Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. Dezember 2020 - 10 K 1293/20 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 42.009,60 EUR festgesetzt.
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| Die fristgerecht eingelegte (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Nach Prüfung der mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auch in einem Konkurrentenstreit grundsätzlich beschränkt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.07.2018 - 2 BvR 1207/18 -, Juris Rn. 18; Senatsbeschluss vom 10.09.2020 - 4 S 1326/20 -, Juris), ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem die Verpflichtung des Antragsgegners ausgesprochen wurde, die im Streit stehende Stelle freizuhalten und über die Bewerbung des Antragstellers erneut zu entscheiden, zu ändern und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Auch wenn der Senat das Stellenbesetzungsverfahren im Hinblick auf den Besetzungsvorschlag der Präsidentin des Oberlandesgerichts für formell-rechtlich zweifelhaft hält, fehlt es gleichwohl an einem Anordnungsanspruch, weil der Antragsteller auch bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens nicht anstelle der Beigeladenen ausgewählt und befördert werden könnte. Ein etwaiger Verfahrensfehler hat sich mithin rechtlich nicht erheblich ausgewirkt. |
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| Der 1975 geborene Antragsteller, der derzeit als Richter am Amtsgericht N. arbeitet, bewarb sich im September 2019 neben der 1967 geborenen Beigeladenen (Richterin am Amtsgericht beim Amtsgericht E.) und vier weiteren Richterkollegen auf die mit der Nummer 4526 intern ausgeschriebene „Stelle einer Richterin / eines Richters (w/m/d) am Amtsgericht als weitere aufsichtführende Richterin / weiterer aufsichtführender Richter (m/w/d) bei dem Amtsgericht N.“ (Bes.Gr. R 2). |
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| Die anlässlich seiner Bewerbung vom Präsidenten des Landgerichts erstellte Anlassbeurteilung des Antragstellers vom 15.11.2019 (Beurteilungszeitraum 02.04.2016 bis 15.11.2019) enthält als Gesamturteil „übertrifft teilweise die Anforderungen“. Die Beigeladene erhielt in ihrer - ebenfalls vom Präsidenten des Landgerichts gefertigten - Anlassbeurteilung vom selben Tag und für denselben Beurteilungszeitraum das Gesamturteil „übertrifft die Anforderungen“. |
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| Unter dem 03.12.2019 schlug die Präsidentin des Oberlandesgerichts anlässlich der Weiterleitung von Bewerbungsunterlagen auf dem Dienstweg - ohne vom Antragsgegner hierzu aufgefordert worden zu sein - vor, der Beigeladenen die Stelle zu übertragen; dies wurde nicht weiter begründet. Diese Vorgehensweise entspricht einer langjährigen Verwaltungspraxis. |
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| Mit Auswahlvermerk vom 02.01.2020 wurde die Beigeladene „in Übereinstimmung mit der Empfehlung der Präsidentin des Oberlandesgerichts“ zur Ernennung vorgeschlagen. Dem Vorschlag stimmte der Präsidialrat in seiner Sitzung vom 16.01.2020 zu. Mit Schreiben vom 17.01.2020 teilte das Justizministeriums dem Antragsteller mit, er sei nicht ausgewählt worden. Hiergegen hat dieser Widerspruch eingelegt, über den bislang nicht entschieden wurde. |
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| Unter dem 04.03.2020 hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz begehrt, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 03.12.2020 gewährt hat. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Auswahl der Beigeladenen für die ausgeschriebene Stelle das aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Recht des Antragstellers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung verletze. So sei das Vorschlagsverfahren der Präsidentin des Oberlandesgerichts voraussichtlich rechtswidrig, weil diese von Rechts wegen nicht berechtigt gewesen sei, (unvollständige) Personalnebenakten - auf die ihre Besetzungsempfehlung gestützt worden sei - ohne besonderen Auftrag zu nutzen (hierzu II. 3b.). Auch bedürfe die Frage der Vorfestlegung des Ministeriums durch die Besetzungsempfehlung, für die es keine Rechtsgrundlage gebe, weiterer Aufklärung im Hauptsacheverfahren (hierzu II. 3a.). Ebenso sei im Hauptsacheverfahren die Frage der Vollständigkeit der nicht paginierten Besetzungsakte zu klären (hierzu II. 1.). Schließlich halte die Auswahlentscheidung einer materiell-rechtlichen Nachprüfung nicht stand: Es sei unterlassen worden, die unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäbe der Erprobungsbeurteilungen bei der Erstellung der Anlassbeurteilungen oder zumindest im Rahmen der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen. Auch sei in den Anlassbeurteilungen die Erfüllung der Anforderungen des Zusatzprofils nicht hinreichend gewürdigt worden. Zudem seien die Feststellungen einer höheren Sozialkompetenz sowie einer gleichwertigen Führungskompetenz der Beigeladenen nicht nachvollziehbar; schließlich sei die Prüfertätigkeit des Antragstellers nicht berücksichtigt worden (hierzu II. 2.). |
