Beschluss vom Bundesgerichtshof (1. Zivilsenat) - I ZB 12/15
Tenor
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Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 30. Januar 2015 aufgehoben.
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Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
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Der Wert der Rechtsbeschwerde wird auf 20.000 € festgesetzt.
Gründe
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I. Das Amtsgericht hat der Gläubigerin, einer GmbH, mit Beschluss vom 18. Januar 2013 den Zuschlag hinsichtlich des im Wege der Zwangsversteigerung verwerteten Hausanwesens K. 29 in H. erteilt. Zugleich hat es in dem Beschluss den Antrag auf Versagung des Zuschlags gemäß § 765a ZPO zurückgewiesen, den die am 9. Oktober 1920 geborene Schuldnerin gestellt hatte, die seit der Errichtung eines Einfamilienhauses auf diesem Anwesen im Jahr 1958 dort wohnt. Die von der Schuldnerin dagegen eingelegte sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben.
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Einen von der Schuldnerin am 22. April 2013 gestellten ersten Antrag auf Räumungsschutz gemäß § 765a Abs. 3 ZPO hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 16. Mai 2013 zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Landgericht mit Beschluss vom 5. Juni 2013 die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss einstweilen bis zum 5. Juli 2013 eingestellt. Nachfolgend hat das Landgericht mit Beschluss vom 26. Juli 2013 die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bis zum 18. August 2013 verlängert und mit Beschluss vom 15. August 2013 die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts bis zum 31. Januar 2014 eingestellt.
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Mit Beschluss vom 29. April 2014 hat das Amtsgericht die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss vom 18. Januar 2013 für die Dauer von weiteren 18 Monaten ab Rechtskraft dieses Beschlusses eingestellt. Zugleich hat es der Schuldnerin aufgegeben, an die Gläubigerin eine monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe von 825 € zu leisten, bei deren nicht oder nicht regelmäßiger Zahlung das Verfahren auf Antrag der Gläubigerin fortgesetzt und ein Räumungstermin bestimmt werden sollte. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat das Landgericht diese Entscheidung mit Beschluss vom 30. Juni 2014 dahingehend abgeändert, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts nur bis zum 30. November 2014 weiter einstweilen eingestellt blieb.
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Den vom Betreuer der Schuldnerin mit Schreiben vom 20. Oktober 2014 gestellten Antrag auf weiteren Räumungsschutz ab dem 1. Dezember 2014 hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 7. November 2014 zurückgewiesen. In der Beschwerdeinstanz hat das Landgericht am 5. Dezember 2014 das Verfahren auf die Kammer übertragen und die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet, das die damit beauftragte Fachärztin für Psychiatrie Dr. M. am 20. Dezember 2014 erstattet hat. Nach persönlicher Anhörung der Schuldnerin durch die Berichterstatterin der Beschwerdekammer am 13. Januar 2015 hat die Kammer die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts vom 18. Januar 2013 auf unbestimmte Zeit eingestellt und der Schuldnerin aufgegeben, der Gläubigerin eine monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe von 362,85 € zu zahlen (LG Bielefeld, Beschluss vom 30. Januar 2015 - 23 T 851/14, juris).
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Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Gläubigerin, deren Zurückweisung die Schuldnerin beantragt.
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II. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts liegen die Voraussetzungen für eine weitere Einstellung der Räumungsvollstreckung nach § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO vor. Dazu hat es ausgeführt:
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Die zwangsweise Räumung des von der Schuldnerin bewohnten Hauses bedeute auch unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses der Gläubigerin wegen ganz besonderer Umstände eine mit den guten Sitten unvereinbare Härte. Unter diesen Umständen müssten die Rechte und Interessen der Gläubigerin als Grundstückseigentümerin aus Art. 14 GG ausnahmsweise gegenüber dem Grundrecht der Schuldnerin auf Leben aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zurücktreten. Zwar komme eine Einstellung auf unbestimmte Zeit nur in absoluten Ausnahmefällen in Betracht. Ein solcher Ausnahmefall liege aber vor. Bei einer zwangsweisen Räumung des Hauses sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die 94-jährige Schuldnerin die Zwangsvollstreckungsmaßnahme nicht überleben werde. Sie leide unter erheblichen Herzerkrankungen sowie Einschränkungen der Nierenfunktionen und mache einen äußerst gebrechlichen Eindruck. Zudem sei mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Schuldnerin bei einer Zwangsräumung Selbstmord begehen werde. Dies entspreche dem vorliegenden Gutachten und dem persönlichen Eindruck der Berichterstatterin im Anhörungstermin. Die akute Suizidgefahr im Falle der Zwangsräumung sei durch zumutbare Maßnahmen nicht abzuwenden. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass die Schuldnerin ihre Mittellosigkeit bewusst herbeigeführt habe. Da die Schuldnerin zur Zahlung der an sich angemessenen und in den vorangegangenen Beschlüssen festgesetzten Nutzungsentschädigung derzeit finanziell nicht in der Lage sei, orientiere sich die Festsetzung der aktuell zu zahlenden Nutzungsentschädigung an dem Teilbetrag zur Grundsicherung, den die Stadt H. an die Gläubigerin zahle.
