Urteil vom Bundesarbeitsgericht (10. Senat) - 10 AZR 308/09
Tenor
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1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. Januar 2009 - 15 Sa 1022/08 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Zahlung einer tariflichen Sondervergütung.
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Der Kläger war für die R Inc. in deren Betrieb in N als Werkzeugmacher beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Metallindustrie Nordrhein-Westfalens Anwendung. Mit Schreiben vom 27. Februar 1997 teilte das Unternehmen dem Kläger mit, dass der Werkzeugbau mit seinen angegliederten Abteilungen zum 1. März 1997 auf die Beklagte übergehen werde. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2004 war der Kläger für die Beklagte tätig. Diese war zu keinem Zeitpunkt tarifgebundenes Mitglied eines Arbeitgeberverbands.
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Mit der am 28. Januar 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 8. Februar 2005 zugestellten Klage begehrt der Kläger Zahlung einer Sondervergütung für das Jahr 2004 nach § 2 Nr. 2.2 des Tarifvertrags über die tarifliche Absicherung eines Teils eines 13. Monatseinkommens für die Betriebe der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie im Land Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 1996(nachfolgend: TV 13. Monatseinkommen). Zur Güteverhandlung am 20. April 2005 erschien für die Beklagte niemand. Im Einvernehmen mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers erging der Beschluss, neuen Termin nur auf Antrag einer der Parteien anzuberaumen. Mit einem am 16. Januar 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Anberaumung eines Kammertermins beantragt.
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Er hat behauptet, zum 1. März 1997 sei der Betriebsteil Werkzeugbau der R Inc. auf die Beklagte übergegangen. Die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Tarifverträge der Metallindustrie Nordrhein-Westfalens seien deshalb Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geworden.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.362,64 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2004 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat einen Betriebsteilübergang bestritten und die Einrede der Verjährung erhoben.
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Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.
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I. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 2 Nr. 2.2 TV 13. Monatseinkommen.
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1. Es kann, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, dahinstehen, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 1. März 1997 nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangen und der TV 13. Monatseinkommen gem. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien geworden ist.
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2. Gab es einen Teilbetriebsübergang, ist auch der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 11. Dezember 1996(nachfolgend: MTV) Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden. Ein etwaiger Anspruch des Klägers ist dann nach § 19 Nr. 5 MTV verjährt.
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a) § 19 MTV regelt die Geltendmachung und den Ausschluss von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis wie folgt:
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„...
2.
Der Arbeitnehmer/Auszubildende hat das Recht, Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis/Ausbildungsverhältnis innerhalb folgender Fristen geltend zu machen:
a)
Ansprüche auf Zuschläge für Mehr-, Spät-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Abrechnung,
b)
alle übrigen Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit.
3.
Ansprüche des Arbeitgebers/Ausbildungsbetriebs aus dem Arbeitsverhältnis/Ausbildungsverhältnis sind gegenüber dem Arbeitnehmer/Auszubildenden gemäß den Fristen der Nr. 2 geltend zu machen.
4.
Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Fristen geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, diese Fristen einzuhalten.
5.
Bleibt die Geltendmachung erfolglos, so tritt der Ausschluss nicht ein. Vielmehr gilt dann die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB. Sie beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
…“
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b) Der Kläger hat mit der am 8. Februar 2005 erhobenen Klage die Ausschlussfrist des § 19 Nr. 2 Buchst. b MTV gewahrt. Der Anspruch war nach § 3 Nr. 2 TV 13. Monatseinkommen am 1. Dezember 2004 fällig.
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c) Der Anspruch ist aber nach § 19 Nr. 5 MTV verjährt. Die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB aF war zum Zeitpunkt des Antrags des Klägers auf Anberaumung eines Kammertermins am 16. Januar 2008 abgelaufen.
