Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 25. Juli 2019 - 1 K 6462/18 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
| Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen der Ausbildungsförderung. |
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| Die 1989 geborene Klägerin studiert seit dem Wintersemester 2015/2016 Humanmedizin an der Universität xxx. |
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| Auf ihren Antrag vom 23.05.2016 gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 19.09.2016 Ausbildungsförderung für den Zeitraum von Mai 2016 bis März 2017 (= Ende Wintersemester 2016/2017) als elternunabhängige Leistung nach § 11 Abs. 3 Nr. 4 BAföG. Mit Formularantrag vom 13.01.2017, eingegangen am 13.02.2017, beantragte die Klägerin Weiterförderung für den Zeitraum von April 2017 bis März 2018 (Sommersemester 2017 und Wintersemester 2017/2018, ihr 4. und 5. Fachsemester). Mit Bescheid von 06.03.2017 gewährte der Beklagte Ausbildungsförderung für den Zeitraum von April 2017 bis September 2017 (Sommersemester 2017 = 4. Fachsemester). |
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| Am 05.09.2017 stellte die Klägerin zur Fristwahrung erneut einen Weiterförderungsantrag. Am 11.10.2017 reichte sie den Formularantrag nach, beschränkt auf den Bewilligungszeitraum Oktober 2017. Die für die weitere Förderung erforderliche Leistungsbescheinigung (Formblatt 5) legte sie zwar vor. Auf dem Formblatt 5 teilte die Universität xxx am 11.10.2017 jedoch mit, es könne nicht bestätigt werden, dass die Klägerin die bis zum Ende des 4. Fachsemesters üblichen Leistungen bis zum September 2017 erbracht habe. Es fehle das Praktikum „Physiologie". Dieses könne im Wintersemester 2017/2018 (= 5. Fachsemester) abgeschlossen werden. Mit Schreiben ebenfalls vom 11.10.2017 teilte die Klägerin mit, sie habe den Bewilligungszeitraum auf den Monat Oktober 2017 geändert, da sie im November und Dezember 2017 Vollzeit arbeiten werde. Ihr Physikum könne sie erst im Frühjahr 2018 ablegen, weil sie im Wintersemester 2017/2018 noch ein Praktikum nachholen müsse. Wegen einer Erkrankung habe sie eine regulär für Februar 2016 angesetzte Biologieklausur nicht schreiben können. Ihren Erstversuch im April 2016 habe sie nicht bestanden und ein Jahr auf die Nachklausur warten müssen. Infolgedessen habe sie im Wintersemester 2016/2017 (3. Fachsemester) nicht am Neurophysiologie-Praktikum teilnehmen können, weshalb sie auch den 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Physikum) erst ein Semester später habe ablegen können. Mit E-Mail vom 13.11.2017 teilte Sie dem Beklagten mit, dass die feste Anstellung für die Monate November und Dezember nicht zustande gekommen sei, weshalb sie nun eine ganz normale Weiterförderung für die nächsten zwölf Monate beantrage, sprich von Oktober 2017 bis September 2018. Mit Formularantrag vom 12.01.2018 stellte sie den formularmäßigen Weiterförderungsantrag für den Zeitraum April 2018 bis September 2018 (Sommersemester 2018 = 6. Fachsemester). In einer Bestätigung der Referentin für Studium und Lehre der Universität xxx vom 16.01.2018 wurde als Grund für die negative Leistungsbescheinigung angegeben: „erstmalige - zwingende - Wiederholung eines Studienhalbjahres wegen Misslingens von Leistungsnachweisen (Nichtbestehen von mehr als zwei Prüfungsleistungen). Im WS 17/18 wurde das 3. Fachsemester wiederholt (Neurophysiologisches Praktikum 5 Termine).“ |
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| Der Beklagte lehnte den Weiterförderungsantrag für den Bewilligungszeitraum 10/2017 bis 09/2018 mit Bescheid vom 06.02.2018 ab. Die Hochschule habe nicht bestätigen können, dass zum Ende des Sommersemesters 2017 die bis zum Ende des 4. Fachsemesters üblichen Leistungen erbracht gewesen seien. Gründe, die nach § 48 abs. 2 BAföG die verspätete Vorlage des Leistungsnachweises rechtfertigten, seien nicht vorgetragen. In Studiengängen, die in ihrer Studienordnung eine Zwischenprüfung mit Aufstiegscharakter vorsähen - hier: 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Physikum) -, könne eine erstmalige zwingende Wiederholung eines Semesters wegen des Misslingens von Leistungsnachweisen nicht berücksichtigt werden. |
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| Gegen den ihr am 09.02.2018 zugegangenen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 07.03.2018, eingegangen beim Beklagten am 08.03.2018, Widerspruch ein. Unter Bezugnahme auf § 15 Abs. 3 BAföG i.V.m. Nr. 15.3.3 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG-VwV) trug sie vor, ein schwerwiegender Grund für die Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus liege vor, wenn eine Zwischen- oder Modulprüfung erstmalig nicht bestanden werde, wenn sie Voraussetzung für die Weiterführung der Ausbildung sei. Entsprechendes gelte für die erstmalige Wiederholung eines Studienhalbjahres wegen Misslingens von Leistungsnachweisen, wenn anstelle einer einzelnen Zwischen- oder Modulprüfung laufend Leistungsnachweise zu erbringen seien. Sie habe das 3. Semester wiederholen müssen, um „das erste Staatsexamen" schreiben zu können. |
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| Am 26.03.2018, also in ihrem 5. Fachsemester, holte die Klägerin die Prüfung des 1. Abschnitts der Ärztlichen Prüfung nach. Das Zeugnis darüber wurde am 04.04.2018 ausgestellt. |
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| Mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.2018, zugestellt am 04.10.2018, wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte unter Verweis auf die Nummer 15.3.3 BAföG-VwV aus, die Möglichkeit, eine erstmalige zwingende Wiederholung wegen Misslingens von Leistungsnachweisen zu berücksichtigen, bestehe nur dann, wenn im betreffenden Studiengang keine Zwischenprüfung mit Aufstiegscharakter vorgesehen sei. Die Rechtsprechung lasse nicht einmal die Berücksichtigung beider Zwischenprüfungen im Studiengang Humanmedizin („Physikum" bzw. 2. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung) zu. Da im Studium Humanmedizin Zwischenprüfungen mit Aufstiegscharakter vorgesehen seien, sei die Berücksichtigung einer erstmaligen zwingenden Wiederholung wegen Misslingens von Leistungsnachweisen nicht möglich. Zusätzlich sei auch eine zwingende Wiederholung eines Studienhalbjahres in der Studien- und Prüfungsordnung nicht vorgesehen. |
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| Am 31.10.2018 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage auf Gewährung von Ausbildungsförderung für den Zeitraum von Oktober 2017 bis September 2018 erhoben und zur Begründung vorgetragen, sie habe die Biologieklausur im Wintersemester 2015/2016 zunächst krankheitsbedingt versäumt und sodann ihren ersten regulären Versuch im Wiederholungstermin im April 2016 nicht bestanden. Sie habe bis Februar 2017 warten müssen, bis die Abschlussklausur im Biologie-Praktikum erneut angeboten worden sei. Aufgrund der Studienordnung sei es ihr nicht möglich gewesen, bereits vor Bestehen dieser Klausur am Neurophysiologie-Praktikum teilzunehmen. Dadurch habe sich auch die Zulassung zum 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Physikum) um ein Semester verzögert. Dies habe die Universität xxx mit Schreiben vom 18.01.2019 bestätigt. Die Klägerin habe die Verzögerung nicht vermeiden können. Es entspreche der bundesweit gängigen Praxis, auch beim erstmaligen Nichtbestehen einer Einzelprüfung einen schwerwiegenden Grund für die Verzögerung des Studienverlaufs im Sinne von Nr. 15.3.3 BAföG-VwV anzunehmen, wenn diese Voraussetzung für die Weiterführung der Ausbildung sei. |
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| Am 02.07.2019 legte die Klägerin dem Verwaltungsgericht Sigmaringen das Zeugnis über die erfolgreiche Absolvierung des 1. Abschnitts der Ärztlichen Prüfung vor. Das Gericht leitete das Zeugnis mit Schreiben vom 08.07.2019 an den Beklagten weiter. |
