Urteil vom Amtsgericht Esslingen am Neckar - 1 C 1065/04

Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.308,21 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über jeweiligen Basiszinssatz ab 02.03.2003 zu zahlen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.700,00 Euro vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, welcher sich am 01.02.2003 gegen 13:10 Uhr in der P straße in Esslingen ereignete.
Der Kläger fuhr zu diesem Zeitpunkt mit seinem Pkw Opel Kadett E, amtliches Kennzeichen Es – ... bei schneebedeckter Fahrbahn auf der P straße in Esslingen. Das klägerische Fahrzeug war mit neuen Sommerreifen ausgestattet. Im zeitlichen Zusammenhang dazu parkte der Beklagte Ziffer 1 mit seinem Pkw Opel Kadett E, amtliches Kennzeichen ES – ..., welcher bei der Beklagten Ziffer 2 haftpflichtversichert ist, rückwärts aus einer aus der Fahrtrichtung des Klägers jenseits des linken Bürgersteigs gelegenen Parkbucht in die P straße ein. Es kam zur Kollision der Fahrzeuge. Dabei wurde das Fahrzeug des Klägers im Bereich der linken vorderen Stoßstange sowie des linken Scheinwerfers und Blinkers beschädigt.
In der Folge beauftragte der Kläger das Sachverständigenbüro S mit der Begutachtung seines Fahrzeugs. Das Sachverständigenbüro stellte im Gutachten vom 05.02.2003 einen wirtschaftlichen Totalschaden bei einem Wiederbeschaffungswert von 1.058,18 Euro und einem Restwert von 100,00 Euro fest und stellte dem Kläger das Gutachten mit 233,21 Euro in Rechnung.
Der Kläger macht neben dem Fahrzeugschaden in Höhe von 1.050,00 Euro die Kosten für das Sachverständigengutachten sowie eine Unkostenpauschale von 25,00 Euro geltend und trägt vor, der Beklagte Ziffer 1 sei unvermittelt aus der Parkbucht rückwärts ausgeparkt und habe dabei den Kläger übersehen. Dem Kläger sei es trotz einer sofort eingeleiteten Abbremsung nicht mehr gelungen, dass Fahrzeug rechtzeitig zum Stehen zu bringen.
Der Kläger beantragt:
Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 1.308,21 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 02.03.2003 zu bezahlen.
Die Beklagten beantragen
Klagabweisung.
Sie bestreiten die Aktivlegitimation des Klägers und tragen vor, der Beklagte Ziffer 1 sei aus dem Stellplatz bereits herausgefahren gewesen, habe jedoch seine Fahrt nach vorne nicht fortsetzen können, weil er wegen auf der Straße spielender Kinder nicht habe weiterfahren können. Der Kläger sei auf das stehende Fahrzeug von hinten infolge Unachtsamkeit aufgefahren. Weiterhin betrage der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs des Klägers allenfalls 400,00 Euro.
10 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.07.2004, vom 24.09.2004 und vom 09.11.2004 Bezug genommen.
11 
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ..., ..., Polizeikommissar S, Polizeioberkommissar S und S K, für deren Inhalt auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2004 und vom 09.11.2004 Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

 
I.
12 
Die Klage ist zulässig und begründet.
13 
Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.308,21 Euro gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 StVG in Verbindung mit § 3 Ziffer 1 Pflichtversicherungsgesetz zu.
14 
1. Der Kläger ist als Eigentümer des Fahrzeugs aktivlegitimiert. Gemäß § 1006 Abs. 2 BGB wird vermutet, dass der Kläger, welcher das Fahrzeug im Zeitpunkt des Unfalls im Besitz hatte, Eigentümer des Fahrzeugs war. Die Vermutung bezieht sich darauf, dass der Kläger bei Erwerb dieses Besitzes Eigenbesitz begründete, dabei unbedingtes Eigentum erwarb und es während der Besitzzeit behielt (vgl. Palandt/Bassenge § 1006 Rn. 4 m.w.N.). Diese Vermutung haben die Beklagten nicht widerlegt.
