Beschluss vom Arbeitsgericht Karlsruhe - 11 BVGa 2/04

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

 
I.
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Durchführung einer Betriebsvereinbarung.
Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen, welches für die Flugsicherung in Deutschland zuständig ist. Sie unterhält hierzu eine Vielzahl von Niederlassungen in ganz Deutschland und im Ausland.
Der Antragsteller (im Folgenden: Betriebsrat) ist der für die Niederlassung der Arbeitgeberin in K gewählte Betriebsrat.
Die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer der Arbeitgeberin sind durch Firmentarifverträge geregelt. Für die Mitarbeiter der Flugsicherungsdienste (FS) existiert eine tarifvertragliche Sonderregelung für die FS-Dienste (im Folgenden: Sonderregelung FS-Dienste 2001). Diese lautet auszugsweise:
" 7. Regenerationskuren
a) Folgende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind berechtigt und verpflichtet, an Regenerationskuren von jeweils 4 Wochen Dauer teilzunehmen:
-Fluglotsen mit einem Lebensalter von mindestens 30 Jahren und frühestens 5 Jahre nach Erwerb der EGB,
-Flugdatenbearbeiter mit einem Lebensalter von mindestens 40 Jahren und mindestens 15 Jahren Tätigkeit im operativen FS-Dienst,
-Ingenieure/Techniker im Wechselschichtdienst mit einem Lebensalter von mindestens 40 Jahren und mindestens 15 Jahren Tätigkeit im operativen FS-Dienst.
10 
b) Die Regenerationskuren finden alle 4 bis 7 Jahre statt. Für Fluglotsen können ab dem 45. Lebensjahr die Kurintervalle auf bis zu 3 Jahre verkürzt werden.
11 
c) Diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei Abschluss dieses Tarifvertrages bereits Anspruch auf Regenerationskuren nach den beim LBA, der BFS und der Bundeswehr geltenden Bestimmungen hatten, behalten diesen Anspruch. Protokollnotiz zu Buchstabe b:
12 
Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, dass die Kurintervalle mit zunehmendem Lebensalter verkürzt werden können.
13 
Zwischen den Tarifvertragsparteien besteht Einvernehmen darüber, dass bei den Regenerationskuren die von Professor K. empfohlenen präventiven Elemente Berücksichtigung finden."
14 
Ursprünglich war diese Regelung in Ziff. 4 des Tarifvertrages "Sonderregelung für FS-Dienste" in der Fassung vom 07.07.1993 (im Folgenden: Sonderregelung FS-Dienste 1993) enthalten. Diese Ziffer hatte folgenden Wortlaut:
15 
"4. Regenerationskuren
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a) Folgende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind berechtigt und verpflichtet, an Regenerationskuren von jeweils 4 Wochen Dauer teilzunehmen:
17 
-Fluglotsen mit einem Lebensalter von mindestens 30 Jahren und frühestens 5 Jahre nach Erwerb der EBG,
18 
-Flugdatenbearbeiter mit einem Lebensalter von mindestens 40 Jahren und mindestens 15 Jahren Tätigkeit im operativen FS-Dienst, -Ingenieure/Techniker im Wechselschichtdienst mit einem Lebensalter von mindestens 40 Jahren und mindestens 15 Jahren Tätigkeiten im operativen FS-Dienst.
19 
b) Die Regenerationskuren finden alle 4 bis 7 Jahre statt. Für Fluglotsen können ab dem 45. Lebensjahr die Kurintervalle auf bis zu 3 Jahre verkürzt werden. Näheres regelt eine Expertenkommission, die von den Tarifvertragsparteien eingesetzt wird
20 
c) Diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei Abschluss dieses Tarifvertrages bereits Anspruch auf Regenerationskuren nach den beim LBA, der BFS und der Bundeswehr geltenden Bestimmungen hatten, behalten diesen Anspruch.
21 
Protokollnotiz zu b :
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Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, dass die Kurintervalle mit zunehmendem Lebensalter verkürzt werden können.
23 
Zwischen den Tarifvertragsparteien wird ein Verfahren abgesprochen, mit dem die Ergebnisse der Expertenkommission verbindlich umgesetzt werden."
24 
Durch Änderungstarifvertrag vom 28.04.2000 (im folgenden: Sonderregelung FS-Dienste 2000) wurde diese Ziffer 4 zu Ziffer 6 und erhielt folgenden Wortlaut:
25 
"6. Regenerationsmaßnahmen
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Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im operativen FS-Dienst sind berechtigt und verpflichtet, an präventiven Regenerationsmaßnahmen teilzunehmen. Diese treten an die Stelle der bisherigen Regenerationskuren. Näheres regelt eine Gesamtbetriebsvereinbarung."
27 
Durch Änderungstarifvertrag vom 07.04.2001 erhielt dann die bisherige Ziffer 6 die Ordnungsnummer Ziffer 7 und den nun geltenden Wortlaut.
