Urteil vom Amtsgericht Halle (Saale) - 95 C 3141/12
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger ist seit September 2011 Mieter einer Wohnung im L. 1 in Halle. Der Beklagte bewohnte die Wohnung über der des Klägers. Im Januar 2012 platzte in der Wohnung des Beklagten ein nicht fachmännisch installierter Wasseranschluss, wodurch ein Wasserschaden an Decken und Wänden in der Wohnung des Klägers sowie an dessen Hausrat entstand. Die Kosten für die Wiederherstellung der Wohnung beliefen sich auf 1.340,00 €.
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Die Haftpflichtversicherung des Beklagten regulierte den Schaden am Hausrat des Klägers, verweigerte aber die Regulierung der Schäden an Wänden und Decken der Wohnung. Auch der Gebäudehaftpflichtversicherer der Vermieterin lehnte die Schadensregulierung ab.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.340,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte bestreitet die Wiederherstellungskosten der Höhe nach.
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Zudem ist er der Ansicht, der Kläger habe schon deshalb keinen Schadensersatzanspruch gegen ihn, weil ihm nur leichte Fahrlässigkeit zur Last zu legen sei.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch.
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Obwohl die Wasserschäden an Decken und Wänden der Wohnung des Klägers zunächst lediglich eine Beschädigung des Eigentums des Grundstückseigentümers, hier der Vermieterin des Klägers, darstellen, ist auch ein Rechtsgut des Klägers verletzt. Als Mieter ist der Kläger Besitzer der Wohnung, dieser unmittelbare Besitz ist als dingliches Recht auch vom Anwendungsbereich des § 823 I BGB erfasst.
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Diese Rechtsgutverletzung beruht zudem kausal auf einer Handlung des Beklagten, nämlich der nicht fachmännisch durchgeführten Installation des Wasseranschlusses. Selbst wenn man dieses Verhalten als lediglich leicht fahrlässig betrachtet, ist eine Haftung dem Grunde nach nicht ausgeschlossen. Die Annahme des Beklagten, dass nur ein abweichender Fahrlässigkeitsgrad eine Haftung begründe, geht insoweit fehl. § 823 I BGB, dessen Wertung insoweit aus § 276 BGB folgt, sieht gerade nicht vor, dass lediglich grobe Fahrlässigkeit zur Haftungsbegründung führt.
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Dennoch kann dies dahinstehen, da dem Kläger kein Schaden entstanden ist. Im Rahmen der Besitzverletzung ist der Schaden zu ersetzen, der durch den Eingriff in den Besitz entstanden ist. Insbesondere beinhaltet das den Haftungsschaden (BGH vom 08.11.1980 - VI ZR 215/78). Ein solcher ist beim Kläger aber gerade nicht aufgetreten.
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Der Haftungsschaden kann zum einen Ansprüche umfassen, denen der rechtmäßige Besitzer wegen Beschädigungen durch Dritte ausgesetzt ist (BGH vom 13.07.1976 – VI ZR 78/75). Entsprechende Ansprüche ergeben sich dabei vor allem aus der Sacherhaltungspflicht sowie der Obhutspflicht des Mieters, in deren Rahmen er auch für Beschädigungen durch Dritte einzustehen hat. Bei derartigen Schäden hat der Mieter Wiederherstellung auf eigene Kosten zu leisten. Relevant wird dies im Rahmen der Rückgabe nach Beendigung des Mietverhältnisses (gemäß § 546 I BGB), da die Wohnung hierbei grundsätzlich in ihrem ursprünglichen Zustand zurückzugeben ist (Erman/Lützenkirchen, BGB, 546 RN 7), also auch von Dritten verursachte Schäden zu beseitigen sind. Dies gilt allerdings nur, insoweit der Mieter für den schädigenden Dritten überhaupt haftet (OLG Naumburg vom 09.11.10 – 1 W 56/10). Im vorliegenden Fall liegt jedoch kein Haftungstatbestand vor. Weder hat der Kläger für den Beklagten als Erfüllungsgehilfen einzustehen (§ 278 BGB), noch aus sonstigen Gesichtspunkten. Vielmehr besteht zwischen den Parteien keinerlei rechtliche Beziehung, weshalb der Kläger gegenüber seiner Vermieterin nicht mit Beseitigungsansprüchen belastet ist.
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Zum anderen umfasst der Haftungsschaden aber auch Schäden, die dem Besitzer durch sonstige Erfüllungspflichten gegenüber dem Eigentümer entstanden sind (BGH vom 09.04.1984 – II ZR 234/83).
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Als eine solche kommt im vorliegenden Fall zunächst die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen in Frage. Diese wurde dem Kläger auf mietvertraglicher Grundlage auch wirksam übertragen und verpflichtet ihn gemäß Nr. 03 der AGB seiner Vermieterin zu Schönheitsreparaturen, die durch Abnutzung bedingt sind. Die Vereinbarung entspricht auch dem allgemeinen Begriff der Schönheitsreparatur, wonach damit Maßnahmen bezeichnet sind, die der Beseitigung von Mängeln dienen, die durch vertragsgemäßen Gebrauch entstanden sind (Palandt/Weidenkaff, BGB, § 535 RN 41). Nach diesem Verständnis stellt die Instandsetzung der Decken und Wände nach dem streitgegenständlichen Wasserschaden keine Schönheitsreparatur dar. Denn es geht nicht um die Beseitigung von Gebrauchsspuren. Vielmehr sollen Schäden behoben werden, die durch eine dem Kläger nicht zuzurechnende Handlung Dritter verursacht worden sind.
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Auch aus der wirksam übertragenen Verpflichtung des Mieters gemäß § 5 des Mietvertrages, die Kosten für Bagatellschäden zu tragen, ergibt sich keine Erfüllungspflicht des Klägers gegenüber seiner Vermieterin im Hinblick auf die streitgegenständlichen Instandsetzungsmaßnahmen und damit auch kein ihm entstandener Schaden. Bereits der Mietvertrag versteht unter Bagatellschäden Kleinreparaturen und das Beheben kleinerer Schäden, beispielsweise an Rollläden, Fensterverschlüssen oder Heizeinrichtungen, und begrenzt diese Schäden auf 75,00 € je Schaden. Mit diesem vertraglich vorgegebenen finanziellen Rahmen ist es schon nicht zu vereinbaren, die durchgeführte Instandsetzung mit Kosten von 1.340 € als Bagatellschaden zu qualifizieren.
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Da der Kläger sich zudem nicht auf einen abgetretenen Anspruch der Vermieterseite beruft, war die Klage abzuweisen.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11 ZPO.
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Referenzen
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- BGB § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners 1x
- BGB § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte 1x
- BGB § 823 Schadensersatzpflicht 2x
- BGB § 546 Rückgabepflicht des Mieters 1x
- VI ZR 215/78 1x (nicht zugeordnet)
- VI ZR 78/75 1x (nicht zugeordnet)
- 1 W 56/10 1x (nicht zugeordnet)
- II ZR 234/83 1x (nicht zugeordnet)