15 
2. Der Schaden am Fahrzeug des Klägers ist beim Betrieb des Kraftfahrzeugs des Beklagten verursacht worden (§ 7 Abs. 1 StVG). Das Unfallgeschehen stellt sich auch insoweit nicht als höhere Gewalt im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG dar.
16 
Nachdem das Unfallereignis auch für das klägerische Fahrzeug nicht auf höherer Gewalt beruht, ist im Sinne von § 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG eine Abwägung der Verantwortungsbeiträge durchzuführen.
17 
Hierbei spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Beklagten Ziffer 1 den Unfall schuldhaft und unter Verstoß gegen die Pflichten der §§ 9 Abs. 5, 10 Satz 1 StVO verursacht hat. Kommt es im Zusammenhang mit dem Einfahren aus einem Grundstück bzw. von anderen Straßenteilen auf die Fahrbahn – wie hier bei dem Ausparken aus einer Parkbucht – zu einem Unfall, so spricht der Beweis des ersten Anscheins gegen den auf die Fahrbahn in den fließenden Verkehr hineinfahrenden Kraftfahrer. Dieser hat deshalb regelmäßig allein die Folgen seiner risikobehafteten Fahrweise zu tragen, wenn sich die Gefahr verwirklicht und er ein zur Mithaftung führendes mitwirkendes Verschulden der Gegenseite nicht nachweisen kann. Hierbei ist zu beachten, dass die Pflicht des auf die Fahrbahn Einfahrenden, die sich aus § 10 StVO ergebenden gesteigerten Sorgfaltspflichten zu beachten, erst dann endet, wenn er sich ununterscheidbar in den fließenden Verkehr integriert hat (LG Berlin, 58. ZK, Urteil v. 19.10.2000). Vorliegend ist der Beklagte Ziffer 1 unstreitig rückwärts aus der Parkbucht in die Straße eingefahren. Weiter ist das Gericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass sich der Unfall im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem rückwärtigen Ausparken des Beklagten Ziffer 1 ereignete und sich der Beklagte Ziffer 1 noch nicht wieder vollständig in den fließenden Verkehr eingeordnet hatte. Durch das mündliche Gutachten des Sachverständigen I ist nachgewiesen, dass das Fahrzeug des Beklagten im Zeitpunkt der Kollision noch in deutlicher Schrägstellung und nicht, wie der Beklagte Ziffer 1 im Rahmen seiner Anhörung erklärte, bereits gerade auf der Straße stand. Der Sachverständige hat bestätigt, dass zwar aus dieser Position heraus bereits ein Weiterfahren ohne weiteres Rangieren möglich gewesen wäre, dass jedoch hierzu eine Kurve hätte gefahren werden müssen. Erst mit dem Fahren dieser Kurve könnte von einer vollständigen Wiedereingliederung in den fließenden Verkehr gesprochen werde. Weiterhin hat der Polizeibeamte S glaubhaft bestätigt, dass der Beklagte Ziffer 1 von den Polizisten belehrt und angehört wurde, und dass in diesem Zusammenhang die Äußerung des Beklagten Ziffer 2 "was kann ich dafür, wenn der Andere reinrutscht; ich war ja schon fast aus der Parklücke draußen" notiert wurde. Das Gericht ist überzeugt davon, dass sich der Polizeibeamte S diese Äußerung nicht ausgedacht hat, sondern – wie er ausführte – aufgrund der Äußerungen des Beklagten im Rahmen der Anhörung nach Unfall notierte. Der Beklagte Ziffer 1 hatte diese Äußerung und überhaupt ein Gespräch mit den Polizeibeamten im Rahmen seiner Anhörung abgestritten. Die im Anschluss an den Unfall getätigte Äußerung des Beklagten Ziffer 1 kann nur so verstanden werden, dass der Ausparkvorgang des Beklagten Ziffer 1 im Zeitpunkt der Kollision noch nicht ganz beendet war. Ferner ist die Behauptung des Beklagten Ziffer 1, er sei bereits seit ca. zwei Minuten lang mit seinem Fahrzeug gestanden und habe gewartet, dass spielende Kinder die Straße verlassen, durch nichts bestätigt worden. Weder die Polizeibeamten noch der als Zeuge vernommene 13-jährige S K haben spielende Kinder auf der Straße bemerkt. Das Gericht ist deshalb davon überzeugt, dass sich der Unfall im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausparken und jedenfalls noch vor dem vollständigen Wiedereingliedern des Fahrzeugs des Beklagten in den fließenden Verkehr ereignete. Der Beweis des ersten Anscheins spricht daher für eine Unfallverursachung durch den Beklagten Ziffer 1.
