Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 13 S 3017/21

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. September 2021 - 3 K 3866/20 - aufgehoben, soweit dort die Bewilligung von Fahrtkosten zum Termin zur mündlichen Verhandlung abgelehnt worden ist. Insoweit wird die Sache an das Verwaltungsgericht ... zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die zu erhebende Gerichtsgebühr wird auf die Hälfte ermäßigt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Reisekosten für die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung.
Mit Gemeinsamen Antrag vom 18.05.2015 beantragte die Klägerin für das Antragsjahr 2015 unter anderem die Erstzuweisung von Zahlungsansprüchen (ZA), die Bewilligung von Direktzahlungen (DZ) sowie die Bewilligung von Leistungen aus dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT). Am 01.06.2015 meldete die Klägerin verschiedene Flächen nach.
Mit Bescheiden vom 07.04.2016 wies das Landratsamt ... - Landwirtschaftsamt - (im Folgenden: Landratsamt) der Klägerin 17,84 Zahlungsansprüche sowie Direktzahlungen i. H. v. 4.584,41 EUR zu. Dabei erfolgten sanktionsfreie Flächenabzüge i. H. v 17,4545 ha. Diese wurden teils damit begründet, dass es an einer Schlagskizze fehle (Begründung 5232 bzw. 5231), teils damit, dass die Schlaggröße unter 0,1 ha liege (Begründung 5210). Daneben erfolgten sanktionsrelevante Flächenabzüge i. H. v. 1,5063 ha. Diese erfolgten teilweise, weil nach Überprüfung im Rahmen der Verwaltungs- und Vor-Ort-Kontrolle Abweichungen zur beantragen Flächen festgestellt worden seien (Begründung 6250), teilweise, weil im Rahmen der Verwaltungskontrolle die beantragte landwirtschaftliche Nutzung nicht festgestellt habe werden können (Begründung 7322), und teilweise, weil die Fläche nicht von der Klägerin bewirtschaftet worden sei (Begründung 7201). Hinsichtlich der Direktzahlungen erfolgte darüber hinaus ein Abzug, weil der Antrag verspätet gestellt worden sei.
Mit Bescheid vom 13.04.2016 bewilligte das Landratsamt der Klägerin außerdem Ausgleichsleistungen aus dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) i. H. v. 1.416,40 EUR. Auch insoweit erfolgten diverse Abzüge und Kürzungen.
Die Klägerin erhob gegen sämtliche Bescheide Widerspruch. Das Regierungspräsidium ... (im Folgenden: Regierungspräsidium) änderte daraufhin die Bescheide des Landratsamts hinsichtlich der Zuweisung der Zahlungsansprüche und Direktzahlungen nach Anhörung der Klägerin teils zu ihren Gunsten, teils zu ihren Lasten ab, wies die gegen diese Bescheide erhobenen Widersprüche im Übrigen zurück und wies das Landratsamt an, die Klägerin insoweit neu zu bescheiden. Hinsichtlich der Bewilligung von Leistungen aus dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) wies das Regierungspräsidium nach Anhörung der Klägerin ihren Widerspruch zurück, hob den Bescheid hinsichtlich der Einhaltung der Verpflichtungen auf, änderte ihn nachteilig dahingehend ab, dass die bereits ausgezahlten Fördermittel vollständig zurückgefordert werden und wies das Landratsamt an, die Klägerin insofern neu zu bescheiden, als dass wegen Nichteinhaltung der 5-Jahres-Verpflichtung bereits ausgezahlte Leistungen vollständig zurückgefordert werden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid S. 9 ff. und insbesondere die diesem beigefügte Tabelle „Flächenabweichungen“ Bezug genommen.
Am 23.07.2020 erhob die Klägerin Klage und beantragte zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Am 23.06.2021 beantragte sie außerdem die Bewilligung von Reisekosten für die Teilnahme an der - ursprünglich auf den 29.09.2021 terminierten - mündlichen Verhandlung.
Mit Beschluss vom 14.09.2021 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Fahrtkosten zum Verhandlungstermin ab.
II.
Die nach § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige (§ 147 Abs. 1 VwGO) Beschwerde ist nur im tenorierten Umfang begründet.
1. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
10 
a) Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann auf ihren Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben, so wird unter den genannten Voraussetzungen gleichwohl ein Rechtsanwalt beigeordnet, wenn dies erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO). Auf Verlangen des Gerichts hat der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft zu machen (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 2 ZPO).
11 
Die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht dürfen wegen der verfassungsrechtlich nach Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 und Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen Aufgabe der Prozesskostenhilfe, dem Mittellosen den weitgehend gleichen Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen wie dem Bemittelten, nicht überspannt werden. Deswegen kann nicht verlangt werden, dass der Prozesserfolg annähernd gewiss und überwiegend wahrscheinlich ist. Vielmehr besteht eine hinreichende Erfolgsaussicht schon dann, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen, der Prozessausgang bei summarischer Prüfung mithin als offen erscheint. Die gebotene Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen; das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Es ist daher hinsichtlich der Frage, ob hinreichende Erfolgsaussichten gegeben sind, ein großzügiger Maßstab anzulegen (vgl. zu alledem: BVerfG, Beschlüsse vom 26.09.2020 - 2 BvR 1942/18 - juris Rn. 11 ff. und vom 29.11.2019 - 1 BvR 2666/18 - juris Rn. 11 f.).
12 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussicht ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidungsreife, also derjenige, in dem das Prozesskostenhilfegesuch vollständig, einschließlich der erforderlichen Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, vorliegt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.2013 - 10 S 243/12 - juris Rn. 3; BayVGH, Beschluss vom 09.03.2020 - 10 C 19.121 - juris Rn. 6).
13 
b) Gemessen hieran hat die Klägerin keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe.
14 
aa) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist vorliegend nicht schon deshalb zwingend zu versagen, weil die Klägerin ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht hat. Zwar ist nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 4 Satz 2 ZPO ein Prozesskostenhilfeantrag zwingend abzulehnen, wenn der Kläger innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft macht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet. Auch hat das Verwaltungsgericht die Klägerin vorliegend - zu Recht - zur (weiteren) Glaubhaftmachung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch Vorlage eines aktuellen Bescheids des Jobcenters aufgefordert (vgl. Bl. 316 d. Akte des Verwaltungsgerichts) und die Klägerin hat dieser Aufforderung bis heute keine Folge geleistet. Es fehlt jedoch an einer Fristsetzung durch das Verwaltungsgericht.
15 
Ob die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe tatsächlich rechtfertigen, kann anhand der Akten nicht abschließend geprüft werden. Weiterer Ermittlungen bedarf es insoweit jedoch nicht, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung jedenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
16 
bb) Mit ihrer - schwer verständlichen - Klage begehrt die Klägerin bei sachdienlicher Auslegung (§ 88 VwGO) die Zuweisung von Zahlungsansprüchen sowie die Bewilligung von Direktzahlungen und Leistungen aus dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) wie von ihr beantragt und hilfsweise die Aufhebung des Widerspruchsbescheids, soweit dieser zu ihrem Nachteil von den Bescheiden des Landratsamts abweicht.
17 
Die so verstandene Klage bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin hat voraussichtlich keinen Anspruch auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen, auf Bewilligung von Direktzahlungen und Ausgleichsleistungen aus dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) im von ihr beantragten Umfang. Soweit der Widerspruchsbescheid eine selbständige Beschwer enthält, dürfte dieser rechtmäßig sein und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen.
18 
(1) Die Klägerin hat voraussichtlich keinen Anspruch auf die Zuweisung von Zahlungsansprüchen über den bewilligten Umfang hinaus.
19 
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Zuweisung von Zahlungsansprüchen aus der nationalen Reserve ist Art. 30 Abs. 6 VO (EU) Nr. 1307/2013 i. V. m. Art. 28 Abs. 1 der delegierten VO (EU) Nr. 639/2014 in den für das Antragsjahr 2015 maßgeblichen Fassungen. Hiernach werden Betriebsinhabern, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen und über keine Zahlungsansprüche verfügen, eine Anzahl an Zahlungsansprüchen zugewiesen, die der Anzahl der beihilfefähigen Hektarflächen entspricht, über die er zu dem von der Kommission auf der Grundlage von Art. 78 Buchstabe b der VO (EU) Nr. 1306/2013 festgesetzten letztmöglichen Zeitpunkt für die Antragstellung auf Zuweisung oder Erhöhung des Werts von Zahlungsansprüchen verfügt. Dieser Zeitpunkt ist nach Art. 13 Abs. 1 der Durchführungs-VO (EU) Nr. 809/2014 i. V. m. § 21 Abs. 1 InVeKosV der 15.05.2015.
