Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 6 S 2193/19

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Juni 2019 – 5 K 5926/16 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen eine waffenrechtliche Verfügung, mit der ihm unter anderem der Erwerb und Besitz erlaubnisfreier Waffen und Munition untersagt wurde.
Der Kläger ist seit 2001 Mitglied im Outlaws MC und seit 2007 Präsident des Chapters .... Seit ca. drei Jahren nimmt er überdies die Funktion des Vizepräsidenten des Outlaws MC Germany wahr. Das von ihm im Laufe des Verfahrens vorgelegte Führungszeugnis vom 14.04.2021 weist keine Eintragungen auf.
Mit an die Regierungspräsidien gerichtetem Schreiben vom 29.06.2015 teilte das Innenministerium Baden-Württemberg (nunmehr: Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg) unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit, es sei aus Gründen der öffentlichen Sicherheit dringend erforderlich, Mitgliedern der sog. 1%er Rockergruppierungen, zu denen auch der Outlaws MC zähle, etwa vorhandene waffenrechtliche Erlaubnisse nach § 45 WaffG zu widerrufen und darüber hinaus Waffenbesitzverbote für erlaubnisfreie sowie -pflichtige Waffen anzuordnen. Die Waffenbehörden würden gebeten, auf Grundlage dieser Rechtsprechung und der von den Polizeipräsidien übermittelten Nachweise im Einzelfall entsprechende Maßnahmen zu prüfen und umzusetzen.
Unter dem 11.08.2015 teilte die Kriminalpolizeidirektion des Polizeipräsidiums ... dem Landratsamt ... mit, dass der Kläger „Fullmember“ des Outlaws MC ... sei und dort die Funktion des Präsidenten des Chapters innehabe. Er habe damit in den letzten zwei Jahren einer OMCG-Gruppierung („Outlaw Motorcycle Gang“) angehört. Die Waffenbehörde werde gebeten, eine etwa vorhandene waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen sowie Waffenbesitzverbote anzuordnen.
Das Landratsamt leitete die Auskunft an die örtlich zuständige Beklagte weiter. Auf deren Anfrage, ob gegen den Kläger ein Strafverfahren anhängig sei oder sonstige Tatsachen bekannt seien, die gegen seine Zuverlässigkeit sprächen, teilte das Polizeipräsidium ... – Kriminalpolizeidirektion ... mit, dass über den Kläger keine relevanten Erkenntnisse vorlägen.
Nach Anhörung des Klägers untersagte die Beklagte diesem mit Verfügung vom 30.03.2016 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Ziff. 2) nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 WaffG den Erwerb und Besitz von Waffen und Munition im Sinne des § 1 Abs. 2 und 4 WaffG (Ziff. 1 Satz 1). Das Verbot beinhalte Waffen und Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedürfe, sowie Waffen und Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedürfe (Ziff. 1 Satz 2). Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei als Präsident des Outlaws MC ... unzuverlässig im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a und lit. c WaffG. Er biete aufgrund seiner Mitgliedschaft sowie den daraus resultierenden Verpflichtungen und Einstellungen keine ausreichende Gewähr dafür, dass er mit Waffen in einer Weise umgehe, die Dritte nicht gefährde. Auch wenn ihm keine Straftat zur Last gelegt werden könne, die auf eine rohe oder gewalttätige Gesinnung schließen lasse oder die unter Mitführung von Waffen begangen worden sei, so sei doch festzustellen, dass die Praxis der gewaltsamen Austragung der szenetypischen Rivalitäten und Konflikte mit anderen Rockergruppierungen als Wesensmerkmal anzusehen sei, das sich bei jedem ihrer Mitglieder zu jedem Zeitpunkt realisieren könne. Daher bestehe auch beim Kläger die Möglichkeit, dass er in gewaltsame Auseinandersetzungen hineingezogen werde. Trete dieser Fall ein, liege es wiederum nahe, dass er – ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation – Waffen missbräuchlich verwende oder Nichtberechtigten überlasse.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2016 zurück.
Der Kläger hat am 21.09.2016 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Er hat im Wesentlichen vorgetragen, die Gefahr von Gewalttaten bei den Gruppen und Mitgliedern des Outlaws MC sei wesentlich geringer als bei den anderen sog. OMCG (Hells Angels MC, Bandidos MC und Gremium MC). Das Bundesverwaltungsgericht habe kein Grundsatzurteil über „die OMCGs“ oder „alle 1%er“ gefällt, sondern lediglich über Mitglieder des Bandidos MC entschieden. Zudem habe es sich nicht zu präventiven Waffenverboten geäußert, sondern zur Rücknahme von Waffenscheinen. Außerdem habe es als Revisionsgericht den Sachverhalt zugrunde legen müssen, der ihm von den unteren Instanzen vorgegeben worden sei. Die Voraussetzungen des § 5 WaffG müssten im konkreten Einzelfall geprüft werden. Der Strukturbericht des Landeskriminalamts (LKA) liefere keine hinreichenden Erkenntnisse, um eine allgemeine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit aller Mitglieder des Outlaws MC begründen zu können. Die im Zuge der Rockerbekämpfungsstrategie angeordnete Gleichsetzung aller Clubs, die die „1%er“-Raute trügen, sei eine nicht haltbare Fehleinschätzung. Der Outlaws MC sei an Auseinandersetzungen zwischen Motorradclubs nicht beteiligt. Die „1%er“-Raute entspreche in ihrer Bedeutung dem Begriff „Outlaw“, der als Oberbegriff die „Outlaw Motorcycle Gangs“ verbinde. Es handele sich aber nicht um eine Metapher für Gesetzlosigkeit, Gewalttätigkeit oder Kriminalität, sondern um den Ausdruck einer Subkultur, die sich durch Erscheinungsbild und Lebensstil von der herrschenden Kultur abgrenzen wolle. Durch die „1%er“-Raute würden auch nicht die gewaltbereiten Clubs von den friedfertigen abgegrenzt. Vielmehr sehe ein „1%er“ das Rockertum als Lebenseinstellung an. Die Zugehörigkeit zu einem Club spiele für ihn nicht nur in der Freizeit eine Rolle, sondern stets und ständig. Das Zusammengehörigkeitsgefühl gleiche dem einer Bruderschaft. Der Outlaws MC könne nicht der Rockerkriminalität zugeordnet werden; denn es fehle an Straftaten „durch die Struktur des Clubs“ und damit im direkten Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe. Die Mitglieder durchliefen gerade deshalb eine Aufnahmephase, weil man beobachten wolle, ob sie straffrei lebten. Wenn allerdings jemand aufgenommen sei, verlange es die Solidarität im Club, dass man ihn im Falle einer Inhaftierung nicht fallen lasse, sondern ihn unterstütze. Diese Solidarität betreffe Fälle, in denen Mitglieder sich in ihrem Privatleben etwas zuschulden hätten kommen lassen. Sofern ein Mitglied durch strafbares Verhalten dem Club schade, werde es selbstverständlich ausgeschlossen, so wie die Satzung es vorsehe. Der Wortlaut des Spruches „God forgives, Outlaws don’t“ gebe nicht her, was das LKA zwanghaft hineindeuten wolle. Bei den im Strukturbericht aufgezählten Straftaten von Rockergruppierungen sei der Outlaws MC lediglich zweimal erwähnt und bei diesen Straftaten seien sie jeweils Opfer der Aggressionen eines anderen Clubs gewesen. Es gebe keine streng hierarchische Struktur. Eine bundesweite Vernetzung sei zwar vorhanden, aber diese sei nicht per se verwerflich. Auch ein Ehrenkodex könne nicht als Kriterium für die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit gewertet werden. Es treffe nicht zu, dass Rockerclubs speziell mit der Polizei ungern kooperierten. Sie lehnten es vielmehr grundsätzlich ab, ihre Interna öffentlich auszubreiten. Die gesetzlich vorgeschriebene Zusammenarbeit mit dem Staat werde selbstverständlich geleistet. Der szenetypische Gruppendruck gehe im Outlaws MC gerade dahin, nichts zu tun, was das Ansehen des Clubs gefährden könne. Die Waffenbesitzverbote seien unverhältnismäßig.
Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf die bisherigen Ausführungen entgegengetreten.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.06.2019 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angegriffene Verfügung sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Tatsache, dass der Kläger Mitglied im Outlaws MC, Chapter ... und dessen Präsident sei, rechtfertige die Annahme seiner Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a und lit. c WaffG. Der Einwand, er sei in straf- und waffenrechtlicher Hinsicht unbescholten, hindere die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht. Beim Outlaws MC handele es sich um einen Motorradclub, dem im Rahmen der Austragung von Konflikten eine aggressive Grundhaltung zu eigen sei. Aus einer Vielzahl von Vorfällen, an denen Mitglieder beteiligt gewesen seien, ergebe sich, dass das Potenzial zur gewaltfreien oder das Gewaltmonopol des Staates achtenden Lösung aufkommender Konflikte nicht hinreichend vorhanden sei. Ihm sei eine Struktur zu eigen, die die nicht fernliegende Möglichkeit begründe, dass auch bisher waffen- und strafrechtlich unauffällige Mitglieder in gewaltsame Auseinandersetzungen hineingezogen würden und dabei Waffen missbräuchlich verwendeten. Wesentliches Strukturelement des Outlaws MC sei, dass nach erfolgter Aufnahme als vollwertiges Mitglied eine auf Dauer angelegte besondere Loyalität nicht nur der Mitglieder für den Einzelnen, sondern auch des Einzelnen für alle Mitglieder erwartet und gelebt werde und sich diese besondere Loyalität auf alle Mitglieder des Outlaws MC über regionale Gruppierungen hinaus erstrecke. Es sei daher hinreichend wahrscheinlich, dass der Kläger, auch wenn er dies persönlich nicht anstrebe oder sogar für sich vermeiden wolle, zukünftig in gewaltsame Auseinandersetzungen hineingezogen werde. Aufgrund seiner herausgehobenen Stellung als Präsident des Chapters werde von ihm erwartet, dass er in besonderer Weise für die Ziele der Rockergruppierung eintrete. Trete dieser Fall ein, liege es wiederum nicht fern, dass er hierbei – unter dem Druck der Situation – Waffen oder Munition missbräuchlich verwenden oder Nichtberechtigten überlassen werde. Die zu alledem vom Kläger hilfsweise gestellten Beweisanträge seien abzulehnen. Er sei auch Erwerbswilliger im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei das Waffenerwerbs- und -besitzverbot nicht unverhältnismäßig.
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Gegen das am 11.07.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.08.2019 die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt, soweit sich das Verbot zum Erwerb und Besitz auf erlaubnisfreie Waffen und Munition bezieht. Innerhalb der einmalig durch den Vorsitzenden verlängerten Begründungsfrist hat der Kläger die Berufung begründet. Er trägt im Wesentlichen vor: Das ihm auferlegte Verbot sei unverhältnismäßig, da einer Person, die überhaupt nicht beabsichtige, sich erlaubnisfreie Waffen zuzulegen, prophylaktisch verboten werde, genau dies zu tun. Man müsse die sog. Waffenliste in Anlage 2 zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG lange durchsuchen, bis man erlaubnisfreie Waffen finde, von denen eine Gefahr ausgehen könne. Durch die Bezugnahme auf diese Liste werde das angeblich verfolgte Ziel der angegriffenen Verfügung verfehlt. Eine sinnvolle Abgrenzung sei damit nicht verbunden. Der den Polizeibehörden vorschwebende gewalttätige Rocker werde durch das Waffenrecht nicht in seinen Aktivitäten gebremst. Der Outlaws MC müsse getrennt von den sonstigen unter dem Begriff OMCG zusammengefassten Clubs betrachtet werden. Er lehne kriminelle Aktivitäten ab und betätige sich auch nicht im Waffen-, Drogen- oder gar Menschenhandel. Das Verwaltungsgericht habe schlicht die Ausführungen des LKA wiederholt und reihe sich damit ein in die Urteile, die eine Begründung schuldig blieben, weshalb sich aus dem Vorhandensein bestimmter Strukturmerkmale ein Gefahrenpotenzial ergeben solle. Hierbei seien seine Ausführungen bewusst ignoriert worden. Das Verwaltungsgericht folge brav den polizeilichen Vorlagen, lasse aber keine Auseinandersetzung mit den dagegen vorgebrachten Argumenten erkennen. Die Heranziehung der angeblichen Strukturmerkmale bleibe ein Scheingefecht, solange nicht zur Kenntnis genommen werde, dass Führungsstruktur, organisatorische Gliederung, hierarchischer Aufbau, Verhaltensregeln, Erkennungsabzeichen und Corps-Geist grundsätzlich bei jeder Körperschaft vorhanden seien, die sich als Vereinigung Gleichgesinnter organisiere. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe habe die angebliche „Jailliste“ als Hirngespinst der Polizei enttarnt, wohingegen das Verwaltungsgericht Stuttgart im vorliegenden Verfahren von der Existenz einer solchen Liste ausgehe. Seine Vita habe keinerlei Berücksichtigung gefunden. Er sei bei einem größeren mittelständischen Unternehmen ein führender Arbeitnehmervertreter und in der IG Metall aktiv. Zum Zeitpunkt der Klageeinreichung sei er Betriebsratsvorsitzender gewesen und sitze mittlerweile sogar im Aufsichtsrat. Das Bundesverwaltungsgericht habe nicht in dieser Weise pauschal geurteilt und schon gar nicht hinsichtlich des Outlaws MC. Das Verwaltungsgericht habe eine Reihe von Beweisanträgen als unbeachtlich abgetan, weil es auf die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht ankomme. Zugleich begründe es sein Urteil aber über weite Strecken mit Vorfällen, die von der Polizei unrichtig dargestellt würden und daher durch die Beweisanträge widerlegt werden sollten. Die Tatsache, dass der Outlaws MC ganze Chapter aufgelöst habe, weil sie sich nicht entsprechend den Regeln gewaltfrei verhalten hätten, sei entweder nicht zur Kenntnis genommen worden oder nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts nicht schnell genug erfolgt. Die Tatsache, dass ein früherer Sergeant at Arms des Chapters Bad Kreuznach im sog. „bad standing“ aus dem Club ausgeschlossen worden sei, habe es ebenso nicht berücksichtigt. Es habe sich zu Unrecht geweigert, die für eine Prognoseentscheidung erforderlichen Tatsachengrundlagen durch ein Gutachten zu ermitteln und Daten zur waffenbezogenen Delinquenz der Mitglieder des Outlaws MC zu erheben. Auch Mitglieder von Rockerclubs begingen Straftaten, wie dies in allen Kreisen und Bevölkerungsschichten üblich sei. Das Gericht habe prüfen müssen, ob wirklich die Zugehörigkeit zu einem Rockerclub Auslöser der Taten gewesen sei. Dies sei Gegenstand diverser Beweisanträge gewesen. Auf Veranstaltungen des Outlaws MC werde Merchandising betrieben, wie es etwa auch beim FC Bayern München der Fall sei. Wenn also im Umfeld einer Straftat ein Club-Symbol auftauche, sage dies nichts darüber aus, ob der Täter mit dem Outlaws MC in Verbindung stehe. Die Listen des LKA hätten keine Aussagekraft. Es könne nicht darauf ankommen, ob einzelne Mitglieder gegen das Gesetz verstoßen hätten, weil Kriminalität ein in allen Bevölkerungsgruppen verbreitetes Phänomen sei. Jedenfalls der Vorfall in K. sei genauer aufzuklären, da dieser widerlege, dass Gewaltbereitschaft und Konfliktlösung ohne Einschaltung der Polizei zu den Strukturmerkmalen des Outlaws MC zählten. Der kürzlich seitens des LKA vorgelegte interne Bericht gebe die subjektive Sicht einer Gruppe interner Kritiker wieder, die inzwischen zu einem anderen Club gewechselt seien. Dennoch zeige der Bericht, der ebenso gut aus einem Verein oder einer Partei stammen könne, wie demokratisch der Outlaws MC geführt werde. Die alten Kader, für die so etwas wie Revierkämpfe noch zum Bild des 1%ers gehörten, seien abgelöst worden. Der neue Vorstand vertrete eine völlig andere Vorstellung vom Rockertum. Sein eigenes vermittelndes und schlichtendes Verhalten werde in dem Bericht mehrfach positiv hervorgehoben.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Juni 2019 – 5 K 5926/16 – zu ändern und die Verfügung der Beklagten vom 30.03.2016 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.08.2016 insoweit aufzuheben, als ihm damit der Erwerb und der Besitz erlaubnisfreier Waffen und Munition untersagt wird.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie trägt vor, das Urteil des Verwaltungsgerichts leide nicht an einem Rechtsfehler. Es habe zu Recht den Strukturbericht des LKA zugrunde gelegt. Die Erkenntnisse daraus resultierten aus jahrelangen exakten Recherchen. Der Kläger könne zwar in seinem normalen und auch beruflichen Leben einen unauffälligen Lebenswandel an den Tag legen. Sobald er jedoch die Kutte des Outlaws MC anziehe, unterliege er damit den Regeln der Szene – erst recht als Präsident des Chapters .... Die Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG könne auch daran anknüpfen, wie sich eine Person im Hinblick auf eine Mitgliedschaft in bestimmten Vereinigungen verhalten werde. In diesem Zusammenhang könne die Prognose vollumfänglich auf die Erfahrungen des LKA gestützt werden. Die Beweisanträge des Klägers seien zu Recht abgelehnt worden. In anderen Verfahren seien bereits Mitarbeiter des LKA vernommen worden, die den Inhalt des Strukturberichts bestätigt hätten.
17 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart (jeweils ein Heft), die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (5 K 5926/16, 2 Bände) und die in der gerichtlichen Verfügung vom 01.03.2021 genannten Strafakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
18 
Die Berufung des Klägers ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.
19 
Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage des Klägers – soweit sie sich gegen das hier allein noch in Rede stehende Verbot, erlaubnisfreie Waffen und Munition zu besitzen, richtete – zu Recht abgewiesen. Die Verfügung der Beklagten vom 30.03.2016 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.08.2016 sind insoweit im hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.12.1978 - I C 23.76 -, juris Rn. 13; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2006 - 1 S 445/04 - n.v.; BayVGH, Beschluss vom 14.07.2020 - 24 ZB 19.1176 -, juris Rn. 17) rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20 
Rechtsgrundlage für die an den Kläger gerichtete Untersagung, Waffen und Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, zu besitzen oder zu erwerben, ist § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 4 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a und lit. c WaffG.
21 
Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 4 WaffG kann die zuständige Behörde (vgl. § 1 Abs. 1 DVOWaffG in Verbindung mit § 106 Abs. 1 Nr. 3, § 107 Abs. 3 PolG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG) jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, und den Erwerb solcher Waffen oder Munition untersagen, wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass dem rechtmäßigen Besitzer oder Erwerbswilligen die für den Erwerb oder Besitz solcher Waffen oder Munition erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Dabei darf für die Frage der Zuverlässigkeit auf die Vorschrift des § 5 WaffG zurückgegriffen werden, da sie den Begriff der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit für den gesamten Geltungsbereich des Waffengesetzes konkretisiert (vgl. BayVGH, Beschluss vom 14.07.2020 - 24 ZB 19.1176 -, juris Rn. 11; Gerlemann, in: Steindorf, WaffG, 10. Aufl. 2015, § 41 Rn. 5; s. auch BVerwG, Beschluss vom 10.07.2018 - 6 B 79.18 -, NJW 2018, 2812 ). Deshalb kommt § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ohne Einschränkung auch für den Umgang mit erlaubnisfreien Waffen maßgebliche Bedeutung zu (speziell zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WaffG HambOVG, Beschluss vom 13.04.2011 - 3 Bf 86/10.Z -, juris Rn. 7; s. auch BayVGH, Beschluss vom 22.01.2014 - 21 ZB 13.1781 -, juris Rn. 15).
22 
Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Sorgfaltsanforderungen für den Umgang mit Waffen und Munition nicht beachten werden, etwa diese Gegenstände missbräuchlich oder leichtfertig verwenden, nicht sorgfältig verwahren oder nicht berechtigten Personen überlassen werden, § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a bis lit. c WaffG (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.07.2018 - 6 B 79.18 -, NJW 2018, 2812 ).
23 
Über die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist aufgrund einer Prognose des künftigen Verhaltens zu entscheiden, an die keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ). Maßstabsbildend ist der Gesetzeszweck. Dieser besteht darin, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, auf ein Mindestmaß zu beschränken. Das Gebot der Risikominimierung ist Ausdruck der präventiven Gefahrenvorsorge. Daraus folgt, dass nur solche Personen als zuverlässig gelten können, bei denen die tatsächlichen Umstände keinen vernünftigen Zweifel zulassen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ; Beschluss vom 10.07.2018 - 6 B 79.18 -, NJW 2018, 2812 ). Die Prognose der Unzuverlässigkeit ist bei Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ).
24 
Entscheidend ist, ob Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass zukünftig eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG aufgeführten Verhaltensweisen verwirklicht wird. Rechtskonformes Verhalten einer Person in der Vergangenheit ist wie jeder andere Umstand, der beurteilungsrelevant sein kann, in diese Prognose miteinzubeziehen. Es ist aber möglich, dass sonstige Umstände zu dem Schluss führen, die Person werde eine Verhaltensweise im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ).
25 
Die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verlangte Prognose ist auf diejenige Person zu beziehen, deren Zuverlässigkeit in Frage steht. Die Unzuverlässigkeit anderer, selbst nahestehender Personen rechtfertigt als solche nicht den Schluss auf ihre Unzuverlässigkeit. Individuelle Verhaltenspotentiale werden allerdings durch das soziale Umfeld mitbestimmt. Daher bestehen keine Bedenken dagegen, die Gruppenzugehörigkeit einer Person – ein personenbezogenes Merkmal – als Tatsache heranzuziehen, welche die Annahme der Unzuverlässigkeit stützt. Gefordert ist jedoch, dass zwischen der Annahme der Unzuverlässigkeit und der Gruppenzugehörigkeit eine kausale Verbindung besteht. Gerade die Gruppenzugehörigkeit der Person muss die Prognose tragen, dass diese künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen wird. Nicht ausreichend ist, dass solche Verhaltensweisen innerhalb der Gruppe regelmäßig vorgekommen sind oder noch immer vorkommen. Vielmehr müssen bestimmte Strukturmerkmale der Gruppe die Annahme rechtfertigen, dass gerade auch die Person, die in Rede steht, sie künftig verwirklichen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ).
26 
Die Bereitschaft, unter bestimmten Umständen Gewalt auszuüben, muss mithin ein prägendes Strukturmerkmal der Gruppe darstellen. Davon kann ausgegangen werden, wenn gewaltsame Angriffe auf Außenstehende oder gewalttätige Auseinandersetzungen in der Vergangenheit zum spezifischen Erscheinungsbild der Gruppe gehört haben, ohne dass diese sich umfassend und glaubhaft davon distanziert hat. Hinzukommen muss, dass das einzelne Mitglied der Gruppe – selbst wenn es dies persönlich nicht anstreben sollte oder sogar für sich vermeiden wollte – aufgrund freiwillig eingegangener Bindungen, etwa aufgrund einer Verpflichtung zur unbedingten Loyalität, typischerweise in die Gewaltausübung hineingezogen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ; Beschluss vom 10.07.2018 - 6 B 79.18 -, NJW 2018, 2812 ; Beschluss vom 15.02.2019 - 6 B 153.18 -, juris Rn. 7). Tritt dieser Fall ein, liegt es wiederum nicht fern, dass das Mitglied hierbei – ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation – im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a und lit. c WaffG Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Nichtberechtigten überlassen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ; Beschluss vom 15.02.2019 - 6 B 153.18 -, juris Rn. 7). Diesem materiell-rechtlichen Ansatz folgend sind in erster Linie die Strukturmerkmale der Gruppe und nicht die konkrete Persönlichkeitsstruktur des jeweiligen Mitglieds entscheidend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.02.2019 - 6 B 153.18 -, juris Rn. 7).
