Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 9 S 3151/19

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26. September 2019 - 10 K 9851/17 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen ein futtermittelrechtliches Verbot des Inverkehrbringens eines Produkts mit dem Bestandteil S-Adenosylmethionin (SAM).
Die Klägerin ist Herstellerin zur Abgabe durch Tierärzte bestimmter Tierbe-darfsprodukte einschließlich Ergänzungsfuttermitteln auf pflanzlicher Basis. Im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit vertreibt sie u.a. das als Diät-Ergänzungsfuttermittel für Hunde und Katzen zur Unterstützung der Leberfunktion deklarierte Produkt „H.“, das - neben Fleisch, Milch- und Molkereierzeugnissen als Proteinquellen - Artischocken-Extrakt (Cynara scolymus folium), Mariendistel-Extrakt (Silybum marianum fructus), Reishi-Extrakt (Ganoderma lucidum) und S-Adenosylmethionin enthält.
Mit Verfügung vom 26.09.2017 untersagte der Beklagte der Klägerin, das Produkt H. mit dem Bestandteil S-Adenosylmethionin in den Verkehr zu bringen, und setzte eine Verwaltungsgebühr fest. Zur Begründung ist ausgeführt, dass das Produkt keine sicher belegbare arzneiliche Zweckbestimmung oder erhebliche pharmakologische Wirkung bei Anwendung an Hund und Katze aufweise, so dass es dem Futtermittelrecht unterliege. Als Futtermittelbestandteil dürfte S-Adenosyl-Methionin nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) der VO (EG) Nr. 1831/2003 (FuttermittelzusatzstoffVO) jedoch nur mit der erforderlichen Zulassung eingesetzt werden, so dass das weitere Inverkehrbringen des Produktes H. gemäß § 39 Abs. 2 LFGB zu untersagen gewesen sei.
Gegen die am 28.09.2017 als einfaches Schreiben zur Post gegebene Verfügung hat die Klägerin am 10.11.2017 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben.
Mit Urteil vom 26.09.2019 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Der Beklagte habe S-Adenosylmethionin zutreffend nicht als (zulassungsfreies) Futtermittel-Ausgangserzeugnis im Sinne des Art. 2 lit. b) FuttermittelzusatzstoffVO i.V.m. Art. 2 lit. a) der RL 96/25/EG bzw. Einzelfuttermittel im Sinne des Art. 3 Abs. 1 lit. b) FuttermittelverkehrsVO eingestuft. Zur begrifflichen Abgrenzung im Verhältnis zu zulassungspflichtigen Futtermittelzusatzstoffen seien nach der Empfehlung der Europäischen Kommission zur Festlegung von Leitlinien für die Unterscheidung zwischen Einzelfuttermitteln, Futtermittelzusatzstoffen, Biozid-Produkten und Tierarzneimitteln vom 14.01.2011 (2011/25/EU) insbesondere die Unterscheidungskriterien der Herstellungs- und Verarbeitungsmethode, der chemischen Bezeichnung und des Grads der Standardisierung oder Reinheit des Stoffes, die Funktionalität des Stoffes und die Sicherheit und Art der Verwendung zu berücksichtigen. Im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau sei der Stoff S-Adenosylmethionin als Futtermittelzusatzstoff zu qualifizieren, der nur mit der erforderlichen - hier fehlenden - Zulassung verwendet werden dürfe. Die angefochtene Verfügung begegne auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken. Der zuständigen Behörde sei im Rahmen von Anordnungen nach Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b VO (EG) 882/2004 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO kein Entschließungsermessen eingeräumt. Als Reaktion auf den Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO komme allein die Untersagung des lnverkehrbringens des Futtermittelzusatzstoffes S-Adenosylmethionin als erforderliche Maßnahme in Betracht, so dass auch das Auswahlermessen reduziert sei. Auch eines Nachweises einer konkreten Gesundheitsgefahr bedürfe es nicht, da Art. 3 FuttermittelzusatzstoffVO dem öffentlichen Interesse an einem vorbeugenden Gesundheitsschutz der Tiere den Vorrang einräume. Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der festgesetzten Gebühr seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
Am 22.11.2019 hat die Klägerin die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung gegen das ihr am 07.11.2021 zugestellte Urteil eingelegt. Mit am 20.12.2019 eingegangenen Schriftsatz hat der Bevollmächtigte der Klägerin eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.02.2020 - einem Samstag - beantragt, die mit Verfügung des Vorsitzenden vom 20.12.2019 gewährt wurde. Mit am 02.03.2020 - einem Montag - eingegangenem Schriftsatz hat der Bevollmächtigte der Klägerin die Berufung begründet.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, es handele sich bei S-Adenosylmethionin um ein Einzelfuttermittel, für das eine Zulassungspflicht nicht bestehe. S-Adenosylmethionin werde in dem Produkt H., einem Diätergänzungsfuttermittel zur Unterstützung der Funktion der Leber bei Hunden und Katzen, zur oralen Fütterung vertrieben und erfülle ohne weiteres die Futtermitteldefinition nach Art. 2 Nr. 4 Lebensmittel-BasisVO. Eine Unterscheidung von Futtermittelzusatzstoffen und Futtermittel-Ausgangserzeugnissen bzw. Einzelfuttermitteln sei indes nicht eindeutig möglich, so dass die einschlägigen Bestimmungen mangels hinreichender Bestimmtheit unanwendbar seien. So sei insbesondere die Kategorie der „ernährungsphysiologischen Zusatzstoffe“ als Unterkategorie der Futtermittelzusatzstoffe gemäß Art. 6 Abs. 1 lit c) FuttermittelzusatzstoffVO für eine Abgrenzung untauglich, da auch Einzelfuttermittel stets einen ernährungsphysiologischen Nutzen aufwiesen. Auch sei der Unionsgesetzgeber nicht berechtigt, rechtlich relevanten bzw. sogar legaldefinierten Begriffen je nach Eigenart des Regelungsgegenstandes unterschiedliche Bedeutungen beizumessen, da eine hinreichende Normbestimmtheit nicht gewährleitet sei. Vielmehr müsse der Gesetzgeber für die Eindeutigkeit seiner Regelungen sorgen. Auch die Empfehlung der Europäischen Kommission zur Festlegung von Leitlinien für die Unterscheidung zwischen Einzelfuttermitteln, Futtermittelzusatzstoffen, Biozid-Produkten und Tierarzneimitteln vom 14.01.2011 könnten eine hinreichende Bestimmtheit der Verordnungen somit nicht gewährleisten. Jedenfalls aber komme ihr als Futtermittelunternehmerin in Ansehung der bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten ein Beurteilungsspielraum zu, der nur einer Vertretbarkeitskontrolle unterliege.
Auch in der Sache sei die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff unzutreffend. Entgegen der angegriffenen Entscheidung legen die Empfehlung der Europäischen Kommission die Einordnung von S-Adenosylmethionin als nicht zulassungspflichtiges Einzelfuttermittel nahe. Das Herstellungsverfahren sowie die stofflichen Eigenschaften von S-Adenosylmethionin sprächen für eine Einordnung als Einzelfuttermittel, da der Stoff durch einen Fermentationsprozess aus den pflanzlichen Ausgangserzeugnissen Glukose und Methionin hergestellt werde. Die Herstellung im Wege der Fermentation spreche gerade für die Einordnung als Einzelfuttermittel, wie dem - nicht abschließenden - Katalog der für die Herstellung von Einzelfuttermitteln zugelassenen Herstellungsverfahren der VO (EG) Nr. 68/2013 (Katalog der Einzelfuttermittel) zu entnehmen sei. Gemäß Nr. 28 des Teils B der Verordnung sei Fermentation ein typisches, zugelassenes Herstellungsverfahren für Einzelfuttermittel. Für eine Einordnung als Futtermittelzusatzstoff spreche auch nicht, dass die Herstellung in mehreren Schritten und mit einem hohen Reinheitsgrad erfolge, da der in Teil C der Verordnung enthaltene Katalog der zugelassenen Einzelfuttermittel z.B. mit Lactulose, Chondroitinsulfat und Chitosamin zahlreiche chemisch eindeutig definierte Monosubstanzen enthalte, die ebenso in mehreren Schritten mit einem hohen Reinheitsgrad hergestellt würden.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sprächen auch die Funktion und die Zweckbestimmung von S-Adenosylmethionin für die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff. Das Vorgericht verkenne, dass des sich bei H. um ein Diätergänzungsfuttermittel handele, dem nach dem Verzeichnis der Verwendungen von Futtermitteln mit besonderen Ernährungszwecken ohnehin ein besonderer Ernährungszweck zukommen müsse. Die Zweckbestimmung als „Diätergänzungsfuttermittel zur Unterstützung der Funktion der Leber bei Hunden und Katzen“ sei gerade notwendig für die Verwendung von Futtermitteln für besondere Ernährungszwecke, so dass die Zweckbestimmung nicht zugunsten einer Einordnung als Futtermittelzusatzstoff angeführt werden könne. Weiter sei das Verwaltungsgericht dem falschen Umkehrschluss aufgesessen, dass jeder Stoff, der zur spezifischen Deckung des Ernährungsbedarfs diene, zwangsläufig als Futtermittelzusatzstoff zu klassifizieren sei. Vielmehr sei das Kriterium der „Zweckbestimmung zur spezifischen Deckung des Ernährungsbedarfs“ gemäß Art. 5 Abs. 3 lit. d) FuttermittelzusatzstoffVO nicht zur Abgrenzung von Futtermittelzusatzstoffen zu Einzelfuttermitteln geeignet, da letztere stets dazu dienten, den Bedarf der Tiere z.B. an Energie, Nährstoffen, Mineralstoffen oder Ballaststoffen zu decken (vgl. EG. 11 FuttermittelverkehrsVO). S-Adenosylmethionin diene der Deckung des Bedarfs des Tieres, wenn die körpereigene Umsetzung von Methionin zu S-Adenosylmethionin eingeschränkt sei. Da die Ernährungsfunktion in der FuttermittelverkehrsVO nur unzureichend definiert sei, müsse (und dürfe) der Futtermittelunternehmer verantwortlich entscheiden, ob er ein Produkt als Einzelfuttermittel oder Futtermittelzusatzstoff einzuordnen sei. Maßgeblich sei daher die die Zweckbestimmung des Futtermittelunternehmers aus Sicht des objektiven, durchschnittlich informierten Verbrauchers. Da die Klägerin über die notwendigen Angaben für Diätergänzungsfuttermittel hinaus keine Wirkungen für das streitgegenständliche Produkt auslobe und aufgrund des Gutachtens des CVUA Karlsruhe vom 13.03.2017 feststehe, dass im Hinblick auf das Produkt H. objektiv keine Hinweise auf pharmakologische wirksame Stoffe in relevanter Menge bestünden, sei eine Funktion und/oder ein Risiko durch S-Adenosylmethionin für die zu fütternden Tiere ausgeschlossen.
10 
Dass die Einordnung als Einzelfuttermittel zutreffe, werde auch durch die im Vergleich zur Empfehlung der Europäischen Kommission jüngere VO (EG) Nr. 68/2013 (Katalog der Einzelfuttermittel) bestätigt, die u.a. Propylenglycol, Chondroitin-Sulfat, Glucosamin und Lactulose als Einzelfuttermittel anerkenne. Bei Propylenglycol handele es sich um eine organische Verbindung (Diol oder zweiwertiger Alkohol) mit der Formel C3H8O2 als viskose, leicht süßlich riechende, hygroskopische Flüssigkeit, die mit Wasser, Aceton und Chloroform mischbar sei und bis zu 0,3% DiPropylenglycol enthalte. Ihr Einsatz in der Rinderzucht diene nicht der Deckung des direkten Ernährungsbedarfs der Tiere, auch wenn sie Einfluss auf diverse Körperfunktionen ausübe. Chondroitin-Sulfat, das durch Extraktion aus Sehnen, Knochen und anderen tierischen knorpelhaltigen Geweben und weichen Bindegeweben gewonnen werde, werde gezielt bei Arthrose oder athritischen Gelenkproblemen eingesetzt; es finde sich in einer Vielzahl von Nahrungs- und Futterergänzungsmitteln. Glucosamin sei ein Aminozucker (Einfachzucker), der in den Polysacchariden Chitosan und Chitin enthalten sei, durch Hydrolyse des Außenskeletts von Krustentieren und anderen Gliederfüßern oder durch Fermentation von Getreide (wie Mais oder Weizen) gewonnen werde und in einer Vielzahl von Nahrungs- und Futterergänzungsmitteln gezielt bei Arthrose oder athritischen Gelenkproblemen eingesetzt werde. Bei Lactulose handele es sich um halbsynthetische Disaccharide (4-O-D- Galactopyranosyl-D-Fructose), die durch Isomerisierung von Glucose in Fructose aus Lactose gewonnen würden und etwa in wärmebehandelter Milch und wärmebehandelten Milcherzeugnissen enthalten seien. Lactulose habe mehrheitlich abführende Wirkung, werde aber auch bei der Lebererkrankung portokavale Enzephalopathie eingesetzt, bei der es zu erhöhten Ammoniak-Blutspiegeln komme. Bei allen vorgenannten Stoffen handele es sich um Einzelfuttermittel, obwohl die Deckung des reinen Ernährungsbedarfs nicht im Vordergrund stehe. Der Vergleich mit diesen Stoffen spreche für die Einordnung von S-Adenosylmethionin als Einzelfuttermittel, zumal das Produkt H. die Voraussetzungen für die Einordnung als „diätetisches Ergänzungsfuttermittel“ nach der RL 2008/38/EG erfülle. Soweit das Verwaltungsgericht der Einordnung als ernährungsphysiologischer Zusatzstoff im Sinne des Art. 6 der FuttermittelzusatzstoffVO eine „Indizwirkung“ für die Einstufung als Futtermittelzusatzstoff zuschreibe, sei diese widerlegt.