18 
Diesen Anscheinsbeweis haben die Beklagten nicht zu entkräften und auch ein anderweitiges Verschulden des Klägers am Unfall nicht nachzuweisen vermocht. Der Sachverständige I hat nachvollziehbar ausgeführt, dass, wenn von einer rechtzeitigen Reaktion des Klägers ausgegangen wird, die Verwendung von Winterreifen gegenüber den aufgezogenen neuwertigen Sommerreifen nicht zu einer Vermeidbarkeit des Unfalls geführt hätte. Eine verspätete Reaktion des Klägers oder eine unangepasste Geschwindigkeit haben die Beklagten nicht nachgewiesen. Gegen eine unangepasste Geschwindigkeit spricht nicht zuletzt die durch den Sachverständigen festgestellte Relativgeschwindigkeit der Fahrzeuge im Zeitpunkt der Kollision von 15 km/h.
19 
Die Beklagten haben den Schaden daher zu 100 % zu tragen.
20 
Das Gericht schätzt die Höhe des Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs des Klägers anhand der Ausführungen des Sachverständigen auf 1.150,00 Euro (§ 287 ZPO), so dass sich bei Abzug des unstreitigen Restwerts von 100,00 Euro ein zu ersetzender Schaden von 1.050,00 Euro ergibt. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass bei Fahrzeugen des Baujahrs 1991 nicht mehr von einem Wiederbeschaffungswert, sondern von einem Gebrauchswert gesprochen werden muss, welcher maßgeblich vom Zustand der für die Verkehrssicherheit relevanten Teile des Fahrzeugs sowie dem Gesamterhaltungszustand des Fahrzeugs bestimmt wird. Es ist ersichtlich, dass der vom Sachverständigen festgestellte Hagelschaden, welcher ohne Beschädigung des Lacks vor sich ging, keinen Einfluss auf den Gebrauchswert des Fahrzeugs hat. Der Sachverständige hat auch klar zum Ausdruck gebracht, dass dem Schadensgutachten der Gebäudeversicherung Württemberg, auf welches sich die Beklagten berufen haben, insoweit nicht gefolgt werden kann. Das Gericht sieht weiterhin keinen Anlass, von dem durch den Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswert von zwischen 1.100,00 und 1.200,00 Euro einen weiteren Abschlag aufgrund des Ausfalls von Verschleißteilen zu machen. Allein der Umstand, dass im Laufe des Jahres 2003 die Vorderradbremsen und der Auspuff ausgetauscht wurde, weist nicht daraufhin, dass diese bereits im Zeitpunkt des Unfalls defekt und auszutauschen gewesen wären, nachdem erst ein halbes Jahr vor dem Unfall der Gutachter der Gebäudeversicherung Württemberg das Fahrzeug bei einer Laufleistung von etwa 105.000 km mit einem Wiederbeschaffungswert vor dem Hagelschaden von 1.625,00 Euro bewertet hat und das Fahrzeug im Zeitpunkt des Unfalls eine Laufleistung von ca. 107.000 km aufwies. Allein der Umstand, dass Verschleißteile im Laufe der Benutzung ausgetauscht werden, indiziert nicht einen Defekt dieser Teile im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls. Der regelmäßige Austausch von Verschleißteilen entspricht vielmehr bei älteren Fahrzeugen dem Gebot der Vorsicht.