20 
Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass die Klägerin die Voraussetzungen für „Betriebsinhaber, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen“ nach Art. 30 Abs. 11 Buchstabe b VO (EU) Nr. 1307/2013, Art. 28 Abs. 4 delegierte VO (EU) Nr. 639/2014 erfüllt. Soweit die Zuweisung von Zahlungsansprüchen hinter dem Antrag der Klägerin zurückbleibt, beruht dies (ausschließlich) darauf, dass der Beklagte davon ausgeht, dass die entsprechenden Flächen entweder der Klägerin am 15.05.2015 nicht zur Verfügung standen oder aber nicht förderfähig sind.
21 
(a) Das Landratsamt hat die Flst.-Nrn. ..., ..., ... und ... abgezogen, weil die jeweilige Fläche nicht von der Klägerin bewirtschaftet werde. Das Regierungspräsidium hat den Widerspruch der Klägerin insoweit zurückgewiesen. Hinsichtlich des Flst.-Nr. ... habe die Klägerin im Verwaltungsverfahren selbst angegeben, dass dieses von ihr nicht bewirtschaftet worden sei. Im Übrigen seien trotz Doppelbeantragung von der Klägerin keine Nachweise erbracht worden, dass ihr die rechtliche Verfügungsgewalt zukomme. Darüber hinaus hat das Regierungspräsidium sämtliche nachgemeldeten Flächen (Flst.-Nrn. ..., ..., ..., ..., ..., ..., ... und ...) zu Lasten der Klägerin ebenfalls abgezogen. Es hat insoweit ausgeführt, weshalb es Zweifel daran habe, dass die Flächen der Klägerin am 15.05.2015 zur Verfügung standen und dass die Klägerin diese Zweifel nicht auszuräumen vermocht habe.
22 
Die Klägerin selbst hat nichts vorgetragen, was diese Einschätzung des Landratsamts bzw. des Regierungspräsidiums in Frage stellen würde. Ihre Klageschrift verhält sich zu diesem Punkt überhaupt nicht; ihre Beschwerdeschrift erschöpft sich in der apodiktischen Behauptung, sämtliche Flächen, auf denen sie „seit Mitte März gearbeitet habe“ hätten ihr auch zur Verfügung gestanden, sonst hätte sie dort „nicht arbeiten können“. Auf die Argumente des Landratsamts bzw. Regierungspräsidiums geht sie nicht ein. Für den Senat sind aus der Akte auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Landratsamt bzw. das Regierungspräsidium es zu Unrecht für zweifelhaft gehalten haben könnte, dass der Klägerin die genannten Flächen am 15.05.2015 zur Verfügung gestanden haben.
23 
(b) Das Landratsamt hat Abzüge vorgenommen hinsichtlich der Flst.-Nrn. ..., ... und ... wegen des Fehlens einer Schlagskizze, hinsichtlich der Flst.-Nrn. ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ... und ... weil die Schlaggröße unter 0,1 ha liege, hinsichtlich der Flst.-Nrn. ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ... und ... weil nach Überprüfung im Rahmen der Verwaltungs- und Vor-Ort-Kontrolle Abweichungen zur beantragen Flächen festgestellt worden seien und hinsichtlich der Flst.-Nrn. ... und ... weil im Rahmen der Verwaltungskontrolle die beantrage landwirtschaftliche Nutzung nicht festgestellt habe werden können. Das Regierungspräsidium hat insoweit hinsichtlich der Flst.-Nrn. ..., ..., ... und ... eine geringfügige Erhöhung der beihilfefähigen Fläche vorgenommen. Allerdings wurde hinsichtlich des Flst.-Nr. ... die (verbleibende) Kürzung sanktionsrelevant vorgenommen. Im Übrigen wies das Regierungspräsidium den Widerspruch der Klägerin zurück. Darüber hinaus kürzte das Regierungspräsidium die beihilfefähige Fläche hinsichtlich der Flst.-Nrn. ..., ..., ..., ..., da insoweit Schläge unter 0,1 ha vorlägen und hinsichtlich der Flst.-Nr. ..., weil die Fläche nach einer Bruttoflächenüberprüfung geringer sei, als beantragt.