11 
Unzutreffend habe das Verwaltungsgericht weiterhin angenommen, dass eine stoffwechselaktive Wirkungsweise von S-Adenosylmethionin im tierischen Körper, seine potentielle pharmakologische Wirkungsweise und hierauf aufbauende Sicherheitserwägungen die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff geböten. Schon das Gutachten des CVUA Karlsruhe vom 13.03.2017 belege, dass hinsichtlich des Produkts H. keine Hinweise auf pharmakologisch wirksame Stoffe in relevanter Menge vorlägen. Soweit die Empfehlung der Kommission auf die Notwendigkeit der Festschreibung eines Höchstgehalts des Erzeugnisses in der Tagesration abstelle, seien solche Festschreibungen zum Teil auch bei Einzelfuttermitteln erforderlich, da zu viele Proteine die Niere schädigten, zu viel Wasser toxisch sein könne und auch zu viel Propylenglycol tödlich wirke. Die Ungefährlichkeit von S-Adenosylmethionin sei nachgewiesen, da das Produkt H. seit fünf Jahren im Verkehr sei, ohne dass Meldungen über unerwünschte Nebenwirkungen aufgetreten seien. Für die Unbedenklichkeit spreche weiterhin, dass seit vielen Jahren Nahrungsergänzungsmittel mit wesentlich höheren Dosierungen an S-Adenosylmethionin in Deutschland vertrieben würden, die ebenfalls kein Zulassungsverfahren durchlaufen hätten. Auch seien andere Futtermittel mit S-Adenosylmethionin auf dem Markt, die nicht beanstandet würden. Insoweit habe sie jedenfalls einen Anspruch auf Gleichbehandlung.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26. September 2019 - 10 K 9851/17 - zu ändern und die futtermittelrechtliche Anordnung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 26.09.2017 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Er verteidigt die angegriffene Entscheidung.
17 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens verwiesen.

Entscheidungsgründe

18 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg, da die futtermittelrechtliche Anordnung des Regierungspräsidium Freiburg vom 26.09.2017 und die beigefügte Gebührenentscheidung rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
19 
Die Berufung ist zulässig. Die Klägerin hat die im Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassene Berufung innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat nach Zustellung des vollständigen Urteils (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO) am 07.11.2019, nämlich am 22.11.2019 eingelegt. Sie hat die Berufung auch fristgerecht begründet. Der letzte Tag der auf den fristgerechten Antrag der Klägerin verlängerten Berufungsbegründungsfrist (§ 124a Abs. 3 Satz 3 VwGO) fiel auf einen Samstag. Der am 02.03.2020 - einem Montag - eingegangene Schriftsatz wahrt daher die gesetzliche Begründungsfrist (vgl. zur Anwendung des § 222 Abs. 2 ZPO auf taggenau datierte Fristen BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14.08.2013 - 2 BvR 425/12 -, juris Rn. 13 ff. m.w.N.).
II.
20 
Die als Anfechtungsklage statthafte Klage ist auch im Übrigen zulässig. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass sie im Zeitpunkt ihrer Erhebung beim Verwaltungsgericht mit am gleichen Tag eingegangenem anwaltlichem Schriftsatz vom 10.11.2017 verfristet war (§ 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zwar wurde der hier angegriffene Bescheid vom 26.09.2017 nach Aktenlage am 28.09.2017 als einfaches Schreiben zur Post gegeben, so dass er nach § 41 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG als am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post - d.h. vorliegend am 01.10.2017 - bekanntgegeben gelten könnte. Nach § 41 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG gilt diese (widerlegliche) Vermutung jedoch nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Derartige Zweifel ergeben sich vorliegend schon aus dem Umstand, dass der an den früheren Bevollmächtigten der Klägerin adressierte Bescheid vom 26.09.2017 ausweislich der im Berufungsverfahren vorgelegten elektronischen Bescheidkopie einen Posteingangsstempel vom 13.10.2017 und die handschriftliche Notiz „Frist 13.11.2017“ trägt und nach Angaben des früheren Bevollmächtigten der Klägerin gegenüber ihrem aktuellen Bevollmächtigten auch tatsächlich zu dem auf dem Eingangsstempel genannten Zeitpunkt eingegangen ist. Diese Zweifel werden durch den Umstand weiter bekräftigt, dass der frühere Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 10.11.2017 „fristwahrend“ - wenngleich ohne Angabe eines konkreten Bekanntgabezeitpunkts - Klage erhoben hat. Da auch der Beklagte zu keinem Zeitpunkt Zweifel an der fristgerechten Klageerhebung angemeldet hat, bedurfte es vorliegend jedenfalls keiner weitergehenden Darlegungen der Klägerin zum maßgeblichen Zugangszeitpunkt. Da der Beklagte mithin die (materielle) Beweislast für den Zugangszeitpunkt ebenso trägt wie für eine Versäumung der Klagefrist, sie einen tatsächlichen Zugang vor dem 10.10.2017 aber schon zu keinem Zeitpunkt behauptet hat, ist vorliegend von einer fristgerechten Klageerhebung auszugehen.
III.
21 
Die mithin zulässige Anfechtungsklage ist nicht begründet, da die futtermittelrechtliche Anordnung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 26.09.2017 und die mit ihr verbundene Gebührenentscheidung rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzen.
22 
1. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der futtermittelrechtlichen Anordnung ist vorliegend Art. 138 Abs. 1 Satz 1 lit. b) der VO (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.03. 2017 über amtliche Kontrollen - KontrollVO 2017). Demnach ergreifen die zuständigen Behörden - hier das Regierungspräsidium Freiburg als gemäß §§ 19 Abs. 2, § 18 Abs. 3 AG-LMGB zuständige höhere Lebensmittelüberwachungsbehörde -, wenn ein Verstoß gegen in den in Art. 1 Abs. 2 VO (EU) 2017/625 aufgezählten Bereichen erlassene Vorschriften festgestellt wird, geeignete Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass der betreffende Unternehmer den Verstoß beendet und er erneute Verstöße dieser Art verhindert. Insoweit erweist es sich als unschädlich, dass der Beklagte die angegriffene Verfügung auf die aufgrund des Anwendungsvorrangs der vorgenannten unionsrechtlichen Bestimmungen unanwendbare Ermächtigungsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB gestützt hat. Denn auch Art. 138 der KontrollVO weist - wie auch schon die Vorgängerregelung des Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 (vgl. VG München, Beschluss vom 13.05.2020 - M 26 S 19.3205 -, juris Rn. 25) - weder in Bezug auf seine Tatbestandsvoraussetzungen noch im Hinblick auf die zulässigen Rechtsfolgen relevante Unterschiede zur nationalen Regelung des § 39 Abs. 2 LFGB auf (vgl. zu Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 Senatsurteil vom 16.06.2014 - 9 S 1273/13 -, juris Rn. 22 ff., 26 f.).
23 
2. Die angegriffene Verfügung erweist sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung allerdings - wie auch der Beklagte eingeräumt hat - nicht schon deswegen als rechtmäßig, weil das streitgegenständliche Produkt als „Futtermittel für besondere Ernährungszwecke“ mit dem vorgesehenen Verwendungszweck der „Unterstützung der Leberfunktion bei chronischer Leberinsuffizienz“ in Folge der Aufhebung der Richtlinie 2008/38/EG durch Art. 4 der VO (EU) 2020/354 der Kommission vom 04.03.2020 zur Erstellung eines Verzeichnisses der vorgesehenen Verwendungen von Futtermitteln für besondere Ernährungszwecke mit Wirkung zum 25.12.2020 nur noch als Alleinfuttermittel in Verkehr gebracht werden darf (vgl. Teil B Nr. 23 Spalte 6 Nr. 1 VO (EU) 2020/354). Denn nach Art. 3 der VO (EU) 2020/354 dürfen Futtermittel für besondere Ernährungszwecke‚ die vor dem 25.03.2022 gemäß den vor dem 25.03.2020 geltenden Bestimmungen gekennzeichnet wurden, bis zur Erschöpfung der Bestände weiter in Verkehr gebracht und verwendet werden.
24 
3. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 138 Abs. 1 Satz 1 lit. b) VO (EU) 2017/625 liegen im für die Entscheidung des Senats maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung indes deswegen vor, weil das Inverkehrbringen des Produkts H. mit dem Bestandteil S-Adenosylmethionin gegen Art. 3 Abs. 1 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.09.2003 über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung (ZusatzstoffVO; zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2018/1903 der Kommission vom 05.12.2018) verstößt. Bei dem Bestandteil S-Adenosylmethionin handelt es sich um einen Futtermittelzusatzstoff im Sinne der ZusatzstoffVO, der nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) der Verordnung nicht in Verkehr gebracht, verarbeitet oder verwendet werden darf, sofern nicht eine entsprechende Zulassung gemäß der vorliegenden Verordnung erteilt wurde. Der Beklagte war daher nach Art. 138 Abs. 1 Satz 1 lit. b) VO (EU) 2017/2004 verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, um zu gewährleisten, dass die Klägerin die Verstöße beendet und erneute Verstöße dieser Art verhindert.
25 
a) Maßgeblich sind vorliegend die Begriffsbestimmung des Art. 2 Abs. 2 lit. a), b) und e) FuttermittelzusatzstoffVO. Futtermittelzusatzstoffe sind demnach „Stoffe, Mikroorganismen oder Zubereitungen, die keine Futtermittel-Ausgangserzeugnisse oder Vormischungen sind und bewusst Futtermitteln oder Wasser zugesetzt werden, um insbesondere eine oder mehrere der in Artikel 5 Absatz 3 genannten Funktionen zu erfüllen“; Futtermittelausgangserzeugnisse und Vormischungen sind Erzeugnisse gemäß der Begriffsbestimmung in Art. 2 lit. a) RL 96/25/EG vom 29.04.1996 über den Verkehr mit Futtermittel-Ausgangserzeugnissen (Art. 2 Abs. 2 lit. b) FuttermittelzusatzstoffVO) bzw. Mischungen von Futtermittelzusatzstoffen oder Mischungen aus einem oder mehreren Futtermittelzusatzstoffen mit Futtermittel-Ausgangserzeugnissen oder Wasser als Trägern, die nicht für die direkte Verfütterung an Tiere bestimmt sind (Art. 2 Abs. 2 lit. e) FuttermittelzusatzstoffVO). Allerdings wurde die RL 96/25/EG nach Art. 30 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.07.2009 über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln (FuttermittelverkehrsVO) mit Wirkung vom 01.09.2020 aufgehoben, wobei Verweisungen auf die aufgehobenen Richtlinien nach Art. 30 Abs. 2 FuttermittelverkehrsVO nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang IX als Verweisungen auf die FuttermittelverkehrsVO gelten. Auch mit Blick auf den Erwägungsgrund 4 der FuttermittelverkehrsVO geht der Senat deshalb davon aus, dass die Begriffsdefinition des Einzelfuttermittels nach Art. 3 Abs. 2 lit. g) FuttermittelverkehrsVO an die Stelle des Begriffs des Futtermittel-Ausgangserzeugnisses gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. b) FuttermittelzusatzstoffVO getreten ist (so im Ergebnis auch VG Schleswig, Beschluss vom 13.09.2021 - 1 B 90/21 -, juris Rn. 31; VG Düsseldorf, Beschluss vom 02.07.2021 - 16 L 1057/21 -, juris Rn. 29; VG München, Beschluss vom 13.05.2020 - M 26 S 19.3205 -, juris Rn. 35). Futtermittel-Ausgangserzeugnisse bzw. Einzelfuttermittel sind demnach Erzeugnisse pflanzlichen oder tierischen Ursprungs, die vorrangig zur Deckung des Ernährungsbedarfs von Tieren dienen, im natürlichen Zustand, frisch oder haltbar gemacht, und Erzeugnisse ihrer industriellen Verarbeitung sowie organische oder anorganische Stoffe, mit Futtermittelzusatzstoffen oder ohne Futtermittelzusatzstoffe, die zur Tierernährung durch orale Fütterung bestimmt sind, sei es unmittelbar als solche oder in verarbeiteter Form, für die Herstellung von Mischfuttermitteln oder als Trägerstoff für Vormischungen (Art. 3 Abs. 2 lit. g), Art. 30 Abs. 2, Anhang IX FuttermittelverkehrsVO i.V.m. Art. 2 Abs. 2 lit. b) FuttermittelzusatzstoffVO).
26 
b) Diese Begriffsbestimmungen genügen auch den unionsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit belastender Eingriffs- bzw. Verbotsnormen.
27 
aa) Insoweit verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit, der ein grundlegendes Prinzip des Unionsrechts darstellt, dass eine Regelung klar und deutlich ist, damit die Betroffenen ihre Rechte und Pflichten unzweideutig erkennen und somit ihre Vorkehrungen treffen können (vgl. EuGH, Urteil vom 02.09.2021 - C-570/19 [Irish Ferries Ltd.] -, juris, Rn. 164; EuGH (GK), Urteil vom 23.10.2012 - C-581/10, C-629/10 [Emeka Nelson u. a.] -, juris, Rn. 66 m.w.N.).