28 
Im Jahr 1997 schlossen die Beteiligten eine Betriebsvereinbarung zur Durchführung von Regenerationskuren ab. Die Beteiligten stützten diese Betriebsvereinbarung auf § 88 BetrVG. Mit Schreiben vom 27.06.2003 kündigte die Arbeitgeberin diese Betriebsvereinbarung zum 31.12.2003. Der Betriebsrat forderte die Arbeitgeberin daraufhin auf, Verhandlungen über den Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung zu Regenerationskuren aufzunehmen. Diesem Ansinnen kam die Arbeitgeberin nicht nach. Der Betriebsrat beantragte daraufhin im Beschlussverfahren die Einsetzung einer Einigungsstelle. Durch rechtskräftigen Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg -vom xx (Az.) wurde die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den dem Antrag des Betriebsrats stattgebenden Beschluss des Arbeitsgerichts K zurückgewiesen. Die daraufhin eingesetzte Einigungsstelle fällte am xxx folgenden Spruch, der Gegenstand des Streits der Beteiligten ist (im folgenden: Betriebsvereinbarung 2004):
29 
"Betriebsvereinbarung zur Durchführung von Regenerationskuren
30 
§ 1 Geltungsbereich
31 
Diese Betriebsvereinbarung ergänzt die Bestimmungen der SR für die FS-Dienste des MTV und D und gilt für alle D-MA, soweit sie unter die Bestimmungen der Sonderregelungen für die FS-Dienste fallen.
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§ 2 Kurintervalle
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Die erste Regenerationskur für Fluglotsen findet mit einem Lebensalter von mindestens 30 Jahren und frühestens fünf Jahre nach Erwerb der EBG statt. Das weitere Kurintervall beträgt vier Jahre; ab dem 45. Lebensjahr verkürzt sich das Intervall auf drei Jahre.
34 
Die erste Regenerationskur für Flugdatenbearbeiter findet mit einem Lebensalter von mindestens 40 Jahren und mindestens 15 Jahren Tätigkeit im operativen FS-Dienst statt. Das weitere Kurintervall beträgt sechs Jahre; ab dem 47. Lebensjahr verkürzt sich das Intervall auf fünf Jahre.
35 
Die erste Regenerationskur für Ingenieure/Techniker im Wechselschichtdienst findet mit einem Lebensalter von mindestens 40 Jahren und mindestens 15 Jahren Tätigkeit im operativen FS-Dienst statt. Das weitere Kurzintervall beträgt sechs Jahre; ab dem 47. Lebensjahr verkürzt sich das Intervall auf fünf Jahre.
36 
Die erste Regenerationskur ist in demjenigen Kalenderjahr zu gewähren, in dem die Wartezeiten erstmals erfüllt sind. Etwaige Mitbestimmungsrechte bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Regenerationskuren werden von diesem Spruch nicht berührt."
37 
Durch Schriftsatz vom hat die Arbeitgeberin den Spruch der Einigungsstelle angefochten.
38 
Mit Schreiben vom kündigte die Arbeitgeberin die aufgrund dieses Spruches zustande gekommene Betriebsvereinbarung 2004.
39 
Der Betriebsrat ist der Ansicht, ihm stehe ein Anspruch auf Durchführung der Betriebsvereinbarung 2004 zu. Die Betriebsvereinbarung gelte nach ihrer Kündigung durch die Arbeitgeberin gem. § 77 Abs. 6 BetrVG fort. Selbst wenn dem nicht so sei, so sei zu beachten, dass die Arbeitgeberin den Spruch der Einigungsstelle im Anfechtungsverfahren angreift. Dem Anfechtungsverfahren komme jedoch keine Suspensivwirkung zu. Diese gesetzliche Anordnung dürfe nicht durch eine Kündigung der angegriffenen Betriebsvereinbarung seitens des Arbeitgebers unterlaufen werden. Somit komme es für das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht darauf an, ob die Betriebsvereinbarung nachwirke bzw. ob sie der erzwingbaren Bestimmung des Betriebsrates unterfalle, sondern nur darauf, ob die Betriebsvereinbarung offensichtlich unwirksam sei. Dies sei jedoch nicht der Fall. Dem Betriebsrat stehe daher, bis zum Abschluss des Anfechtungsverfahrens, ein Anspruch auf Durchführung der Betriebsvereinbarung zu. Die Betriebsvereinbarung unterfalle aber auch dem erzwingbaren Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Die Sonderregelung für FS-Dienste stelle eine ausfüllungsbedürftige Rahmenvorschrift im Sinne von § 87 Abs.1 Nr. 7 BetrVG dar, jedenfalls sei § 3 ArbSchG eine solche Rahmenvorschrift. Der Betriebsrat hat daher beantragt:
40 
1. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, bis zum rechtskräftigen Abschluss des vor dem Arbeitsgericht eingeleiteten Hauptsacheverfahrens mit dem Az. eine Kurplanung für das Jahr 2005 auf der Grundlage der "Betriebsvereinbarung zur Durchführung von Regenerationskuren" vom 23.04.2004 vorzunehmen für die in der Anlage 1 (EGB 04, EGB 05, Systemmanagement, FDB) aufgeführten Arbeitnehmer.