27 
Ausgehend hiervon begegnen die Verfügung der Beklagten vom 30.03.2016 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.08.2016, soweit sie hier angegriffen werden, keinen rechtlichen Bedenken. Zur Überzeugung des Senats liegt in der Person des Klägers nicht die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit vor. Ausschlaggebend hierfür ist die Zugehörigkeit des Klägers zum Outlaws MC (dazu 1.), der die charakteristischen Strukturen einer OMCG aufweist (dazu 2). Der Outlaws MC ist in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Fällen durch gewaltsame Auseinandersetzungen mit Dritten sowie anderen OMCG in Erscheinung getreten (dazu 3.). Dies rechtfertigt in Anbetracht der den Outlaws MC bestimmenden, prägenden Strukturmerkmale (dazu 4.) bei der hier anzustellenden Prognose die Annahme, dass gerade auch der Kläger künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen wird (dazu 5.). Der Kläger ist zudem als Erwerbswilliger im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG anzusehen (dazu 6.). Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen rechtlich fehlerfrei ausgeübt (dazu 7.).
28 
1. Der Kläger ist seit ca. 20 Jahren Mitglied des Outlaws MC und seit 2007 Präsident des Chapters .... Seit ca. drei Jahren ist er überdies Vizepräsident des Outlaws MC Germany, der bundesweiten Dachorganisation der einzelnen Outlaws MC Chapter. Dies hat der Kläger anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erneut bestätigt.
29 
2. Der Outlaws MC Germany wurde im Frühjahr 2001 gegründet und ist Teil des Outlaws MC Europe, welcher seinerseits zum Weltverband der American Outlaws Association (AOA) gehört. Er besteht derzeit aus 38, in unterschiedlicher räumlicher Ausprägung über das Bundesgebiet verteilten Chaptern, drei davon kommt der Status „Prospective“ zu (vgl. http://www.outlawsmc.de/chapter.htm, zuletzt abgerufen am 12.05.2021; s. auch Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 5). In Baden-Württemberg ist der Outlaws MC Germany mit 16 Chaptern, darunter das Chapter ..., vertreten und verfügt nach den Erkenntnissen des LKA Baden-Württemberg über derzeit 137 Mitglieder. Damit handelt es sich um einen der größten OMCG in Baden-Württemberg (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 24).
30 
2.1 Unter dem Begriff der „Outlaw Motorcycle Gangs“ werden weltweit die polizeilich besonders relevanten Rockergruppen von der breiten Masse der Motorradclubs und anderen Zusammenschlüssen von Motorradfahrern abgegrenzt, die zwar im Einzelfall auch kriminelle Aktivitäten zeigen, aber nicht in herausfordernder Weise die Einhaltung allgemein gesellschaftlicher Regeln, bürgerlicher Normen und rechtlicher Gegebenheiten ablehnen (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 27.10.2017 bzw. 09.04.2021, jeweils S. 2). Zu den bekanntesten Vertretern der OMCG zählen neben dem Outlaws MC der Bandidos MC, der Gremium MC sowie der Hells Angels MC.
31 
OMCG haben eine hierarchische Gliederung mit klaren Befehls- und Unterstellungsstrukturen. Wer den Anweisungen nicht Folge leistet, wird bestraft oder im schlimmsten Fall aus dem Club ausgeschlossen. Die Funktionsträger treten in herausgehobener Weise für die Ziele des Clubs ein (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 7). An deren Spitze steht der Präsident, der als Vorsitzender des Clubs bzw. des Chapters die volle Autorität gegenüber den Mitgliedern besitzt und verantwortlich für das Chapter in seiner Gesamtheit ist. Dessen Rechte und Pflichten werden bei Abwesenheit von dessen ständigem Vertreter, dem Vizepräsidenten, wahrgenommen. Weiterer Funktionsträger ist der Sergeant at Arms, dem die Verantwortung für die Durchsetzung der selbst gegebenen Regeln innerhalb des Clubs, für die Ausführung von Anordnungen des Präsidenten und die Anwendung von Gewalt nach innen und außen bzw. auch für den Schutz des Vereins und des Clubheims zufällt. Die Führungsriege wird ergänzt um den Secretary, der Protokollführer der regelmäßigen Sitzungen und zuständig für den Schriftverkehr sowie für Verwaltungsangelegenheiten ist, sowie den Treasurer, der verantwortlich für die Finanzen des Clubs wie Mitgliedsbeiträge, Strafgelder etc. ist (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 8 f.).
32 
Der Gruppe der Funktionsträger stehen die übrigen, ohne Amt ausgestatteten Angehörigen der OMCG gegenüber, bei denen zwischen Vollmitgliedern (auch „Member“ oder „Fullmember“), Mitgliedschaftsanwärtern („Prospect“) und sog. „Hangarounds“ (Personen, die sich im Umfeld des Clubs bewegen, um Prospect werden zu dürfen) zu differenzieren ist. Um in eine jeweils höhere Rangstufe zu gelangen, müssen die Betroffenen ihre Loyalität gegenüber dem Club auf vielfältige Art beweisen. Dies schließt auch die Begehung von Straftaten mit ein. Sie bewegen sich im Club in einem hierarchisch geprägten Unterstellungsverhältnis. Deshalb besteht nicht nur bei herausgehobenen Funktionsträgern, sondern gerade auch bei einfachen Mitgliedern und Anwärtern die besondere Gefahr von kriminellen Aktivitäten und eines damit einhergehenden missbräuchlichen Waffeneinsatzes, um sich im Sinne des Clubs zu bewähren. Aufgrund des streng hierarchischen Aufbaus innerhalb der OMCG sowie der damit verbundenen Über- und Unterordnungsregeln kann davon ausgegangen werden, dass ein vereinsbezogenes Handeln der „Prospects“ und „Hangarounds“ nicht ohne Kenntnis der Verantwortlichen stattfindet. Auch wird im Zusammenhang mit Angelegenheiten des Clubs kein Handeln ohne die Erlaubnis oder zumindest die Kenntnisnahme des Präsidenten oder seines Vertreters erfolgen (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 9).
33 
Besondere Bedeutung kommt dabei den Vereinigungen zu, die sich als „1%er“ begreifen. Das sog „1%er-Patch“ (Abzeichen / Aufnäher), ein „1%“-Symbol in einer Raute, steht historisch dafür, dass sich die dieses Zeichen Nutzenden als das eine Prozent der Motorradfahrer begreifen, die im Gegensatz zu den übrigen 99% der Motorradfahrer außerhalb der geltenden Ordnung stehen (vgl. HessVGH, Urteil vom 07.12.2017 - 4 A 814/17 -, juris Rn. 61). Die Bezeichnung „1%er“ geht nach allgemeinen Informationen auf das Jahr 1947 zurück. Damals wurden amerikanische Vollzugsbehörden bei einer Motorrad-Rallye in Kalifornien erstmals auf Motorradclubs aufmerksam, deren Mitglieder nicht dem Bild des normalen Motorradfahrers entsprachen. Nach Straßenkämpfen wurden zwei Mitglieder des Vorläufers des Hells Angels MC von der Polizei festgenommen und anschließend von ihren Freunden aus dem Gefängnis befreit. In den Medienberichten wurden die Ausschreitungen zwar verurteilt, aber auch festgestellt, dass lediglich 1% der Teilnehmer gewaltbereit, 99% der amerikanischen Motorradfahrer jedoch „ganz normale, friedliebende Menschen“ seien. Das „1%“ oder „1%er“-Abzeichen, getragen auf einer meist ärmellosen (Leder)-Weste (sog. „Kutte“), soll die Unterschiede zu anderen (friedlichen) Motorradclubs aufzeigen und ist ein wesentliches Merkmal der als gewaltbereit einzustufenden Rocker in sog. OMCG (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 27.10.2017 bzw. vom 09.04.2021, jeweils S. 6).
34 
2.2 Diese Organisationsstruktur ist auch dem Outlaws MC zu eigen. Dies steht für den Senat aufgrund der vorliegenden Erkenntnismittel, aber auch aufgrund der Äußerungen des Klägers fest.
35 
So ordnen sich der Outlaws MC World und der Outlaws MC Germany, ebenso wie die einzelnen Chapter, schon ausweislich der Gestaltung der Internetseiten den sog. „1%er“ zu. Dies wird auch durch das Tragen des entsprechenden Abzeichens auf der Bekleidung („Kutte“) in der Öffentlichkeit deutlich (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 6). Auch der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt, das One-Percenter-Patch auf seiner Kutte zu tragen. Abgesehen davon tragen die Mitglieder des Outlaws MC – wie der Kläger ebenfalls bestätigt hat – im Gegensatz zu anderen OMCG traditionell keine Aufnäher (sog. „Patches“), aus denen sich deren Funktionen („Präsident“, „Sergeant at Arms“, etc.) öffentlichkeitswirksam ergeben. Insofern ist nur teilweise bekannt, wer welches Amt bekleidet (vgl. zum Ganzen Stellungnahmen des LKA Baden-Württemberg vom 27.10.2017 und vom 09.04.2021, jeweils S. 8).
36 
Der Aufbau der Organisationsstruktur weist – wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend herausgearbeitet hat – ebenso die für eine OMCG typischen Charakteristika auf (vgl. HessVGH, Urteil vom 07.12.2017 - 4 A 814/17 -, juris Rn. 72; Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 7). Der Kläger hat seinerseits in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von dem gestuften Aufnahmeverfahren berichtet. Er hat darüber hinaus angegeben, es gebe auch im Chapter ... einen Präsidenten – namentlich ihn selbst –, einen Vizepräsidenten, einen Treasurer, einen Schriftführer sowie einen Sergeant at Arms.
37 
Dabei sind die Sergeants at Arms beim Outlaws MC Germany in insgesamt sieben Sektionen aufgeteilt. Diese Sektionen entsprechen der jeweiligen geografischen Lage und der Nähe der Chapter zueinander. Das LKA Baden-Württemberg geht davon aus, dass die Aufteilung auch unter dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Unterstützung, z. B. bei Angriffen von verfeindeten Clubs, vorgenommen worden ist. Die Sergeants at Arms des Outlaws MC bilden darüber hinaus intern eine zweite Gruppierung, die als „Sergeants-Vereinigung“ bezeichnet werden kann. Dieser Gruppierung steht ein weisungsbefugtes Gremium, bestehend aus einem ersten Vorstand, einem zweiten Vorstand, einem „Subviser“ und zwei weiteren Personen, vor (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 7).
38 
3. Mitglieder des Outlaws MC haben in der Vergangenheit wiederholt ein Verhalten gezeigt, das auf regelmäßige Konflikte insbesondere mit Mitgliedern anderer OMCG hinweist, die unter Anwendung von Gewalt auch in der Öffentlichkeit ausgetragen werden, wobei der Einsatz von Waffen keine Ausnahme darstellt (ebenso bereits HessVGH, Urteil vom 07.12.2017 - 4 A 814/17 -, juris Rn. 41).
39 
3.1 Dies belegen die auf der Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 26.02.2019 und den Stellungnahmen des Hessischen LKA vom 05.01.2017 und vom 06.12.2017 basierenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts im hier angegriffenen Urteil eindrücklich. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit nach Maßgabe des § 130b Satz 2 VwGO Bezug auf die umfangreiche Auswertung des Erkenntnismaterials durch das Verwaltungsgericht zu den dort im Einzelnen aufgeführten zahlreichen Vorfällen (vgl. UA S. 12 ff.).
40 
3.2 Diese Erkenntnisse bestätigen sich weit überwiegend durch die bereits vom Verwaltungsgericht Karlsruhe erstinstanzlich zum parallel geführten Verfahren 6 S 756/19 (8 K 3269/16) beigezogenen Strafakten, die auch zum Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens gemacht wurden (vgl. die gerichtliche Verfügung vom 01.03.2021). Aus diesen Akten ergeben sich lediglich folgende erwähnenswerte Abweichungen, die im Ergebnis jedoch zu keiner anderen Bewertung des Senats führen:
41 
3.2.1 Hinsichtlich des vom Verwaltungsgericht Stuttgart im angegriffenen Urteil aufgeführten Vorfalls vom 15.10.2010 in Bingen (UA S. 14) ergibt sich zwar aus der beigezogenen Strafakte des Landgerichts Mainz (3330 Js 30659/10), dass entgegen den Angaben des LKA nicht alle, sondern „nur“ fünf der sieben im Clubheim anwesenden Mitglieder des Iron Eagles MC zusammengeschlagen wurden. Wie für das Verwaltungsgericht Karlsruhe (Urteil vom 19.02.2019 - 8 K 3269/16 -, n.v., UA S. 23) ändert jedoch diese Differenz auch für den Senat nichts an der Einordnung des Vorfalls als relevanter gewalttätiger Angriff im Rahmen eines Konflikts zwischen Motorradclubs. Dass es, wie der Kläger im Berufungsverfahren vorträgt, auch in anderen Milieus, wie etwa in Fußball-Fanclubs, zu ähnlichen Auseinandersetzungen kommen könnte, führt ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Auch der Vortrag des Klägers, Motorradfahrer seien „nun einmal etwas robuster in ihren Umgangsformen“, ist nicht geeignet, den Vorfall in einem anderen Licht erscheinen zu lassen, sondern belegt vielmehr eine Tendenz zur Verharmlosung.
42 
Soweit der Kläger zudem behauptet, die Auseinandersetzung sei bewusst ohne Waffen oder gefährliche Gegenstände geführt worden, widerspricht dies den Feststellungen des Landgerichts Mainz in seinem Strafurteil vom 01.03.2013, wonach innerhalb der Gruppe zumindest zwei Schlagringe sowie ein Schlagstock oder ein Baseballschläger mitgeführt wurden. Unabhängig davon belegen die Feststellungen des Landgerichts, der Geschädigte sei ohne Vorwarnung von mehreren Mitgliedern des Outlaws MC zu Boden gerissen worden und habe dort anschließend Tritte und Schläge erhalten, unabhängig von der Verwendung von Waffen die besondere Gewalttätigkeit der Situation.
43 
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat in seinem das parallel geführte Verfahren 6 S 756/19 betreffenden Urteil überdies zu Recht ausgeführt (UA S. 24), dass aus der beigezogenen Akte nicht nur die Bereitschaft ersichtlich wird, Konflikte mit anderen Motorradclubs mit Gewalt auszutragen, sondern auch, dass von Mitgliedern des Outlaws MC Waffen und Munition ohne entsprechende Erlaubnis bereitgehalten wurden. So wurden bei Durchsuchungen des Clubheims des Outlaws MC in Bad Kreuznach sowie bei zwei Angeklagten Waffen und Munition, für die keine waffenrechtlichen Erlaubnisse vorlagen, sichergestellt.
44 
3.2.2 Hinsichtlich des vom Verwaltungsgericht Stuttgart aufgeführten Vorfalls vom 17.03.2013 (UA S. 19), bei dem es im Rahmen einer Tattoo-Veranstaltung durch ein Mitglied des Outlaws MC Mönchengladbach zu einem Körperverletzungsdelikt durch einen Schlag ins Gesicht des Geschädigten gekommen sei, ergibt sich aus der beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach (310 UJs 273/13 A) lediglich, dass die Körperverletzung durch einen Angehörigen einer Rockergruppierung begangen wurde. Dieser Vorfall lässt sich damit nicht eindeutig Mitgliedern des Outlaws MC zuordnen.
45 
3.2.3 Bezüglich des vom Verwaltungsgericht aufgeführten Vorfalls im April 2013 (UA S. 19), bei dem ein 54-jähriger Mann ohne Bezüge zum Rockermilieu nach einem Streit durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt worden sei und bei dem Mitglieder des Outlaws MC Bad Kreuznach beteiligt gewesen sein sollen, ergibt sich aus der beigezogenen Akte des Amtsgerichts Bad Kreuznach (40 Ls 1023 Js 4954/13), dass es sich bei den Angeklagten um „Supporter“ des Outlaws MC gehandelt hat und nicht um „Member“. Ob auch Straftaten von „Supportern“, die den Outlaws MC unterstützen, im Rahmen der waffenrechtlichen Prognoseentscheidung Berücksichtigung finden können, bedarf hier angesichts der Vielzahl der aufgeführten Vorfälle, in die nach gesicherten Erkenntnissen „Member“ des Outlaws MC involviert waren, keiner Entscheidung. Ebenso wenig lässt sich aus der gewonnenen Erkenntnis, dass es sich in diesem Einzelfall lediglich um „Supporter“ gehandelt hat, die Vermutung ableiten, dass auch weitere oder gar die überwiegende Zahl der Vorfälle – wie der Kläger behauptet – auf Nichtmitglieder zurückzuführen wären, die lediglich frei erwerbbare Merchandising-Kleidungsstücke mit Emblemen des Outlaws MC getragen hätten.
46 
3.2.4 Diese sich aus den beigezogenen Strafakten ergebenden Abweichungen ändern nichts an der Einschätzung des Senats, dass in der Gesamtschau sämtlicher vom Verwaltungsgericht Stuttgart aufgeführter Vorfälle die regelmäßige Bereitschaft von Mitgliedern des Outlaws MC deutlich erkennbar ist, Konflikte mit anderen Rockergruppierungen oder mit Dritten durch Gewalt unter Missachtung des staatlichen Gewaltmonopols auszutragen. Denn auch ohne Berücksichtigung der unter 3.2.2 und 3.2.3 genannten Vorfälle, verbleibt eine Vielzahl von Fällen, die diese Erkenntnis belegen. Im Hinblick auf den unter 3.2.1 aufgeführten Vorfall ergibt sich für den Senat kein entscheidender qualitativer Unterschied dadurch, dass „nur“ fünf und nicht alle sieben Mitglieder der gegnerischen Gruppierung niedergeschlagen wurden.
47 
3.3 Auch die weiteren vom Kläger vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch. So erschöpft sich seine Berufungsbegründung über weite Strecken darin, der rechtlichen Würdigung des Verwaltungsgerichts die eigene Sichtweise und abweichende, teils bagatellisierende, auch in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Erklärungen („Unglücksrabe“) in Bezug auf einzelne Vorfälle entgegen zu setzen. Rechtsfehler zeigt der Kläger hiermit jedoch nicht auf. Auch soweit der Kläger die Ablehnung von in erster Instanz abgelehnten Beweisanträgen rügt, erschließt sich die Relevanz für das vorliegende Verfahren nicht. Denn der Senat prüft den Streitfall gemäß § 128 VwGO grundsätzlich umfassend und als zweites Tatsachengericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht in demselben Umfang wie das Verwaltungsgericht (vgl. Rudisile, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 07/2020, § 128 Rn. 4, 6; Blanke, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 128 Rn. 1 f.). Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen von Amts wegen bestehen jedoch nicht und sind vom Kläger nicht dargetan worden.
48 
Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seinen bereits vor dem Verwaltungsgericht formulierten Beweisantrag zum Vorfall am 22.12.2009 in K. erneut hilfsweise gestellt hat. Mit diesem hat er zum Beweis der Tatsache, dass es an vorgenanntem Tag nicht zu einem gewalttätigen Aufeinandertreffen zwischen Mitgliedern des Hells Angels MC und des Outlaws MC, sondern zu einer einseitigen Provokation durch den Hells Angels MC gekommen ist und die Mitglieder des Outlaws MC während der gesamten Prozessdauer mit der Polizei kooperiert haben, die Vernehmung des damaligen Polizeipräsidenten von K., hilfsweise die eines von diesem zu benennenden anderen sachkundigen Beamten der Polizei K., sowie die Vernehmung des Herrn ... als Zeugen beantragt.
49 
Dieser bedingte Beweisantrag, über den der Senat im Urteil entscheiden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.02.2018 - 2 B 56.17 -, juris Rn. 8), hat keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger – im Fall des Polizeipräsidenten bzw. anderen sachkundigen Polizeibeamten – die zu vernehmenden Zeugen hinreichend individualisiert und dargetan hat, dass die unter Beweis gestellte Tatsache auf eigener Wahrnehmung der Zeugen beruht. Denn es handelt sich um einen Ausforschungs- bzw. Beweisermittlungsantrag, dem zu folgen kein Anlass besteht.
50 
Ein solcher Antrag liegt nur in Bezug auf Tatsachenbehauptungen vor, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“, „ins Blaue hinein“, also „erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage“ erhoben worden sind. Eine Behauptung kann nicht schon dann als unerheblich behandelt werden, wenn sie nicht auf dem Wissen des Behauptenden, sondern auf einer Vermutung beruht. Denn ein Beteiligter wird häufig von einer entscheidungserheblichen Tatsache, die sich ihm als möglich oder wahrscheinlich darstellt, keine genaue Kenntnis haben. Wenn die Gegenseite der Vermutung aber mit einer plausiblen Erklärung entgegentritt, darf diese nicht einfach ignoriert werden. Dem Beteiligten ist zuzumuten, sich hiermit auseinanderzusetzen, etwa greifbare Anhaltspunkte zu benennen, die für seine Vermutung oder gegen die Erklärung der Gegenseite sprechen. Einer Behauptung, die ohne jede tatsächliche Grundlage erhoben worden ist und ohne ein Eingehen auf sie entkräftende Gegenbehauptungen aufrechterhalten wird, braucht das Gericht nicht nachzugehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.06.2017 - 6 B 54.16 -, NVwZ 2017, 1388 ; OVG NRW, Beschluss vom 18.05.2020 - 19 A 1178/19.A -, juris Rn. 12).
51 
So liegt der Fall jedoch hier. Zwar ist die Beklagte selbst der vom Kläger für entscheidungserheblich erachteten Tatsache nicht mit einer plausiblen Erklärung entgegengetreten. Hierfür bestand im vorliegenden Fall aufgrund des konkreten Verfahrensablaufs jedoch keine Veranlassung. Ein strukturelles Defizit bei der Arbeits- und Herangehensweise des LKA Baden-Württemberg und des Hessischen LKA, deren Stellungnahmen das Verwaltungsgericht herangezogen hat, lässt sich nicht feststellen. Die von den LKA gemachten Angaben wurden in 14 Fällen durch Beiziehung von Akten – durch den Senat sowie bereits durch das Verwaltungsgericht Karlsruhe in dem das parallel geführte Verfahren 6 S 756/19 betreffenden erstinstanzlichen Verfahren – auf ihre Validität geprüft. Nur in wenigen Fällen wurden in geringem Umfang Abweichungen in der Darstellung festgestellt, die indes, wie bereits dargelegt, nichts an dem Ergebnis der Gesamtschau aller Vorfälle ändern. Insofern bestehen auch keine vernünftigen Zweifel an der zutreffenden Wiedergabe des beschriebenen Vorfalls vom 22.12.2009 und stellt sich der Vortrag des Klägers ohne weitergehende belastbare Anhaltspunkte als bloße Behauptung „ins Blaue hinein“ dar. Dies gilt umso mehr, als die Stellungnahmen der LKA sich nicht zu dem Verursacher des Zusammenstoßes verhalten und sich ihnen ebenso wenig die Aussage entnehmen lässt, die Mitglieder des Outlaws MC hätten während der Prozessdauer nicht mit der Polizei kooperiert.
52 
Hinzukommt, dass selbst wenn man die unter Beweis gestellte Tatsache als wahr unterstellen wollte, auch der Vorfall am 22.12.2009 die wiederkehrenden gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern des Hells Angels MC und des Outlaws MC dokumentiert. Nach alledem fehlt es an Anhaltspunkten, die den Senat zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen veranlassen.
53 
Unabhängig davon ist der Senat auch deshalb nicht zur weiteren Aufklärung des Vorfalls in K. gehalten, weil selbst ein – unterstelltes – vorbildliches Verhalten der Mitglieder des Outlaws MC in der damaligen Situation nicht geeignet ist, das aus den zahlreichen weiteren Vorfällen gewonnene Gesamtbild zugunsten des Klägers zu verändern.