28 
bb) Zwar weist die Klägerin im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass die Begriffsdefinition des Einzelfuttermittels die Zweckbestimmung der „Deckung des Ernährungsbedarfs von Tieren / der Tiere“ ebenso enthält wie die in Art. 5 Abs. 3 lit. d) FuttermittelzusatzstoffVO bezeichnete Funktionsbeschreibung, die nach der Begriffsbestimmung des Art. 2 Abs. 2 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO für die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff von Bedeutung sein kann. Dies erscheint vor dem Hintergrund der Begriffsdefinition des Art. 2 Abs. 2 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO, derzufolge die Einordnung als Futtermittel-Ausgangserzeugnis bzw. Einzelfuttermittel die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff ausschließt, bedenklich und wäre bei isolierter Betrachtung allein dieser Begriffsbestimmungen potentiell geeignet, den Futtermittelunternehmer über den Umfang seiner Rechte und Pflichten, die maßgeblich von der Einordnung als Alleinfuttermittel oder Futtermittelzusatzstoff abhängen, im Unklaren zu lassen. Indes macht Erwägungsgrund 11 der FuttermittelverkehrsVO deutlich, dass dem Verordnungsgeber die Bedeutung dieser begrifflichen Unterscheidung für die Bedingungen für das Inverkehrbringen solcher Erzeugnisse vor Augen standen (Satz 1). Die Sätze 2 - 4 dieses Erwägungsgrundes enthalten daher weitere Abgrenzungskriterien, die auf den Ernährungszweck, die chemische Reinheit und das Vorhandensein wissenschaftlich begründbarer Wirkungen abstellen. Die Sätze 5 und 6 verweisen daher auf die in Art. 7 Abs. 1 und 2 der Verordnung geregelte Ermächtigung der Kommission, unverbindliche Abgrenzungsleitlinien zu erlassen und - soweit erforderlich - Maßnahmen anzunehmen, um klarzustellen, ob ein bestimmtes Erzeugnis ein Futtermittel im Sinne der Verordnung ist.
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Ausgehend hiervon begegnen die hier maßgeblichen Begriffsbestimmungen keinen Bedenken im Hinblick auf den unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit. Denn Erwägungsgrund 11 Satz 2 der FuttermittelverkehrsVO macht deutlich, dass sich die Zweckbestimmung der „Deckung des Ernährungsbedarfs von Tieren“ in Art. 3 Abs. 2 lit. g) FuttermittelverkehrsVO auf den Bedarf „beispielsweise an Energie, Nährstoffen, Mineralstoffen oder Ballaststoffen“ bezieht, während der Begriff des Ernährungsbedarfs im Kontext der FuttermittelzusatzstoffVO auf die spezifische Versorgung z.B. mit „ernährungsphysiologischen Zusatzstoffen“ (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. c) FuttermittelzusatzstoffVO) - wie z.B. Vitaminen, Provitaminen, und chemisch definierten Stoffen mit ähnlicher Wirkung, Verbindungen von Spurenelementen, Aminosäuren, deren Salze und Analogen sowie Harnstoff und seinen Derivaten (vgl. Anhang I Nr. 3 lit. a) - d) FuttermittelzusatzstoffVO) oder mit „zootechnischen Zusatzstoffen“ (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. d) FuttermittelzusatzstoffVO) - wie z.B. Verdaulichkeitsförderern oder Darmflorastabilisatoren (vgl. Anhang I Nr. 4 lit. a) und b) FuttermittelzusatzstoffVO) - abzielt. Im Vordergrund der rechtlichen Einordnung als Einzelfuttermittel steht daher - wie auch im Rahmen des nationalen Rechts - die Funktion der Deckung des allgemeinen Ernährungsbedarfs (vgl. auch § 1 Nr. 5 FuttermittelVO mit der Anknüpfung an den „Futterwert“ eines Erzeugnisses bzw. Stoffes), während die Beimischung von Futtermittelzusatzstoffen der Erfüllung sonstiger Funktionen - ggf. einschließlich der Deckung des spezifischen Ernährungsbedarfs der Tiere z.B. an Vitaminen, Provitaminen, Aminosäuren oder Harnstoff - dient.
30 
Auch wenn diese unterschiedliche Begriffsbildung, die jeweils an den Begriff der „Deckung des Ernährungsbedarfs“ anknüpft, nicht zur Verständlichkeit der jeweiligen Bestimmungen beiträgt, bestehen aus Sicht des Grundsatzes der Rechtssicherheit keine strukturellen Bedenken gegenüber einer unterschiedlichen, den Eigenarten des jeweiligen Regelungsgegenstandes geschuldeten Begriffsbildung (vgl. BayVGH, Beschluss vom 05.06.2018 - 20 ZB 17.2293 -, juris Rn. 11). Darüber hinaus trägt die auf Grundlage der Ermächtigung des Art. 7 Abs. 1 der FuttermittelverkehrsVO erlassene Empfehlung der Europäischen Kommission zur Festlegung von Leitlinien für die Unterscheidung zwischen Einzelfuttermitteln, Futtermittelzusatzstoffen, Biozid-Produkten und Tierarzneimitteln vom 14.01.2011 (2011/25/EU; ABI. L 11 vom 15.01.2011, S. 75 - 79; im Folgenden: Empfehlung der Kommission 2011/25/EU), die ungeachtet ihrer unverbindlichen Natur ausdrücklich (auch) der Schaffung eines ausreichenden Maßes an Rechtssicherheit dient (vgl. Erwägungsgrund 3 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG), zur Rechtssicherheit bei. Sie ermöglicht über das auch in Erwägungsgrund 11 Satz 2 der FuttermittelverkehrsVO angelegte Kriterium der Stoffreinheit auch eine Einordnung insbesondere pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse, die sowohl Nährstoffe, Mineralstoffe oder Ballaststoffe als auch Vitamine, Provitamine, chemisch definierte Stoffe mit ähnlicher Wirkung, Verbindungen von Spurenelementen oder Aminosäuren enthalten. Sie begegnet auch im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung und die Verpflichtung der Gesetzgebungsorgane, wesentliche Grundentscheidungen selbst zu treffen, keinen Bedenken, da sie lediglich die insbesondere in Erwägungsgrund 11 der FuttermittelverkehrsVO angelegten Abgrenzungskriterien unter Anknüpfung an bestehende Begriffsmerkmale aus dem Normtext heraus fortentwickelt (vgl. insbesondere Ziffern 1.1, 1.2.1 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG). Soweit dessen ungeachtet im Einzelfall Zweifel über den Umfang der Rechte und Pflichten der Futtermittelunternehmer im Hinblick auf bestimmte Erzeugnisse bestehen, können diese durch Annahme eines Durchführungsrechtsakts nach Art. 7 Abs. 2 UAbs. 1, Art. 28 Abs. 4 FuttermittelverkehrsVO i.V.m. Art. 5a Abs. 1 - 4 des Beschlusses des Rates vom 28.06.1999 (1999/468/EG; zuletzt geändert mit Beschluss vom 17.06.2006; weiterhin anwendbar nach Art. 12 Abs. 1 VO (EU) Nr. 182/2011) unter Anwendung der vorgenannten Kriterien ausgeräumt werden. Die Abgrenzbarkeit der Begriffe des „Einzelfuttermittels“ und der „Futtermittelzusatzstoffe“ begegnet unter dem Gesichtspunkt des unionsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit und Bestimmtheit daher keinen durchgreifenden Bedenken, auch wenn sie im Einzelfall der Heranziehung mehrerer, bei isolierter Betrachtung nicht stets eindeutiger Abgrenzungskriterien bedarf (vgl. zum Erfordernis der Einzelfallbewertung unter Anwendung mehrerer gleichzeitig zu beachtender Kriterien Nr. 1.2.2 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG).
31 
cc) Nichts anderes gilt unter Einbeziehung der Begriffsbestimmung des Art. 3 Abs. 2 lit. n) und o) FuttermittelverkehrsVO für „besondere Ernährungszwecke“ bzw. „Futtermittel mit besonderen Ernährungszwecken“. Zwar wird aus dieser Begriffsbestimmung deutlich, dass auch Futtermittel dem Zweck dienen können, spezifische Ernährungsbedürfnisse von Tieren zu erfüllen, deren Verdauungs-, Absorptions- oder Stoffwechselvorgänge vorübergehend oder bleibend gestört sind oder sein könnten und die deshalb von der Aufnahme ihrem Zustand angemessener Futtermittel profitieren können. Der allgemeine Begriff des Futtermittels umfasst nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) FuttermittelverkehrsVO i.V.m. Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.01.2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (Lebensmittel-BasisVO) jedoch sowohl Einzelfuttermittel im Sinne der FuttermittelverkehrsVO als auch Futtermittelzusatzstoffe im Sinne der FuttermittelzusatzstoffVO. Hieraus folgt insbesondere, dass ein Futtermittel für besondere Ernährungszwecke auch (zugelassene) Futtermittelzusatzstoffe enthalten kann bzw. der besondere Ernährungszweck ggf. gerade durch Beimischung von (zugelassenen) Futtermittelzusatzstoffen verfolgt werden kann. Für den Begriff des Futtermittelzusatzstoffs im Sinne der FuttermittelzusatzstoffVO ist die Definition des „Futtermittels“ damit jedoch ebenso wenig entscheidend wie die Definition des „Futtermittels mit besonderen Ernährungszwecken“, da Art. 2 Abs. 2 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO Futtermittelzusatzstoffe lediglich von Futtermittel-Ausgangserzeugnissen (d.h. Einzelfuttermitteln) und Vormischungen abgrenzt.
32 
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann dem Futtermittelunternehmer bei der rechtlichen Einordnung der von ihm in Verkehr gebrachten bzw. verwendeten Produkte auch kein Beurteilungsspielraum zuerkannt werden. Denn ein solcher Spielraum wäre unvereinbar mit der Zielsetzung der FuttermittelverkehrsVO, die Bedingungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln zu harmonisieren, um ein hohes Maß an Futtermittelsicherheit und damit ein hohes Maß an Schutz der öffentlichen Gesundheit sicherzustellen und eine angemessene Information für Verwender und Verbraucher zu gewährleisten, sowie das wirksame Funktionieren des Binnenmarktes zu unterstützen (vgl. Art. 1 FuttermittelverkehrsVO). Ebenso wenig könnte er in Einklang gebracht werden mit der Zielsetzung der FuttermittelzusatzstoffVO, ein Gemeinschaftsverfahren für die Zulassung des Inverkehrbringens und der Verwendung von Futtermittelzusatzstoffen einzuführen, um so die Grundlage für die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Gesundheit des Menschen, die Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere, die Umwelt und die Anwender- und Verbraucherinteressen im Zusammenhang mit Futtermittelzusatzstoffen zu schaffen und gleichzeitig das effiziente Funktionieren des Binnenmarktes sicherzustellen (vgl. Art. 1 FuttermittelzusatzstoffVO). Maßgeblich sind daher die Begriffsdefinitionen des Art. 2 Abs. 2 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO, des Art. 3 Abs. 2 lit. g) FuttermittelverkehrsVO und die im Lichte des Erwägungsgrundes 11 zu betrachtenden, in Nr. 1.2.2 Spiegelstriche 1 - 3 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG genannten Abgrenzungskriterien.
33 
d) Ausgehend von dem zuvor entwickelten Begriffsverständnis ist der im streitgegenständlichen Produkt H. enthaltene Stoff S-Adenosylmethionin als Futtermittelzusatzstoff im Sinne des Art. 2 Abs. 2 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO einzuordnen. Seine Verwendung bedarf daher - vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen Ausnahmebestimmungen des Art. 3 Abs. 2 - 4, Art. 10 FuttermittelzusatzstoffVO - der Zulassung im Rahmen des in Art. 4 ff. FuttermittelzusatzstoffVO geregelten Verfahrens (Art. 3 Abs. 1 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO).
34 
aa) Maßgeblich für die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff spricht zunächst der Umstand, dass S-Adenosylmethionin - ungeachtet der von der Klägerin geltend gemachten Qualifizierung als „Nährstoff“ - nicht in signifikantem Umfang zur Lieferung von Energie, Nährstoffen, Mineralstoffen oder Ballaststoffen oder zur Aufrechterhaltung der Funktion des Darmtrakts beiträgt (vgl. Erwägungsgrund 11 der FuttermittelverkehrsVO sowie Nr. 1.2.1 Spiegelstrich 2 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG) und somit nicht wesentlich der Deckung des allgemeinen Ernährungsbedarfs dient. Zwar können Einzelfuttermittel nach Nr. 1.2.1 Spiegelstrich 3 Satz 2 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG im Ausnahmefall auch anderen Zwecken dienen, etwa wenn sie als Trägerstoffe eingesetzt werden oder von den Tieren nicht verdaut werden können; dies beruht nach Auffassung der Kommission allerdings auf der Begriffsdefinition der „oralen Fütterung“, die neben der Deckung des Nahrungsbedarfs (im o.g. Sinne) auch die Aufrechterhaltung der Produktivität normal gesunder Tiere umfasst (Nr. 1.2.1 Spiegelstrich 3 Satz 3 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG). Letzteres ist im Hinblick auf den Stoff S-Adenosylmethionin jedoch ebenfalls nicht der Fall, da dieser dem Produkt H. mit der spezifischen Zweckbestimmung zugesetzt wird, körpereigenes S-Adenosylmethionin zu ersetzen, das bei gesunden Tieren ohne Leberprobleme aus der Aminosäure Methionin produziert wird, in Lebens- und Futtermitteln aber selbst nicht in verstoffwechselter Form enthalten ist (vgl. den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 19.06.2015, S. 5). Auch wenn S-Adenosylmethionin als „aufbereitete Form“ der Aminosäure Methionin möglicherweise selbst nicht chemisch eindeutig der in Anhang I Nr. 3 der FuttermittelzusatzstoffVO genannten Kategorie der „ernährungsphysiologischen Zusatzstoffe“ - etwa im Rahmen der Unterkategorien der „Vitamine, Provitamine und chemisch definierten Stoffe mit ähnlicher Wirkung“ [lit. a)] oder der „Aminosäuren, deren Salze und Analoge“ [lit. c)] - zugeordnet werden kann, liegt eine Zuordnung zu den Futtermittelzusatzstoffen insbesondere auch unter Heranziehung der nachfolgend dargestellten Abgrenzungsmerkmale wie z.B. der Stoffreinheit und der geringen Verabreichungsmenge damit näher als eine Einordnung als bloßes Einzelfuttermittel. Dies gilt umso mehr, als eine eindeutige Zuordnung zu einer der in Art. 6 Abs. 1 FuttermittelzusatzstoffVO genannten Zusatzstoffkategorien keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines Futtermittelzusatzstoffs im Sinne des Unionsrechts ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 05.06.2018 - 20 ZB 17.2293 -, juris Rn. 14). Auf die zwischen den Beteiligten streitig gebliebene exakte chemische Einordnung von S-Adenosylmethionin kommt es daher letztlich nicht entscheidungserheblich an.