24 
Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was Zweifel an den erfolgten Kürzungen begründen würde. Ist die prozessuale Lage - wie vorliegend im Fall landwirtschaftlicher Subventionen - von vielfach kleinteiligen behördlichen Feststellungen zu einem bestimmten Zeitpunkt im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle geprägt, so ist der Kläger gehalten, substantiiert im Einzelnen unter Bezugnahme auf Flurstücke und Schläge zu den behördlichen Abzügen und Kürzungen vorzutragen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 23.02.2021 - 12 K 2987/20 - juris Rn. 56 [für den Fall der Rückforderung von landwirtschaftlichen Subventionen]). Daran fehlt es. Weder der Klage- noch der Beschwerdeschrift lassen sich auch nur ansatzweise konkrete Anhaltspunkte dafür entnehmen, hinsichtlich welcher Flst.-Nrn. und Schläge die vorgenommene Vermessung der (Brutto-)Fläche unzutreffend sein sollte.
25 
Soweit die Klägerin „eine Vorschrift, die die Bearbeitung kleiner Parzellen nicht bezahlt“ für rechtswidrig hält, begründet sie diese Ansicht nicht weiter. Diese Ansicht ist auch erkennbar unzutreffend. Ausweislich Art. 72 Abs. 1 UAbs. 2 VO (EU) Nr. 1306/2013 setzen die Mitgliedstaaten für die flächenbezogenen Direktzahlungen Mindestgrößen fest, die nicht über 0,3 ha liegen dürfen. Diese Mindestgröße ist in Baden-Württemberg nach Art. 18 Abs. 2 InVeKoSV i. V. m. § 1 Abs. 2 GAP-ReformVO auf 0,1 ha festgelegt. Wird die Mindestgröße abweichend festgelegt, gilt dies nicht nur für die Direktzahlungen, sondern bereits für die Zuweisung der Zahlungsansprüche (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.2021 - 3 C 8.20 - juris Rn. 12 ff.).
26 
Soweit die Klägerin Schwierigkeiten beim Erstellen des Gemeinsamen Antrags sowie eine aus ihrer Sicht mangelhafte Unterstützung durch das Landratsamt geltend macht, ist dies von vornherein ungeeignet, die erfolgten Flächenabzüge in Frage zu stellen. Denn die Voraussetzungen für die Zuweisung der Zahlungsansprüche müssen objektiv vorliegen.
27 
(2) Die Klägerin hat voraussichtlich auch keinen Anspruch auf Direktzahlungen über den bewilligten Umfang hinaus.
28 
Die Bewilligung von Direktzahlungen setzt nach Art. 32 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 eine Aktivierung von Zahlungsansprüchen voraus. Soweit die Klägerin keinen Anspruch auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen hat, kann sie von vornherein auch keine Direktzahlungen verlangen.
29 
Soweit der Klägerin Zahlungsansprüche zugewiesen, diese jedoch gekürzt wurden, dürfte dies nicht zu beanstanden sein. Nach Art. 13 Abs. 1 der delegierten VO (EU) Nr. 640/2014 verringern sich bei Einreichung eines Beihilfeantrags nach dem 15.05.2015 (vgl. Art. 13 Abs. 1 der Durchführungs-VO (EU) Nr. 809/2014 i. V. m. Art. 78 Buchstabe b der VO (EU) Nr. 1306/2013 i. V. m. § 21 Abs. 1 InVeKoSV) die Beihilfebeträge, auf die der Begünstigte bei fristgerechter Antragstellung Anspruch gehabt hätte, um 1 % je Arbeitstag Verspätung. Nach Art. 14 der delegierten VO (EU) Nr. 640/2014 verringern sich bei Einreichung eines Antrags auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen nach dem 15.05.2015 (vgl. Art. 13 Abs. 1 der Durchführungs-VO (EU) Nr. 809/2014 i. V. m. Art. 78 Buchstabe b der VO (EU) Nr. 1306/2013 i. V. m. § 21 Abs. 1 InVeKoSV) die Beträge, die für die Zahlungsansprüche an den Begünstigten zu zahlen sind, in dem betreffenden Jahr um 3 % je Arbeitstag.
