Urteil vom Amtsgericht Schorndorf - 2 C 1270/03

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.389,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 18.3.2004 zu zahlen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 2.389,62 EUR.

Tatbestand

 
Die Parteien sind getrenntlebende Eheleute. Sie trennten sich in der Nacht vom 19. auf den 20.9.2003.
Die Klägerin ist Inhaberin eines Girokontos, auf das die Gehälter beider Parteien flossen. Das Konto wies per 22.9.2003 ein Soll in Höhe von 2.614,25 EUR auf.
Mit der Klage beansprucht die Klägerin die Hälfte dieses Betrages. Sie trägt vor, dass der Sollstand ausschließlich auf die gemeinsame Lebensführung der Parteien zurückzuführen sei. Hinsichtlich der von Beklagtenseite behaupteten Einzahlungen auf ein Sparkonto wird vorgetragen, dass das ursprüngliche Sparbuch am 13.2.2002 aufgelöst worden sei. Das später angelegte Sparkonto habe nach der vorgelegten Anlage K 5 kurz vor der Trennung nur ein sehr geringes Guthaben aufgewiesen. Die jeweiligen Entnahmen vom Sparkonto seien ausschließlich für Zwecke der gemeinsamen Lebensführung erfolgt.
Weiter beansprucht die Klägerin die Rückerstattung von Abhebungen, die der Beklagte am 20.9.2003 nach der Trennung vorgenommen hat.
Hinsichtlich der von Gegenseite zur Aufrechnung gestellten Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen trägt die Klägerin vor, dass diese nicht bestünden, insbesondere habe die Klägerin im Bereich der gemeinsamen Arbeitsstätte nie Unterlagen, welche den Beklagten betreffen, dritten Personen zugänglich gemacht.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2.389,62 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Er ist der Ansicht, dass er zumindest einen Anspruch auf Auszahlung seines Lohnes hatte, der wenige Tage vor dem 20.9.2003 auf das Girokonto eingezahlt worden sei. Es sei so gewesen, dass die Klägerin wesentlich mehr Geld vom Konto verbraucht habe, als der Beklagte. Jedenfalls könne die Klägerin jetzt nicht den Ausgleich des hälftigen Sollstandes verlangen, da Zugewinnausgleichsansprüche zwischen den Parteien vorrangig seien. Im übrigen habe die Klägerin vom Konto monatlich 250,– EUR zum Zwecke der Ansparung auf ein Sparbuch entnommen. Dieses Konto sei in die Auseinandersetzung mit einzubeziehen und dem Sollbetrag auf dem Girokonto gegenüber zu stellen. Allenfalls der Differenzbetrag sei auszugleichen.
11 
Weiter rechnet die Beklagte mit Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche in Höhe von mindestens 1.000,– EUR vorsorglich auf. Diesen Ansprüchen liege zugrunde, dass die Klägerin den Beklagten an der gemeinsamen Arbeitsstätte mehrfach gegenüber dritten Personen gemobbt und beleidigt habe.
12 
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die Klage ist zulässig und begründet.
14 
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung der vom Beklagten nach Trennung der Parteien abgehobenen Beträge nach § 812 BGB und § 826 BGB zu.
15 
Die Klägerin ist Inhaberin des streitgegenständlichen Girokontos. Dem Beklagten war von der Klägerin Kontovollmacht erteilt worden. Allerdings ist diese Kontovollmacht – auch ohne ausdrückliche Absprache zwischen den Parteien – nicht uneingeschränkt. Es ist davon auszugehen, dass die Vollmacht zu dem Zweck erteilt wurde, dem Beklagten es unkompliziert zu ermöglichen, die Kosten der alltäglichen Lebensführung zu decken, ohne vor jeder Abhebung mit der Klägerin Rücksprache halten zu müssen. Sie reicht nach dem Willen des Vollmachtgebers nur soweit, als aus der gemeinsamen Lebensführung resultierende Bedürfnisse und Verbindlichkeiten abgedeckt werden sollen.
16 
Dieser gemeinsame Zweck entfällt nach einer Trennung der Eheleute. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Vollmachtinhaber nach einer Trennung zu eigenmächtigen Abhebungen nicht mehr befugt sein soll. Erfolgen dennoch Abhebungen, so geschieht dies ohne Rechtsgrund. Gleichzeitig begründen Abhebungen nach der Trennung einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB (OLG Frankfurt, FamRZ 2000, 1215).
