfalls nur bis zur 2,3fachen Höhe als erstattungsfähig anzuerkennen, weil auch insoweit keine die Überschreitung des Schwellenwertes rechtfertigende Begründung vorliege.
Material- und Laborkosten seien nach der Leistungsordnung B VI. Nr. 2 Buchstabe d) der Satzung der Beklagten zu 40 v.H. erstattungsfähig. In diesem Umfang seien die Material- und Laborkosten hier auch anerkannt worden, allerdings lediglich für die berücksichtigungsfähigen Implantate.
Die Klägerin hat am 08.03.2018 beim Verwaltungsgericht Klage auf Gewährung weiterer Kassenleistungen erhoben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 18.04.2019 aufgrund nachgereichter Unterlagen die Schwellenwertüberschreitung bezüglich der GOZ-Ziffern 5120, 5140 und 9050 und damit zusätzliche Aufwendungen in Höhe von 326,32 EUR anerkannt und hierfür anteilig Kassenleistungen in Höhe von 97,90 EUR nacherstattet. Hierauf hat die Klägerin trotz des gerichtlichen Hinweises, dass sich der Rechtsstreit insoweit erledigt haben dürfte, nicht reagiert.
Das Verwaltungsgericht hat daraufhin mit dem angegriffenen Urteil die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, soweit die Klägerin (hinsichtlich der Schwellenwertüberschreitungen) Kassenleistungen in Höhe von 97,90 EUR begehre, da die Beklagte diese Leistungen nachträglich gewährt habe und der Klägerin insoweit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehle. Im Übrigen, d.h. hinsichtlich der begehrten Erstattung der GOZ-Ziffer 9050 für sechs weitere Implantate (Regio 43, 41, 13, 11, 21, 23) sowie weiterer Material- und Laborkosten, sei die Klage zulässig, jedoch nicht begründet.
II.
Das verwaltungsgerichtliche Urteil unterliegt nicht den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln.
10 
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der jeweils dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl. 2004, 838). Es kommt dabei darauf an, ob vom Antragsteller ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt worden ist, dass der Erfolg des Rechtsmittels mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie sein Misserfolg (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822 und vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 - DVBl. 2000, 1458). Dazu müssen zum einen die angegriffenen Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen - zumindest im Kern - zutreffend herausgearbeitet werden (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.04.1997 - 8 S 1040/97 - VBlBW 1997, 299). Zum anderen sind schlüssige Bedenken gegen diese Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen, wobei sich der Darlegungsaufwand im Einzelfall nach den Umständen des jeweiligen Verfahrens richtet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.02.1998 - 7 S 216/98 - VBlBW 1998, 378 mwN), insbesondere nach Umfang und Begründungstiefe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Streitstoff muss dabei unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil gesichtet, rechtlich durchdrungen und aufbereitet werden; erforderlich ist eine fallbezogene Begründung, die dem Berufungsgericht eine Beurteilung der Zulassungsfrage ohne weitere eigene aufwändige Ermittlungen ermöglicht (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 30.06.2006 - 5 B 99.05 - juris).
11 
Nach diesen Maßgaben ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen der Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.
12 
1. Gegen die Ablehnung der Erstattungsfähigkeit der Leistungen nach GOZ-Ziffer 9050 für die Regio 43, 41, 13, 11, 21, 23 wendet die Antragsschrift ein, es sei zweifelhaft, ob § 32 Abs. 6 der Satzung der Beklagten hier einschlägig sei. Denn bei der Klägerin sei nicht eine (erstmalige) Neuversorgung mit Implantaten erfolgt, sondern es sei der bereits seit 2000/2001 bestehende Zahnersatz, also die Suprakonstruktion, erneuert und an geänderte Gegebenheiten angepasst worden. Hierzu habe zunächst die alte Suprakonstruktion einschließlich der Abutments entfernt werden müssen, bevor der Kiefer für eine Neuversorgung habe abgeformt werden können. Zur vorübergehenden Versorgung seien Provisorien eingegliedert worden. Die Implantate selbst seien bei dieser Versorgung nicht berührt worden bzw. seien davon nicht betroffen gewesen. Selbst wenn § 32 Abs. 6 der Satzung hier dem Grunde nach eingreife, so sei jedenfalls Satz 6 dieser Vorschrift zu beachten, wonach für Suprakonstruktionen keine Einschränkung der Erstattungsfähigkeit bestehe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass auch die Abutments, bei denen es sich um die Verbindungselemente zwischen der künstlichen Zahnwurzel und der künstlichen Zahnkrone bzw. den Brückengliedern handele, Teil der Suprakonstruktion seien, wie sich aus dem als Anlage beigefügten Ausdruck der Internetseite der Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik ergebe.