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2. Hilfsweise:
42 
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, es zu unterlassen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des vor dem Arbeitsgericht eingeleiteten Hauptsacheverfahrens unter dem Az. eine Kurplanung für das Jahr 2005 unter Abweichung und Verletzung der "Betriebsvereinbarung zur Durchführung von Regenerationskuren" vom 23.04.2004 vorzunehmen.
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3. Äußerst hilfsweise:
44 
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es zu unterlassen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des vor dem Arbeitsgericht eingeleiteten Hauptsacheverfahrens unter dem Az. eine Kurplanung für das Jahr 2005 in Abweichung und unter Verletzung der "Betriebsvereinbarung zur Durchführung von Regenerationskuren" vom 23.04.2004, entgegen folgender Maßgabe der Betriebsvereinbarung vorzunehmen:
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Die erste Regenerationskur für Fluglotsen findet mit einem Lebensalter von mindestens 30 Jahren und frühestens fünf Jahre nach Erwerb der Einsatzberechtigungsgruppe statt. Das weitere Kurintervall beträgt vier Jahre; ab dem 45. Lebensjahr verkürzt sich das Intervall auf drei Jahre. Die erste Regenerationskur für Flugdatenbearbeiter findet mit einem Lebensalter von mindestens 40 Jahren und mindestens 15 Jahren Tätigkeit im operativen Flugsicherungsdienst statt. Das weitere Kurintervall beträgt sechs Jahre, ab dem 47. Lebensjahr verkürzt sich das Intervall auf fünf Jahre. Die erste Regenerationskur für Ingenieure/Techniker im Wechselschichtdienst findet mit einem Lebensalter von mindestens 40 Jahren und mindestens 15 Jahren Tätigkeit im operativen Flugsicherungsdienst statt. Das weitere Kurintervall beträgt sechs Jahre; ab dem 47. Lebensjahr verkürzt sich das Intervall auf fünf Jahre. Die erste Regenerationskur ist in demjenigen Kalenderjahr zu gewähren, in dem die Wartezeiten erstmals erfüllt sind.
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4. Verstößt die Antragsgegnerin gegen die Verpflichtung aus den Anträgen Ziff. 1 bis 3, wird für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu EUR 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Antragsgegnerin, angedroht.
47 
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
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die Anträge zurückzuweisen.
49 
Die Arbeitgeberin ist der Ansicht, dass ein Durchführungsanspruch des Betriebsrates davon abhänge, ob die Betriebsvereinbarung 2004 Nachwirkung entfaltet. Dies hänge davon ab, ob die Betriebsvereinbarung der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats gem. § 87 BetrVG unterfällt. Dies sei jedoch nicht der Fall. Der Betriebsrat sei schon für den Abschluss der Betriebsvereinbarung und damit für die Anrufung der Einigungsstelle unzuständig gewesen, denn die Angelegenheit falle gem. § 50 Abs. 1 BetrVG in die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Bei vernünftiger Würdigung des Sachverhaltes bestehe eine zwingende sachliche Notwendigkeit für eine einheitliche Regelung der Regenerationskuren. Dies ergebe sich daraus, dass den unterschiedlichen Belastungen der Fluglotsen an den einzelnen Niederlassungen bereits durch eine differenzierte Regelung bezüglich der Arbeitszeitdauer und der Pausen Rechnung getragen würde. Die Betriebsvereinbarung sei auch nicht vom Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG gedeckt. Es fehle schon an einer durch Schutzmaßnahmen im Sinne dieser Vorschrift abzuwendenden Gefahr. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG verlange eine konkrete, objektiv feststellbare Gefahr für Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer, die nicht nur eine Belästigung darstellt. Solche Gefahren seien vorliegend nicht ersichtlich. Zudem nehme der geltende Tarifvertrag ausdrücklich auf die Untersuchung von Professor Dr. (Universität Dortmund) und das von ihm im Auftrag der Tarifvertragsparteien erstellte Gutachten Bezug. Aus diesem Gutachten ergebe sich, dass wesentlicher Inhalt der "Regenerationskuren" präventive Elemente im Sinne einer intellektuellen Beschäftigung mit subjektiver Beanspruchung seien. Durch den Einbezug der Empfehlung von Professor Dr. habe sich der Schwerpunkt der "Regenerationskuren" vom physiologischen zum intellektuellen Inhalt geändert.
50 
Weiter sei anerkannt, dass die Mitbestimmungsrechte des § 87 BetrVG nicht den Dotierungsrahmen von Maßnahmen des Arbeitgebers zum Gegenstand haben. Durch Festlegung des Kurintervalls würde aber auf genau diesen Dotierungsrahmen eingewirkt, sodass ein Mitbestimmungsrecht nicht bestehe. Dem Tarifvertrag lasse sich auch nicht entnehmen, dass er Rechte der Tarifvertragsparteien auf die Betriebsparteien im Sinne einer Delegationsnorm oder einer Bestimmungsnorm übertragen habe. Jedenfalls sei eine solche Übertragung unwirksam, da sie nicht hinreichend bestimmt sei. Sei eine solche Regelung aber hinsichtlich ihres Adressaten nicht hinreichend bestimmt, so falle das Bestimmungsrecht dem Arbeitgeber in Ausübung seines allgemeinen Direktionsrechtes zu. Schließlich bestehe auch eine abschließende gesetzliche Regelung des Gesundheitsschutzes durch das Lizenzierungsverfahren der Mitarbeiter der Flugsicherungsdienste nach dem Luftverkehrsgesetz. Durch dieses Lizenzierungsverfahren, welches durch Rechtsverordnung detailliert geregelt sei, sei eine Abwehr von gesundheitlichen Gefahren für die Mitarbeiter abschließend geregelt.