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| Mit Urteil vom 25.07.2019 - 1 K 6462/18 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen den Bescheid des Beklagten vom 06.02.2018 und dessen Widerspruchsbescheid vom 02.10.2018 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, der Klägerin im Rahmen ihres Antrags Ausbildungsförderung für das Wintersemester 2017/2018 und das Sommersemester 2018 in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG werde Ausbildungsförderung ab dem 5. Fachsemester geleistet, wenn der Auszubildende den erforderlichen Leistungsnachweis rechtzeitig vorgelegt habe. Für das von der Klägerin betriebene Studium der Humanmedizin sei dies das Zeugnis über den bestandenen 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Physikum). Zwar habe die Klägerin dieses nicht rechtzeitig vorgelegt, jedoch seien die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 BAföG für eine spätere Vorlage des Zeugnisses erfüllt. Es lägen Tatsachen vor, die voraussichtlich eine spätere Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG aus schwerwiegenden Gründen zuließen. Die Anwendung der Norm auf Fälle nichtbestandener Leistungsnachweise werde durch § 15 Abs. 3 Nr. 4 BAföG, der den Spezialfall des erstmaligen Nichtbestehens der Abschlussprüfung regele, nicht ausgeschlossen. Ein schwerwiegender Grund im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG sei nur dann nicht gegeben, wenn die Verzögerung des erfolgreichen Studienabschlusses auf Umstände zurückzuführen sei, deren Einwirkungen auf den weiteren Ausbildungsgang nicht zwangsläufig gewesen seien, weil es dem Auszubildenden zuzumuten gewesen sei, den Eintritt der Umstände oder die Verzögerung der Ausbildung zu verhindern. Die Klägerin habe jedoch wegen der nichtbestandenen Klausur den klinischen Abschnitt ihres Studiums nicht beginnen können. Daher sei es ihr nicht möglich gewesen, den Leistungsrückstand aufzuholen und die Voraussetzungen für die Bewilligung von Ausbildungsförderung zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu schaffen, denn dafür hätte sie zwei Fachsemester im klinischen Abschnitt des Studiums gleichzeitig absolvieren müssen, was nicht möglich sei. Überdies sei es nicht möglich gewesen, die nichtbestandene Prüfung im gleichen Semester zu wiederholen. Die verspätete Zulassung zum Praktikum der Physiologie gründe in der wegen der nichtbestandenen Klausur verzögerten Absolvierung des Praktikums der Biologie. Das Scheitern bei der Absolvierung des Praktikums in Biologie im Wintersemester 2015/2016 sei so zu behandeln wie das erstmalige Nichtbestehen einer Zwischenprüfung. Würden ein regulärer Klausurtermin und ein Nachholtermin angeboten, liege ein erstmaliges Nichtbestehen nur vor, wenn eine der beiden Klausuren nicht bestanden werde und es für das Versäumen der anderen Klausur einen wichtigen Grund gebe. So sei es im Fall der Klägerin. Sie habe an der ersten Klausur wegen einer Erkrankung nicht teilnehmen können und die Wiederholungsklausur nicht bestanden. Aus dem Zeugnis vom 04.04.2018 ergebe sich, dass sie den 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung innerhalb des um ein Semester nach § 48 Abs. 2 BAföG zu verlängernden Zeitraums nachgeholt habe. |
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| Es schade ausnahmsweise nicht, dass sie das Zeugnis nicht innerhalb der Frist des § 48 Abs. 1 BAföG (innerhalb der ersten vier Monate des Sommersemesters 2018) vorgelegt habe. Im Fall der Klägerin werde - wie bei einem Streit um die Förderung dem Grunde nach - darüber gestritten, ob die Vorlage von Unterlagen für einzelne Bewilligungszeiträume noch sinnvoll sei. Dies sei nicht der Fall, wenn der Anspruch dem Grunde nach endgültig abgelehnt werde. Das Rechtsschutzbedürfnis im Streit um die spätere Vorlage der Bescheinigung würde zwar entfallen, wenn eine mögliche verlängerte Vorlagefrist im Sinne von § 48 Abs. 2 BAföG im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bereits abgelaufen wäre, ohne dass der erforderliche Leistungsnachweis erbracht worden sei. Dies sei hier jedoch nicht der Fall, da das Zeugnis über das Bestehen des 1. Abschnitts der Ärztlichen Prüfung bereits im April 2018, also nach dem 5. Fachsemester ausgestellt worden sei. |
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| Gegen das am 14.11.2019 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 06.12.2019, eingegangen am 10.12.2019, die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 14.01.2020 begründet. Er beruft sich auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gegenüber dem Petitionsausschuss des Bundestages, wonach schwerwiegende Gründe im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG nicht bei allen Fehlschlägen der Studien- und Prüfungsleistungen anzuerkennen seien, sondern nur im Fall einer Prüfung, deren Bestehen Voraussetzung für die Fortsetzung der Ausbildung sei. Das Physikum stelle im Studium der Humanmedizin eine Zwischenprüfung mit Aufstiegscharakter dar. Das Bestehen einzelner Leistungen vor dem Physikum sei nicht mit dem Prüfungsrisiko des Physikums vergleichbar, sodass deren Nichtbestehen die Weiterförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus nicht rechtfertige. Gemäß Erlass des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK) vom 05.11.2018, Az. 24-7634.33/32/7 sei sie an die Einschätzung des BMBF gebunden. Das Scheitern der Klägerin in der Biologieprüfung sei nicht wie das erstmalige Nichtbestehen einer Zwischenprüfung zu bewerten, da diese dem Physikum vorgeschaltete Prüfung als solche nicht dem Kriterium des „schwerwiegenden Grundes“ im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG entspreche. Der Misserfolg in der Abschlussklausur eines Praktikums - einer Prüfung des ersten Semesters zumal - sei nicht von solchem Gewicht, dass er dem erstmaligen Nichtbestehen einer förmlichen Zwischenprüfung gleichgestellt werden dürfe. Da kein schwerwiegender Grund im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG vorliege, könne auch § 48 Abs. 2 BAföG nicht angewandt werden, eine Zulassung der verspäteten Vorlage des Formblatts 5 sei daher nicht möglich. Das Zeugnis sei daher nach § 48 Abs. 1 BAföG innerhalb von vier Monaten nach Beginn des Semesters vorzulegen gewesen. Das anhängige Klageverfahren rechtfertige nicht die Überschreitung des Vorlagezeitraums. Das öffentliche Interesse an einer wirtschaftlichen und sparsamen Vergabe von Fördermitteln gebiete es, einen Regelfall wie den der Klägerin nicht als Ausnahme im Sinne von § 15 Abs. 3 BAföG zu behandeln. |
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| das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 25. Juli 2019 - 1 K 6462/18 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. |
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| die Berufung zurückzuweisen. |
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| Zur Begründung trägt sie vor, sie habe den Leistungsnachweis zu einem späteren Zeitpunkt vorlegen dürfen, da Tatsachen vorlägen, die eine spätere Überschreitung der Förderhöchstdauer rechtfertigten. Der Erlass des MWK sei nicht geeignet, neuere obergerichtliche Rechtsprechung zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG auszuhebeln. Der schwerwiegende Grund liege allein darin, dass sie wegen ihrer Erkrankung die nach der Prüfungsordnung erlaubte Wiederholung der Prüfung nicht in einem Zeitraum habe wahrnehmen können, der ihr im Erfolgsfall das Fortschreiten im regulären Studienablauf ermöglicht hätte. Ein Aufholen des Leistungsstands habe ihr nicht offen gestanden. Der Klausurtermin im April 2016 sei ein Nachholtermin für alle Studierenden gewesen, die die Prüfung im Februar 2016 nicht bestanden hätten. Für sie (die Klägerin) habe er sich als Erstversuch erwiesen, da sie zum regulären ersten Termin erkrankt gewesen sei. Eine zeitnahe Wiederholung der Klausur sei von der Universität nicht angeboten worden. Sie habe bis zum nächsten Wintersemester auf die Möglichkeit eines Zweitversuchs warten müssen und habe erst danach das zwingend notwendige Neurophysiologie-Praktikum antreten können. Hierdurch habe sich die Zulassung zum ersten Staatsexamen um ein Semester verzögert. Bei einer erfolgreichen Teilnahme wäre die Verzögerung der Ausbildung nicht eingetreten. Die verspätete Vorlage des Leistungsnachweises sei nach § 48 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG zulässig. Die eine Verzögerung der Ausbildung verursachende Krankheit der Klägerin stelle einen schwerwiegenden Grund dar. |
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| Wegen des weitergehenden Vortrags und Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten verwiesen. Dem Senat liegen die Akten der Beteiligten, die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. |
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| Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO) |
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| Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere die Berufungsbegründungsfrist des § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO wahrende Berufung des Beklagten ist nicht begründet. |
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| Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat Anspruch auf Bewilligung von Ausbildungsförderung für das Wintersemester 2017/2018 und für das Sommersemester 2018 in gesetzlicher Höhe. Die ablehnenden Bescheide des Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). |
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| Für die Entscheidung, ob der Klägerin ein Anspruch auf (Weiter-) Förderung ihres Studiums der Humanmedizin über das 4. Fachsemester hinaus für den Zeitraum von Oktober 2017 bis September 2018 zusteht, ist auszugehen von den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 07.12.2010 (BGBl. I S. 1952, ber. BGBl. 2012 I S. 197), zuletzt geändert durch Art. 71 des Gesetzes vom 29.03.2017 (BGBl. I S. 626) - BAföG -. Nach § 9 Abs. 1 BAföG wird eine Ausbildung nur dann gefördert, wenn die Leistungen des Auszubildenden erwarten lassen, dass er das angestrebte Ausbildungsziel erreicht. Dies wird nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BAföG in der Regel angenommen, solange der Auszubildende die Ausbildungsstätte besucht und bei dem Besuch einer Höheren Fachschule, Akademie oder Hochschule die den jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen entsprechenden Studienfortschritte erkennen lässt. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 BAföG hat der Auszubildende seine Eignung in Form einer Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG nachzuweisen. Gemäß 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Besuch einer Hochschule vom fünften Fachsemester an nur von dem Zeitpunkt an geleistet, in dem der Auszubildende ein Zeugnis über eine bestandene Zwischenprüfung vorgelegt hat, die nach den Ausbildungsbestimmungen erst vom Ende des dritten Fachsemesters an abgeschlossen werden kann und vor dem Ende des vierten Fachsemesters abgeschlossen worden ist. Liegen Tatsachen vor, die voraussichtlich eine spätere Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Absatz 3 BAföG rechtfertigen, kann das Amt für Ausbildungsförderung nach § 48 Abs. 2 BAföG die Vorlage der Bescheinigung zu einem entsprechend späteren Zeitpunkt zulassen. Dies ist bei Vorliegen eines schwerwiegenden Grundes im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG der Fall. |