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| Die Beschwerde des Antragsgegners, mit der dieser begehrt, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 03.12.2020 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, hat Erfolg. Seine gegen den Beschluss vorgebrachten Gründe greifen durch. |
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| 1. Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, aufgrund der nicht paginierten Stellenbesetzungsakte liege eine unzureichende Dokumentation nahe, außerdem bedürfe die Frage der ausreichenden Dokumentation weiterer Aufklärung in einem Hauptsacheverfahren. Dem ist - nach der im Beschwerdeverfahren auch in mündlicher Verhandlung erfolgten weiteren Aufklärung - nicht beizutreten. Hinreichende Anhaltspunkte für eine unzureichende Dokumentation sind nicht gegeben. Vielmehr sind die wesentlichen, die Auswahlentscheidung stützenden Erwägungen im Auswahlvermerk nachlesbar, und es können die Verfahrensschritte des Stellenbesetzungsverfahrens hinreichend nachvollzogen werden. |
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| Aus Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zu Grunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.07.2007 - 2 BvR 206/07 -, Juris Rn. 20). Nur durch eine solche schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen, deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber durch Akteneinsicht verschaffen kann, wird dieser in die Lage versetzt, sachgerecht darüber zu befinden, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen kann oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 -, Juris). |
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| Es entspricht jedoch höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass für den effektiven Rechtsschutz des unterlegenen Bewerbers die Verschriftlichung der wesentlichen die Auswahlentscheidung tragenden Erwägungen ausreichend ist, wie sie zum Beispiel in einem Auswahlvermerk erfolgt. Nur diese Gründe können die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung stützen. Darüberhinausgehende Informationen und Unterlagen, die nicht Bestandteil der Auswahldokumentation sind, sind nicht maßgeblich. In Konsequenz hiervon ist auch das Akteneinsichtsrecht des unterlegenen Bewerbers beschränkt; so besteht etwa kein Anspruch auf Einsicht in interne vorbereitende oder erläuternde Vermerke (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.09.2007 - 2 BvR 1855/07 -, Juris Rn. 10; BVerwG, Urteil vom 20.11.2012 - 1 WB 4.12 -, Juris Rn. 30). |
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| Gemessen an diesen Grundsätzen kann eine unzureichende Dokumentation vorliegend nicht festgestellt werden. Zwar handelt es sich beim Stellenbesetzungsvorgang um eine nicht paginierte und nicht geheftete Mappe. Diese Form der Aktenführung ist kritikwürdig, weil sie den Eindruck vermittelt, es seien nur ausschnitthaft Bestandteile des Stellenbesetzungsvorgangs vorgelegt worden. Dieser erste Eindruck wird durch die Tatsache, dass der Auswahlvermerk als Dokument gelocht ist, die weiteren Unterlagen in der Stellenbesetzungsmappe hingegen nicht, verstärkt. |
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| Gleichwohl ist die bloße Mutmaßung antragstellerseits, dass aufgrund der lose zusammengestellten Unterlagen Verfahrensfehler gemacht worden sein könnten, im Ergebnis nicht ausreichend für die Glaubhaftmachung eines Dokumentationsmangels. Der Antragsteller hat keine konkreten Verfahrensfehler benannt und insbesondere nicht zu Anhaltspunkten zu aus seiner Sicht erforderlichen, aber möglicherweise unterbliebenen Beteiligungen oder Anhörungen ausgeführt, denen im Rahmen einer (erweiterten) Akteneinsicht gegebenenfalls nachzugehen gewesen wäre. |
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| Zudem stellen nach dem glaubhaften Vorbringen der Vertreter des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung die lose beigebrachten Unterlagen den vollständigen Auswahlvorgang dar und es sind lediglich im Zeitraum nach der Auswahlentscheidung gefertigte Unterlagen gesondert veraktet worden. Vor diesem Hintergrund ist ein Dokumentationsmangel hier nicht hinreichend glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). |
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| 2. Im Ergebnis nicht durchgreifend sind auch die vom Verwaltungsgericht geäußerten Bedenken an den Anlassbeurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen, wonach die Problematik unterschiedlicher Maßstäbe im Rahmen der Erprobungsbeurteilung wohl nicht gesehen worden und der lediglich formelhafte Hinweis auf den geänderten Beurteilungsmaßstab ohne jeglichen Bezug auf den konkreten Fall erfolgt sei. |
