Beschluss vom Bundesgerichtshof (1. Strafsenat) - 1 StR 573/14

Tenor

1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 26. Mai 2014 wird als unzulässig verworfen.

2. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

1

Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 26. Mai 2014 wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Urteilsverkündung fand in Anwesenheit des Angeklagten statt. Gegen dieses Urteil hat die Pflichtverteidigerin des Angeklagten fristgerecht Revision eingelegt. Das Urteil wurde ihr am 7. Juli 2014 zugestellt. Nachdem bis zum Ablauf der Frist des § 345 Abs. 1 Satz 2 StPO keine Rechtsmittelbegründung eingegangen war, verwarf das Landgericht die Revision durch Beschluss vom 12. August 2014 gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig. Dieser Beschluss wurde der Pflichtverteidigerin am 21. August 2014 zugestellt.

2

Mit Schreiben seines neuen Wahlverteidigers vom 9. September 2014, eingegangen bei dem Landgericht am selben Tag, hat der Angeklagte die Revision begründet und beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Fristversäumung des Antrags auf Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Abgabe einer Revisionsbegründung und eines Revisionsantrags sowie bezüglich der Versäumung der Frist zur Abgabe einer Revisionsbegründung und eines Revisionsantrags zu gewähren.

3

Er trägt vor, weder er noch der unterzeichnende Rechtsanwalt hätten Kenntnis von dem Verwerfungsbeschluss gehabt. Der unterzeichnende Rechtsanwalt habe von diesem Beschluss erst durch eine Akteneinsicht in der 36. Kalenderwoche erfahren. In dieser Woche habe auch er selbst den Verwerfungsbeschluss in der Justizvollzugsanstalt erhalten. Da seine Pflichtverteidigerin für ihn bereits Revision eingelegt hatte, habe er davon ausgehen dürfen, dass sie auch einen Revisionsantrag stellt und zumindest die allgemeine Sachrüge erhebt. Das Versäumnis der Pflichtverteidigerin könne ihm nicht zugerechnet werden.

4

Die Vollzugsgeschäftsstelle der Justizvollzugsanstalt München hat auf Anfrage eines Vertreters des Generalbundesanwalts im November 2014 mitgeteilt, dass der Verwerfungsbeschluss dort nicht zur Aushändigung an den Angeklagten eingegangen, diesem also offensichtlich persönlich zugesandt worden sei. Auf Befragen habe der Angeklagte erklärt, er habe den Beschluss am 12. September 2014 oder am 13. September 2014 erhalten.

II.

5

Beide Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind unzulässig.

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1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist unzulässig.

7

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO); innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen. Die hierzu erforderlichen Angaben sind ebenso wie ihre Glaubhaftmachung Zuläs-sigkeitsvoraussetzungen (BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2012 - 1 StR 341/12; und vom 7. Juni 2013 - 1 StR 232/13; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., 2014, § 45 Rn. 5 mwN). Bereits an dieser Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt es.

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Darüber hinaus hat der Angeklagte auch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass er ohne Verschulden gehindert war, die versäumte Rechtsmittelfrist einzuhalten (§ 44 Abs. 1 StPO).

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a) Der Antrag enthält keine Angaben dazu, zu welchem Zeitpunkt das Hindernis im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO tatsächlich weggefallen ist. Entscheidend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte und nicht der Verteidiger Kenntnis von dem Verwerfungsbeschluss erlangt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 4 StR 320/12, NStZ 2013, 474; und vom 3. Dezember 2013 - 1 StR 412/13). Die Angabe eines längeren Zeitraums, hier sogar von einer Woche, genügt diesem Erfordernis nicht.

10

Zudem ist der Vortrag, wann dem Angeklagten die Versäumung der Rechtsmittelfrist bekannt geworden ist, in sich widersprüchlich.

11

Aus der vom Generalbundesanwalt eingeholten Auskunft der Vollzugsgeschäftsstelle ergibt sich, dass der Angeklagte im November 2014 behauptet hat, den Verwerfungsbeschluss erst am 12. oder 13. September 2014 erhalten zu haben. Über seinen Verteidiger hat er allerdings am 9. September 2014 vortragen lassen, den Beschluss bereits in der 36. Kalenderwoche bekommen zu haben. Die 36. Kalenderwoche ist die Woche von Montag, dem 1. September, bis Sonntag, dem 7. September 2014.

12

Der Vortrag schließt zudem nicht aus, dass der Angeklagte den Beschluss bereits am 1. September 2014 erhalten hat. In diesem Fall hätte das am 9. September 2014 eingegangene Gesuch um Wiedereinsetzung die Wochenfrist des § 45 Abs. 1 StPO nicht gewahrt. Diese Zweifel an der Fristeinhaltung gehen zu Lasten des Antragstellers (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 45 Rn. 3).

13

b) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist bleibt auch deshalb ohne Erfolg, weil der Angeklagte weder dargelegt noch glaubhaft gemacht hat, dass er ohne Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten (§ 44 Abs. 1 StPO). Sein Vortrag lässt offen, ob er seine Pflichtverteidigerin überhaupt mit der Begründung des Rechtsmittels beauftragt hatte; ein solcher Auftrag ist auch nicht durch anwaltliche Versicherung der Pflichtverteidigerin glaubhaft gemacht. Auch wurde nicht näher dargelegt und ebenfalls nicht anwaltlich versichert, weshalb die Pflichtverteidigerin tatsächlich die Revisionsbegründung trotz eventuellen Auftrags unterlassen hat.

14

c) Soweit der Angeklagte nun mit Schreiben vom 21. Dezember 2014 erstmals vorträgt, er habe seine Pflichtverteidigerin auch mit der Revisionsbegründung beauftragt, ändert dies im Ergebnis an der Unzulässigkeit des Antrags nichts.

15

2. Auch der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO ist unzulässig. Der Umstand, dass der Wahlverteidiger in seinem Gesuch vom 9. September 2014 ausdrücklich auch einen solchen Wiedereinsetzungsantrag gestellt hat, belegt, dass dem Angeklagten die Versäumung der Frist für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags bekannt war; zumindest aber hat er eine solche Fristversäumung bei Antragstellung am 9. September 2014 ernsthaft in Betracht gezogen. Dennoch legt der Antrag keine Umstände dar, aus denen sich ein unverschuldetes Fristversäumnis ergibt.

Rothfuß                              Cirener                          Radtke

                   Mosbacher                          Fischer

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