51 
Im Übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
52 
Die Entscheidung erging ohne Beweisaufnahme aufgrund der mündlichen Verhandlung vom...
II.
53 
Die zulässigen Anträge sind unbegründet.
54 
1. Der Hauptantrag ist zulässig.
55 
Der Antrag ist bestimmt genug. Im einstweiligen Verfahren muss der Antrag nur insoweit bestimmt gefasst sein, als es dem Gericht möglich sein muss, gem. § 938 ZPO den Inhalt einer einstweiligen Verfügung festzulegen. Der Antrag muss daher das konkrete Rechtsschutzziel des Antragstellers erkennen lassen, muss aber nicht die Anordnung von konkret bezeichneten Maßnahmen zum Gegenstand haben (Vollkommer in: Zöller. 23. Auflage. § 938 ZPO Rn. 2 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der Antrag Nr. 1. Zwar benennt er nicht einzelne Handlungen, deren Vornahme der Betriebsrat von der Arbeitgeberin begehrt, sondern will nur, dass für bestimmte namentlich bezeichnete Arbeitnehmer eine Kurplanung erstellt wird. Dies genügt jedoch, um ein klares Rechtsschutzziel des Antragstellers erkennen zu lassen. Der Antragsteller ist nicht gehalten, konkrete Handlungen zu bezeichnen, die die Antragsgegnerin vorzunehmen hat, im vorliegenden Fall also konkrete Schritte, die zur Aufstellung eines Kurplanes notwendig sind.
56 
Der Betriebsrat macht mit Antrag Nr. 1 auch keine Leistungsansprüche einzelner Arbeitnehmer geltend. Durch die Aufstellung eines Kurplanes für einzelne Arbeitnehmer fließt diesen noch keine Leistung zu.
57 
2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt nach § 85 ArbGG i.V.m. § 940 ZPO voraus, dass ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund bestehen. Ein Verfügungsanspruch besteht, wenn nach materiellem Recht ein Anspruch besteht (BAG vom 17.05.1983 – 1 ABR 21/80 – AP Nr. 19 zu § 80 BetrVG 1972).
58 
Ein Verfügungsanspruch des Betriebsrates ist nicht gegeben. Ein Verfügungsanspruch des Betriebsrates ist gegeben, wenn dem Betriebsrat ein Anspruch auf Durchführung der Betriebsvereinbarung 2004 zukommt. Aus dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien in der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass die in den im Hauptantrag in Bezug genommenen Anlagen aufgeführten Arbeitnehmer der Arbeitgeberin diejenigen Arbeitnehmer sind, die nach der Betriebsvereinbarung 2004 zu Regenerationskuren im Jahr 2005 einzuteilen wären. Ein Anspruch für diese Arbeitnehmer eine Kurplanung zu erstellen kann sich nur aus der Betriebsvereinbarung 2004 ergeben. Aus einer wirksamen Betriebvereinbarung folgt zwar ein Anspruch des Betriebsrates auf Durchführung bzw. Einhaltung der Betriebsvereinbarung. Die Betriebsvereinbarung 2004 hat jedoch auf Grund der Kündigung durch die Arbeitgeberin ihre Wirkung verloren.
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a) Durch den Spruch der Einigungsstelle vom ... ist eine Betriebsvereinbarung mit dem Inhalt des Spruchs der Einigungsstelle zustande gekommen. Daran ändert die Anfechtung des Spruchs nichts. Die Anfechtung des Spruchs der Einigungsstelle hat gem. § 76 Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Abs. 7 BetrVG keine Suspensivwirkung. Daher besteht der Spruch der Einigungsstelle bis zum rechtskräftigen Abschluss des Anfechtungsverfahrens fort. Da dem Urteil im Anfechtungsverfahren nur feststellende Wirkung zukommt, entfaltet dies auch keine Rückwirkung, sondern wirkt nur für die Zukunft (ex nunc).
60 
b) Die Kündigung der Betriebsvereinbarung durch die Arbeitgeberin hat die Wirkung der Betriebsvereinbarung beseitigt. Gem. § 77 Abs. 5 BetrVG kann eine Betriebsvereinbarung mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden, solange nichts anderes vereinbart ist. In der Betriebsvereinbarung 2004 ist keine abweichende Regelung getroffen worden. Damit hat die Kündigung der Arbeitgeberin vom 18.05.2004 die Betriebsvereinbarung zum 18.08.2004 beendet.
