Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 3 S 149/21

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. Oktober 2020 – 7 K 7297/19 – wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines positiven Bauvorbescheids für die Umnutzung eines Betriebsgebäudes zu einem Wohngebäude.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. ..., K... Straße ... in Heidelberg-.... Das Grundstück gehörte ehemals zum Staatswald und wurde nach Aktenlage im Jahr 1956 vom Land Baden-Württemberg an die Deutsche Bundespost verkauft, die hierauf nach Erteilung einer Ausnahmegenehmigung der Forstdirektion Nordbaden ein Verstärkergebäude errichtete. Nach Aufgabe dieser Nutzung wurde das Grundstück an eine Privatperson veräußert und im Jahr 2017 vom Kläger erworben.
Am 17.07.2018 beantragte der Kläger den Erlass eines Bauvorbescheids unter anderem zu der Frage, „ob eine Umnutzung des Betriebsgebäudes zu Wohngebäude denkbar“ sei. Nach Einholung einer Stellungnahme ihres Landwirtschafts- und Forstamts lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 21.03.2018 im Wesentlichen mit der Begründung ab, das nicht privilegierte Gebäude befinde sich im Außenbereich. Öffentliche Belange stünden zwar nicht entgegen; die Erschließung sei aber rechtlich nicht gesichert. Außerdem sei der erforderliche Waldabstand von 30 m nicht gewahrt. Die Erteilung einer Ausnahme sei nicht möglich.
Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben. Mit Urteil vom 22.10.2020 wies das Verwaltungsgericht die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Augenschein habe ergeben, dass das Gebäude nur ca. 10,30 m von dem als Wald einzustufenden Bewuchs entfernt sei. Der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 3 Satz 2 LBO liege nicht vor, weil es sich bei der beabsichtigten Nutzungsänderung nicht um eine bauliche Änderung im Sinne diese Vorschrift handele, die nur bautechnische Änderungen zur Bestandssicherung erfasse. Eine Ausnahme nach § 4 Abs. 3 Satz 3 LBO i.V.m. § 56 Abs. 3 LBO, eine Abweichung nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO oder eine Befreiung nach § 56 Abs. 5 LBO komme wegen der vom umgebenden Wald ausgehenden Gefahren für Leben und Gesundheit - etwa durch Windbruch - nicht in Betracht. Auch eine gesicherte Erschließung im Sinne des § 4 Abs. 1 LBO sei nicht gegeben. Das Grundstück liege nur an einem Forstweg. Für eine öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt sei eine Baulast erforderlich. Ein Notwegerecht nach § 917 BGB sei nicht ausreichend und bestehe auch nicht. Der Forst Baden-Württemberg habe die Einräumung eines Notwegerechts unter den vorliegenden Umständen abgelehnt.
Das Urteil ist dem Kläger am 9.12.2020 zugestellt worden. Er hat am 06.01.2021 einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, den er mit am 05.02.2021 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag begründet hat.
II.
Der zulässige, insbesondere rechtzeitig gestellte und begründete Antrag hat keinen Erfolg. Der sinngemäß geltend gemachte Zulassungsgrund des Bestehens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht dargelegt und liegt nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11; Senatsbeschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 - juris Rn. 15). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. Senatsbeschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 - juris Rn. 15).
2. Nach diesem Maßstab bestehen keine ernstlichen Richtigkeitszweifel.
a) Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht habe sich zu Unrecht auf den Standpunkt gestellt, dass die Bestimmung des § 4 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. LBO lediglich bautechnische Änderungen, nicht aber Nutzungsänderungen privilegiere. Bei einer Nutzungsänderung handele es sich um ein Minus gegenüber baulichen Änderungen. Nach § 2 Abs. 13 LBO seien Nutzungsänderungen sämtlichen baulichen Tätigkeiten gleichgestellt. Auch das bestehende Gebäude habe einen Aufenthaltszweck gehabt, da dort ein Aufenthaltsraum und eine Sanitäranlage vorhanden seien. Der Waldeigentümer habe keinen Anspruch darauf, dass der Baumwurfbereich von jeglicher Bebauung freigehalten werde (Bezugnahme auf VG München, Urt. v. 3.11.2015 - M 1 K 15.3173 - juris). Aufgrund besonderer Umstände - etwa der Hauptwindrichtung -  komme ein geringerer Abstand in Betracht; hier herrsche die Windrichtung von Westen vor, während sich der Baumbewuchs im Osten befinde.
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Diese Einwände greifen nicht durch.