35 
Für diese Einordnung spricht weiterhin, dass die Aminosäure L-Methionin, aus der S-Adenosylmethionin in der gesunden Tierleber verstoffwechselt wird, gemäß Art. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 469/2013 der Kommission vom 22.05.2013 unter den im Anhang aufgeführten Bedingungen mit der Kennnummer 2b17027 in der Zusatzstoffkategorie „ernährungsphysiologische Zusatzstoffe“ mit der Funktionsgruppe „Aminosäuren, deren Salze und Analoge“ als Futtermittelzusatzstoff in der Tierernährung zugelassen wurde.
36 
bb) Für eine Einordnung als Futtermittelzusatzstoff spricht weiterhin - jedenfalls in der gebotenen Gesamtbetrachtung aller Unterscheidungskriterien - das Kriterium der Herstellungs- und Verarbeitungsmethode bzw. der Stoffreinheit. Insoweit weist Nr. 1.2.2 Spiegelstrich 1 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG darauf hin, dass Erzeugnisse pflanzlichen oder tierischen Ursprungs im natürlichen Zustand, frisch oder haltbar gemacht, und Erzeugnisse ihrer einfachen Verarbeitung sowie organische oder anorganische Stoffe als Einzelfuttermittel gelten können, wohingegen chemisch genau definierte Stoffe, die gereinigt sind und einen bestimmten, vom Hersteller garantierten Standardisierungsgrad aufweisen, unter Umständen als Futtermittelzusatzstoffe eingestuft werden können. Dessen ungeachtet seien bestimmte Einzelfuttermittel - wie z.B. Saccharose - chemisch genau definierte Stoffe und standardisiert, wohingegen Naturerzeugnisse aus ganzen Pflanzen und Teilen ganzer Pflanzen oder Erzeugnisse, die aus diesen durch eine begrenzte physische Verarbeitung, wie zum Beispiel Zerkleinern, Mahlen oder Trocknen, hergestellt wurden, als Einzelfuttermittel einzustufen seien. Der hohe technische Reinheitsgrad bzw. die chemisch eindeutige Definiertheit von S-Adenosylmethionin (chem. Summenformel C15H22N6O5S) indizieren demnach eine Einordnung als Futtermittelzusatzstoff, auch wenn einzelne chemisch eindeutig definierte Stoffe - wie z.B. Saccharose, Propylenglycol, Chondroitinsulfat, Glucosamin und Lactulose - in der Verordnung (EU) Nr. 68/2013 der Kommission vom 16.01.2013 zum Katalog der Einzelfuttermittel als Einzelfuttermittel (Einzelfuttermittel-Katalog) geführt werden. Denn insoweit weist Absatz 4 des Anhangs der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG darauf hin, dass eine Analogie zu anderen Erzeugnissen nicht als Unterscheidungskriterium gelten kann, auch wenn sie unter Umständen hilfreich bei der Überprüfung bereits erfolgter Entscheidungen sein und auch zur Überprüfung auf Konsistenz herangezogen werden kann. Dies gilt so mehr, als die Aufnahme in den Einzelfuttermittel-Katalog keine verbindliche Kommissionsentscheidung im Sinne des Art. 7 Abs. 2 FuttermittelverkehrsVO darstellt und - nach der begrifflichen Systematik an sich ausgeschlossene - Paralleleintragungen im Einzelfuttermittel-Katalog und dem Register der zugelassenen Futtermittelzusatzstoffe in der Praxis durchaus zu beobachten sind (vgl. Erwägungsgrund 1 der VO (EU) Nr. 892/2010 vom 08.10.2010, Erwägungsgrund 8 der Durchführungs-VO (EU) 2021/758 vom 07.05.2021 sowie OVG NRW, Beschluss vom 13.08.2021 - 9 B 965/21 -, juris Rn. 8 ff.).
37 
Im Übrigen hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass S-Adenosylmethionin zwar wohl - nach Angaben der Klägerin - mit einem in Teil B des Einzelfuttermittel-Katalogs (Ziffer 28: Fermentieren) gelisteten Herstellungsverfahren, aber - anders als Saccharose, Propylenglycol, Chondroitinsulfat, Glucosamin und Lactulose - aus einem Ausgangsrohstoff hergestellt wird, der selbst eindeutig als Futtermittelzusatzstoff klassifiziert ist (L-Methionin) und selbst der Funktionsgruppe „Aminosäuren, deren Salze und Analoge“ zugeordnet werden kann. Saccharose (ugs. Haushalts- bzw. Rübenzucker) ist demgegenüber ein Kohlenhydrat, das z.B. aus Zuckerrüben, d.h. aus unverarbeiteten pflanzlichen Erzeugnissen gewonnen wird (vgl. Ziffer 4.1.3 des Einzelfuttermittel-Katalogs). Propylenglycol (1,2-Propandiol) wird zwar durch Hydratisierung von Propylenoxid gewonnen, dient aber als Trägerstoff (vgl. Nr. 1.2.1 Spiegelstrich 3 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG) bzw. zur Aufrechterhaltung der Milchleistung bei Hochleistungsmilchkühen nach dem Kalben (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/1,2-Propandiol), d.h. der Aufrechterhaltung der Produktivität normal gesunder Tiere. Chondroitinsulfat und Glucosamin werden durch Extraktion aus Sehnen, Knochen und anderen tierischen knorpelhaltigen Geweben und weichen Bindegeweben (vgl. Ziffer 9.17.1 des Einzelfuttermittel-Katalogs) bzw. durch Hydrolyse des Außenskeletts von Krustentieren und anderen Gliederfüßern oder durch Fermentation von Getreide wie Mais oder Weizen gewonnen (vgl. Ziffer 13.2.8 des Einzelfuttermittel-Katalogs) und werden - neben der von der Klägerin angeführten arzneilichen und diätischen Verwendung - auch zur Nahrungsergänzung eingenommen bzw. verabreicht, um den Knorpel gesund zu erhalten und arthrotischen Verschleißerscheinungen vorzubeugen. Dieser Anwendung liegt dabei die Vorstellung zugrunde, dass das zugeführte Chondroitinsulfat in den Knorpel „eingebaut“ wird (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Chondroitin#Knorpelregeneration,_Knorpelschutz sowie https://de.wikipedia.org/wiki/Glucosamin). Bei Lactulose handelt es sich demgegenüber um halbsynthetische Disaccharide (4-O-DGalactopyranosyl-D-Fructose), die durch Isomerisierung von Glucose in Fructose aus Lactose gewonnen werden und u.a. in wärmebehandelter Milch und wärmebehandelten Milcherzeugnissen enthalten sind (vgl. Ziffer. 13.2.7 des Einzelfuttermittel-Katalogs). Soweit Lactulose darüber hinaus - wie die Klägerin anführt - in konzentrierter Form als osmotisches Abführmittel oder zur Beeinflussung der Darmflora bei hepatischer Enzephalopathie verabreicht wird (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Lactulose#Eigenschaften_und_Verwendung), dürfte es sich um ein Tierarzneimittel im Sinne des Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel handeln (vgl. Anl. 1 zu § 1 Nr. 1 und § 5 der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln [Arzneimittelverschreibungsverordnung – AMVV]), das nicht als Futtermittel klassifiziert werden kann (vgl. Nr. 3.2 Spiegelstrich 1 der Empfehlung 9 der Kommission 2011/25/EG). (Auch) aus diesen Gründen lässt die - zudem rechtlich nicht konstitutive - Einordnung der genannten Stoffe als Einzelfuttermittel keine Rückschlüsse dahingehend zu, dass auch S-Adenosylmethionin rechtlich als Einzelfuttermittel zu klassifizieren wäre.
38 
cc) Für eine Einordnung als Futtermittelzusatzstoff spricht weiterhin das Kriterium der Sicherheit und Art der Verwendung (Nr. 1.2.2 Spiegelstrich 2 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG). So weisen Satz 4 und 5 dieses Spiegelstrichs zunächst darauf hin, dass Futtermittelzusatzstoffe in der Regel nur in geringen Mengen zugesetzt werden, wenngleich auch viele Einzelfuttermittel, beispielsweise Mineralsalze, der Nahrungsration in geringen Mengen beigemischt werden. Insoweit fällt zunächst ins Auge, dass S-Adenosylmethionin bei Einhaltung der empfohlenen Fütterungsmengen nur im Umfang von 0,18 bis 0,35 g täglich aufgenommen wird. Es handelt sich auch nicht um Mineralstoffe, die Erwägungsgrund 11 Satz 2 eindeutig der Zweckbestimmung der „Deckung des Ernährungsbedarfs von Tieren“ in Art. 3 Abs. 2 lit. g) FuttermittelverkehrsVO zuordnet. Weiterhin hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass S-Adenosylmethionin als - jedenfalls potentiell - pharmakologischer Wirkstoff angesehen werden kann. Hierfür spricht nicht nur die - allerdings auf ein Humanarzneimittel bezogene - Einschätzung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte aus dem Jahr 2015 und die Eintragung in der Vetidata-Datenbank, sondern auch die internationale Studienlage zum Einsatz des Stoffs bei der Behandlung von Depressionen, Osteoartritis und chronischen Lebererkrankungen des Menschen (vgl. US Agency for Healthcare Research and Quality, S-Adenosyl-L-Methionine for Treatment of Depression, Osteoarthritis, and Liver Disease (Summary), Evidence Report/Technology Assessment, Nr. 64 / August 2002; Anstee/Day, Journal of Hepatology 57 (2012), 1097: S-adenosylmethionine (SAMe) therapy in liver disease: A review of current evidence and clinical utility; Lu/Mato, Physiol. Rev. 2012 Oct; 92(4), 1515: S-Adenoyslmethionine in liver health, injury, and cancer; Galizia/Oldani/Macritchie/Amari/Dougall/Jones/Lam/Massei/Yatham/Young, Cochrane Database Syst Rev. 2016 Oct; 2016(10): CD011286: S‐adenosyl methionine (SAMe) for depression in adults; Cuomo/Beccarini Crescenzi/Bolognesi/Goracci/Koukouna/Rossi/Fagiolini, Annals of General Psychiatry 19 (1): 50: S-Adenosylmethionine (SAMe) in major depressive disorder (MDD): a clinician-oriented systematic review; Najm/Reinsch/Hoehler/Tobis/Harvey, BMC Musculoskelet Disord. 2004; 5: 6: S-Adenosyl methionine (SAMe) versus celecoxib for the treatment of osteoarthritis symptoms: A double-blind cross-over trial). Darüber hinaus wird der Wirkstoff S-Adenosylmethionin unter dem Internationalen Freinamen Ademetionin in der Anlage 1 zu § 1 Nr. 1 und § 5 AMVV als verschreibungspflichtiger Stoff geführt (vgl. zur Einordnung eines Ademetionin-Präparats als Funktionsarzneimittel auch VG Köln, Urteil vom 22. 05.2018 - 7 K 6802/16 -, juris Rn. 55 ff.). Dies spricht aus Gründen der Gesundheit von Mensch oder Tier dafür, einen Höchstgehalt des Erzeugnisses S-Adenosylmethionin in der Tagesration festzulegen, und legt somit die Einordnung als Zusatzstoff nahe (vgl. Nr. 1.2.2 Spiegelstrich 2 Satz 1 und 2 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG). Dies gilt unabhängig davon, dass S-Adenosylmethionin dem hier unmittelbar streitgegenständlichen Produkt H. nur in geringen Mengen beigemischt ist und das Produkt H. selbst daher nach Einschätzung des CVUA Karlsruhe vom 13.03.2017 keine erhebliche pharmakologische Wirkung entfaltet. Denn maßgeblich für die rechtliche Einordnung von S-Adenosylmethionin als Einzelfuttermittel oder Futtermittelzusatzstoff ist nicht seine konkrete Verwendung als Bestandteil eines anderen Produktes, sondern die Sicherheit des jeweiligen Zusatzstoffs bzw. Alleinfuttermittels selbst. Für die rechtliche Einordnung des Bestandteils S-Adenosylmethionin ist daher auch eine - zudem von der Klägerin nicht substantiiert belegte - beanstandungsfreie Verwendungsgeschichte des Produkts H. nicht von Bedeutung.