21 
Durch Vernehmung der Zeugen ..., ... und ... S ist ferner nachgewiesen, dass das Fahrzeug vor dem Unfall keine im Gutachten des Parteigutachters S nicht aufgeführte weitere Schäden aufwies. Dass der Hagelschaden den Zeugen nicht aufgefallen ist, ist nachvollziehbar, nachdem nach Angaben des Sachverständigen der Lack hierdurch nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde. Im Übrigen haben die Zeugen glaubhaft bestätigt, dass das Fahrzeug nicht anderweitig beschädigt war.
22 
Die Kosten des Sachverständigengutachtens des Parteigutachters S sind als Rechtsverfolgungskosten vollumfänglich ersatzfähig. Die Feststellungen des Parteigutachters wurden durch den gerichtlichen Gutachter I bestätigt. Es kann auch keine Rede davon sein, dass der Gutachter S Vorschäden verschwiegen hätte, nachdem auf Seite 2 der Fahrzeugbewertung ausdrücklich auf den Hagelschaden hingewiesen ist.
23 
Weiterhin ist eine angemessene Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 Euro ersatzfähig.
24 
Der Zinsausspruch folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
II.
25 
Die Kostentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 ZPO.

Gründe

 
I.
12 
Die Klage ist zulässig und begründet.
13 
Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.308,21 Euro gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 StVG in Verbindung mit § 3 Ziffer 1 Pflichtversicherungsgesetz zu.
14 
1. Der Kläger ist als Eigentümer des Fahrzeugs aktivlegitimiert. Gemäß § 1006 Abs. 2 BGB wird vermutet, dass der Kläger, welcher das Fahrzeug im Zeitpunkt des Unfalls im Besitz hatte, Eigentümer des Fahrzeugs war. Die Vermutung bezieht sich darauf, dass der Kläger bei Erwerb dieses Besitzes Eigenbesitz begründete, dabei unbedingtes Eigentum erwarb und es während der Besitzzeit behielt (vgl. Palandt/Bassenge § 1006 Rn. 4 m.w.N.). Diese Vermutung haben die Beklagten nicht widerlegt.
15 
2. Der Schaden am Fahrzeug des Klägers ist beim Betrieb des Kraftfahrzeugs des Beklagten verursacht worden (§ 7 Abs. 1 StVG). Das Unfallgeschehen stellt sich auch insoweit nicht als höhere Gewalt im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG dar.
16 
Nachdem das Unfallereignis auch für das klägerische Fahrzeug nicht auf höherer Gewalt beruht, ist im Sinne von § 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG eine Abwägung der Verantwortungsbeiträge durchzuführen.