30 
Dass Landratsamt oder Regierungspräsidium insoweit die Kürzungen unzutreffend berechnet hätten, macht die Klägerin selbst nicht geltend. Soweit sie sich auf - vermeintliche - Absprachen mit dem Landratsamt beruft, verkennt sie zum einen, dass es für die Frage, ob ein Anspruch auf die begehrten Direktzahlungen besteht, darauf ankommt, dass diese Voraussetzungen objektiv vorliegen, zum anderen vermengt die Klägerin in diesem Zusammenhang verschiedene Sachverhalte. Denn sie nimmt offenkundig Bezug auf - soweit ersichtlich zwischenzeitlich gekündigte - Verträge mit der Stadt ... und dem Regierungspräsidium ..., die die Beweidung bestimmter Flächen betreffen, jedoch in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den von der Klägerin beantragten Leistungen stehen.
31 
(3) Die Klägerin hat voraussichtlich keinen Anspruch auf die Bewilligung von Ausgleichsleistungen aus dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT).
32 
Da es keinen gesetzesunmittelbaren Anspruch auf Leistungen aus dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) gibt, kommt als Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Förderung lediglich der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in Betracht.
33 
Der Beklagte hat zur Vergabe von Leistungen aus dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) die VwV-FAKT erlassen. In Ziff. 4.2 der VwV-FAKT wird bestimmt, dass der Beihilfeempfänger eine (mindestens) fünfjährige Verpflichtung eingeht und jährlich einen Antrag stellen muss. Wird kein (weiterer) Antrag gestellt, so gilt dies als Kündigung der eingegangenen Verpflichtung und die Zuwendung ist grundsätzlich für die Vergangenheit zu erstatten. Nach den unbestrittenen Ausführungen des Beklagten hat die Klägerin für das Antragsjahr 2019 keinen Gemeinsamen Antrag mehr gestellt, sodass nach der genannten Verwaltungsvorschrift der Klägerin kein Anspruch auf die entsprechenden Leistungen zusteht und bereits geleistete Zahlungen zurückzugewähren sind. Zwar handelt es sich bei Ziff. 4.2 VwV-FAKT lediglich um eine Verwaltungsvorschrift; maßgeblich für die Selbstbindung der Verwaltung ist nicht der Wortlaut der Verwaltungsvorschrift, sondern ausschließlich die tatsächliche Verwaltungspraxis zum maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.11.2008 - 7 B 38.08 - juris Rn. 9 f.). Es ist vorliegend jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Beklagte eine von Ziff. 4.2 VwV-FAKT - die hinsichtlich der hier relevanten Teile auch keine Änderung seit Antragstellung erfahren hat - abweichende Verwaltungspraxis pflegen würde.
34 
(4) Soweit der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält, dürfte dies ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden sein. Wie ausgeführt, dürften die vom Regierungspräsidium vorgenommenen (weiteren) Kürzungen der beihilfefähigen Flächen ebenso wenig zu beanstanden sein wie die Rückforderung bereits an die Klägerin ausgekehrter Leistungen aus dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT).
35 
Soweit die Klägerin „Gegenansprüche“ geltend macht, dürfte dies der Rückforderung der bereits im Rahmen des Förderprogramms für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) geleisteten Zuwendungen nicht entgegenstehen. Eine allenfalls denkbare Aufrechnung kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil der Widerspruchsbescheid gerade keine (unmittelbare) Zahlungsverpflichtung zu Lasten der Klägerin enthält, sondern diese vielmehr erst der Umsetzung durch das Landratsamt bedarf. Ungeachtet dessen ergeben sich aus dem Vorbringen der Klägerin schon keine ansatzweise nachvollziehbaren Anhaltspunkte für eine konkrete gegen den Beklagten bestehende Forderung.
36 
2. Soweit die Klägerin sich gegen die Versagung von Reisekosten wendet, hat die Beschwerde dagegen im tenorierten Umfang Erfolg.
37 
a) Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Begründung trägt die Versagung von Reisekosten nicht.