13 
Mit diesem Zulassungsvorbringen hat die Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aufgezeigt. Nach § 32 Abs. 6 Satz 1 der Satzung der Beklagten in der hier maßgeblichen Fassung der 92./93. Änderung vom 01.04.2017 (im Folgenden: Satzung) sind Aufwendungen für implantologische Leistungen nach Abschnitt K der Anlage 1 zur Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) und alle damit in Zusammenhang stehenden weiteren Aufwendungen nach der Anlage zur Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und Anlage 1 der GOZ in den unter a) bis e) genannten Fällen erstattungsfähig. Einschlägig ist hier nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten der Fall nach Buchstabe e), nämlich der implantatbasierte Zahnersatz im zahnlosen Ober- und Unterkiefer. Während es in den Fällen der Buchstaben a) bis d) keine Begrenzung auf die Anzahl der Implantate gibt (§ 32 Abs. 6 Satz 2 der Satzung), sind in den Fällen nach Buchstabe e) die Aufwendungen nur für höchstens vier Implantate je Kiefer, einschließlich bereits vorhandener Implantate, erstattungsfähig (§ 32 Abs. 6 Satz 4 der Satzung). Nach § 32 Abs. 6 Satz 5 der Satzung sind die Aufwendungen, einschließlich der Material- und Laborkosten, entsprechend dem Verhältnis der Zahl der nicht beihilfefähigen Implantate zur Gesamtzahl der Implantate zu kürzen. Aufwendungen für Suprakonstruktionen sind nach § 32 Abs. 6 Satz 6 der Satzung immer erstattungsfähig.
14 
Auf dieser Grundlage hat die Beklagte die GOZ-Ziffer 9050 sowie die Material- und Laborkosten zu Recht nur für vier Implantate pro Kiefer, also insgesamt für acht Implantate (Regio 46, 44, 33, 34, 16, 14, 24, 26), als erstattungsfähig anerkannt und die Erstattung der Aufwendungen bezüglich der weiteren sechs Implantate (Regio 43, 41, 13, 11, 21, 23) zu Recht abgelehnt.
15 
Unerheblich ist der Zulassungsvortrag, wonach bei der Klägerin bereits seit 2000/2001 ein implantatbasierter Zahnersatz vorhanden gewesen sei und die bestehenden Implantate, d.h. die künstlichen Zahnwurzeln, bei der streitgegenständlichen Neuversorgung nicht berührt worden bzw. nicht betroffen gewesen seien. Denn die Begrenzung der Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen nach § 32 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Buchstabe e) der Satzung auf insgesamt höchstens acht Implantate (vier Implantate je Kiefer) bezieht sich nach der Satzungsregelung auf sämtliche Aufwendungen für implantologische Leistungen nach Abschnitt K der Anlage 1 zur GOZ und alle damit in Zusammenhang stehenden weiteren Aufwendungen nach der Anlage zur GOÄ und Anlage 1 der GOZ, also auch auf Aufwendungen für Leistungen, die erst nach der bereits abgeschlossenen Durchführung implantologischer Leistungen in diesem Zusammenhang erforderlich werden, selbst wenn die ursprüngliche Versorgung mit dem Implantat bereits Jahre zurückliegt. Ausgenommen von der Begrenzung der Erstattungsfähigkeit nach § 32 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Buchstabe e) der Satzung sind gemäß § 32 Abs. 6 Satz 6 der Satzung lediglich Aufwendungen für Suprakonstruktionen.