17 
Hierbei spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Beklagten Ziffer 1 den Unfall schuldhaft und unter Verstoß gegen die Pflichten der §§ 9 Abs. 5, 10 Satz 1 StVO verursacht hat. Kommt es im Zusammenhang mit dem Einfahren aus einem Grundstück bzw. von anderen Straßenteilen auf die Fahrbahn – wie hier bei dem Ausparken aus einer Parkbucht – zu einem Unfall, so spricht der Beweis des ersten Anscheins gegen den auf die Fahrbahn in den fließenden Verkehr hineinfahrenden Kraftfahrer. Dieser hat deshalb regelmäßig allein die Folgen seiner risikobehafteten Fahrweise zu tragen, wenn sich die Gefahr verwirklicht und er ein zur Mithaftung führendes mitwirkendes Verschulden der Gegenseite nicht nachweisen kann. Hierbei ist zu beachten, dass die Pflicht des auf die Fahrbahn Einfahrenden, die sich aus § 10 StVO ergebenden gesteigerten Sorgfaltspflichten zu beachten, erst dann endet, wenn er sich ununterscheidbar in den fließenden Verkehr integriert hat (LG Berlin, 58. ZK, Urteil v. 19.10.2000). Vorliegend ist der Beklagte Ziffer 1 unstreitig rückwärts aus der Parkbucht in die Straße eingefahren. Weiter ist das Gericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass sich der Unfall im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem rückwärtigen Ausparken des Beklagten Ziffer 1 ereignete und sich der Beklagte Ziffer 1 noch nicht wieder vollständig in den fließenden Verkehr eingeordnet hatte. Durch das mündliche Gutachten des Sachverständigen I ist nachgewiesen, dass das Fahrzeug des Beklagten im Zeitpunkt der Kollision noch in deutlicher Schrägstellung und nicht, wie der Beklagte Ziffer 1 im Rahmen seiner Anhörung erklärte, bereits gerade auf der Straße stand. Der Sachverständige hat bestätigt, dass zwar aus dieser Position heraus bereits ein Weiterfahren ohne weiteres Rangieren möglich gewesen wäre, dass jedoch hierzu eine Kurve hätte gefahren werden müssen. Erst mit dem Fahren dieser Kurve könnte von einer vollständigen Wiedereingliederung in den fließenden Verkehr gesprochen werde. Weiterhin hat der Polizeibeamte S glaubhaft bestätigt, dass der Beklagte Ziffer 1 von den Polizisten belehrt und angehört wurde, und dass in diesem Zusammenhang die Äußerung des Beklagten Ziffer 2 "was kann ich dafür, wenn der Andere reinrutscht; ich war ja schon fast aus der Parklücke draußen" notiert wurde. Das Gericht ist überzeugt davon, dass sich der Polizeibeamte S diese Äußerung nicht ausgedacht hat, sondern – wie er ausführte – aufgrund der Äußerungen des Beklagten im Rahmen der Anhörung nach Unfall notierte. Der Beklagte Ziffer 1 hatte diese Äußerung und überhaupt ein Gespräch mit den Polizeibeamten im Rahmen seiner Anhörung abgestritten. Die im Anschluss an den Unfall getätigte Äußerung des Beklagten Ziffer 1 kann nur so verstanden werden, dass der Ausparkvorgang des Beklagten Ziffer 1 im Zeitpunkt der Kollision noch nicht ganz beendet war. Ferner ist die Behauptung des Beklagten Ziffer 1, er sei bereits seit ca. zwei Minuten lang mit seinem Fahrzeug gestanden und habe gewartet, dass spielende Kinder die Straße verlassen, durch nichts bestätigt worden. Weder die Polizeibeamten noch der als Zeuge vernommene 13-jährige S K haben spielende Kinder auf der Straße bemerkt. Das Gericht ist deshalb davon überzeugt, dass sich der Unfall im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausparken und jedenfalls noch vor dem vollständigen Wiedereingliedern des Fahrzeugs des Beklagten in den fließenden Verkehr ereignete. Der Beweis des ersten Anscheins spricht daher für eine Unfallverursachung durch den Beklagten Ziffer 1.
18 
Diesen Anscheinsbeweis haben die Beklagten nicht zu entkräften und auch ein anderweitiges Verschulden des Klägers am Unfall nicht nachzuweisen vermocht. Der Sachverständige I hat nachvollziehbar ausgeführt, dass, wenn von einer rechtzeitigen Reaktion des Klägers ausgegangen wird, die Verwendung von Winterreifen gegenüber den aufgezogenen neuwertigen Sommerreifen nicht zu einer Vermeidbarkeit des Unfalls geführt hätte. Eine verspätete Reaktion des Klägers oder eine unangepasste Geschwindigkeit haben die Beklagten nicht nachgewiesen. Gegen eine unangepasste Geschwindigkeit spricht nicht zuletzt die durch den Sachverständigen festgestellte Relativgeschwindigkeit der Fahrzeuge im Zeitpunkt der Kollision von 15 km/h.