54 
3.4 Diese Verhaltensmuster von Mitgliedern des Outlaws MC – die aufgrund der Rivalitäten zwischen den einzelnen OMCG nicht nur als Täter, sondern auch als Geschädigte in Erscheinung getreten sind – haben auch in der jüngeren Vergangenheit ihre Fortsetzung gefunden (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 16 f.):
55 
3.4.1 So wurde nach Auskunft des LKA Baden-Württemberg am 17.03.2018 ein Mitglied des Outlaws MC Miltenberg nach der Einreise aus der Tschechischen Republik kontrolliert. Im Kofferraum lag eine weiße Plastiktüte mit insgesamt 887 Gramm Marihuana. In der Mittelkonsole des Fahrzeugs wurde darüber hinaus ein Klappmesser mit einer Klingenlänge von 9,5 cm aufgefunden. Das Mitglied des Outlaws MC wurde vom Landgericht Aschaffenburg zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Der Verurteilte ist nach wie vor Mitglied beim Outlaws MC Miltenberg.
56 
3.4.2 Im Rahmen eines Strafverfahrens gegen zwei hochrangige Mitglieder des Outlaws MC Donnersberg und des Outlaws MC Heidelberg wegen des Verdachts auf Waffenhandel wurden am 10.07.2018 Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt. Beim Präsidenten des Outlaws MC Donnersberg konnten in einem Kleiderschrank, der sich in einem Abstellraum im Erdgeschoss befand, eine Pump-Gun Walther SG68, ein Taser, ein Tierabwehrgerät K5946 mit mehreren Kartuschen sowie eine Pietro Beretta Gardone mit Kartusche aufgefunden werden. Beim Präsidenten des Outlaws MC Heidelberg lag ein entladener Trommelrevolver Luger im Holster in einer Nachttischschublade im Schlafzimmer. Die passende Munition (11 Schuss) befand sich ebenfalls in dieser Schublade. Beide Verfahren wurden am 28.12.2020 durch die Staatsanwaltschaft Zweibrücken gegen Auflagen nach § 153a StPO eingestellt. Der Nachweis des Waffenhandels konnte nicht mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit nachgewiesen werden.
57 
3.4.3 Am 25.09.2018 kam es zu einem Wohnungseinbruchsdiebstahl in 71034 Böblingen. Zwei Täter entwendeten aus der Wohnung 1.100 Euro Bargeld und etwa 30 Gramm Marihuana. Der Wohnungsinhaber wurde zuvor von einem Pärchen aus der Wohnung gelockt, indem ihm das Interesse an einem Betäubungsmittelkauf vorgetäuscht worden war. Am Folgetag verriet der Mann des Pärchens dem Wohnungsinhaber, wer tatsächlich in seine Wohnung einbrach. Ab diesem Zeitpunkt kam es zwischen den Tatbeteiligten und der Personengruppe um den Wohnungsinhaber zu mehreren Auseinandersetzungen. Am 04.11.2018 trafen sich drei Personen aus der Gruppe des Wohnungsinhabers mit zwei Mitgliedern des Outlaws MC Horb und man beschloss die Rückforderungen auf 1.700 Euro und 100 Gramm Marihuana zu erhöhen. Einem der Mitglieder des Outlaws MC (C.H.) sollten für dessen Hilfe Schulden in Höhe von 600 Euro, welche er bei einem aus der Gruppe um den Wohnungsinhaber noch hatte, erlassen werden. Am 05.11.2018 kam es dann zu einem Treffen zwischen Personen der Gruppe um den Wohnungsinhaber und insgesamt vier Mitgliedern des Outlaws MC auf der einen Seite und einem unbeteiligten Geldübergeber einer ersten „Rückzahlungsrate“ auf der anderen Seite. Dieser wurde von den Tatbeteiligten zur Übergabe des Geldes gebeten, da man selbst körperliche Übergriffe fürchtete. Die Tatbeteiligten wurden von den Mitgliedern des Outlaws MC und den weiteren Personen gesucht und in Böblingen angetroffen. Ein Mitglied des Outlaws MC soll hierbei eine Wollmütze mit den Clubinsignien und der C.H. soll seine Kutte getragen haben. C.H. habe dann einem aus der Gruppe der ursprünglichen Tatbeteiligten zwei Mal ins Gesicht geschlagen. Die Personen wurden aufgefordert, ihre Ausweise auszuhändigen, welche anschließend fotografiert wurden. Als Begründung wurde mitgeteilt, dass man jetzt ja wisse, wo die Personen wohnen und wenn das Geld und das Marihuana nicht im geforderten Umfang zurückgegeben werden, werde man Hausbesuche durchführen. Einer Zeugin (Freundin eines „Schuldners“) wurde die Verschleppung und Zuführung zur Zwangsprostitution in Tschechien angedroht, wenn ihr Freund die Forderungen nicht erfülle. Ein Mitglied des Outlaws MC drohte einem der Einbrecher, dass man ihn verschwinden lassen könne, sollte es nicht zur Übergabe kommen.
58 
Im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung wurden bei dem Mitglied des Outlaws MC Horb (C.H.) die mutmaßlich am 05.11.2018 getragene Kutte des Outlaws MC, sowie ein Messer und ein Schlagstock aufgefunden. Das Mitglied des Outlaws MC Horb, C.H., wurde vom AG Böblingen zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Ein Urteil gegen das zweite identifizierte Mitglied des Outlaws MC konnte nicht erfolgen, da dieser am 09.08.2019 im Clubheim des Outlaws MC Horb verstarb.
59 
Diese Geschehnisse wurden im Wesentlichen bereits vom Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil aufgegriffen (UA S. 20), konnten jedoch – ersichtlich aufgrund des Fortschreitens des Strafverfahrens – in der Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021 in den Einzelheiten konkretisiert werden (S. 18 f.).
60 
3.4.4 Ein Mitglied des Outlaws MC Miltenberg wurde am 11.01.2019 wegen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe, 111 Schuss Munition (9mm) und Betäubungsmitteln vom Amtsgericht Obernburg zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten und 2 Wochen verurteilt. Das Urteil wurde zur Bewährung ausgesetzt.
61 
3.4.5 Am 12.01.2019 überfiel das mit einer Schusswaffe bewaffnete Mitglied des Outlaws MC Miltenberg (welches am Tag zuvor vom Amtsgericht Obernburg verurteilt wurde) eine Tankstelle in Miltenberg. Er wurde am 21.08.2019 wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. Im Rahmen der Strafzumessung wurde strafschärfend festgestellt, dass das Mitglied des Outlaws MC Miltenberg bereits seit seiner Jugend vielfach, insbesondere einschlägig, vorbestraft ist und dass er die Tat nur einen Tag nach der Verurteilung durch das Amtsgericht Obernburg begangen hatte. Durch das Landgericht Aschaffenburg wurde festgestellt, dass an allen Verhandlungstagen mehrere Mitglieder des Outlaws MC zugegen waren. Der Verurteilte ist nach wie vor Mitglied beim Outlaws MC Miltenberg.
62 
3.4.6 Zwei damalige Mitglieder des Outlaws MC Ulm handelten zusammen mit weiteren Personen bewaffnet, gewerbs- und bandenmäßig mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Das Ermittlungsverfahren wurde zwischen Juli 2018 und Februar 2019 durch die Kriminalpolizei Neu-Ulm geführt. Im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen konnten 5,8 Kg Marihuana, 3,8 Kg Haschisch, 4,3 Kg Amphetamin, 0,75 Kg Kokain und 0,3 Kg MDMA beschlagnahmt werden. Darüber hinaus wurden an den verschiedenen Betäubungsmittelbunkern Waffen aufgefunden. Hierunter eine Schreckschusswaffe, eine Signalpistole, zwei scharfe Schusswaffen und eine zur scharfen Schusswaffe umgebaute Schreckschusswaffe mit Schalldämpfer. Die beiden damaligen Mitglieder des Outlaws MC wurden (neben den weiteren Bandenmitgliedern) vom Landgericht Memmingen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Der hauptbeschuldigte Drahtzieher erhielt eine Freiheitsstrafe in Höhe von 8 Jahren, sein Komplize wurde zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt.
63 
3.4.7 Am 26.01.2020 teilte eine Zeugin mit, dass ihrem Nachbarn in der vergangenen Nacht ein abgetrennter Schweinekopf auf einen Balkon geworfen wurde. Die eingesetzten Polizeibeamten konnten außerdem beschädigte Außenleuchten, Eingangstüren und Fenster feststellen. Der Angriff galt einem Mitglied des Outlaws MC Freiburg, dem Nachbarn der Anzeigeerstatterin. Hintergrund war ein im Raum Freiburg schwelender Konflikt zwischen dem wiedereröffneten Chapter des Outlaws MC und dem etablierten ortsansässigen City Cobras Freiburg MC. Bei dieser Gruppierung handelt es sich um eine in Freiburg ansässige Rockergruppierung. Die City Cobras Freiburg MC stehen als Supportergruppierung des Hells Angels MC Black Forest in direkter Konkurrenz zum Outlaws MC. Die zuständige Ortspolizeibehörde ordnete eine Gefährderansprache für beide Gruppierungen an und bat das Polizeipräsidium Freiburg um Amtshilfe. Die Gefährderansprachen wurden durch die Kriminalpolizei Freiburg bei den beiden Präsidenten der genannten Gruppierungen durchgeführt.
64 
3.4.8 Darüber hinaus manifestiert sich auch in der mit der Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021 vorgelegten aktualisierten Übersicht zur Delinquenz der Mitglieder des Outlaws MC in Baden-Württemberg, dass diese weiterhin in nicht unerheblichem Maße strafrechtlich in Erscheinung treten und sogar schwerste Kapitalverbrechen verwirklichen. Zwar hat das LKA Baden-Württemberg die absolute Zahl der Delikte, die Gegenstand polizeilicher Ermittlungen waren, in seiner gegenüber dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erteilten Stellungnahme vom 27.10.2017, die mit Verfügung vom 18.03.2021 auch in das vorliegende Berufungsverfahren eingeführt wurde, noch mit 284 bezeichnet, während in der gegenüber dem Senat erfolgten Stellungnahme vom 09.04.2021 nur von 205 Vorgängen die Rede ist (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 27.10.2017, S. 17 f.; Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 24). Dies kann indes nur bei isolierter Betrachtung als „positive Entwicklung“ angesehen werden. Denn wie sich aus den Stellungnahmen des LKA Baden-Württemberg ergibt, hat sich die Zahl der Mitglieder in Baden-Württemberg im hier zugrunde gelegten Beobachtungszeitraum von ca. 170 auf 137 reduziert. Dabei ist die Zahl der ermittlungsrelevanten Vorgänge im Vergleich zur Anzahl der Mitglieder, zu denen kriminalpolizeiliche Erkenntnisse vorliegen, im Durchschnitt von 4,98 auf 5,54 sogar angestiegen.
65 
Dies belegt in der Gesamtschau eindrucksvoll die fehlende Bereitschaft zu einer das Gewaltmonopol des Staates achtenden Lösung von Konflikten mit anderen OMCG oder Dritten. Aufgrund der Fülle an gewaltsamen Auseinandersetzungen und der verwirklichten Straftaten kann dahinstehen, ob – wie der Kläger pauschal im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat behauptet hat – der unter 3.4.6 dargestellte Vorfall auf Personen zurückgeht, die bereits Jahre vor den beschriebenen Ereignissen den Outlaws MC, Chapter Ulm verlassen mussten. Zu einer anderen Bewertung kann die Außerachtlassung dieses Vorfalls aus vorgenannten Gründen zur Überzeugung des Senats nicht führen. Auch die pauschale Behauptung, die seitens des Verwaltungsgerichts beigezogenen Strafakten hätten bestätigt, dass es sich in vielen Fällen um Supporter der Outlaws MC gehandelt habe, lässt sich mit den tatsächlichen Gegebenheiten ebenso wenig in Einklang bringen wie die vom Kläger geäußerte Vermutung, es seien überwiegend Dritte involviert gewesen, die lediglich freiverkäufliche Kleidung mit Emblem des Outlaws MC getragen hätten.
66 
Es besteht darüber hinaus, wie bereits ausgeführt, kein Anlass, an der Richtigkeit und Vollständigkeit des zusammengetragenen Materials seitens des LKA Baden-Württemberg zu zweifeln. Durchgreifende Zweifel ergeben sich auch nicht deshalb, weil im Zuge der Beiziehung von Akten zu Strafverfahren, die den Stellungnahmen des LKA Baden-Württemberg und des Hessischen LKA zugrunde liegen, aufgrund der vorstehenden Feststellungen in zwei Fällen keine Zuordnung zu Mitgliedern des Outlaws MC verifiziert werden konnte. Diese Abweichungen erlangen in Anbetracht der Vielzahl der Vorfälle und der weiteren Erkenntnisse kein derartiges Gewicht, dass sie die Belastbarkeit der Stellungnahmen des LKA Baden-Württemberg und des Hessischen LKA ernstlich in Frage stellen könnten.
67 
4. Bei diesen zahlreichen Ereignissen handelt es sich nicht lediglich um lose nebeneinanderstehende, in unterschiedlichem Maße strafrechtlich relevante Vorgänge. Sie finden ihren Ursprung in den besonderen Strukturmerkmalen von OMCG, die auch beim Outlaws MC insgesamt anzutreffen sind (dazu 4.1). Es fehlt weiterhin an einer umfassenden und glaubwürdigen Distanzierung hiervon (dazu 4.2).
68 
4.1 Zu den besonderen, den Outlaws MC prägenden Strukturmerkmalen hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 07.12.2017 - 4 A 814/17 -, juris Rn. 42 f., 64 ff., jeweils m.w.N.) bereits ausgeführt:
69 
Der „Outlaws MC“ agiert dabei in einem Umfeld, das ein bedeutsames Konfliktpotential in sich trägt. Das besondere Konfliktpotential besteht auf Seiten des „Outlaws MC“ A wie auch bei den übrigen OMCG - im Verhältnis zu den anderen OMCG. Dabei kommt es vor, dass Mitglieder anderer OMCG schon bei der bloßen - unerlaubten - Anwesenheit im Einflussgebiet eines anderen OMCG mit Drohungen oder körperlicher Gewalt bis hin zum Waffeneinsatz konfrontiert werden. Dieses Konfliktpotential beruht auf einer Verteidigung von Gebietsansprüchen, das - zumindest - im Sinne eines Revierverhaltens verstanden werden kann (...). So wird beispielsweise im Falle von Neugründungen von Motorradclubs ausdrücklich empfohlen, sich mit bereits am Ort ansässigen Clubs „abzusprechen“, wobei eine Anzeige in den Biker News hilfreich sei (...). Bestätigt wird diese Einschätzung durch die Angaben des Klägers. Dieser hat dem Gericht gegenüber auf Nachfragen bekundet, dass im Falle geplanter Aktivitäten, beispielweise Feiern, eine Anzeige gegenüber den anderen Clubs erfolge.
70 
Die Beziehungen der OMCG untereinander variieren von Neutralität bis hin zu offener Feindschaft. Dabei bestehen Feindschaften des „Outlaws MC“ vor allem aber nicht nur im Verhältnis zum „Hells Angel MC“ (...). In Anlehnung an das seit 1969 bestehende Clubmotto der zunächst in den USA gegründeten „Outlaws Nation“ „God Forgives, Outlaws Don't“ – „Gott vergibt, Outlaws nicht“ - (...) zieht dabei eine Streitigkeit die nächste nach sich im Sinne einer gelebten Rachekultur, die im Wesentlichen auf Selbstjustiz setzt. Streitigkeiten werden dabei regelmäßig auch mit Gewalt ausgetragen. In der Vergangenheit wurden mehrfach Mitglieder des „Outlaws MC“ - auch an sich Unbeteiligte Mitglieder im Rahmen von Racheakten - angegriffen oder griffen ihrerseits Mitglieder anderer OMCG an.
71 
Aufgrund der besonderen Strukturmerkmale der OMCG, die auch beim „Outlaws MC“ festzustellen sind, besteht auch bei jeder einer regionalen Gruppierung zugehörigen Person nach aller Lebenserfahrung die nicht ferne liegende Möglichkeit, dass der Betroffene künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG a.F. begehen wird. Denn wesentliches Strukturelement auch des „Outlaws MC“ ist, dass nach erfolgter Aufnahme als vollwertiges Mitglied eine auf Dauer angelegte besondere Loyalität nicht nur der Mitglieder des „Outlaws MC“ für den einzelnen, sondern auch des Einzelnen für alle Mitglieder erwartet und gelebt wird (...) und sich diese besondere Loyalität auf alle Mitglieder des „Outlaws MC“ über regionale Gruppierungen hinaus erstreckt (...). Durch die überregionale Vernetzung, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass auch Mitglieder von Chaptern, in denen bislang kein Mitglied gegen waffen- oder strafrechtlichen Regelungen verstoßen hat, in die Konflikte anderer Chapter oder Mitglieder hineingezogen zu werden (...).
72 
Prägend für diese Loyalität ist, dass bei allen OMCG die Gemeinschaft der Mitglieder im Vordergrund steht. Diese Gemeinschaft bedeutet ein lebenslanges Zueinandergehören und Füreinandereinstehen. Nach außen wird dies durch das Tragen gleicher Kleidung bzw. Abzeichen dokumentiert (...). Das Tragen der gemeinschaftsstiftenden Kleidung, der sogenannten Kutte mit den Abzeichen, erfordert eine Berechtigung aufgrund der Mitgliedschaft, für die wiederum das aktive sich Einbringen für die Gemeinschaft Voraussetzung ist, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigte.
73 
Die besondere Betonung der Zusammengehörigkeit, die über den Ausdruck der Zusammengehörigkeit in anderen Vereinen hinausgeht, in denen sich Personen zur Pflege eines gemeinsamen Hobbys zusammenfinden und Symbole ihrer gleichgelagerten Interessen nutzen, findet ihren Ausdruck auch in der hervorgehobenen Verpflichtung zur Teilnahme am gemeinschaftlichen Leben (...). Diese Betonung der Teilnahmepflicht hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt. Auf Befragen gab er an, dass für das Fortbestehen der Mitgliedschaft essentiell sei, regelmäßig an Veranstaltungen des Chapters und auch des Bundesverbandes teilzunehmen. Zwar könne es gelegentlich vorkommen, dass ein Mitglied aus persönlichen Gründen an einer Teilnahme verhindert sei. Grundsätzlich sei eine regelmäßige Teilnahme an gemeinschaftlichen Aktionen aber nicht nur gewünscht, sondern führe im Falle der Säumnis zum Ausschluss. Dies sei auch beim „Outlaws MC Friedberg“ schon einmal vorgekommen, was der Kläger wortreich und anschaulich schilderte.
74 
Der über eine gemeinsame Hobbypflege hinausgehende Zusammenhalt der Mitglieder der fast ausschließlich männlich dominierten OMCG dokumentiert sich ferner in dem Verständnis als „Familie“. Mitglieder der OMCG bezeichnen und verstehen sich als „Brothers“ und betonen auch damit eine starke lebenslange Verpflichtung füreinander (...). Die Dauerhaftigkeit der Verpflichtung füreinander kommt dabei in der bei den übrigen OMCG und auch beim „Outlaws MC“ verwendeten Buchstabenkombinationen „OFFO“, die für „Outlaws forever - forever Outlaws“ steht, zum Ausdruck.
75 
Die besondere Bedeutung der Gemeinschaft wird auch in dem restriktiven Aufnahmeverfahren deutlich. Da grundsätzlich die Mitgliedschaft auf Dauer angelegt ist, ist der Aufnahmeentscheidung regelmäßig ein über Stufen verlaufendes Verfahren vorgeschaltet. Dies soll gewährleisten, dass nur Mitglieder aufgenommen werden, die zur dauerhaften Verpflichtung füreinander tatsächlich bereit sind. Die Aufnahme setzt regelmäßig eine ggf. über mehrere Stufen verlaufende Anwartschaft voraus, bevor die so genannte Vollmitgliedschaft erlangt wird. Das Verfahren kann sich über mehrere Jahre hinziehen. In der Regel werden interessierte Anwärter als „Hangarounds“ bezeichnet und allenfalls geduldet, sie gelten als Anhänger einer OMCG. Aus ihnen rekrutieren sich die sogenannten ernsthaften Anwärter, die als „Prospects“ bezeichnet werden. Beendet wird diese Zeit mit der Aufnahme als sogenanntes Vollmitglied. Dieses wird „Member“ genannt. Hierbei verpflichtet sich das Vollmitglied gegenüber der jeweiligen OMCG - nicht nur gegenüber dem jeweiligen Chapter - zu einer lebenslangen Zugehörigkeit und bedingungslosen Loyalität. Maßgeblich bestimmend für diese Loyalität ist der streng hierarchische Aufbau (...).
76 
Zur hierarchischen Struktur gehört auch, dass für das Verhalten der Mitglieder ein ungeschriebener Ehrencodex gilt. Dieser fordert unbedingten Gehorsam gegenüber höherrangigen Mitgliedern und übergeordneten Strukturen auch im Sinne einer Beistandspflicht (...). Diese auf polizeilichen Ermittlungen und Erfahrungswerten beruhende Einschätzung ist nach Auffassung des Gerichts durch die Angaben des Klägers bestätigt worden. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Fragen nach einem Ehrenkodex angegeben, dass ihm bekannt sei, dass von einem solchen „erzählt“ werde. Dass es einen solchen Ehrenkodex aber nur als gleichsam historisches Gerücht gebe, diesem nur floskelhafte Bedeutung zukomme, er aber aktuell nicht gelte und nicht beinhalte, sich übergeordneten Strukturen, insbesondere dem Bundesverband, unterzuordnen, konnte für das Gericht nach den Einlassungen des Klägers damit nicht belegt werden.
77 
Die Geltung der Loyalitätsverpflichtung über die regionalen Gruppierungen hinaus kommt in der Vernetzung aller zu den „Outlaws MC“ gehörenden Mitglieder zum Ausdruck und wird durch die starken nationalen und internationalen Bindungen der einzelnen Organisationseinheiten - im Falle des „Outlaws MC“ der Chapter - untereinander deutlich (...). Dabei haben sich die nationalen Chapter jedenfalls einer für Deutschland („Outlaws MC Germany“) bestehenden Hierarchie unterzuordnen, was bereits durch die Einbindung über die Satzungsregelungen erfolgt. So können - so der Kläger in der mündlichen Verhandlung - die einzelnen Chapter nur in dem vom Bundesverband vorgegebenen Rahmen Regelungen treffen. In der Bundessatzung enthaltene Regelungen sind auch für die örtlichen Mitglieder maßgeblich. Der Kläger führte zudem aus, dass dem Bundesvorstand auch die Kompetenz zukomme, bei internen Streitigkeiten innerhalb eines Chapter zu schlichten.
78 
Die über das regionale Chapter hinausgehende Vernetzung aller Mitglieder drückt sich auch in den bundes-, europa- und sogar weltweit für Mitglieder des „Outlaws MC“ organisierten diversen Veranstaltungen aus. Dabei kommen Mitglieder zwangsläufig in Berührung mit den Mitgliedern anderer Chapter und es werden Verbindungen geknüpft (...). Der Kläger selbst schilderte insoweit bestehende freundschaftliche Verbindungen zu anderen Chaptern.