61 
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Tatsache, dass die Arbeitgeberin den Spruch der Einigungsstelle angefochten hat. Es ist dem Arbeitgeber freigestellt, eine Betriebsvereinbarung, die er für unwirksam hält, nicht nur anzufechten, sondern auch zu kündigen. Ficht der Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung an, so besteht diese bis zum Abschluss des Anfechtungsverfahrens unverändert fort. Eine Kündigung der Betriebsvereinbarung ist daher bis zum Abschluss des Anfechtungsverfahrens möglich, die Kündigung geht nicht ins Leere. Dem Arbeitgeber steht es frei, unter den vom Gesetz vorgesehenen Möglichkeiten, die Wirkung einer Betriebsvereinbarung zu beenden, zu wählen oder mehrere dieser Möglichkeiten nebeneinander geltend zu machen.
62 
Die Regeln über das Anfechtungsverfahren stellen keine abschließende Regelung hinsichtlich der Geltendmachung der Unwirksamkeit von Betriebsvereinbarungen dar. Auch eine angefochtene Betriebsvereinbarung kann von den Betriebsparteien (vorsorglich) gekündigt werden. Hierfür besteht auch ein schutzwürdiges Interesse, da die Kündigung eine Betriebsvereinbarung, die nicht der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrates unterfällt, regelmäßig früher zu beenden vermag als deren Anfechtung. Dass das Anfechtungsverfahren keine Suspensivwirkung entfaltet, beruht darauf, dass bis zu dessen Abschluss kein regelungsloser Zustand geschaffen werden soll. Dem Arbeitgeber soll es nicht möglich sein, durch die Anfechtung von nicht offensichtlich unwirksamen Betriebsvereinbarungen ein Regelungsvakuum zu erzeugen. Kündigt der Arbeitgeber gleichzeitig die Betriebsvereinbarung, während er ein Anfechtungsverfahren gegen sie eingeleitet hat, so kommt es nicht zu einem Regelungsvakuum. Unterfällt die Betriebsvereinbarung dem erzwingbaren Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates, so entfaltet sie Nachwirkung gem. § 77 Abs. 6 BetrVG. Unterfällt sie nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates, so hat die Kündigung die Betriebsvereinbarung wirksam beendet. Ein schützenswertes Interesse des Betriebsrates in diesem Fall die Betriebsvereinbarung bis zum Abschluss des Anfechtungsverfahrens zu vollziehen, besteht nicht. Dem steht auch nicht die Natur des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes entgegen. Bei den vorliegenden Fragen handelt es sich um Rechtsfragen. Diese sind im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht nur kursorisch zu prüfen (Germelmann/Matthes/Prütting/Müler-Glöge. 4. Aufl. § 85 ArbGG Rn. 44 m.w.N.).
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c) Die Betriebsvereinbarung 2004 wirkt nach ihrer Kündigung nicht fort. Ihr kommt keine Nachwirkung zu. Nachwirkung kommt einer Betriebsvereinbarungen nur zu, wenn dies in der Betriebsvereinbarung selbst festgelegt wurde oder es sich um eine Betriebsvereinbarung auf dem Gebiet der erzwingbaren Mitbestimmung handelt.
64 
Eine Nachwirkung wurde in der Betriebsvereinbarung 2004 nicht vereinbart.
65 
Die Betriebsvereinbarung entfaltet auch keine Nachwirkung gem. § 77 Abs. 6 BetrVG. Gem. § 77 Abs. 6 BetrVG entfaltet eine Betriebsvereinbarung Nachwirkung, wenn sie eine Angelegenheit regelt, in der die Einigung der Betriebspartner durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt wird (sog. Fälle des erzwingbaren Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates). Die Betriebsvereinbarung 2004 regelt keinen Gegenstand, der dem erzwingbaren Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates unterfällt.
66 
aa) Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates hinsichtlich der in der Betriebsvereinbarung geregelten Materie ergibt sich nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Dieses Mitbestimmungsrecht setzt voraus, dass eine betriebliche Regelung im Rahmen einer gesetzlichen Vorschrift oder einer Unfallverhütungsvorschrift ergehen soll. Es muss also eine Regelung vorliegen, die Maßnahmen der Unfallverhütung oder des Gesundheitsschutzes erfordert, dabei aber einen ausfüllungsfähigen und bedürftigen Rahmen vorgibt, innerhalb dessen den Betriebsparteien ein Regelungsspielraum verbleibt (BAG vom 01.07.2003 - 1 ABR 20/04 - NZA 2004, 620).
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(1) Die Sonderregelung für FS-Dienste 2001 ist keine solche ausfüllungsfähige Vorschrift i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Ein Tarifvertrag als solcher kann keine ausfüllungsfähige Vorschrift im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG darstellen. Der Betriebsrat soll an betrieblichen Regelungen beteiligt werden, die der Arbeitgeber aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen hat (BAG vom 15.01.2002 -1 ABR 13/01 -NZA 2002, 995, unter B.II.2b der Gründe). Ein Tarifvertrag ist keine öffentlich-rechtliche Norm, sondern ein privatrechtlicher Normenvertrag. Eine analoge Anwendung auf Tarifverträge ist angesichts des klaren Wortlauts von § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG nach Ansicht der Kammer nicht angezeigt. Eine Analogie ist auch nicht notwendig, da die Tarifparteien Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates tarifvertraglich erweitern können, soweit sie diese für erforderlich halten. Eine Regelungslücke ist daher nicht gegeben.