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| Ausgehend hiervon waren die Voraussetzungen für die Bewilligung von Ausbildungsförderung für das 5. und 6. Fachsemester gegeben. Zwar hat die Klägerin die Voraussetzungen der Weiterförderung nach § 9 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht erfüllt. Sie hat die im Studiengang der Humanmedizin maßgebliche Zwischenprüfung - den 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Physikum) - erst im 5. Fachsemester und damit verspätet absolviert. Es lagen jedoch Tatsachen vor, die eine spätere Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 BAföG rechtfertigen (1.). Soweit sie die Leistungsbescheinigung nicht rechtzeitig vorgelegt hat, kann sich der Beklagte nicht auf das Fristversäumnis berufen (2.). |
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| 1. a) Keine Anwendung findet § 15 Abs. 3 Nr. 4 BAföG, der regelt, dass Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus geleistet wird, wenn die auszubildende Person erstmalig eine Abschlussprüfung nicht besteht. Das Nichtbestehen eines Leistungsnachweises, der Voraussetzung für die Zulassung zu einer Zwischenprüfung ist, ist von dieser Norm nicht erfasst. Dagegen spricht der eindeutige Wortlaut, in dem ausschließlich auf Abschlussprüfungen, nicht aber auf Zwischen- oder Zulassungsprüfungen Bezug genommen wird. Auch eine entsprechende Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 4 BAföG kommt wegen des in § 15 Abs. 3 Nr. 1 normierten Auffangtatbestandes nicht in Betracht (vgl. dazu ausführlich BVerwG, Urteil vom 28.06.1995 - 11 C 25.94 -, juris Rn. 14; Fischer in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 15 Rn. 20.6 ). |
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| b) Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG ist ein schwerwiegender Grund gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die für die Verzögerung des erfolgreichen Abschlusses der Ausbildung innerhalb der Förderungshöchstdauer von erheblicher Bedeutung sind und die Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus unter Beachtung ihres Zwecks rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.06.1995 - 11 C 25.94 -, juris Rn. 15, und vom 16.08.1995 - 11 C 31.94 -, juris Rn. 17). Die Norm enthält einen Ausnahmetatbestand für unzumutbare Härtefälle, die die Anforderungen der übrigen Ziffern nicht erfüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.1995 - 11 C 25.94 -, juris Rn. 14, und vom 25.04.1991 - 5 C 15.87 -, juris Rn. 16; Winkler in: Rolfs/Giesen u.a., BeckOK SozR, BAföG, § 15 Rn. 17 ; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 20). Der schwerwiegende Grund wird in Rechtsprechung und Literatur durch die ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale präzisiert, dass dieser ursächlich für die Überschreitung der Förderungshöchstdauer gewesen sein muss und von der auszubildenden Person nicht zu vertreten gewesen sein darf (vgl. BVerwG, Urteile vom 25.04.1991 - 5 C 15.87 -, juris Rn. 16, und vom 13.10.1988 - 5 C 35.85 -, juris Rn. 13; Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.02.2021 - 12 ZB 20.2821 -, juris Rn. 11; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.11.2003 - 1 O 51/03 -, juris Rn. 9; Sächsisches OVG, Beschluss vom 19.05.2011 - 1 B 52/11 -, juris Rn. 5; Winkler in: Rolfs/Giesen u.a., BeckOK SozR, BAföG, § 15 Rn. 20 f. ; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 21). |
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| Eine Verlängerung der Ausbildungszeit, die bei zumutbarer Studienplanung und rationeller Durchführung der Ausbildung vermeidbar gewesen wäre, rechtfertigt nicht eine Verlängerung der Förderungsdauer (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.11.2019 - 12 A 1076/17 -, juris Rn. 37). Als Umstände, die als schwerwiegende Gründe nach § 48 Abs. 2 BAföG i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG rechtserheblich sein können, kommen nur solche in Betracht, die in der auszubildenden Person selbst oder im Ausbildungsgang ihre Grundlage haben. Sie müssen ausbildungsbezogen sein und deshalb entweder subjektiv die Fähigkeit der auszubildenden Person betreffen, ihre Ausbildung planmäßig fortzuführen, oder in objektiver Hinsicht die äußeren Umstände des Ausbildungsgangs berühren (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1981 - 5 C 113.19 -, juris Rn. 18; Sächsisches OVG, Beschlüsse vom 16.04.2010 - 1 D 34/10 -, juris Rn. 8 und vom 19.05.2011 - 1 B 52/11 -, juris Rn. 5; Winkler in BeckOK SozR, BAföG, § 15 Rn. 19 ). |
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| aa) Als schwerwiegender Grund wird grundsätzlich eine Erkrankung der auszubildenden Person anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1981 - 5 C 111.79 -, juris Rn. 17 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.11.1993 - 3 L 24/93 -, juris Rn. 13; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 23; siehe auch Nr. 15.3.3 Satz 1 Alt. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz ), wenn sie für eine nicht unerhebliche Verzögerung der Ausbildung kausal gewesen ist (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.02.2021 - 12 ZB 20.2821 -, juris Rn. 11; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.11.2003 - 1 O 51/03 -, juris Rn. 9). An Letzterem fehlt es hier. Zwar hat die Klägerin den ersten regulären Prüfungstermin für die Abschlussklausur im „Praktikum der Biologie für Mediziner“ im 1. Fachsemester im Februar 2016 aufgrund einer Erkrankung versäumt. Allein dadurch hat sich jedoch ihr Studienfortschritt nicht erheblich verzögert. Denn sie war bald genesen und ihr stand der Wiederholungstermin im April 2016 offen. Diesen hat sie (in einem ersten Versuch) nicht bestanden, wofür die Erkrankung jedoch nicht ursächlich war. |
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| bb) Einen schwerwiegenden Grund im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG stellt grundsätzlich auch das (erstmalige) Nichtbestehen einer Prüfung dar, ungeachtet etwaiger krankheitsbedingter Ursachen hierfür. Voraussetzung ist auch hier, dass gerade das Nichtbestehen einer spezifischen Prüfung kausal für Ausbildungsverzögerung geworden ist. |
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| In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist insoweit anerkannt, dass ein schwerwiegender Grund im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG vorliegt, wenn die auszubildende Person ihre Ausbildung wegen erstmaligen Nichtbestehens einer Zwischenprüfung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht weiterführen kann oder wenn sie wegen Misslingens laufender Leistungsnachweise, die anstelle einer Zwischenprüfung zu erbringen sind, nach der Studienorganisation erstmals ein Studienhalbjahr wiederholen muss. Denn in diesen Fällen wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass die auszubildende Person den eingetretenen Zeitverlust bis zum Ablauf der Förderungshöchstdauer ihrer Ausbildung nicht mehr aufholen kann; sie wäre dann ohne Anwendung des § 48 Abs. 2 BAföG nach Bestehen der Zwischenprüfung bzw. erfolgreicher Wiederholung des Studienhalbjahres von jeder weiteren Förderung ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.1995 - 11 C 25.94 -, juris Rn. 15 m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.11.2019 - 12 A 1076/17 -, juris Rn. 40; Fischer in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 48 Rn. 32.2 und § 15 Rn. 20.6 ; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 26; siehe auch Nr. 15.3.3 Satz 1 Alt. 4 BAföG-VwV). |
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| Um eine derartige Prüfung handelt es sich im vorliegenden Fall nicht. Denn die Klägerin hat nicht die Zwischenprüfung - den 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Physikum) - nicht bestanden, sondern ist hierzu gar nicht erst zugelassen worden, weil sie das „Praktikum der Physiologie für Human- und Zahnmediziner“ nicht vorweisen konnte. Die Abschlussklausur im „Praktikum der Biologie für Mediziner“, die die Klägerin bei ihrem ersten Versuch im Wiederholungstermin im April 2016 nicht bestanden hat, stellt auch keinen anstelle einer einzelnen Zwischen- oder Modulprüfung laufend zu erbringenden Leistungsnachweis im Sinne von Nr. 15.3.3 Satz 1 Alt. 4 BAföG-VwV dar, weil sie das Physikum nicht ersetzt, sondern ihr Bestehen gemäß § 6 Abs. 3 der Studien- und Prüfungsordnung der Universität xxx für den Studiengang Humanmedizin (Vorklinischer und Klinischer Studienabschnitt) vom 03.08.2015 (Amtliche Bekanntmachung der Universität xxx Nr. 27 vom 09.10.2015 S. 309) - Studien- und Prüfungsordnung 2015 (SPO 2015) - Voraussetzung ist für die Teilnahme am „Praktikum der Physiologie für Human- und Zahnmediziner“, das seinerseits Voraussetzung für die Zulassung zum Physikum ist (vgl. § 5 SPO 2015 i.V.m. § 10 Abs. 4 Nr. 1 lit. d und § 2 ÄApprO). |