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| Grundsätzlich ist ein abstrakter Hinweis auf einen geänderten Beurteilungsmaßstab am Schluss einer dienstlichen Beurteilung als ausreichend anzusehen (vgl. Senatsbeschluss vom 27.01.2021 - 4 S 2364/20 -, Juris Rn. 15). Denn dadurch wird dem Beurteilten hinreichend deutlich vor Augen geführt, dass die vorangegangene dienstliche Beurteilung nicht ohne Weiteres mit der aktuellen vergleichbar ist. Zugleich bringt der Beurteiler zum Ausdruck, sich der geänderten Anforderungen bei Erstellung der Beurteilung bewusst gewesen zu sein. Dies gilt selbst dann, wenn dem Beurteilten - mangels Erfahrung mit dem neuen Beurteilungsmaßstab - anhand seines Gesamturteils noch nicht deutlich sein dürfte, ob es sich um eine eher schlechte, mittelmäßige oder gute Beurteilung handelt. Hieraus folgt jedenfalls keine Rechtswidrigkeit der dienstlichen Beurteilung. Denn eine verhältnismäßige Einordnung des Aussagegehalts ist ohnehin regelmäßig erst durch Ermittlung der Platzierung innerhalb einer Vergleichsgruppe möglich. Die Platzierung aber kann beispielsweise im Rahmen eines Beurteilungsgesprächs mitgeteilt werden, muss mithin nicht in der Begründung der dienstlichen Beurteilung genannt werden. Erst recht kann in der dienstlichen Beurteilung selbst keine noch weitergehende Begründung, die dem Beurteilten die Details des neuen Beurteilungssystems verdeutlicht, gefordert werden. |
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| Überzogen sind die vom Verwaltungsgericht darüber hinaus gestellten Anforderungen, dass bereits der Beurteiler bei Erstellung der Anlassbeurteilung (hierzu a.), jedenfalls aber spätestens der die Auswahlentscheidung Verantwortende bei der „Vergleichbarmachung“ in seinem Auswahlvermerk (hierzu b.) hätte darlegen müssen, ob und wie die unterschiedlichen Ausgangspositionen von Beigeladener und Antragsteller berücksichtigt worden sind. |
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| a. Der in den Anlassbeurteilungen aufgenommene Hinweis verdeutlicht für sich genommen ausreichend, dass dem jeweiligen Beurteiler die Änderung des Beurteilungsmaßstabs bekannt war und dieser bei Erstellung der Anlassbeurteilung angewandt wurde. Die insoweit vom Antragsteller vorgebrachte Erklärung des Landgerichtspräsidenten, wonach dieser ihm bei Übergabe der Anlassbeurteilung am 29.11.2019 bedeutet habe, er habe ihm aufgrund der bei der Abordnungsbeurteilung angewandten neuen Beurteilungsmaßstäbe und der hierdurch erfolgten Deckelung bei der Anlassbeurteilung nicht mehr als ein „übertrifft teilweise“ geben können, ist nunmehr durch die hierzu im Gegensatz stehende schlüssige dienstliche Stellungnahme des Landgerichtspräsidenten vom 18.12.2020 widerlegt. Darin widerspricht der Landgerichtspräsident der Darstellung des Antragstellers und gibt an, sich als Beurteiler bei Vergabe des Gesamturteils in der Anlassbeurteilung weder an das Gesamturteil der Erprobungsbeurteilung gebunden gefühlt noch durch die Maßstabsverschärfung generell daran gehindert gesehen zu haben, eine bessere Note als „übertrifft teilweise“ zu vergeben. Weiter führt er aus, auch die aktenkundige Beurteilungshistorie des Antragstellers belege, dass es keine zwingende Deckelung der Anlassbeurteilung aufgrund der Anwendung der neuen Beurteilungsmaßstäbe bei der Abordnungsbeurteilung gebe. Denn während die Anlassbeurteilung zum Ende der Erprobungsabordnung mit dem Gesamturteil „entspricht voll den Anforderungen“ abschließe, ende demgegenüber die Anlassbeurteilung anlässlich der Bewerbung auf die streitbefangene Stelle mit dem Gesamturteil „übertrifft teilweise die Anforderungen“. |
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| Vor diesem Hintergrund vermag der Antragsteller nicht (mehr) mit Erfolg eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs aufgrund fehlerhaft angewandter Beurteilungsmaßstäbe glaubhaft zu machen. |
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| b. Bei der Auswahl im engeren Sinne, mithin dem Vergleich der Kandidaten untereinander, ist eine vom Antragsteller geforderte weitere Vergleichbarmachung der Anlassbeurteilungen nicht angezeigt gewesen. Denn die hier streitgegenständlichen Anlassbeurteilungen sind ohne weiteres vergleichbar, weil sie von demselben Beurteiler an demselben Tag erstellt wurden und einen identischen Beurteilungszeitraum abdecken. Ohne den Kernbereich des Beurteilungsspielraums des Landgerichtspräsidenten zu verletzen, konnte hier der die Auswahlentscheidung Verantwortende daher nicht den Aussagegehalt der Anlassbeurteilungen anhand eines eigenen (abweichenden) Beurteilungsmaßstabs in Frage stellen und das jeweils ausgewiesene Gesamturteil relativieren. Vielmehr ist im direkten Vergleich von Antragsteller und Beigeladener der im besseren Gesamtergebnis zum Ausdruck gekommene Notenvorsprung der Beigeladenen augenscheinlich. |