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III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg. Der angefochtene Beschluss ist schon deshalb aufzuheben, weil sich das Beschwerdegericht bei seiner Entscheidung unter anderem auf den persönlichen Eindruck gestützt hat, den allein die Berichterstatterin bei der von ihr im Auftrag der Beschwerdekammer am 13. Januar 2015 durchgeführten Anhörung der Schuldnerin gewonnen hat.
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1. Die Frage, in welcher Form die von einem mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörper für erforderlich gehaltene Anhörung einer Partei zu erfolgen hat, ist in der Zivilprozessordnung weder für Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung noch für Verfahren mit - wie im Vollstreckungsverfahren - freigestellter mündlicher Verhandlung ausdrücklich geregelt. Für nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) zu betreibende Verfahren ist es anerkannt, dass die Anhörung eines Verfahrensbeteiligten nicht notwendig vor allen Mitgliedern des Spruchkörpers erfolgen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juni 2010 - V ZB 127/10, NVwZ 2010, 1318 Rn. 12 bis 15; Beschluss vom 9. November 2011 - XII ZB 286/11, NJW 2012, 317 Rn. 31). Entsprechendes gilt nach §§ 375, 451 ZPO für die Vernehmung eines Zeugen oder einer Partei. Dagegen ist für die Parteianhörung nach § 141 ZPO im Zivilprozess umstritten, ob diese zwingend vor dem Prozessgericht zu erfolgen hat (vgl. RG SeuffArch 64 (1909), 242, 243; OLG Braunschweig, SeuffArch 55 (1900), 461, 462; Wieczorek/Schütze/Schmid, ZPO, 4. Aufl., § 141 Rn. 44; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 141 Rn. 26; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 36. Aufl., § 141 Rn. 2; Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 12. Aufl., § 141 Rn. 11; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 141 Rn. 6) oder vor dem beauftragten oder ersuchten Richter stattfinden kann (vgl. OLG Köln, MDR 1986, 152; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 74. Aufl., § 141 Rn. 12). Begründet wird die zwingende Anhörung vor dem Prozessgericht damit, dass sie Teil der mündlichen Verhandlung ist und die Vorschrift des § 141 ZPO keine Anhörung vor dem beauftragten oder ersuchten Richter vorsieht. Die unterschiedliche Handhabung bei der Zeugen- und Parteivernehmung sowie der Anhörung nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit einerseits und der Parteianhörung nach der Zivilprozessordnung andererseits überzeugt allerdings nicht. Die Zeugen- und Parteivernehmung dienen der Beweiserhebung und damit dem Ziel, den Wahrheitsgehalt von Parteibehauptungen zu ermitteln. Die Parteianhörung nach § 141 ZPO ist dagegen in erster Linie darauf gerichtet, den Sachverhalt aufzuklären, Lücken und Unklarheiten im Parteivortrag zu beheben und den Streitstand festzustellen. Daneben kann in bestimmten Prozesskonstellationen eine Parteianhörung zur Wahrung der Chancengleichheit einer Partei im Zivilprozess erforderlich sein (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 325/11, NJW 2013, 2601 Rn. 10). Damit überschneidet sich die Parteivernehmung mit der Parteianhörung, wenn deren Ergebnis im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO berücksichtigt wird (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96, NJW 1999, 363, 364; BGH, NJW 2013, 2601 Rn. 11). Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Parteianhörung, deren Zweck in der Aufklärung und Vervollständigung des Streitstoffs und der Ermittlung des der Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalts besteht, zwingend vor dem erkennenden Gericht erfolgen muss, während die Durchführung der Beweisaufnahme, die zur Ermittlung der Wahrheit oder Unwahrheit von Prozessbehauptungen erforderlich ist, einem beauftragten oder ersuchten Richter übertragen werden kann. Die Frage, ob die Parteianhörung in einem Verfahren mit notwendiger mündlicher Verhandlung vor dem Prozessgericht erfolgen muss, braucht vorliegend allerdings nicht abschließend entschieden zu werden. Für das Verfahren nach § 765a ZPO ist eine mündliche Verhandlung vor dem Beschwerdegericht fakultativ. Jedenfalls in einem solchen Fall braucht die Parteianhörung nicht zwingend vor dem erkennenden Gericht zu erfolgen, sondern kann einem beauftragten oder ersuchten Richter übertragen werden.