16 
Die in Rechnung gestellten Aufwendungen für die GOZ-Ziffer 9050 sind entgegen der Auffassung der Klägerin keine Aufwendungen für die Suprakonstruktion im Sinne des § 32 Abs. 6 Satz 6 der Satzung. Ihre Erstattungsfähigkeit ist vielmehr, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, nach § 32 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Buchstabe e) der Satzung auf insgesamt acht Implantate begrenzt. Die GOZ-Ziffer 9050 betrifft das „Entfernen und Wiedereinsetzen sowie Auswechseln eines oder mehrerer Aufbauelemente bei einem zweiphasigen Implantatsystem während der rekonstruktiven Phase“. Bei den von der Klägerin genannten „Abutments“ handelt es sich um Aufbauelemente im Sinne dieser GOZ-Ziffer (vgl. Bundeszahnärztekammer, GOZ-Kommentar, Stand Oktober 2018, https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/goz/nov/goz-kommentar-bzaek.pdf, zu GOZ-Ziffer 9050). Abutments sind, wie die Klägerin zutreffend dargelegt hat, die Verbindungselemente (Aufbau- und Befestigungselemente) zwischen einem Zahnimplantat und der prothetischen Zahnversorgung. Diese Verbindungselemente sind allerdings - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht Teil der Suprakonstruktion im Sinne des § 32 Abs. 6 Satz 6 der Satzung; vielmehr gilt für diesbezügliche Aufwendungen die einschränkende Regelung des § 32 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Buchstabe e), d.h. die Begrenzung der Erstattungsfähigkeit auf insgesamt acht Implantate.
17 
Der Begriff der Suprakonstruktion ist im Bereich der Zahnmedizin kein einheitlich definierter Fachbegriff. So ergibt sich zwar aus der von der Klägerin im Zulassungsverfahren zitierten Internetseite der Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik die Aussage, das sogenannte Abutment als Verbindungsstück zwischen der künstlichen Zahnwurzel und der künstlichen Zahlkrone gehöre zur Suprakonstruktion. Der Pschyrembel (Klinisches Wörterbuch, 267. Aufl., S. 12) enthält dagegen folgende Definition des Abutments: „Über die Schleimhaut ragender Aufbau auf einem dentalen Implantat. Es dient der Befestigung von Suprastrukturen (z.B. Krone) durch Schrauben oder Zementieren“. Das Abutment ist danach nicht Teil dieser „Suprastruktur“, sondern dient deren Befestigung. Entsprechend wird auf der Internetseite des European Centers for Dental Implantology (https://zahnimplantate.com/zahnwissen/abutment.html) ein Abutment definiert als „das Verbindungsstück zwischen Implantat und Suprakonstruktion bzw. Krone oder Prothese“.
18 
Da der Begriff „Suprakonstruktion“ somit nicht klar definiert und die Frage der Zuordnung von Verbindungselementen zur Suprakonstruktion damit dem Wortlaut nach nicht eindeutig zu beantworten ist, bedarf es zur Bestimmung des Inhalts und der Reichweite des § 32 Abs. 6 Satz 6 der Satzung der Auslegung anhand der weiteren anerkannten Auslegungsmethoden, insbesondere der Entstehungsgeschichte, der Systematik und des Sinn und Zwecks dieser Vorschrift.