79 
Das Bestehen dieser bestimmenden Strukturmerkmale deckt sich mit den mehrjährigen Erkenntnissen des LKA Baden-Württemberg. Dieses berichtet ebenfalls davon, dass die Betroffenen ihre Loyalität gegenüber dem Club auf vielfältige Art beweisen müssen, um in eine jeweils höhere Rangstufe zu gelangen (vgl. Stellungnahmen des LKA Baden-Württemberg vom 27.10.2017 und vom 09.04.2021, jeweils S. 9). Und weiter (Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 9):
80 
Dies schließt auch die Begehung von Straftaten mit ein. Sie bewegen sich im Club in einem hierarchisch geprägten Unterstellungsverhältnis. Deshalb besteht nicht nur bei herausgehobenen Funktionsträgern, sondern gerade auch bei einfachen Mitgliedern und Anwärtern die besondere Gefahr von kriminellen Aktivitäten und damit einhergehendem missbräuchlichen Waffeneinsatzes um sich im Sinne des Clubs zu bewähren.
81 
Aufgrund des streng hierarchischen Aufbaus innerhalb der OMCG sowie der damit verbundenen Über- und Unterordnungsregeln kann davon ausgegangen werden, dass ein vereinsbezogenes Handeln der Prospects und Hangarounds nicht ohne Kenntnis der Verantwortlichen stattfindet. Auch wird im Zusammenhang mit Angelegenheiten des Clubs kein Handeln ohne die Erlaubnis oder zumindest die Kenntnisnahme des Präsidenten oder seinem Vertreter erfolgen.
82 
Zwar gesteht auch das LKA Baden-Württemberg zu, dass die Europäische Satzung der American Outlaws Association vorschreibt, dass kriminelle Handlungen der Mitglieder oder Aufforderungen hierzu nicht geduldet werden. Es konstatiert aufgrund der ihm vorliegenden Erkenntnisse jedoch ebenfalls (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 10, 24):
83 
Der Outlaws MC vermittelt wie andere OMCG vordergründig das Bild einer elitären Bruderschaft, in dem Ehre und gegenseitiger Respekt, brüderliche Unterstützung in jeder Lebenslage sowie die Unantastbarkeit von herausragender Bedeutung sind und dass alle Outlaws Mitglieder unter dem Schutz des Clubs stehen. Der Outlaws MC sieht in seinen Clubregeln vor, dass straffällig gewordene Mitglieder ausgeschlossen werden.
84 
Die Realität stellt sich jedoch anders dar.
85 
Hier liegen keine Erkenntnisse vor, dass straffällige Mitglieder aufgrund begangener Straftaten aus dem Club ausgeschlossen wurden. Ein Mitglied des Outlaws MC Esslingen wurde offenkundig nicht wegen seiner Straffälligkeit, sondern als Reaktion auf seine Aussage vor dem Landgericht Kleve, aus dem Club ausgeschlossen. Sein ebenfalls verurteilter Auftraggeber ist immer noch Mitglied beim Outlaws MC Stuttgart.
...
86 
Der Verein führt, wie dargestellt, das 1%er-Patch und distanziert sich entgegen seiner Satzung regelmäßig nicht von straffälligen Mitgliedern. Die Mitglieder können bei der Begehung von Straftaten und auch in der Folge auf die Unterstützung des Vereins zählen. Insbesondere wenn hierbei die „Kutte“ getragen wurde.
87 
Alle Mitglieder des Outlaws MC müssen, wie der Vorfall vom 15.10.2010 in Bad Kreuznach zeigt, damit rechnen, vom Club zur Verteidigung von Vereinsinteressen herangezogen zu werden. In diesen Fällen muss mit der Verwirklichung von Straftatbeständen, insbesondere von Rohheits-, Waffen- und Nötigungsdelikten gerechnet werden.
88 
Grundsätzlich muss festgestellt werden, dass im Bereich der Rockerkriminalität ein hohes Dunkelfeld verzeichnet wird, da das Anzeigeverhalten im Rockerumfeld bzw. gegen Rocker allgemein sehr zurückhaltend ist. Insbesondere wenn die „Kutte“ als Abschreckung oder zur Einschüchterung getragen wurde oder die Mitgliedschaft des Täters in einem Rockerclub bekannt ist. Die „Erinnerungslücken“ des Zeugen vom Sachverhalt am 15.09.2010 im Zusammenhang mit den Mitgliedern des Chapter Outlaws MC Horb lassen auf diese Wirkung schließen. Hinzu kommt das innerhalb der Rockerszene streng beachtete und sanktionierte „Gesetz des Schweigens“.
89 
Des Weiteren legt auch das LKA Baden-Württemberg nachvollziehbar und im Einzelnen dar, warum dem Outlaws MC Gebietsansprüche und deren Geltendmachung gegenüber anderen zu eigen sind, wenngleich weiterhin keine offenen territorialen Konflikte unter den OMCG zu verzeichnen sind (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 27 f.).
90 
Auch der Kläger hat die Bedeutung der (Pflicht-)Treffen innerhalb des Outlaws MC bestätigt und von dem sich über einen längeren Zeitraum hinziehenden Aufnahmemodus berichtet. Zum Umgang mit straffälligen Mitgliedern hat er im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dies führe zum Ausschluss, wenn jemand den Club schädige und dadurch nicht mehr tragbar geworden sei. Allerdings gab er relativierend an, man schaue sich genauer an, was passiert sei. Die meisten bekämen eine zweite Chance; es komme auf die Straftat an. Wenn diese dem Club schade, sei das Mitglied nicht mehr tragbar. Anders könne es aussehen, wenn jemand beispielsweise „seine Frau ohrfeigt“. Auch das vom Bevollmächtigten des Klägers als „Unglücksrabe“ bezeichnete Mitglied des Outlaws MC, Chapter Miltenberg, das am 12.01.2019 eine Tankstelle überfallen und im Nachgang wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden ist, könne man „nicht hängenlassen“; was danach geschehe, werde man sehen. Vor diesem Hintergrund muss nicht der Frage weiter nachgegangen werden, ob – wie es das Verwaltungsgericht Stuttgart angenommen hat – im Outlaws MC eine sog. Jailliste geführt wird, in der die inhaftierten Mitglieder nebst Anschrift der Justizvollzugsanstalt aufgeführt werden, um eine Unterstützung durch die Club-Kameraden zu ermöglichen. Dass das Verwaltungsgericht Karlsruhe dies – wie der Kläger meint – im Parallelverfahren als Erfindung des LKA „entlarvt“ hätte, kann der Senat gleichwohl nicht erkennen.
91 
Den vorgenannten Feststellungen und über mehrere Jahre hinweg gewonnenen Erkenntnissen sowie Erfahrungswerten schließt sich der Senat vollumfänglich an. Danach steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass die Begehung von Straftaten bzw. die Ausübung von Gewalt gegenüber Dritten oder anderen OMCG ein prägendes Strukturmerkmal des Outlaws MC darstellt. Die gewaltsamen Angriffe auf Außenstehende bzw. gewalttätigen Auseinandersetzungen haben nicht nur in der Vergangenheit zum spezifischen Erscheinungsbild des Outlaws MC gehört. Sie sind nach den vorliegenden Erkenntnismitteln auch weiterhin immanenter Bestandteil des „Vereinslebens“.
92 
Dem steht entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht der vom LKA Baden-Württemberg vorgelegte interne Bericht von (ehemaligen) Mitgliedern des Outlaws MC entgegen. Er bestätigt vielmehr die den Outlaws MC bestimmenden Strukturmerkmale, sodass der Senat der Auffassung des Klägers, Sachverhalte würden einseitig oder überzogen geschildert, nicht zu folgen vermag.
93 
So veranschaulicht der Bericht, der Äußerungen verschiedener Chapter in sich vereint, die zwischen den einzelnen Chaptern bestehenden Interdependenzen. In den dort teils wiederholt gewählten Formulierungen kommt zudem die auf eine enge Verbundenheit und Loyalität angelegte Zusammengehörigkeit („Bruder“) und die Betonung der „Eigenschaft“ der „1%er“ in Abgrenzung zu Dritten zum Ausdruck. Mitglieder anderer OMCG werden als „Konkurrenten“ bezeichnet, gleichzeitig wird deutlich gemacht, dass sich die Mitglieder des Outlaws MC der „Liga der Big 5“ zuordnen und damit auf Augenhöhe mit den weiteren „1%er“ OMCG sehen. Auch anhand dessen zeigt sich, dass die Äußerung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, für ihn habe das entsprechende Patch keine besondere Bedeutung und er habe keinen besonderen Bezug hierzu, lediglich eine Schutzbehauptung darstellt, mit der (auf persönlicher Ebene) eine Bagatellisierung herbeigeführt werden soll.
94 
Ebenso zeigt sich unter anderem anhand der sinngemäßen Äußerung in Bezug auf einen „Verräter“, der Spruch „God forgives – Outlaws don´t“ werde ins Lächerliche gezogen, die Erwartungshaltung, dass auf vermeintliche Verstöße oder Angriffe von außen unter Missachtung des staatlichen Gewaltmonopols eine Reaktion des Outlaws MC folgt. So wird etwa moniert, dass bei anderen Clubs „Reaktionen auf Aktionen“ folgen, während umgekehrt das Ausbleiben von Konsequenzen („Es hatte keine Konsequenzen“ / „Brüder im Stich gelassen“) missbilligt wird. Insoweit fügt sich ein, dass das Untätigbleiben bei einer Auseinandersetzung mit Mitgliedern des Hells Angels MC als Versagen (dies hatte mutmaßlich das Ausscheiden der betreffenden Person aus dem Outlaws MC zur Folge) und – in einem anderen Fall – die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft als Verrat aufgefasst werden. Letzteres spiegelt sich auch in der Allgemeinen Satzung des Outlaws MC Germany wider, nach der eine „nicht beschlossene Zusammenarbeit mit jeglichen Behörden“ zu einem unehrenhaften Ausschluss führen kann. Dass es sich hierbei, wie der Kläger meint, lediglich um eine uralte Richtlinie handeln solle, erscheint dem Senat in Ansehung des internen Berichts und der Erkenntnisse des LKA Baden-Württemberg nicht nachvollziehbar.
95 
An der Authentizität des internen Berichts hat der Senat keine Zweifel. Auch das LKA Baden-Württemberg hat im Rahmen seiner Stellungnahme vom 09.04.2021 ausführlich und plausibel dargelegt, aus welchen Gründen es von der Echtheit des Dokuments ausgeht. Hierauf wird verwiesen (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 22 f.). Gegenteiliges hat auch der Kläger nicht behauptet, sondern lediglich vorgetragen, der Bericht stamme von einer „Gruppe interner Kritiker, die später zu einem anderen Club gewechselt sind“.
96 
Die Praxis der gewaltsamen Austragung von szenetypischen Rivalitäten und Konflikten mit anderen Rockergruppierungen, aber auch die Gewalt gegenüber Dritten ist danach als wesensprägendes Strukturmerkmal des Outlaws MC anzusehen.
97 
Der in diesem Zusammenhang hilfsweise gestellte Beweisantrag des Klägers, ein statistisches Gutachten bei einem anerkannten Kriminologen oder Rechtssoziologen zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass die waffenbezogene Delinquenz eines Mitglieds des Outlaws MC nicht signifikant abweicht von der waffenbezogenen Delinquenz des Bevölkerungsdurchschnitts, bleibt ebenfalls ohne Erfolg, da die unter Beweis gestellte Tatsache für die Entscheidung ohne Bedeutung ist (§ 244 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO analog; s. hierzu BVerwG, Beschluss vom 18.10.2012 - 8 B 18.12 -, NVwZ-RR 2013, 125 ).
98 
4.2 Eine umfassende und glaubhafte Distanzierung von den gewaltsamen Angriffen auf Außenstehende oder gewalttätigen Auseinandersetzungen mit anderen Motorradclubs in der Vergangenheit hat bisher nicht stattgefunden.
99 
Hierzu hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem erstinstanzlichen Urteil vom 19.02.2019 (8 K 3269/16) zum parallel geführten Verfahren 6 S 756/19 ausgeführt:
100 
Nach den Ausführungen des Landeskriminalamts Baden-Württemberg ist zwar in der Europäischen Satzung der American Outlaws Association, die die Regeln des Outlaws MC beinhaltet, festgehalten, dass kriminelle Handlungen der Mitglieder oder Aufforderungen hierzu nicht geduldet werden. Auch vermittle der Outlaws MC wie andere OMCGs vordergründig das Bild einer elitären Bruderschaft, in dem Ehre und gegenseitiger Respekt, brüderliche Unterstützung in jeder Lebenslage sowie die Unantastbarkeit von herausragender Bedeutung seien. Auch sehe der Outlaws MC in seinen Clubregeln vor, dass straffällig gewordene Mitglieder ausgeschlossen würden. Dies stelle sich in der Realität jedoch anders dar. Es lägen keine Erkenntnisse vor, dass straffällige Mitglieder aufgrund begangener Straftaten aus dem Club ausgeschlossen worden seien. Ein Mitglied des Outlaws MC Chapter Esslingen sei offenkundig nicht wegen seiner Straffälligkeit (vgl. Vorfall 20), sondern als Reaktion auf seine Aussage vor dem Landgericht Kleve, aus dem Club ausgeschlossen worden. Sein ebenfalls verurteilter Auftraggeber sei immer noch Mitglied des Outlaws MC Chapter Stuttgart (vgl. LKA Baden-Württemberg, Amtliche Auskunft vom 27.10.2017, S. 10). Auch wurden nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes ein Prospect sowie ein Hangaround trotz der Verurteilung zu Freiheitsstrafen wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (vgl. Vorfall 7) später als Member aufgenommen (vgl. LKA Baden-Württemberg, Amtliche Auskunft vom 27.10.2017, S. 19). Auch der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2018 bestätigt, dass der betreffende Prospect mittlerweile Mitglied des Outlaws MC sei.
101 
Dass ein gewaltsamer Angriff auf andere Rockergruppen nicht konsequenterweise zum Ausschluss führt, zeigt auch der unter (2) dargestellte Vorfall, bei dem die beiden Angeklagten am 03.04.2010 Schüsse auf eine Gaststätte abgegeben hatten, in der sie die verfeindete Gruppierung Red Devils vermuteten. Aus der aufgrund des Beweisantrags Nr.12a beigezogenen Akte des Amtsgericht Villingen-Schwenningen (- Ls 26 Js 12672/11 jug. -) ergibt sich zwar, dass die beiden Angeklagten zum Zeitpunkt der Verurteilung keine Mitglieder des Outlaws MC mehr waren. Dies steht nach der Überzeugung der Kammer jedoch nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Straftat. Denn ein Angeklagter gab an, er sei seit Ende 2008 Prospect gewesen und im November 2010, das heißt nach der Tat, Vollmitglied geworden. Er habe wegen verschiedener Probleme mit anderen Mitgliedern im Februar 2011 in das Chapter Schweiz gewechselt, das er wegen einer Auseinandersetzung mit einem Prospect dann verlassen habe (vgl. Akte AG Villingen-Schwenningen - 9 Ls 26 Js 12672/11 jug. -, Bl. 621).
102 
Auch die Angabe des als Zeugen in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2018 vernommenen Präsidenten des Outlaws MC Chapter Bad Kreuznach, der frühere Seargent at Arms des Chapters Bad Kreuznach sei unmittelbar nach der Urteilsverkündung am Landgericht Mainz durch Beschluss des Chapters ausgeschlossen worden, da dieser Waffen im Clubhaus deponiert habe (vgl. Vorfall 5), belegt nicht, dass der Outlaws MC sich umfassend und konsequent von Straftaten distanziert. Denn andere Mitglieder des Outlaws MC Chapter Bad Kreuznach, unter anderem der Zeuge, wurden ebenfalls wegen waffenrechtlicher Verstöße und wegen gefährlicher Körperverletzung vom Landgericht Mainz zu Freiheitsstrafen verurteilt (vgl. LG Mainz, Urteil vom 31.01.2013 - 3330 Js 30659/10-1 KLs -); sie wurden jedoch trotz der Beteiligung an einem gewaltsamen Angriff auf Mitglieder eines anderen Motorradclubs nicht aus dem Outlaws MC ausgeschlossen.
103 
Der Vortrag des Klägers, das Chapter Main-Tauber sei wegen der unter (9) dargestellten Vorfälle aufgelöst worden, überzeugt das Gericht nicht. Die Tatsache, dass das Chapter aufgelöst wurde, kann zwar als wahr unterstellt werden. Dies hat auch die amtliche Auskunftsperson KOK ... in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2018 bestätigt. Nach dessen glaubhaften Angaben wurde das Chapter jedoch erst zum Jahreswechsel 2016/2017 aufgelöst. Die Vorfälle hatten jedoch bereits 2012 stattgefunden. Es wird daher von der Kammer als fernliegend angesehen, dass diese Vorfälle der Grund für die Auflösung des Chapters waren.
104 
Auch die Aussage des in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2018 als Zeugen vernommenen Präsidenten des Outlaws MC Chapter Bad Kreuznach, er habe von den Vorstandsmitgliedern des Outlaws MC Deutschland erfahren, dass das Chapter Ahrweiler geschlossen worden sei, belegt nicht, dass die Schließung des Chapters aufgrund einer grundsätzlichen Distanzierung von Straftaten erfolgt ist. Denn weitere Ausführungen, insbesondere zu den Hintergründen der Schließung, hat der Zeuge nicht gemacht. Es ist ohne weiteres denkbar, dass die Schließung andere Hintergründe gehabt hat, wie etwa Meinungsverschiedenheiten oder die Nichtbefolgung von Weisungen.
105 
Im Übrigen reichen nach Überzeugung der Kammer nur vereinzelte Ausschlüsse von Mitgliedern nicht aus, um von einer umfassenden und konsequenten Distanzierung des Outlaws MC von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Konfliktlösungen, wie sie oben dargestellt wurden, ausgehen zu können.
106 
Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich der Senat an (so auch im Urteil vom heutigen Tag im Parallelverfahren 6 S 756/19).
107 
Auch dem Vortrag des Klägers im vorliegenden Verfahren ist keine glaubhafte Distanzierung von den gewalttätigen Auseinandersetzungen sowie dem straffälligen Verhalten von Clubmitgliedern zu entnehmen. Die wiederholte Angabe, dass es nur dann sicher zu einem Ausschluss eines Mitglieds komme, wenn die strafbare Handlung dem Club schade, spricht insoweit für sich. Auch die Bezeichnung des Mitglieds, das am 12.01.2019 mit einer Schusswaffe eine Tankstelle überfiel, als „Unglücksrabe“ ist ersichtlich verharmlosend und widerspricht dem Vortrag des Klägers, im Rahmen der Aufnahmephase wolle man beobachten, ob das künftige Mitglied straffrei lebe. Denn nach den Feststellungen des LKA Baden-Württemberg (unter Bezugnahme auf das Strafurteil) war dieses Mitglied bereits seit seiner Jugend – und damit vor der Aufnahme in den Outlaws MC – vielfach und einschlägig vorbestraft. Gleichwohl wurde es seinerzeit aufgenommen und ist weiterhin Mitglied. Schließlich spricht auch die Anmerkung des Klägers zum dargelegten Vorfall vom 15.10.2010 in Bingen, Motorradfahrer seien „nun einmal etwas robuster in ihren Umgangsformen“, gegen eine belastbare Distanzierung von gewalttätigem Verhalten.
108 
Jenseits der Behauptungen des Klägers fehlt es auch an Anhaltspunkten dafür, dass die in dem internen Bericht kritisierte mangelnde Schlagkräftigkeit des Outlaws MC dessen Neuausrichtung – namentlich der „demokratischen und ruhigen Art“, wie es der Kläger formuliert hat – geschuldet ist. Der Vortrag des Klägers ist hier wie auch an anderer Stelle als verfahrensangepasst zu werten. So hat der Kläger etwa im Rahmen seiner Berufungsbegründung die Gebietsansprüche von OMCG als „Erfindung der Polizei“ abgetan, während er in Reaktion auf den internen Bericht den „radikalen Führungswechsel“ darauf zurückgeführt hat, dass die „alten Kader, für die so etwas wie Revierkämpfe noch zum Bild des 1%ers gehörten“, abgelöst worden seien.
109 
In dem Bericht wird vielmehr eine Zerrissenheit innerhalb des Outlaws MC deutlich, die auf persönlichen Abneigungen zu beruhen scheint. Ein „Strategiewechsel“ manifestiert sich hierin jedoch gerade nicht. Auch im Übrigen fehlt es an (offiziellen) Verlautbarungen, die als umfassende und glaubhafte Distanzierung von dokumentierten, bis in die jüngste Vergangenheit reichenden gewaltsamen Zusammenstößen mit Dritten oder anderen OMCG gewertet werden könnten.
110 
5. In Anbetracht der zuvor geschilderten Strukturen besteht nach allgemeiner Lebenserfahrung für Mitglieder des Outlaws MC – und mithin auch für den Kläger – das plausible Risiko, in gewaltsame Auseinandersetzungen anderer Gruppenmitglieder hineingezogen zu werden. Aufgrund der bundesweiten Vernetzung der einzelnen Chapter und des hohen Loyalitätsdrucks, der aus dem starken Verbundenheitsempfinden der Mitglieder des Outlaws MC untereinander folgt, ist zur Überzeugung des Senats nicht nur davon auszugehen, dass sich vorgenanntes Risiko bei jedem Chapter und bei jedem Mitglied zu jedem Zeitpunkt aktualisieren kann, sondern dass es überdies alles andere als fernliegend erscheint, dass auch chapterübergreifende Unterstützung bei Auseinandersetzungen geleistet wird.
111 
Daher besteht auch für den Kläger die Möglichkeit, dass er – selbst wenn er dies persönlich nicht anstreben sollte oder sogar für sich vermeiden wollte – künftig in gewaltsame Auseinandersetzungen hineingezogen wird. Tritt dieser Fall ein, liegt es wiederum nicht fern, dass er hierbei – ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation – Waffen missbräuchlich verwenden oder Nichtberechtigten überlassen wird. Es ist somit gerade die Gruppenzugehörigkeit des Klägers, die bei der hier ausgehend vom Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung anzustellenden Prognose, an die keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen, erwarten lässt, dass der Kläger künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen und sich daher als waffenrechtlich unzuverlässig erweisen wird.
112 
Zu keiner anderen rechtlichen Wertung führt, dass der Kläger bislang weder strafrechtlich noch waffenrechtlich negativ in Erscheinung getreten ist. Hierbei handelt es sich zwar um Aspekte, die zugunsten des Klägers zu würdigen sind. Mit seiner Mitgliedschaft beim Outlaws MC – zumal in der hervorgehobenen Position als Präsident eines Chapters sowie als Vizepräsident des Outlaws MC Germany – hat er jedoch eine Tatsache geschaffen, die in Anbetracht der dargelegten Strukturmerkmale dieser Gruppierung nicht zu einer Prognoseänderung führt. Die Möglichkeit des Hineinziehens in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen ist aus den genannten Gründen zur Überzeugung des Senats auch bei solchen Mitgliedern der Outlaws MC gegeben, die sich bislang rechtskonform verhalten haben. Die Vorstellung, einzelne Mitglieder könnten sich gegen die wesensimmanente Tendenz der Gruppierung zur Gewalttätigkeit stemmen oder ihr zumindest persönlich ausweichen, muss im Lichte des hohen Geschlossenheitsgrades des Outlaws MC und des hieraus resultierenden Konformitätsdrucks als fernliegend eingeschätzt werden. Dass in der jüngeren Vergangenheit Anzeichen für eine interne Auseinandersetzung zutage getreten sind, ändert hieran nichts, da auch insoweit stets die besondere Verbundenheit und Loyalität hervorgehoben wird. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, einzelne örtliche Organisationseinheiten könnten für sich eine Sonderexistenz jenseits der gruppentypischen Praxis führen.
