Beschluss vom Bundesgerichtshof (4. Strafsenat) - 4 StR 531/17

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 11. Juli 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) in den Fällen II. 2. i) und II. 2. l) der Urteilsgründe;

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Betruges in vier Fällen unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Bünde vom 14. Mai 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten sowie wegen Betruges in zwei Fällen und versuchten Betruges in sechs Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Seine allgemein auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

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1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Betruges in den Fällen II. 2. i) und II. 2. l) der Urteilsgründe hat keinen Bestand.

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a) Nach den zu diesen beiden Fällen getroffenen Feststellungen versandte der Angeklagte - ebenso wie in weiteren Fällen - in betrügerischer Absicht Rechnungen an Gewerbetreibende über angeblich von diesen in Auftrag gegebene Eintragungen in Branchenverzeichnisse im Internet. In den Fällen II. 2. i) und II. 2. l) erkannten die Empfänger der Rechnungen deren Nichtberechtigung und zahlten die ausgewiesenen Beträge nicht.

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b) Die Urteilsgründe weisen insoweit einen durchgreifenden Erörterungsmangel auf, als sich aus ihnen nicht hinreichend ergibt, ob der Angeklagte in diesen beiden Fällen von einem versuchten Betrug strafbefreiend zurückgetreten ist. Das Urteil verhält sich nicht zur Vorstellung des Angeklagten nach dem Ende seiner letzten Ausführungshandlung bei diesen beiden Taten (sog. Rücktrittshorizont; vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 - GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 227), insbesondere dazu, ob er davon ausging, er könne die den Rechnungsempfängern angesonnene Zahlung des Rechnungsbetrages noch erreichen, etwa durch den - auch in anderen Fällen von ihm vorgenommenen - Versand von Mahnungen. Daher bleibt offen, ob in diesen beiden Fällen der Betrugsversuch fehlgeschlagen, unbeendet oder beendet war. Dies durfte indes nicht dahinstehen, da im Fall eines unbeendeten Versuchs der Angeklagte gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 StGB bereits durch freiwilliges Abstandnehmen von weiteren Ausführungshandlungen vom Betrugsversuch strafbefreiend zurückgetreten wäre (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 1994 - 2 StR 449/94, BGHSt 40, 304, 306).

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Soweit die Strafkammer in der rechtlichen Würdigung des angefochtenen Urteils - pauschal für alle Taten - ausgeführt hat, ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch komme nicht in Betracht, da der Angeklagte in keinem einzigen Fall freiwillig auf die weitere Geltendmachung der Rechnungsforderungen verzichtet habe (UA 46), führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn die fehlende Freiwilligkeit ist nur in Bezug auf die weiteren versuchten Betrugstaten hinreichend belegt, für die jeweils festgestellt ist, dass sich die Rechnungsempfänger gegen die unberechtigten Forderungen mittels anwaltlicher Hilfe oder durch die Erstattung von Strafanzeigen zur Wehr setzten. Hingegen fehlen für die Fälle II. 2. i) und II. 2. l) der Urteilsgründe entsprechende Feststellungen; insoweit teilen die Urteilsgründe lediglich mit, dass die Rechnungsempfänger den geltend gemachten Betrag nicht zahlten.

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2. Bereits der Wegfall der für diese beiden Taten festgesetzten Einzelstrafen entzieht der (zweiten) Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten die Grundlage.

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3. Die Verhängung der (ersten) Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten hält der revisionsrechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand. Das Landgericht hat diese Gesamtstrafe im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB aus den Einzelstrafen für die Fälle II. 2. a) bis II. 2. d) der Urteilsgründe und einer unerledigten Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Bünde vom 14. Mai 2014 gebildet. Angesichts lückenhafter Feststellungen zu einer früheren Verurteilung vermag der Senat jedoch nicht zu prüfen, ob das Landgericht zu Recht die Voraussetzungen des § 55 StGB angenommen hat.

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Die dem Urteil vom 14. Mai 2014 zugrunde liegende Tat hatte der Angeklagte begangen, bevor ihn das Amtsgericht Bünde am 24. September 2013 wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer (Gesamt-)Geldstrafe verurteilte. Waren die Einzelstrafen aus dem Urteil vom 24. September 2013 am 14. Mai 2014 noch nicht erledigt, war aus ihnen und der an diesem Tag verhängten Geldstrafe eine neue Gesamtgeldstrafe mit der Folge zu bilden, dass das frühere Urteil vom 24. September 2013 Zäsurwirkung entfaltete (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., § 55 Rn. 11). Eine Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil vom 14. Mai 2014 gemäß § 55 StGB kam dann im vorliegenden Verfahren nicht mehr in Betracht; vielmehr hätte das Landgericht aus den von ihm verhängten Einzelstrafen gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe bilden müssen. Da sich das angefochtene Urteil zur Erledigung der Strafen aus dem Urteil vom 24. September 2013 nicht verhält, kann die Bildung der nachträglichen Gesamtstrafe gemäß § 55 StGB keinen Bestand haben.

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4. Für den Fall, dass erneut eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Bünde vom 14. Mai 2014 zu bilden ist, weist der Senat darauf hin, dass in diese Gesamtstrafe nur diejenigen Taten einbezogen werden dürfen, die zum Zeitpunkt des Urteils vom 14. Mai 2014 bereits beendet waren (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 1994 - 1 StR 142/94, NStZ 1994, 482, 483; Fischer, aaO, § 55 Rn. 7; Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 9).

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