39 
dd) Schließlich spricht auch das Kriterium der Funktionalität (Nr. 1.2.2 Spiegelstrich 3 Satz 1 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG) für eine Einordnung als Futtermittelzusatzstoff. Demnach werden Futtermittelzusatzstoffe entsprechend ihrer Funktion gemäß Art. 5 Abs. 3 der FuttermittelzusatzstoffVO definiert, auch wenn diese Funktionen nicht ausschließlich Futtermittelzusatzstoffen vorbehalten sind. In Satz 3 des Spiegelstrichs drei heißt es, dass ein Einzelfuttermittel auch die Funktion eines Zusatzstoffs (etwa als Verdickungsmittel) haben könne, dies dann jedoch nicht der einzige Verwendungszweck sein solle. Insoweit spricht Nr. 1.2.2 Spiegelstrich 3 Satz 3 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG das Abgrenzungskriterium der Bestimmung zur Deckung des (allgemeinen) Ernährungsbedarfs der Tiere durch Lieferung von Energie, Nährstoffen, Mineralstoffen oder Ballaststoffen oder durch Beitrag zur Aufrechterhaltung der Funktion des Darmtrakts an, das S-Adenosylmethionin indes nicht erfüllt. Da S-Adenosylmethionin als aufbereitete Form der Aminosäure Methionin so nicht in Lebens- und Futtermitteln vorkommt und seine Zufuhr der Versorgung leberkranker Tiere mit einem Stoffwechselprodukt dient, das bei gesunden Tieren aus dieser - selbst als Futtermittelzusatzstoff einzuordnenden - Aminosäure gewonnen wird, indiziert auch das Funktionalitätskriterium eine Einordnung als Futtermittelzusatzstoff. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass - wie die Klägerin mit dem Hinweis auf die Eigenschaft von „H. F.“ als Diätergänzungsfuttermittel geltend macht - auch Futtermittel dem Zweck dienen können, spezifische Ernährungsbedürfnisse von Tieren zu erfüllen, deren Verdauungs-, Absorptions- oder Stoffwechselvorgänge vorübergehend oder bleibend gestört sind oder sein könnten und die deshalb von der Aufnahme ihrem Zustand angemessener Futtermittel profitieren können (Art. 3 Abs. 2 lit. n) und o) FuttermittelverkehrsVO). Denn der hier definierte Begriff des „Futtermittels für besondere Ernährungszwecke“ dient nicht der Abgrenzung von Einzelfuttermitteln und Futtermittelzusatzstoffen, sondern der Schaffung einer Unterkategorie der Futtermittel, deren Inverkehrbringen nach Art. 9 f. FuttermittelverkehrsVO besonderen Anforderungen unterliegt und die begrifflich sowohl Einzelfuttermittel als auch Futtermittelzusatzstoffe umfassen kann bzw. - bei Mischfuttermitteln wie dem hier streitgegenständlichen Produkt H., das S-Adenosylmethionin zudem lediglich in sehr geringen Mengen enthält - enthalten können (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. a) FuttermittelverkehrsVO i.V.m. Art. 3 Nr. 4 Lebensmittel-BasisVO).
40 
ee) Ohne Bedeutung ist demgegenüber der Umstand, dass die Webseite https://feedmaterialsregister.eu/ den Stoff „S-adenosyl-L-Methionine disulfate p-toluenesulfonate“ mit der ID-Nummer 009192-EN und Eintragsdatum 11.10.2021 als Futtermittel ausweist. Denn das auf Art. 24 Abs. 6 FuttermittelverkehrsVO basierende Futtermittelregister bietet Futtermittelunternehmern eine Plattform, nicht im Einzelfuttermittel-Katalog aufgelistete, neu auf den Markt gebrachte Futtermittel durch Anzeige gegenüber Vertretern des Futtermittelsektors zu registrieren. Es erfolgte jedoch keine vorgelagerte behördliche Prüfung in Bezug auf den Status des eingetragenen Stoffes, so dass die Eintragung im Register keine rechtsverbindliche Zuordnung zu einer bestimmten Futtermittelkategorie darstellt (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.08.2021 - 9 B 965/21 -, juris Rn. 17). Überdies enthält das Futtermittelregister auch den - ebenso unverbindlichen - Eintrag „S-adenosyl-methionine“ mit Datum vom 14.01.2020, der unter dem 16.01.2020 mit der Begründung „not a feed material“ zurückgewiesen wurde.
41 
ff) In der erforderlichen Gesamtschau der Begriffsdefinition des Art. 2 Abs. 2 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO und der in Nr. 1.2.2 Spiegelstriche 1 - 3 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG genannten Abgrenzungskriterien ist S-Adenosylmethionin folglich als Futtermittelzusatzstoff anzusehen. Es handelt sich insbesondere nicht um ein Futtermittel-Ausgangserzeugnis (Einzelfuttermittel) oder eine Vormischung im Sinne des Art. 3 Abs. 2 lit. g) und e) FuttermittelzusatzstoffVO. Seine Verwendung bedarf daher - vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen Ausnahmebestimmungen des Art. 3 Abs. 2 - 4, Art. 10 FuttermittelzusatzstoffVO - der Zulassung im Rahmen des in Art. 4 ff. FuttermittelzusatzstoffVO geregelten Verfahrens (Art. 3 Abs. 1 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO), die bislang unstreitig nicht erteilt wurde.
42 
4. Der Beklagte war daher nach Art. 138 Abs. 1 Satz 1 lit. b) der KontrollVO verpflichtet, gegen das Inverkehrbringen des Tierfuttermittels H. mit dem Bestandteil S-Adenosylmethionin einzuschreiten. Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. In Ansehung des Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 der FuttermittelzusatzstoffVO ist für den Senat ein gleich geeignetes, milderes Mittel nicht erkennbar (vgl. Senatsbeschluss vom 16.10.2019 - 9 S 535/19 -, juris Rn. 24); die Verfügung erweist sich auch als verhältnismäßig i.e.S. Soweit die Klägerin eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen, einzeln benannten Anbietern geltend macht, verliert sie aus dem Blick, dass eine rechtfertigungspflichtige Ungleichbehandlung nur im Verhältnis zu ein und demselben Hoheitsträger geltend gemacht werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2013 - 6 C 18.12 -, juris Rn. 16 m.w.N.). Zudem hat der Beklagte nachvollziehbar erklärt, Anhaltspunkten für Gesetzesverstöße nachzugehen und einzuschreiten, sobald sie im regulären Gang der Verwaltung die Überzeugung gewonnen hat, dass die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Sie ist vor dem Gleichheitsgebot nicht gehalten, ein Handlungskonzept für die zeitliche Reihenfolge des Einschreitens gegen mehrere Störungen aufzustellen oder gar Störungen, für die ein Einschreiten in Betracht kommt, zu ermitteln, um dann gestuft nach der Schwere der Verstöße einzuschreiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 8 C 18.16 -, BVerwGE 160, 193, juris Rn. 23).
43 
Die mit Ziffer 1 der Verfügung vom 26.09.2017 getroffene futtermittelrechtliche Verbotsanordnung ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
44 
5. Gegen die mit Ziffer 2 der Verfügung vom 26.09.2017 bzw. gesonderter „Gebührenmitteilung“ vom selben Tag erfolgte Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 200 EUR sind konkrete Einwände nicht erhoben worden. Die Gebühr beruht auf § 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1, § 12 Abs. 4 LGebG i.V.m. dem Gebührenrahmen der Ziffer 10.5 der Gebührenverordnung MLR in der zum Zeitpunkt der Beendigung der öffentlichen Leistung (vgl. § 7 Abs. 2, § 12 Abs. 3 Satz 1 LGebG) anwendbaren Fassung vom 23.6.2015 (GBl. S. 585). Sie ist weder dem Grunde noch der konkreten Höhe nach zu beanstanden (§ 7 LGebG).
IV.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
46 
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
47 
Beschluss
vom 16. November 2021
48 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG unter Anlehnung an Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 68.293 EUR festgesetzt.
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

18 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg, da die futtermittelrechtliche Anordnung des Regierungspräsidium Freiburg vom 26.09.2017 und die beigefügte Gebührenentscheidung rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
19 
Die Berufung ist zulässig. Die Klägerin hat die im Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassene Berufung innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat nach Zustellung des vollständigen Urteils (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO) am 07.11.2019, nämlich am 22.11.2019 eingelegt. Sie hat die Berufung auch fristgerecht begründet. Der letzte Tag der auf den fristgerechten Antrag der Klägerin verlängerten Berufungsbegründungsfrist (§ 124a Abs. 3 Satz 3 VwGO) fiel auf einen Samstag. Der am 02.03.2020 - einem Montag - eingegangene Schriftsatz wahrt daher die gesetzliche Begründungsfrist (vgl. zur Anwendung des § 222 Abs. 2 ZPO auf taggenau datierte Fristen BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14.08.2013 - 2 BvR 425/12 -, juris Rn. 13 ff. m.w.N.).
II.
20 
Die als Anfechtungsklage statthafte Klage ist auch im Übrigen zulässig. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass sie im Zeitpunkt ihrer Erhebung beim Verwaltungsgericht mit am gleichen Tag eingegangenem anwaltlichem Schriftsatz vom 10.11.2017 verfristet war (§ 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zwar wurde der hier angegriffene Bescheid vom 26.09.2017 nach Aktenlage am 28.09.2017 als einfaches Schreiben zur Post gegeben, so dass er nach § 41 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG als am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post - d.h. vorliegend am 01.10.2017 - bekanntgegeben gelten könnte. Nach § 41 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG gilt diese (widerlegliche) Vermutung jedoch nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Derartige Zweifel ergeben sich vorliegend schon aus dem Umstand, dass der an den früheren Bevollmächtigten der Klägerin adressierte Bescheid vom 26.09.2017 ausweislich der im Berufungsverfahren vorgelegten elektronischen Bescheidkopie einen Posteingangsstempel vom 13.10.2017 und die handschriftliche Notiz „Frist 13.11.2017“ trägt und nach Angaben des früheren Bevollmächtigten der Klägerin gegenüber ihrem aktuellen Bevollmächtigten auch tatsächlich zu dem auf dem Eingangsstempel genannten Zeitpunkt eingegangen ist. Diese Zweifel werden durch den Umstand weiter bekräftigt, dass der frühere Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 10.11.2017 „fristwahrend“ - wenngleich ohne Angabe eines konkreten Bekanntgabezeitpunkts - Klage erhoben hat. Da auch der Beklagte zu keinem Zeitpunkt Zweifel an der fristgerechten Klageerhebung angemeldet hat, bedurfte es vorliegend jedenfalls keiner weitergehenden Darlegungen der Klägerin zum maßgeblichen Zugangszeitpunkt. Da der Beklagte mithin die (materielle) Beweislast für den Zugangszeitpunkt ebenso trägt wie für eine Versäumung der Klagefrist, sie einen tatsächlichen Zugang vor dem 10.10.2017 aber schon zu keinem Zeitpunkt behauptet hat, ist vorliegend von einer fristgerechten Klageerhebung auszugehen.
III.
21 
Die mithin zulässige Anfechtungsklage ist nicht begründet, da die futtermittelrechtliche Anordnung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 26.09.2017 und die mit ihr verbundene Gebührenentscheidung rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzen.
22 
1. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der futtermittelrechtlichen Anordnung ist vorliegend Art. 138 Abs. 1 Satz 1 lit. b) der VO (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.03. 2017 über amtliche Kontrollen - KontrollVO 2017). Demnach ergreifen die zuständigen Behörden - hier das Regierungspräsidium Freiburg als gemäß §§ 19 Abs. 2, § 18 Abs. 3 AG-LMGB zuständige höhere Lebensmittelüberwachungsbehörde -, wenn ein Verstoß gegen in den in Art. 1 Abs. 2 VO (EU) 2017/625 aufgezählten Bereichen erlassene Vorschriften festgestellt wird, geeignete Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass der betreffende Unternehmer den Verstoß beendet und er erneute Verstöße dieser Art verhindert. Insoweit erweist es sich als unschädlich, dass der Beklagte die angegriffene Verfügung auf die aufgrund des Anwendungsvorrangs der vorgenannten unionsrechtlichen Bestimmungen unanwendbare Ermächtigungsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB gestützt hat. Denn auch Art. 138 der KontrollVO weist - wie auch schon die Vorgängerregelung des Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 (vgl. VG München, Beschluss vom 13.05.2020 - M 26 S 19.3205 -, juris Rn. 25) - weder in Bezug auf seine Tatbestandsvoraussetzungen noch im Hinblick auf die zulässigen Rechtsfolgen relevante Unterschiede zur nationalen Regelung des § 39 Abs. 2 LFGB auf (vgl. zu Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 Senatsurteil vom 16.06.2014 - 9 S 1273/13 -, juris Rn. 22 ff., 26 f.).
23 
2. Die angegriffene Verfügung erweist sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung allerdings - wie auch der Beklagte eingeräumt hat - nicht schon deswegen als rechtmäßig, weil das streitgegenständliche Produkt als „Futtermittel für besondere Ernährungszwecke“ mit dem vorgesehenen Verwendungszweck der „Unterstützung der Leberfunktion bei chronischer Leberinsuffizienz“ in Folge der Aufhebung der Richtlinie 2008/38/EG durch Art. 4 der VO (EU) 2020/354 der Kommission vom 04.03.2020 zur Erstellung eines Verzeichnisses der vorgesehenen Verwendungen von Futtermitteln für besondere Ernährungszwecke mit Wirkung zum 25.12.2020 nur noch als Alleinfuttermittel in Verkehr gebracht werden darf (vgl. Teil B Nr. 23 Spalte 6 Nr. 1 VO (EU) 2020/354). Denn nach Art. 3 der VO (EU) 2020/354 dürfen Futtermittel für besondere Ernährungszwecke‚ die vor dem 25.03.2022 gemäß den vor dem 25.03.2020 geltenden Bestimmungen gekennzeichnet wurden, bis zur Erschöpfung der Bestände weiter in Verkehr gebracht und verwendet werden.