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(2) Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ergibt sich auch nicht aus § 3 ArbSchG iVm. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG.
69 
§ 3 ArbSchG stellt eine öffentlich rechtliche Rahmenvorschrift im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG dar (Kania in: Erfurter Kommentar 4. Auflage § 87 BetrVG Randnr. 66; Wank. Kommentar zum technischen Arbeitsschutz. § 3 ArbSchG Rn. 17).
70 
Die tarifvertragliche Regelung in der Sonderregelung für FS-Dienste 2001 stellt keine abschließende Regelung des sich aus § 3 ArbSchG ergebenden Rahmens dar. Diese regelt nicht abschließend und inhaltlich umfänglich die vom Arbeitgeber zu treffenden Maßnahmen. Sie schreibt lediglich vor, dass Mitarbeiter in bestimmten Intervallen zu Regenerationskuren einzuteilen sind. Die Intervalle selbst werden nicht abschließend geregelt. Insofern besteht weiterhin ein ausfüllungsbedürftiger Rahmen, den die Betriebsparteien gem. § 87 Abs.1 Nr. 7 BetrVG auszufüllen haben, sofern die Konkretisierung des Intervalls vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG iVm § 3 ArbSchG gedeckt ist.
71 
Auch das Lizenzierungsverfahren nach dem Luftverkehrsgesetz stellt keine abschließende Regelung dar. Das Lizenzierungsverfahren bezweckt die Abwehr von Gefahren für den Luftverkehr, nicht die Abwendung von Gesundheitsgefahren für die in der Flugsicherung tätigen Personen.
72 
Die Betriebsvereinbarung überschreitet die Grenzen des erzwingbaren Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG erstreckt sich nur auf die Konkretisierung, nicht aber auf die Anhebung des Schutzniveaus (BAG vom 28.07.1981 – 1 ABR 65/79 – AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitssicherheit). Zusätzliche Regelungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsgefahren, die über den Rahmen der ausfüllungsbedürftigen Vorschrift hinausgehen, bleiben freiwilligen Betriebsvereinbarungen gem. § 88 BetrVG vorbehalten (Kania aaO; Wank. Kommentar zum technischen Arbeitsschutz. § 3 ArbSchG Rn. 21). Daher besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates hinsichtlich der Festlegung von Kurintervallen der Regenerationskuren nur, soweit § 3 ArbSchG den Arbeitgeber zur Durchführung von Regenerationskuren verpflichtet. Die Anordnung von Regenerationskuren überschreitet den Rahmen der nach § 3 ArbSchG erforderlichen Maßnahmen des Gesundheitsschutzes. Gem. § 3 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Gem. § 2 Abs. 1 ArbSchG sind Maßnahmen des Arbeitsschutzes alle Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren, einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Gefahr in diesem Sinne überhaupt vorliegt, jedenfalls sind die Regenerationskuren nicht erforderlich. Erforderlich i. S. d. § 3 Abs. 1 ArbSchG sind nur solche Maßnahmen, die keine unverhältnismäßigen Kosten (§ 3 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 ArbSchG) für den Arbeitgeber verursachen (Wank. Kommentar zum technischen Arbeitsschutz. § 3 ArbSchG Rn. 4). Daraus folgt, dass je höher die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts, je größer der zu erwartende Schaden und je bedeutender das gefährdete Rechtsgut ist, desto größere Anstrengungen muss der Arbeitgeber zur Abwendung der Gefahr unternehmen und desto größere Kosten ist der Arbeitgeber zu tragen verpflichtet. Die vom Arbeitgeber hinzunehmenden Kosten für Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren werden somit durch die Schwere des möglichen Schadens und seiner Eintrittswahrscheinlichkeit bestimmt (Wank. aaO). Der hier vom Arbeitgeber zu tragende finanzielle Aufwand ist erheblich. Die Mitarbeiter, welche sich in Regenerationskuren befinden, stehen dem Arbeitgeber nicht nur für vier Wochen nicht zur Verfügung, sondern der Arbeitgeber hat neben der Entgeltfortzahlung für diesen Zeitraum auch die Kosten der Kur zu tragen. § 3 ArbSchG verpflichtet den Arbeitgeber zu solch kostenintensiven Maßnahmen nur, soweit besonders gravierende Nachteile für ein besonders hohes Schutzgut drohen und eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt spricht. Aus den von der Arbeitgeberin vorgelegten Gutachten von Professor Dr. (Aktenblatt 187, Seite 358 des Gutachtens) ergibt sich jedoch, dass den Mitarbeitern des Flugsicherungsdienstes jedenfalls keine schwerwiegenden Gesundheitsgefahren drohen. Das Gutachten betrachtet drei Beschwerdegruppen: Erschöpfung, Gliederschmerzen und Magenbeschwerden. Eine statistisch signifikante Auswirkung auf den Blutdruck der Beschäftigten konnte das Gutachten nicht feststellen (Seite 359 des Gutachtens, Aktenblatt 188). Auch die Beteiligten des Verfahrens haben keine Angaben zu drohenden schweren Gesundheitsschäden für Mitarbeiter der FS-Dienste gemacht. Daher ergibt sich aus § 3 ArbSchG keine Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Durchführung von Regenerationskuren zur Abwendung der ihren Mitarbeitern drohen Gesundheitsgefahren. Da sich die Anordnung von Regenerationskuren somit außerhalb des von § 3 ArbSchG gesteckten Rahmens bewegt, unterfällt sie nicht mehr dem erzwingbaren Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG.