113 
Weitere zugunsten des Klägers sprechende Umstände sind nicht ersichtlich. Insbesondere wertet der Senat die Ausführungen des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, ihnen gehe es im Wesentlichen darum, gemeinsam Motorrad zu fahren, die Freiheit zu genießen und Feste zu feiern, als verfahrensangepasste Schutzbehauptung. Angesichts der festgestellten Strukturmerkmale und nach Würdigung der Gesamtumstände kann nicht davon ausgegangen werden, der Outlaws MC stehe Mitgliedern indifferent gegenüber, die in der Vereinigung lediglich eine „institutionalisierte“ Möglichkeit erblicken, gemeinsam Motorradausflüge zu unternehmen und Partys zu feiern, er mithin bereit ist, die Beliebigkeit, mit der der Kläger seine Mitgliedschaft begründet, zu dulden. Dies gilt im Besonderen im Fall des Klägers, der als Präsident eines Chapters und als Vizepräsident des Outlaws MC Germany eine herausgehobene Stellung einnimmt. Es ist – wie bereits der Hessische Verwaltungsgerichtshof entsprechend festgestellt hat – zudem nicht erklärlich, warum der Kläger, wenn für ihn lediglich das Motorradfahren und gesetzestreues kameradschaftliches Verbundensein unter Männern von Bedeutung ist, sich nicht außerhalb des Outlaws MC einer Vereinigung von Motorradfahrern angeschlossen oder eine solche gegründet hat. Eines Beitritts einschließlich der damit einhergehenden Loyalitätsbekundung zum Outlaws MC bedarf es nicht, um gemeinsam Motorrad zu fahren und Treffen abzuhalten (vgl. HessVGH, Urteil vom 07.12.2017 - 4 A 814/17 -, juris Rn. 79).
114 
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht das Engagement des Klägers für seinen Arbeitgeber und die IG Metall, von dem er im Rahmen der Berufungsverhandlung mehrfach berichtet hat. Gleiches gilt für den Umstand, dass ihm als Vizepräsident des Outlaws MC Germany in dem bereits genannten, vom LKA Baden-Württemberg vorgelegten internen Bericht ein vermittelndes und schlichtendes Verhalten zugeschrieben wird. In einer Fallgestaltung wie der hier gegebenen sind in erster Linie die Strukturmerkmale der Gruppe und nicht die konkrete Persönlichkeitsstruktur des jeweiligen Mitglieds entscheidend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.02.2019 - 6 B 153.18 -, juris Rn. 7).
115 
Soweit der Kläger diesbezüglich hilfsweise die Einholung eines Präventiv-Prognose-Gutachtens durch einen geeigneten Sachverständigen zum Beweis der Tatsache beantragt hat, dass die waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Klägers nicht eingeschränkt ist, besteht ebenfalls keine Veranlassung, dem Beweisbegehren näherzutreten. Denn die Frage, ob Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Personen überlassen wird, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind, erfordert grundsätzlich nicht die Hinzuziehung eines Sachverständigen. Das Gericht bewegt sich mit einer entsprechenden tatsächlichen Würdigung in der Regel in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die dem Richter allgemein zugänglich sind (vgl. BayVGH, Beschluss vom 14.12.2018 - 21 ZB 16.1678 -, MMR 2019, 770 ). Dass hiervon im vorliegenden Fall nicht auszugehen ist, hat der Kläger nicht hinreichend dargetan, sondern lediglich einen Bezug zu § 6 Abs. 2 WaffG und der hier nicht einschlägigen persönlichen Eignung hergestellt. Auch für den Senat sind nach eigener Prüfung keine entsprechenden Anhaltspunkte ersichtlich.
116 
6. Der Kläger ist zudem als Erwerbswilliger im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG einzustufen.
117 
Eine Person ist nicht erst dann als erwerbswillig zu qualifizieren, wenn sie einen Erwerbswillen geäußert hat oder ein solcher Wille trotz ausdrücklicher Verneinung nachweislich besteht. Der Erwerb muss auch nicht aktuell gewollt oder jedenfalls in absehbarer Zeit zu erwarten sein. Für das Tatbestandsmerkmal der „Erwerbswilligkeit“ ist es vielmehr ausreichend, dass konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, der Betroffene wolle (künftig) in den Besitz von Waffen bzw. Munition gelangen. Für diese Erwartung ist keine konkrete Gefahr im Sinne des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts erforderlich, sondern das gesetzliche Konzept der Gefahrenvorsorge gilt auch für die Erwerbsprognose. Als erwerbswillig ist danach eine Person anzusehen, bei der die durch Tatsachen gerechtfertigte Erwartung im Sinne der allgemeinen Besorgnis besteht, sie werde im Zeitraum voraussichtlich fortbestehender Unzuverlässigkeit in den Besitz von Waffen oder Munition gelangen wollen (vgl. HambOVG, Urteil vom 11.01.2011 - 3 Bf 197/09 -, DVBl. 2011, 704 ; VG Freiburg, Urteil vom 02.07.2019 - 3 K 5562/18 -, juris Rn. 34).
118 
Ausgehend hiervon hat auch der Kläger als erwerbswillig im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG zu gelten. Denn es besteht aufgrund seiner Gruppenzugehörigkeit zum Outlaws MC bei gleichzeitigem Fehlen durchgreifender, zu seinen Gunsten zu wertender Gesichtspunkte, die allgemeine Besorgnis, im Zeitraum voraussichtlich fortbestehender Unzuverlässigkeit in den Besitz von Waffen oder Munition gelangen zu wollen.
119 
7. Wie das Verwaltungsgericht bereits dargelegt hat, hat die Beklagte das ihr nach § 41 Abs. 1 Satz 1 WaffG eingeräumte Ermessen (vgl. § 40 LVwVfG) rechtsfehlerfrei ausgeübt. Soweit der Kläger dem Verwaltungsgericht vorwirft, es hätte sich bei der Prüfung des Ermessens fragen müssen, weshalb überhaupt derzeit ein Einschreiten der Waffenbehörde erforderlich sei, wenn doch schon seit Jahren keine Gebietskonflikte schwelten, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn es erschließt sich nicht, inwiefern es sich hierbei in Anbetracht der zahlreichen Vorfälle mit Gewaltbezug in der Vergangenheit und der bestimmten bzw. bestimmenden Strukturmerkmale um einen für die Ausübung des Ermessens relevanten Gesichtspunkt handeln soll.
120 
Der sinngemäße Einwand des Klägers, der angefochtene Bescheid sei unverhältnismäßig, da ihm verboten werde, sich erlaubnisfreie Waffen zuzulegen, obwohl er dies nicht beabsichtige, verfängt nicht. Denn die Frage der Erwerbswilligkeit beurteilt sich nach den vorgenannten (siehe 6.) rechtlichen Maßstäben und stellt keinen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit relevanten Aspekt dar. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger der Sache nach rügt, die Anlage 2 zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG („Waffenliste“) sei einerseits unvollständig, da von ihr Gegenstände nicht erfasst würden, die jedermann zuhause habe und von denen eine Gefahr ausgehen könne, und enthalte andererseits auch Gegenstände, von denen ersichtlich gerade keine Gefahr ausgehe. Denn es obliegt dem Gesetzgeber aufgrund seines Beurteilungsspielraums zu definieren, welche Gegenstände als Waffen anzusehen sind und welche dieser Waffen er als verboten, erlaubnispflichtig oder erlaubnisfrei qualifiziert.
121 
Die Beklagte war entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht gehalten, als milderes Mittel ein in zeitlicher Hinsicht definiertes Teilverbot anzuordnen, mit dem dem Kläger der Erwerb und Besitz von erlaubnisfreien Waffen lediglich in der Zeit untersagt wäre, in der er die Kutte des Outlaws MC trägt. Dass die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung anerkennt, dass der Kläger in seinem „normalen“ und beruflichen Leben einen unauffälligen Lebenswandel an den Tag lege, jedoch davon ausgeht, dass er, sobald er die Kutte des Outlaws MC ... anziehe, den Regeln der Szene unterliege, lässt nicht darauf schließen, dass von einer zeitlichen Trennbarkeit der jeweiligen Lebensbereiche ausgegangen werden könnte. So hat der Kläger selbst vor dem Verwaltungsgericht vorgetragen, das Rockertum sei eine Lebenseinstellung und die Zugehörigkeit zum Club spiele für ihn nicht nur in der Freizeit eine Rolle, sondern stets und ständig. Die beschriebenen Gefahren können sich daher jederzeit realisieren.
122 
8. Die vom Kläger hilfsweise beantragte Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht kommt nicht in Betracht; denn die Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere ist eine weitere Verhandlung der Sache nicht erforderlich.
II.
123 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
III.
124 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ; Beschluss vom 10.07.2018 - 6 B 79.18 -, NJW 2018, 2812 ; Beschluss vom 15.02.2019 - 6 B 153.18 -, juris). Der Bevollmächtigte des Klägers nimmt in diesem Zusammenhang nicht hinreichend in den Blick, dass das Bundesverwaltungsgericht an die in dem angefochtenen (bzw. anzufechtenden) Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen, hinsichtlich derer er weiteren Aufklärungsbedarf sieht, grundsätzlich gebunden ist (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO).
125 
Beschluss vom 12. Mai 2021
126 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.08.2017 - 1 S 536/17 -, n.v.).
127 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
18 
Die Berufung des Klägers ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.
19 
Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage des Klägers – soweit sie sich gegen das hier allein noch in Rede stehende Verbot, erlaubnisfreie Waffen und Munition zu besitzen, richtete – zu Recht abgewiesen. Die Verfügung der Beklagten vom 30.03.2016 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.08.2016 sind insoweit im hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.12.1978 - I C 23.76 -, juris Rn. 13; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2006 - 1 S 445/04 - n.v.; BayVGH, Beschluss vom 14.07.2020 - 24 ZB 19.1176 -, juris Rn. 17) rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20 
Rechtsgrundlage für die an den Kläger gerichtete Untersagung, Waffen und Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, zu besitzen oder zu erwerben, ist § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 4 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a und lit. c WaffG.
21 
Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 4 WaffG kann die zuständige Behörde (vgl. § 1 Abs. 1 DVOWaffG in Verbindung mit § 106 Abs. 1 Nr. 3, § 107 Abs. 3 PolG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG) jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, und den Erwerb solcher Waffen oder Munition untersagen, wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass dem rechtmäßigen Besitzer oder Erwerbswilligen die für den Erwerb oder Besitz solcher Waffen oder Munition erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Dabei darf für die Frage der Zuverlässigkeit auf die Vorschrift des § 5 WaffG zurückgegriffen werden, da sie den Begriff der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit für den gesamten Geltungsbereich des Waffengesetzes konkretisiert (vgl. BayVGH, Beschluss vom 14.07.2020 - 24 ZB 19.1176 -, juris Rn. 11; Gerlemann, in: Steindorf, WaffG, 10. Aufl. 2015, § 41 Rn. 5; s. auch BVerwG, Beschluss vom 10.07.2018 - 6 B 79.18 -, NJW 2018, 2812 ). Deshalb kommt § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ohne Einschränkung auch für den Umgang mit erlaubnisfreien Waffen maßgebliche Bedeutung zu (speziell zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WaffG HambOVG, Beschluss vom 13.04.2011 - 3 Bf 86/10.Z -, juris Rn. 7; s. auch BayVGH, Beschluss vom 22.01.2014 - 21 ZB 13.1781 -, juris Rn. 15).
22 
Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Sorgfaltsanforderungen für den Umgang mit Waffen und Munition nicht beachten werden, etwa diese Gegenstände missbräuchlich oder leichtfertig verwenden, nicht sorgfältig verwahren oder nicht berechtigten Personen überlassen werden, § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a bis lit. c WaffG (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.07.2018 - 6 B 79.18 -, NJW 2018, 2812 ).
23 
Über die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist aufgrund einer Prognose des künftigen Verhaltens zu entscheiden, an die keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ). Maßstabsbildend ist der Gesetzeszweck. Dieser besteht darin, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, auf ein Mindestmaß zu beschränken. Das Gebot der Risikominimierung ist Ausdruck der präventiven Gefahrenvorsorge. Daraus folgt, dass nur solche Personen als zuverlässig gelten können, bei denen die tatsächlichen Umstände keinen vernünftigen Zweifel zulassen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ; Beschluss vom 10.07.2018 - 6 B 79.18 -, NJW 2018, 2812 ). Die Prognose der Unzuverlässigkeit ist bei Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ).
24 
Entscheidend ist, ob Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass zukünftig eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG aufgeführten Verhaltensweisen verwirklicht wird. Rechtskonformes Verhalten einer Person in der Vergangenheit ist wie jeder andere Umstand, der beurteilungsrelevant sein kann, in diese Prognose miteinzubeziehen. Es ist aber möglich, dass sonstige Umstände zu dem Schluss führen, die Person werde eine Verhaltensweise im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ).
25 
Die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verlangte Prognose ist auf diejenige Person zu beziehen, deren Zuverlässigkeit in Frage steht. Die Unzuverlässigkeit anderer, selbst nahestehender Personen rechtfertigt als solche nicht den Schluss auf ihre Unzuverlässigkeit. Individuelle Verhaltenspotentiale werden allerdings durch das soziale Umfeld mitbestimmt. Daher bestehen keine Bedenken dagegen, die Gruppenzugehörigkeit einer Person – ein personenbezogenes Merkmal – als Tatsache heranzuziehen, welche die Annahme der Unzuverlässigkeit stützt. Gefordert ist jedoch, dass zwischen der Annahme der Unzuverlässigkeit und der Gruppenzugehörigkeit eine kausale Verbindung besteht. Gerade die Gruppenzugehörigkeit der Person muss die Prognose tragen, dass diese künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen wird. Nicht ausreichend ist, dass solche Verhaltensweisen innerhalb der Gruppe regelmäßig vorgekommen sind oder noch immer vorkommen. Vielmehr müssen bestimmte Strukturmerkmale der Gruppe die Annahme rechtfertigen, dass gerade auch die Person, die in Rede steht, sie künftig verwirklichen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ).
26 
Die Bereitschaft, unter bestimmten Umständen Gewalt auszuüben, muss mithin ein prägendes Strukturmerkmal der Gruppe darstellen. Davon kann ausgegangen werden, wenn gewaltsame Angriffe auf Außenstehende oder gewalttätige Auseinandersetzungen in der Vergangenheit zum spezifischen Erscheinungsbild der Gruppe gehört haben, ohne dass diese sich umfassend und glaubhaft davon distanziert hat. Hinzukommen muss, dass das einzelne Mitglied der Gruppe – selbst wenn es dies persönlich nicht anstreben sollte oder sogar für sich vermeiden wollte – aufgrund freiwillig eingegangener Bindungen, etwa aufgrund einer Verpflichtung zur unbedingten Loyalität, typischerweise in die Gewaltausübung hineingezogen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ; Beschluss vom 10.07.2018 - 6 B 79.18 -, NJW 2018, 2812 ; Beschluss vom 15.02.2019 - 6 B 153.18 -, juris Rn. 7). Tritt dieser Fall ein, liegt es wiederum nicht fern, dass das Mitglied hierbei – ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation – im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a und lit. c WaffG Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Nichtberechtigten überlassen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ; Beschluss vom 15.02.2019 - 6 B 153.18 -, juris Rn. 7). Diesem materiell-rechtlichen Ansatz folgend sind in erster Linie die Strukturmerkmale der Gruppe und nicht die konkrete Persönlichkeitsstruktur des jeweiligen Mitglieds entscheidend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.02.2019 - 6 B 153.18 -, juris Rn. 7).
27 
Ausgehend hiervon begegnen die Verfügung der Beklagten vom 30.03.2016 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.08.2016, soweit sie hier angegriffen werden, keinen rechtlichen Bedenken. Zur Überzeugung des Senats liegt in der Person des Klägers nicht die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit vor. Ausschlaggebend hierfür ist die Zugehörigkeit des Klägers zum Outlaws MC (dazu 1.), der die charakteristischen Strukturen einer OMCG aufweist (dazu 2). Der Outlaws MC ist in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Fällen durch gewaltsame Auseinandersetzungen mit Dritten sowie anderen OMCG in Erscheinung getreten (dazu 3.). Dies rechtfertigt in Anbetracht der den Outlaws MC bestimmenden, prägenden Strukturmerkmale (dazu 4.) bei der hier anzustellenden Prognose die Annahme, dass gerade auch der Kläger künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen wird (dazu 5.). Der Kläger ist zudem als Erwerbswilliger im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG anzusehen (dazu 6.). Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen rechtlich fehlerfrei ausgeübt (dazu 7.).
28 
1. Der Kläger ist seit ca. 20 Jahren Mitglied des Outlaws MC und seit 2007 Präsident des Chapters .... Seit ca. drei Jahren ist er überdies Vizepräsident des Outlaws MC Germany, der bundesweiten Dachorganisation der einzelnen Outlaws MC Chapter. Dies hat der Kläger anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erneut bestätigt.
29 
2. Der Outlaws MC Germany wurde im Frühjahr 2001 gegründet und ist Teil des Outlaws MC Europe, welcher seinerseits zum Weltverband der American Outlaws Association (AOA) gehört. Er besteht derzeit aus 38, in unterschiedlicher räumlicher Ausprägung über das Bundesgebiet verteilten Chaptern, drei davon kommt der Status „Prospective“ zu (vgl. http://www.outlawsmc.de/chapter.htm, zuletzt abgerufen am 12.05.2021; s. auch Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 5). In Baden-Württemberg ist der Outlaws MC Germany mit 16 Chaptern, darunter das Chapter ..., vertreten und verfügt nach den Erkenntnissen des LKA Baden-Württemberg über derzeit 137 Mitglieder. Damit handelt es sich um einen der größten OMCG in Baden-Württemberg (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 24).
30 
2.1 Unter dem Begriff der „Outlaw Motorcycle Gangs“ werden weltweit die polizeilich besonders relevanten Rockergruppen von der breiten Masse der Motorradclubs und anderen Zusammenschlüssen von Motorradfahrern abgegrenzt, die zwar im Einzelfall auch kriminelle Aktivitäten zeigen, aber nicht in herausfordernder Weise die Einhaltung allgemein gesellschaftlicher Regeln, bürgerlicher Normen und rechtlicher Gegebenheiten ablehnen (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 27.10.2017 bzw. 09.04.2021, jeweils S. 2). Zu den bekanntesten Vertretern der OMCG zählen neben dem Outlaws MC der Bandidos MC, der Gremium MC sowie der Hells Angels MC.
31 
OMCG haben eine hierarchische Gliederung mit klaren Befehls- und Unterstellungsstrukturen. Wer den Anweisungen nicht Folge leistet, wird bestraft oder im schlimmsten Fall aus dem Club ausgeschlossen. Die Funktionsträger treten in herausgehobener Weise für die Ziele des Clubs ein (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 7). An deren Spitze steht der Präsident, der als Vorsitzender des Clubs bzw. des Chapters die volle Autorität gegenüber den Mitgliedern besitzt und verantwortlich für das Chapter in seiner Gesamtheit ist. Dessen Rechte und Pflichten werden bei Abwesenheit von dessen ständigem Vertreter, dem Vizepräsidenten, wahrgenommen. Weiterer Funktionsträger ist der Sergeant at Arms, dem die Verantwortung für die Durchsetzung der selbst gegebenen Regeln innerhalb des Clubs, für die Ausführung von Anordnungen des Präsidenten und die Anwendung von Gewalt nach innen und außen bzw. auch für den Schutz des Vereins und des Clubheims zufällt. Die Führungsriege wird ergänzt um den Secretary, der Protokollführer der regelmäßigen Sitzungen und zuständig für den Schriftverkehr sowie für Verwaltungsangelegenheiten ist, sowie den Treasurer, der verantwortlich für die Finanzen des Clubs wie Mitgliedsbeiträge, Strafgelder etc. ist (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 8 f.).
32 
Der Gruppe der Funktionsträger stehen die übrigen, ohne Amt ausgestatteten Angehörigen der OMCG gegenüber, bei denen zwischen Vollmitgliedern (auch „Member“ oder „Fullmember“), Mitgliedschaftsanwärtern („Prospect“) und sog. „Hangarounds“ (Personen, die sich im Umfeld des Clubs bewegen, um Prospect werden zu dürfen) zu differenzieren ist. Um in eine jeweils höhere Rangstufe zu gelangen, müssen die Betroffenen ihre Loyalität gegenüber dem Club auf vielfältige Art beweisen. Dies schließt auch die Begehung von Straftaten mit ein. Sie bewegen sich im Club in einem hierarchisch geprägten Unterstellungsverhältnis. Deshalb besteht nicht nur bei herausgehobenen Funktionsträgern, sondern gerade auch bei einfachen Mitgliedern und Anwärtern die besondere Gefahr von kriminellen Aktivitäten und eines damit einhergehenden missbräuchlichen Waffeneinsatzes, um sich im Sinne des Clubs zu bewähren. Aufgrund des streng hierarchischen Aufbaus innerhalb der OMCG sowie der damit verbundenen Über- und Unterordnungsregeln kann davon ausgegangen werden, dass ein vereinsbezogenes Handeln der „Prospects“ und „Hangarounds“ nicht ohne Kenntnis der Verantwortlichen stattfindet. Auch wird im Zusammenhang mit Angelegenheiten des Clubs kein Handeln ohne die Erlaubnis oder zumindest die Kenntnisnahme des Präsidenten oder seines Vertreters erfolgen (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 9).
33 
Besondere Bedeutung kommt dabei den Vereinigungen zu, die sich als „1%er“ begreifen. Das sog „1%er-Patch“ (Abzeichen / Aufnäher), ein „1%“-Symbol in einer Raute, steht historisch dafür, dass sich die dieses Zeichen Nutzenden als das eine Prozent der Motorradfahrer begreifen, die im Gegensatz zu den übrigen 99% der Motorradfahrer außerhalb der geltenden Ordnung stehen (vgl. HessVGH, Urteil vom 07.12.2017 - 4 A 814/17 -, juris Rn. 61). Die Bezeichnung „1%er“ geht nach allgemeinen Informationen auf das Jahr 1947 zurück. Damals wurden amerikanische Vollzugsbehörden bei einer Motorrad-Rallye in Kalifornien erstmals auf Motorradclubs aufmerksam, deren Mitglieder nicht dem Bild des normalen Motorradfahrers entsprachen. Nach Straßenkämpfen wurden zwei Mitglieder des Vorläufers des Hells Angels MC von der Polizei festgenommen und anschließend von ihren Freunden aus dem Gefängnis befreit. In den Medienberichten wurden die Ausschreitungen zwar verurteilt, aber auch festgestellt, dass lediglich 1% der Teilnehmer gewaltbereit, 99% der amerikanischen Motorradfahrer jedoch „ganz normale, friedliebende Menschen“ seien. Das „1%“ oder „1%er“-Abzeichen, getragen auf einer meist ärmellosen (Leder)-Weste (sog. „Kutte“), soll die Unterschiede zu anderen (friedlichen) Motorradclubs aufzeigen und ist ein wesentliches Merkmal der als gewaltbereit einzustufenden Rocker in sog. OMCG (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 27.10.2017 bzw. vom 09.04.2021, jeweils S. 6).
34 
2.2 Diese Organisationsstruktur ist auch dem Outlaws MC zu eigen. Dies steht für den Senat aufgrund der vorliegenden Erkenntnismittel, aber auch aufgrund der Äußerungen des Klägers fest.
35 
So ordnen sich der Outlaws MC World und der Outlaws MC Germany, ebenso wie die einzelnen Chapter, schon ausweislich der Gestaltung der Internetseiten den sog. „1%er“ zu. Dies wird auch durch das Tragen des entsprechenden Abzeichens auf der Bekleidung („Kutte“) in der Öffentlichkeit deutlich (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 6). Auch der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt, das One-Percenter-Patch auf seiner Kutte zu tragen. Abgesehen davon tragen die Mitglieder des Outlaws MC – wie der Kläger ebenfalls bestätigt hat – im Gegensatz zu anderen OMCG traditionell keine Aufnäher (sog. „Patches“), aus denen sich deren Funktionen („Präsident“, „Sergeant at Arms“, etc.) öffentlichkeitswirksam ergeben. Insofern ist nur teilweise bekannt, wer welches Amt bekleidet (vgl. zum Ganzen Stellungnahmen des LKA Baden-Württemberg vom 27.10.2017 und vom 09.04.2021, jeweils S. 8).