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| c. Die weiteren vom Antragsteller angeführten (und vom Verwaltungsgericht aufgegriffenen) Kritikpunkte - keine hinreichende Berücksichtigung des maßgeblichen Anforderungsprofils; nicht gesehener Vorsprung des Antragstellers bei der Sozialkompetenz; Gleichstand von Antragsteller und Beigeladener bei der Führungskompetenz; fehlende Berücksichtigung der Prüfertätigkeit des Antragstellers im ersten und zweiten Staatsexamen - sind ebenfalls nicht geeignet, einen Beurteilungs- bzw. Auswahlfehler glaubhaft zu machen. |
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| Der zur Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung eröffnete Beurteilungsspielraums unterliegt nur begrenzter gerichtlicher Kontrolle (vgl. BVerfGE 39, 334 <354>; 108, 282 <296>). Insoweit ist zu beachten, dass es nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte ist, der Sache nach eine eigene Auswahlentscheidung zu treffen, sondern nur eine Kontrollfunktion besteht und hierbei die Kontrolldichte sowohl hinsichtlich der Beurteilungen als auch des Auswahlvermerks von Verfassungs wegen begrenzt ist. Die gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich auf die Überprüfung zu beschränken, ob der Dienstherr unter Berücksichtigung seiner einschlägigen Richtlinien die anzuwendenden Begriffe oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 16.08.2001 - 2 A 3.00 -, Juris Rn. 31, und vom 27.11.2014 - 2 A 10.13 -, Juris Rn. 14). |
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| Ausgehend hiervon hat der Antragsgegner bei vertretbarer Anwendung der grundsätzlich ermessensgerechten Vorgaben der VwVBRL-LRiStAG weder die anzuwendenden Begriffe noch den gesetzlichen Rahmen verkannt. Wie die Verfahrensakten und insbesondere der Auswahlvermerk dokumentieren, hat er sich konsequent insbesondere an den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG sowie den diesbezüglichen Konkretisierungen durch das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht zu den Begriffen der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung und am Grundsatz der Bestenauslese ausgerichtet. Der Antragsgegner ist auch weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen noch hat er Wertmaßstäbe missachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt. Im Einzelnen: |
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| Zunächst führt der Umstand, dass Gesichtspunkte („Prüfertätigkeit“) in der Dokumentation der Auswahlentscheidung nicht bzw. nicht in der vom Antragsteller gewünschten Ausführlichkeit behandelt wurden, nicht zur Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung. Denn die Anforderungen an die schriftliche Darlegung der maßgeblichen, die Auswahlentscheidung tragenden Erwägungen dürfen nicht überspannt werden. Der Auswahlvermerk, dessen Ziel und Zweck es ist, effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG zu ermöglichen (s.o.), beschränkt sich hier zulässig darauf, die für die Auswahlentscheidung wesentlichen Aussagen zu zitieren. Die Dokumentation darf sich mithin auf ein vertretbares Maß beschränken, Schwerpunkte setzen und als weniger gewichtig erachtete Aspekte vernachlässigen (vgl. Senatsbeschluss vom 10.09.2020 - 4 S 1326/20 -, Juris Rn. 21 m.w.N.). |
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| Mithin mussten hier nicht alle vom Antragsteller erbrachten Leistungen, Fortbildungen oder Erfahrungen im Einzelnen wiedergegeben werden. Vielmehr zeigt die Dokumentation der Auswahlentscheidung, dass die Anlassbeurteilungen sorgfältig geprüft und einander gegenübergestellt worden sind. Die beeindruckenden, überobligatorischen Tätigkeiten des Antragstellers über viele Jahre hinweg (unter anderem beim IuK-Fachzentrum, bei der Einführung der EDV-Fachanwendung forumStar, beim Praxisbeirat für die elektronische Akte) sind hierbei erkannt worden. Dass jedoch nicht jede Tätigkeit noch einmal ausdrücklich genannt wurde und die Beurteilung einiger Kriterien des Anforderungsprofils - schon in der Anlassbeurteilung - zusammengefasst dokumentiert worden ist, ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. |
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| Auch stützen die vom Antragsteller nachvollziehbar in den Vordergrund gerückten überobligatorisch übernommenen (Verwaltungs-)Tätigkeiten nicht mit Erfolg seine Argumentation, ihm komme aufgrund einer Vielzahl zusätzlich wahrgenommener Tätigkeiten (zwingend) ein Eignungsvorsprung gegenüber der Beigeladenen zu. |
