Beschluss vom Amtsgericht Montabaur - 14 IN 282/12
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin = Schuldnerin auf gerichtliche Ermächtigung zur Begründung diverser mit Schriftsatz vom 20.11.2012 genannter Masseverbindlichkeiten (Bl. 311 ff. d.A.) unter dem Vorbehalt der Zustimmung des vorläufigen Sachwalters wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Mit Beschlüssen vom 26.09.2012 ist über das Vermögen der Antragstellerin die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet worden; des Weiteren wurde ein vorläufiger Sachwalter bestellt (Bl. 74, 87 d.A.).
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Der vorläufige Sachwalter hat sodann mit Schriftsatz vom 05.11.2012 um die gerichtliche Einzelermächtigung zur Begründung diverser Masseverbindlichkeiten gebeten (Bl. 291 d.A.). Hierauf hat das Gericht mit Verfügung vom 15.11.2012 mitgeteilt, dass es nicht mehr an seiner u.a. in den Beschlüssen vom 25.05.2012 im Verfahren 14 IN 81/12 und vom 25.05.2012 im Verfahren 14 IN 85/12 geäußerten Ansicht festhält, wonach es nach der Bestellung eines vorläufigen Sachwalters im Rahmen des § 270a InsO der gerichtlichen Einzelermächtigung des vorläufigen Sachwalters gemäß §§ 270a, 22 Abs. 2, 55 Abs. 2 InsO bedarf. Der Antrag auf Erteilung einer Einzelermächtigung aus Schriftsatz vom 05.11.2012 werde daher als hinfällig angesehen. Sollte der vorläufige Sachwalter jedoch insoweit eine ausdrückliche und ggfls. beschwerdefähige Zurückweisungsentscheidung wünschen, wurde um entsprechende kurze Mitteilung gebeten (Bl. 299 d.A.).
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Eine solche Mitteilung ist nicht erfolgt. Stattdessen hat die Antragstellerin = Schuldnerin sodann mit Schriftsatz vom 20.11.2012 um die gerichtliche Ermächtigung zur Begründung diverser Masseverbindlichkeiten unter dem Vorbehalt der Zustimmung des vorläufigen Sachwalters nachgesucht (Bl. 311 d.A.). Auch hierauf hat das Gericht mit Verfügung vom 23.11.2012 mitgeteilt, dass es nicht mehr an seiner u.a. in den Beschlüssen vom 25.05.2012 im Verfahren 14 IN 81/12 und vom 25.05.2012 im Verfahren 14 IN 85/12 geäußerten Ansicht festhält, wonach es nach der Bestellung eines vorläufigen Sachwalters im Rahmen des § 270a InsO einer gerichtlichen Einzelermächtigung bedürfe. Der Antrag auf Erteilung einer Einzelermächtigung aus Schriftsatz vom 20.11.2012 werde daher als hinfällig angesehen. Sollte die Antragstellerin = Schuldnerin jedoch insoweit eine ausdrückliche und ggfls. beschwerdefähige Zurückweisungsentscheidung wünschen, wurde um entsprechende kurze Mitteilung gebeten (Bl. 340 d.A.).
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Um eine solche Entscheidung haben die Vertreter der Antragstellerin = Schuldnerin sodann mit Schriftsatz vom 13.12.2012 aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit gebeten (Bl. 426 d.A.). Da das Insolvenzverfahren in der Zwischenzeit schon mit Beschluss vom 11.12.2012 eröffnet worden war (Bl. 415 d.A.), hat das Gericht mitgeteilt, dass für eine Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten im Eröffnungsverfahren mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters nunmehr kein Raum mehr bestehen dürfte (Bl. 428 d.A.).
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Hierauf hält die Antragstellerin = Schuldnerin an ihrem diesbezüglichen Antrag fest, weil sich der Antrag nicht überholt habe, da er sich auf einen Zeitraum vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beziehe und die Ansicht des Gerichts, dass der Schuldner im Falle der Eigenverwaltung im Eröffnungsverfahren in der Lage sei, entsprechende Masseverbindlichkeiten zu begründen, nicht geteilt werde (Bl. 472 d.A.).
II.
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Dem Antrag der Antragstellerin = Schuldnerin, sie im Eröffnungsverfahren zu ermächtigen, unter dem Vorbehalt der Zustimmung des vorläufigen Sachwalters die mit Schriftsatz vom 20.11.2012 näher bezeichneten Masseverbindlichkeiten zu begründen, war nicht stattzugeben.