19 
Die Beklagten haben den Schaden daher zu 100 % zu tragen.
20 
Das Gericht schätzt die Höhe des Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs des Klägers anhand der Ausführungen des Sachverständigen auf 1.150,00 Euro (§ 287 ZPO), so dass sich bei Abzug des unstreitigen Restwerts von 100,00 Euro ein zu ersetzender Schaden von 1.050,00 Euro ergibt. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass bei Fahrzeugen des Baujahrs 1991 nicht mehr von einem Wiederbeschaffungswert, sondern von einem Gebrauchswert gesprochen werden muss, welcher maßgeblich vom Zustand der für die Verkehrssicherheit relevanten Teile des Fahrzeugs sowie dem Gesamterhaltungszustand des Fahrzeugs bestimmt wird. Es ist ersichtlich, dass der vom Sachverständigen festgestellte Hagelschaden, welcher ohne Beschädigung des Lacks vor sich ging, keinen Einfluss auf den Gebrauchswert des Fahrzeugs hat. Der Sachverständige hat auch klar zum Ausdruck gebracht, dass dem Schadensgutachten der Gebäudeversicherung Württemberg, auf welches sich die Beklagten berufen haben, insoweit nicht gefolgt werden kann. Das Gericht sieht weiterhin keinen Anlass, von dem durch den Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswert von zwischen 1.100,00 und 1.200,00 Euro einen weiteren Abschlag aufgrund des Ausfalls von Verschleißteilen zu machen. Allein der Umstand, dass im Laufe des Jahres 2003 die Vorderradbremsen und der Auspuff ausgetauscht wurde, weist nicht daraufhin, dass diese bereits im Zeitpunkt des Unfalls defekt und auszutauschen gewesen wären, nachdem erst ein halbes Jahr vor dem Unfall der Gutachter der Gebäudeversicherung Württemberg das Fahrzeug bei einer Laufleistung von etwa 105.000 km mit einem Wiederbeschaffungswert vor dem Hagelschaden von 1.625,00 Euro bewertet hat und das Fahrzeug im Zeitpunkt des Unfalls eine Laufleistung von ca. 107.000 km aufwies. Allein der Umstand, dass Verschleißteile im Laufe der Benutzung ausgetauscht werden, indiziert nicht einen Defekt dieser Teile im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls. Der regelmäßige Austausch von Verschleißteilen entspricht vielmehr bei älteren Fahrzeugen dem Gebot der Vorsicht.
21 
Durch Vernehmung der Zeugen ..., ... und ... S ist ferner nachgewiesen, dass das Fahrzeug vor dem Unfall keine im Gutachten des Parteigutachters S nicht aufgeführte weitere Schäden aufwies. Dass der Hagelschaden den Zeugen nicht aufgefallen ist, ist nachvollziehbar, nachdem nach Angaben des Sachverständigen der Lack hierdurch nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde. Im Übrigen haben die Zeugen glaubhaft bestätigt, dass das Fahrzeug nicht anderweitig beschädigt war.
22 
Die Kosten des Sachverständigengutachtens des Parteigutachters S sind als Rechtsverfolgungskosten vollumfänglich ersatzfähig. Die Feststellungen des Parteigutachters wurden durch den gerichtlichen Gutachter I bestätigt. Es kann auch keine Rede davon sein, dass der Gutachter S Vorschäden verschwiegen hätte, nachdem auf Seite 2 der Fahrzeugbewertung ausdrücklich auf den Hagelschaden hingewiesen ist.
23 
Weiterhin ist eine angemessene Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 Euro ersatzfähig.
24 
Der Zinsausspruch folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
II.
25 
Die Kostentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 ZPO.

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