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| Der Antragsteller weist zwar eine umfangreiche Erfahrung in (Verwaltungs-)Tätigkeiten auf, insbesondere bezogenen auf IT-Anwendungen. Der Senat darf und kann jedoch nicht einschätzen, ob die von der Beigeladenen ebenfalls überobligatorisch wahrgenommenen (Verwaltungs-)Tätigkeiten (Organisation des Arbeitskreises „Elternkonsens“ bzw. Vertretung des Amtsgerichts bei demselben; Organisation „Runder Tisch häusliche Gewalt“ bzw. Vertretung des Amtsgerichts bei demselben) qualitativ besser oder schlechter zu bewerten sind als die Tätigkeiten des Antragstellers und welche Schlussfolgerungen hieraus bezogen auf die Sozial- bzw. Führungskompetenz von Antragsteller und Beigeladener zu ziehen sind. Infolgedessen überschreitet das Verwaltungsgericht die ihm zukommende Prüfungskompetenz, indem es die Feststellung im Auswahlvermerk, die Beigeladene habe einen entscheidenden Vorsprung im Bereich der Sozialkompetenz vor dem Antragsteller, in Zweifel zieht und im Gegensatz hierzu mutmaßt, dem Antragsteller könne aufgrund der Vielzahl der erfolgreich wahrgenommenen zusätzlichen Tätigkeiten im Bereich des Zusatzprofils ein entscheidender Vorsprung bei der Sozialkompetenz zugeschrieben werden. Mit dieser Einschätzung setzt das Verwaltungsgericht, ohne hierzu rechtlich befugt zu sein, eigene Wertungen anstelle derjenigen des die Auswahlentscheidung Treffenden. |
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| Weiter ist das nach Ziffer 2 der Anlage 2 zur Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums über die dienstliche Beurteilung von Richterinnen und Richtern und Staatsanwältinnen und Staatsanwälten vom 11.09.2015 [VwVBRL-LRiStAG]) erwähnte besondere Profil für das Beförderungsamt „Weitere aufsichtführende Richterin/weiterer aufsichtführender Richter“ hinreichend berücksichtigt worden. Anders als das Verwaltungsgericht in seinem Ausgangspunkt meint, „verbindet sich mit dem Anforderungsprofil nicht die Erwartung, dass jeder Amtsinhaber diesem Idealbild in jeder Hinsicht vollauf genügen kann und muss.“ Nach den einführenden Worten in Anlage 2 der VwVBRL-LRiStAG beschreiben die Anforderungsprofile „persönliche Fähigkeiten und Eigenschaften, die ein Stelleninhaber im Idealfall bringen soll.“ Die Anforderungsprofile dienen damit „als praktische Orientierungshilfe nicht nur für dienstliche Beurteilungen, sondern auch für Personalauswahlentscheidungen (...), indem sie Anhaltspunkte für die dabei notwendige Analyse von Stärken und Schwächen geben.“ Grundanforderungen an das hier im Streit stehende Beförderungsamt sind die „Tätigkeit und Bewährung auf mehreren Arbeitsfeldern oder Rechtsgebieten, auch vergleichbare Tätigkeiten außerhalb des höheren Justizdienstes (z.B. Tätigkeit als Rechtsanwalt)“ sowie die „Fähigkeit und Bereitschaft, in größerem Umfang Aufgaben der Justiz- und Gerichtsverwaltung, einschließlich des Präsidiums und des Präsidialrats wahrzunehmen“. |
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| Anhaltspunkte dafür, dass diese Grundanforderungen bei der Auswahlentscheidung nicht hinreichend berücksichtigt worden sind, sind nicht glaubhaft gemacht. Der angegriffene Auswahlvermerk setzt die (Berufs-)Erfahrungen des Antragstellers und der Beigeladenen zutreffend in das Verhältnis zu den in der VwVBRL-LRiStAG formulierten Maßstäben für eine Berufung in das Amt eines weiteren aufsichtführenden Richters und gliedert diese dementsprechend auf in (1.) Grundanforderungen, (2.) Soziale Kompetenz in ausgeprägtem Maß, (3.) Fachkompetenz in ausgeprägtem Maß sowie (4.) Führungskompetenz in ausgeprägtem Maß. |
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| Nachvollziehbar gewichtete der Antragsgegner die vielen überobligatorischen Tätigkeiten des Antragstellers besonders positiv und hat diese als ausschlaggebend für dessen Vorsprung gegenüber der Beigeladenen bezogen auf das Anforderungsmerkmal „Fähigkeit und Bereitschaft, in größerem Umfang Aufgaben der Justiz- und Gerichtsverwaltung, einschließlich des Präsidiums und des Präsidialrats“ erachtet. |
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| Der vom Verwaltungsgericht angestrengte unmittelbare Vergleich von Antragsteller und Beigeladener anhand des Merkmals „Tätigkeit und Bewährung auf mehreren Arbeitsfeldern oder Rechtsgebieten, auch vergleichbare Tätigkeiten außerhalb des höheren Justizdienstes (z.B. Tätigkeit als Rechtsanwalt)“ kann von Rechts wegen nicht mitgetragen werden. Das Verwaltungsgericht bewertete die Fähigkeiten der Beigeladenen zu diesem Teil des Anforderungsprofils „von nicht erfüllt bis erfüllt“, während der Antragsteller es aus Sicht des Verwaltungsgerichts „hervorragend“ erfülle. Damit greift das Verwaltungsgericht in den dem Dienstherrn bei Auswahlentscheidungen zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum ein. Denn die Tätigkeit und Bewährung der Beigeladenen unter anderem in den Rechtsgebieten Familiensachen (§ 111 FamFG) - einem Zuständigkeitsgebiet mit großer Variationsbreite - und Betreuungssachen (§ 271 FamFG) stellt jedenfalls eine hinreichende Prognosegrundlage für die Einschätzung des Antragsgegners dar, sie erfülle auch im Hinblick auf das oben genannte Merkmal die Grundanforderungen des Beförderungsamts. Selbst wenn die Beigeladene eine etwas geringere Verwendungsbreite als der Antragsteller aufwiese, stellte dies mithin keinen rechtlichen Hinderungsgrund für die Einschätzung des Antragsgegners dar, dass sie (trotz ihrer eher spezialisierten Tätigkeit) für das Beförderungsamt einer weiteren aufsichtführenden Richterin/eines weiteren aufsichtführenden Richters geeignet und - insbesondere aufgrund ihrer hervorragenden Fachkompetenz und ihrer hohen sozialen Kompetenz - auch besser geeignet ist als der Antragsteller. |