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aa) § 19 Nr. 5 MTV regelt konstitutiv und damit statisch die Verjährung von Ansprüchen aus tarifunterworfenen Arbeitsverhältnissen. Die Bestimmung enthält keine deklaratorische Verweisung auf jeweils geltendes gesetzliches Verjährungsrecht. Die dreijährige regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB kommt deshalb nicht zur Anwendung.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind tarifliche Vorschriften, die auf geltende ohnehin anwendbare Vorschriften verweisen, im Zweifel deklaratorisch und damit dynamisch(30. August 2000 - 5 AZR 19/99 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Großhandel Nr. 15; 16. Juni 1998 - 5 AZR 67/97 - BAGE 89, 95; 14. Februar 1996 - 2 AZR 201/95 - AP BGB § 622 Nr. 50 = EzA BGB § 622 nF Nr. 53; 14. Februar 1996 - 2 AZR 166/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Textilindustrie Nr. 21 = EzA BGB § 622 nF Nr. 54; 29. Januar 1997 - 2 AZR 370/96 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Textilindustrie Nr. 22 = EzA TVG § 4 Textilindustrie Nr. 9). Mit einer Verweisung bringen die Tarifvertragsparteien regelmäßig zum Ausdruck, dass kein eigenes Regelwerk geschaffen werden, sondern das ohnehin geltende Gesetz in der jeweiligen Fassung maßgeblich sein soll (BAG 16. Juni 1998 - 5 AZR 67/97 - zu B III 5 der Gründe, aaO). Auch die wörtliche oder inhaltsgleiche Übernahme einschlägiger gesetzlicher Vorschriften kann beim Fehlen entgegenstehender Anhaltspunkte dafür sprechen, dass lediglich im Interesse der Klarheit und Übersichtlichkeit die vollständige Darstellung der geltenden Rechtslage im Tarifvertrag bezweckt wird (BAG 28. Januar 1988 - 2 AZR 296/87 - AP BGB § 622 Nr. 24 = EzA ZPO § 148 Nr. 15; vgl. auch 16. Juni 1998 - 5 AZR 67/97 - aaO). Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang kann sich aber der Wille zur Schaffung einer eigenständigen Regelung ergeben (BAG 30. August 2000 - 5 AZR 19/99 - zu II 2 der Gründe, aaO). Der Normsetzungswille muss im Tarifvertrag einen deutlichen Niederschlag gefunden haben (BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 201/95 - zu II 2 a der Gründe, aaO). Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Tarifvertragsparteien eine im Gesetz nicht enthaltene oder vom Gesetz abweichende Regelung treffen, oder eine gesetzliche Regelung übernehmen, die sonst nicht für die betroffenen Arbeitsverhältnisse gelten würde (BAG 28. Januar 1988 - 2 AZR 296/87 - zu II 2 c aa der Gründe, AP BGB § 622 Nr. 24).
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(2) Der Wortlaut der Tarifnorm ist nicht eindeutig. Er verweist nicht allgemein auf geltendes Verjährungsrecht, sondern ausdrücklich auf die seinerzeit für gewerbliche Arbeitnehmer geltende Vorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB aF. Dies erlaubt keinen sicheren Schluss im Hinblick auf eine deklaratorische Verweisung oder konstitutive Regelung.
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(3) Der Normsetzungswille zur Schaffung einer eigenständigen Regelung der Verjährung von Ansprüchen aus Arbeits- und Ausbildungsverhältnissen ergibt sich aber aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang. Die Verjährungsvorschrift des § 19 Nr. 5 MTV ist Teil des tariflichen Systems der Geltendmachung und des Ausschlusses von Forderungen aus Arbeits- und Ausbildungsverhältnissen. Sie vereinheitlicht die Verjährung sämtlicher Ansprüche iSv. § 19 Nr. 2 und 3 MTV (Ziepke/Weiss Kommentar zum MTV Metall NRW 4. Aufl. § 19 Anm. 9 Nr. 1) und differenziert nicht zwischen Angestellten, Auszubildenden, gewerblichen Arbeitnehmern bzw. zwischen Arbeitgebern und Ausbildern, für die nach altem Verjährungsrecht unterschiedliche Vorschriften galten (§ 196 Abs. 1 Nr. 8 bis 10 BGB aF).
