Beschluss vom Bundesgerichtshof (1. Strafsenat) - 1 StR 204/17
Tenor
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1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 29. November 2016 wird
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a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte W. in den Fällen II.1. bis II.38. der Urteilsgründe verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
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b) das vorgenannte Urteil
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aa) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte W. des gewerbsmäßigen Schmuggels in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 23 Fällen schuldig ist,
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bb)soweit es den Mitangeklagten G. betrifft, im Schuldspruch dahin abgeändert, dass in den Fällen II.39. bis II.61. der Urteilsgründe die tateinheitliche Verurteilung wegen Steuerhinterziehung entfällt, und
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cc)hinsichtlich beider Angeklagter im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
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2. Die weitergehende Revision des Angeklagten W. wird verworfen.
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3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
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Das Landgericht hat den Angeklagten W. und den Mitangeklagten G. jeweils wegen gewerbsmäßigen Schmuggels in Tateinheit mit Steuerhinterziehung und mit Urkundenfälschung in 61 Fällen verurteilt. Gegen den Angeklagten W. hat es deswegen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten festgesetzt. Gegen den Mitangeklagten G. hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Im Hinblick auf eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat das Landgericht hiervon bei beiden Angeklagten jeweils acht Monate Freiheitsstrafe für vollstreckt erklärt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte W. mit seiner auf Verfahrensrügen und sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützten Revision. Der Mitangeklagte G. hat kein Rechtsmittel eingelegt. Die Revision des Angeklagten W. führt nach einer Teileinstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO zu einer Abänderung des Schuldspruchs und hat im Übrigen zum Strafausspruch Erfolg; die weitergehende Revision des Angeklagten W. ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Gemäß § 357 StPO ist die Schuldspruchänderung und in der Folge auch die Aufhebung des Strafausspruchs auf den Mitangeklagten G. zu erstrecken.
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1. Aus prozessökonomischen Gründen wird das Verfahren, soweit es den Angeklagten W. betrifft, auf Antrag des Generalbundesanwalts in den Fällen II.1. bis II.38. der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
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2. In den (verbleibenden) Fällen II.39. bis II.61. der Urteilsgründe ist der Schuldspruch - gemäß § 357 StPO auch hinsichtlich des Mitangeklagten G. - dahin abzuändern, dass die Verurteilung jeweils wegen tateinheitlich begangener Steuerhinterziehung entfällt.
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a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen verkürzten der Angeklagte W. und der Mitangeklagte G. in diesen Fällen jeweils dadurch Zoll und Einfuhrumsatzsteuer, dass sie bei der Einfuhr von Honig aus der Ukraine im Rahmen der Abgabe von Zollanmeldungen durch eine Zollspedition einen erheblich unter dem Einkaufspreis liegenden Warenwert anmelden ließen und dabei von gefälschten Rechnungen Gebrauch machten. Das Landgericht hat diese Taten jeweils als gewerbsmäßigen Schmuggel in Tateinheit mit Steuerhinterziehung und mit Urkundenfälschung gewertet.
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b) Die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) entfällt, weil es sich bei Schmuggel (§ 373 AO) um einen Qualifikationstatbestand handelt, der den Grundtatbestand des § 370 AO verdrängt. Dies gilt für vor dem 1. Januar 2008 begangenen Taten selbst dann, wenn - was hier nicht der Fall ist - die Voraussetzungen eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 Abs. 3 AO gegeben sind (BGH, Beschlüsse vom 2. September 2015 - 1 StR 11/15, NStZ 2016, 47 und vom 5. November 2014 - 1 StR 267/14, NStZ 2015, 285, jeweils mwN). Neben dem Zoll stellt auch die Einfuhrumsatzsteuer eine Einfuhrabgabe dar, die vom Qualifikationstatbestand des § 373 Abs. 1 AO erfasst wird (vgl. Jäger in Klein, AO, 13. Aufl., § 373 Rn. 25). Der Angeklagte ist damit - nach Teileinstellung des Verfahrens - des gewerbsmäßigen Schmuggels in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 23 Fällen schuldig.
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3. Gemäß § 357 StPO ist die Schuldspruchänderung in den Fällen II.39. bis II.61. der Urteilsgründe auch auf den als Mittäter verurteilten Mitangeklagten G. zu erstrecken. Soweit das Verfahren gegen den Angeklagten W. gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist, greift § 357 StPO für den Mitangeklagten nicht ein.
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4. Die Einzelstrafen in den Fällen II.39. bis II.61. der Urteilsgründe haben - gemäß § 357 StPO auch hinsichtlich des Mitangeklagten G. - keinen Bestand. Denn das Landgericht hat ausdrücklich zum Nachteil beider Angeklagter berücksichtigt, dass diese mit jeder Tat jeweils drei Straftatbestände verwirklichten. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Es liegt ein Fall der Gesetzeskonkurrenz vor, bei der das verdrängte Delikt nur dann bei der Strafzumessung berücksichtigt werden darf, wenn und soweit Umstände, die die erhöhte Schuld begründen sollen, nicht schon - wie aber hier - zu den Merkmalen des vorrangigen Tatbestands gehören (vgl. LK-Rissing-van Saan, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 95). Damit hat das Landgericht in allen Fällen gegen das Verbot der Doppelverwertung (§ 46 Abs. 3 StGB) verstoßen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht in diesen Fällen ohne diesen Wertungsfehler jeweils niedrigere Einzelstrafen verhängt hätte. Da hinsichtlich des Angeklagten W. - nach Teileinstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO - alle verbliebenen Einzelstrafen betroffen sind, kann auch die Gesamtstrafe keinen Bestand haben. Hinsichtlich des Mitangeklagten G. hebt der Senat den Strafausspruch ebenfalls insgesamt auf, um dem neuen Tatgericht eine neue und widerspruchsfreie Strafzumessung zu ermöglichen.
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5. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von dem Wertungsfehler nicht betroffen sind.
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6. Die weitergehende Revision des Angeklagten W. ist aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 11. Mai 2017 genannten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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Raum
Jäger
Bellay
RinBGH Dr. Fischer ist im
Urlaub und deshalb an der
Unterschriftsleistung gehindert.Raum
Hohoff
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Referenzen
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- StPO § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte 5x
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