| Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben (vgl. § 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO). |
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| Die zulässigen Berufungen des beklagten Landes sowie der Beigeladenen sind jeweils nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Verpflichtungsklage im Ergebnis zu Recht stattgegeben und das beklagte Land unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 21.06.2019 verpflichtet, die Wahl zum Gemeinderat der Beigeladenen für ungültig zu erklären. Der Einspruch der Klägerin war teilweise zulässig und soweit er zulässig war, überwiegend begründet. |
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| I. Der fristgerecht von der Klägerin eingelegte Einspruch gem. § 31 Abs. 1 KomWG (Wahlanfechtung) gegen die Gemeinderatswahl in T ... ... - ... x am 26.05.2019 ist zulässig, soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass die unechte Teilortswahl verfassungswidrig sei und sie in ihrem Recht auf angemessene Repräsentation ihres Teilorts verletzt werde (1). Unzulässig ist der Einspruch jedoch im Hinblick auf die weiteren von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen (2). |
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| Die Klägerin kann als Wahlberechtigte grundsätzlich die Gültigkeit der Gemeinderatswahl in T ... ... x im Wege der Wahlanfechtung (§ 31 Abs. 1 Satz 1 KomWG) zur Überprüfung stellen, soweit sie sich auf solche Gründe stützt, die in der abschließenden Regelung (Senat, Urt. v. 24.08.1981 - 1 S 400/81 - BWGZ 1982, 574 sowie vom 13.01.1987 - 1 S 1246/86 - VBlBW 1987, 420) des § 32 Abs. 1 KomWG aufgeführt sind. Als weitere Voraussetzung kommt hinzu, dass die Klägerin, die für ihren Einspruch kein Quorum gem. § 31 Abs. 1 Satz 3 a. E. KomWG nachgewiesen hat, die Verletzung eigener Rechte geltend machen muss (§ 31 Abs. 1 Satz 3 KomWG). Die gerichtliche Überprüfung ist auf diejenigen Einspruchsgründe beschränkt, die innerhalb der einwöchigen Einspruchsfrist des § 31 Abs. 1 Satz 1 KomWG geltend gemacht wurden (Senat, Urt. v. 07.03.2007 - 1 S 19/06 - UA S. 11). |
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| Vorliegend kommen einzig Wahlanfechtungsgründe nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG in Betracht, wonach die Wahl für ungültig zu erklären ist, wenn ihr Ergebnis dadurch beeinflusst werden konnte, dass wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung oder über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses unbeachtet geblieben sind. Dabei ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass - anders als der Beklagte und die Beigeladene meinen - über das reine Wahlverfahren und die ordnungsgemäße Anwendung der Wahlvorschriften des Kommunalwahlgesetzes hinaus auch die Rechtsgrundlagen der Wahl als solche zum Gegenstand der Wahlanfechtung gemacht werden können (vgl. Senat, Beschl. v. 09.06.1980 - 1 S 952/80 - juris Rn. 25; Beschl. v. 15.08.1984 - 1 S 1250/84 - ESVGH 35, 38, BA S. 5; Beschluss v. 13.01.1987 - 1 S 1246/86 - VBlBW 1987, 420; Beschl. v. 14.09.1989 - 1 S 1958/89 - BWGZ 1993, 506, BA S. 5; Urt. v. 26.02.1996 - 1 S 2570/95 - juris Rn. 24; Beschl. v. 17.10.2002 - 1 S 2114/99 -, juris Rn. 56; Urt. v. 07.03.2007 - 1 S 19/06 - UA. S. 11). Als wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung oder über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses i.S.d. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG sind daher alle Vorschriften zu verstehen, die entweder die tragenden Grund-sätze des Wahlrechts (die allgemeine, gleiche, unmittelbare, freie und geheime Wahl) sichern sollen, oder solche, welche die Öffentlichkeit des Verfahrens und korrekte wahlrechtliche Entscheidungen sowie die richtige Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses gewährleisten sollen (Quecke/Bock/Königsberg, Das Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 32, Rn. 98). Denn die Überprüfung der Rechtsgrundlagen für die Ermittlung des Wahlergebnisses i.S.v. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG ist eine notwendige Voraussetzung für die Prüfung der Frage, ob das Wahlergebnis korrekt ermittelt wurde (vgl. Senat, Beschl. v. 13.01.1987 - 1 S 1246/86 - VBlBW 1987, 420). Dabei hat der Einzelne kein Recht auf ein ordnungsgemäßes Wahlverfahren (vgl. Senat, Urt. v. 08.03.1976 - I 1346/75 - EKBW KomWG § 31 E 7 und v. 24.08.1981 -1 S 400/81 - BWGZ 1982, 574), sondern muss die Verletzung eigener Rechte geltend machen. Zu prüfen ist daher, welche Vorschriften im Sinne des § 32 Abs. 1 KomWG subjektive Rechte begründen, indem sie neben dem öffentlichen Interesse an einem ordnungsgemäßen Wahlverfahren auch den Schutz des Einzelnen in seiner Stellung als Wahlberechtigten oder als Bewerber bezwecken (Senat, Urt. v. 24.08.1981 - 1 S 400/81 - BWGZ 1982, 574). |