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| Die Annahme eines schwerwiegenden Grundes ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auf Zwischen- oder Modulprüfungen beschränkt. Zwar ist der im Erlass des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg vom 05.11.2018, Az. 24-7634.33/32/7 zitierten Stellungnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gegenüber dem Petitionsausschuss zuzustimmen, dass das Nichtbestehen einzelner Leistungsnachweise - wie hier der Abschlussklausur im „Praktikum der Biologie für Mediziner“ - eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer regelmäßig nicht rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 28.06.1995 - 11 C 25.94 -, juris Rn. 15; Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.02.2021 - 12 ZB 20.2821 -, juris Rn. 13; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 26). Sieht die Prüfungsordnung eine oder mehrere Wiederholungsklausuren zu einem Zeitpunkt vor, der es ermöglicht, im Falle des Bestehens an den weiteren Unterrichtsveranstaltungen ohne Wiederholung des betreffenden Fachsemesters teilzunehmen, ist die auszubildende Person nicht von vornherein und nur wegen des Misslingens einer laufenden Prüfung von der weiteren Förderung ausgeschlossen. Auch wenn Prüfungen nur einmal im Semester angeboten werden und eine Wiederholung des Leistungsnachweises erst im folgenden Semester möglich ist, handelt es sich nicht um einen außergewöhnlichen Fall, der dem Ausnahmecharakter der Norm gerecht würde (BVerwG, Urteil vom 28.06.1995 - 11 C 25.94 -, juris Rn. 15; Sächsisches OVG, Beschluss vom 10.01.2006 - 5 BS 143/05 -, juris Rn. 22; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.1988 - 7 S 2796/88 -, juris Rn. 33). Denn die auszubildende Person kann sich in der Regel gleichzeitig mit der von ihr nachzuholenden Leistung den Lernstoff des folgenden Fachsemesters aneignen und so die Verzögerung durch vermehrten Fleiß verhindern (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.1995 - 11 C 25.94 -, juris Rn. 15; Sächsisches OVG, Beschluss vom 16.04.2010 - 1 D 34/10 Rn. 9; VG Aachen, Gerichtsbescheid vom 16.04.2020 - 2 K 2441/19 -, juris Rn. 53). |
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| Ein schwerwiegender Grund ist aber dann anzunehmen, wenn das (erstmalige) Nichtbestehen eines einzelnen Leistungsnachweises aufgrund der Organisation der Ausbildung zur Folge hat, dass die auszubildende Person an der Fortsetzung ihres Studiums im nächsthöheren Semester gehindert ist (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.02.2021 - 12 ZB 20.2821 -, juris Rn. 13; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 26; siehe auch Sächsisches OVG, Beschluss vom 19.05.2011 - 1 B 52/11 -, juris). Neben dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG, der keine nähere Spezifizierung enthält, sprechen insbesondere Sinn und Zweck der § 48 Abs. 2, § 15 Abs. 3 BAföG - die zum einen darin bestehen, eine sparsame und sinnvolle Verwendung der von der Allgemeinheit für die Ausbildungsförderung aufzubringenden Mittel zu gewährleisten, und zum anderen darin, gerade auch bei zeitlichem Verzug in der regelhaften Ausbildung zumindest im Ausnahmefall eine weitergehende Förderung der auszubildenden Person zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 14.05.1992 – 5 C 50.88 -, juris Rn. 18; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.10.2021 - 12 S 888/19 -, juris Rn. 10, und Urteil vom 18.07.2003 - 7 S 998/01 -, juris Rn. 23; OVG Saarland, Beschluss vom 14.07.2020 - 2 A 189/19 -, juris Rn. 19; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.11.2019 - 12 A 1076/17 -, juris Rn. 52) - gegen die Annahme des Beklagten, dass im Rahmen des schwerwiegenden Grundes nur bestimmte Prüfungskonstellationen zu würdigen sind. Dem Prüfungsrisiko des Physikums kann insbesondere in dem stark verschulten Studiengang der Humanmedizin auch ein einzelner Leistungsnachweis entsprechen, wenn er Voraussetzung für die Weiterführung der Ausbildung ist (vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 19.05.2011 - 1 B 52/11 -, juris Rn. 5; Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.02.2021 - 12 ZB 20.2821 -, juris Rn. 13). Bietet der Ausbildungsgang keine Möglichkeit, die Verzögerung auszugleichen, kommt es auch nicht darauf an, in welchem Fachsemester der Leistungsnachweis nach der Studienordnung abzulegen ist. |
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| Nr. 15.3.3 BAföG-VwV legt ein einschränkendes Verständnis der Regelung nicht nahe. Zwar differenziert Nr. 15.3.3 Satz 1 Alt. 4 BAföG-VwV zwischen Studiengängen mit Zwischen- oder Modulprüfung (Variante 1) und Studiengängen, die keine Zwischenprüfungen vorsehen (Variante 2 „laufende Leistungsnachweise anstelle einer Zwischen- oder Modulprüfung“). Daraus lassen sich jedoch keine Schlüsse auf die Annahme eines schwerwiegenden Grundes bei anderen Leistungsnachweisen als Zwischenprüfungen ziehen, denn die Aufzählung der Alternativen in Nr. 15.3.3 BAföG-VwV ist nicht abschließend („insbesondere“). Auch der Erlass des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg vom 05.11.2018, Az. 24-7634.33/32/7 ändert an dieser Einschätzung nichts. Als Anordnung der Exekutive an die nachgeordneten Behörden gibt er lediglich die Rechtsauffassung des zuständigen Bundes- sowie Landesministeriums wieder, vermag aber keine verbindliche Einschränkung der Rechtsgrundlagen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zu bewirken. Im Übrigen wiegt es ebenso schwer wie die in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz explizit formulierten Tatbestände, wenn ein Leistungsrückstand objektiv nicht ohne Zeitverlust ausgeglichen werden kann (vgl. Sächsisches OVG, Beschlüsse vom 19.05.2011 - 1 B 52/11 -, juris Rn. 5, und vom 16.04.2010 - 1 D 34/10 -, juris Rn. 8; VG Aachen, Urteil vom 11.01.2018 - 5 K 555/16 -, juris Rn. 41; VG Aachen, Gerichtsbescheid vom 16.04.2020 - 2 K 2441/19 -, juris Rn. 59; Schepers, BAföG, 3. Aufl. 2016, § 15 Rn. 3 zu medizinischen Studiengängen). |
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| Das Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 28.11.1988 (- 7 S 2796/88 -, juris Rn. 33) steht dieser Auslegung ebenfalls nicht entgegen. Der 7. Senat hat die Anerkennung des (erstmaligen) Nichtbestehens einer Zwischenprüfung als schwerwiegenden Grund im Sinne von §§ 48 Abs. 2, 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG zwar mit dem besonderen Prüfungsrisiko eines förmlichen Prüfungsverfahrens gerechtfertigt, das mit dem Nichterreichen eines Leistungsnachweises nicht vergleichbar sei. Vergleichsmaßstab war dabei allerdings ein Leistungsnachweis, der im Verlauf des Ausbildungsgangs bei mehreren Gelegenheiten erbracht bzw. später wiederholt werden konnte. Darum geht es im vorliegenden Fall nicht. Insoweit hat auch der 7. Senat betont, dass der Misserfolg in einem Praktikum „nicht ohne Weiteres“ einen schwerwiegenden Grund darstellt. Zu der Konstellation, dass von dem (erstmaligen) Misserfolg die zeitgerechte Fortführung des Studiums abhängt, verhält sich die Entscheidung nicht. |
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| cc) Nach diesen Maßgaben ist im vorliegenden Fall ein schwerwiegender Grund im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG zu bejahen. |
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| Die Klägerin konnte die laut Studien- und Prüfungsordnung 2015 für das 1. Fachsemester vorgesehene Abschlussklausur im „Praktikum der Biologie für Mediziner“, die sie wegen ihrer Erkrankung zum ersten Mal im Wiederholungstermin im April 2016 nicht bestanden hat, erst im Februar 2017, also im 3. Fachsemester wiederholen, weil sie an der Medizinischen Fakultät der Universität xxx nur im Wintersemester abgelegt werden kann (vgl. Leistungsübersicht vom 11.10.2017). Dies führte dazu, dass sie ihre Ausbildung nicht fortführen konnte, sondern ein Studienhalbjahr wiederholen musste. Denn das nach § 5 SPO 2015 eigentlich im 3. Fachsemester beginnende „Praktikum der Physiologie für Human- und Zahnmediziner“ konnte sie nach der Leistungsbescheinigung vom 11.10.2017 erst im Wintersemester 2017/2018 (5. Fachsemester) abschließen. Es war ihr nicht möglich, im Wintersemester 2016/2017 die Abschlussklausur im „Praktikum der Biologie für Mediziner“ nachzuholen und parallel das Physiologie-Praktikum zu absolvieren, weil die erfolgreiche Teilnahme am Biologie-Praktikum nach § 6 Abs. 3 SPO 2015 Voraussetzung für die Zulassung zum Physiologie-Praktikum war (siehe auch die im Klageverfahren vorgelegte Bescheinigung der Referentin für Studium und Lehre der Universität xxx von 18.01.2019). Auch die Aneignung des neuen Lernstoffs des Folgesemesters gleichzeitig zur Wiederholung der nichtbestandenen Prüfung war ihr - unabhängig vom eigenen Lernverhalten und persönlichen Einsatz - nicht möglich, da es sich dabei gerade nicht um wissensbasierten Lernstoff handelte, sondern um die Teilnahme am „Praktikum der Physiologie für Human- und Zahnmediziner“, also einer angeleiteten Lehrveranstaltung zum Erwerb anwendungsbezogener Fähigkeiten und Fertigkeiten. Ursächlich für die Verzögerung der Ausbildung der Klägerin war daher die studienorganisatorische Ausgestaltung der Praktikumsphasen durch die Universität xxx und die daran anknüpfende zeitliche Festlegung für die Wiederholung der Abschlussklausur im „Praktikum der Biologie für Mediziner“. Denn die Studien- und Prüfungsordnung ließ ihr keinen Spielraum, das Studium nach dem Nichtbestehen des Leistungsnachweises so zu organisieren, dass sie die weiteren Leistungen planmäßig erbringen konnte, und so durch vermehrte Anstrengungen den Zeitverlust aufzuholen. |
