Urteil vom Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) - 3a C 298/16

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Die Kläger begehren als Teil- und Sondereigentümer der Raumeinheiten 2 und der Wohnungseigentümergemeinschaft S… in F… von dem Beklagten als Teil- und Sondereigentümer der Raumeinheit Nr. 1 die Unterlassung der gewerblichen Nutzung als Mode-Outlet, hilfsweise die Untersagung des Betriebes dergestalt, dass der Kundenzugang über die S… erfolgte.

2

In der Teilungserklärung vom 18.07.1998 (URNr. S …/98 des Notars K…) ist u.a. unter III. die baurechtliche Vereinigung dreier Grundstücke - „B…“, „B…“ sowie „S…“, in denen zum Zeitpunkt der Teilungserklärung ein gewerblich genutztes Ladengeschäft nebst Logistikzentrum „M…“ im KG, EG und 1. OG betrieben wurde, zu einem Grundstück geregelt. Im Hinblick auf die gewerbliche Nutzung wurde unter B. der notariellen Urkunde „Bestellung von Grunddienstbarkeiten“ die teilweise ausschließliche Nutzung der Zugänge über die miteinander teilweise verbundenen Treppenhäuser und auch des Aufzuges geregelt, wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 5 ff. verwiesen. In der Anlage 5 zur Begründung des Wohnungseigentums des Notars K… in F… wird in der Gemeinschaftsordnung im Verhältnis der Sondereigentümer untereinander die Geltung der §§ 10-29 des WEG bestimmt sowie in § 5 Ziff. 2 geregelt „die Raumeinheit 1 kann gewerblich genutzt werden, soweit dadurch nicht, etwa durch Lärmentwicklung oder ähnliches, der Wohnwert der Einheiten 2 und 3 beeinträchtigt wird“.

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Die Kläger tragen vor,
dass mit Inbetriebnahme des Mode-Outlets einer unbestimmten Anzahl an Personen der Zugang zu den gemeinschaftlich genutzten Flächen im Treppenhaus gestattet werde, dies führe neben einer Überbeanspruchung des Treppenhauses, auch zu einer Überbeanspruchung des Aufzuges, einhergehend mit einer entsprechenden Beeinträchtigung durch Lärmentwicklung sowie des subjektiven Sicherheitsempfindens der Kläger.

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Die Kläger beantragen:

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1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, sein Teileigentum im Aufteilungsplan mit der Ziff. 1. und in der Teilungserklärung vom 16.07.1998 unter Ziff. IV als Nr. 1 bezeichnet gewerblich zu nutzen und dort ein Mode-Outlet zu führen und/oder einen solchen Betrieb führen zu lassen.

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2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Beklagten die Verhängung eines ordnungsgemäßen Ordnungsgeldes angedroht.

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3. Hilfsweise, den Betrieb dergestalt zu untersagen, dass der Kundenzugang über die S… erfolgt.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen

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und führt hierzu aus,
der Betrieb des Mode-Outlets im 1. OG sei aufgrund der Regelung der Gemeinschaftsordnung zulässig, ein gewisser Publikumsverkehr - vorliegend durchschnittlich noch 5 Kunden am Tag - sei durch die Kläger hinzunehmen, insbesondere sei die gewerbliche Nutzung im Lichte der beurkundeten Grunddienstbarkeiten zugunsten der Gewerbeeinheit zu sehen und auch durch die Kostenverteilung berücksichtigt. Die Bestimmung sei auszulegen, eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohnwertes der Raumeinheiten 2 und 3 der Kläger läge nicht vor.

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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, jedoch in der Sache ohne Erfolg.

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Den Klägern steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der Teileigentumseinheit Nr. 1 zum Betrieb eines Mode-Outlets gemäß § 1004 Abs. 1 BGB, §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG zu.

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Die Kläger sind berechtigt, diesen Überlassungsanspruch geltend zu machen. Nach den vorgenannten Vorschriften steht beim Gebrauch des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums, der dem Gesetz, insbesondere den Vorschriften der §§ 13, 14 WEG, der nach § 15 Abs. 1 WEG getroffenen Vereinbarung oder den Beschlüssen nach § 15 Abs. 2 WEG widerspricht, den dadurch beeinträchtigten Teileigentümern ein Anspruch zu.

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Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht jedoch nicht.