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| 1. Gemessen hieran hat die Klägerin mit ihrem rechtzeitig erhobenen Einspruch und dem Vortrag, dass die Vorschriften der unechten Teilortswahl in verfassungswidriger Weise gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit (Art. 72 Abs. 1 Satz 1 LV und 28 Abs. 2 Satz 2 GG) verstoßen und sie darüber hinaus durch die in der Hauptsatzung festgelegte Sitzverteilung in ihrem Recht auf angemessene Repräsentation ihres Teilorts aus § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO verletzt ist, einen tauglichen Wahlanfechtungsgrund geltend gemacht. |
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| Die unechte Teilortswahl, die sich dadurch auszeichnet, dass durch Gemeindesatzung Teilorten eine Vertretung im Gemeinderat gesichert werden kann (Art. 72 Abs. 1 Satz 1 LV und 28 Abs. 2 Satz 2 GG), läuft dem allgemeinen Wahlrechtsgrundsatz der Gleichheit der Wahl zuwider (Art. 72 Abs. 1 Satz 1 LV und 28 Abs. 2 Satz 2 GG), denn aus der Garantie einer bestimmten Anzahl von Sitzen für einen Wohnbezirk ergibt sich regelmäßig ein stärkerer Erfolgswert der Stimmen, die für die als Vertreter des Wohnbezirks gewählten Bewerber abgegeben werden (vgl. Senat, Beschl. v. 13.01.1987 - 1 S 1246/86 -, VBlBW 1987, 420). Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl hat neben dem objektivrechtlichen Gehalt für die Bildung des Vertretungsorgans, auch Bedeutung für die subjektiven Rechte der Wahlberechtigten, nämlich auf formal möglichst gleiche Berücksichtigung ihrer abgegebenen Stimmen (st. Rspr. BVerfG, Urt. v. 13.02.2008 - 2 BvK 1/07 - BVerfGE 120, 82 <102>, juris Rn. 102; Urt. v. 10.04.1997 - 2 BvC 3/96 - BVerfGE 95, 408 <417>, juris Rn. 41). |
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| Auch die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob die Sitzverteilung in der Hauptsatzung den Anforderungen des § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO gerecht wird, betrifft eine subjektive Rechtsposition der Klägerin. § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO bestimmt für die Verteilung der Sitze auf die Wohnbezirke im Vorfeld einer Wahl durch die Hauptsatzung einer Gemeinde, dass die örtlichen Verhältnisse und der Bevölkerungsanteil zu berücksichtigen sind. So soll bei der unechten Teil-ortswahl sichergestellt werden, dass die systembedingten Einschränkungen der Wahlrechtsgleichheit, die sich durch die Sicherung von Gemeinderatssitzen der eingegliederten Stadtteile ergeben, nicht willkürlich erfolgen. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass auch die Interessen der Einwohner meist kleinerer Stadtteile, die im Zuge der Eingliederung ihre Selbstständigkeit verloren haben, durch eine entsprechende Repräsentation im Gemeinderat vertreten werden. Die Klägerin hat als Bürgerin und Bewohnerin eines von der Sitzverteilung betroffenen Wohnbezirks daher ein subjektives Recht auf die dem Gesetz entsprechende Repräsentation ihres Wohnbezirks im Gemeinderat (Senat, Beschl. v. 17.10.2002 - 1 S 2114/99 -, UA S. 19; Beschl. v. 14.09.1989 - 1 S 1958/89 -; 15.08.1984 - 1 S 1250/84 - ESVGH 35, 38; Beschl. v. 03.08.1989 - 1 S 1754/89 - UA S. 5; Beschl. v. 25.05.1981 - 1 S 277/81; Beschl. v. 09.06.1980 - 1 S 952/80 - juris; von Rotberg, VBlBW 1984, 297 <303>). |
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| 2. Die Wahlanfechtung kann hingegen nicht auf die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Einspruchsgründe gestützt werden, da insoweit keine Verletzung subjektiver Rechte in Betracht kommt und die Klägerin kein Quorum gem. § 31 Abs. 1 Satz 3 KomWG nachgewiesen hat. |
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| Soweit die Klägerin vorträgt, dass sie als Zugezogene eines Teilorts mit (nur) einem garantierten Sitz im Gemeinderat benachteiligt und in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt sei, weil sie im Fall einer eigenen Kandidatur selbst keine „realistische Chance“ gehabt hätte, gewählt zu werden, dringt sie hiermit nicht durch. Da sie bei der angefochtenen Gemeinderatswahl gerade nicht selbst kandidiert hat, kann sie sich nicht auf die mögliche Verletzung ihres passiven Wahlrechts berufen. |
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| Mit dem weiter erhobenen Einwand, die vom Wahlleiter zugelassenen Wahlvorschläge verstießen gegen § 9 Abs. 6 Satz 1 und 2 KomWG, vermag die Klägerin ebenso keine subjektive Rechtsverletzung darzulegen. § 9 Abs. 6 KomWG bestimmt, dass Männer und Frauen gleichermaßen bei der Aufstellung eines Wahlvorschlags berücksichtigt werden sollen (Satz 1). Dies kann in der Weise erfolgen, dass in den jeweiligen Wahlvorschlägen Männer und Frauen abwechselnd berücksichtigt werden (Satz 2), wobei die Beachtung von § 9 Abs. 6 Satz 1 und 2 KomWG nicht Voraussetzung für die Zulassung eines Wahlvorschlags ist (Satz 3). Schon aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 6 KomWG ergibt sich, dass dieser weder verpflichtende Vorgaben für die Aufstellung der Wahlvorschläge enthält, noch dem einzelnen Wähler hieraus eine subjektive Rechtsposition erwächst (vgl. Quecke/Bock/Königsberg, a.a.O., § 9 Rn. 17a). Diese Auslegung entspricht auch dem gesetzgeberischen Willen, nach dem die Vorschrift lediglich appellativen Charakter haben soll und keine subjektiven Rechte vermittelt (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses zur Einführung des § 9 Abs. 6 KomWG, LT.-Drucks. 15/3214). |