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| 2. Hat die Klägerin damit einen schwerwiegenden Grund im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG dargelegt, der die Verlängerung der Förderungshöchstdauer um ein Semester rechtfertigt, ist ihr nach § 48 Abs. 2 BAföG entsprechender Aufschub für die Vorlage des Zwischenprüfungszeugnisses zu gewähren. Entgegen dem Wortlaut der Norm („kann“) ist dem Amt für Ausbildungsförderung dabei kein Ermessen eingeräumt. Sind die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 BAföG erfüllt, ist die Förderung fortzusetzen und die Frist für die Vorlage von Nachweisen über den Studienfortschritt zu verlängern (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.1978 - V C 38.77 -, juris Rn. 20; Hessischer VGH, Beschluss vom 14.02.1994 - 9 TG 2985/93 -, juris Rn. 6; Winkler in: BeckOK SozR, BAföG, § 48 Rn. 8 ; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 48 Rn. 27). Der Klägerin war daher für die Vorlage der Leistungsbescheinigung entsprechend dem dargelegten Grund eine Nachfrist von einem Semester einzuräumen, d.h. sie hatte die Bescheinigung zum Ende des 5. Fachsemesters vorzulegen, um die begehrte Ausbildungsförderung für das 5. und 6. Fachsemester (Oktober 2017 bis September 2018) zu erhalten. Diese Frist hat sie nicht eingehalten (a). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden (b). Der Beklagte kann sich indes nicht auf die Fristversäumnis berufen (c). |
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| a) Der vom 5. Fachsemester an vorzulegende Eignungsnachweis im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG verkörpert nach ständiger Rechtsprechung nicht eine bloße Mitwirkungspflicht der auszubildenden Person, wie sie in den §§ 60 ff. SGB I normiert wird, sondern ist unerlässliche konstitutive Förderungsvoraussetzung, die neben den sonstigen Förderungsvoraussetzungen erfüllt sein muss, um einen weiteren Förderungsanspruch zu begründen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.07.1986 - 5 B 138.85 -, juris Rn. 4, und Urteil vom 26.07.1984 - 5 C 130.81 -, juris Rn. 19; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2003 - 7 S 998/01 -, juris Rn. 22 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.10.2011 - 3 L 12/11 -; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Auflage 2020, § 48 Rn. 3 m.w.N.). Dabei ist für die rechtzeitige Vorlage der Leistungsbescheinigung allein die auszubildende Person verantwortlich. Einer Aufforderung zur Vorlage des Leistungsnachweises durch das Amt für Ausbildungsförderung bedarf es nicht (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.05.2014 - 12 A 1085/13 -, juris Rn. 26, m.w.N.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Oktober 2011 - 3 L 12/11 -; Fischer in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 48 Rn. 8 ; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Auflage 2020, § 48 Rn. 3 m.w.N.). |
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| Die Klägerin hat die nach § 48 Abs. 2 BAföG um ein Semester verlängerte Frist nicht eingehalten, da sie die am 04.04.2018 ausgestellte Bescheinigung über die Nachholung des Physikums nicht zum Ende des 5. Fachsemesters vorgelegt hat. Die Bescheinigung gilt auch nicht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 BAföG zum Ende des 5. Fachsemesters als vorgelegt, da sie die Bescheinigung ebenso wenig innerhalb der ersten vier Monate des folgenden - am 01.04.2018 beginnenden - Semesters (Sommersemester 2018) eingereicht hat, sondern erst im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens am 02.07.2019 auf Anforderung des Verwaltungsgerichts. Dieses hat das Zeugnis mit Schreiben vom 08.07.2019 an den Beklagten weitergeleitet. |
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| b) Eine Wiedereinsetzung wegen Versäumnis der Frist zur Vorlage des Leistungsnachweises nach § 48 Abs. 1 Satz 2 BAföG kommt nicht in Betracht. Es kann daher an dieser Stelle offen bleiben, ob die Klägerin die verspätete Vorlage verschuldet hat. Denn es handelt sich bei der gesetzlichen Regelung um eine Ausschlussfrist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2003 - 7 S 998/01 -, juris Rn. 24; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Oktober 2011 - 3 L 12/11 -; OVG Bremen, Beschluss vom 01.12.1994 - 2 B 265/94 -, juris Rn. 15; VG Ansbach, Urteil vom 19.02.2003 - AN 2 K 12.00636 -, juris Rn. 24; VG Freiburg, Urteil vom 18.06.2012 - 6 K 1211/09 -, juris Rn. 37; Fischer in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 48 Rn. 9 ). Die in § 48 Abs. 1 Satz 2 BAföG genannte Frist ist eine objektiv-gesetzliche Regelung im Sinne einer Fiktion, die unabhängig von der Frage des Verschuldens anzuwenden ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.05.2014 - 12 A 1085/13 -, juris Rn. 27). |
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| c) Nach Maßgabe der besonderen Umstände des Einzelfalles kann es dem Ausbildungsförderungsamt aber - in Anwendung eines vom Bundesverwaltungsgericht schon früh entwickelten Gedankens (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.07.1959 - V C 80.57 -, juris Rn. 13) - ausnahmsweise nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sein, sich auf das Versäumnis der Viermonatsfrist zu berufen, wenn die Fristversäumnis maßgeblich auf sein Verhalten zurückgeht, ohne dass die auszubildende Person in diesem Zusammenhang ein eigenes Verschulden trifft (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2003 - 7 S 998/01 -, juris Rn. 24, m. w. N.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Oktober 2011 - 3 L 12/11 -; VG Stuttgart, Urteil vom 26.07.2012 - 11 K 1347/12 -, juris Rn. 31; VG Freiburg, Urteil vom 18.06.2012 - 6 K 1211/09 -, juris Rn. 38). Der Rechtsgedanke des § 242 BGB beansprucht auch im öffentlichen Recht Geltung und ist - und zwar nicht nur zu Lasten des Auszubildenden - auf Tatbestände ähnlicher Art entsprechend anwendbar (vgl. speziell zum Ausbildungsförderungsrecht: BVerwG, Beschluss vom 03.04.2012 - 5 B 59.11 -, juris Rn. 4 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.05.2014 - 12 A 1085/13 -, juris Rn. 31; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Oktober 2011 - 3 L 12/11 -). |
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| Ein solcher Fall, in dem es grob unbillig erschiene, der Klägerin die Fristversäumnis anzulasten, ist hier gegeben. Denn der Beklagte hatte die Weiterförderung bereits am 06.02.2018 abgelehnt, noch bevor die Klägerin im März 2018 den 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung absolviert hatte und ihr am 04.04.2018 hierüber das Zeugnis ausgestellt worden ist. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Gewährung von Ausbildungsförderung an die Klägerin bereits dem Grunde nach ausgeschlossen sei, weil er ausschließlich Verzögerungen wegen des Nichtbestehens der Zwischenprüfung, nicht aber von Leistungsnachweisen in deren Vorfeld für beachtlich hielt. Dass er von dieser Rechtsauffassung im Fall der umgehenden Vorlage des Zeugnisses über das bestandene Physikum abgerückt wäre, war nicht anzunehmen. Der Klägerin ist es daher nicht vorzuhalten, dass sie angesichts dieser Haltung des Beklagten zunächst keinen Anlass sah, das Zeugnis innerhalb der Frist des § 48 Abs. 1 Satz 2 BAföG vorzulegen. Angesichts der pflichtwidrigen Verweigerung der Weiterförderung ab dem 5. Fachsemester erscheint es treuwidrig, gleichwohl die Vorlage der Leistungsnachweise innerhalb der Frist des § 48 Abs. 1 BAföG zu fordern. |
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| Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist. |
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| Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO) |
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| Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere die Berufungsbegründungsfrist des § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO wahrende Berufung des Beklagten ist nicht begründet. |
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| Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat Anspruch auf Bewilligung von Ausbildungsförderung für das Wintersemester 2017/2018 und für das Sommersemester 2018 in gesetzlicher Höhe. Die ablehnenden Bescheide des Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). |