19 
Der Begriff der Suprakonstruktion findet sich nicht nur in § 32 Abs. 6 Satz 6 der Satzung der Beklagten, sondern auch in vergleichbaren Regelungen des Beihilferechts (vgl. § 15 Abs. 3 BBhV) und der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. § 28 Abs. 2 Satz 9, § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Zwar ist die Zuordnung von Verbindungselementen zur Implantatversorgung oder zur Suprakonstruktion weder im Bundesbeihilfegesetz noch im SGB V gesetzlich ausdrücklich geregelt. Hinweise ergeben sich allerdings aus der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreform 2000), mit dem die Suprakonstruktion teilweise in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen wurde (BT-Drs. 14/1245, S. 65). Dort heißt es zu § 28 Abs. 2 SGB V:
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„Die Regelung behält den grundsätzlichen Ausschluß implantologischer Leistungen (Implantate, Implantataufbauten, implantatbedingte Verbindungselemente etc.) aus der gesetzlichen Krankenversicherung bei, läßt aber entsprechend der Neuregelung in § 30 die anteilige Kostentragung der Krankenkasse für die Suprakonstruktion (implantatgestützter Zahnersatz) in bestimmten Ausnahmefällen zu.“
21 
Zur Neuregelung des § 30 SGB V wird weiter ausgeführt:
22 
„Bei der Versorgung mit Zahnersatz wird der Anspruch der Versicherten auf zahnärztliche Behandlung und zahntechnische Leistungen in vom Bundesausschuß festzulegenden Ausnahmefällen um die Versorgung mit Suprakonstruktionen (implantatgestützter Zahnersatz) erweitert. Damit wird der unbefriedigende Rechtszustand beseitigt, wonach Versicherte, die in bestimmten Fällen statt einer konventionellen Zahnersatzversorgung eine Versorgung mit Implantaten wählen, von ihrer Krankenkasse nicht wenigstens die anteilige Kostentragung für die Suprakonstruktion, das heißt den implantatgestützten Zahnersatz, erhalten.“
23 
(...) Sämtliche Vorleistungen wie Implantate, Implantataufbauten und implantatbedingte Verbindungselemente etc. gehören nicht zur Suprakonstruktion im Sinne des § 30 Abs. 1.“
24 
Anhaltspunkte dafür, dass dem Begriff der Suprakonstruktion mit der Neuregelung eines Festzuschusses in § 55 SGB V durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) eine andere bzw. neue Bedeutung zukommen sollte, sind nicht ersichtlich. Vielmehr heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 55 SGB V (BT-Drs. 15/1525, S. 91):
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„Nach Absatz 1 müssen die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten eine Zahnersatzversicherung als obligatorische Satzungsleistung anbieten, die auch Suprakonstruktionen (implantatgestützter Zahnersatz) beinhaltet. Für implantologische Leistungen gilt weiterhin § 28 Abs. 2.“
26 
Diese Formulierung zeigt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Begriff „Suprakonstruktion“ wie bisher verstanden werden sollte (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 09.12.2015 - L 8 KA 6/11 - juris Rn. 57; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.06.2013 - L 11 KR 4956/11 - juris Rn. 19).
27 
Diesem gesetzlichen Begriffsverständnis entspricht auch die Regelung in Nr. 38 der Zahnersatz-Richtlinie, wonach sämtliche Leistungen im Zusammenhang mit den Implantaten wie die Implantate selbst, die Implantataufbauten und die implantatbedingten Verbindungselemente nicht zur Regelversorgung bei Suprakonstruktionen gehören. Entsprechend ist in A. 7 der Festzuschuss-Richtlinie geregelt, dass bei der Erstversorgung, der Erneuerung und der Wiederherstellung von Suprakonstruktionen für alle Leistungen im Zusammenhang mit den Implantaten, wie die Implantate selbst, die Implantataufbauten und die implantatbedingten Verbindungselemente, keine Festzuschüsse ansetzbar sind.
28 
Vor diesem Hintergrund ging auch das Bundessozialgericht (vgl. Urteile vom 07.05.2013 - B 1 KR 19/12 R - juris Rn. 12 und vom 19.06.2001 - B 1 KR 23/00 R - juris Rn. 16) in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Anspruch auf Gewährung der zur implantologischen Versorgung gehörenden Suprakonstruktion die notwendigen Vorleistungen wie Implantate, Implantataufbauten und implantatbedingte Verbindungselemente nicht umfasse (vgl. auch Nolte in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 28 SGB V Rn. 23; Wagner in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 28 SGB V Rn. 37; Fahlbusch in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 28 Rn. 54).