24 
3. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 138 Abs. 1 Satz 1 lit. b) VO (EU) 2017/625 liegen im für die Entscheidung des Senats maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung indes deswegen vor, weil das Inverkehrbringen des Produkts H. mit dem Bestandteil S-Adenosylmethionin gegen Art. 3 Abs. 1 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.09.2003 über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung (ZusatzstoffVO; zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2018/1903 der Kommission vom 05.12.2018) verstößt. Bei dem Bestandteil S-Adenosylmethionin handelt es sich um einen Futtermittelzusatzstoff im Sinne der ZusatzstoffVO, der nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) der Verordnung nicht in Verkehr gebracht, verarbeitet oder verwendet werden darf, sofern nicht eine entsprechende Zulassung gemäß der vorliegenden Verordnung erteilt wurde. Der Beklagte war daher nach Art. 138 Abs. 1 Satz 1 lit. b) VO (EU) 2017/2004 verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, um zu gewährleisten, dass die Klägerin die Verstöße beendet und erneute Verstöße dieser Art verhindert.
25 
a) Maßgeblich sind vorliegend die Begriffsbestimmung des Art. 2 Abs. 2 lit. a), b) und e) FuttermittelzusatzstoffVO. Futtermittelzusatzstoffe sind demnach „Stoffe, Mikroorganismen oder Zubereitungen, die keine Futtermittel-Ausgangserzeugnisse oder Vormischungen sind und bewusst Futtermitteln oder Wasser zugesetzt werden, um insbesondere eine oder mehrere der in Artikel 5 Absatz 3 genannten Funktionen zu erfüllen“; Futtermittelausgangserzeugnisse und Vormischungen sind Erzeugnisse gemäß der Begriffsbestimmung in Art. 2 lit. a) RL 96/25/EG vom 29.04.1996 über den Verkehr mit Futtermittel-Ausgangserzeugnissen (Art. 2 Abs. 2 lit. b) FuttermittelzusatzstoffVO) bzw. Mischungen von Futtermittelzusatzstoffen oder Mischungen aus einem oder mehreren Futtermittelzusatzstoffen mit Futtermittel-Ausgangserzeugnissen oder Wasser als Trägern, die nicht für die direkte Verfütterung an Tiere bestimmt sind (Art. 2 Abs. 2 lit. e) FuttermittelzusatzstoffVO). Allerdings wurde die RL 96/25/EG nach Art. 30 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.07.2009 über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln (FuttermittelverkehrsVO) mit Wirkung vom 01.09.2020 aufgehoben, wobei Verweisungen auf die aufgehobenen Richtlinien nach Art. 30 Abs. 2 FuttermittelverkehrsVO nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang IX als Verweisungen auf die FuttermittelverkehrsVO gelten. Auch mit Blick auf den Erwägungsgrund 4 der FuttermittelverkehrsVO geht der Senat deshalb davon aus, dass die Begriffsdefinition des Einzelfuttermittels nach Art. 3 Abs. 2 lit. g) FuttermittelverkehrsVO an die Stelle des Begriffs des Futtermittel-Ausgangserzeugnisses gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. b) FuttermittelzusatzstoffVO getreten ist (so im Ergebnis auch VG Schleswig, Beschluss vom 13.09.2021 - 1 B 90/21 -, juris Rn. 31; VG Düsseldorf, Beschluss vom 02.07.2021 - 16 L 1057/21 -, juris Rn. 29; VG München, Beschluss vom 13.05.2020 - M 26 S 19.3205 -, juris Rn. 35). Futtermittel-Ausgangserzeugnisse bzw. Einzelfuttermittel sind demnach Erzeugnisse pflanzlichen oder tierischen Ursprungs, die vorrangig zur Deckung des Ernährungsbedarfs von Tieren dienen, im natürlichen Zustand, frisch oder haltbar gemacht, und Erzeugnisse ihrer industriellen Verarbeitung sowie organische oder anorganische Stoffe, mit Futtermittelzusatzstoffen oder ohne Futtermittelzusatzstoffe, die zur Tierernährung durch orale Fütterung bestimmt sind, sei es unmittelbar als solche oder in verarbeiteter Form, für die Herstellung von Mischfuttermitteln oder als Trägerstoff für Vormischungen (Art. 3 Abs. 2 lit. g), Art. 30 Abs. 2, Anhang IX FuttermittelverkehrsVO i.V.m. Art. 2 Abs. 2 lit. b) FuttermittelzusatzstoffVO).
26 
b) Diese Begriffsbestimmungen genügen auch den unionsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit belastender Eingriffs- bzw. Verbotsnormen.
27 
aa) Insoweit verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit, der ein grundlegendes Prinzip des Unionsrechts darstellt, dass eine Regelung klar und deutlich ist, damit die Betroffenen ihre Rechte und Pflichten unzweideutig erkennen und somit ihre Vorkehrungen treffen können (vgl. EuGH, Urteil vom 02.09.2021 - C-570/19 [Irish Ferries Ltd.] -, juris, Rn. 164; EuGH (GK), Urteil vom 23.10.2012 - C-581/10, C-629/10 [Emeka Nelson u. a.] -, juris, Rn. 66 m.w.N.).
28 
bb) Zwar weist die Klägerin im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass die Begriffsdefinition des Einzelfuttermittels die Zweckbestimmung der „Deckung des Ernährungsbedarfs von Tieren / der Tiere“ ebenso enthält wie die in Art. 5 Abs. 3 lit. d) FuttermittelzusatzstoffVO bezeichnete Funktionsbeschreibung, die nach der Begriffsbestimmung des Art. 2 Abs. 2 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO für die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff von Bedeutung sein kann. Dies erscheint vor dem Hintergrund der Begriffsdefinition des Art. 2 Abs. 2 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO, derzufolge die Einordnung als Futtermittel-Ausgangserzeugnis bzw. Einzelfuttermittel die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff ausschließt, bedenklich und wäre bei isolierter Betrachtung allein dieser Begriffsbestimmungen potentiell geeignet, den Futtermittelunternehmer über den Umfang seiner Rechte und Pflichten, die maßgeblich von der Einordnung als Alleinfuttermittel oder Futtermittelzusatzstoff abhängen, im Unklaren zu lassen. Indes macht Erwägungsgrund 11 der FuttermittelverkehrsVO deutlich, dass dem Verordnungsgeber die Bedeutung dieser begrifflichen Unterscheidung für die Bedingungen für das Inverkehrbringen solcher Erzeugnisse vor Augen standen (Satz 1). Die Sätze 2 - 4 dieses Erwägungsgrundes enthalten daher weitere Abgrenzungskriterien, die auf den Ernährungszweck, die chemische Reinheit und das Vorhandensein wissenschaftlich begründbarer Wirkungen abstellen. Die Sätze 5 und 6 verweisen daher auf die in Art. 7 Abs. 1 und 2 der Verordnung geregelte Ermächtigung der Kommission, unverbindliche Abgrenzungsleitlinien zu erlassen und - soweit erforderlich - Maßnahmen anzunehmen, um klarzustellen, ob ein bestimmtes Erzeugnis ein Futtermittel im Sinne der Verordnung ist.
29 
Ausgehend hiervon begegnen die hier maßgeblichen Begriffsbestimmungen keinen Bedenken im Hinblick auf den unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit. Denn Erwägungsgrund 11 Satz 2 der FuttermittelverkehrsVO macht deutlich, dass sich die Zweckbestimmung der „Deckung des Ernährungsbedarfs von Tieren“ in Art. 3 Abs. 2 lit. g) FuttermittelverkehrsVO auf den Bedarf „beispielsweise an Energie, Nährstoffen, Mineralstoffen oder Ballaststoffen“ bezieht, während der Begriff des Ernährungsbedarfs im Kontext der FuttermittelzusatzstoffVO auf die spezifische Versorgung z.B. mit „ernährungsphysiologischen Zusatzstoffen“ (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. c) FuttermittelzusatzstoffVO) - wie z.B. Vitaminen, Provitaminen, und chemisch definierten Stoffen mit ähnlicher Wirkung, Verbindungen von Spurenelementen, Aminosäuren, deren Salze und Analogen sowie Harnstoff und seinen Derivaten (vgl. Anhang I Nr. 3 lit. a) - d) FuttermittelzusatzstoffVO) oder mit „zootechnischen Zusatzstoffen“ (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. d) FuttermittelzusatzstoffVO) - wie z.B. Verdaulichkeitsförderern oder Darmflorastabilisatoren (vgl. Anhang I Nr. 4 lit. a) und b) FuttermittelzusatzstoffVO) - abzielt. Im Vordergrund der rechtlichen Einordnung als Einzelfuttermittel steht daher - wie auch im Rahmen des nationalen Rechts - die Funktion der Deckung des allgemeinen Ernährungsbedarfs (vgl. auch § 1 Nr. 5 FuttermittelVO mit der Anknüpfung an den „Futterwert“ eines Erzeugnisses bzw. Stoffes), während die Beimischung von Futtermittelzusatzstoffen der Erfüllung sonstiger Funktionen - ggf. einschließlich der Deckung des spezifischen Ernährungsbedarfs der Tiere z.B. an Vitaminen, Provitaminen, Aminosäuren oder Harnstoff - dient.
30 
Auch wenn diese unterschiedliche Begriffsbildung, die jeweils an den Begriff der „Deckung des Ernährungsbedarfs“ anknüpft, nicht zur Verständlichkeit der jeweiligen Bestimmungen beiträgt, bestehen aus Sicht des Grundsatzes der Rechtssicherheit keine strukturellen Bedenken gegenüber einer unterschiedlichen, den Eigenarten des jeweiligen Regelungsgegenstandes geschuldeten Begriffsbildung (vgl. BayVGH, Beschluss vom 05.06.2018 - 20 ZB 17.2293 -, juris Rn. 11). Darüber hinaus trägt die auf Grundlage der Ermächtigung des Art. 7 Abs. 1 der FuttermittelverkehrsVO erlassene Empfehlung der Europäischen Kommission zur Festlegung von Leitlinien für die Unterscheidung zwischen Einzelfuttermitteln, Futtermittelzusatzstoffen, Biozid-Produkten und Tierarzneimitteln vom 14.01.2011 (2011/25/EU; ABI. L 11 vom 15.01.2011, S. 75 - 79; im Folgenden: Empfehlung der Kommission 2011/25/EU), die ungeachtet ihrer unverbindlichen Natur ausdrücklich (auch) der Schaffung eines ausreichenden Maßes an Rechtssicherheit dient (vgl. Erwägungsgrund 3 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG), zur Rechtssicherheit bei. Sie ermöglicht über das auch in Erwägungsgrund 11 Satz 2 der FuttermittelverkehrsVO angelegte Kriterium der Stoffreinheit auch eine Einordnung insbesondere pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse, die sowohl Nährstoffe, Mineralstoffe oder Ballaststoffe als auch Vitamine, Provitamine, chemisch definierte Stoffe mit ähnlicher Wirkung, Verbindungen von Spurenelementen oder Aminosäuren enthalten. Sie begegnet auch im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung und die Verpflichtung der Gesetzgebungsorgane, wesentliche Grundentscheidungen selbst zu treffen, keinen Bedenken, da sie lediglich die insbesondere in Erwägungsgrund 11 der FuttermittelverkehrsVO angelegten Abgrenzungskriterien unter Anknüpfung an bestehende Begriffsmerkmale aus dem Normtext heraus fortentwickelt (vgl. insbesondere Ziffern 1.1, 1.2.1 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG). Soweit dessen ungeachtet im Einzelfall Zweifel über den Umfang der Rechte und Pflichten der Futtermittelunternehmer im Hinblick auf bestimmte Erzeugnisse bestehen, können diese durch Annahme eines Durchführungsrechtsakts nach Art. 7 Abs. 2 UAbs. 1, Art. 28 Abs. 4 FuttermittelverkehrsVO i.V.m. Art. 5a Abs. 1 - 4 des Beschlusses des Rates vom 28.06.1999 (1999/468/EG; zuletzt geändert mit Beschluss vom 17.06.2006; weiterhin anwendbar nach Art. 12 Abs. 1 VO (EU) Nr. 182/2011) unter Anwendung der vorgenannten Kriterien ausgeräumt werden. Die Abgrenzbarkeit der Begriffe des „Einzelfuttermittels“ und der „Futtermittelzusatzstoffe“ begegnet unter dem Gesichtspunkt des unionsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit und Bestimmtheit daher keinen durchgreifenden Bedenken, auch wenn sie im Einzelfall der Heranziehung mehrerer, bei isolierter Betrachtung nicht stets eindeutiger Abgrenzungskriterien bedarf (vgl. zum Erfordernis der Einzelfallbewertung unter Anwendung mehrerer gleichzeitig zu beachtender Kriterien Nr. 1.2.2 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG).