73 
(3) Gleiches gilt für § 2 BVG a I.
74 
bb) Auch die tarifvertragliche Sonderregelung für FS-Dienste hat dem Betriebsrat kein über § 87 BetrVG hinausgehendes erzwingbares Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Anordnung und Planung von Regenerationskuren eingeräumt. Den Tarifvertragsparteien steht es grundsätzlich frei, durch Tarifvertrag nur Rahmenbedingungen aufzustellen, deren Konkretisierung sie dann Dritten insbesondere auch dem Arbeiteber oder den Betriebspartnern überlassen. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit muss eine derartige Delegation aber nach Art und Umfang hinreichend deutlich sein und zwingende Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates beachten (BAG vom 09.05.1995 -1 ABR 56/94 -AP Nr. 2 zu § 76 BetrVG 1972 Einigungsstelle; BAG vom 28.11.1984 -5 AZR 123/83 -AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht). Insbesondere muss sich aus der tarifvertraglichen Regelung der Adressat des Bestimmungsrechts zumindest aus den Umständen durch Auslegung entnehmen lassen. Dabei kann dahinstehen, ob der in der Literatur (vgl. Wiedemann in: Wiedemann. Tarifvertragsgesetz. 6. Auflage. § 1 Randnr. 203, 211) vorgenommenen Unterscheidung zwischen Delegationsnormen und Bestimmungsklauseln zu folgen ist, denn die Voraussetzungen für ihre Zulässigkeit, insbesondere die Anforderung an ihre Bestimmtheit sind identisch (Wiedemann a.a.O. Randnr. 205, 213).
75 
Die Sonderregelung für FS-Dienste 2001 stellt nur eine Rahmenbedingung dar, die der weiteren Konkretisierung bedarf. Die zeitlichen Intervalle, in denen die FS-Dienste-Mitarbeiter zu Regenerationskuren einzuteilen sind, sind nicht konkret, sondern jeweils nur mit einem Zeitfenster umschrieben. In welchem zeitlichen Intervall die Mitarbeiter der FS-Dienste zu Kuren einzuteilen sind, bedarf der weiteren Konkretisierung.
76 
Aus dem Tarifvertrag lässt sich auch durch Auslegung nicht hinreichend deutlich entnehmen, wem die Konkretisierung dieser ausfüllungsbedürftigen Rahmenbedingung von den Tarifvertragsparteien überlassen wurde. Die Sonderregelung für FS-Dienste 1993 sah vor, dass eine tarifvertragliche Expertenkommission die Konkretisierung vornehmen soll. Diese Regelung wurde abgelöst durch die Sonderregelung für FS-Dienste 2000, nach der im Wege einer Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Arbeitgeberin eine Konkretisierung erfolgen sollte. Die nun geltende Sonderregelung für FS-Dienste 2001 enthält in ihrem Wortlaut keinen Anhaltspunkt dafür, wer die Konkretisierung durchführen soll. In der Vergangenheit wurden weder von einer tarifvertraglichen Expertenkommission noch durch Gesamtbetriebsvereinbarung eine Konkretisierung vorgenommen. Es existierten jeweils nur freiwillige Betriebsvereinbarungen zur Konkretisierung des Intervalls. Diese Regelungen entsprachen jedoch eindeutig nicht dem Wortlaut der Tarifverträge und damit auch nicht dem eindeutig erklärten Willen der Tarifvertragsparteien. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien durch ihr Schweigen in der Sonderregelung für FS-Dienste 2001 diese tarifvertragswidrigen freiwilligen Betriebsvereinbarungen dulden wollten und die Ausfüllung der im Tarifvertrag vorgegebenen Rahmenbedingungen den Betriebspartnern überlassen wollten.