36 
Der Aufbau der Organisationsstruktur weist – wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend herausgearbeitet hat – ebenso die für eine OMCG typischen Charakteristika auf (vgl. HessVGH, Urteil vom 07.12.2017 - 4 A 814/17 -, juris Rn. 72; Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 7). Der Kläger hat seinerseits in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von dem gestuften Aufnahmeverfahren berichtet. Er hat darüber hinaus angegeben, es gebe auch im Chapter ... einen Präsidenten – namentlich ihn selbst –, einen Vizepräsidenten, einen Treasurer, einen Schriftführer sowie einen Sergeant at Arms.
37 
Dabei sind die Sergeants at Arms beim Outlaws MC Germany in insgesamt sieben Sektionen aufgeteilt. Diese Sektionen entsprechen der jeweiligen geografischen Lage und der Nähe der Chapter zueinander. Das LKA Baden-Württemberg geht davon aus, dass die Aufteilung auch unter dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Unterstützung, z. B. bei Angriffen von verfeindeten Clubs, vorgenommen worden ist. Die Sergeants at Arms des Outlaws MC bilden darüber hinaus intern eine zweite Gruppierung, die als „Sergeants-Vereinigung“ bezeichnet werden kann. Dieser Gruppierung steht ein weisungsbefugtes Gremium, bestehend aus einem ersten Vorstand, einem zweiten Vorstand, einem „Subviser“ und zwei weiteren Personen, vor (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 7).
38 
3. Mitglieder des Outlaws MC haben in der Vergangenheit wiederholt ein Verhalten gezeigt, das auf regelmäßige Konflikte insbesondere mit Mitgliedern anderer OMCG hinweist, die unter Anwendung von Gewalt auch in der Öffentlichkeit ausgetragen werden, wobei der Einsatz von Waffen keine Ausnahme darstellt (ebenso bereits HessVGH, Urteil vom 07.12.2017 - 4 A 814/17 -, juris Rn. 41).
39 
3.1 Dies belegen die auf der Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 26.02.2019 und den Stellungnahmen des Hessischen LKA vom 05.01.2017 und vom 06.12.2017 basierenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts im hier angegriffenen Urteil eindrücklich. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit nach Maßgabe des § 130b Satz 2 VwGO Bezug auf die umfangreiche Auswertung des Erkenntnismaterials durch das Verwaltungsgericht zu den dort im Einzelnen aufgeführten zahlreichen Vorfällen (vgl. UA S. 12 ff.).
40 
3.2 Diese Erkenntnisse bestätigen sich weit überwiegend durch die bereits vom Verwaltungsgericht Karlsruhe erstinstanzlich zum parallel geführten Verfahren 6 S 756/19 (8 K 3269/16) beigezogenen Strafakten, die auch zum Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens gemacht wurden (vgl. die gerichtliche Verfügung vom 01.03.2021). Aus diesen Akten ergeben sich lediglich folgende erwähnenswerte Abweichungen, die im Ergebnis jedoch zu keiner anderen Bewertung des Senats führen:
41 
3.2.1 Hinsichtlich des vom Verwaltungsgericht Stuttgart im angegriffenen Urteil aufgeführten Vorfalls vom 15.10.2010 in Bingen (UA S. 14) ergibt sich zwar aus der beigezogenen Strafakte des Landgerichts Mainz (3330 Js 30659/10), dass entgegen den Angaben des LKA nicht alle, sondern „nur“ fünf der sieben im Clubheim anwesenden Mitglieder des Iron Eagles MC zusammengeschlagen wurden. Wie für das Verwaltungsgericht Karlsruhe (Urteil vom 19.02.2019 - 8 K 3269/16 -, n.v., UA S. 23) ändert jedoch diese Differenz auch für den Senat nichts an der Einordnung des Vorfalls als relevanter gewalttätiger Angriff im Rahmen eines Konflikts zwischen Motorradclubs. Dass es, wie der Kläger im Berufungsverfahren vorträgt, auch in anderen Milieus, wie etwa in Fußball-Fanclubs, zu ähnlichen Auseinandersetzungen kommen könnte, führt ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Auch der Vortrag des Klägers, Motorradfahrer seien „nun einmal etwas robuster in ihren Umgangsformen“, ist nicht geeignet, den Vorfall in einem anderen Licht erscheinen zu lassen, sondern belegt vielmehr eine Tendenz zur Verharmlosung.
42 
Soweit der Kläger zudem behauptet, die Auseinandersetzung sei bewusst ohne Waffen oder gefährliche Gegenstände geführt worden, widerspricht dies den Feststellungen des Landgerichts Mainz in seinem Strafurteil vom 01.03.2013, wonach innerhalb der Gruppe zumindest zwei Schlagringe sowie ein Schlagstock oder ein Baseballschläger mitgeführt wurden. Unabhängig davon belegen die Feststellungen des Landgerichts, der Geschädigte sei ohne Vorwarnung von mehreren Mitgliedern des Outlaws MC zu Boden gerissen worden und habe dort anschließend Tritte und Schläge erhalten, unabhängig von der Verwendung von Waffen die besondere Gewalttätigkeit der Situation.
43 
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat in seinem das parallel geführte Verfahren 6 S 756/19 betreffenden Urteil überdies zu Recht ausgeführt (UA S. 24), dass aus der beigezogenen Akte nicht nur die Bereitschaft ersichtlich wird, Konflikte mit anderen Motorradclubs mit Gewalt auszutragen, sondern auch, dass von Mitgliedern des Outlaws MC Waffen und Munition ohne entsprechende Erlaubnis bereitgehalten wurden. So wurden bei Durchsuchungen des Clubheims des Outlaws MC in Bad Kreuznach sowie bei zwei Angeklagten Waffen und Munition, für die keine waffenrechtlichen Erlaubnisse vorlagen, sichergestellt.
44 
3.2.2 Hinsichtlich des vom Verwaltungsgericht Stuttgart aufgeführten Vorfalls vom 17.03.2013 (UA S. 19), bei dem es im Rahmen einer Tattoo-Veranstaltung durch ein Mitglied des Outlaws MC Mönchengladbach zu einem Körperverletzungsdelikt durch einen Schlag ins Gesicht des Geschädigten gekommen sei, ergibt sich aus der beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach (310 UJs 273/13 A) lediglich, dass die Körperverletzung durch einen Angehörigen einer Rockergruppierung begangen wurde. Dieser Vorfall lässt sich damit nicht eindeutig Mitgliedern des Outlaws MC zuordnen.
45 
3.2.3 Bezüglich des vom Verwaltungsgericht aufgeführten Vorfalls im April 2013 (UA S. 19), bei dem ein 54-jähriger Mann ohne Bezüge zum Rockermilieu nach einem Streit durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt worden sei und bei dem Mitglieder des Outlaws MC Bad Kreuznach beteiligt gewesen sein sollen, ergibt sich aus der beigezogenen Akte des Amtsgerichts Bad Kreuznach (40 Ls 1023 Js 4954/13), dass es sich bei den Angeklagten um „Supporter“ des Outlaws MC gehandelt hat und nicht um „Member“. Ob auch Straftaten von „Supportern“, die den Outlaws MC unterstützen, im Rahmen der waffenrechtlichen Prognoseentscheidung Berücksichtigung finden können, bedarf hier angesichts der Vielzahl der aufgeführten Vorfälle, in die nach gesicherten Erkenntnissen „Member“ des Outlaws MC involviert waren, keiner Entscheidung. Ebenso wenig lässt sich aus der gewonnenen Erkenntnis, dass es sich in diesem Einzelfall lediglich um „Supporter“ gehandelt hat, die Vermutung ableiten, dass auch weitere oder gar die überwiegende Zahl der Vorfälle – wie der Kläger behauptet – auf Nichtmitglieder zurückzuführen wären, die lediglich frei erwerbbare Merchandising-Kleidungsstücke mit Emblemen des Outlaws MC getragen hätten.
46 
3.2.4 Diese sich aus den beigezogenen Strafakten ergebenden Abweichungen ändern nichts an der Einschätzung des Senats, dass in der Gesamtschau sämtlicher vom Verwaltungsgericht Stuttgart aufgeführter Vorfälle die regelmäßige Bereitschaft von Mitgliedern des Outlaws MC deutlich erkennbar ist, Konflikte mit anderen Rockergruppierungen oder mit Dritten durch Gewalt unter Missachtung des staatlichen Gewaltmonopols auszutragen. Denn auch ohne Berücksichtigung der unter 3.2.2 und 3.2.3 genannten Vorfälle, verbleibt eine Vielzahl von Fällen, die diese Erkenntnis belegen. Im Hinblick auf den unter 3.2.1 aufgeführten Vorfall ergibt sich für den Senat kein entscheidender qualitativer Unterschied dadurch, dass „nur“ fünf und nicht alle sieben Mitglieder der gegnerischen Gruppierung niedergeschlagen wurden.
47 
3.3 Auch die weiteren vom Kläger vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch. So erschöpft sich seine Berufungsbegründung über weite Strecken darin, der rechtlichen Würdigung des Verwaltungsgerichts die eigene Sichtweise und abweichende, teils bagatellisierende, auch in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Erklärungen („Unglücksrabe“) in Bezug auf einzelne Vorfälle entgegen zu setzen. Rechtsfehler zeigt der Kläger hiermit jedoch nicht auf. Auch soweit der Kläger die Ablehnung von in erster Instanz abgelehnten Beweisanträgen rügt, erschließt sich die Relevanz für das vorliegende Verfahren nicht. Denn der Senat prüft den Streitfall gemäß § 128 VwGO grundsätzlich umfassend und als zweites Tatsachengericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht in demselben Umfang wie das Verwaltungsgericht (vgl. Rudisile, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 07/2020, § 128 Rn. 4, 6; Blanke, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 128 Rn. 1 f.). Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen von Amts wegen bestehen jedoch nicht und sind vom Kläger nicht dargetan worden.
48 
Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seinen bereits vor dem Verwaltungsgericht formulierten Beweisantrag zum Vorfall am 22.12.2009 in K. erneut hilfsweise gestellt hat. Mit diesem hat er zum Beweis der Tatsache, dass es an vorgenanntem Tag nicht zu einem gewalttätigen Aufeinandertreffen zwischen Mitgliedern des Hells Angels MC und des Outlaws MC, sondern zu einer einseitigen Provokation durch den Hells Angels MC gekommen ist und die Mitglieder des Outlaws MC während der gesamten Prozessdauer mit der Polizei kooperiert haben, die Vernehmung des damaligen Polizeipräsidenten von K., hilfsweise die eines von diesem zu benennenden anderen sachkundigen Beamten der Polizei K., sowie die Vernehmung des Herrn ... als Zeugen beantragt.
49 
Dieser bedingte Beweisantrag, über den der Senat im Urteil entscheiden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.02.2018 - 2 B 56.17 -, juris Rn. 8), hat keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger – im Fall des Polizeipräsidenten bzw. anderen sachkundigen Polizeibeamten – die zu vernehmenden Zeugen hinreichend individualisiert und dargetan hat, dass die unter Beweis gestellte Tatsache auf eigener Wahrnehmung der Zeugen beruht. Denn es handelt sich um einen Ausforschungs- bzw. Beweisermittlungsantrag, dem zu folgen kein Anlass besteht.
50 
Ein solcher Antrag liegt nur in Bezug auf Tatsachenbehauptungen vor, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“, „ins Blaue hinein“, also „erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage“ erhoben worden sind. Eine Behauptung kann nicht schon dann als unerheblich behandelt werden, wenn sie nicht auf dem Wissen des Behauptenden, sondern auf einer Vermutung beruht. Denn ein Beteiligter wird häufig von einer entscheidungserheblichen Tatsache, die sich ihm als möglich oder wahrscheinlich darstellt, keine genaue Kenntnis haben. Wenn die Gegenseite der Vermutung aber mit einer plausiblen Erklärung entgegentritt, darf diese nicht einfach ignoriert werden. Dem Beteiligten ist zuzumuten, sich hiermit auseinanderzusetzen, etwa greifbare Anhaltspunkte zu benennen, die für seine Vermutung oder gegen die Erklärung der Gegenseite sprechen. Einer Behauptung, die ohne jede tatsächliche Grundlage erhoben worden ist und ohne ein Eingehen auf sie entkräftende Gegenbehauptungen aufrechterhalten wird, braucht das Gericht nicht nachzugehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.06.2017 - 6 B 54.16 -, NVwZ 2017, 1388 ; OVG NRW, Beschluss vom 18.05.2020 - 19 A 1178/19.A -, juris Rn. 12).
51 
So liegt der Fall jedoch hier. Zwar ist die Beklagte selbst der vom Kläger für entscheidungserheblich erachteten Tatsache nicht mit einer plausiblen Erklärung entgegengetreten. Hierfür bestand im vorliegenden Fall aufgrund des konkreten Verfahrensablaufs jedoch keine Veranlassung. Ein strukturelles Defizit bei der Arbeits- und Herangehensweise des LKA Baden-Württemberg und des Hessischen LKA, deren Stellungnahmen das Verwaltungsgericht herangezogen hat, lässt sich nicht feststellen. Die von den LKA gemachten Angaben wurden in 14 Fällen durch Beiziehung von Akten – durch den Senat sowie bereits durch das Verwaltungsgericht Karlsruhe in dem das parallel geführte Verfahren 6 S 756/19 betreffenden erstinstanzlichen Verfahren – auf ihre Validität geprüft. Nur in wenigen Fällen wurden in geringem Umfang Abweichungen in der Darstellung festgestellt, die indes, wie bereits dargelegt, nichts an dem Ergebnis der Gesamtschau aller Vorfälle ändern. Insofern bestehen auch keine vernünftigen Zweifel an der zutreffenden Wiedergabe des beschriebenen Vorfalls vom 22.12.2009 und stellt sich der Vortrag des Klägers ohne weitergehende belastbare Anhaltspunkte als bloße Behauptung „ins Blaue hinein“ dar. Dies gilt umso mehr, als die Stellungnahmen der LKA sich nicht zu dem Verursacher des Zusammenstoßes verhalten und sich ihnen ebenso wenig die Aussage entnehmen lässt, die Mitglieder des Outlaws MC hätten während der Prozessdauer nicht mit der Polizei kooperiert.
52 
Hinzukommt, dass selbst wenn man die unter Beweis gestellte Tatsache als wahr unterstellen wollte, auch der Vorfall am 22.12.2009 die wiederkehrenden gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern des Hells Angels MC und des Outlaws MC dokumentiert. Nach alledem fehlt es an Anhaltspunkten, die den Senat zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen veranlassen.
53 
Unabhängig davon ist der Senat auch deshalb nicht zur weiteren Aufklärung des Vorfalls in K. gehalten, weil selbst ein – unterstelltes – vorbildliches Verhalten der Mitglieder des Outlaws MC in der damaligen Situation nicht geeignet ist, das aus den zahlreichen weiteren Vorfällen gewonnene Gesamtbild zugunsten des Klägers zu verändern.
54 
3.4 Diese Verhaltensmuster von Mitgliedern des Outlaws MC – die aufgrund der Rivalitäten zwischen den einzelnen OMCG nicht nur als Täter, sondern auch als Geschädigte in Erscheinung getreten sind – haben auch in der jüngeren Vergangenheit ihre Fortsetzung gefunden (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 16 f.):
55 
3.4.1 So wurde nach Auskunft des LKA Baden-Württemberg am 17.03.2018 ein Mitglied des Outlaws MC Miltenberg nach der Einreise aus der Tschechischen Republik kontrolliert. Im Kofferraum lag eine weiße Plastiktüte mit insgesamt 887 Gramm Marihuana. In der Mittelkonsole des Fahrzeugs wurde darüber hinaus ein Klappmesser mit einer Klingenlänge von 9,5 cm aufgefunden. Das Mitglied des Outlaws MC wurde vom Landgericht Aschaffenburg zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Der Verurteilte ist nach wie vor Mitglied beim Outlaws MC Miltenberg.
56 
3.4.2 Im Rahmen eines Strafverfahrens gegen zwei hochrangige Mitglieder des Outlaws MC Donnersberg und des Outlaws MC Heidelberg wegen des Verdachts auf Waffenhandel wurden am 10.07.2018 Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt. Beim Präsidenten des Outlaws MC Donnersberg konnten in einem Kleiderschrank, der sich in einem Abstellraum im Erdgeschoss befand, eine Pump-Gun Walther SG68, ein Taser, ein Tierabwehrgerät K5946 mit mehreren Kartuschen sowie eine Pietro Beretta Gardone mit Kartusche aufgefunden werden. Beim Präsidenten des Outlaws MC Heidelberg lag ein entladener Trommelrevolver Luger im Holster in einer Nachttischschublade im Schlafzimmer. Die passende Munition (11 Schuss) befand sich ebenfalls in dieser Schublade. Beide Verfahren wurden am 28.12.2020 durch die Staatsanwaltschaft Zweibrücken gegen Auflagen nach § 153a StPO eingestellt. Der Nachweis des Waffenhandels konnte nicht mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit nachgewiesen werden.
57 
3.4.3 Am 25.09.2018 kam es zu einem Wohnungseinbruchsdiebstahl in 71034 Böblingen. Zwei Täter entwendeten aus der Wohnung 1.100 Euro Bargeld und etwa 30 Gramm Marihuana. Der Wohnungsinhaber wurde zuvor von einem Pärchen aus der Wohnung gelockt, indem ihm das Interesse an einem Betäubungsmittelkauf vorgetäuscht worden war. Am Folgetag verriet der Mann des Pärchens dem Wohnungsinhaber, wer tatsächlich in seine Wohnung einbrach. Ab diesem Zeitpunkt kam es zwischen den Tatbeteiligten und der Personengruppe um den Wohnungsinhaber zu mehreren Auseinandersetzungen. Am 04.11.2018 trafen sich drei Personen aus der Gruppe des Wohnungsinhabers mit zwei Mitgliedern des Outlaws MC Horb und man beschloss die Rückforderungen auf 1.700 Euro und 100 Gramm Marihuana zu erhöhen. Einem der Mitglieder des Outlaws MC (C.H.) sollten für dessen Hilfe Schulden in Höhe von 600 Euro, welche er bei einem aus der Gruppe um den Wohnungsinhaber noch hatte, erlassen werden. Am 05.11.2018 kam es dann zu einem Treffen zwischen Personen der Gruppe um den Wohnungsinhaber und insgesamt vier Mitgliedern des Outlaws MC auf der einen Seite und einem unbeteiligten Geldübergeber einer ersten „Rückzahlungsrate“ auf der anderen Seite. Dieser wurde von den Tatbeteiligten zur Übergabe des Geldes gebeten, da man selbst körperliche Übergriffe fürchtete. Die Tatbeteiligten wurden von den Mitgliedern des Outlaws MC und den weiteren Personen gesucht und in Böblingen angetroffen. Ein Mitglied des Outlaws MC soll hierbei eine Wollmütze mit den Clubinsignien und der C.H. soll seine Kutte getragen haben. C.H. habe dann einem aus der Gruppe der ursprünglichen Tatbeteiligten zwei Mal ins Gesicht geschlagen. Die Personen wurden aufgefordert, ihre Ausweise auszuhändigen, welche anschließend fotografiert wurden. Als Begründung wurde mitgeteilt, dass man jetzt ja wisse, wo die Personen wohnen und wenn das Geld und das Marihuana nicht im geforderten Umfang zurückgegeben werden, werde man Hausbesuche durchführen. Einer Zeugin (Freundin eines „Schuldners“) wurde die Verschleppung und Zuführung zur Zwangsprostitution in Tschechien angedroht, wenn ihr Freund die Forderungen nicht erfülle. Ein Mitglied des Outlaws MC drohte einem der Einbrecher, dass man ihn verschwinden lassen könne, sollte es nicht zur Übergabe kommen.
58 
Im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung wurden bei dem Mitglied des Outlaws MC Horb (C.H.) die mutmaßlich am 05.11.2018 getragene Kutte des Outlaws MC, sowie ein Messer und ein Schlagstock aufgefunden. Das Mitglied des Outlaws MC Horb, C.H., wurde vom AG Böblingen zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Ein Urteil gegen das zweite identifizierte Mitglied des Outlaws MC konnte nicht erfolgen, da dieser am 09.08.2019 im Clubheim des Outlaws MC Horb verstarb.
59 
Diese Geschehnisse wurden im Wesentlichen bereits vom Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil aufgegriffen (UA S. 20), konnten jedoch – ersichtlich aufgrund des Fortschreitens des Strafverfahrens – in der Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021 in den Einzelheiten konkretisiert werden (S. 18 f.).
60 
3.4.4 Ein Mitglied des Outlaws MC Miltenberg wurde am 11.01.2019 wegen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe, 111 Schuss Munition (9mm) und Betäubungsmitteln vom Amtsgericht Obernburg zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten und 2 Wochen verurteilt. Das Urteil wurde zur Bewährung ausgesetzt.
61 
3.4.5 Am 12.01.2019 überfiel das mit einer Schusswaffe bewaffnete Mitglied des Outlaws MC Miltenberg (welches am Tag zuvor vom Amtsgericht Obernburg verurteilt wurde) eine Tankstelle in Miltenberg. Er wurde am 21.08.2019 wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. Im Rahmen der Strafzumessung wurde strafschärfend festgestellt, dass das Mitglied des Outlaws MC Miltenberg bereits seit seiner Jugend vielfach, insbesondere einschlägig, vorbestraft ist und dass er die Tat nur einen Tag nach der Verurteilung durch das Amtsgericht Obernburg begangen hatte. Durch das Landgericht Aschaffenburg wurde festgestellt, dass an allen Verhandlungstagen mehrere Mitglieder des Outlaws MC zugegen waren. Der Verurteilte ist nach wie vor Mitglied beim Outlaws MC Miltenberg.
62 
3.4.6 Zwei damalige Mitglieder des Outlaws MC Ulm handelten zusammen mit weiteren Personen bewaffnet, gewerbs- und bandenmäßig mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Das Ermittlungsverfahren wurde zwischen Juli 2018 und Februar 2019 durch die Kriminalpolizei Neu-Ulm geführt. Im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen konnten 5,8 Kg Marihuana, 3,8 Kg Haschisch, 4,3 Kg Amphetamin, 0,75 Kg Kokain und 0,3 Kg MDMA beschlagnahmt werden. Darüber hinaus wurden an den verschiedenen Betäubungsmittelbunkern Waffen aufgefunden. Hierunter eine Schreckschusswaffe, eine Signalpistole, zwei scharfe Schusswaffen und eine zur scharfen Schusswaffe umgebaute Schreckschusswaffe mit Schalldämpfer. Die beiden damaligen Mitglieder des Outlaws MC wurden (neben den weiteren Bandenmitgliedern) vom Landgericht Memmingen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Der hauptbeschuldigte Drahtzieher erhielt eine Freiheitsstrafe in Höhe von 8 Jahren, sein Komplize wurde zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt.
63 
3.4.7 Am 26.01.2020 teilte eine Zeugin mit, dass ihrem Nachbarn in der vergangenen Nacht ein abgetrennter Schweinekopf auf einen Balkon geworfen wurde. Die eingesetzten Polizeibeamten konnten außerdem beschädigte Außenleuchten, Eingangstüren und Fenster feststellen. Der Angriff galt einem Mitglied des Outlaws MC Freiburg, dem Nachbarn der Anzeigeerstatterin. Hintergrund war ein im Raum Freiburg schwelender Konflikt zwischen dem wiedereröffneten Chapter des Outlaws MC und dem etablierten ortsansässigen City Cobras Freiburg MC. Bei dieser Gruppierung handelt es sich um eine in Freiburg ansässige Rockergruppierung. Die City Cobras Freiburg MC stehen als Supportergruppierung des Hells Angels MC Black Forest in direkter Konkurrenz zum Outlaws MC. Die zuständige Ortspolizeibehörde ordnete eine Gefährderansprache für beide Gruppierungen an und bat das Polizeipräsidium Freiburg um Amtshilfe. Die Gefährderansprachen wurden durch die Kriminalpolizei Freiburg bei den beiden Präsidenten der genannten Gruppierungen durchgeführt.