38 
aa) Einem bedürftigen Beteiligten können in analoger Anwendung von § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 122 Abs. 1 ZPO Reisekosten bewilligt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.02.2017 - 6 C 28.16 - juris Rn. 2; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.09.2009 - 1 S 1682/09 - VBlBW 2010, 45, 46; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.09.2019 - 12 A 3552/18 - juris Rn. 9 ff.; OVG Sachsen, Beschluss vom 16.12.2019 - 5 E 108/19 - juris Rn. 3; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl., § 166 Rn. 13b; Riese in Schoch/Schneider, VwGO, § 166 Rn. 21; siehe auch schon BGH, Beschluss vom 19.03.1975 - IV ARZ (VZ) 29/74 - BGHZ 64, 139 = juris Rn. 6). Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen.
39 
Soweit vereinzelt vertreten wird, dass die Bewilligung von Reisekosten ausschließlich außerhalb der Vorschriften über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach der VwV Reiseentschädigung erfolgen könne (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.09.2006 - 1 O 196/06 - juris Rn. 2; OVG Sachsen, Beschluss vom 17.03.1999 - 1 S 8/99 - NVwZ-RR 1999, 814; Neumann/Schaks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 166 Rn. 163 f.; Just in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl., VwGO § 166 Rn. 39), vermag der Senat dem nicht beizutreten. Gegen die Annahme, (ausschließlich) die VwV Reiseentschädigung sei Anspruchsgrundlage für die Bewilligung von Reisekosten an den bedürftigen Beteiligten, spricht bereits, dass Verwaltungsvorschriften Außenwirkung nur unter dem Aspekt der Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 GG) zukommt. Auf Grund der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) kommt eine Selbstbindung der Rechtsprechung jedoch nur ausnahmsweise und in engen Grenzen in Betracht (vgl. hierzu Kischel in BeckOK-GG, Art. 3 Rn. 116 f.). Es kann aber nicht im jeweiligen Ermessen des einzelnen Gerichts stehen, ob es Reisekosten bewilligt oder nicht.
40 
bb) Dagegen setzt die Bewilligung von Reisekosten - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - keine hinreichenden Erfolgsaussichten voraus. Erforderlich aber auch ausreichend ist, dass die Teilnahme des Bedürftigen an der mündlichen Verhandlung für eine vernünftige Prozessführung notwendig ist.
41 
Ob die Bewilligung von Reisekosten (auch) hinreichende Erfolgsaussichten voraussetzt, ist umstritten.
42 
Nach teilweise vertretener Ansicht kommt die Bewilligung von Reisekosten nur in Betracht, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.02.1997 - 3 PKH 1.97 - juris Rn. 5; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.08.2008 - 3 M 52/08 - NJW 2009, 388; OVG Hamburg, Beschluss vom 08.03.2010 - 3 So 190/08 - juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 04.03.2005 - AnwZ (B) 53/03, AnwZ (B) 79/03 - juris Rn. 12; W.-R. Schenke a. a. O. Rn. 8, 13b; offenlassend: OVG Sachsen a. a. O. Rn. 14; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.09.2009 a. a. O. [allerdings unter Heranziehung der VwV Reisekostenentschädigung als Rechtsgrundlage]).
43 
Dagegen ist nach anderer Auffassung einem mittellosen Beteiligten die Anreise zur mündlichen Verhandlung unabhängig von den Erfolgsaussichten jedenfalls zu ermöglichen, wenn dessen Teilnahme hieran für eine vernünftige Prozessführung notwendig ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.01.2018 - 9 E 69/18 - juris Rn. 16; BayVGH, Beschlüsse vom 12.02.2008 - 19 C 08.1 - juris Rn. 8 und vom 07.03.2006 - 25 ZB 05.31119 - juris Rn. 4; Riese a. a. O.; Wysk in Wysk, VwGO, 3. Aufl., § 166 Rn. 63). Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in einer jüngeren Entscheidung - allerdings in einer Konstellation, in der bereits Prozesskostenhilfe bewilligt worden war - für die Bewilligung von Reisekosten darauf abgestellt, ob die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung notwendig ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.02.2017 - 6 C 28.16 - juris Rn. 3).