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Die Anhörung durch einen von dem Spruchkörper beauftragten Richter setzt allerdings in entsprechender Anwendung von § 375 Abs. 1a, § 451 ZPO voraus, dass diese Verfahrensweise zur Vereinfachung der Verhandlung zweckmäßig erscheint und außerdem von vornherein anzunehmen ist, dass das Ergebnis der Anhörung auch ohne unmittelbaren Eindruck von deren Verlauf sachgemäß gewürdigt werden kann (vgl. BGH, NVwZ 2010, 1318 Rn. 13). Dementsprechend darf das Ergebnis der Anhörung durch den beauftragten Richter nicht verwertet werden, wenn Gesichtspunkte eine Rolle spielen, die nur aufgrund eines unmittelbaren Eindrucks von der Parteianhörung zuverlässig beurteilt werden können.
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2. Nach diesen Maßstäben hat die vom Beschwerdegericht getroffene Entscheidung weder mit der von diesem gegebenen Begründung noch im Übrigen mit anderer Begründung Bestand und ist deshalb aufzuheben (§ 577 Abs. 3 und 4 Satz 1 ZPO).
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a) Die angefochtene Entscheidung beruht nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen maßgeblich darauf, dass die Berichterstatterin sich bei der von ihr am 13. Januar 2015 im Auftrag der Kammer durchgeführten Anhörung der Schuldnerin von deren äußerst eingeschränktem Allgemeinzustand hat überzeugen können und deswegen mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, die Schuldnerin werde die besondere Belastungssituation einer Zwangsräumung nicht überleben. Nach den mehrfachen sachverständigen Begutachtungen im Laufe der letzten beiden Jahre sei auch keinesfalls anzunehmen, dass sich der gesundheitliche Zustand der Schuldnerin verbessern könnte.
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b) Das Beschwerdegericht hat des Weiteren festgestellt, dass sich die Berichterstatterin bei der Anhörung der Schuldnerin am 13. Januar 2015 einen Eindruck davon hat verschaffen können, in welchem Ausmaß die Schuldnerin auf den Verbleib in ihrem Elternhaus sowie darauf fixiert war, ihr vermeintlich angetanes und geschehenes Unrecht durch angebliche Betrügereien von Rechtsanwälten und Steuerberatern aufzuklären und gerichtlich ahnden zu lassen. Es hat hierin zum einen eine Bestätigung der Angaben der drei in den verschiedenen Verfahren tätigen Sachverständigen gesehen, nach denen die von der Schuldnerin wiederholt geäußerten Suizidankündigungen durchaus ernst zu nehmen seien und im Falle einer Zwangsräumung mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass die Schuldnerin einen Suizid erfolgreich ausführen würde. Zum anderen hat es an diesen von der Berichterstatterin bei der Anhörung der Schuldnerin gewonnenen Eindruck anschließend festgestellt, dass die bestehende akute Suizidgefahr nicht auf einer die freie Willensbestimmung beeinflussenden oder ausschließenden psychischen Erkrankung der Schuldnerin beruht und dass deshalb eine Einflussnahme gegen deren erklärten Willen etwa durch eine betreuungsrechtliche Unterbringung mit Zwangsbehandlung oder nach dem nordrhein-westfälischen Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten nicht in Betracht kommt und entsprechende Maßnahmen nach den Angaben der Sachverständigen die Suizidgefahr allenfalls zeitlich verlagerten.
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c) Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts maßgeblich auch auf dem persönlichen Eindruck der Berichterstatterin beruht, den diese bei der Anhörung von der Schuldnerin und ihren persönlichen Lebensumständen gewonnen hat.