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| Auch die Rüge der Klägerin, das Wahlsystem der unechten Teilortswahl sei zu kompliziert und die Stimmzettel zu verwirrend, es sei selbst ihr als Akademikerin nicht gelungen, einen gültigen Stimmzettel abzugeben, vermag keine Verletzung subjektiver Rechte der Klägerin zu begründen. Einem Wahlberechtigten kann grundsätzlich zugemutet werden, sich mit den jeweiligen Wahlmodalitäten rechtzeitig vor Stimmabgabe vertraut zu machen. Dass die Gestaltung der Stimmzettel nicht den gesetzlichen Vorgaben (§§ 18 KomWG, 24 KomWO iVm Anlage 6a) entsprochen hat, hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Hierfür liegen auch keine Anhaltspunkte vor. |
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| II. Soweit die Wahlanfechtung zulässig ist, ist sie in Teilen begründet. Zwar bestehen keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der unechten Teilortswahl (1), jedoch wurde die Klägerin durch die Regelungen der Hauptsatzung der Beigeladenen über die Sitzverteilung im Gemeinderat in ihrem Recht auf angemessene Repräsentation ihres Wohnbezirks verletzt (2). Durch den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften wurde auch das Ergebnis der Wahl beeinflusst (3). |
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| 1. Wie der Senat wiederholt und in ständiger Rechtsprechung - an der er weiter festhält - entschieden hat (vgl. Beschl. v. 13.01.1987 - 1 S 1246/86; v. 12.10.1987 - 1 S 89/86 - BWVPr 1988, 259; Beschl.v. 03.08.1989 - 1 S 1754/89, B.A. S. 6), ist die Ausgestaltung des Kommunalwahlrechts in der Form der unechten Teilortswahl verfassungsgemäß. |
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| Charakteristisch für die nach Art. 72 Abs. 1 Satz 3 LV zugelassene und in § 27 Abs. 2 bis 5 GemO näher ausgestaltete unechte Teilortswahl - die württembergischer Tradition entspricht und 1953 landesweit eingeführt wurde (Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes zur vorläufigen Angleichung des Kommunalrechts v. 13.07.1953, GBl. S. 97) - ist die Sicherstellung einer Repräsentation des Teilorts einer durch Eingemeindung oder Zusammenschluss entstandenen (neuen) Gemeinde durch eine garantierte Anzahl von Gemeinderatsmitgliedern aus dem bestimmten Wohnbezirk. Die Bewerber sämtlicher Wohnbezirke (mit jeweils garantierten Sitzzahlen) stellen sich dabei jedoch für alle Wähler der Gemeinde im Sinne eines einheitlichen Wahlgebiet zur Wahl und sind so vom Votum der Wahlberechtigten nicht alleine des jeweiligen Wohnbezirks, sondern der ganzen Gemeinde abhängig. Diese Teilortswahl wird als „unecht“ bezeichnet, weil jeder Wahlberechtigte die Gemeinderäte aller Ortsteile und nicht nur die seines Wohnbezirks und Teilorts wählt, und somit seinen Einfluss auf die Bildung der gesamten Vertretung ausübt (§ 27 Abs. 2 Satz 3 GemO; § 25 Abs. 2 KomWG). |
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| Das System der unechten Teilortswahl läuft dabei in gewissem Umfang dem Prinzip der Erfolgswertgleichheit der Stimmen zuwider. Denn aus der Garantie einer bestimmten Anzahl von Sitzen für einen Wohnbezirk ergibt sich regelmäßig ein stärkerer Erfolgswert der Stimmen, die für die als Vertreter des Wohnbezirks gewählten Bewerber abgegeben werden. |
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| Für Gemeinderatswahlen gelten die verfassungsrechtlich verankerten Wahlgrundsätze der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl (Art. 72 Abs. 1 Satz 1 LV, Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG). Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl verlangt, dass die Stimme jedes Wählers den gleichen Zählwert hat. Beim Verhältniswahlrecht - wie es in Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV für den Fall, dass mehr als eine gültige Wahlvorschlagsliste eingereicht ist, gefordert wird - muss darüber hinaus auch der gleiche Erfolgswert gewährleistet sein. Hieraus folgt, dass alle Wähler mit der Stimme, die sie abgeben, den gleichen Einfluss auf das Wahlergebnis haben müssen, und jede Stimme bei der Zuteilung von Mandaten in gleicher Weise berücksichtigt werden soll. Differenzierungen bedürfen immer besonderer Rechtfertigungsgründe (st. Rspr. BVerfG, Urt. v. 05.04.1952 - 2 BvH 1/52 - BVerfGE 1, 208 <244>; BVerfG, Urt. v. 13.02.2008 - 2 BvK 1/07 - BVerfGE 120, 82 <102>, juris Rn. 102; Urt. v. 10.04.1997 - 2 BvC 3/96 - BVerfGE 95, 408 <417>, juris Rn. 41). |