64 
3.4.8 Darüber hinaus manifestiert sich auch in der mit der Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021 vorgelegten aktualisierten Übersicht zur Delinquenz der Mitglieder des Outlaws MC in Baden-Württemberg, dass diese weiterhin in nicht unerheblichem Maße strafrechtlich in Erscheinung treten und sogar schwerste Kapitalverbrechen verwirklichen. Zwar hat das LKA Baden-Württemberg die absolute Zahl der Delikte, die Gegenstand polizeilicher Ermittlungen waren, in seiner gegenüber dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erteilten Stellungnahme vom 27.10.2017, die mit Verfügung vom 18.03.2021 auch in das vorliegende Berufungsverfahren eingeführt wurde, noch mit 284 bezeichnet, während in der gegenüber dem Senat erfolgten Stellungnahme vom 09.04.2021 nur von 205 Vorgängen die Rede ist (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 27.10.2017, S. 17 f.; Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 24). Dies kann indes nur bei isolierter Betrachtung als „positive Entwicklung“ angesehen werden. Denn wie sich aus den Stellungnahmen des LKA Baden-Württemberg ergibt, hat sich die Zahl der Mitglieder in Baden-Württemberg im hier zugrunde gelegten Beobachtungszeitraum von ca. 170 auf 137 reduziert. Dabei ist die Zahl der ermittlungsrelevanten Vorgänge im Vergleich zur Anzahl der Mitglieder, zu denen kriminalpolizeiliche Erkenntnisse vorliegen, im Durchschnitt von 4,98 auf 5,54 sogar angestiegen.
65 
Dies belegt in der Gesamtschau eindrucksvoll die fehlende Bereitschaft zu einer das Gewaltmonopol des Staates achtenden Lösung von Konflikten mit anderen OMCG oder Dritten. Aufgrund der Fülle an gewaltsamen Auseinandersetzungen und der verwirklichten Straftaten kann dahinstehen, ob – wie der Kläger pauschal im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat behauptet hat – der unter 3.4.6 dargestellte Vorfall auf Personen zurückgeht, die bereits Jahre vor den beschriebenen Ereignissen den Outlaws MC, Chapter Ulm verlassen mussten. Zu einer anderen Bewertung kann die Außerachtlassung dieses Vorfalls aus vorgenannten Gründen zur Überzeugung des Senats nicht führen. Auch die pauschale Behauptung, die seitens des Verwaltungsgerichts beigezogenen Strafakten hätten bestätigt, dass es sich in vielen Fällen um Supporter der Outlaws MC gehandelt habe, lässt sich mit den tatsächlichen Gegebenheiten ebenso wenig in Einklang bringen wie die vom Kläger geäußerte Vermutung, es seien überwiegend Dritte involviert gewesen, die lediglich freiverkäufliche Kleidung mit Emblem des Outlaws MC getragen hätten.
66 
Es besteht darüber hinaus, wie bereits ausgeführt, kein Anlass, an der Richtigkeit und Vollständigkeit des zusammengetragenen Materials seitens des LKA Baden-Württemberg zu zweifeln. Durchgreifende Zweifel ergeben sich auch nicht deshalb, weil im Zuge der Beiziehung von Akten zu Strafverfahren, die den Stellungnahmen des LKA Baden-Württemberg und des Hessischen LKA zugrunde liegen, aufgrund der vorstehenden Feststellungen in zwei Fällen keine Zuordnung zu Mitgliedern des Outlaws MC verifiziert werden konnte. Diese Abweichungen erlangen in Anbetracht der Vielzahl der Vorfälle und der weiteren Erkenntnisse kein derartiges Gewicht, dass sie die Belastbarkeit der Stellungnahmen des LKA Baden-Württemberg und des Hessischen LKA ernstlich in Frage stellen könnten.
67 
4. Bei diesen zahlreichen Ereignissen handelt es sich nicht lediglich um lose nebeneinanderstehende, in unterschiedlichem Maße strafrechtlich relevante Vorgänge. Sie finden ihren Ursprung in den besonderen Strukturmerkmalen von OMCG, die auch beim Outlaws MC insgesamt anzutreffen sind (dazu 4.1). Es fehlt weiterhin an einer umfassenden und glaubwürdigen Distanzierung hiervon (dazu 4.2).
68 
4.1 Zu den besonderen, den Outlaws MC prägenden Strukturmerkmalen hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 07.12.2017 - 4 A 814/17 -, juris Rn. 42 f., 64 ff., jeweils m.w.N.) bereits ausgeführt:
69 
Der „Outlaws MC“ agiert dabei in einem Umfeld, das ein bedeutsames Konfliktpotential in sich trägt. Das besondere Konfliktpotential besteht auf Seiten des „Outlaws MC“ A wie auch bei den übrigen OMCG - im Verhältnis zu den anderen OMCG. Dabei kommt es vor, dass Mitglieder anderer OMCG schon bei der bloßen - unerlaubten - Anwesenheit im Einflussgebiet eines anderen OMCG mit Drohungen oder körperlicher Gewalt bis hin zum Waffeneinsatz konfrontiert werden. Dieses Konfliktpotential beruht auf einer Verteidigung von Gebietsansprüchen, das - zumindest - im Sinne eines Revierverhaltens verstanden werden kann (...). So wird beispielsweise im Falle von Neugründungen von Motorradclubs ausdrücklich empfohlen, sich mit bereits am Ort ansässigen Clubs „abzusprechen“, wobei eine Anzeige in den Biker News hilfreich sei (...). Bestätigt wird diese Einschätzung durch die Angaben des Klägers. Dieser hat dem Gericht gegenüber auf Nachfragen bekundet, dass im Falle geplanter Aktivitäten, beispielweise Feiern, eine Anzeige gegenüber den anderen Clubs erfolge.
70 
Die Beziehungen der OMCG untereinander variieren von Neutralität bis hin zu offener Feindschaft. Dabei bestehen Feindschaften des „Outlaws MC“ vor allem aber nicht nur im Verhältnis zum „Hells Angel MC“ (...). In Anlehnung an das seit 1969 bestehende Clubmotto der zunächst in den USA gegründeten „Outlaws Nation“ „God Forgives, Outlaws Don't“ – „Gott vergibt, Outlaws nicht“ - (...) zieht dabei eine Streitigkeit die nächste nach sich im Sinne einer gelebten Rachekultur, die im Wesentlichen auf Selbstjustiz setzt. Streitigkeiten werden dabei regelmäßig auch mit Gewalt ausgetragen. In der Vergangenheit wurden mehrfach Mitglieder des „Outlaws MC“ - auch an sich Unbeteiligte Mitglieder im Rahmen von Racheakten - angegriffen oder griffen ihrerseits Mitglieder anderer OMCG an.
71 
Aufgrund der besonderen Strukturmerkmale der OMCG, die auch beim „Outlaws MC“ festzustellen sind, besteht auch bei jeder einer regionalen Gruppierung zugehörigen Person nach aller Lebenserfahrung die nicht ferne liegende Möglichkeit, dass der Betroffene künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG a.F. begehen wird. Denn wesentliches Strukturelement auch des „Outlaws MC“ ist, dass nach erfolgter Aufnahme als vollwertiges Mitglied eine auf Dauer angelegte besondere Loyalität nicht nur der Mitglieder des „Outlaws MC“ für den einzelnen, sondern auch des Einzelnen für alle Mitglieder erwartet und gelebt wird (...) und sich diese besondere Loyalität auf alle Mitglieder des „Outlaws MC“ über regionale Gruppierungen hinaus erstreckt (...). Durch die überregionale Vernetzung, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass auch Mitglieder von Chaptern, in denen bislang kein Mitglied gegen waffen- oder strafrechtlichen Regelungen verstoßen hat, in die Konflikte anderer Chapter oder Mitglieder hineingezogen zu werden (...).
72 
Prägend für diese Loyalität ist, dass bei allen OMCG die Gemeinschaft der Mitglieder im Vordergrund steht. Diese Gemeinschaft bedeutet ein lebenslanges Zueinandergehören und Füreinandereinstehen. Nach außen wird dies durch das Tragen gleicher Kleidung bzw. Abzeichen dokumentiert (...). Das Tragen der gemeinschaftsstiftenden Kleidung, der sogenannten Kutte mit den Abzeichen, erfordert eine Berechtigung aufgrund der Mitgliedschaft, für die wiederum das aktive sich Einbringen für die Gemeinschaft Voraussetzung ist, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigte.
73 
Die besondere Betonung der Zusammengehörigkeit, die über den Ausdruck der Zusammengehörigkeit in anderen Vereinen hinausgeht, in denen sich Personen zur Pflege eines gemeinsamen Hobbys zusammenfinden und Symbole ihrer gleichgelagerten Interessen nutzen, findet ihren Ausdruck auch in der hervorgehobenen Verpflichtung zur Teilnahme am gemeinschaftlichen Leben (...). Diese Betonung der Teilnahmepflicht hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt. Auf Befragen gab er an, dass für das Fortbestehen der Mitgliedschaft essentiell sei, regelmäßig an Veranstaltungen des Chapters und auch des Bundesverbandes teilzunehmen. Zwar könne es gelegentlich vorkommen, dass ein Mitglied aus persönlichen Gründen an einer Teilnahme verhindert sei. Grundsätzlich sei eine regelmäßige Teilnahme an gemeinschaftlichen Aktionen aber nicht nur gewünscht, sondern führe im Falle der Säumnis zum Ausschluss. Dies sei auch beim „Outlaws MC Friedberg“ schon einmal vorgekommen, was der Kläger wortreich und anschaulich schilderte.
74 
Der über eine gemeinsame Hobbypflege hinausgehende Zusammenhalt der Mitglieder der fast ausschließlich männlich dominierten OMCG dokumentiert sich ferner in dem Verständnis als „Familie“. Mitglieder der OMCG bezeichnen und verstehen sich als „Brothers“ und betonen auch damit eine starke lebenslange Verpflichtung füreinander (...). Die Dauerhaftigkeit der Verpflichtung füreinander kommt dabei in der bei den übrigen OMCG und auch beim „Outlaws MC“ verwendeten Buchstabenkombinationen „OFFO“, die für „Outlaws forever - forever Outlaws“ steht, zum Ausdruck.
75 
Die besondere Bedeutung der Gemeinschaft wird auch in dem restriktiven Aufnahmeverfahren deutlich. Da grundsätzlich die Mitgliedschaft auf Dauer angelegt ist, ist der Aufnahmeentscheidung regelmäßig ein über Stufen verlaufendes Verfahren vorgeschaltet. Dies soll gewährleisten, dass nur Mitglieder aufgenommen werden, die zur dauerhaften Verpflichtung füreinander tatsächlich bereit sind. Die Aufnahme setzt regelmäßig eine ggf. über mehrere Stufen verlaufende Anwartschaft voraus, bevor die so genannte Vollmitgliedschaft erlangt wird. Das Verfahren kann sich über mehrere Jahre hinziehen. In der Regel werden interessierte Anwärter als „Hangarounds“ bezeichnet und allenfalls geduldet, sie gelten als Anhänger einer OMCG. Aus ihnen rekrutieren sich die sogenannten ernsthaften Anwärter, die als „Prospects“ bezeichnet werden. Beendet wird diese Zeit mit der Aufnahme als sogenanntes Vollmitglied. Dieses wird „Member“ genannt. Hierbei verpflichtet sich das Vollmitglied gegenüber der jeweiligen OMCG - nicht nur gegenüber dem jeweiligen Chapter - zu einer lebenslangen Zugehörigkeit und bedingungslosen Loyalität. Maßgeblich bestimmend für diese Loyalität ist der streng hierarchische Aufbau (...).
76 
Zur hierarchischen Struktur gehört auch, dass für das Verhalten der Mitglieder ein ungeschriebener Ehrencodex gilt. Dieser fordert unbedingten Gehorsam gegenüber höherrangigen Mitgliedern und übergeordneten Strukturen auch im Sinne einer Beistandspflicht (...). Diese auf polizeilichen Ermittlungen und Erfahrungswerten beruhende Einschätzung ist nach Auffassung des Gerichts durch die Angaben des Klägers bestätigt worden. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Fragen nach einem Ehrenkodex angegeben, dass ihm bekannt sei, dass von einem solchen „erzählt“ werde. Dass es einen solchen Ehrenkodex aber nur als gleichsam historisches Gerücht gebe, diesem nur floskelhafte Bedeutung zukomme, er aber aktuell nicht gelte und nicht beinhalte, sich übergeordneten Strukturen, insbesondere dem Bundesverband, unterzuordnen, konnte für das Gericht nach den Einlassungen des Klägers damit nicht belegt werden.
77 
Die Geltung der Loyalitätsverpflichtung über die regionalen Gruppierungen hinaus kommt in der Vernetzung aller zu den „Outlaws MC“ gehörenden Mitglieder zum Ausdruck und wird durch die starken nationalen und internationalen Bindungen der einzelnen Organisationseinheiten - im Falle des „Outlaws MC“ der Chapter - untereinander deutlich (...). Dabei haben sich die nationalen Chapter jedenfalls einer für Deutschland („Outlaws MC Germany“) bestehenden Hierarchie unterzuordnen, was bereits durch die Einbindung über die Satzungsregelungen erfolgt. So können - so der Kläger in der mündlichen Verhandlung - die einzelnen Chapter nur in dem vom Bundesverband vorgegebenen Rahmen Regelungen treffen. In der Bundessatzung enthaltene Regelungen sind auch für die örtlichen Mitglieder maßgeblich. Der Kläger führte zudem aus, dass dem Bundesvorstand auch die Kompetenz zukomme, bei internen Streitigkeiten innerhalb eines Chapter zu schlichten.
78 
Die über das regionale Chapter hinausgehende Vernetzung aller Mitglieder drückt sich auch in den bundes-, europa- und sogar weltweit für Mitglieder des „Outlaws MC“ organisierten diversen Veranstaltungen aus. Dabei kommen Mitglieder zwangsläufig in Berührung mit den Mitgliedern anderer Chapter und es werden Verbindungen geknüpft (...). Der Kläger selbst schilderte insoweit bestehende freundschaftliche Verbindungen zu anderen Chaptern.
79 
Das Bestehen dieser bestimmenden Strukturmerkmale deckt sich mit den mehrjährigen Erkenntnissen des LKA Baden-Württemberg. Dieses berichtet ebenfalls davon, dass die Betroffenen ihre Loyalität gegenüber dem Club auf vielfältige Art beweisen müssen, um in eine jeweils höhere Rangstufe zu gelangen (vgl. Stellungnahmen des LKA Baden-Württemberg vom 27.10.2017 und vom 09.04.2021, jeweils S. 9). Und weiter (Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 9):
80 
Dies schließt auch die Begehung von Straftaten mit ein. Sie bewegen sich im Club in einem hierarchisch geprägten Unterstellungsverhältnis. Deshalb besteht nicht nur bei herausgehobenen Funktionsträgern, sondern gerade auch bei einfachen Mitgliedern und Anwärtern die besondere Gefahr von kriminellen Aktivitäten und damit einhergehendem missbräuchlichen Waffeneinsatzes um sich im Sinne des Clubs zu bewähren.
81 
Aufgrund des streng hierarchischen Aufbaus innerhalb der OMCG sowie der damit verbundenen Über- und Unterordnungsregeln kann davon ausgegangen werden, dass ein vereinsbezogenes Handeln der Prospects und Hangarounds nicht ohne Kenntnis der Verantwortlichen stattfindet. Auch wird im Zusammenhang mit Angelegenheiten des Clubs kein Handeln ohne die Erlaubnis oder zumindest die Kenntnisnahme des Präsidenten oder seinem Vertreter erfolgen.
82 
Zwar gesteht auch das LKA Baden-Württemberg zu, dass die Europäische Satzung der American Outlaws Association vorschreibt, dass kriminelle Handlungen der Mitglieder oder Aufforderungen hierzu nicht geduldet werden. Es konstatiert aufgrund der ihm vorliegenden Erkenntnisse jedoch ebenfalls (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 10, 24):
83 
Der Outlaws MC vermittelt wie andere OMCG vordergründig das Bild einer elitären Bruderschaft, in dem Ehre und gegenseitiger Respekt, brüderliche Unterstützung in jeder Lebenslage sowie die Unantastbarkeit von herausragender Bedeutung sind und dass alle Outlaws Mitglieder unter dem Schutz des Clubs stehen. Der Outlaws MC sieht in seinen Clubregeln vor, dass straffällig gewordene Mitglieder ausgeschlossen werden.
84 
Die Realität stellt sich jedoch anders dar.
85 
Hier liegen keine Erkenntnisse vor, dass straffällige Mitglieder aufgrund begangener Straftaten aus dem Club ausgeschlossen wurden. Ein Mitglied des Outlaws MC Esslingen wurde offenkundig nicht wegen seiner Straffälligkeit, sondern als Reaktion auf seine Aussage vor dem Landgericht Kleve, aus dem Club ausgeschlossen. Sein ebenfalls verurteilter Auftraggeber ist immer noch Mitglied beim Outlaws MC Stuttgart.
...
86 
Der Verein führt, wie dargestellt, das 1%er-Patch und distanziert sich entgegen seiner Satzung regelmäßig nicht von straffälligen Mitgliedern. Die Mitglieder können bei der Begehung von Straftaten und auch in der Folge auf die Unterstützung des Vereins zählen. Insbesondere wenn hierbei die „Kutte“ getragen wurde.
87 
Alle Mitglieder des Outlaws MC müssen, wie der Vorfall vom 15.10.2010 in Bad Kreuznach zeigt, damit rechnen, vom Club zur Verteidigung von Vereinsinteressen herangezogen zu werden. In diesen Fällen muss mit der Verwirklichung von Straftatbeständen, insbesondere von Rohheits-, Waffen- und Nötigungsdelikten gerechnet werden.
88 
Grundsätzlich muss festgestellt werden, dass im Bereich der Rockerkriminalität ein hohes Dunkelfeld verzeichnet wird, da das Anzeigeverhalten im Rockerumfeld bzw. gegen Rocker allgemein sehr zurückhaltend ist. Insbesondere wenn die „Kutte“ als Abschreckung oder zur Einschüchterung getragen wurde oder die Mitgliedschaft des Täters in einem Rockerclub bekannt ist. Die „Erinnerungslücken“ des Zeugen vom Sachverhalt am 15.09.2010 im Zusammenhang mit den Mitgliedern des Chapter Outlaws MC Horb lassen auf diese Wirkung schließen. Hinzu kommt das innerhalb der Rockerszene streng beachtete und sanktionierte „Gesetz des Schweigens“.
89 
Des Weiteren legt auch das LKA Baden-Württemberg nachvollziehbar und im Einzelnen dar, warum dem Outlaws MC Gebietsansprüche und deren Geltendmachung gegenüber anderen zu eigen sind, wenngleich weiterhin keine offenen territorialen Konflikte unter den OMCG zu verzeichnen sind (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 27 f.).
90 
Auch der Kläger hat die Bedeutung der (Pflicht-)Treffen innerhalb des Outlaws MC bestätigt und von dem sich über einen längeren Zeitraum hinziehenden Aufnahmemodus berichtet. Zum Umgang mit straffälligen Mitgliedern hat er im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dies führe zum Ausschluss, wenn jemand den Club schädige und dadurch nicht mehr tragbar geworden sei. Allerdings gab er relativierend an, man schaue sich genauer an, was passiert sei. Die meisten bekämen eine zweite Chance; es komme auf die Straftat an. Wenn diese dem Club schade, sei das Mitglied nicht mehr tragbar. Anders könne es aussehen, wenn jemand beispielsweise „seine Frau ohrfeigt“. Auch das vom Bevollmächtigten des Klägers als „Unglücksrabe“ bezeichnete Mitglied des Outlaws MC, Chapter Miltenberg, das am 12.01.2019 eine Tankstelle überfallen und im Nachgang wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden ist, könne man „nicht hängenlassen“; was danach geschehe, werde man sehen. Vor diesem Hintergrund muss nicht der Frage weiter nachgegangen werden, ob – wie es das Verwaltungsgericht Stuttgart angenommen hat – im Outlaws MC eine sog. Jailliste geführt wird, in der die inhaftierten Mitglieder nebst Anschrift der Justizvollzugsanstalt aufgeführt werden, um eine Unterstützung durch die Club-Kameraden zu ermöglichen. Dass das Verwaltungsgericht Karlsruhe dies – wie der Kläger meint – im Parallelverfahren als Erfindung des LKA „entlarvt“ hätte, kann der Senat gleichwohl nicht erkennen.
91 
Den vorgenannten Feststellungen und über mehrere Jahre hinweg gewonnenen Erkenntnissen sowie Erfahrungswerten schließt sich der Senat vollumfänglich an. Danach steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass die Begehung von Straftaten bzw. die Ausübung von Gewalt gegenüber Dritten oder anderen OMCG ein prägendes Strukturmerkmal des Outlaws MC darstellt. Die gewaltsamen Angriffe auf Außenstehende bzw. gewalttätigen Auseinandersetzungen haben nicht nur in der Vergangenheit zum spezifischen Erscheinungsbild des Outlaws MC gehört. Sie sind nach den vorliegenden Erkenntnismitteln auch weiterhin immanenter Bestandteil des „Vereinslebens“.
92 
Dem steht entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht der vom LKA Baden-Württemberg vorgelegte interne Bericht von (ehemaligen) Mitgliedern des Outlaws MC entgegen. Er bestätigt vielmehr die den Outlaws MC bestimmenden Strukturmerkmale, sodass der Senat der Auffassung des Klägers, Sachverhalte würden einseitig oder überzogen geschildert, nicht zu folgen vermag.
93 
So veranschaulicht der Bericht, der Äußerungen verschiedener Chapter in sich vereint, die zwischen den einzelnen Chaptern bestehenden Interdependenzen. In den dort teils wiederholt gewählten Formulierungen kommt zudem die auf eine enge Verbundenheit und Loyalität angelegte Zusammengehörigkeit („Bruder“) und die Betonung der „Eigenschaft“ der „1%er“ in Abgrenzung zu Dritten zum Ausdruck. Mitglieder anderer OMCG werden als „Konkurrenten“ bezeichnet, gleichzeitig wird deutlich gemacht, dass sich die Mitglieder des Outlaws MC der „Liga der Big 5“ zuordnen und damit auf Augenhöhe mit den weiteren „1%er“ OMCG sehen. Auch anhand dessen zeigt sich, dass die Äußerung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, für ihn habe das entsprechende Patch keine besondere Bedeutung und er habe keinen besonderen Bezug hierzu, lediglich eine Schutzbehauptung darstellt, mit der (auf persönlicher Ebene) eine Bagatellisierung herbeigeführt werden soll.