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1. Zum einen dürfte eine gerichtliche Ermächtigung bereits daran scheitern, dass das Eröffnungsverfahren mittlerweile durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss vom 11.12.2012 abgeschlossen ist.
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Denn durch eine Einzelermächtigung, die das bisherige Recht schon im Rahmen des § 21 Abs. 1 InsO kennt, kann das Insolvenzgericht nur Rechtsmacht verleihen, einzelne, im Voraus genau festgelegte Verpflichtungen zu Lasten der späteren Insolvenzmasse einzugehen (vgl. BGH NJW 2002, 3326). Für eine nachträgliche Genehmigung dürfte danach kein Raum sein. Um eine solche würde es sich aber vorliegend handeln, sollte die Antragstellerin bereits im Eröffnungsverfahren Verbindlichkeiten mit der Zielsetzung, eine Masseverbindlichkeit zu begründen, eingegangen sein.
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2. Die begehrte Ermächtigung zur Begründung diverser Masseverbindlichkeiten unter dem Vorbehalt der Zustimmung des vorläufigen Sachwalters kann der Antragstellerin = Schuldnerin im Eröffnungsverfahren unter vorläufiger Eigenverwaltung aber auch generell nicht erteilt werden.
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Insoweit hält das erkennende Gericht nicht mehr an seiner u.a. in den Beschlüssen vom 25.05.2012 im Verfahren 14 IN 81/12 und vom 25.05.2012 im Verfahren 14 IN 85/12 geäußerten Ansicht festhält, wonach es nach der Bestellung eines vorläufigen Sachwalters im Rahmen des § 270a InsO der gerichtlichen Einzelermächtigung (des vorläufigen Sachwalters) gemäß §§ 270a, 22 Abs. 2, 55 Abs. 2 InsO bedarf. Auch die weitere Insolvenzrichterin des Amtsgerichts Montabaur, die seinerzeit hier den Beschluss vom 18.10.2012 erlassen hatte, hat mitgeteilt, nicht mehr an dieser Rechtsansicht festzuhalten.
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Zwar ist eine gerade dem Zweck der Eigenverwaltung entsprechende Betriebsfortführung ohne die Möglichkeit, Masseverbindlichkeiten begründen zu können, fast unmöglich. Im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung nach § 270a InsO fehlt im Gegensatz zum Schutzschirmverfahren des § 270b InsO jedoch gerade eine gesetzliche Regelung, wonach das Gericht zur Begründung von Masseverbindlichkeiten ermächtigen kann – vgl. § 270b Abs. 3 InsO. Somit geht der Gesetzgeber offenkundig wie selbstverständlich davon aus, dass in der vorläufigen Eigenverwaltung der Schuldner selbst Masseverbindlichkeiten begründen kann.
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Auch ein Rückgriff auf § 21 Abs. 1 InsO scheidet aus. Denn dem vorläufigen Sachwalter kommt im Eröffnungsverfahren keine „Außenwirkung“ zu, so dass der Schuldner im Falle der Eigenverwaltung in der Lage ist, entsprechende Masseverbindlichkeiten selbst zu begründen (vgl. Frind ZInsO 2012, 1099). Hierbei hat der Schuldner allerdings den über § 270a Abs. 1 Satz 2 InsO anwendbaren § 275 Abs. 1 InsO zu beachten. Gäbe es Zweifel an der Eignung des Schuldners hinsichtlich der Eigenverwaltung, insbesondere wenn der Schuldner z.B. § 275 Abs. 1 InsO nicht beachtet, hat der vorläufige Sachwalter daher im Rahmen seiner Überwachungsfunktion dem Gericht Mitteilung zu machen, damit das Gericht entscheiden kann, ob es die vorläufige Eigenverwaltung aufheben muss (vgl. Frind ZInsO aaO.).
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Da die Antragstellerin = Schuldnerin daher folglich im vorliegenden Fall der vorläufigen Eigenverwaltung selbst die Rechtsmacht hat, Masseverbindlichkeiten zu begründen, kommt eine gerichtlichen Ermächtigung nicht in Betracht.
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Referenzen
- InsO § 55 Sonstige Masseverbindlichkeiten 2x
- InsO § 22 Rechtsstellung des vorläufigen Insolvenzverwalters 2x
- InsO § 270a Eröffnungsverfahren 7x
- InsO § 270b Vorbereitung einer Sanierung 2x
- 14 IN 85/12 3x (nicht zugeordnet)
- InsO § 275 Mitwirkung des Sachwalters 2x
- InsO § 21 Anordnung vorläufiger Maßnahmen 2x
- 14 IN 81/12 3x (nicht zugeordnet)