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(1) Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 LBO müssen bauliche Anlagen mit Feuerstätten von Wäldern, Mooren und Heiden mindestens 30 m entfernt sein; die gleiche Entfernung ist mit Gebäuden von Wäldern sowie mit Wäldern von Gebäuden einzuhalten. Der Zulassungsantrag stellt die Feststellung des Verwaltungsgerichts nicht mehr in Frage, dass das Grundstück des Klägers an drei Seiten von Wald, insbesondere auch von hohen Tannen, umgeben ist und der regelmäßig einzuhaltende Abstand von 30 m bei weitem unterschritten wird. Diese Feststellungen werden auch durch die bei den Akten befindlichen Fotografien untermauert.
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Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 3 Satz 2 LBO nicht vorliegt. Das Waldabstandsgebot gilt danach nicht für Gebäude, die nach den Festsetzungen des Bebauungsplans mit einem geringeren Abstand als nach Satz 1 zulässig sind, sowie für bauliche Änderungen rechtmäßig bestehender baulicher Anlagen. Das Grundstück liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Bei dem vom Kläger geplanten Vorhaben handelt sich auch nicht um eine bauliche Änderung einer rechtmäßig bestehenden baulichen Anlage. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass eine Nutzungsänderung - wie die vom Kläger angestrebte Nutzung des Gebäudes als Wohngebäude anstelle eines Betriebsgebäudes für Telekommunikationszwecke - keine bauliche Änderung i. S. des § 4 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. LBO ist. Wie das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung zutreffend ausgeführt hat, dient der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 3 Satz 2 LBO der Bestandssicherung. Es soll ermöglicht werden, dass die Bausubstanz von bestandsgeschützten Gebäuden in notwendigem Umfang modernisiert und angepasst werden kann, auch wenn das bestandsgeschützte Gebäude den nach derzeitiger Rechtslage erforderlichen Waldabstand nicht einhält (vgl. LT-Drs. 14/5013 v. 19.8.2009 S. 37; Schlotterbeck in Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 8. Aufl. 2020, § 4 Rn. 23). Eine Nutzungsänderung betrifft aber die Zweckbestimmung einer baulichen Anlage, nicht deren Substanz (Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, Stand April 2022, § 2 Rn. 129). Sie ist dementsprechend im Verhältnis zur Änderung einer baulichen Anlage kein „minus“, sondern ein „aliud“. Anderes ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO. Diese Bestimmung stellt nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Nutzungsänderung (nur) der Errichtung, nicht aber der Änderung baulicher Anlagen gleich. Außerdem gilt die Gleichstellung von Nutzungsänderungen mit der Errichtung baulicher Anlagen ohnehin nur insoweit, als in den Einzelvorschriften der Landesbauordnung nicht Abweichendes geregelt ist (Spannowsky in BeckOK Bauordnungsrecht BW, 21. Ed. 1.5.2022, § 2 LBO Rn. 101).
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Auch die weitere Tatbestandsvoraussetzung, dass es sich um eine rechtmäßig bestehende bauliche Anlage handeln muss, liegt nicht vor. Eine bauliche Anlage besteht nur dann rechtmäßig im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. LBO, wenn sie baurechtlichen Bestandsschutz genießt (Schlotterbeck in Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 8. Aufl. 2020, § 4 Rn. 23). Abgesehen davon, dass der geplante Umbau eines technischen Betriebsgebäudes in ein Wohngebäude über eine notwendige Bestandssicherung und Modernisierung hinausgeht - wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen ausgeführt hat -, wird die Zulässigkeit einer Nutzungsänderung durch bauliche Maßnahmen nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck der Vorschrift mithin durch den Umfang des Bestandsschutzes begrenzt. Nach der Rechtsprechung des Senats genießt eine genehmigungspflichtige Nutzung aber nur dann Bestandsschutz, wenn sie von einer Baugenehmigung gedeckt ist (Senatsurt. v. 9.11.2020 - 3 S 2590/18 - VBlBW 2021, 326 und juris Rn. 84). Bestandsschutz gewährleistet, dass sich die rechtmäßige Nutzung einer baulichen Anlage auch gegen neues entgegenstehendes Recht durchsetzt. Bestandsschutz genießt aber grundsätzlich nur die nach Art und Umfang unveränderte rechtmäßige Nutzung (BVerwG, Beschl. v. 09.09.2002 - 4 B 52/02 - juris, Urt. v. 25.03.1988 - 4 C 21/85 - juris). Dient die Baumaßnahme der Verwirklichung einer Nutzung, die nicht genehmigt und daher nicht vom Bestandsschutz gedeckt ist, handelt es sich mithin nicht mehr um die Änderung einer rechtmäßig bestehenden baulichen Anlage im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 2 LBO.