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§ 19 Nr. 5 MTV betrifft zudem alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und erleichtert damit die Verjährung einiger Ansprüche. Die Norm unterstellt Ansprüche der zweijährigen Verjährungsfrist, für die gesetzlich längere Verjährungsfristen in Betracht kamen. Nach 30 Jahren verjährten gemäß § 195 BGB aF Bereicherungsansprüche des Arbeitgebers wegen versehentlicher Lohnüberzahlung, Schadensersatzansprüche aus Vertragsverletzung(BAG 24. März 1961 - 1 AZR 477/59 - AP BGB § 195 Nr. 1) und Sozialplanansprüche (BAG 30. Oktober 2001 - 1 AZR 65/01 - BAGE 99, 266), nach drei Jahren gem. § 852 Abs. 1 BGB aF deliktische Ansprüche. Die Erleichterung der Verjährung war nach § 225 Satz 2 BGB aF zulässig (Hueck/Nipperdey 7. Aufl. Bd. II/1 § 32 Abschn. III Nr. 3; ErfK/Preis 2. Aufl. §§ 194 - 225 BGB Rn. 24; Schaub ArbR-Hdb. 9. Aufl. § 73 Rn. 3).
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(4) § 19 Nr. 5 MTV verweist auch nicht deklaratorisch allein auf die jeweils gültige gesetzliche Dauer der Verjährungsfrist. Eine teils konstitutiv und teils deklaratorisch wirkende tarifliche Regelung ist zwar denkbar(vgl. BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 166/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Textilindustrie Nr. 21 = EzA BGB § 622 nF Nr. 54), liegt aber nicht vor. Die Verjährungserleichterung kann regelmäßig nur mit einer konstitutiv wirkenden tariflichen Regelung zur Verjährungsdauer umgesetzt werden. Ein Wille der Tarifvertragsparteien, bei einer gesetzlichen Neuregelung auf die „jeweils gültige Verjährungsfrist für gewerbliche Arbeitnehmer“ zu verweisen, hat keinen Niederschlag im Tarifwerk gefunden. Dazu hätte es einer eindeutigen Verweisung bedurft.
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bb) Die Verjährungsfrist begann, da die Geltendmachung erfolglos blieb, mit dem Schluss des Jahres 2004, § 19 Nr. 5 Satz 3 MTV. Durch Erhebung der Klage am 8. Februar 2005 wurde die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.Diese Hemmung endete nach § 204 Abs. 2 Satz 1 und 2, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung des Gerichts, dem am 20. April 2005 ergangenen Beschluss des Arbeitsgerichts, einen neuen Termin nur auf Antrag einer der Parteien anzuberaumen, mithin mit Ablauf des 20. Oktober 2005. Der Kläger hat erst am 16. Januar 2008 eine neue verjährungshemmende Handlung nach § 204 Abs. 2 Satz 3 BGB vorgenommen, indem er einen Antrag auf Anberaumung eines Kammertermins gestellt und damit das Verfahren weiter betrieben hat. Zu diesem Zeitpunkt war die Forderung bereits verjährt. Nach § 209 BGB wird der Zeitraum, in dem die Verjährung gehemmt war, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Die Verjährungsfrist ist in konkreter Berechnung um die Hemmungszeit zu verlängern (Palandt/Ellenberger 69. Aufl. § 209 BGB Rn. 1). Die Verjährung war im Zeitraum vom 28. Januar 2005 (§ 167 ZPO, vgl. BGH 6. März 2008 - III ZR 206/07 - NJW 2008, 1674) bis zum 20. Oktober 2005 an 266 Kalendertagen gehemmt. Die Verjährungsfrist wäre nach § 19 Nr. 5 MTV am 31. Dezember 2006 abgelaufen. Unter Berücksichtigung der Hemmungszeit trat die Verjährung mit Ablauf des 23. September 2007 ein.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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