Beschluss vom Bundesgerichtshof (11. Zivilsenat) - XI ZR 335/17

Tenor

Nach Beratung wird gemäß §§ 552a, 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hingewiesen, dass der Senat der Revision keine Aussicht auf Erfolg beimisst, die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht als gegeben ansieht und beabsichtigt, die Revision durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

1. Die Revision hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat sowohl die Wirksamkeit der im Streit stehenden Agio-Klausel rechtsfehlerfrei bejaht als auch den Hilfsantrag der Kläger zu Recht abgewiesen.

a) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht die Agio-Klausel als Preishauptabrede qualifiziert, die gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen ist.

§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Hierunter fallen zwar weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung. Preisnebenabreden, die keine echte (Gegen-)Leistung zum Gegenstand haben, sondern mit denen der Klauselverwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt, sind hingegen der Inhaltskontrolle unterworfen (st. Rspr., Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 24 mwN).

Ob eine Klausel nach diesen Grundsätzen eine kontrollfähige Preisnebenabrede oder eine kontrollfreie Preisabrede enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln. Diese hat sich, ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden, nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel einheitlich danach zu richten, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Außer Betracht bleiben dabei nur solche Auslegungsmöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 25 mwN).

Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich vorliegend um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, welche der Senat selbst auslegen kann (Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 26 und vom 8. November 2016 - XI ZR 552/15, BGHZ 212, 363 Rn. 20). Ein (Dis)Agio ist heute weitgehend zu einem integralen Bestandteil der - laufzeitabhängigen - Zinskalkulation geworden (Senatsurteil vom 29. Mai 1990 - XI ZR 231/89, BGHZ 111, 287, 289). Es ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zweifel als laufzeitabhängiger Ausgleich für einen niedrigeren Nominalzins anzusehen und bei vorzeitiger Vertragsbeendigung vom Darlehensgeber anteilig zurückzuzahlen (Senatsurteile vom 29. Mai 1990 - XI ZR 231/89, BGHZ 111, 287, 289 f., vom 12. Mai 1992 - XI ZR 258/91, WM 1992, 1058, 1059, vom 12. Oktober 1993 - XI ZR 11/93, WM 1993, 2003 f., vom 11. Juli 1995 - XI ZR 28/95, WM 1995, 1617, vom 8. Oktober 1996 - XI ZR 283/95, BGHZ 133, 355, 358 f. und vom 14. September 2004 - XI ZR 11/04, WM 2004, 2306, 2308). Entgegenstehendes - was zur Kontrollfähigkeit führen würde - findet sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht.

Hiervon ausgehend hat das Berufungsgericht die Klausel zutreffend als Preishauptabrede qualifiziert. Nach dem Wortlaut der Klausel ist das Agio bei der Auszahlung des Darlehens fällig, wird dem Bauspardarlehen zugeschlagen und führt damit zu einer Erhöhung der Darlehensschuld. Darüber hinaus stellt die Klausel ausdrücklich klar, dass das Agio auf die gesamte Laufzeit des Darlehens verrechnet wird. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist daher davon auszugehen, dass das Agio nach der internen Zinsberechnung der Beklagten einen niedrigeren Nominalzins ausgleichen soll.

Entgegen den Rügen der Revision hat das Berufungsgericht auch keine gegen diese Auslegung sprechenden Gesichtspunkte übergangen. Zwar trifft es zu, dass die Beklagte in der Vorinstanz vorgetragen hat, das Agio diene der Deckung von Vertriebskosten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Klauselverwender aber in der konkreten Ausgestaltung seines Preisgefüges grundsätzlich frei und er kann seine Leistung entweder zu einem Pauschalpreis anbieten oder den Preis in mehrere Preisbestandteile oder Teilentgelte aufteilen. Diese Grundsätze gelten auch für das in § 488 BGB geregelte Darlehen. Es ist daher - wie bereits dargestellt - anerkannt, dass der Darlehensgeber neben dem Zins ein (Dis)Agio als zinsähnliches (Teil-)Entgelt für die zeitweilige Kapitalnutzung in Gestalt eines Einmalentgelts erheben kann, das in der Regel integraler Bestandteil der laufzeitabhängigen Zinskalkulation ist (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 42). In diesen Zins kann die kreditgebende Bank auch zum Beispiel ihren mit der Darlehensgewährung verbundenen Bearbeitungsaufwand einkalkulieren (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, aaO Rn. 86).

Die Ausführungen des Amtsgerichts zur Funktion des Agios stellen lediglich eine unzutreffende rechtliche Qualifikation des Agios dar. Genauso wie eine im Rahmen eines Bauspardarlehens erhobene Darlehensgebühr im Unterschied zu einer bei Abschluss eines Bausparvertrages vom Bausparkunden zu zahlenden Abschlussgebühr keine Kosten für Tätigkeiten abdeckt, die von der Bausparkasse im kollektiven Gesamtinteresse der Bauspargemeinschaft wahrgenommen werden (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 46 und 49 sowie vom 8. November 2016 - XI ZR 552/15, BGHZ 212, 363 Rn. 49), gibt es auch bei dem im Streit stehenden Agio keine Anzeichen dafür, dass dieses dem kollektiven Gesamtinteresse der Bauspargemeinschaft dienen würde. Zugleich ist es aufgrund der Laufzeitabhängigkeit des Agios jedoch unschädlich, wenn die Beklagte damit auch ihre Vertriebskosten deckt.

b) Mit Recht hat das Berufungsgericht weiterhin angenommen, dass die im Streit stehende Agio-Klausel nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BGB).

Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach Treu und Glauben, den Regelungsgehalt einer Klausel möglichst klar und überschaubar darzustellen. Zudem verlangt das aus dem Transparenzgebot abgeleitete Bestimmtheitsgebot, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (Senatsurteil vom 14. Januar 2014 - XI ZR 355/12, BGHZ 199, 355 Rn. 23 mwN). Der Verwender muss die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für seine Kunden kein ungerechtfertigter Beurteilungsspielraum entsteht. Die Beschreibung muss für den anderen Vertragsteil nachprüfbar und darf nicht irreführend sein. Dabei ist auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (Senatsurteil vom 14. Januar 2014 - XI ZR 355/12, aaO mwN). Allerdings darf das Transparenzgebot den AGB-Verwender auch nicht überfordern und will ihn nicht zwingen, jede Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichsam mit einem umfassenden Kommentar zu versehen (Senatsurteil vom 10. Juli 1990 - XI ZR 275/89, BGHZ 112, 115, 119). Der Verwender soll zwar verpflichtet sein, bei der Formulierung von vornherein auf die Verständnismöglichkeiten des Durchschnittskunden Rücksicht zu nehmen und, wenn das ohne unangemessene Ausweitung des Textumfangs möglich ist, zwischen mehreren möglichen Klauselfassungen diejenige zu wählen, bei der die kundenbelastende Wirkung einer Regelung nicht unterdrückt, sondern deutlich gemacht wird (Senatsurteil vom 10. Juli 1990 - XI ZR 275/89, aaO). Notwendigerweise generalisierende Allgemeine Geschäftsbedingungen müssen aber keinen solchen Grad an Konkretisierung erreichen, dass alle Eventualitäten erfasst sind (Senatsurteil vom 14. Januar 2014 - XI ZR 355/12, aaO Rn. 37).

Die den Kunden in Gestalt des Agios treffende wirtschaftliche Belastung wird ihm unmissverständlich deutlich gemacht, indem sie sowohl prozentual ins Verhältnis zum Darlehensnennbetrag gesetzt als auch jeweils betragsmäßig angegeben wird. Zusätzlich zur Zahlungspflicht und zur Berechnungsweise verdeutlicht die spätere Erläuterung den Zeitpunkt der Fälligkeit. Ferner wird dem Kunden klar vor Augen geführt, dass sich die von ihm zu tilgende Darlehensschuld um den Betrag des Agios erhöht. Damit ist aus Sicht des Kunden die ihn zu Vertragsbeginn treffende Belastung klar umrissen. Durch den Hinweis auf die Erhöhung der Darlehensschuld sowie den weiteren Hinweis, dass das Agio auf die gesamte Laufzeit des Darlehens verrechnet werden soll, wird dem Kunden auch mit ausreichender Klarheit erläutert, dass es sich um ein laufzeitabhängiges Entgelt handelt. Demgegenüber war es entgegen der Rechtsmeinung der Revision nicht erforderlich, dem Kunden die Auswirkungen einer vorzeitigen Darlehensrückzahlung auf das Agio durch einen ausdrücklichen Hinweis auf die anteilige Rückerstattungspflicht und die konkrete Berechnung des Rückerstattungsanspruchs noch weiter zu verdeutlichen.

c) Schließlich war auch dem Hilfsantrag der Kläger der Erfolg zu versagen, weil schon ihre Einwände gegen die von der Beklagten vorgenommene Berechnung der zurückerstatteten Anteile der Agios nicht durchgreifen.

Bei beiden Darlehensverträgen handelt es sich um Annuitätendarlehen. Bei solchen Darlehen hat der Kreditnehmer für die gesamte Laufzeit des Vertrages eine gleichbleibende Jahresleistung zu erbringen, die sich aus einem festen Zins- und Tilgungssatz, bezogen auf das ursprüngliche Darlehenskapital, zusammensetzt. Da die Jahresleistung als absoluter Betrag konstant bleibt, verschiebt sich fortlaufend das Verhältnis zwischen Zins und Tilgung in der Weise, dass der Zinsanteil entsprechend sinkt, der Kapitalanteil entsprechend wächst (vgl. Krepold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 78 Rn. 63). Diesem Umstand ist bei der Berechnung des nicht verbrauchten Anteils des (Dis)Agios Rechnung zu tragen, so dass die von den Klägern favorisierte lineare Verteilung des Agios über die Darlehenslaufzeit ausscheidet (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 1998 - XI ZR 158/97, WM 1998, 495, 496 f.). Sonstige Einwände gegen die Berechnungsweise der Beklagten bringt die Revision nicht vor.

2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil die entscheidungserheblichen Rechtsfragen - wie dargelegt - in der Rechtsprechung des Senats bereits geklärt sind. Aus diesem Grunde besteht auch kein Anlass zur Fortbildung des Rechts. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

Die Kläger und Revisionskläger erhalten bis zum 5. Juni 2018 Gelegenheit zur Stellungnahme.

Ellenberger     

        

Joeres     

        

Matthias

        

Menges      

        

Dauber      

        

Das Verfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss vom 25. Juni 2018 erledigt worden.

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