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Die Nutzung der Einheit Nr. 1 zum Betrieb eines Mode-Outlets durch den Beklagten widerspricht bereits nicht der in der Teilungserklärung getroffenen Vereinbarung, wonach in der Einheit Nr. 1 gemäß § 5 Ziff. 2 eine gewerbliche Nutzung gestattet wird, „soweit dadurch nicht, etwa durch Lärmentwicklung oder ähnliches, der Wohnwert der Einheiten 2 und 3 beeinträchtigt wird“.

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Bei der in der Teilungserklärung getroffenen Vereinbarung handelt es sich um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinne von §§ 10 Abs. 2, 15 Abs. 1 WEG, welche die zulässige Nutzung der Teileigentumseinheit Nr. 1 in gewerblicher Weise regelt. Durch die für die Einheit Nr. 1 vereinbarte Bestimmung der gewerblichen Nutzung „soweit dadurch nicht, etwa durch Lärmentwicklung oder ähnliches, der Wohnwert der Einheiten 2 und 3 beeinträchtigt wird“ wird das Recht des Eigentümers, mit dem in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen in dem durch §§ 13 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG vorgegebenen Rahmen nach Belieben zu verfahren, eingeschränkt. Eine Änderung der Zweckbestimmung erfolgte vorliegend nicht. Bei der Auslegung der entsprechenden Bestimmung ist für die Zulässigkeit einer bestimmten Nutzungsart auf eine typisierende, d.h. verallgemeinernde Betrachtungsweise und nicht auf die konkrete Ausübung der jeweiligen Geschäftstätigkeit abzustellen. Die typisierende Betrachtungsweise erfordert es dabei, den im konkreten Einzelfall beabsichtigten oder vorgenommenen Gebrauch nach seiner Art und Durchführung sowie der damit verbundenen Folgen, z.B. die zu erwartende Besucherfrequenz, Besucherstrukturen und ähnliches zu konkretisieren und auf die örtlichen Gegebenheiten, z.B. Umfeld, Charakter der Anlage oder die diese prägenden Verhältnisse, Lage im Gebäude und zeitliche Verhältnisse, etwa Öffnungszeiten, zu beziehen. Soweit die Kläger für die Behauptung einer „unbestimmten Personenzahl“ ihre Parteieinvernahme anbieten, hat der Beklagte dem widersprochen, unabhängig davon, ob diese Behauptung hinreichend substantiiert ist, auch fehlt es für eine amtswegige Einvernahme am erforderlichen „Anbewiesensein“, § 448 ZPO. Vorliegend sind daneben auch der Charakter der Wohnanlage und die diese prägende örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen. Daran anknüpfend ist dann nur zu prüfen, ob die daraus sichergehende Situation generell, typischerweise geeignet ist, höhere Beeinträchtigungen auszulösen, als das vormals im 1. OG, KG und EG betriebene „Modehaus“ H... nebst Logistikzentrum. Generell hält sich der Betrieb eines Mode-Outlets im Rahmen der vor der Beurkundung der Teilungserklärung und auch vor Erwerb der Wohneinheiten Nr. 2 und 3 durch die Kläger erfolgten Nutzung als Modehaus in dem Bereich der F... Fußgängerzone und hiervon abgegrenzter weiterer Gewerbeeinheiten und der mittlerweile ebenfalls angesiedelten Rechtsanwaltskanzlei im Anwesen „S... …“.

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Eine wesentliche Beeinträchtigung des Wohnwertes ist nach dem Vorgenannten allenfalls dann vorstellbar, wenn die gewerbliche Nutzung in Gestalt einer Spielhalle, Diskothek oder auch eines Bordelles erfolgen würde, hinsichtlich einer Lärmbelästigung ist auch denkbar, dass der Bestimmung der Gemeinschaftsordnung der Betrieb eines Getränkemarktes widerspräche. Angesichts der beurkundeten Grunddienstbarkeiten, die stellenweise das ausschließliche Nutzungsrecht an Zugängen bzw. Aufzugsanlage regeln, können die Kläger nicht damit gehört werden, dass eine übermäßige Nutzung der Gemeinschaftsanlagen und auch des Zuganges über die S… erfolge, daneben ist bei zulässiger gewerblicher Nutzung ein gewisser Publikumsverkehr durch die übrigen Teil- und Sondereigentümer hinzunehmen. Eine Beschränkung des Zuganges für Kunden über andere Zugänge in der B… zu dem Mode-Outlet des Beklagten kann nach dem Vorgenannten und der in der notariellen Urkunde bestellten Grunddienstbarkeiten durch die Kläger gleichfalls nicht mit Erfolg verlangt werden.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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