Beschluss vom Bundesgerichtshof (4. Strafsenat) - 4 StR 92/14

Tenor

Ein Fahrlehrer, der als Beifahrer während einer Ausbildungsfahrt einen Fahrschüler begleitet, dessen fortgeschrittener Ausbildungsstand zu einem Eingreifen in der konkreten Situation keinen Anlass gibt, ist nicht Führer des Kraftfahrzeugs im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO.

Gründe

I.

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1. Das Amtsgericht Singen hat den Betroffenen, einen Fahrlehrer, am 10. September 2013 wegen der Verkehrsordnungswidrigkeit der vorsätzlichen verbotswidrigen Benutzung eines Mobiltelefons zu der Geldbuße von 40 Euro verurteilt.

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Nach den Feststellungen führte der Betroffene am 21. März 2013 als Fahrlehrer und Beifahrer mit einer in der Ausbildung fortgeschrittenen Fahrschülerin, die bereits mindestens sechs Fahrstunden absolviert hatte, eine Ausbildungsfahrt durch. Während der Fahrt, beim Einbiegen in eine Straße nach rechts, telefonierte der Betroffene mit seinem an das rechte Ohr gehaltenen Mobiltelefon ohne Freisprecheinrichtung. Dabei bestand kein Anlass, der bereits im Fahren geübten Fahrschülerin besondere Aufmerksamkeit zu widmen oder damit zu rechnen, in ihr Fahrverhalten eingreifen zu müssen.

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Gegen das Urteil hat der Betroffene den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat dem Antrag mit Einzelrichterbeschluss vom 13. Februar 2014 zur Fortbildung des Rechts stattgegeben und die Sache dem mit drei Richtern besetzten Bußgeldsenat übertragen.

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2. Das Oberlandesgericht Karlsruhe meint, über die Rechtsbeschwerde des Betroffenen nicht entscheiden zu können, ohne entweder von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Juli 2013 (DAR 2014, 40 mit zust. Anm. Weigel = NZV 2014, 328 mit abl. Anm. Ternig) oder von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg vom 24. März 2009 (NJW 2009, 2393 = DAR 2009, 402 mit Anm. Heinrich und Scheidler; nachfolgend Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Juni 2009 – 2 BvR 901/09) abzuweichen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf werde von der Rechtsauffassung getragen, dass ein Fahrlehrer, der neben einer fortgeschrittenen Fahrschülerin sitze und in der konkreten Situation nicht in das Fahrgeschehen eingreifen müsse, nicht Führer des Kraftfahrzeuges im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO sei. Umgekehrt sei der Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg die tragende Rechtsauffassung zu entnehmen, dass der für die Verkehrsbeobachtung verantwortliche Fahrlehrer wegen seiner Pflicht, den Fahrschüler ständig zu beobachten, um notfalls sofort eingreifen zu können, Führer des Kraftfahrzeuges im Sinne der genannten Vorschrift sei.

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3. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat daher die Sache durch Beschluss vom 20. Februar 2014 (DAR 2014, 211) dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:

„Ist ein Fahrlehrer, der als Beifahrer während einer Ausbildungsfahrt neben einem Fahrschüler sitzt, dessen fortgeschrittener Ausbildungsstand zu einem Eingreifen in der konkreten Situation keinen Anlass gibt, Führer des Kraftfahrzeuges im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO?“

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Der Generalbundesanwalt hat in seiner Stellungnahme beantragt, die Vorlegungsfrage zu bejahen.

II.

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Die Vorlegungsvoraussetzungen des § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG in Verbindung mit § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG sind erfüllt.

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Der Zulässigkeit der Vorlage steht nicht entgegen, dass das Oberlandesgericht Karlsruhe nicht abschließend zu der vorgelegten Rechtsfrage Stellung genommen hat, weil es nach seiner Ansicht mit jeder möglichen Entscheidung entweder von der Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf oder von derjenigen des Oberlandesgerichts Bamberg abweichen würde (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. August 1976 – 5 StR 240/76, BGHSt 26, 384, 385; vom 14. Mai 1981 – 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, 95 f.). Es kann dahinstehen, ob diese Auffassung zutrifft: Immerhin hat das Oberlandesgericht Bamberg den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, dass die festgesetzte Geldbuße 100 Euro nicht überschreite und eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts oder wegen Versagung des rechtlichen Gehörs nicht geboten sei; die sich anschließenden Ausführungen zum Fahrzeugführerbegriff sind lediglich im Rahmen „ergänzender Bemerkungen“ erfolgt. Jedenfalls hat das Oberlandesgericht Karlsruhe in der Begründung seines Vorlagebeschlusses hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass es beabsichtige, entgegen der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf die Fahrzeugführereigenschaft des Betroffenen zu bejahen und seine Rechtsbeschwerde mit dieser Begründung zu verwerfen (S. 3 f. des Vorlagebeschlusses); damit hat es seinen für eine Divergenzvorlage nach § 121 Abs. 2 GVG maßgeblichen Willen, von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abzuweichen, hinreichend deutlich gemacht.