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| Da die tendenziell gegenläufigen Prinzipien der Sicherung einer Vertretung der Teilorte im Gemeinderat und der Wahlrechtsgleichheit gleichermaßen in der Landesverfassung normiert sind, besitzt der Gesetzgeber einen eng bemessenen Spielraum für Differenzierungen hinsichtlich des Erfolgswertes der Stimme und der Chance des Bewerbers, wenn ein besonderer, rechtfertigender, sachlich zwingender Grund vorliegt, der sich aus Zweck und Natur des Wahlverfahrens ergeben kann (vgl. BVerfG, Urt. v. 23.01.1957 - 2 BvE 2/56 - BVerfGE 6, 90, juris; Beschl. v. 06.12.1961 - 2 BvR 399/61 - BVerfGE 13, 246, juris). Im Interesse eines optimierenden Ausgleichs ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Grundsätze der Verhältniswahl soweit als möglich zu berücksichtigen, jedenfalls „das System der Verhältniswahl nicht völlig preiszugeben oder in einer das Gerechtigkeitsgefühl grob verletzenden Weise zurückzudrängen“ (StGH, Urt. v. 14.07.1979 - GR 4/78 - ESVGH 29, 160 <164>). Um Verzerrungen im Hinblick auf die Erfolgswertgleichheit der Wahl entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber einen Verhältnisausgleich durch Zuteilung von Ausgleichssitzen (§ 25 Abs. 2 Satz 3 GemO, §§ 25 Abs. 2, 26 Abs. 2 KomWG) eingeführt (ausführlich dazu Finkbeiner, BWVPr. 1980, 50). Darüber hinaus bleibt das Recht der Bürger an der „gleichmäßigen Teilnahme“ an der Wahl sämtlicher Gemeinderäte unberührt (§ 27 Abs. 2 Satz 3 GemO), d.h. die für die Kandidaten in den Teilorten abgegebenen Stimmen bleiben bei der Feststellung des Gesamtwahlergebnisses relevant (§ 25 Abs. 2 Satz 5 KomWG), auch wenn der vom einzelnen Wahlberechtigten gewählte Kandidat im jeweiligen Teilort nicht den Sitz gewonnen hat. |
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| Entsprechend dieser Maßstäbe geht auch der Einwand der Klägerin, dass der Ersatzkandidat der CDU für den Wohnbezirk I ..., Herr ... ..., mit nur 191 erhaltenen Stimmen theoretisch als Ersatzperson in den Gemeinderat nachrücken könnte, obwohl die Bewerber der Bürgerliste, Herr ... ... - und Herr ... x ..., mit je 1.331 und 501 Stimmen in ihrem Ergebnis um ein Vielfaches mehr demokratisch legitimiert seien, ins Leere. Das Nachrücken von Ersatzpersonen bei der unechten Teilortswahl bestimmt sich nach § 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 KomWG und findet innerhalb des bei der Erstzuteilung obsiegenden Wahlvorschlags statt. Ersatzpersonen bei der Zweitzuteilung beim sog. Verhältnisausgleich hingegen werden aufgrund ihrer persönlich erreichten Stimmen bestimmt. |
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| Die Grundsätze der Verhältniswahl werden schließlich auch dann hinreichend berücksichtigt, wenn die Wähler eines kleineren Teilorts anders als die Wähler des Hauptorts nicht sämtliche Stimmen an die Bewerber des Teilorts vergeben können. Dadurch wird das Erfordernis des gleichen Erfolgswerts nicht beeinträchtigt, denn Bezugsgröße ist nicht der einzelne Wohnbezirk, sondern das gesamte Wahlgebiet. |
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| b) Die Wahlanfechtung ist jedoch begründet, soweit sich die Klägerin auf die mangelhafte Repräsentation ihres Wohnbezirks I ... im Gemeinderat beruft, denn die konkrete Ausgestaltung der unechten Teilortswahl durch die zum Zeitpunkt der Wahl gültige Hauptsatzung genügt den gesetzlichen Vorgaben des § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO nicht. |
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| Gem. § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO sind bei der unechten Teilortswahl bei der Bestimmung der auf die einzelnen Wohnbezirke entfallenden Anzahl der Sitze die örtlichen Verhältnisse und der Bevölkerungsanteil zu berücksichtigen. Bereits aus dem Wortlaut folgt nach ständiger Rechtsprechung des Senats, dass der Gemeinderat bei der Sitzverteilung in der Hauptsatzung an die in § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO normierten Grundsätze nicht strikt gebunden ist, sondern sie im Rahmen seines Satzungsermessens in seine Erwägungen einzubeziehen und „soweit als möglich zu berücksichtigen“ hat (vgl. Senat, Beschl. vom 27.03.1980 - 1 S 378/80 -; Beschl. v. 10.03.1975 - I 238/75 - ESVGH 25, 54). Die Grenze des Entscheidungsspielraums des Gemeinderats ist überschritten, wenn bei der in der Satzung geregelten Sitzverteilung einer der beiden im § 27 Abs. 2 Satz 4 GO normierten Grundsätze völlig preisgegeben oder „in einer das Gerechtigkeitsgefühl grob verletzenden Weise“ zurückgedrängt worden ist. Erforderlich ist deshalb, dass