17 
So liegt der Fall hier. Zwar sind die konkreten Umstände der Trennung in der Nacht vom 19./20.9.2003 zwischen den Parteien umstritten, unstreitig ist aber, dass eine solche Trennung tatsächlich erfolgt ist. Damit war zugleich der Zweck der ursprünglich erteilten Vollmacht entfallen und diese gegenüber der Klägerin im Innenverhältnis erloschen. Die danach erfolgten Abhebungen sind deshalb vom Beklagten – soweit nicht bereits geschehen – an die Klägerin zurück zu erstatten. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass kurz vor der Trennung sein Lohn auf das streitgegenständliche Girokonto eingezahlt worden ist. Durch eine solche Einzahlung ist der Sollstand des Girokontos verringert worden. Es sind also Verbindlichkeiten, welche aus der gemeinsamen Lebensführung herrühren, teilweise getilgt worden, was letztlich auch dem Beklagten zugute kommt. Weitergehende Rechte lassen sich für den Beklagten aus einer solchen Einzahlung jedoch nicht herleiten. Insbesondere ist er deshalb nicht zu eigenmächtigen Abhebungen nach der Trennung befugt.
18 
Die Klägerin kann daneben den Ausgleich des hälftigen Sollstandes des Girokontos im Zeitpunkt der Trennung verlangen.
19 
Ein solcher Anspruch wird nicht durch die Vorschriften über den Zugewinnausgleich verdrängt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Vorschriften über dem Gesamtschuldnerausgleich durch güterrechtliche Regelungen, insbesondere durch die Vorschriften über den Zugewinnausgleich, nicht verdrängt werden (vgl. Palandt, § 426 Randnummer 9 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Während bei intakter Ehe Ausgleichsansprüche nicht bestehen, entsteht nach endgültiger Trennung ein Ausgleichsanspruch. Dieser muss dann später bei Errechnung eines etwaigen Zugewinnausgleichsanspruchs in das jeweilige Anfangs- bzw. Endvermögen der Eheleute eingestellt werden. Vorliegend besteht zwar ein Gesamtschuldverhältnis der Eheleute gegenüber der Bank nicht, weil die Klägerin Alleininhaberin des Girokontos ist. Dennoch kann auch vorliegend nichts anderes gelten, weil dies von den Parteien nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag der Klägerin allein deshalb so geregelt war, um die Gelder vor dem Zugriff von Gläubigern des Beklagten zu schützen. Bei der so gewählten Konstellation sind aufgelaufene Verbindlichkeiten – wenn eine anderslautende Absprache nicht vorhanden ist – von beiden "Kontoberechtigten" hälftig zu tragen. Dies gilt nach Auffassung des Gerichts auch dann, wenn während intakter Ehe eine der Parteien möglicherweise größere Beträge als die andere verbraucht hat, weil davon ausgegangen werden muss, dass dies während der intakten Ehe der gemeinsamen Lebensführung- und planung entsprach. Deshalb und weil das von Beklagtenseite ins Spiel gebrachte Sparkonto im Zeitpunkt der Trennung ein nennenswertes Guthaben nach durch Kopien des Sparbuchs belegtem Vortrag der Klägerin nicht aufwies, hat es bei der hälftigen Ausgleichspflicht zu verbleiben.
20 
Aufrechenbare Gegenansprüche stehen dem Beklagten nicht zu. Soweit Beleidigungen erfolgt sind, begründen diese allenfalls einen Unterlassungs- oder Widerrufsanspruch, nicht jedoch einen Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Behauptung des Beklagten, er sei an der gemeinsamen Arbeitsstätte gemobbt worden, wurde von der Gegenseite bestritten und von Beklagtenseite nicht unter Beweis gestellt. Außerdem ist dem Beklagten hierdurch – jedenfalls solange er seine Arbeitsstelle noch innehat – ein konkreter Schaden nicht entstanden. Soweit sich der Anspruch der Klägerin auch auf § 826 BGB stützt, wäre eine Aufrechnung zudem nach § 393 BGB ausgeschlossen.
21 
Nach alledem war der Klage vollumfänglich stattzugeben.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
23 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.