29 
Soweit das Bundessozialgericht im Urteil vom 10.05.2017 (- B 6 KA 9/16 R - juris Rn. 30 f.) - abweichend von dieser bisherigen Rechtsprechung - Zweifel geäußert hat, ob Implantataufbauten und implantatbedingte Verbindungselemente nicht doch der Suprakonstruktion zuzuordnen seien, beruhen diese Zweifel zum einen auf der Erwägung, dass die Wirtschaftlichkeit der Versorgung im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung bereits durch die Beschränkung auf den Festzuschuss gewährleistet sei. Einen solchen Festzuschuss gibt es allerdings im Bereich der Postbeamtenkrankenkasse oder im Bundesbeihilferecht nicht, so dass diese Überlegung hier nicht zum Tragen kommt.
30 
Soweit das Bundessozialgericht seine Zweifel darüber hinaus damit begründet hat, dass eine eindeutige Abgrenzung zwischen Verbindungselementen und Suprakonstruktion, die nicht die zahntechnischen Leistungen, sondern das zahnärztliche Honorar betreffe, auf Schwierigkeiten stoße, weil die einzelnen Behandlungsschritte kaum danach unterschieden werden könnten, ob sie sich auf die Einbringung der Verbindungselemente oder der Suprakonstruktion selbst bezögen (Urteil vom 10.05.2017, aaO Rn. 31), teilt der Senat diese Bedenken jedenfalls in Bezug auf die Postbeamtenkrankenkasse nicht. Nach § 32 Abs. 6 Satz 1 der Satzung der Beklagten sind Aufwendungen für implantologische Leistungen und alle damit in Zusammenhang stehenden weiteren Aufwendungen nach der Anlage zur GOÄ und Anlage 1 der GOZ erstattungsfähig. Die GOÄ und die GOZ sehen für sämtliche Einzelleistungen Gebührenziffern vor, die sich - ggf. im Wege der Auslegung oder einer analogen Anwendung - entweder den Verbindungselementen oder der Suprakonstruktion zuordnen lassen. So bezieht sich etwa die hier streitgegenständliche GOZ-Ziffer 9050 ausdrücklich nur auf „Aufbauelemente“ und damit nicht auf die Suprakonstruktion, also den fertigen Zahnersatz z.B. in Form von Kronen, Brücken oder Prothesen (vgl. Liebold/Raff/Wissing, GOZ-Kommentar, GOZ-Ziffer 9050, Rn. 1.2). Für das Einbringen der Suprakonstruktion finden sich etwa in den GOZ-Ziffern 2200 („Versorgung eines Zahnes oder Implantats durch eine Vollkrone“), 5000 („Versorgung eines Lückengebisses durch eine Brücke oder Prothese: je Pfeilerzahn oder Implantat als Brücken- oder Prothesenanker mit einer Vollkrone“) oder 5040 („Versorgung eines Lückengebisses durch eine Brücke oder Prothese: je Pfeilerzahn oder Implantat als Brücken- oder Prothesenanker mit einer Vollkrone“) besondere Abrechnungsziffern. Auch für das Entfernen einer Suprakonstruktion ist in der GOZ eine Abrechnungsziffer - die GOZ-Ziffer 2290 „Entfernung einer Einlagefüllung, einer Krone, eines Brückenankers, Abtrennen eines Brückengliedes oder Steges oder Ähnliches“ - vorgesehen. Diese GOZ-Ziffer hat der behandelnde Zahnarzt in der streitgegenständlichen Rechnung auch 14 Mal in Ansatz gebracht und die Beklagte hat dies mit Blick auf § 32 Abs. 6 Satz 6 der Satzung einschränkungslos anerkannt.