die Entscheidung des Gemeinderats, wenn neben den immer relevanten Bevölkerungsanteilen noch besondere örtliche Verhältnisse zu berücksichtigen sind, auf einer Abwägung dieser beiden Gesichtspunkte untereinander beruht, die an dem Erfordernis grundsätzlicher Gleichwertigkeit der Vertretung orientiert ist. Dass dabei in Einzelfällen das öffentliche Interesse an einer dem Bevölkerungsanteil entsprechenden oder zumindest möglichst nahekommenden Sitzverteilung zugunsten besonderer örtlicher Verhältnisse in der Gemeinde vernachlässigt werden kann, entspricht den Besonderheiten der unechten Teilortswahl, deren vom Gesetz gewollter Zweck es ist, durch eine gesonderte Vertretung räumlich getrennter Teile eines einheitlichen Wahlgebiets den gemeindepolitisch erwünschten Ausgleich von Interessengegensätzen unter den verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu erreichen (vgl. Senat, Beschl. vom 27.03.1980 - 1 S 378/80 -; Beschl. v. 10.03.1975 - I 238/75 - ESVGH 25, 54). In dem Urteil des Staatsgerichtshofs vom 14.07.1979 (Urt. v. 14.07.1979 - GR 4/78 - ESVGH 29, 160 <164>) wird ebenso wie in der ständigen Rechtsprechung des Senats zur unechten Teilortswahl hervorgehoben, dass die Notwendigkeit eines Ausgleichs der verschiedenen, möglicherweise auch kontroversen Interessen in den einzelnen Ortsteilen eine besondere Bedeutung durch die Eingemeindungen und Gemeindezusammenschlüsse während der Kommunalreform erhalten hat, und dass dieser Gesichtspunkt in Einzelfällen auch Überrepräsentationen von Gemeindeteilen im Gemeinderat rechtfertigen kann, die bei dieser Reform ihre ursprüngliche Eigenständigkeit als politische Gemeinde verloren haben (vgl. Senat, Beschl. v. 25.06.1968 - I 75/68 - ESVGH 19, 18, Beschl. v. 09.06.1980 - 1 S 952/80 -, juris Rn. 33; Beschl. v. 04.08.1989 - 1 S 1754/89, B.A. 9; Urt. v. 26.05.1996 - 1 S 2570/95 - juris Rn. 33). |
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| Gemessen an diesen Kriterien hat die Klägerin zu Recht darauf hingewiesen, dass die Sitzverteilung, wie sie in der im Zeitpunkt der Wahl gültigen Hauptsatzung vom 19.10.2016 festgelegt war, zu erheblichen Über- bzw. Unterrepräsentationen zwischen den einzelnen Teilorten und der Kernstadt T ... - ... führt, welche nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind. |
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| Diese Über- bzw. Unterrepräsentation lässt sich berechnen, indem der Quotient von Gesamteinwohnerzahl und Zahl der Gemeinderatssitze (sog. Schlüsselzahl) mit der dem Teilort zugeteilten Sitzzahl multipliziert (ergibt die sog. Einwohnerrichtzahl) und die Differenz zwischen dieser Einwohnerrichtzahl und der tatsächlichen Einwohnerzahl des Teilorts durch die Einwohnerrichtzahl dividiert wird (vgl. Senat, Beschl. v. 15.08.1984 - 1 S 1250/84 - ESVGH 35, 38; Runderlass des Innenministeriums v. 30.08.1978, GABl. S. 920 Nr. 2 zu § 27). |
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| Entsprechend der Einwohnerzahl zum maßgeblichen Stichtag am 30.09.2017 (§ 57 KomWG) ergibt sich folgende Repräsentationsquote: |
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| Ausgehend von der Einwohnerzahl ist somit der Wohnort der Klägerin I ... x- ... um 38,54 % unterrepräsentiert. Eine Unterrepräsentation liegt auch für die Teilorte Dittig ... x (- 21,1 %) und Dis ... x (- 17,85 %) vor. Eine signifikante Überrepräsentation zeigt sich hingegen für den Teilort D ... mit + 57,21 %, der die wenigsten Einwohner im Gemeindegebiet hat, aber ebenso über einen garantierten Sitz im Gemeinderat verfügt wie die anderen Teilorte. Leichte Überrepräsentationen liegen auch in den Teilorten H ... x (+ 4,17 %) und Ditt ... (+ 6,54 %) vor, wohingegen die Kernstadt mit 12 Sitzen gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil ein beinahe ausgeglichenes Verhältnis (+ 0,8 %) zeigt. |
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| Wie anhand der Kriterien für die Sitzverteilung in § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO gezeigt, lässt sich die Grenze der zulässigen Abweichung von einer an Einwohnerzahlen orientierten Sitzverteilung nicht schematisch festlegen (vgl. Senat, Beschl. v. 14.09.1989 - 1 S 1958/89 - BWGZ 1993, 506), sondern erfordert immer eine Betrachtung des Einzelfalls. Teilweise orientierten sich die Gemeinden an einem - mittlerweile aufgehobenen - entsprechenden Runderlass des Innenministeriums vom 30.08.1978 (GABl. S. 920 Nr. 2 zu § 27), der eine Abweichung von bis zu 20% als zulässig erachtete, die mit zunehmender Größe der Wohnbezirke jedoch weniger betragen sollte. In der Rechtsprechung des erkennenden Senats wurde in der Vergangenheit eine Unterrepräsentation von 30 % nicht beanstandet, wenn in dem entsprechenden Teilort ein Ortschaftsrat eingeführt war (vgl. Senat, Beschl. v. 26.02.1996 - 1 S 2570/95 - juris Rn. 34), hingegen wurde in einem anderen Verfahren eine Unterrepräsentation von 22 % wegen des Fehlens eines rechtfertigenden Grundes gerügt (vgl. Senat, Beschl. v. 03.08.1989 - 1 S 1754/89 - VBlBW 1990,22). Ungeachtet starrer Prozentgrenzen gilt daher: Eine über die bei unechter Teilortswahl systembedingte Verzerrung der Vertretungsgewichte hinausgehende Über- oder Unterrepräsentation einzelner Ortsteile im Gemeinderat ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie am Maßstab der örtlichen Verhältnisse durch überwiegende sachliche Gründe gerechtfertigt ist (vgl. Senat, Beschl. v. 03.08.1989 - 1 S 1754/89 - ESVGH 39, 301). Dies ist hier nicht der Fall. |