III.

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Der Senat beantwortet die vorgelegte Rechtsfrage wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich.

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1. Ein Fahrlehrer, der in der konkreten Situation nicht in die Ausbildungsfahrt eingreift, führt nach allgemeinen Kriterien – etwa im Sinne der §§ 315c, 316 StGB – das Kraftfahrzeug nicht.

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a) Führer eines Kraftfahrzeugs ist, wer es unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein- oder Mitverantwortung in Bewegung setzt oder unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrtbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt (BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 1988 – 4 StR 239/88, BGHSt 35, 390, 393; vom 18. Januar 1990 – 4 StR 292/89, BGHSt 36, 341, 343). Der Täter muss sich selbst aller oder wenigstens eines Teiles der wesentlichen Einrichtungen des Fahrzeugs bedienen, die für seine Fortbewegung bestimmt sind (BGH, Urteil vom 27. Juli 1962 – 4 StR 215/62, BGHSt 18, 6, 8 f.; Beschluss vom 27. Oktober 1988 – 4 StR 239/88, BGHSt 35, 390, 393). Daher schließt es die Fahrzeugführereigenschaft zwar nicht aus, wenn mehrere Personen sich die Bedienung der notwendigen Funktionen teilen (in einem solchen Fall können beide als Fahrzeugführer anzusehen sein). Wer dagegen nicht einmal einen Teil der wesentlichen Einrichtungen des Fahrzeugs bedient, führt dieses im maßgeblichen Zeitpunkt nicht.

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Daher erfüllt der Fahrlehrer die genannten Voraussetzungen nicht, solange er nicht vom Beifahrersitz aus in die Lenk- oder Antriebsvorgänge eingreift. Dass er sich dabei ein solches Eingreifen im Notfall vorbehält, qualifiziert ihn im Zeitpunkt der hier zu beurteilenden Tathandlung nicht als Fahrzeugführer (BGH, Urteil vom 9. Juli 1959 – 2 StR 240/59, BGHSt 13, 226, 227 f.; OLG Dresden, NJW 2006, 1013, 1014; OLG Düsseldorf, DAR 2014, 40, 41; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 316 StGB Rn. 5; König in LK-StGB, 12. Aufl., § 315c Rn. 41 f.; ders., DAR 2003, 448 und DAR 2014, 363, 370; Schönke/Schröder – Sternberg-Lieben/Hecker, StGB, 29. Aufl., § 316 Rn. 20; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 315c Rn. 3; MüKoStGB/Pegel, 2. Aufl., § 315c Rn. 27; Burmann/Heß/Jahnke/Janker – Burmann, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl., § 316 StGB Rn. 2, Mitsch, NZV 2011, 281, 282; Grupp/Kinzig, NStZ 2007, 132, 136; Renzikowski in Matt/Renzikowski, StGB, § 316 Rn. 41, Zieschang in NK-StGB, 4. Aufl., § 315c Rn. 10; Weigel, DAR 2014, 41 f.; Scheidler, DAR 2009, 403, 404; Heinrich, DAR 2009, 402, 403; Joerden, BA 40 [2003], 104, 106; aA OLG Bamberg NJW 2009, 2393; AG Cottbus, DAR 2003, 476; SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 315c Rn. 4; SK-StGB/Wolters, § 316 Rn. 13 [Stand: März 2012]; Tolksdorf, Festschrift für Nehm, 2006, S. 437, 441; Blum/Weber, NZV 2007, 228, 229; vgl. OLG Karls-ruhe, VRS 64, 153, 157; OLG Hamm, VRS 37, 281, 282; Geppert in LK-StGB, 12. Aufl., § 69 Rn. 29; vgl. auch BGH [Zivilsenat], Urteil vom 22. März 1977 – VI ZR 80/75, VRS 52, 408, 409).