31 
cc) Nichts anderes gilt unter Einbeziehung der Begriffsbestimmung des Art. 3 Abs. 2 lit. n) und o) FuttermittelverkehrsVO für „besondere Ernährungszwecke“ bzw. „Futtermittel mit besonderen Ernährungszwecken“. Zwar wird aus dieser Begriffsbestimmung deutlich, dass auch Futtermittel dem Zweck dienen können, spezifische Ernährungsbedürfnisse von Tieren zu erfüllen, deren Verdauungs-, Absorptions- oder Stoffwechselvorgänge vorübergehend oder bleibend gestört sind oder sein könnten und die deshalb von der Aufnahme ihrem Zustand angemessener Futtermittel profitieren können. Der allgemeine Begriff des Futtermittels umfasst nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) FuttermittelverkehrsVO i.V.m. Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.01.2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (Lebensmittel-BasisVO) jedoch sowohl Einzelfuttermittel im Sinne der FuttermittelverkehrsVO als auch Futtermittelzusatzstoffe im Sinne der FuttermittelzusatzstoffVO. Hieraus folgt insbesondere, dass ein Futtermittel für besondere Ernährungszwecke auch (zugelassene) Futtermittelzusatzstoffe enthalten kann bzw. der besondere Ernährungszweck ggf. gerade durch Beimischung von (zugelassenen) Futtermittelzusatzstoffen verfolgt werden kann. Für den Begriff des Futtermittelzusatzstoffs im Sinne der FuttermittelzusatzstoffVO ist die Definition des „Futtermittels“ damit jedoch ebenso wenig entscheidend wie die Definition des „Futtermittels mit besonderen Ernährungszwecken“, da Art. 2 Abs. 2 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO Futtermittelzusatzstoffe lediglich von Futtermittel-Ausgangserzeugnissen (d.h. Einzelfuttermitteln) und Vormischungen abgrenzt.
32 
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann dem Futtermittelunternehmer bei der rechtlichen Einordnung der von ihm in Verkehr gebrachten bzw. verwendeten Produkte auch kein Beurteilungsspielraum zuerkannt werden. Denn ein solcher Spielraum wäre unvereinbar mit der Zielsetzung der FuttermittelverkehrsVO, die Bedingungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln zu harmonisieren, um ein hohes Maß an Futtermittelsicherheit und damit ein hohes Maß an Schutz der öffentlichen Gesundheit sicherzustellen und eine angemessene Information für Verwender und Verbraucher zu gewährleisten, sowie das wirksame Funktionieren des Binnenmarktes zu unterstützen (vgl. Art. 1 FuttermittelverkehrsVO). Ebenso wenig könnte er in Einklang gebracht werden mit der Zielsetzung der FuttermittelzusatzstoffVO, ein Gemeinschaftsverfahren für die Zulassung des Inverkehrbringens und der Verwendung von Futtermittelzusatzstoffen einzuführen, um so die Grundlage für die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Gesundheit des Menschen, die Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere, die Umwelt und die Anwender- und Verbraucherinteressen im Zusammenhang mit Futtermittelzusatzstoffen zu schaffen und gleichzeitig das effiziente Funktionieren des Binnenmarktes sicherzustellen (vgl. Art. 1 FuttermittelzusatzstoffVO). Maßgeblich sind daher die Begriffsdefinitionen des Art. 2 Abs. 2 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO, des Art. 3 Abs. 2 lit. g) FuttermittelverkehrsVO und die im Lichte des Erwägungsgrundes 11 zu betrachtenden, in Nr. 1.2.2 Spiegelstriche 1 - 3 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG genannten Abgrenzungskriterien.
33 
d) Ausgehend von dem zuvor entwickelten Begriffsverständnis ist der im streitgegenständlichen Produkt H. enthaltene Stoff S-Adenosylmethionin als Futtermittelzusatzstoff im Sinne des Art. 2 Abs. 2 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO einzuordnen. Seine Verwendung bedarf daher - vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen Ausnahmebestimmungen des Art. 3 Abs. 2 - 4, Art. 10 FuttermittelzusatzstoffVO - der Zulassung im Rahmen des in Art. 4 ff. FuttermittelzusatzstoffVO geregelten Verfahrens (Art. 3 Abs. 1 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO).
34 
aa) Maßgeblich für die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff spricht zunächst der Umstand, dass S-Adenosylmethionin - ungeachtet der von der Klägerin geltend gemachten Qualifizierung als „Nährstoff“ - nicht in signifikantem Umfang zur Lieferung von Energie, Nährstoffen, Mineralstoffen oder Ballaststoffen oder zur Aufrechterhaltung der Funktion des Darmtrakts beiträgt (vgl. Erwägungsgrund 11 der FuttermittelverkehrsVO sowie Nr. 1.2.1 Spiegelstrich 2 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG) und somit nicht wesentlich der Deckung des allgemeinen Ernährungsbedarfs dient. Zwar können Einzelfuttermittel nach Nr. 1.2.1 Spiegelstrich 3 Satz 2 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG im Ausnahmefall auch anderen Zwecken dienen, etwa wenn sie als Trägerstoffe eingesetzt werden oder von den Tieren nicht verdaut werden können; dies beruht nach Auffassung der Kommission allerdings auf der Begriffsdefinition der „oralen Fütterung“, die neben der Deckung des Nahrungsbedarfs (im o.g. Sinne) auch die Aufrechterhaltung der Produktivität normal gesunder Tiere umfasst (Nr. 1.2.1 Spiegelstrich 3 Satz 3 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG). Letzteres ist im Hinblick auf den Stoff S-Adenosylmethionin jedoch ebenfalls nicht der Fall, da dieser dem Produkt H. mit der spezifischen Zweckbestimmung zugesetzt wird, körpereigenes S-Adenosylmethionin zu ersetzen, das bei gesunden Tieren ohne Leberprobleme aus der Aminosäure Methionin produziert wird, in Lebens- und Futtermitteln aber selbst nicht in verstoffwechselter Form enthalten ist (vgl. den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 19.06.2015, S. 5). Auch wenn S-Adenosylmethionin als „aufbereitete Form“ der Aminosäure Methionin möglicherweise selbst nicht chemisch eindeutig der in Anhang I Nr. 3 der FuttermittelzusatzstoffVO genannten Kategorie der „ernährungsphysiologischen Zusatzstoffe“ - etwa im Rahmen der Unterkategorien der „Vitamine, Provitamine und chemisch definierten Stoffe mit ähnlicher Wirkung“ [lit. a)] oder der „Aminosäuren, deren Salze und Analoge“ [lit. c)] - zugeordnet werden kann, liegt eine Zuordnung zu den Futtermittelzusatzstoffen insbesondere auch unter Heranziehung der nachfolgend dargestellten Abgrenzungsmerkmale wie z.B. der Stoffreinheit und der geringen Verabreichungsmenge damit näher als eine Einordnung als bloßes Einzelfuttermittel. Dies gilt umso mehr, als eine eindeutige Zuordnung zu einer der in Art. 6 Abs. 1 FuttermittelzusatzstoffVO genannten Zusatzstoffkategorien keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines Futtermittelzusatzstoffs im Sinne des Unionsrechts ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 05.06.2018 - 20 ZB 17.2293 -, juris Rn. 14). Auf die zwischen den Beteiligten streitig gebliebene exakte chemische Einordnung von S-Adenosylmethionin kommt es daher letztlich nicht entscheidungserheblich an.
35 
Für diese Einordnung spricht weiterhin, dass die Aminosäure L-Methionin, aus der S-Adenosylmethionin in der gesunden Tierleber verstoffwechselt wird, gemäß Art. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 469/2013 der Kommission vom 22.05.2013 unter den im Anhang aufgeführten Bedingungen mit der Kennnummer 2b17027 in der Zusatzstoffkategorie „ernährungsphysiologische Zusatzstoffe“ mit der Funktionsgruppe „Aminosäuren, deren Salze und Analoge“ als Futtermittelzusatzstoff in der Tierernährung zugelassen wurde.
36 
bb) Für eine Einordnung als Futtermittelzusatzstoff spricht weiterhin - jedenfalls in der gebotenen Gesamtbetrachtung aller Unterscheidungskriterien - das Kriterium der Herstellungs- und Verarbeitungsmethode bzw. der Stoffreinheit. Insoweit weist Nr. 1.2.2 Spiegelstrich 1 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG darauf hin, dass Erzeugnisse pflanzlichen oder tierischen Ursprungs im natürlichen Zustand, frisch oder haltbar gemacht, und Erzeugnisse ihrer einfachen Verarbeitung sowie organische oder anorganische Stoffe als Einzelfuttermittel gelten können, wohingegen chemisch genau definierte Stoffe, die gereinigt sind und einen bestimmten, vom Hersteller garantierten Standardisierungsgrad aufweisen, unter Umständen als Futtermittelzusatzstoffe eingestuft werden können. Dessen ungeachtet seien bestimmte Einzelfuttermittel - wie z.B. Saccharose - chemisch genau definierte Stoffe und standardisiert, wohingegen Naturerzeugnisse aus ganzen Pflanzen und Teilen ganzer Pflanzen oder Erzeugnisse, die aus diesen durch eine begrenzte physische Verarbeitung, wie zum Beispiel Zerkleinern, Mahlen oder Trocknen, hergestellt wurden, als Einzelfuttermittel einzustufen seien. Der hohe technische Reinheitsgrad bzw. die chemisch eindeutige Definiertheit von S-Adenosylmethionin (chem. Summenformel C15H22N6O5S) indizieren demnach eine Einordnung als Futtermittelzusatzstoff, auch wenn einzelne chemisch eindeutig definierte Stoffe - wie z.B. Saccharose, Propylenglycol, Chondroitinsulfat, Glucosamin und Lactulose - in der Verordnung (EU) Nr. 68/2013 der Kommission vom 16.01.2013 zum Katalog der Einzelfuttermittel als Einzelfuttermittel (Einzelfuttermittel-Katalog) geführt werden. Denn insoweit weist Absatz 4 des Anhangs der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG darauf hin, dass eine Analogie zu anderen Erzeugnissen nicht als Unterscheidungskriterium gelten kann, auch wenn sie unter Umständen hilfreich bei der Überprüfung bereits erfolgter Entscheidungen sein und auch zur Überprüfung auf Konsistenz herangezogen werden kann. Dies gilt so mehr, als die Aufnahme in den Einzelfuttermittel-Katalog keine verbindliche Kommissionsentscheidung im Sinne des Art. 7 Abs. 2 FuttermittelverkehrsVO darstellt und - nach der begrifflichen Systematik an sich ausgeschlossene - Paralleleintragungen im Einzelfuttermittel-Katalog und dem Register der zugelassenen Futtermittelzusatzstoffe in der Praxis durchaus zu beobachten sind (vgl. Erwägungsgrund 1 der VO (EU) Nr. 892/2010 vom 08.10.2010, Erwägungsgrund 8 der Durchführungs-VO (EU) 2021/758 vom 07.05.2021 sowie OVG NRW, Beschluss vom 13.08.2021 - 9 B 965/21 -, juris Rn. 8 ff.).
37 
Im Übrigen hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass S-Adenosylmethionin zwar wohl - nach Angaben der Klägerin - mit einem in Teil B des Einzelfuttermittel-Katalogs (Ziffer 28: Fermentieren) gelisteten Herstellungsverfahren, aber - anders als Saccharose, Propylenglycol, Chondroitinsulfat, Glucosamin und Lactulose - aus einem Ausgangsrohstoff hergestellt wird, der selbst eindeutig als Futtermittelzusatzstoff klassifiziert ist (L-Methionin) und selbst der Funktionsgruppe „Aminosäuren, deren Salze und Analoge“ zugeordnet werden kann. Saccharose (ugs. Haushalts- bzw. Rübenzucker) ist demgegenüber ein Kohlenhydrat, das z.B. aus Zuckerrüben, d.h. aus unverarbeiteten pflanzlichen Erzeugnissen gewonnen wird (vgl. Ziffer 4.1.3 des Einzelfuttermittel-Katalogs). Propylenglycol (1,2-Propandiol) wird zwar durch Hydratisierung von Propylenoxid gewonnen, dient aber als Trägerstoff (vgl. Nr. 1.2.1 Spiegelstrich 3 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG) bzw. zur Aufrechterhaltung der Milchleistung bei Hochleistungsmilchkühen nach dem Kalben (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/1,2-Propandiol), d.h. der Aufrechterhaltung der Produktivität normal gesunder Tiere. Chondroitinsulfat und Glucosamin werden durch Extraktion aus Sehnen, Knochen und anderen tierischen knorpelhaltigen Geweben und weichen Bindegeweben (vgl. Ziffer 9.17.1 des Einzelfuttermittel-Katalogs) bzw. durch Hydrolyse des Außenskeletts von Krustentieren und anderen Gliederfüßern oder durch Fermentation von Getreide wie Mais oder Weizen gewonnen (vgl. Ziffer 13.2.8 des Einzelfuttermittel-Katalogs) und werden - neben der von der Klägerin angeführten arzneilichen und diätischen Verwendung - auch zur Nahrungsergänzung eingenommen bzw. verabreicht, um den Knorpel gesund zu erhalten und arthrotischen Verschleißerscheinungen vorzubeugen. Dieser Anwendung liegt dabei die Vorstellung zugrunde, dass das zugeführte Chondroitinsulfat in den Knorpel „eingebaut“ wird (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Chondroitin#Knorpelregeneration,_Knorpelschutz sowie https://de.wikipedia.org/wiki/Glucosamin). Bei Lactulose handelt es sich demgegenüber um halbsynthetische Disaccharide (4-O-DGalactopyranosyl-D-Fructose), die durch Isomerisierung von Glucose in Fructose aus Lactose gewonnen werden und u.a. in wärmebehandelter Milch und wärmebehandelten Milcherzeugnissen enthalten sind (vgl. Ziffer. 13.2.7 des Einzelfuttermittel-Katalogs). Soweit Lactulose darüber hinaus - wie die Klägerin anführt - in konzentrierter Form als osmotisches Abführmittel oder zur Beeinflussung der Darmflora bei hepatischer Enzephalopathie verabreicht wird (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Lactulose#Eigenschaften_und_Verwendung), dürfte es sich um ein Tierarzneimittel im Sinne des Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel handeln (vgl. Anl. 1 zu § 1 Nr. 1 und § 5 der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln [Arzneimittelverschreibungsverordnung – AMVV]), das nicht als Futtermittel klassifiziert werden kann (vgl. Nr. 3.2 Spiegelstrich 1 der Empfehlung 9 der Kommission 2011/25/EG). (Auch) aus diesen Gründen lässt die - zudem rechtlich nicht konstitutive - Einordnung der genannten Stoffe als Einzelfuttermittel keine Rückschlüsse dahingehend zu, dass auch S-Adenosylmethionin rechtlich als Einzelfuttermittel zu klassifizieren wäre.