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| Der Beklagte und die Beigeladene als Satzungsgeberin haben für die Teilorte Ditt ..., Dis ... x und den hier zu prüfenden Teilort I ... nicht dargelegt, ob und wie die Unter- bzw. Überrepräsentation der einzelnen Wohnbezirke - wie sie sich durch die in der im Zeitpunkt der Wahl gültigen Hauptsatzung vom 19.10.2016 festgelegten Verteilung der Sitze (die seit der Hauptsatzungsänderung vom 27.01.1999 unverändert war) ergibt - am Maßstab der örtlichen Verhältnisse durch überwiegend sachliche Gründe gerechtfertigt wären. Das Satzungsermessen ist insoweit fehlerhaft ausgeübt. |
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| Soweit der Beklagte darauf verweist, dass der Gemeinderat der Beigeladenen bei der Änderung der Hauptsatzung die sich aus § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO ergebende „Beschränkung des Satzungsermessens“ vollumfänglich beachtet habe, substantiiert er dies nicht ausreichend. Ausweislich des - erst im Berufungsverfahren vorgelegten - Sitzungsprotokolls der Gemeinderatssitzung vom 27.01.1999, in der die Änderung der Hauptsatzung im Hinblick auf die Sitzverteilung zwischen der Kernstadt T ... ... und den sechs Teilorten beschlossen wurde, bezweckte der Satzungsgeber (der Gemeinderat der Beigeladenen) eine Reduzierung der Sitzzahl des Gremiums von vormals 26 auf 18 Sitzen bei gleichzeitiger Beibehaltung der unechten Teilortswahl. Durch die Reduzierung der Gesamtsitzzahl sollte die Effizienz des Gremiums gesteigert und dem anlässlich einer schriftlichen Bürgerbefragung eruierten Mehrheitswillen in den sechs Teilorten bezüglich der Beibehaltung des Systems der unechten Teilortswahl Rechnung getragen werden, indem jedem Teilort ein Sitz im Gemeinderat garantiert wurde. Bei der Festlegung der Gesamtsitzzahl von 18 orientierte sich der Satzungsgeber an der für die Beigeladene relevanten nächstniedrigeren Gemeindegrößengruppe gem. § 25 Abs. 2 GemO. |
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| Dem Sitzungsprotokoll ist auch zu entnehmen, dass das Problem der Über- bzw. Unterrepräsentation von den beteiligten Gemeinderäten erörtert wurde. Eine Begründung für die teils gravierende Über- bzw. Unterrepräsentation ist jedoch allenfalls in Ansätzen erkennbar: Die deutliche Überrepräsentation des Teilorts D ... von 57 % dürfte mit dem ausdrücklichen Willen des Satzungsgebers, jedem Teilort einen Sitz zu garantieren, erklärbar sein. Un- |
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| problematisch erscheint auch die Zuteilung je eines garantierten Sitzes für Ditt- ... und H ... x, die gemessen an ihrer Einwohnerzahl nur leicht über der Einwohnerrichtzahl liegen. Gleiches gilt für die Kernstadt T ... ..., deren zwölf garantierte Sitze genau proportional dem Bevölkerungsanteil entsprechen. Eine darüber hinaus gehende Erklärung für die Unterrepräsentation von jeweils ca. 20% der Teilorte Dis ... x und Dittig ... x findet sich jedoch nicht, erst Recht fehlt eine Begründung, warum dem einwohnerstärksten Teilort I ... nur ein garantierter Sitz zugeteilt wurde, was im Vergleich zu den anderen Teilorten zu einer Unterrepräsentation von 38,5 % führt. |
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| Die Garantie von zwölf Sitzen für die Kernstadt T ... ... x, die nach den obigen Berechnungen genau proportional dem Bevölkerungsanteil entspricht, begründen der Beklagte und die Beigeladene mit der infrastrukturellen Entwicklung und der gestiegenen Bedeutung als Schul- und Gewerbestandort, sowie der Tatsache, dass für die Kernstadt kein Ortschaftsrat bestehe und die Zahl von zwölf Sitzen daher gerechtfertigt sei. Diese Argumentation, die sich nur hinsichtlich des fehlenden Ortschaftsrats in den Materialien zur Satzungsänderung wiederfindet, bietet keine Erklärung für die differierenden Repräsentationsanteile der kleineren Teilorte. Grundsätzlich kann das Vorhandensein eines Ortschaftsrats zwar eine Unterrepräsentation kompensieren (vgl. erneut Senat, Beschl. v. 14.09.1989 - 1 S 1958/89 - BWGZ 1993, 906), auch dies führt hier jedoch zu keiner Rechtfertigung der Diskrepanz der Vertretungsanteile, da außer der Kernstadt T ... ... für jeden Teilort ein eigener Ortschaftsrat eingerichtet ist. |