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Aus der gegenüber einem Normalfahrzeug abweichenden technischen Ausstattung des Fahrschulwagens (zusätzliche Gas- und Bremspedale, vgl. § 5 Abs. 2 DVFahrlG) ergibt sich nichts anderes; diese erleichtert lediglich die Möglichkeiten des Fahrlehrers zum Eingreifen.

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b) Auch der beherrschende Einfluss des Fahrlehrers auf die Fahrt – etwa durch sein Weisungsrecht gegenüber dem Fahrschüler – lässt ihn nicht zum Fahrzeugführer werden. Der eigenhändige Charakter der Delikte und Ordnungswidrigkeiten, die das Führen eines Fahrzeugs voraussetzen, steht der Annahme einer mittelbaren Täterschaft entgegen (MüKoStGB/Pegel, 2. Aufl., § 315c Rn. 27; König, DAR 2003, 448, 449).

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c) Soweit zum Teil die Fahrzeugführereigenschaft des Fahrlehrers aus seiner Verantwortung für die Fahrt und deren Folgen sowie aus der Pflicht, den Fahrschüler jederzeit im Auge zu behalten, hergeleitet wird (vgl. OLG Bamberg, NJW 2009, 2393; AG Cottbus, DAR 2003, 476, 477), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Wenn der Gesetzgeber neben dem Fahrzeugführer auch die sonst für die Sicherheit Verantwortlichen in den Anwendungsbereich einer Strafnorm einbeziehen will, ordnet er dies im Wortlaut des Gesetzes ausdrücklich an (vgl. § 315a Abs. 1 Nr. 2 StGB). Das ist in den §§ 315c, 316 StGB und in § 23 StVO unterblieben. Die zivil- und gegebenenfalls auch die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Fahrlehrers (etwa unter den Gesichtspunkten der §§ 222, 229 StGB) ändert nichts daran, dass dieser die Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals des Führens eines Fahrzeugs nicht erfüllt (König, DAR 2003, 448, 449). Der Ersetzung dieser Voraussetzungen durch normative Erwägungen im Hinblick auf die Gefährlichkeit von bestimmten Verhaltensweisen des Fahrlehrers steht das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG entgegen.

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d) Schließlich spricht die Existenz der Regelung des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG gegen eine Fahrzeugführereigenschaft des Fahrlehrers. Wäre der Fahrlehrer nach der gesetzgeberischen Konzeption als Fahrzeugführer anzusehen, so hätte keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Fiktion („gilt… als Führer“) bestanden (Heinrich, DAR 2009, 402, 403).

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2. Der Fahrlehrer ist auch nicht als Beteiligter im Sinne des § 14 Abs. 1 OWiG verantwortlich. Abgesehen von der Frage der Anwendbarkeit dieser Regelung auf Konstellationen der mittelbaren Täterschaft (ablehnend KK-OWiG/Rengier, 4. Aufl., § 14 Rn. 4) führt das Verhalten des Fahrlehrers nicht dazu, dass bei einer Kumulation der Verhaltensweisen von Fahrschüler und Fahrlehrer die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1a StVO vorliegen – nämlich das gleichzeitige Telefonieren und Führen des Fahrzeugs (vgl. Mitsch, NZV 2011, 281, 283).

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3. Die Regelung des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG führt nicht dazu, dass der Fahrlehrer als Führer des Fahrzeugs im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO anzusehen ist. Denn diese gesetzliche Fiktion findet auf § 23 Abs. 1a StVO keine Anwendung (OLG Düsseldorf, DAR 2014, 40, 41; AG Herne, Urteil vom 24. November 2011 – 21 OWi – 64 Js 891/11 – 264/11, juris; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 2 StVG Rn. 28, 91; Mitsch, NZV 2011, 281, 282; aA OLG Karlsruhe, VRS 64, 153, 157; Scheidler, DAR 2009, 403, 404; Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl., § 2 StVG Rn. 55).

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a) Allerdings steht nicht bereits der Wortlaut der Norm einer Anwendung des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG auf die Fälle des § 23 Abs. 1a StVO entgegen. Diese Vorschrift beruht auf der Ermächtigungsgrundlage in § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG; hieran knüpft § 24 Abs. 1 Satz 1 StVG (i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO) an. Ein Verständnis des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG, wonach die für das Straßenverkehrsgesetz geltende Fiktion („im Sinne dieses Gesetzes“) auch die Rechtsverordnungen erfasst, die auf der Grundlage des Gesetzes ergangen sind, ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen.