94 
Ebenso zeigt sich unter anderem anhand der sinngemäßen Äußerung in Bezug auf einen „Verräter“, der Spruch „God forgives – Outlaws don´t“ werde ins Lächerliche gezogen, die Erwartungshaltung, dass auf vermeintliche Verstöße oder Angriffe von außen unter Missachtung des staatlichen Gewaltmonopols eine Reaktion des Outlaws MC folgt. So wird etwa moniert, dass bei anderen Clubs „Reaktionen auf Aktionen“ folgen, während umgekehrt das Ausbleiben von Konsequenzen („Es hatte keine Konsequenzen“ / „Brüder im Stich gelassen“) missbilligt wird. Insoweit fügt sich ein, dass das Untätigbleiben bei einer Auseinandersetzung mit Mitgliedern des Hells Angels MC als Versagen (dies hatte mutmaßlich das Ausscheiden der betreffenden Person aus dem Outlaws MC zur Folge) und – in einem anderen Fall – die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft als Verrat aufgefasst werden. Letzteres spiegelt sich auch in der Allgemeinen Satzung des Outlaws MC Germany wider, nach der eine „nicht beschlossene Zusammenarbeit mit jeglichen Behörden“ zu einem unehrenhaften Ausschluss führen kann. Dass es sich hierbei, wie der Kläger meint, lediglich um eine uralte Richtlinie handeln solle, erscheint dem Senat in Ansehung des internen Berichts und der Erkenntnisse des LKA Baden-Württemberg nicht nachvollziehbar.
95 
An der Authentizität des internen Berichts hat der Senat keine Zweifel. Auch das LKA Baden-Württemberg hat im Rahmen seiner Stellungnahme vom 09.04.2021 ausführlich und plausibel dargelegt, aus welchen Gründen es von der Echtheit des Dokuments ausgeht. Hierauf wird verwiesen (vgl. Stellungnahme des LKA Baden-Württemberg vom 09.04.2021, S. 22 f.). Gegenteiliges hat auch der Kläger nicht behauptet, sondern lediglich vorgetragen, der Bericht stamme von einer „Gruppe interner Kritiker, die später zu einem anderen Club gewechselt sind“.
96 
Die Praxis der gewaltsamen Austragung von szenetypischen Rivalitäten und Konflikten mit anderen Rockergruppierungen, aber auch die Gewalt gegenüber Dritten ist danach als wesensprägendes Strukturmerkmal des Outlaws MC anzusehen.
97 
Der in diesem Zusammenhang hilfsweise gestellte Beweisantrag des Klägers, ein statistisches Gutachten bei einem anerkannten Kriminologen oder Rechtssoziologen zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass die waffenbezogene Delinquenz eines Mitglieds des Outlaws MC nicht signifikant abweicht von der waffenbezogenen Delinquenz des Bevölkerungsdurchschnitts, bleibt ebenfalls ohne Erfolg, da die unter Beweis gestellte Tatsache für die Entscheidung ohne Bedeutung ist (§ 244 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO analog; s. hierzu BVerwG, Beschluss vom 18.10.2012 - 8 B 18.12 -, NVwZ-RR 2013, 125 ).
98 
4.2 Eine umfassende und glaubhafte Distanzierung von den gewaltsamen Angriffen auf Außenstehende oder gewalttätigen Auseinandersetzungen mit anderen Motorradclubs in der Vergangenheit hat bisher nicht stattgefunden.
99 
Hierzu hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem erstinstanzlichen Urteil vom 19.02.2019 (8 K 3269/16) zum parallel geführten Verfahren 6 S 756/19 ausgeführt:
100 
Nach den Ausführungen des Landeskriminalamts Baden-Württemberg ist zwar in der Europäischen Satzung der American Outlaws Association, die die Regeln des Outlaws MC beinhaltet, festgehalten, dass kriminelle Handlungen der Mitglieder oder Aufforderungen hierzu nicht geduldet werden. Auch vermittle der Outlaws MC wie andere OMCGs vordergründig das Bild einer elitären Bruderschaft, in dem Ehre und gegenseitiger Respekt, brüderliche Unterstützung in jeder Lebenslage sowie die Unantastbarkeit von herausragender Bedeutung seien. Auch sehe der Outlaws MC in seinen Clubregeln vor, dass straffällig gewordene Mitglieder ausgeschlossen würden. Dies stelle sich in der Realität jedoch anders dar. Es lägen keine Erkenntnisse vor, dass straffällige Mitglieder aufgrund begangener Straftaten aus dem Club ausgeschlossen worden seien. Ein Mitglied des Outlaws MC Chapter Esslingen sei offenkundig nicht wegen seiner Straffälligkeit (vgl. Vorfall 20), sondern als Reaktion auf seine Aussage vor dem Landgericht Kleve, aus dem Club ausgeschlossen worden. Sein ebenfalls verurteilter Auftraggeber sei immer noch Mitglied des Outlaws MC Chapter Stuttgart (vgl. LKA Baden-Württemberg, Amtliche Auskunft vom 27.10.2017, S. 10). Auch wurden nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes ein Prospect sowie ein Hangaround trotz der Verurteilung zu Freiheitsstrafen wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (vgl. Vorfall 7) später als Member aufgenommen (vgl. LKA Baden-Württemberg, Amtliche Auskunft vom 27.10.2017, S. 19). Auch der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2018 bestätigt, dass der betreffende Prospect mittlerweile Mitglied des Outlaws MC sei.
101 
Dass ein gewaltsamer Angriff auf andere Rockergruppen nicht konsequenterweise zum Ausschluss führt, zeigt auch der unter (2) dargestellte Vorfall, bei dem die beiden Angeklagten am 03.04.2010 Schüsse auf eine Gaststätte abgegeben hatten, in der sie die verfeindete Gruppierung Red Devils vermuteten. Aus der aufgrund des Beweisantrags Nr.12a beigezogenen Akte des Amtsgericht Villingen-Schwenningen (- Ls 26 Js 12672/11 jug. -) ergibt sich zwar, dass die beiden Angeklagten zum Zeitpunkt der Verurteilung keine Mitglieder des Outlaws MC mehr waren. Dies steht nach der Überzeugung der Kammer jedoch nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Straftat. Denn ein Angeklagter gab an, er sei seit Ende 2008 Prospect gewesen und im November 2010, das heißt nach der Tat, Vollmitglied geworden. Er habe wegen verschiedener Probleme mit anderen Mitgliedern im Februar 2011 in das Chapter Schweiz gewechselt, das er wegen einer Auseinandersetzung mit einem Prospect dann verlassen habe (vgl. Akte AG Villingen-Schwenningen - 9 Ls 26 Js 12672/11 jug. -, Bl. 621).
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Auch die Angabe des als Zeugen in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2018 vernommenen Präsidenten des Outlaws MC Chapter Bad Kreuznach, der frühere Seargent at Arms des Chapters Bad Kreuznach sei unmittelbar nach der Urteilsverkündung am Landgericht Mainz durch Beschluss des Chapters ausgeschlossen worden, da dieser Waffen im Clubhaus deponiert habe (vgl. Vorfall 5), belegt nicht, dass der Outlaws MC sich umfassend und konsequent von Straftaten distanziert. Denn andere Mitglieder des Outlaws MC Chapter Bad Kreuznach, unter anderem der Zeuge, wurden ebenfalls wegen waffenrechtlicher Verstöße und wegen gefährlicher Körperverletzung vom Landgericht Mainz zu Freiheitsstrafen verurteilt (vgl. LG Mainz, Urteil vom 31.01.2013 - 3330 Js 30659/10-1 KLs -); sie wurden jedoch trotz der Beteiligung an einem gewaltsamen Angriff auf Mitglieder eines anderen Motorradclubs nicht aus dem Outlaws MC ausgeschlossen.
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Der Vortrag des Klägers, das Chapter Main-Tauber sei wegen der unter (9) dargestellten Vorfälle aufgelöst worden, überzeugt das Gericht nicht. Die Tatsache, dass das Chapter aufgelöst wurde, kann zwar als wahr unterstellt werden. Dies hat auch die amtliche Auskunftsperson KOK ... in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2018 bestätigt. Nach dessen glaubhaften Angaben wurde das Chapter jedoch erst zum Jahreswechsel 2016/2017 aufgelöst. Die Vorfälle hatten jedoch bereits 2012 stattgefunden. Es wird daher von der Kammer als fernliegend angesehen, dass diese Vorfälle der Grund für die Auflösung des Chapters waren.
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Auch die Aussage des in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2018 als Zeugen vernommenen Präsidenten des Outlaws MC Chapter Bad Kreuznach, er habe von den Vorstandsmitgliedern des Outlaws MC Deutschland erfahren, dass das Chapter Ahrweiler geschlossen worden sei, belegt nicht, dass die Schließung des Chapters aufgrund einer grundsätzlichen Distanzierung von Straftaten erfolgt ist. Denn weitere Ausführungen, insbesondere zu den Hintergründen der Schließung, hat der Zeuge nicht gemacht. Es ist ohne weiteres denkbar, dass die Schließung andere Hintergründe gehabt hat, wie etwa Meinungsverschiedenheiten oder die Nichtbefolgung von Weisungen.
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Im Übrigen reichen nach Überzeugung der Kammer nur vereinzelte Ausschlüsse von Mitgliedern nicht aus, um von einer umfassenden und konsequenten Distanzierung des Outlaws MC von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Konfliktlösungen, wie sie oben dargestellt wurden, ausgehen zu können.
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Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich der Senat an (so auch im Urteil vom heutigen Tag im Parallelverfahren 6 S 756/19).
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Auch dem Vortrag des Klägers im vorliegenden Verfahren ist keine glaubhafte Distanzierung von den gewalttätigen Auseinandersetzungen sowie dem straffälligen Verhalten von Clubmitgliedern zu entnehmen. Die wiederholte Angabe, dass es nur dann sicher zu einem Ausschluss eines Mitglieds komme, wenn die strafbare Handlung dem Club schade, spricht insoweit für sich. Auch die Bezeichnung des Mitglieds, das am 12.01.2019 mit einer Schusswaffe eine Tankstelle überfiel, als „Unglücksrabe“ ist ersichtlich verharmlosend und widerspricht dem Vortrag des Klägers, im Rahmen der Aufnahmephase wolle man beobachten, ob das künftige Mitglied straffrei lebe. Denn nach den Feststellungen des LKA Baden-Württemberg (unter Bezugnahme auf das Strafurteil) war dieses Mitglied bereits seit seiner Jugend – und damit vor der Aufnahme in den Outlaws MC – vielfach und einschlägig vorbestraft. Gleichwohl wurde es seinerzeit aufgenommen und ist weiterhin Mitglied. Schließlich spricht auch die Anmerkung des Klägers zum dargelegten Vorfall vom 15.10.2010 in Bingen, Motorradfahrer seien „nun einmal etwas robuster in ihren Umgangsformen“, gegen eine belastbare Distanzierung von gewalttätigem Verhalten.
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Jenseits der Behauptungen des Klägers fehlt es auch an Anhaltspunkten dafür, dass die in dem internen Bericht kritisierte mangelnde Schlagkräftigkeit des Outlaws MC dessen Neuausrichtung – namentlich der „demokratischen und ruhigen Art“, wie es der Kläger formuliert hat – geschuldet ist. Der Vortrag des Klägers ist hier wie auch an anderer Stelle als verfahrensangepasst zu werten. So hat der Kläger etwa im Rahmen seiner Berufungsbegründung die Gebietsansprüche von OMCG als „Erfindung der Polizei“ abgetan, während er in Reaktion auf den internen Bericht den „radikalen Führungswechsel“ darauf zurückgeführt hat, dass die „alten Kader, für die so etwas wie Revierkämpfe noch zum Bild des 1%ers gehörten“, abgelöst worden seien.
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In dem Bericht wird vielmehr eine Zerrissenheit innerhalb des Outlaws MC deutlich, die auf persönlichen Abneigungen zu beruhen scheint. Ein „Strategiewechsel“ manifestiert sich hierin jedoch gerade nicht. Auch im Übrigen fehlt es an (offiziellen) Verlautbarungen, die als umfassende und glaubhafte Distanzierung von dokumentierten, bis in die jüngste Vergangenheit reichenden gewaltsamen Zusammenstößen mit Dritten oder anderen OMCG gewertet werden könnten.
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5. In Anbetracht der zuvor geschilderten Strukturen besteht nach allgemeiner Lebenserfahrung für Mitglieder des Outlaws MC – und mithin auch für den Kläger – das plausible Risiko, in gewaltsame Auseinandersetzungen anderer Gruppenmitglieder hineingezogen zu werden. Aufgrund der bundesweiten Vernetzung der einzelnen Chapter und des hohen Loyalitätsdrucks, der aus dem starken Verbundenheitsempfinden der Mitglieder des Outlaws MC untereinander folgt, ist zur Überzeugung des Senats nicht nur davon auszugehen, dass sich vorgenanntes Risiko bei jedem Chapter und bei jedem Mitglied zu jedem Zeitpunkt aktualisieren kann, sondern dass es überdies alles andere als fernliegend erscheint, dass auch chapterübergreifende Unterstützung bei Auseinandersetzungen geleistet wird.
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Daher besteht auch für den Kläger die Möglichkeit, dass er – selbst wenn er dies persönlich nicht anstreben sollte oder sogar für sich vermeiden wollte – künftig in gewaltsame Auseinandersetzungen hineingezogen wird. Tritt dieser Fall ein, liegt es wiederum nicht fern, dass er hierbei – ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation – Waffen missbräuchlich verwenden oder Nichtberechtigten überlassen wird. Es ist somit gerade die Gruppenzugehörigkeit des Klägers, die bei der hier ausgehend vom Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung anzustellenden Prognose, an die keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen, erwarten lässt, dass der Kläger künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen und sich daher als waffenrechtlich unzuverlässig erweisen wird.
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Zu keiner anderen rechtlichen Wertung führt, dass der Kläger bislang weder strafrechtlich noch waffenrechtlich negativ in Erscheinung getreten ist. Hierbei handelt es sich zwar um Aspekte, die zugunsten des Klägers zu würdigen sind. Mit seiner Mitgliedschaft beim Outlaws MC – zumal in der hervorgehobenen Position als Präsident eines Chapters sowie als Vizepräsident des Outlaws MC Germany – hat er jedoch eine Tatsache geschaffen, die in Anbetracht der dargelegten Strukturmerkmale dieser Gruppierung nicht zu einer Prognoseänderung führt. Die Möglichkeit des Hineinziehens in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen ist aus den genannten Gründen zur Überzeugung des Senats auch bei solchen Mitgliedern der Outlaws MC gegeben, die sich bislang rechtskonform verhalten haben. Die Vorstellung, einzelne Mitglieder könnten sich gegen die wesensimmanente Tendenz der Gruppierung zur Gewalttätigkeit stemmen oder ihr zumindest persönlich ausweichen, muss im Lichte des hohen Geschlossenheitsgrades des Outlaws MC und des hieraus resultierenden Konformitätsdrucks als fernliegend eingeschätzt werden. Dass in der jüngeren Vergangenheit Anzeichen für eine interne Auseinandersetzung zutage getreten sind, ändert hieran nichts, da auch insoweit stets die besondere Verbundenheit und Loyalität hervorgehoben wird. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, einzelne örtliche Organisationseinheiten könnten für sich eine Sonderexistenz jenseits der gruppentypischen Praxis führen.
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Weitere zugunsten des Klägers sprechende Umstände sind nicht ersichtlich. Insbesondere wertet der Senat die Ausführungen des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, ihnen gehe es im Wesentlichen darum, gemeinsam Motorrad zu fahren, die Freiheit zu genießen und Feste zu feiern, als verfahrensangepasste Schutzbehauptung. Angesichts der festgestellten Strukturmerkmale und nach Würdigung der Gesamtumstände kann nicht davon ausgegangen werden, der Outlaws MC stehe Mitgliedern indifferent gegenüber, die in der Vereinigung lediglich eine „institutionalisierte“ Möglichkeit erblicken, gemeinsam Motorradausflüge zu unternehmen und Partys zu feiern, er mithin bereit ist, die Beliebigkeit, mit der der Kläger seine Mitgliedschaft begründet, zu dulden. Dies gilt im Besonderen im Fall des Klägers, der als Präsident eines Chapters und als Vizepräsident des Outlaws MC Germany eine herausgehobene Stellung einnimmt. Es ist – wie bereits der Hessische Verwaltungsgerichtshof entsprechend festgestellt hat – zudem nicht erklärlich, warum der Kläger, wenn für ihn lediglich das Motorradfahren und gesetzestreues kameradschaftliches Verbundensein unter Männern von Bedeutung ist, sich nicht außerhalb des Outlaws MC einer Vereinigung von Motorradfahrern angeschlossen oder eine solche gegründet hat. Eines Beitritts einschließlich der damit einhergehenden Loyalitätsbekundung zum Outlaws MC bedarf es nicht, um gemeinsam Motorrad zu fahren und Treffen abzuhalten (vgl. HessVGH, Urteil vom 07.12.2017 - 4 A 814/17 -, juris Rn. 79).
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Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht das Engagement des Klägers für seinen Arbeitgeber und die IG Metall, von dem er im Rahmen der Berufungsverhandlung mehrfach berichtet hat. Gleiches gilt für den Umstand, dass ihm als Vizepräsident des Outlaws MC Germany in dem bereits genannten, vom LKA Baden-Württemberg vorgelegten internen Bericht ein vermittelndes und schlichtendes Verhalten zugeschrieben wird. In einer Fallgestaltung wie der hier gegebenen sind in erster Linie die Strukturmerkmale der Gruppe und nicht die konkrete Persönlichkeitsstruktur des jeweiligen Mitglieds entscheidend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.02.2019 - 6 B 153.18 -, juris Rn. 7).
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Soweit der Kläger diesbezüglich hilfsweise die Einholung eines Präventiv-Prognose-Gutachtens durch einen geeigneten Sachverständigen zum Beweis der Tatsache beantragt hat, dass die waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Klägers nicht eingeschränkt ist, besteht ebenfalls keine Veranlassung, dem Beweisbegehren näherzutreten. Denn die Frage, ob Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Personen überlassen wird, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind, erfordert grundsätzlich nicht die Hinzuziehung eines Sachverständigen. Das Gericht bewegt sich mit einer entsprechenden tatsächlichen Würdigung in der Regel in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die dem Richter allgemein zugänglich sind (vgl. BayVGH, Beschluss vom 14.12.2018 - 21 ZB 16.1678 -, MMR 2019, 770 ). Dass hiervon im vorliegenden Fall nicht auszugehen ist, hat der Kläger nicht hinreichend dargetan, sondern lediglich einen Bezug zu § 6 Abs. 2 WaffG und der hier nicht einschlägigen persönlichen Eignung hergestellt. Auch für den Senat sind nach eigener Prüfung keine entsprechenden Anhaltspunkte ersichtlich.
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6. Der Kläger ist zudem als Erwerbswilliger im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG einzustufen.
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Eine Person ist nicht erst dann als erwerbswillig zu qualifizieren, wenn sie einen Erwerbswillen geäußert hat oder ein solcher Wille trotz ausdrücklicher Verneinung nachweislich besteht. Der Erwerb muss auch nicht aktuell gewollt oder jedenfalls in absehbarer Zeit zu erwarten sein. Für das Tatbestandsmerkmal der „Erwerbswilligkeit“ ist es vielmehr ausreichend, dass konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, der Betroffene wolle (künftig) in den Besitz von Waffen bzw. Munition gelangen. Für diese Erwartung ist keine konkrete Gefahr im Sinne des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts erforderlich, sondern das gesetzliche Konzept der Gefahrenvorsorge gilt auch für die Erwerbsprognose. Als erwerbswillig ist danach eine Person anzusehen, bei der die durch Tatsachen gerechtfertigte Erwartung im Sinne der allgemeinen Besorgnis besteht, sie werde im Zeitraum voraussichtlich fortbestehender Unzuverlässigkeit in den Besitz von Waffen oder Munition gelangen wollen (vgl. HambOVG, Urteil vom 11.01.2011 - 3 Bf 197/09 -, DVBl. 2011, 704 ; VG Freiburg, Urteil vom 02.07.2019 - 3 K 5562/18 -, juris Rn. 34).
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Ausgehend hiervon hat auch der Kläger als erwerbswillig im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG zu gelten. Denn es besteht aufgrund seiner Gruppenzugehörigkeit zum Outlaws MC bei gleichzeitigem Fehlen durchgreifender, zu seinen Gunsten zu wertender Gesichtspunkte, die allgemeine Besorgnis, im Zeitraum voraussichtlich fortbestehender Unzuverlässigkeit in den Besitz von Waffen oder Munition gelangen zu wollen.
119 
7. Wie das Verwaltungsgericht bereits dargelegt hat, hat die Beklagte das ihr nach § 41 Abs. 1 Satz 1 WaffG eingeräumte Ermessen (vgl. § 40 LVwVfG) rechtsfehlerfrei ausgeübt. Soweit der Kläger dem Verwaltungsgericht vorwirft, es hätte sich bei der Prüfung des Ermessens fragen müssen, weshalb überhaupt derzeit ein Einschreiten der Waffenbehörde erforderlich sei, wenn doch schon seit Jahren keine Gebietskonflikte schwelten, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn es erschließt sich nicht, inwiefern es sich hierbei in Anbetracht der zahlreichen Vorfälle mit Gewaltbezug in der Vergangenheit und der bestimmten bzw. bestimmenden Strukturmerkmale um einen für die Ausübung des Ermessens relevanten Gesichtspunkt handeln soll.
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Der sinngemäße Einwand des Klägers, der angefochtene Bescheid sei unverhältnismäßig, da ihm verboten werde, sich erlaubnisfreie Waffen zuzulegen, obwohl er dies nicht beabsichtige, verfängt nicht. Denn die Frage der Erwerbswilligkeit beurteilt sich nach den vorgenannten (siehe 6.) rechtlichen Maßstäben und stellt keinen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit relevanten Aspekt dar. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger der Sache nach rügt, die Anlage 2 zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG („Waffenliste“) sei einerseits unvollständig, da von ihr Gegenstände nicht erfasst würden, die jedermann zuhause habe und von denen eine Gefahr ausgehen könne, und enthalte andererseits auch Gegenstände, von denen ersichtlich gerade keine Gefahr ausgehe. Denn es obliegt dem Gesetzgeber aufgrund seines Beurteilungsspielraums zu definieren, welche Gegenstände als Waffen anzusehen sind und welche dieser Waffen er als verboten, erlaubnispflichtig oder erlaubnisfrei qualifiziert.
121 
Die Beklagte war entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht gehalten, als milderes Mittel ein in zeitlicher Hinsicht definiertes Teilverbot anzuordnen, mit dem dem Kläger der Erwerb und Besitz von erlaubnisfreien Waffen lediglich in der Zeit untersagt wäre, in der er die Kutte des Outlaws MC trägt. Dass die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung anerkennt, dass der Kläger in seinem „normalen“ und beruflichen Leben einen unauffälligen Lebenswandel an den Tag lege, jedoch davon ausgeht, dass er, sobald er die Kutte des Outlaws MC ... anziehe, den Regeln der Szene unterliege, lässt nicht darauf schließen, dass von einer zeitlichen Trennbarkeit der jeweiligen Lebensbereiche ausgegangen werden könnte. So hat der Kläger selbst vor dem Verwaltungsgericht vorgetragen, das Rockertum sei eine Lebenseinstellung und die Zugehörigkeit zum Club spiele für ihn nicht nur in der Freizeit eine Rolle, sondern stets und ständig. Die beschriebenen Gefahren können sich daher jederzeit realisieren.
122 
8. Die vom Kläger hilfsweise beantragte Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht kommt nicht in Betracht; denn die Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere ist eine weitere Verhandlung der Sache nicht erforderlich.
II.
123 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
III.
124 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 1.14 -, NJW 2015, 3594 ; Beschluss vom 10.07.2018 - 6 B 79.18 -, NJW 2018, 2812 ; Beschluss vom 15.02.2019 - 6 B 153.18 -, juris). Der Bevollmächtigte des Klägers nimmt in diesem Zusammenhang nicht hinreichend in den Blick, dass das Bundesverwaltungsgericht an die in dem angefochtenen (bzw. anzufechtenden) Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen, hinsichtlich derer er weiteren Aufklärungsbedarf sieht, grundsätzlich gebunden ist (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO).
125 
Beschluss vom 12. Mai 2021
126 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.08.2017 - 1 S 536/17 -, n.v.).
127 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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