31 
Dass Abutments bzw. Aufbauelemente im Sinne der GOZ-Ziffer 9050 nicht zur Suprakonstruktion zählen, ergibt sich letztlich vor allem aus dem Sinn und Zweck des § 32 Abs. 6 Satz 6 der Satzung. Die dort geregelte vollständige Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen für Suprakonstruktionen beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der sich für einen implantatbasierten Zahnersatz entscheidet, hinsichtlich der Versicherungsleistungen nicht schlechter stehen soll als derjenige, der eine nicht implantatgestützte Zahnprothese erhält und die Erstattung der Aufwendungen hierfür dem Grunde nach stets verlangen kann (vgl. zu § 15 Abs. 3 BBhV Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, § 15 BBhV Anmerkung 10; vgl. zu § 30 SGB V a.F. auch BT-Drs. 14/1245, S. 65). Vor diesem Hintergrund besteht kein Zweifel, dass Abutments nicht zur Suprakonstruktion zählen und die GOZ-Ziffer 9050 mithin nur unter den Einschränkungen für implantatbezogene Leistungen erstattungsfähig ist. Denn die Abutments betreffen die Verbindung des Zahnersatzes (der Kronen, Brücken oder Prothesen) mit dem Implantat; eine solche Befestigung und damit auch die Kosten hierfür entfallen dagegen bei einer nicht implantatgestützten Zahnprothese.
32 
2. Zu Unrecht beanstandet die Klägerin des Weiteren, das Verwaltungsgericht habe ihren Vortrag zur Ansatzfähigkeit eines den Faktor 2,3 überschreitenden Gebührensatzes nicht ausreichend gewürdigt. Denn für das Verwaltungsgericht bestand hierzu keinen Anlass, nachdem die Beklagte im Klageverfahren bezüglich sämtlicher Gebührenziffern die in der Rechnung angesetzte Schwellenwertüberschreitung anerkannt und eine entsprechende Nacherstattung in Höhe von 97,90 EUR gewährt hatte. Da die Klägerin es trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises versäumt hatte, den Rechtsstreit diesbezüglich für erledigt zu erklären, hat das Verwaltungsgericht die Klage insoweit zu Recht als unzulässig abgewiesen.
33 
3. Ohne Erfolg rügt die Klägerin schließlich, die Beklagte hätte ihre Obliegenheit verletzt, die Expertise eines Sachverständigen einzuholen. Dieses Vorbringen genügt bereits deshalb nicht den Darlegungsanforderungen, weil die Klägerin nicht erläutert, hinsichtlich welcher entscheidungserheblicher tatsächlicher Gesichtspunkte die Beklagte nicht hinreichend sachkundig gewesen sei.
34 
Sollte die Klägerin mit diesem Zulassungsvortrag eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) rügen wollen, hat sie auch hiermit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung aufgezeigt. Zwar können diese auch aus einem Verfahrensfehler der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht hergeleitet werden, eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt jedoch nur in Betracht, wenn auch eine entsprechende Verfahrensrüge nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zu einer Zulassung führen würde (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.02.2009 - 10 S 3156/08 - juris Rn. 5; Beschluss vom 13.06.2016 - DL 13 S 1699/15 - juris Rn. 15; Sächsisches OVG, Beschluss vom 23.02.2016 - 3 A 286/14 - juris Rn. 12).
35 
Die Rüge der Verletzung des verwaltungsprozessualen Untersuchungsgrundsatzes erfordert zum einen eine substantiierte Darlegung, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Zum anderen muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewiesen worden ist oder dass sich dem Verwaltungsgericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen von Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 15.02.2013 - 8 B 58.12 - juris Rn. 23; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 06.10.2016 - 2 S 1419/15 - und vom 17.02.2009, aaO juris Rn. 5).
36 
Nach diesen Grundsätzen wird mit dem Zulassungsvorbringen eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nicht dargelegt. Die Klägerin, die bereits vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertreten war, hat im erstinstanzlichen Verfahren keine Beweisanträge gestellt. Sie hat im Zulassungsverfahren auch nicht den Darlegungsanforderungen entsprechend aufgezeigt, dass und inwiefern sich dem Verwaltungsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte aufdrängen müssen.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
38 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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