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b) Eine solche Auslegung würde jedoch zu nur schwer nachvollziehbaren Wertungswidersprüchen in der Anwendung des Verkehrsstraf- und -ordnungswidrigkeitenrechts führen. Im Fall des Fahrens unter Alkoholeinfluss (§ 24a Abs. 1 und 3 StVG, § 316 StGB) wäre der Fahrlehrer nach § 316 StGB straflos, aber gemäß § 24a StVG verantwortlich, was vor dem Hintergrund des identischen Schutzzwecks und des hinsichtlich der Tathandlung identischen Wortlauts („Wer im [Straßen-] Verkehr ein [Kraft-] Fahrzeug führt…“) als in gesetzessystematischer Hinsicht kaum begründbar erschiene (OLG Düsseldorf, DAR 2014, 40, 41).

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c) Auch die Entstehungsgeschichte spricht gegen eine solche Auslegung. § 2 Abs. 15 StVG geht auf das Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 zurück (RGBl. S. 437). Dessen § 3 Abs. 2 lautete: „Bei den Übungs- und Prüfungsfahrten … gilt im Sinne dieses Gesetzes der Begleiter als Führer des Kraftfahrzeuges“. Diese Vorschrift nahm auf die schon damals existierende Fahrzeugführerhaftung kraft vermuteten Verschuldens (§ 18 Kraftfahrzeuggesetz) und die Strafbarkeit wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 24 Kraftfahrzeuggesetz) Bezug. Im vorangegangenen Gesetzgebungsverfahren war darauf hingewiesen worden, dass der Fahrschüler zur Ableistung der Prüfung im allgemeinen Straßenverkehr fahren müsse, er sich dabei aber, weil er zu diesem Zeitpunkt noch nicht über einen Führerschein verfüge, strafbar machen würde. Diesem Konflikt wollte die Regelung Rechnung tragen (vgl. Verhandlungen des Reichstags, Band 253, S. 7579, 7595; Reichstags-Drucks. Band 21, Nr. 1250, S. 33). Der Verordnungsgeber hat sich bei Schaffung des § 23 Abs. 1a StVO nicht zur Anwendbarkeit des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG geäußert (vgl. BR-Drucks. 599/00, S. 18 ff.). Es kann daher nicht unterstellt werden, dass er den ursprünglichen in dem vorgenannten Sinne beschränkten Anwendungsbereich der gesetzlichen Fiktion auf den neu geschaffenen Ordnungswidrigkeitentatbestand ausdehnen wollte, zumal ein solcher Wille im Wortlaut keinen Ausdruck gefunden hätte.

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d) Schließlich spricht auch der Sinn und Zweck der Regelung in § 23 Abs. 1a StVO gegen eine Einbeziehung von Fahrlehrern, die während eines Telefongesprächs nicht in die Fahrt eingreifen. Der Verordnungsgeber wollte mit der Schaffung des § 23 Abs. 1a StVO erreichen, dass der Fahrzeugführer „beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat“; hält der Fahrzeugführer aber in der einen Hand das Telefon, so steht ihm für das Lenkrad und sonstige manuell zu bedienende Instrumente nur noch eine Hand zur Verfügung (BR-Drucks. 599/00, S. 18; vgl. Mitsch, NZV 2011, 281, 282 f.). Die Tätigkeit des Fahrlehrers besteht in der Regel in verbalen Anweisungen. Selbst in hypothetischen Gefahrensituationen benötigt der Fahrlehrer nicht notwendig beide Hände. Ungeachtet der Gefahren, die von einem durch das Telefonieren abgelenkten Fahrlehrer ausgehen mögen, erfasst daher der Schutzzweck des § 23 Abs. 1a StVO den eine Aufsichtsfahrt beaufsichtigenden Fahrlehrer jedenfalls nicht unmittelbar (vgl. Joerden, BA 40 [2003], 104, 107).

23

e) Nach alledem bewirkt die gesetzliche Fiktion in § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG nur eine partielle Verlagerung der Verantwortung auf den Fahrlehrer (nämlich beschränkt auf die §§ 18, 21 StVG); sie erfasst nicht die in § 23 Abs. 1a StVO enthaltene Regelung der Benutzung von Mobil- und Autotelefonen durch Fahrzeugführer. Das war in der Beschlussformel auszusprechen, soweit zwischen den beteiligten Oberlandesgerichten Streit über die Auslegung dieser Vorschrift besteht.

Sost-Scheible                   Cierniak                      Franke

                       Bender                    Quentin

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