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Der Zulassungsantrag bestreitet nicht, dass das Betriebsgebäude nicht zu Wohnzwecken genehmigt war. Soweit er darauf hinweist, dass darin eine sanitäre Anlage und ein Aufenthaltsraum für die Bediensteten vorhanden waren, spricht dies allenfalls für einen Aufenthalt zu betrieblichen Zwecken, nicht aber für einen Daueraufenthalt zu Wohnzwecken.
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(2) Der Senat ist mit dem Verwaltungsgericht auch der Auffassung, dass keine besonderen Umstände vorliegen, die die vom Wald ausgehenden Gefahren für Leib und Leben sowie erhebliche Sachwerte im Brandfall oder durch Windbruch verringern und daher die Zulassung eines geringeren Waldabstands im Wege einer Ausnahme (§ 4 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 56 Abs. 3 LBO), einer Abweichung (§ 56 Abs. 2 Nr.1 LBO) oder einer Befreiung (§ 56 Abs. 5 LBO) rechtfertigen könnten.
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Eine Ausnahme vom gesetzlich vorgeschriebenen Waldabstand ist mit öffentlichen Belangen im Sinne von § 56 LBO nur dann vereinbar, wenn durch sie die vom Schutzzweck der von §§ 4 Abs. 3 Satz 1 LBO, 3 Abs. 1 LBO erfassten Schutzgüter nicht oder nicht nennenswert beeinträchtigt werden (vgl. zu § 57 LBO a.F. Senatsurt. v. 2.11.1989 - 3 S 1927/89 - BRS 49 Nr. 82 und juris ) Eine Ausnahme vom in § 4 Abs. 3 Satz 1 LBO vorgeschriebenen Waldabstand kann daher regelmäßig nur dann gestattet werden, wenn eine atypische Gefahrensituation gegeben ist. Diese kann sich etwa aus der Topographie ergeben oder dann, wenn sich die vom Wald durch Baumsturz ausgehenden Gefahren nicht bis zum jeweiligen Bauvorhaben auswirken können, weil die dort wachsenden Bäume standortbedingt keine entsprechende Größe erreichen (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 27.10.2017 -  8 S 576/16 - juris Rn. 8; Urt. v. 8.10.1993 - 8 S 1578/93 - juris Ls. und Rn. 20; Urt. v. 31.08.1995 - 8 S 1719/95 - juris Rn. 22). Eine besondere topographische Situation, die eine Ausnahme zuließe, wäre etwa gegeben, wenn das Baugrundstück höher läge als der Wald; nach Aktenlage liegt das Grundstück jedoch unterhalb des Waldhangs. Hinzu kommt die erhebliche Unterschreitung des vorgeschriebenen Waldabstands, zumal es keinen Anhalt dafür gibt, dass die Wuchshöhe der Bäume, namentlich der Tannen, auf die gegebene Entfernung des Gebäudes vom Waldrand von ca. 10 m beschränkt ist.
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Im Hinblick auf den Einwand des Klägers, dass Westwind vorherrsche, der Wald aber im Osten des Grundstücks liege, hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die in der mündlichen Verhandlung anwesenden Forstbeamten hätten überzeugend dargelegt, dass sich die Fallrichtung von Bäumen nur schwer vorhersagen lasse und keineswegs immer mit der jeweiligen Windrichtung übereinstimme. Der Forst Baden-Württemberg hat dies in der Antragserwiderung nochmals vertieft und schlüssig und detailliert dargelegt, dass das Grundstück des Klägers auch aufgrund der Hanglage und des Wuchsverhaltens der höheren Bäume im vollen Umfang in der Baumwurfzone liege. Dem hat der Zulassungsantrag nichts Durchgreifendes entgegengesetzt. Da es für die Erteilung einer Ausnahme auf die Umstände des konkreten Falles ankommt, lässt sich aus der vom Zulassungsantrag in Bezug genommenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts München (Urt. v. 3.11.2015 - M 1 K 15.3173 -) nichts für den vorliegenden Fall herleiten, zumal dieses Verfahren die Klage eines Waldeigentümers gegen eine heranrückende Wohnbebauung und somit eine andere rechtliche Konstellation betraf. Dass entgegen der Auffassung des Zulassungsantrags auch gesunde Bäume auf einem stabilen Waldboden im Fall von höherer Gewalt umstürzen oder brechen können, liegt auf der Hand. Warum die vom Verwaltungsgericht und von den Forstsachverständigen befürchteten Gefahren „im Wesentlichen theoretischer Natur“ sein sollen, erschließt sich dem Senat nicht.