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Eine Ausfüllung dieser Lücke durch das Gericht kommt nicht in Betracht. Es kann dabei dahinstehen, ob es sich bei der mangelnden Bestimmung eines Adressaten für die Konkretisierung um eine bewusste oder unbewusste Regelungslücke handelt. Bewusste Regelungslücken dürften jedenfalls nicht ergänzt werden (BAG vom 13.06.73 – 4 AZR 445/72 – AP Nr. 123 zu § 1 TVG Auslegung m.w.N.). Im Falle einer unbewussten Regelungslücke kann diese zwar durch Anwendung rechtsmethodischer Grundsätze geschlossen werden. Dies scheitert jedoch dort, wo die tarifvertragliche Regelung selbst keine Anhaltspunkte dafür enthält, wie die tarifvertragliche Lücke zu schließen sei. Eine Lückenfüllung kommt also nur in denjenigen Fällen in Betracht, in denen die tarifvertragliche Regelung sichere Anhaltspunkte dafür enthält, wie die Tarifvertragsparteien die Lücken in einer bestimmten Weise geschlossen hätten oder wo nur eine einzige konkrete Regelung in Betracht kommt (Wiedemann in: Wiedemann. Tarifvertragsgesetz. 6. Auflage. § 1 Rdnr. 815, 817 m.w.N.; Stein. Tarifvertragsrecht. Seite 47). Die tarifvertragliche Sonderregelung für FS-Dienste 2001 enthält keine solchen Anhaltspunkte. In Betracht kommt grundsätzlich die Übertragung der Konkretisierung an den Arbeitgeber, die Betriebspartner oder ein von den Tarifvertragsparteien eingesetztes Gremium. Die Tarifvertragsparteien haben von diesen Möglichkeiten in der Vergangenheit in unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht. Schon dies lässt keinen sicheren Schluss darauf zu, wem die Tarifvertragsparteien nunmehr die Konkretisierung überlassen wollten. Der Tarifvertrag enthält auch ansonsten keine weiteren Hinweise darauf, wem die Konkretisierung übertragen werden sollte. Alleine aus der Bezugnahme auf das von Professor Dr. erstattete Gutachten ergibt sich nach Ansicht der Kammer nicht, dass die Tarifvertragsparteien die Konkretisierung dem von ihnen bestellten Gutachter übertragen wollten.
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cc) Andere Normen, aus denen sich ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ergeben könnte, sind nicht ersichtlich.
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Somit steht dem Betriebsrat kein Anspruch auf Durchführung der Betriebsvereinbarung 2004 zu. Daher war der Hauptantrag zurückzuweisen.
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3. Auch die Hilfsanträge sind unbegründet.
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a) Die hilfsweise gestellten Anträge sind zulässig.
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Eine hilfsweise Antragstellung für den Fall, dass einem Hauptantrag nicht stattgegeben wird, ist auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zulässig. Auch diese Anträge genügen dem sich aus § 938 ZPO ergebenden Bestimmtheitserfordernis. Zwar muss bei der Unterlassungsverfügung das begehrte Verbot möglichst genau umschrieben sein (Vollkommer in: Zöller ZPO. 23. Auflage. § 938 ZPO Rdnr. 2 m.w.N.), die Anforderungen dürfen jedoch angesichts des durch Art. 19 Abs. 4 GG grundrechtlich geschützten Anspruchs auf einen effektiven Rechtsschutz nicht überspannt werden. Kann der Antragsgegner durch eine nicht abschließend überschaubare Anzahl von Handlungen und Handlungsalternativen dem Rechtschutzziel des Antragsstellers zuwiderhandeln, so reicht es aus, dass der Antrag nicht einzelne zu unterlassende Handlungen, sondern deren Ergebnis möglichst genau bezeichnet. Diesen Anforderungen genügen die Hilfsanträge. Für den Antragsgegner ist aus diesen Formulierungen ersichtlich, welche Verhaltensweisen ihm untersagt werden sollen.
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b) Die hilfsweise gestellten Anträge sind ebenfalls mangels eines Verfügungsanspruches unbegründet.
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Auch die Hilfsanträge sind nur begründet, wenn dem Betriebsrat ein Anspruch auf Durchführung der Betriebsvereinbarung zukommt. Die hilfsweise gestellten Anträge bedürfen der Auslegung. Mit den hilfsweise gestellten Anträge begehrt der Betriebsrat, es der Arbeitgebern zu untersagen eine Kurplanung aufzustellen, die der Betriebsvereinbarung 2004 widerspricht. Die Arbeitgeberin kann diesem Anspruch nur gerecht werden, indem sie eine Kurplanung in Übereinstimmung mit der Betriebsvereinbarung 2004 aufstellt. Auch hierfür besteht ein Verfügungsanspruch nur, wenn ein Anspruch auf Einhaltung, d.h. Durchführung der Betriebsvereinbarung besteht.
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Da dem Betriebsrat kein Anspruch auf Einhaltung der Betriebsvereinbarung 2004 zukommt (s.o.), kann es dahingestellt bleiben, ob die Ausfüllung der tarifvertraglichen Lücke durch das Direktionsrecht der Arbeitgeberin rechtmäßig ist. Es der Arbeitgeberin zu untersagen, überhaupt eine Kurplanung aufzustellen bzw. durchzuführen ist, erkennbar nicht Rechtsschutzziel des Betriebsrates.
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Daher waren die Anträge allesamt zurückzuweisen.
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4. Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei gem. § 2 Abs. 2 GKG.

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