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IV. Im Hinblick darauf, dass das Beschwerdegericht sich keinen persönlichen Eindruck von der Schuldnerin verschafft hat, ist die Sache nicht gemäß § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO zur Endentscheidung reif. Sie ist daher gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
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V. Dieses wird bei seiner neuen Entscheidung insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen haben:
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1. Ist mit einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden, so kann dies die Untersagung oder einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 765a ZPO rechtfertigen. Dabei ist aber stets eine Abwägung der Interessen des Schuldners mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers vorzunehmen. Es kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich auch der Gläubiger auf Grundrechte berufen kann. Ist sein Räumungstitel nicht durchsetzbar, wird sein Grundrecht auf Schutz seines Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) und auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) beeinträchtigt. Dem Gläubiger dürfen keine Aufgaben überbürdet werden, die nach dem Sozialstaatsprinzip dem Staat und damit der Allgemeinheit obliegen. Es ist deshalb auch dann, wenn bei einer Räumungsvollstreckung eine konkrete Lebensgefahr für einen Betroffenen besteht, sorgfältig zu prüfen, ob dieser Gefahr nicht auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann. Dabei kann vom Schuldner erwartet werden, dass er alles ihm Zumutbare unternimmt, um Gefahren für Leben und Gesundheit möglichst auszuschließen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - I ZB 34/09, WuM 2010, 250 Rn. 8). Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung auf unbestimmte Zeit in derartigen Fällen ist auf absolute Ausnahmefälle beschränkt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2014 - 2 BvR 2455/12, NJW-RR 2014, 583 Rn. 11; Kammerbeschluss vom 29. Juli 2014 - 2 BvR 1400/14, NJW-RR 2014, 1290 Rn. 11; Kammerbeschluss vom 6. August 2014 - 2 BvR 1340/14, WM 2014, 1726, 1727; BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2013 - I ZB 15/13, NJW 2014, 2288 Rn. 24 bis 27). Ein solcher Ausnahmefall ist nicht schon dann gegeben, wenn die Voraussetzungen für eine befristete Einstellung vorliegen und die Aussichten auf eine Besserung des Gesundheitszustands gering sind. Vielmehr muss die Prognose ergeben, dass eine Verringerung der Suizidgefahr auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Mitwirkung des Schuldners und staatlicher Stellen in Zukunft ausgeschlossen erscheint.
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Mit Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, dass die Feststellungen des Berufungsgerichts eine dauerhafte Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht rechtfertigen.
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Nach den im Streitfall gegebenen Umständen kommt in Betracht, dass die Schuldnerin sich zukünftig in einem Zustand befinden wird, der eine solche Selbsttötung ausschließt. Nach dem von der Sachverständigen Dr. M. im Beschwerdeverfahren erstatteten Gutachten ist nicht auszuschließen, dass die Gefahr eines Selbstmords der Schuldnerin in Zukunft abnehmen wird, weil sie so pflegebedürftig wird, dass sie nicht mehr selbstbestimmt leben kann.
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2. Sollte das Beschwerdegericht im wiedereröffneten Beschwerdeverfahren erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass eine akute, anders nicht abwendbare Suizidgefahr bei der Schuldnerin besteht, ist die Zwangsvollstreckung einzustellen. Bei der Beurteilung der Frage, für welchen Zeitraum dies zu geschehen hat, wird das Beschwerdegericht den Umstand zu berücksichtigen haben, dass die Gläubigerin das Hausgrundstück weit unter Verkehrswert ersteigert hat und die zum Zeitpunkt der Zwangsversteigerung 93-jährige Schuldnerin seit mehr als 50 Jahren in dem Haus wohnt. Das Beschwerdegericht wird in diesem Zusammenhang auch zu prüfen haben, ob der Gläubigerin das Alter der Schuldnerin und der Zeitraum, den sie in dem Haus wohnt, aus dem Zwangsversteigerungsverfahren bekannt waren und sie von vornherein mit erheblichen Risiken bei einer Zwangsräumung rechnen musste. Zugunsten der Gläubigerin ist zu berücksichtigen, wenn sie durch die Dauer des Räumungsverfahrens und die unter dem Verkehrswert liegende Nutzungsentschädigung in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist. Dabei wird das Beschwerdegericht allerdings zu beachten haben, dass finanzielle Schwierigkeiten der Gläubigerin dann nicht ins Gewicht fallen, wenn sie beim Erwerb der Immobilie aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten ein hohes Geschäftsrisiko eingegangen ist.
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