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| 3. Der Senat teilt schließlich nicht die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, wonach der Vorschlag der Präsidentin des Oberlandesgerichts eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers darstelle, weil die Präsidentin nicht berechtigt sei, unaufgefordert Besetzungsvorschläge abzugeben (hierzu a.), und weil der Besetzungsvorschlag verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sei (hierzu b.). |
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| a. Denn selbst wenn man die Prämisse des Antragstellers, der Besetzungsvorschlag sei rechtswidrig, zugrunde legt, folgt hieraus im konkreten Fall nicht, dass er einen Anspruch auf die begehrte vorläufige Untersagung der Stellenbesetzung und die Neuauswahlentscheidung hat. |
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| Bei einer rechtswidrigen Auswahlentscheidung setzt der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung eines Bewerbungsverfahrensanspruchs stets voraus, dass sich ein Rechtsverstoß auf die Erfolgsaussichten der Bewerbung auswirken kann. Maßgeblich ist, ob die Erfolgsaussichten der Bewerbung im weiteren Verlauf zumindest offen sind, d.h. die Auswahl des Antragstellers in einem rechtmäßigen zweiten Auswahlverfahren jedenfalls ernsthaft möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 04.02.2016 - 2 BvR 2223/15 -, Juris Rn. 83 ff., und vom 08.10.2007 - 2 BvR 1846/07 u. a. -, Juris Rn. 12; BVerwG, Beschluss vom 21.12.2016 - 2 VR 1.16 -, Juris Rn. 43; Urteile vom 19.03.2015 - 2 C 12.14 -, Juris Rn. 27 und vom 04.11.2010 - 2 C 16.09 -, Juris Rn. 43; Senatsbeschluss vom 01.02.2019 - 4 S 2770/18 -, Juris Rn. 18). Auch wenn von einem Bewerber nicht verlangt werden kann, positiv glaubhaft zu machen, dass er in einem erneuten Auswahlverfahren bei Vermeidung des unterstellten Fehlers anstelle eines ausgewählten Mitbewerbers zum Zuge komme (Senatsbeschluss vom 01.02.2019 - 4 S 2770/18 -, Juris Rn. 18 unter Verweis auf BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.09.2002 - 2 BvR 857/02 -, Juris), genügt die „theoretische Chance“ des erfolglosen Bewerbers, im erneuten Auswahlverfahren ausgewählt zu werden, nicht (ebenso: OVG NRW, Beschluss vom 11.09.2019 - 6 B 675/19 -, Juris Rn. 18 f.). |
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| Dies zugrunde gelegt, hätte die Auswahlentscheidung aufgrund des - rechtlich nicht zu beanstandenden - eindeutigen Gefälles der für die Auswahlentscheidung grundsätzlich maßgebenden Gesamtergebnisse (vgl. Senatsbeschluss vom 17.03.2020 - 4 S 54/20 -, Juris Rn. 4) der Anlassbeurteilungen nicht zu Gunsten des Antragstellers getroffen werden können. Da keine durchgreifenden rechtlichen Mängel der Anlassbeurteilungen feststellbar sind, ist auch nicht hinreichend wahrscheinlich, dass sich das Gesamtergebnis der Anlassbeurteilung des Antragstellers bei Durchführung eines neuen Stellenbesetzungsverfahrens - ohne Abgabe eines Besetzungsvorschlags der Präsidentin des Oberlandesgerichts - verbesserte und er ausgewählt würde. Für eine Verbesserung des Gesamturteils um ein bis zwei Notenstufen fehlt es jedenfalls an Anhaltspunkten. Der Besetzungsvorschlag hat sich mithin vorliegend auf die Auswahlentscheidung nicht, jedenfalls nicht rechtlich erheblich, ausgewirkt. |
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| Auch wenn es vor diesem Hintergrund nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, weist der Senat - auch aufgrund des ausdrücklichen Wunsches des Antragsgegners - darauf hin, dass die Praxis der Besetzungsvorschläge der Präsidenten einiger Obergerichte im Land rechtlichen Bedenken begegnet. Denn diese Vorschläge beruhen nicht auf einer (ausdrücklichen) Rechtsgrundlage, sondern klingen allenfalls in § 43 Abs. 4 Satz 1 LRiStAG an. Ein solcher Vorschlag birgt auf dieser im Einzelnen ungeregelten rechtlichen Basis das Risiko einer Verschiebung der Zuständigkeiten im Rahmen der Auswahlentscheidung weg vom gesetzlich maßgeblichen Justizministerium hin zum Präsidenten des jeweiligen Obergerichts. In der gebotenen Kürze hierzu im Einzelnen: |