Gründe

 
13 
Die Klage ist zulässig und begründet.
14 
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung der vom Beklagten nach Trennung der Parteien abgehobenen Beträge nach § 812 BGB und § 826 BGB zu.
15 
Die Klägerin ist Inhaberin des streitgegenständlichen Girokontos. Dem Beklagten war von der Klägerin Kontovollmacht erteilt worden. Allerdings ist diese Kontovollmacht – auch ohne ausdrückliche Absprache zwischen den Parteien – nicht uneingeschränkt. Es ist davon auszugehen, dass die Vollmacht zu dem Zweck erteilt wurde, dem Beklagten es unkompliziert zu ermöglichen, die Kosten der alltäglichen Lebensführung zu decken, ohne vor jeder Abhebung mit der Klägerin Rücksprache halten zu müssen. Sie reicht nach dem Willen des Vollmachtgebers nur soweit, als aus der gemeinsamen Lebensführung resultierende Bedürfnisse und Verbindlichkeiten abgedeckt werden sollen.
16 
Dieser gemeinsame Zweck entfällt nach einer Trennung der Eheleute. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Vollmachtinhaber nach einer Trennung zu eigenmächtigen Abhebungen nicht mehr befugt sein soll. Erfolgen dennoch Abhebungen, so geschieht dies ohne Rechtsgrund. Gleichzeitig begründen Abhebungen nach der Trennung einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB (OLG Frankfurt, FamRZ 2000, 1215).
17 
So liegt der Fall hier. Zwar sind die konkreten Umstände der Trennung in der Nacht vom 19./20.9.2003 zwischen den Parteien umstritten, unstreitig ist aber, dass eine solche Trennung tatsächlich erfolgt ist. Damit war zugleich der Zweck der ursprünglich erteilten Vollmacht entfallen und diese gegenüber der Klägerin im Innenverhältnis erloschen. Die danach erfolgten Abhebungen sind deshalb vom Beklagten – soweit nicht bereits geschehen – an die Klägerin zurück zu erstatten. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass kurz vor der Trennung sein Lohn auf das streitgegenständliche Girokonto eingezahlt worden ist. Durch eine solche Einzahlung ist der Sollstand des Girokontos verringert worden. Es sind also Verbindlichkeiten, welche aus der gemeinsamen Lebensführung herrühren, teilweise getilgt worden, was letztlich auch dem Beklagten zugute kommt. Weitergehende Rechte lassen sich für den Beklagten aus einer solchen Einzahlung jedoch nicht herleiten. Insbesondere ist er deshalb nicht zu eigenmächtigen Abhebungen nach der Trennung befugt.
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Die Klägerin kann daneben den Ausgleich des hälftigen Sollstandes des Girokontos im Zeitpunkt der Trennung verlangen.
19 
Ein solcher Anspruch wird nicht durch die Vorschriften über den Zugewinnausgleich verdrängt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Vorschriften über dem Gesamtschuldnerausgleich durch güterrechtliche Regelungen, insbesondere durch die Vorschriften über den Zugewinnausgleich, nicht verdrängt werden (vgl. Palandt, § 426 Randnummer 9 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Während bei intakter Ehe Ausgleichsansprüche nicht bestehen, entsteht nach endgültiger Trennung ein Ausgleichsanspruch. Dieser muss dann später bei Errechnung eines etwaigen Zugewinnausgleichsanspruchs in das jeweilige Anfangs- bzw. Endvermögen der Eheleute eingestellt werden. Vorliegend besteht zwar ein Gesamtschuldverhältnis der Eheleute gegenüber der Bank nicht, weil die Klägerin Alleininhaberin des Girokontos ist. Dennoch kann auch vorliegend nichts anderes gelten, weil dies von den Parteien nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag der Klägerin allein deshalb so geregelt war, um die Gelder vor dem Zugriff von Gläubigern des Beklagten zu schützen. Bei der so gewählten Konstellation sind aufgelaufene Verbindlichkeiten – wenn eine anderslautende Absprache nicht vorhanden ist – von beiden "Kontoberechtigten" hälftig zu tragen. Dies gilt nach Auffassung des Gerichts auch dann, wenn während intakter Ehe eine der Parteien möglicherweise größere Beträge als die andere verbraucht hat, weil davon ausgegangen werden muss, dass dies während der intakten Ehe der gemeinsamen Lebensführung- und planung entsprach. Deshalb und weil das von Beklagtenseite ins Spiel gebrachte Sparkonto im Zeitpunkt der Trennung ein nennenswertes Guthaben nach durch Kopien des Sparbuchs belegtem Vortrag der Klägerin nicht aufwies, hat es bei der hälftigen Ausgleichspflicht zu verbleiben.
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Aufrechenbare Gegenansprüche stehen dem Beklagten nicht zu. Soweit Beleidigungen erfolgt sind, begründen diese allenfalls einen Unterlassungs- oder Widerrufsanspruch, nicht jedoch einen Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Behauptung des Beklagten, er sei an der gemeinsamen Arbeitsstätte gemobbt worden, wurde von der Gegenseite bestritten und von Beklagtenseite nicht unter Beweis gestellt. Außerdem ist dem Beklagten hierdurch – jedenfalls solange er seine Arbeitsstelle noch innehat – ein konkreter Schaden nicht entstanden. Soweit sich der Anspruch der Klägerin auch auf § 826 BGB stützt, wäre eine Aufrechnung zudem nach § 393 BGB ausgeschlossen.
21 
Nach alledem war der Klage vollumfänglich stattzugeben.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.

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