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| Für die Entscheidung, ob der Klägerin ein Anspruch auf (Weiter-) Förderung ihres Studiums der Humanmedizin über das 4. Fachsemester hinaus für den Zeitraum von Oktober 2017 bis September 2018 zusteht, ist auszugehen von den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 07.12.2010 (BGBl. I S. 1952, ber. BGBl. 2012 I S. 197), zuletzt geändert durch Art. 71 des Gesetzes vom 29.03.2017 (BGBl. I S. 626) - BAföG -. Nach § 9 Abs. 1 BAföG wird eine Ausbildung nur dann gefördert, wenn die Leistungen des Auszubildenden erwarten lassen, dass er das angestrebte Ausbildungsziel erreicht. Dies wird nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BAföG in der Regel angenommen, solange der Auszubildende die Ausbildungsstätte besucht und bei dem Besuch einer Höheren Fachschule, Akademie oder Hochschule die den jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen entsprechenden Studienfortschritte erkennen lässt. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 BAföG hat der Auszubildende seine Eignung in Form einer Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG nachzuweisen. Gemäß 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Besuch einer Hochschule vom fünften Fachsemester an nur von dem Zeitpunkt an geleistet, in dem der Auszubildende ein Zeugnis über eine bestandene Zwischenprüfung vorgelegt hat, die nach den Ausbildungsbestimmungen erst vom Ende des dritten Fachsemesters an abgeschlossen werden kann und vor dem Ende des vierten Fachsemesters abgeschlossen worden ist. Liegen Tatsachen vor, die voraussichtlich eine spätere Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Absatz 3 BAföG rechtfertigen, kann das Amt für Ausbildungsförderung nach § 48 Abs. 2 BAföG die Vorlage der Bescheinigung zu einem entsprechend späteren Zeitpunkt zulassen. Dies ist bei Vorliegen eines schwerwiegenden Grundes im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG der Fall. |
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| Ausgehend hiervon waren die Voraussetzungen für die Bewilligung von Ausbildungsförderung für das 5. und 6. Fachsemester gegeben. Zwar hat die Klägerin die Voraussetzungen der Weiterförderung nach § 9 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht erfüllt. Sie hat die im Studiengang der Humanmedizin maßgebliche Zwischenprüfung - den 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Physikum) - erst im 5. Fachsemester und damit verspätet absolviert. Es lagen jedoch Tatsachen vor, die eine spätere Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 BAföG rechtfertigen (1.). Soweit sie die Leistungsbescheinigung nicht rechtzeitig vorgelegt hat, kann sich der Beklagte nicht auf das Fristversäumnis berufen (2.). |
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| 1. a) Keine Anwendung findet § 15 Abs. 3 Nr. 4 BAföG, der regelt, dass Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus geleistet wird, wenn die auszubildende Person erstmalig eine Abschlussprüfung nicht besteht. Das Nichtbestehen eines Leistungsnachweises, der Voraussetzung für die Zulassung zu einer Zwischenprüfung ist, ist von dieser Norm nicht erfasst. Dagegen spricht der eindeutige Wortlaut, in dem ausschließlich auf Abschlussprüfungen, nicht aber auf Zwischen- oder Zulassungsprüfungen Bezug genommen wird. Auch eine entsprechende Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 4 BAföG kommt wegen des in § 15 Abs. 3 Nr. 1 normierten Auffangtatbestandes nicht in Betracht (vgl. dazu ausführlich BVerwG, Urteil vom 28.06.1995 - 11 C 25.94 -, juris Rn. 14; Fischer in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 15 Rn. 20.6 ). |
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| b) Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG ist ein schwerwiegender Grund gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die für die Verzögerung des erfolgreichen Abschlusses der Ausbildung innerhalb der Förderungshöchstdauer von erheblicher Bedeutung sind und die Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus unter Beachtung ihres Zwecks rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.06.1995 - 11 C 25.94 -, juris Rn. 15, und vom 16.08.1995 - 11 C 31.94 -, juris Rn. 17). Die Norm enthält einen Ausnahmetatbestand für unzumutbare Härtefälle, die die Anforderungen der übrigen Ziffern nicht erfüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.1995 - 11 C 25.94 -, juris Rn. 14, und vom 25.04.1991 - 5 C 15.87 -, juris Rn. 16; Winkler in: Rolfs/Giesen u.a., BeckOK SozR, BAföG, § 15 Rn. 17 ; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 20). Der schwerwiegende Grund wird in Rechtsprechung und Literatur durch die ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale präzisiert, dass dieser ursächlich für die Überschreitung der Förderungshöchstdauer gewesen sein muss und von der auszubildenden Person nicht zu vertreten gewesen sein darf (vgl. BVerwG, Urteile vom 25.04.1991 - 5 C 15.87 -, juris Rn. 16, und vom 13.10.1988 - 5 C 35.85 -, juris Rn. 13; Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.02.2021 - 12 ZB 20.2821 -, juris Rn. 11; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.11.2003 - 1 O 51/03 -, juris Rn. 9; Sächsisches OVG, Beschluss vom 19.05.2011 - 1 B 52/11 -, juris Rn. 5; Winkler in: Rolfs/Giesen u.a., BeckOK SozR, BAföG, § 15 Rn. 20 f. ; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 21). |
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| Eine Verlängerung der Ausbildungszeit, die bei zumutbarer Studienplanung und rationeller Durchführung der Ausbildung vermeidbar gewesen wäre, rechtfertigt nicht eine Verlängerung der Förderungsdauer (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.11.2019 - 12 A 1076/17 -, juris Rn. 37). Als Umstände, die als schwerwiegende Gründe nach § 48 Abs. 2 BAföG i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG rechtserheblich sein können, kommen nur solche in Betracht, die in der auszubildenden Person selbst oder im Ausbildungsgang ihre Grundlage haben. Sie müssen ausbildungsbezogen sein und deshalb entweder subjektiv die Fähigkeit der auszubildenden Person betreffen, ihre Ausbildung planmäßig fortzuführen, oder in objektiver Hinsicht die äußeren Umstände des Ausbildungsgangs berühren (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1981 - 5 C 113.19 -, juris Rn. 18; Sächsisches OVG, Beschlüsse vom 16.04.2010 - 1 D 34/10 -, juris Rn. 8 und vom 19.05.2011 - 1 B 52/11 -, juris Rn. 5; Winkler in BeckOK SozR, BAföG, § 15 Rn. 19 ). |
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| aa) Als schwerwiegender Grund wird grundsätzlich eine Erkrankung der auszubildenden Person anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1981 - 5 C 111.79 -, juris Rn. 17 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.11.1993 - 3 L 24/93 -, juris Rn. 13; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 23; siehe auch Nr. 15.3.3 Satz 1 Alt. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz ), wenn sie für eine nicht unerhebliche Verzögerung der Ausbildung kausal gewesen ist (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.02.2021 - 12 ZB 20.2821 -, juris Rn. 11; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.11.2003 - 1 O 51/03 -, juris Rn. 9). An Letzterem fehlt es hier. Zwar hat die Klägerin den ersten regulären Prüfungstermin für die Abschlussklausur im „Praktikum der Biologie für Mediziner“ im 1. Fachsemester im Februar 2016 aufgrund einer Erkrankung versäumt. Allein dadurch hat sich jedoch ihr Studienfortschritt nicht erheblich verzögert. Denn sie war bald genesen und ihr stand der Wiederholungstermin im April 2016 offen. Diesen hat sie (in einem ersten Versuch) nicht bestanden, wofür die Erkrankung jedoch nicht ursächlich war. |
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| bb) Einen schwerwiegenden Grund im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG stellt grundsätzlich auch das (erstmalige) Nichtbestehen einer Prüfung dar, ungeachtet etwaiger krankheitsbedingter Ursachen hierfür. Voraussetzung ist auch hier, dass gerade das Nichtbestehen einer spezifischen Prüfung kausal für Ausbildungsverzögerung geworden ist. |
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| In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist insoweit anerkannt, dass ein schwerwiegender Grund im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG vorliegt, wenn die auszubildende Person ihre Ausbildung wegen erstmaligen Nichtbestehens einer Zwischenprüfung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht weiterführen kann oder wenn sie wegen Misslingens laufender Leistungsnachweise, die anstelle einer Zwischenprüfung zu erbringen sind, nach der Studienorganisation erstmals ein Studienhalbjahr wiederholen muss. Denn in diesen Fällen wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass die auszubildende Person den eingetretenen Zeitverlust bis zum Ablauf der Förderungshöchstdauer ihrer Ausbildung nicht mehr aufholen kann; sie wäre dann ohne Anwendung des § 48 Abs. 2 BAföG nach Bestehen der Zwischenprüfung bzw. erfolgreicher Wiederholung des Studienhalbjahres von jeder weiteren Förderung ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.1995 - 11 C 25.94 -, juris Rn. 15 m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.11.2019 - 12 A 1076/17 -, juris Rn. 40; Fischer in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 48 Rn. 32.2 und § 15 Rn. 20.6 ; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 26; siehe auch Nr. 15.3.3 Satz 1 Alt. 4 BAföG-VwV). |