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| Zwar sprechen gewisse Gründe für eine - über die eingeholten dienstlichen Beurteilungen hinausgehende - Beteiligung der jeweiligen Gerichtsbarkeit, bevor eine Auswahlentscheidung getroffen wird. Ein Besetzungsvorschlag des ranghöchsten Richters der jeweiligen Gerichtsbarkeit kann - unabhängig davon, ob er angefordert oder entsprechend vorgeblich jahrzehntelanger Praxis unaufgefordert abgegeben wurde - der Gewinnung von sachnahen Kenntnissen und Einschätzungen dienen, die der Beamte des Justizministeriums, der die Auswahlentscheidung zu verantworten hat, gegebenenfalls nicht hat. Denn ein Präsident eines Obergerichts dürfte aufgrund seines Beanstandungsrechts bei dienstlichen Beurteilungen, seines besonderen Überblicks über die Richter der jeweiligen Gerichtsbarkeit durch Erprobungsabordnungen sowie seiner gegebenenfalls langjährigen Erfahrung mit den Erstbeurteilern meist über die zur Auswahlentscheidung vorgelegten Anlassbeurteilungen hinausgehende Kenntnisse verfügen. Das Einholen dieser Kenntnisse sowie die Verwertung derselben könnten zur Steigerung der Qualität der Auswahlentscheidung beitragen und dem Präsidialrat eine verbesserte Kontrollfunktion einräumen. Denn eine anderslautende Auswahlentscheidung wäre unter Berücksichtigung des aktenkundig dokumentierten Besetzungsvorschlags gegebenenfalls sorgfältiger zu begründen (vgl. zum dortigen Landesrecht Hess. VGH, Beschluss vom 14.10.1997 - 1 TG 1805/97 -, Juris Rn. 8). |
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| Voraussetzung für ein solches Beteiligungsrecht der Präsidenten der Obergerichte ist aber, dass eine ausdrückliche Rechtsgrundlage vorhanden ist, die Art und Umfang der Beteiligung im Einzelnen regelt. Andernfalls könnte - wie das Verwaltungsgericht insoweit zutreffend festgestellt hat - die Empfehlung im Hinblick auf die hervorgehobene Stellung des Empfehlenden und der mangelnden Regelungen hierzu als Vorfestlegung interpretiert werden, die dann im Nachhinein durch das Justizministerium nur noch nachgezeichnet und vertieft würde. Ähnlich wie im Prüfungs- und Beurteilungswesen gebietet der Grundsatz des fairen Verfahrens, dass die Auswahlentscheidung und das sie vorbereitende Verwaltungsverfahren streng sachbezogen und objektiv verlaufen. Auswahlgerechtigkeit findet insoweit auch durch Verfahrensklarheit statt. Um sich nicht dem Misstrauen gegen eine unparteiliche und unvoreingenommene Amtsausübung und damit der Besorgnis der Befangenheit (§ 21 LVwVfG, vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 10.09.2020 - 4 S 1657/20 -, Juris) auszusetzen, ist überdies im Bewerbungsverfahren ein besonderes Maß an Zurückhaltung geboten (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 19.12.1996 - B 3 S 193/96 -, Juris Leitsatz Nr. 6). Andernfalls liegt eine Verletzung des Rechts eines nicht im Besetzungsvorschlag genannten Bewerbers auf faire und chancengleiche Behandlung nahe. |
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| Zwar ist eine solche Verschiebung der Zuständigkeiten nach der von der Präsidentin des Oberlandesgerichts S. in der mündlichen Verhandlung schlüssig und nachvollziehbar dargelegten derzeitigen Vorschlagspraxis in ihrem Gerichtsbezirk nahezu ausgeschlossen (und war es auch in dem hier zu entscheidenden Fall). Die Präsidentin gab glaubhaft und widerspruchsfrei an, dass sie ihren Besetzungsvorschlag mehr als formalen Akt im Sinne von „gesehen und weitergeleitet“ bzw. als bloße Rechtsprüfung dahingehend verstehe, ob von dem Beurteiler die seit April 2017 geltenden Maßstäbe angewandt worden sind und dies entsprechend dokumentiert worden ist. Mit aussagekräftigen Statistiken belegte die Präsidentin weiter, dass sie sich bei Konkurrenzbewerbungen, in denen die Bewerber gleich beurteilt wurden und eine „wirkliche“ Auswahlentscheidung getroffen werden musste, bisher zurückgehalten und gerade keinen Besetzungsvorschlag abgeben habe. Lediglich in eindeutigen Fällen - sei es bei Alleinbewerbungen oder bei augenscheinlichen Notenvorsprüngen wie im vorliegenden Fall - habe sie sich mit einem nicht weiter begründeten, weil aus sich heraus verständlichen Besetzungsvorschlag geäußert. |
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| Dies zugrunde gelegt, stellt der Besetzungsvorschlag der Präsidentin hier lediglich eine formale (Über-)Prüfung der Anlassbeurteilungen dar, nicht hingegen eine Vorwegnahme der eigentlichen Auswahlentscheidung. Voraussetzung dafür, dass ein etwaiger verfahrensfehlerhafter Besetzungsvorschlag zur Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung führt, wäre jedoch, dass die Ernennungsbehörde diesen Vorschlag übernimmt, ohne eine eigene Bewertung auf der Grundlage des entscheidungserheblichen Sachverhaltes vorgenommen zu haben, und eine andere Auswahlentscheidung möglich gewesen wäre. Letzteres jedoch war nach den glaubhaften Bekundungen der Präsidentin bei ihren Besetzungsvorschlägen nie, so auch hier nicht, der Fall. |