44 
Nach Auffassung des Senats sprechen die überzeugenderen Gründe für die Annahme, dass Reisekosten auch bei fehlender Erfolgsaussicht bewilligt werden können. Erforderlich aber auch ausreichend ist, dass die Teilnahme des Bedürftigen an der mündlichen Verhandlung für eine vernünftige Prozessführung notwendig ist. Denn auch wenn die Bewilligung von Reisekosten in entsprechender Anwendung von § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfolgt, verfolgen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Bewilligung von Reisekosten zum Verhandlungstermin zumindest teilweise verschiedene Zwecke. Während die Bewilligung von Prozesskostenhilfe überhaupt erst den Zugang zu Gericht ermöglichen soll (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 - BVerfGE 50, 217 = juris Rn. 23), ist in den Fällen, in denen die Bewilligung von Reisekosten zum Verhandlungstermin begehrt wird, bereits ein Gerichtsverfahren anhängig. Es steht somit nicht in erster Linie der Zugang zu Gericht in Rede, sondern der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Gerade der Anspruch auf rechtliches Gehör und das in ihm enthaltene Äußerungsrecht der Beteiligten gegenüber dem Gericht kann es im Einzelfall erforderlich machen, den Beteiligten die Gelegenheit zu geben, den Verhandlungstermin zum Zweck der Darlegung ihrer Standpunkte wahrzunehmen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.01.2018 a. a. O. Rn. 16; Riese a. a. O.). Dies bedeutet aber nicht, dass allein die Tatsache, dass eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (§ 101 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zur Bewilligung von Reisekosten nötigen würde (so aber BayVGH, Beschlüsse vom 12.02.2008 a. a. O. und vom 07.03.2006 a. a. O.; Wysk a. a. O.). Wenn auch ein bemittelter, vernünftig haushaltender Beteiligter die Teilnahme an der Verhandlung zur verständigen Wahrnehmung seiner Rechte nicht als erforderlich ansehen würde, besteht kein Anlass, einem Unbemittelten Reisekosten hierfür zu bewilligen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.02.2017 a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.01.2018 a. a. O.). Denn auch die Bewilligung von Reisekosten für die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung dient nämlich ausschließlich der - weitgehenden - Angleichung der Situation Unbemittelter mit der Bemittelter. Eine Teilnahme des Bedürftigen an der mündlichen Verhandlung wird für eine vernünftige Prozessführung insbesondere dann nicht notwendig sein, wenn erkennbar ist, dass der Kläger zum Rechtsstreit nichts beitragen kann, oder wenn die Kosten der Anreise zum Termin erkennbar außer Verhältnis zum Streitgegenstand stehen.
45 
b) Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Teilnahme der Klägerin an der mündlichen Verhandlung - trotz fehlender Erfolgsaussicht - vernünftigerweise geboten. Der Senat verkennt nicht, dass die Ausführungen der Klägerin mitunter schwer verständlich und von erheblicher Unsachlichkeit geprägt sind. Gleichwohl kann vorliegend derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin zum Rechtsstreit überhaupt nichts beitragen kann. Denn hinsichtlich der in Streit stehenden landwirtschaftlichen Subventionen streiten die Beteiligten vor allem um tatsächliche Fragen (Verfügungsgewalt der Klägerin über bestimmte Flächen, tatsächliche Größe bestimmter Flächen). Auch stehen die voraussichtlichen Reisekosten angesichts der Bedeutung der Sache für die Klägerin nicht erkennbar außer Verhältnis zum Streitgegenstand.
46 
Allerdings vermag der Senat anhand der Akte nicht abschließend zu prüfen, ob die Klägerin bedürftig ist. Diesbezüglich bedarf es weiterer Ermittlungen. Der Senat macht daher von der Möglichkeit Gebrauch, gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 572 Abs. 3 ZPO den angefochtenen Beschluss insoweit aufzuheben und dem Verwaltungsgericht die abschließende Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Reisekosten zu bewilligen.
47 
3. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da infolge der Zurückweisung der Beschwerde eine Festgebühr nach Nr. 5502 der Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG anfällt. Da die Beschwerde nur teilweise zurückgewiesen wird, entspricht es billigem Ermessen, die Gebühr auf die Hälfte zu ermäßigen.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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