Urteil vom Amtsgericht Bonn - 111 C 4/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der klagenden Partei auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Rückzahlung eines Bearbeitungsentgelts aus einem Darlehensvertrag.
3Am 30.09.2008 schlossen der Kläger und die Beklagte einen Darlehensvertrag über einen Kreditbetrag von 31.953,- € brutto (Bl.5). In dem Vertrag wurden dem Kläger Bearbeitungsgebühren in Höhe von 860,20 € berechnet. Im Dezember 2008 begann der Kläger mit der Tilgung des Darlehens. Mit Schreiben vom 08.03.2013 forderte der Kläger gegenüber der Beklagten die Bearbeitungsgebühr zurück (Bl.6). Die Beklagte verweigerte dies.
4Der Kläger beantragt,
5die Beklagte zu verurteilten, an ihn einen Betrag in Höhe von 860,20 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30.09.2008 zu zahlen sowie
6die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 115,63 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.09.2013 zu zahlen.
7Die Beklagte beantragt
8die Klage abzuweisen.
9Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze verwiesen.
11Entscheidungsgründe:
12Die zulässige Klage ist nicht begründet.
13Es bedarf keiner Entscheidung, ob dem Kläger ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 860,20 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zusteht. Denn einem etwaigen Rückforderungsanspruch des Klägers steht jedenfalls die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen.
14Ansprüche aus Bereicherung unterliegen der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren gemäß § 199 Abs. 1 BGB. Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährung, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis erlangen müsste.
15Verjährung ist eingetreten am 31.12.2011. Die Klageerhebung im Jahr 2013 war zu spät. Die Verjährungsfrist begann am 31.12.2008. Ein etwaiger Anspruch des Klägers ist spätestens im Jahr 2008 entstanden und der Kläger kannte die den Anspruch begründenden Umstände und die Person des Schuldners.
161.
17Entstanden ist der Anspruch, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Der vorliegend geltend gemachte Anspruch ist spätestens im Jahr 2008 entstanden.
18Da der Darlehensvertrag vom 30.09.2008 datiert und noch im Dezember 2008 die erste Rate durch den Kläger zurückgezahlt worden ist, erfolgte die Auszahlung des Darlehens im Jahr 2008. Da das Bearbeitungsentgelt vom Auszahlungsbetrag abgezogen worden ist, hat die Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt "etwas erlangt". Der Anspruch hätte bereits unmittelbar nach Auszahlung des verbleibenden Darlehensbetrages mit einer Klage geltend gemacht werden können.
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20Weiter ist Voraussetzung des Verjährungsbeginns, dass der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen haben muss. Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs hat diese Kenntnis, wenn er die Leistung und die Tatsache kennt, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Dabei setzt der Verjährungsbeginn grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen voraus. Nicht erforderlich ist in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Nur ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere, zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifende Voraussetzung für den Verjährungsbeginn" (vgl. BGH, U. v. 15.06.2010, NJW RR 2010, 1574 unter Hinweis auf BGHZ 179, 260). Im Urteil vom 15.06.2010 hat der Bundesgerichtshof einen derartigen Ausnahmefall indes gerade nicht angenommen, sondern er führt aus, die Kläger des dortigen Verfahrens hätten Kenntnis aller anspruchsbegründenden Umstände gehabt. Für die Frage der Zumutbarkeit der Klageerhebung komme es nicht darauf an, ob sie aus dieser Feststellung die zutreffenden juristischen Schlüsse ziehen konnten. Einen derartigen Ausnahmefall hat der Bundesgerichtshof - soweit ersichtlich - letztmals im Urteil vom 25.02.1999 (Az: IX ZR 30/98 - zit. nach Juris) angenommen. Dort ging es um die Auslegung des Begriffs des Auftraggebers in § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO. Die wörtliche Auslegung führte dazu, dass der dortige Kläger nicht als Auftraggeber anzusehen war und keinen Anspruch hatte. Erst aufgrund einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs konnte der dortige Kläger überhaupt auf die Idee kommen, die Vorschrift sei zu seinen Gunsten anders auszulegen. Dies bedeutet, dass eine unsichere, zweifelhafte Rechtslage im Sinne dieser Definition nur unter besonders strengen Voraussetzungen angenommen werden kann. Ansonsten wäre nämlich jede Rechtsfrage, die noch nicht eindeutig durch den Bundesgerichtshof entschieden ist, "zweifelhaft". Kerngedanke der Verjährung ist Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Hiervon könnte dann nicht mehr die Rede sein.