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| Um eine derartige Prüfung handelt es sich im vorliegenden Fall nicht. Denn die Klägerin hat nicht die Zwischenprüfung - den 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Physikum) - nicht bestanden, sondern ist hierzu gar nicht erst zugelassen worden, weil sie das „Praktikum der Physiologie für Human- und Zahnmediziner“ nicht vorweisen konnte. Die Abschlussklausur im „Praktikum der Biologie für Mediziner“, die die Klägerin bei ihrem ersten Versuch im Wiederholungstermin im April 2016 nicht bestanden hat, stellt auch keinen anstelle einer einzelnen Zwischen- oder Modulprüfung laufend zu erbringenden Leistungsnachweis im Sinne von Nr. 15.3.3 Satz 1 Alt. 4 BAföG-VwV dar, weil sie das Physikum nicht ersetzt, sondern ihr Bestehen gemäß § 6 Abs. 3 der Studien- und Prüfungsordnung der Universität xxx für den Studiengang Humanmedizin (Vorklinischer und Klinischer Studienabschnitt) vom 03.08.2015 (Amtliche Bekanntmachung der Universität xxx Nr. 27 vom 09.10.2015 S. 309) - Studien- und Prüfungsordnung 2015 (SPO 2015) - Voraussetzung ist für die Teilnahme am „Praktikum der Physiologie für Human- und Zahnmediziner“, das seinerseits Voraussetzung für die Zulassung zum Physikum ist (vgl. § 5 SPO 2015 i.V.m. § 10 Abs. 4 Nr. 1 lit. d und § 2 ÄApprO). |
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| Die Annahme eines schwerwiegenden Grundes ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auf Zwischen- oder Modulprüfungen beschränkt. Zwar ist der im Erlass des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg vom 05.11.2018, Az. 24-7634.33/32/7 zitierten Stellungnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gegenüber dem Petitionsausschuss zuzustimmen, dass das Nichtbestehen einzelner Leistungsnachweise - wie hier der Abschlussklausur im „Praktikum der Biologie für Mediziner“ - eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer regelmäßig nicht rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 28.06.1995 - 11 C 25.94 -, juris Rn. 15; Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.02.2021 - 12 ZB 20.2821 -, juris Rn. 13; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 26). Sieht die Prüfungsordnung eine oder mehrere Wiederholungsklausuren zu einem Zeitpunkt vor, der es ermöglicht, im Falle des Bestehens an den weiteren Unterrichtsveranstaltungen ohne Wiederholung des betreffenden Fachsemesters teilzunehmen, ist die auszubildende Person nicht von vornherein und nur wegen des Misslingens einer laufenden Prüfung von der weiteren Förderung ausgeschlossen. Auch wenn Prüfungen nur einmal im Semester angeboten werden und eine Wiederholung des Leistungsnachweises erst im folgenden Semester möglich ist, handelt es sich nicht um einen außergewöhnlichen Fall, der dem Ausnahmecharakter der Norm gerecht würde (BVerwG, Urteil vom 28.06.1995 - 11 C 25.94 -, juris Rn. 15; Sächsisches OVG, Beschluss vom 10.01.2006 - 5 BS 143/05 -, juris Rn. 22; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.1988 - 7 S 2796/88 -, juris Rn. 33). Denn die auszubildende Person kann sich in der Regel gleichzeitig mit der von ihr nachzuholenden Leistung den Lernstoff des folgenden Fachsemesters aneignen und so die Verzögerung durch vermehrten Fleiß verhindern (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.1995 - 11 C 25.94 -, juris Rn. 15; Sächsisches OVG, Beschluss vom 16.04.2010 - 1 D 34/10 Rn. 9; VG Aachen, Gerichtsbescheid vom 16.04.2020 - 2 K 2441/19 -, juris Rn. 53). |
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| Ein schwerwiegender Grund ist aber dann anzunehmen, wenn das (erstmalige) Nichtbestehen eines einzelnen Leistungsnachweises aufgrund der Organisation der Ausbildung zur Folge hat, dass die auszubildende Person an der Fortsetzung ihres Studiums im nächsthöheren Semester gehindert ist (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.02.2021 - 12 ZB 20.2821 -, juris Rn. 13; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 26; siehe auch Sächsisches OVG, Beschluss vom 19.05.2011 - 1 B 52/11 -, juris). Neben dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG, der keine nähere Spezifizierung enthält, sprechen insbesondere Sinn und Zweck der § 48 Abs. 2, § 15 Abs. 3 BAföG - die zum einen darin bestehen, eine sparsame und sinnvolle Verwendung der von der Allgemeinheit für die Ausbildungsförderung aufzubringenden Mittel zu gewährleisten, und zum anderen darin, gerade auch bei zeitlichem Verzug in der regelhaften Ausbildung zumindest im Ausnahmefall eine weitergehende Förderung der auszubildenden Person zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 14.05.1992 – 5 C 50.88 -, juris Rn. 18; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.10.2021 - 12 S 888/19 -, juris Rn. 10, und Urteil vom 18.07.2003 - 7 S 998/01 -, juris Rn. 23; OVG Saarland, Beschluss vom 14.07.2020 - 2 A 189/19 -, juris Rn. 19; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.11.2019 - 12 A 1076/17 -, juris Rn. 52) - gegen die Annahme des Beklagten, dass im Rahmen des schwerwiegenden Grundes nur bestimmte Prüfungskonstellationen zu würdigen sind. Dem Prüfungsrisiko des Physikums kann insbesondere in dem stark verschulten Studiengang der Humanmedizin auch ein einzelner Leistungsnachweis entsprechen, wenn er Voraussetzung für die Weiterführung der Ausbildung ist (vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 19.05.2011 - 1 B 52/11 -, juris Rn. 5; Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.02.2021 - 12 ZB 20.2821 -, juris Rn. 13). Bietet der Ausbildungsgang keine Möglichkeit, die Verzögerung auszugleichen, kommt es auch nicht darauf an, in welchem Fachsemester der Leistungsnachweis nach der Studienordnung abzulegen ist. |
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| Nr. 15.3.3 BAföG-VwV legt ein einschränkendes Verständnis der Regelung nicht nahe. Zwar differenziert Nr. 15.3.3 Satz 1 Alt. 4 BAföG-VwV zwischen Studiengängen mit Zwischen- oder Modulprüfung (Variante 1) und Studiengängen, die keine Zwischenprüfungen vorsehen (Variante 2 „laufende Leistungsnachweise anstelle einer Zwischen- oder Modulprüfung“). Daraus lassen sich jedoch keine Schlüsse auf die Annahme eines schwerwiegenden Grundes bei anderen Leistungsnachweisen als Zwischenprüfungen ziehen, denn die Aufzählung der Alternativen in Nr. 15.3.3 BAföG-VwV ist nicht abschließend („insbesondere“). Auch der Erlass des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg vom 05.11.2018, Az. 24-7634.33/32/7 ändert an dieser Einschätzung nichts. Als Anordnung der Exekutive an die nachgeordneten Behörden gibt er lediglich die Rechtsauffassung des zuständigen Bundes- sowie Landesministeriums wieder, vermag aber keine verbindliche Einschränkung der Rechtsgrundlagen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zu bewirken. Im Übrigen wiegt es ebenso schwer wie die in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz explizit formulierten Tatbestände, wenn ein Leistungsrückstand objektiv nicht ohne Zeitverlust ausgeglichen werden kann (vgl. Sächsisches OVG, Beschlüsse vom 19.05.2011 - 1 B 52/11 -, juris Rn. 5, und vom 16.04.2010 - 1 D 34/10 -, juris Rn. 8; VG Aachen, Urteil vom 11.01.2018 - 5 K 555/16 -, juris Rn. 41; VG Aachen, Gerichtsbescheid vom 16.04.2020 - 2 K 2441/19 -, juris Rn. 59; Schepers, BAföG, 3. Aufl. 2016, § 15 Rn. 3 zu medizinischen Studiengängen). |
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| Das Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 28.11.1988 (- 7 S 2796/88 -, juris Rn. 33) steht dieser Auslegung ebenfalls nicht entgegen. Der 7. Senat hat die Anerkennung des (erstmaligen) Nichtbestehens einer Zwischenprüfung als schwerwiegenden Grund im Sinne von §§ 48 Abs. 2, 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG zwar mit dem besonderen Prüfungsrisiko eines förmlichen Prüfungsverfahrens gerechtfertigt, das mit dem Nichterreichen eines Leistungsnachweises nicht vergleichbar sei. Vergleichsmaßstab war dabei allerdings ein Leistungsnachweis, der im Verlauf des Ausbildungsgangs bei mehreren Gelegenheiten erbracht bzw. später wiederholt werden konnte. Darum geht es im vorliegenden Fall nicht. Insoweit hat auch der 7. Senat betont, dass der Misserfolg in einem Praktikum „nicht ohne Weiteres“ einen schwerwiegenden Grund darstellt. Zu der Konstellation, dass von dem (erstmaligen) Misserfolg die zeitgerechte Fortführung des Studiums abhängt, verhält sich die Entscheidung nicht. |
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| cc) Nach diesen Maßgaben ist im vorliegenden Fall ein schwerwiegender Grund im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG zu bejahen. |
