Urteil vom Amtsgericht Bielefeld - 403 C 88/11
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird verzichtet, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO.
2ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
3Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
4Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe der fiktiven Reparaturkosten, soweit sie die Reparaturkosten gemäß des von ihr eingeholten Sachverständigengutachtens, welches die Stundenverrechnungssätze der VW-Vertragswerkstatt X. zugrunde legt, Verbringungskosten in Ansatz bringt und UPE-Aufschläge berechnet, begehrt.
51.
6Der Anspruch des Geschädigten gegen den ersatzpflichtigen Schädiger umfasst nach allgemeiner Auffassung an Stelle der Wiederherstellung des beschädigten Kraftfahrzeuges auch den für die Reparatur erforderlichen Geldbetrag, der sich grundsätzlich danach bemisst, was vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Eigentümers in der Lage des Geschädigten für die Instandsetzung des Fahrzeugs zweckmäßig und angemessen erscheint (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 07.01.2010, - 12 U 20/09 -, BeckRS 2010, 10181, Ziffer I. 5.).
7Da es sich vorliegend um ein erst ca. 14 Monate altes Kraftfahrzeug handelt, darf die Klägerin – dies ist zwischen den Parteien im Übrigen auch unstreitig – die Kosten einer vollständigen sowie sach- und fachgerechten Behebung des Unfallschadens in einer markengebundenen – hier Volkswagen – Fachwerkstatt beanspruchen. Dabei kann sie grundsätzlich die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen VW-Werkstatt in Ansatz bringen. Allerdings ist vorliegend zu berücksichtigen, dass nach – insoweit unbestrittenem – Vortrag der Beklagten in Bielefeld, also am Ort der fiktiven Reparatur, eine weitere markengebundene VW-Werkstatt vorhanden ist, welche geringere Stundenverrechnungssätze berechnet.
8Ein wirtschaftlich vernünftiger Eigentümer eines Kraftfahrzeuges würde grundsätzlich nicht für die insoweit gleiche Leistung – Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt der gleichen Marke – einen höheren Preis in Kauf nehmen, soweit nicht anderweitige Erwägungen dies rechtfertigen. Insoweit ist der Klägerin zuzustimmen, dass, wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis zum von ihr ausgewählten Betrieb besteht, eine solche Erwägung bestünde, die die von ihr begehrte Reparatur im teureren Fachbetrieb rechtfertigen würde.
9Das Gericht ist allerdings nicht davon überzeugt, dass ein solches Vertrauensverhältnis besteht. Zwar hat die Klägerin nach ihrem Vortrag das Fahrzeug in dem zur Fachwerkstatt gehörenden Autohaus erworben und ist ihre ganze Familie Kunde dieses Autohauses sowie der Fachwerkstatt. Allerdings hat die Klägerin, indem sie das Fahrzeug – unstreitig – in einer anderen Werkstatt reparieren ließ, deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das von ihr behauptete Vertrauen gerade nicht so groß ist, dass sie eine Reparatur in einer anderen Werkstatt nicht würde durchführen lassen.
102.
11Die von der Rechtsprechung und in der Literatur zur Erstattungsfähigkeit von UPE-Aufschlägen und Verbringungskosten bei fiktiver Abrechnung auf Gutachtenbasis vertretenen Auffassungen sind uneinheitlich (vgl. auch die Nachweise bei Oetker, Münchner Kommentar, 6. Auflage 2012, § 249 Rn. 372). Nach wohl herrschender Meinung können prozentuale Aufschläge auf Ersatzteilpreise und Verbringungskosten auch bei der fiktiven Abrechnung verlangt werden, wenn und soweit sie regional üblich sind (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, - 1 U 246/07 -, BeckRS 2008, 12379, Ziffer VII. 1.), mithin, wenn sie in den Werkstätten an dem Ort, an dem die Reparatur auszuführen ist, tatsächlich anfallen, da ein Geschädigter nach allgemeiner Auffassung von dem ersatzpflichtigen Schädiger an Stelle der Wiederherstellung des beschädigten Kraftfahrzeuges auch den für die Reparatur erforderlichen Geldbetrag verlangen kann, der sich grundsätzlich danach bemisst, was vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Eigentümers in der Lage des Geschädigten für die Instandsetzung des Fahrzeugs zweckmäßig und angemessen erscheint (vgl. KG, Beschluss vom 07.01.2010, a.a.O.). Soweit UPE-Aufschläge oder Verbringungskosten am Ort der Reparatur tatsächlich anfallen, machen sie einen Teil des erforderlichen Reparaturaufwands aus, der für die Behebung des Fahrzeugschadens erforderlich ist, und sind auch im Rahmen der fiktiven Abrechnung zu erstatten (vgl. Geigel, Haftpflichtprozess, 26. Auflage 2011, Teil 1, Kapitel 3, Ziffer 5 Rn. 33 m.w.N.). Teilweise wird die Berücksichtigung im Rahmen fiktiver Abrechnung auch grundsätzlich als unzulässig angesehen; unabhängig davon, ob sie am Ort der Reparatur anfallen, oder nicht, da sie nicht zwingend bei einer Reparaturdurchführung auch konkret anfallen (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Auflage 2012, § 249 BGB Rn. 97).
12Vorliegend zu berücksichtigen, die bereits erwähnte, von der Beklagten benannte markengebundene VW-Werkstatt, weder Verbringungskosten, noch UPE-Aufschläge berechnet. Die Klägerin kann diese mithin unabhängig davon, ob sie – wozu das Gericht tendiert – sowieso ausschließlich dann in Ansatz gebracht werden können, wenn sie tatsächlich angefallen sind, im Rahmen der fiktiven Abrechnung nicht in Ansatz bringen.
133.
14Die Klage war nach alledem abzuweisen.
15Die Kosten des Rechtsstreits sind gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Klägerin aufzuerlegen.
16Das Urteil ist gemäß §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
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