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| Als Kriterien für die bei der Sitzzuteilung gem. § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO zu berücksichtigenden „örtliche Verhältnisse“ können nicht, wie die Beteiligten mit unterschiedlichen Argumenten meinen, die Eingliederungsvereinbarungen aus den 1970er Jahren zwischen dem „Hauptort“ T ... ... und den Teilorten herangezogen werden, denn mit der Neuverteilung der Gemeinderatssitze durch die Hauptsatzung vom 27.01.1999 ist die Bindungswirkung der Eingliederungsvereinbarungen entfallen. Zwar wurden die Eingliederungsvereinbarungen zwischen dem Hauptort T ... ... x und den Teilorten nach ihrem Wortlaut jeweils auf unbestimmte Zeit und ohne Anpassungsklauseln geschlossen, daraus folgt jedoch nicht, dass die Bestimmungen in den Eingliederungsvereinbarungen unbefristete Geltung beanspruchen können. Denn wenn dem Satzungsgeber gem. § 27 Abs. 6 GemO die Möglichkeit eingeräumt ist, durch Änderung der Hauptsatzung die durch Eingemeindungsvereinbarung nach § 8 Abs. 2 und 9 Abs. 4 GemO auf unbestimmte Zeit eingeführte unechte Teilortswahl - frühestens zur übernächsten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte nach ihrer erstmaligen Anwendung - aufzuheben, dann kann er gleichsam als „Weniger“ gegenüber der Aufhebung entscheiden, die Sitzverteilung - in Einklang mit § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO - zu ändern (so schon Senat, Beschl. v. 15.08.1984 - 1 S 1250/84 - ESVGH 35, 38; vgl. auch Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - VwV GemO vom 01.12.1985, GBl. 1113, § 27 Ziff. 2; Bock, in: Kunze/Bronner/Katz, Stand April 2021, § 27 GemO, Rn. 20; Pautsch, in: Kommunalverfassungsrecht Baden-Württemberg, November 2018, § 27 GemO, S. 2). Mit der Neuregelung der Gesamtsitzzahl waren somit die Regelungen in den Eingliederungsvereinbarungen hinsichtlich der garantierten Sitzzahlen sowie die überwiegend festgeschriebene Verpflichtung, die Zahl der Gemeinderäte nach der nächsthöheren Gemeindegrößengruppe zu bestimmen (§ 5 Nr. 2 Eingliederungsvereinbarung Ditt ... vom 26.04.1974) hinfällig, und die Beigeladene verpflichtet, die Sitzverteilung entsprechend der Kriterien des § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO neu zu regeln. |
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| Auch sonstige historische Gründe, die die vorgenommene Sitzverteilung und damit auch die Unterrepräsentation von I ... rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Satzungsgeber hat bei der Änderung der Sitzverteilung im Gemeinderat ausdrücklich beschlossen, die unechte Teilortswahl aufrecht zu erhalten und jedem der sechs Teilorte eine Repräsentation im Gemeinderat durch garantierte Zuteilung eines Sitzes zu gewährleisten. Eine Erklärung für die Unterrepräsentation von I ... folgt hieraus jedoch ebenfalls nicht. |
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| Soweit der Beklagte und die Beigeladene anführen, dass entsprechend der nach § 25 GemO „gesetzlich möglichen Sitzzahlfestlegung“ auf „Basis des status quo“ es „wohl irgendwo (immer) zu einer Überschreitung der 20-Prozent-Grenze“ komme und auch das Verwaltungsgericht keine Berechnung aufgezeigt habe, in der die 20 %-Grenze „unter diesen Prämissen eingehalten“ werde und Wahlanfechtungen vorprogrammiert seien, da eine gerechte Berechnung „realitätsfern“ sei und daher im Ergebnis nur eine Abschaffung der unechten Teilortswahl rechtssichere Zustände schaffen könne, verfängt dies nicht. § 25 Abs. 2 Satz 2 2. HS GemO räumt den Gemeinden mit unechter Teilortswahl ausdrücklich die Möglichkeit ein, eine zwischen den Gemeindegrößengruppen liegende Zahl an Gemeinderäten festzulegen. Diese Sonderregelung nur für Gemeinden mit unechter Teilortswahl soll gerade dem Prüfungsmaßstab des § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO Rechnung tragen und eine flexible Verteilung der Sitzzahlen ermöglichen. Der einzelnen Gemeinde wird hierdurch ermöglicht, eine den besonderen örtlichen Verhältnissen angepasste Größe der Gemeinderatsgremien zu finden (Bock, in: Kunze/Bronner/Katz, Stand April 2021, § 25 GemO, Rn. 5; LT-Drs. 11/2376 Gesetzentwurf zur Änderung der GemO, Neueinführung § 25 Abs. 2 Satz 2, 2. Hs.) und durch eine passgenaue Festlegung der garantierten Sitzzahlen zu verhindern, dass es zu gesetzeswidrigen Schieflagen bei den Repräsentationsverhältnissen kommt. |