38 
cc) Für eine Einordnung als Futtermittelzusatzstoff spricht weiterhin das Kriterium der Sicherheit und Art der Verwendung (Nr. 1.2.2 Spiegelstrich 2 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG). So weisen Satz 4 und 5 dieses Spiegelstrichs zunächst darauf hin, dass Futtermittelzusatzstoffe in der Regel nur in geringen Mengen zugesetzt werden, wenngleich auch viele Einzelfuttermittel, beispielsweise Mineralsalze, der Nahrungsration in geringen Mengen beigemischt werden. Insoweit fällt zunächst ins Auge, dass S-Adenosylmethionin bei Einhaltung der empfohlenen Fütterungsmengen nur im Umfang von 0,18 bis 0,35 g täglich aufgenommen wird. Es handelt sich auch nicht um Mineralstoffe, die Erwägungsgrund 11 Satz 2 eindeutig der Zweckbestimmung der „Deckung des Ernährungsbedarfs von Tieren“ in Art. 3 Abs. 2 lit. g) FuttermittelverkehrsVO zuordnet. Weiterhin hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass S-Adenosylmethionin als - jedenfalls potentiell - pharmakologischer Wirkstoff angesehen werden kann. Hierfür spricht nicht nur die - allerdings auf ein Humanarzneimittel bezogene - Einschätzung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte aus dem Jahr 2015 und die Eintragung in der Vetidata-Datenbank, sondern auch die internationale Studienlage zum Einsatz des Stoffs bei der Behandlung von Depressionen, Osteoartritis und chronischen Lebererkrankungen des Menschen (vgl. US Agency for Healthcare Research and Quality, S-Adenosyl-L-Methionine for Treatment of Depression, Osteoarthritis, and Liver Disease (Summary), Evidence Report/Technology Assessment, Nr. 64 / August 2002; Anstee/Day, Journal of Hepatology 57 (2012), 1097: S-adenosylmethionine (SAMe) therapy in liver disease: A review of current evidence and clinical utility; Lu/Mato, Physiol. Rev. 2012 Oct; 92(4), 1515: S-Adenoyslmethionine in liver health, injury, and cancer; Galizia/Oldani/Macritchie/Amari/Dougall/Jones/Lam/Massei/Yatham/Young, Cochrane Database Syst Rev. 2016 Oct; 2016(10): CD011286: S‐adenosyl methionine (SAMe) for depression in adults; Cuomo/Beccarini Crescenzi/Bolognesi/Goracci/Koukouna/Rossi/Fagiolini, Annals of General Psychiatry 19 (1): 50: S-Adenosylmethionine (SAMe) in major depressive disorder (MDD): a clinician-oriented systematic review; Najm/Reinsch/Hoehler/Tobis/Harvey, BMC Musculoskelet Disord. 2004; 5: 6: S-Adenosyl methionine (SAMe) versus celecoxib for the treatment of osteoarthritis symptoms: A double-blind cross-over trial). Darüber hinaus wird der Wirkstoff S-Adenosylmethionin unter dem Internationalen Freinamen Ademetionin in der Anlage 1 zu § 1 Nr. 1 und § 5 AMVV als verschreibungspflichtiger Stoff geführt (vgl. zur Einordnung eines Ademetionin-Präparats als Funktionsarzneimittel auch VG Köln, Urteil vom 22. 05.2018 - 7 K 6802/16 -, juris Rn. 55 ff.). Dies spricht aus Gründen der Gesundheit von Mensch oder Tier dafür, einen Höchstgehalt des Erzeugnisses S-Adenosylmethionin in der Tagesration festzulegen, und legt somit die Einordnung als Zusatzstoff nahe (vgl. Nr. 1.2.2 Spiegelstrich 2 Satz 1 und 2 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG). Dies gilt unabhängig davon, dass S-Adenosylmethionin dem hier unmittelbar streitgegenständlichen Produkt H. nur in geringen Mengen beigemischt ist und das Produkt H. selbst daher nach Einschätzung des CVUA Karlsruhe vom 13.03.2017 keine erhebliche pharmakologische Wirkung entfaltet. Denn maßgeblich für die rechtliche Einordnung von S-Adenosylmethionin als Einzelfuttermittel oder Futtermittelzusatzstoff ist nicht seine konkrete Verwendung als Bestandteil eines anderen Produktes, sondern die Sicherheit des jeweiligen Zusatzstoffs bzw. Alleinfuttermittels selbst. Für die rechtliche Einordnung des Bestandteils S-Adenosylmethionin ist daher auch eine - zudem von der Klägerin nicht substantiiert belegte - beanstandungsfreie Verwendungsgeschichte des Produkts H. nicht von Bedeutung.
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dd) Schließlich spricht auch das Kriterium der Funktionalität (Nr. 1.2.2 Spiegelstrich 3 Satz 1 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG) für eine Einordnung als Futtermittelzusatzstoff. Demnach werden Futtermittelzusatzstoffe entsprechend ihrer Funktion gemäß Art. 5 Abs. 3 der FuttermittelzusatzstoffVO definiert, auch wenn diese Funktionen nicht ausschließlich Futtermittelzusatzstoffen vorbehalten sind. In Satz 3 des Spiegelstrichs drei heißt es, dass ein Einzelfuttermittel auch die Funktion eines Zusatzstoffs (etwa als Verdickungsmittel) haben könne, dies dann jedoch nicht der einzige Verwendungszweck sein solle. Insoweit spricht Nr. 1.2.2 Spiegelstrich 3 Satz 3 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG das Abgrenzungskriterium der Bestimmung zur Deckung des (allgemeinen) Ernährungsbedarfs der Tiere durch Lieferung von Energie, Nährstoffen, Mineralstoffen oder Ballaststoffen oder durch Beitrag zur Aufrechterhaltung der Funktion des Darmtrakts an, das S-Adenosylmethionin indes nicht erfüllt. Da S-Adenosylmethionin als aufbereitete Form der Aminosäure Methionin so nicht in Lebens- und Futtermitteln vorkommt und seine Zufuhr der Versorgung leberkranker Tiere mit einem Stoffwechselprodukt dient, das bei gesunden Tieren aus dieser - selbst als Futtermittelzusatzstoff einzuordnenden - Aminosäure gewonnen wird, indiziert auch das Funktionalitätskriterium eine Einordnung als Futtermittelzusatzstoff. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass - wie die Klägerin mit dem Hinweis auf die Eigenschaft von „H. F.“ als Diätergänzungsfuttermittel geltend macht - auch Futtermittel dem Zweck dienen können, spezifische Ernährungsbedürfnisse von Tieren zu erfüllen, deren Verdauungs-, Absorptions- oder Stoffwechselvorgänge vorübergehend oder bleibend gestört sind oder sein könnten und die deshalb von der Aufnahme ihrem Zustand angemessener Futtermittel profitieren können (Art. 3 Abs. 2 lit. n) und o) FuttermittelverkehrsVO). Denn der hier definierte Begriff des „Futtermittels für besondere Ernährungszwecke“ dient nicht der Abgrenzung von Einzelfuttermitteln und Futtermittelzusatzstoffen, sondern der Schaffung einer Unterkategorie der Futtermittel, deren Inverkehrbringen nach Art. 9 f. FuttermittelverkehrsVO besonderen Anforderungen unterliegt und die begrifflich sowohl Einzelfuttermittel als auch Futtermittelzusatzstoffe umfassen kann bzw. - bei Mischfuttermitteln wie dem hier streitgegenständlichen Produkt H., das S-Adenosylmethionin zudem lediglich in sehr geringen Mengen enthält - enthalten können (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. a) FuttermittelverkehrsVO i.V.m. Art. 3 Nr. 4 Lebensmittel-BasisVO).
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ee) Ohne Bedeutung ist demgegenüber der Umstand, dass die Webseite https://feedmaterialsregister.eu/ den Stoff „S-adenosyl-L-Methionine disulfate p-toluenesulfonate“ mit der ID-Nummer 009192-EN und Eintragsdatum 11.10.2021 als Futtermittel ausweist. Denn das auf Art. 24 Abs. 6 FuttermittelverkehrsVO basierende Futtermittelregister bietet Futtermittelunternehmern eine Plattform, nicht im Einzelfuttermittel-Katalog aufgelistete, neu auf den Markt gebrachte Futtermittel durch Anzeige gegenüber Vertretern des Futtermittelsektors zu registrieren. Es erfolgte jedoch keine vorgelagerte behördliche Prüfung in Bezug auf den Status des eingetragenen Stoffes, so dass die Eintragung im Register keine rechtsverbindliche Zuordnung zu einer bestimmten Futtermittelkategorie darstellt (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.08.2021 - 9 B 965/21 -, juris Rn. 17). Überdies enthält das Futtermittelregister auch den - ebenso unverbindlichen - Eintrag „S-adenosyl-methionine“ mit Datum vom 14.01.2020, der unter dem 16.01.2020 mit der Begründung „not a feed material“ zurückgewiesen wurde.
41 
ff) In der erforderlichen Gesamtschau der Begriffsdefinition des Art. 2 Abs. 2 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO und der in Nr. 1.2.2 Spiegelstriche 1 - 3 der Empfehlung der Kommission 2011/25/EG genannten Abgrenzungskriterien ist S-Adenosylmethionin folglich als Futtermittelzusatzstoff anzusehen. Es handelt sich insbesondere nicht um ein Futtermittel-Ausgangserzeugnis (Einzelfuttermittel) oder eine Vormischung im Sinne des Art. 3 Abs. 2 lit. g) und e) FuttermittelzusatzstoffVO. Seine Verwendung bedarf daher - vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen Ausnahmebestimmungen des Art. 3 Abs. 2 - 4, Art. 10 FuttermittelzusatzstoffVO - der Zulassung im Rahmen des in Art. 4 ff. FuttermittelzusatzstoffVO geregelten Verfahrens (Art. 3 Abs. 1 lit. a) FuttermittelzusatzstoffVO), die bislang unstreitig nicht erteilt wurde.
42 
4. Der Beklagte war daher nach Art. 138 Abs. 1 Satz 1 lit. b) der KontrollVO verpflichtet, gegen das Inverkehrbringen des Tierfuttermittels H. mit dem Bestandteil S-Adenosylmethionin einzuschreiten. Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. In Ansehung des Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 der FuttermittelzusatzstoffVO ist für den Senat ein gleich geeignetes, milderes Mittel nicht erkennbar (vgl. Senatsbeschluss vom 16.10.2019 - 9 S 535/19 -, juris Rn. 24); die Verfügung erweist sich auch als verhältnismäßig i.e.S. Soweit die Klägerin eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen, einzeln benannten Anbietern geltend macht, verliert sie aus dem Blick, dass eine rechtfertigungspflichtige Ungleichbehandlung nur im Verhältnis zu ein und demselben Hoheitsträger geltend gemacht werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2013 - 6 C 18.12 -, juris Rn. 16 m.w.N.). Zudem hat der Beklagte nachvollziehbar erklärt, Anhaltspunkten für Gesetzesverstöße nachzugehen und einzuschreiten, sobald sie im regulären Gang der Verwaltung die Überzeugung gewonnen hat, dass die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Sie ist vor dem Gleichheitsgebot nicht gehalten, ein Handlungskonzept für die zeitliche Reihenfolge des Einschreitens gegen mehrere Störungen aufzustellen oder gar Störungen, für die ein Einschreiten in Betracht kommt, zu ermitteln, um dann gestuft nach der Schwere der Verstöße einzuschreiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 8 C 18.16 -, BVerwGE 160, 193, juris Rn. 23).
43 
Die mit Ziffer 1 der Verfügung vom 26.09.2017 getroffene futtermittelrechtliche Verbotsanordnung ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
44 
5. Gegen die mit Ziffer 2 der Verfügung vom 26.09.2017 bzw. gesonderter „Gebührenmitteilung“ vom selben Tag erfolgte Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 200 EUR sind konkrete Einwände nicht erhoben worden. Die Gebühr beruht auf § 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1, § 12 Abs. 4 LGebG i.V.m. dem Gebührenrahmen der Ziffer 10.5 der Gebührenverordnung MLR in der zum Zeitpunkt der Beendigung der öffentlichen Leistung (vgl. § 7 Abs. 2, § 12 Abs. 3 Satz 1 LGebG) anwendbaren Fassung vom 23.6.2015 (GBl. S. 585). Sie ist weder dem Grunde noch der konkreten Höhe nach zu beanstanden (§ 7 LGebG).
IV.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
46 
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
47 
Beschluss
vom 16. November 2021
48 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG unter Anlehnung an Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 68.293 EUR festgesetzt.
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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