21Dies vorangestellt bestand vorliegend bis Ende des Jahres 2008 keine unsichere, zweifelhafte Rechtslage. Die Verjährung begann insofern am 31.12.2008, da der Kläger die den Anspruch begründenden Tatsachen und die Person des Schuldners unzweifelhaft kannte.
22Soweit ersichtlich lagen bis Ende des Jahres 2008 keine (auch keine divergierenden) Entscheidungen der Obergerichte zur Frage der Wirksamkeit der Bearbeitungsentgelte vor. Die Rechtsfrage wurde schlicht nicht, auch nicht kontrovers, diskutiert oder problematisiert. Ein rechtskundiger Dritter hätte allerdings bereits damals die entsprechenden AGB-rechtlichen Fragen erkennen und zuverlässig bewerten können, zumal es damals eben gerade keine gegenläufigen Entscheidungen von Obergerichten gab. Die Konstellation einer "nicht-diskutierten-Rechtslage" entscheidet sich maßgeblich von der Konstellation einer umstrittenen oder zweifelhaften Rechtslage. Insbesondere liegt der Fall anders als derjenige der Grundlage der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.02.1999 (vgl. oben) war. Dort gab es zunächst keinerlei Anlass, eine vom Wortlaut abweichende Auslegung vorzunehmen. Hier indes geht es um "normale" juristische Subsumtionstechnik und Anwendung der §§ 305 ff. BGB. Letztlich entscheidend ist, dass eine andere Betrachtungsweise den Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften gänzlich konterkarieren würde. Dass eine Rechtsfrage nicht diskutiert und erörtert wird, ist kein eng umrissener Ausnahmefall, sondern ist in Zeiten zunehmend komplexer juristischer Regelungen und Fragen durchaus häufig. Würde dies stets dazu führen, dass der Verjährungsbeginn herausgeschoben wird, liefen die Verjährungsvorschriften in vielen Fällen leer. Letztlich müsste in allen Fällen eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs abgewartet werden. Konsequenterweise könnte auch dies nicht genügen, wenn es um europarechtliche Fragestellungen geht. Faktisch ließe sich der Beginn der Verjährungsvorschriften fast nie klar definieren. Dies widerspräche klar dem gesetzgeberischen Zweck und dem Ziel der Verjährungsvorschriften.
23Aus dem Umstand, dass nach dem 31.12.2008, nämlich im Laufe des Jahres 2010 erste teils divergierende obergerichtliche Entscheidungen ergingen, ergibt sich nichts anderes. Denn im Jahr 2010 hatte der Lauf der Verjährung bereits begonnen. Selbst wenn zwischen 2010 und 2011 eine unsichere Rechtslage bestanden hätte, ändert dies nichts. Herausgeschoben werden kann nämlich allenfalls der Beginn des Laufs der Verjährungsfristen (vgl. BGH, a.a.o). Auf die Frage der Unsicherheit der Rechtslage in den Jahren 2010 und 2011 kommt es insofern nicht an.
24Mangels Anspruchs in der Hauptsache besteht kein Anspruch auf die gelten gemachten Nebenforderungen.
25Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
26Der Streitwert wird auf 860,20 EUR festgesetzt.
27Rechtsbehelfsbelehrung:
28Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
29a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
30b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
31Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
32Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bonn zu begründen.
33Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bonn durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
34Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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Referenzen
- BGB § 812 Herausgabeanspruch 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- §§ 305 ff. BGB 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- BNotO § 19 1x
- BGB § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen 2x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- IX ZR 30/98 1x (nicht zugeordnet)