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| Der Senat verkennt nicht, dass die Besonderheiten der unechten Teilortswahl in manchen Konstellationen rein rechnerisch dazu führen können, dass gänzlich ausgeglichene Repräsentationsverhältnisse nicht - oder nur unter erheblicher Erhöhung der Gesamtsitzzahl - hergestellt werden können. Darüber hinaus kann es durchaus vorkommen, dass sich die Repräsentationsverhältnisse auch bei Änderung des Bevölkerungsanteils oder sonstiger örtlicher Verhältnisse wieder verschieben können. Der Gemeinde obliegt daher eine Verpflichtung zur regelmäßigen Überprüfung, ob die Kriterien des § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO noch eingehalten werden. Ändern sich beispielsweise die Einwohnerzahlen stark, so ist gegebenenfalls eine Anpassung der Regelungen zur unechten Teilortswahl in der Hauptsatzung zu prüfen. Dabei ist zu beachten, dass bei Änderung der Sitzzahl in einem Wohnbezirk, die Sitzverteilung auch im Übrigen neu geregelt werden muss (vgl. Senat, Beschl. v. 03.08.1989 - 1 S 1754/89 - ESVGH 39, 301). Für eine solche Neuregelung kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Es ist Sache des Gemeinderats über die Ausgestaltung im Rahmen des Zulässigen zu entscheiden und im Falle der Beibehaltung der unechten Teilortswahl entsprechend seines Satzungsermessens zu begründen, auf welcher Basis die sich ergebenden Repräsentationsverhältnisse gewählt wurden. |
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| 3. Der festgestellte Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften hat auch Auswirkungen auf das Wahlergebnis, da bei einer den Anforderungen des § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO genügenden Sitzverteilung die Zusammensetzung des Gemeinderats eine andere wäre. |
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| Die Erheblichkeitsklausel des § 32 Abs. 1 KomWG dient dem Zweck, die Wahl möglichst aufrecht zu erhalten, da die Wählerschaft im Rahmen des Vertretbaren vor unnötiger Belastung mit Neuwahlen und die Gemeinden und Landkreise vor dem damit verbundenen Aufwand bewahrt werden sollen (Quecke/Bock/Königsberg, a.a.O., § 32, Rn. 104). Nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG ist die Wahl für ungültig zu erklären, wenn ihr Ergebnis dadurch beeinflusst werden konnte, dass wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung oder über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses unbeachtet geblieben sind. Dabei reicht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine bloß abstrakte Möglichkeit des Einflusses auf das Wahlergebnis nicht aus. Notwendig ist eine konkrete und nach der Lebenserfahrung nicht ganz fernliegende Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses. Nur wenn unbehebbare Zweifel an der Richtigkeit des Wahlergebnisses vorliegen, kommt eine Ungültigerklärung der Wahl in Betracht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.03.1959 - 4 F 171/58 - EKBW KomWG § 32 E 3; Urt. v. 18.02.1964 - III 405/61 - ESVGH 14, 11 = EKBW KomWG § 32 E 4; Urt. v. 18.08.1964 - III 733/63 - ESVGH 14, 193 = EKBW KomWG § 32 E 5; Urt. v. 04.03.1970 - I 703/69 - ESVGH 21, 93 = EKBW KomWG § 32 E 19; Urt. v. 26.04.1982 - 1 S 2416/83 - VBlBW 1983, 34; Urt. v. 02.12.1985 - 1 S 2083/85 - EKBW § 32 E 36; Urt. v. 17.02.1992 - 1 S 2266/91 - EKBW KomWG § 32 E 39; Urt. v. 27.01.1997 - 1 S 1741/96 - EKBW KomWG § 32 E 41). |
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| Wie gezeigt verstößt die in der Hauptsatzung festgelegte Sitzverteilung im Rahmen der unechten Teilortswahl gegen das Recht der Klägerin auf angemessene Repräsentation ihres Teilortes. Sachliche Gründe, warum der Teilort I ... mit nur einem Sitz im Verhältnis zur Einwohnerzahl und Gesamtsitzverteilung mit ca. 38 % unterrepräsentiert ist, sind nicht ersichtlich. Die in der Hauptsatzung festgelegte Sitzverteilung war somit rechtswidrig. Dieser Wahlfehler hat Einfluss auf das Wahlergebnis, weil es bei anderer - den Anforderungen des § 27 Abs. 2 Satz 4 GemO entsprechender - Sitzverteilung zu abweichenden Wahlvorschlägen, einer abweichenden Verteilung der Wählerstimmen und damit wahrscheinlich zu einem anderen Wahlergebnis gekommen wäre. |
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| III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und Abs. 3 VwGO. Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte. |
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| Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. |
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| Beschluss vom 18. Juli 2022 |
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| Der Streitwert wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000,- EUR festgesetzt. |
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| Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG, in Anlehnung an Nr. 22.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, da Streitgegenstand die Anfechtung einer Wahl durch eine Bürgerin ist. |
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| Der Beschluss ist unanfechtbar. |
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