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| Aber gerade die in der mündlichen Verhandlung zu Tage getretene Variationsbreite in Art und Umfang der Besetzungsvorschläge in den baden-württembergischen Gerichtsbarkeiten (keine Abgabe von Besetzungsvorschlägen, gelegentliche Abgabe von Besetzungsvorschlägen, begründete Besetzungsvorschläge, unbegründete Besetzungsvorschläge, Besetzungsvorschlag als rein „formaler Akt“, Besetzungsvorschlag als vorweggenommene Auswahlentscheidung) dürfte die Aussage unterstreichen, dass eine derart unterschiedlich gehandhabte - und wohl von der Überzeugung des jeweiligen Obergerichtspräsidenten bzw. Generalstaatsanwalts abhängige - Praxis gegen den Grundsatz der Chancengleichheit verstößt. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung obliegt die Entscheidung, ob der jeweilige Präsident gar nicht, zurückhaltend oder aktiv auf die Auswahlentscheidung Einfluss nimmt, ihm selbst; Gleiches gilt für die Einschätzung, wen er beim Besetzungsvorschlag beteiligt (z.B. Leitung der jeweiligen Dienststelle, Runde der Senatsvorsitzenden, sog. Präsidentorium). Auch ist im Einzelnen unklar, wie bei Bewerbern aus mehreren Gerichtsbezirken oder Gerichtsbarkeiten vorzugehen ist oder dann, wenn der jeweilige Präsident des Obergerichts selbst als Beurteiler eines oder mehrerer Bewerber aktiv war. Eine solche Vorschlagspraxis erfüllt jedenfalls nicht die Anforderungen an einen transparenten, geregelten, chancengleichen Ablauf eines Stellenbesetzungsverfahrens und dürfte damit als rechtswidrig zu erachten sein. |
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| b. Auch wenn nach alledem hier ebenfalls nicht mehr ausschlaggebend, sei darauf hingewiesen, dass der Senat die Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht teilt, wonach die Präsidentin des Oberlandesgerichts nicht befugt sei, Personalnebenakten zu führen, was aus formellen Gründen zu einer rechtsfehlerhaften Auswahlentscheidung wegen eines verfahrensfehlerhaften Besetzungsvorschlags führe. |
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| Jedenfalls kann - trotz des abgesenkten Maßstabs der Glaubhaftmachung (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) - hier nicht mit dem erforderlichen Gewissheitsgrad festgestellt werden, dass sich das Führen einer Personalnebenakte - deren Inhalt vorliegend bis auf Fortbildungsnachweise nicht wesentlich vom Inhalt der beim Justizministerium geführten Personalakte abweicht - auf die Auswahlentscheidung ausgewirkt haben könnte. |
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| Offenbleiben kann mithin, ob - wie der Antragsgegner meint - aus § 50 Satz 2 BeamtStG, § 8 LRiStAG, § 85 Abs. 1 Nr. 2 LBG i.V.m. § 16 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGGVG vorliegend das Recht der Präsidentin des Oberlandesgerichts resultiert, Personalnebenakten im Sinne von Nebendatenbeständen zu führen. Ebenso wenig bedarf es einer abschließenden Entscheidung darüber, ob § 88 Abs. 1 Satz 4 LBG eine Ermächtigungsgrundlage für das Führen der Personalnebenakten darstellt. Danach dürfen Beschäftigungsstellen, die nicht zugleich personalverwaltende Stellen sind, oder mehrere zuständige personalverwaltende Stellen Nebendatenbestände über Personalaktendaten des Grunddatenbestands oder der Teildatenbestände führen sowie lesend auf die Hauptdatenbestände zugreifen, soweit deren Kenntnis zur Aufgabenerledigung der betreffenden Stelle erforderlich ist. |
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| Der Senat tendiert allerdings dazu, in § 88 Abs. 1 Satz 4 LBG eine hinreichende (dienstrechtliche) Ermächtigung dahingehend zu sehen, dass Präsidenten der Obergerichte auch dann Nebendatenbestände über Personalaktendaten führen dürfen, wenn sie nicht Beschäftigungsstelle sind. Der Senat hat die überzeugenden Ausführungen der Präsidentin des Oberlandesgerichts S. in der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis genommen, dass eine effektive Ausübung ihrer Aufgaben ohne solche Nebenakten zwar nicht ausgeschlossen, jedoch erheblich erschwert wäre. Um ihre Aufgaben - sei es die Dienstaufsicht, § 16 Abs. 1 Nr. 2 AGGVG, oder die Wahrnehmung ihres Beanstandungsrechts bei dienstlichen Beurteilungen (Ziffern 2.11, 3.1 VwVBRL-LRiStAG) - effektiv ausüben zu können, dürfte es dienstrechtlich nicht zu beanstanden sein, dass die Präsidentin des Oberlandesgerichts als personalverwaltende Stelle im weiteren Sinne Personalnebenakten führt. Diese Frage bedarf hier jedoch mangels Kausalität einer möglicherweise zu Unrecht geführten Personalnebenakte für die streitgegenständliche Auswahlentscheidung keiner abschließenden Beurteilung. |
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| 5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1, 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 GKG (angestrebtes Amt in R 2 im Zeitpunkt der Eilantragsstellung besoldet mit 7.001,60 EUR [Erfahrungsstufe 8] x sechs Monate). Eine über § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG hinausgehende Halbierung scheidet nach ständiger Senatsrechtsprechung in Konkurrenteneilverfahren wegen Vorwegnahme der Hauptsache aus. |
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