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| Die Klägerin konnte die laut Studien- und Prüfungsordnung 2015 für das 1. Fachsemester vorgesehene Abschlussklausur im „Praktikum der Biologie für Mediziner“, die sie wegen ihrer Erkrankung zum ersten Mal im Wiederholungstermin im April 2016 nicht bestanden hat, erst im Februar 2017, also im 3. Fachsemester wiederholen, weil sie an der Medizinischen Fakultät der Universität xxx nur im Wintersemester abgelegt werden kann (vgl. Leistungsübersicht vom 11.10.2017). Dies führte dazu, dass sie ihre Ausbildung nicht fortführen konnte, sondern ein Studienhalbjahr wiederholen musste. Denn das nach § 5 SPO 2015 eigentlich im 3. Fachsemester beginnende „Praktikum der Physiologie für Human- und Zahnmediziner“ konnte sie nach der Leistungsbescheinigung vom 11.10.2017 erst im Wintersemester 2017/2018 (5. Fachsemester) abschließen. Es war ihr nicht möglich, im Wintersemester 2016/2017 die Abschlussklausur im „Praktikum der Biologie für Mediziner“ nachzuholen und parallel das Physiologie-Praktikum zu absolvieren, weil die erfolgreiche Teilnahme am Biologie-Praktikum nach § 6 Abs. 3 SPO 2015 Voraussetzung für die Zulassung zum Physiologie-Praktikum war (siehe auch die im Klageverfahren vorgelegte Bescheinigung der Referentin für Studium und Lehre der Universität xxx von 18.01.2019). Auch die Aneignung des neuen Lernstoffs des Folgesemesters gleichzeitig zur Wiederholung der nichtbestandenen Prüfung war ihr - unabhängig vom eigenen Lernverhalten und persönlichen Einsatz - nicht möglich, da es sich dabei gerade nicht um wissensbasierten Lernstoff handelte, sondern um die Teilnahme am „Praktikum der Physiologie für Human- und Zahnmediziner“, also einer angeleiteten Lehrveranstaltung zum Erwerb anwendungsbezogener Fähigkeiten und Fertigkeiten. Ursächlich für die Verzögerung der Ausbildung der Klägerin war daher die studienorganisatorische Ausgestaltung der Praktikumsphasen durch die Universität xxx und die daran anknüpfende zeitliche Festlegung für die Wiederholung der Abschlussklausur im „Praktikum der Biologie für Mediziner“. Denn die Studien- und Prüfungsordnung ließ ihr keinen Spielraum, das Studium nach dem Nichtbestehen des Leistungsnachweises so zu organisieren, dass sie die weiteren Leistungen planmäßig erbringen konnte, und so durch vermehrte Anstrengungen den Zeitverlust aufzuholen. |
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| 2. Hat die Klägerin damit einen schwerwiegenden Grund im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG dargelegt, der die Verlängerung der Förderungshöchstdauer um ein Semester rechtfertigt, ist ihr nach § 48 Abs. 2 BAföG entsprechender Aufschub für die Vorlage des Zwischenprüfungszeugnisses zu gewähren. Entgegen dem Wortlaut der Norm („kann“) ist dem Amt für Ausbildungsförderung dabei kein Ermessen eingeräumt. Sind die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 BAföG erfüllt, ist die Förderung fortzusetzen und die Frist für die Vorlage von Nachweisen über den Studienfortschritt zu verlängern (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.1978 - V C 38.77 -, juris Rn. 20; Hessischer VGH, Beschluss vom 14.02.1994 - 9 TG 2985/93 -, juris Rn. 6; Winkler in: BeckOK SozR, BAföG, § 48 Rn. 8 ; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 48 Rn. 27). Der Klägerin war daher für die Vorlage der Leistungsbescheinigung entsprechend dem dargelegten Grund eine Nachfrist von einem Semester einzuräumen, d.h. sie hatte die Bescheinigung zum Ende des 5. Fachsemesters vorzulegen, um die begehrte Ausbildungsförderung für das 5. und 6. Fachsemester (Oktober 2017 bis September 2018) zu erhalten. Diese Frist hat sie nicht eingehalten (a). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden (b). Der Beklagte kann sich indes nicht auf die Fristversäumnis berufen (c). |
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| a) Der vom 5. Fachsemester an vorzulegende Eignungsnachweis im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG verkörpert nach ständiger Rechtsprechung nicht eine bloße Mitwirkungspflicht der auszubildenden Person, wie sie in den §§ 60 ff. SGB I normiert wird, sondern ist unerlässliche konstitutive Förderungsvoraussetzung, die neben den sonstigen Förderungsvoraussetzungen erfüllt sein muss, um einen weiteren Förderungsanspruch zu begründen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.07.1986 - 5 B 138.85 -, juris Rn. 4, und Urteil vom 26.07.1984 - 5 C 130.81 -, juris Rn. 19; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2003 - 7 S 998/01 -, juris Rn. 22 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.10.2011 - 3 L 12/11 -; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Auflage 2020, § 48 Rn. 3 m.w.N.). Dabei ist für die rechtzeitige Vorlage der Leistungsbescheinigung allein die auszubildende Person verantwortlich. Einer Aufforderung zur Vorlage des Leistungsnachweises durch das Amt für Ausbildungsförderung bedarf es nicht (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.05.2014 - 12 A 1085/13 -, juris Rn. 26, m.w.N.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Oktober 2011 - 3 L 12/11 -; Fischer in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 48 Rn. 8 ; Lackner in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Auflage 2020, § 48 Rn. 3 m.w.N.). |
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| Die Klägerin hat die nach § 48 Abs. 2 BAföG um ein Semester verlängerte Frist nicht eingehalten, da sie die am 04.04.2018 ausgestellte Bescheinigung über die Nachholung des Physikums nicht zum Ende des 5. Fachsemesters vorgelegt hat. Die Bescheinigung gilt auch nicht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 BAföG zum Ende des 5. Fachsemesters als vorgelegt, da sie die Bescheinigung ebenso wenig innerhalb der ersten vier Monate des folgenden - am 01.04.2018 beginnenden - Semesters (Sommersemester 2018) eingereicht hat, sondern erst im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens am 02.07.2019 auf Anforderung des Verwaltungsgerichts. Dieses hat das Zeugnis mit Schreiben vom 08.07.2019 an den Beklagten weitergeleitet. |
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| b) Eine Wiedereinsetzung wegen Versäumnis der Frist zur Vorlage des Leistungsnachweises nach § 48 Abs. 1 Satz 2 BAföG kommt nicht in Betracht. Es kann daher an dieser Stelle offen bleiben, ob die Klägerin die verspätete Vorlage verschuldet hat. Denn es handelt sich bei der gesetzlichen Regelung um eine Ausschlussfrist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2003 - 7 S 998/01 -, juris Rn. 24; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Oktober 2011 - 3 L 12/11 -; OVG Bremen, Beschluss vom 01.12.1994 - 2 B 265/94 -, juris Rn. 15; VG Ansbach, Urteil vom 19.02.2003 - AN 2 K 12.00636 -, juris Rn. 24; VG Freiburg, Urteil vom 18.06.2012 - 6 K 1211/09 -, juris Rn. 37; Fischer in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 48 Rn. 9 ). Die in § 48 Abs. 1 Satz 2 BAföG genannte Frist ist eine objektiv-gesetzliche Regelung im Sinne einer Fiktion, die unabhängig von der Frage des Verschuldens anzuwenden ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.05.2014 - 12 A 1085/13 -, juris Rn. 27). |
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| c) Nach Maßgabe der besonderen Umstände des Einzelfalles kann es dem Ausbildungsförderungsamt aber - in Anwendung eines vom Bundesverwaltungsgericht schon früh entwickelten Gedankens (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.07.1959 - V C 80.57 -, juris Rn. 13) - ausnahmsweise nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sein, sich auf das Versäumnis der Viermonatsfrist zu berufen, wenn die Fristversäumnis maßgeblich auf sein Verhalten zurückgeht, ohne dass die auszubildende Person in diesem Zusammenhang ein eigenes Verschulden trifft (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2003 - 7 S 998/01 -, juris Rn. 24, m. w. N.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Oktober 2011 - 3 L 12/11 -; VG Stuttgart, Urteil vom 26.07.2012 - 11 K 1347/12 -, juris Rn. 31; VG Freiburg, Urteil vom 18.06.2012 - 6 K 1211/09 -, juris Rn. 38). Der Rechtsgedanke des § 242 BGB beansprucht auch im öffentlichen Recht Geltung und ist - und zwar nicht nur zu Lasten des Auszubildenden - auf Tatbestände ähnlicher Art entsprechend anwendbar (vgl. speziell zum Ausbildungsförderungsrecht: BVerwG, Beschluss vom 03.04.2012 - 5 B 59.11 -, juris Rn. 4 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.05.2014 - 12 A 1085/13 -, juris Rn. 31; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Oktober 2011 - 3 L 12/11 -). |
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| Ein solcher Fall, in dem es grob unbillig erschiene, der Klägerin die Fristversäumnis anzulasten, ist hier gegeben. Denn der Beklagte hatte die Weiterförderung bereits am 06.02.2018 abgelehnt, noch bevor die Klägerin im März 2018 den 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung absolviert hatte und ihr am 04.04.2018 hierüber das Zeugnis ausgestellt worden ist. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Gewährung von Ausbildungsförderung an die Klägerin bereits dem Grunde nach ausgeschlossen sei, weil er ausschließlich Verzögerungen wegen des Nichtbestehens der Zwischenprüfung, nicht aber von Leistungsnachweisen in deren Vorfeld für beachtlich hielt. Dass er von dieser Rechtsauffassung im Fall der umgehenden Vorlage des Zeugnisses über das bestandene Physikum abgerückt wäre, war nicht anzunehmen. Der Klägerin ist es daher nicht vorzuhalten, dass sie angesichts dieser Haltung des Beklagten zunächst keinen Anlass sah, das Zeugnis innerhalb der Frist des § 48 Abs. 1 Satz 2 BAföG vorzulegen. Angesichts der pflichtwidrigen Verweigerung der Weiterförderung ab dem 5. Fachsemester erscheint es treuwidrig, gleichwohl die Vorlage der Leistungsnachweise innerhalb der Frist des § 48 Abs. 1 BAföG zu fordern. |
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| Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist. |
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