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(3) Auch die vom Zulassungsantrag angeführte Möglichkeit zum Erlass von Auflagen verpflichtet die Baurechtsbehörde nicht zur Erteilung einer Ausnahme. Eine Ausnahme kommt auch unter Auflagen nicht in Betracht, wenn (weiterhin) die Gefahr besteht, dass Personen beim Umstürzen von Bäumen zu Schaden kommen. Danach kommt eine Ausnahme regelmäßig nicht in Betracht, wenn Gebäude dazu bestimmt sind, dauerhaft bewohnt oder regelmäßig von Menschen betreten zu werden. In diesem Fall können weder Haftungsausschlüsse noch besondere bauliche Vorkehrungen - wie etwa die Ertüchtigung des Gebäudes - eine Ausnahme rechtfertigen, zumal die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 LBO nicht nur das Bauwerk selbst, sondern auch dessen Bewohner und den unmittelbaren Freibereich schützen soll. Auch mit Zustimmung des Eigentümers erfolgende Eingriffe in den Waldbestand sind nicht geeignet, eine Durchbrechung des grundsätzlichen Bauverbots zu rechtfertigen (vgl. zum Ganzen Senatsurteil v. 2.11.1989 - 3 S 1927/89 - juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.4.1990 - 8 S 3123/89 - juris Rn. 42; Urt. v. 16.3. 1994 - 8 S 1716/93 - juris Rn. 45; Urt. v. 8.10.1993 - 8 S 1578/93 - juris; Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, Stand April 2022, § 4 Rn. 41 f.).
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Die vom Kläger angebotene regelmäßige Kontrolle der Standsicherheit der Waldbäume ist danach nicht geeignet, die Gefahren durch umstürzende Bäume in erforderlichem Umfang zu minimieren. Denn im Falle höherer Gewalt können auch gesunde Bäume umstürzen oder brechen. Außerdem wäre die notwendige Folge von Sicherheitskontrollen, dass nicht mehr standsichere Bäume unverzüglich gefällt werden müssten. Abgesehen von den damit verbundenen personellen und finanziellen Belastungen für den Waldeigentümer dient die Erteilung einer Ausnahme dazu, atypischen Gefahrensituationen gerecht zu werden, nicht aber dazu, in den Waldbestand einzugreifen oder den Waldrand zurückzudrängen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 8.10.1993 - 8 S 1578/93 - juris).
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Aus den genannten Gründen ist auch eine Abweichung oder Befreiung nicht mit öffentlichen Belangen vereinbar.
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(4) Schließlich ist das Waldabstandsgebot bzw. die Versagung einer Ausnahme auch kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Klägers, wie der Zulassungsantrag geltend macht. Das Bauordnungsrecht ist eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsrechts im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Baufreiheit wird nur nach Maßgabe des einfachen Rechts gewährt (vgl. Senatsurt. v. 9.11.2020 - 3 S 2590/18 - VBlBW 2021, 326 und juris Rn. 63 ff.). Da das Waldabstandsgebot dem Schutz von Leben, Gesundheit und erheblichen Sachwerten dient, ist für eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nichts ersichtlich.
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b) Die Einwände des Zulassungsantrags gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass keine öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt gegeben ist, gehen ebenfalls fehl. Die Erschließung des Grundstücks des Klägers ist nicht gesichert im Sinne des § 4 Abs. 1 LBO. Nach dieser Vorschrift dürfen Gebäude nur errichtet werden, wenn das Grundstück in angemessener Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegt oder eine befahrbare, öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche hat. Der Zulassungsantrag räumt ein, dass das Grundstück des Klägers nicht an einer öffentlichen Verkehrsfläche liegt. Es verfügt auch nicht über eine befahrbare, öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer öffentlichen Verkehrsfläche. Hierfür wäre die Eintragung einer Baulast erforderlich (Senatsurt. v. 3.8.2011 - 3 S 1371/10 - juris Rn. 20).
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Soweit der Zulassungsantrag darauf hinweist, dass der Forstweg mit Rettungsfahrzeugen befahrbar sei und der Kläger einen Anspruch auf die Einräumung eines Notwegerechts habe, verkennt er die Notwendigkeit einer öffentlich-rechtlichen Sicherung der Zufahrt, die das Verwaltungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs zutreffend verneint hat. Zudem hat der Beigeladene die Einräumung eines Notwegerechts nach § 917 BGB unter den vorliegenden Umständen abgelehnt.
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil dieser im Zulassungsverfahren einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG und folgt dem von den Beteiligten nicht beanstandeten Ansatz des Verwaltungsgerichts.
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Der Beschluss ist unanfechtbar.

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