Beschluss vom Bundesgerichtshof (6. Zivilsenat) - VI ZB 26/17

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Meiningen vom 31. Mai 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Beschwerdewert: 569,65 €

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall vom 30. Mai 2015, bei dem sein Fahrzeug infolge einer Kollision mit dem von dem Beklagten zu 1 gehaltenen und bei der Beklagten zu 2 versicherten Fahrzeug beschädigt wurde. Der Kläger verlangte mit Schreiben vom 14. Juli 2010 Schadensersatz in Höhe von 2.152,40 €. Am 13. August 2015 zahlte sein Kaskoversicherer an ihn einen Betrag in Höhe von 611,20 €. Am 22. September 2015 erstattete die Beklagte zu 2 dem Kaskoversicherer den an den Kläger gezahlten Betrag. Mit der am 31. August 2015 eingereichten und den Beklagten am 26. September 2015 zugestellten Klage hat der Kläger die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2.152,40 € begehrt. In der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2016 hat er den Rechtsstreit in Höhe von 611,20 € für erledigt erklärt. Die Beklagten haben sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen. Der Kläger hat daraufhin insoweit die Feststellung beantragt, dass sich der Rechtsstreit in Höhe eines Betrags von 611,20 € erledigt hat. Das Amtsgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.351,20 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger seine vom Amtsgericht abgewiesenen Anträge auf Zahlung weiterer 190 € und auf Feststellung der Teilerledigung weiterverfolgt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

II.

2

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig, weil sie die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht dargelegt hat.

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1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Wert des Beschwerdegegenstands 600 € nicht übersteige (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Beschwer des Klägers betrage nur 569,95 €. Maßgebend für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren sei das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Zur Berechnung der Beschwer seien die Werte beider Berufungsbegehren zu addieren. Auf den weiterverfolgten Zahlungsantrag entfielen 190 €. Die auf den Antrag auf Feststellung der Teilerledigung entfallende Beschwer bemesse sich nach der Summe der auf den erledigten Teil entfallenden Kosten der Vorinstanz. Der Wert dieser Kosten sei durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, die ergebe, um welchen Betrag bis zur teilweisen Erledigungserklärung diejenigen Kosten überschritten worden seien, die angefallen wären, wenn der Kläger den Rechtsstreit von Anfang an nur über den nicht erledigten Teil der Hauptsache geführt hätte. Im Streitfall belaufe sich die Differenz der bis zum Zeitpunkt der Erledigung tatsächlich entstandenen Kosten und derjenigen Kosten die bei Klageerhebung ohne den erledigten Teil entstanden wären, auf 379,65 €.

4

2. Diese Ausführungen stehen, wie die Rechtsbeschwerde einräumt, im Einklang mit der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschlüsse vom 13. Juli 1988 - VIII ZR 289/87, MDR 1989, 58 f.; vom 25. September 1991 - VIII ZR 157/91, WM 1991, 2009, 2010; vom 13. Juli 2005 - XII ZR 295/02, NJW-RR 2005, 1728 f.; vom 28. Januar 2010 - III ZR 47/09, juris Rn. 5). Die Rechtsbeschwerde macht lediglich geltend, gegen die Differenzmethode seien vom Oberlandesgericht Hamm (Beschlüsse vom 12. Mai 2005 - 24 U 7/05, juris; vom 12. Juni 2001 - 21 W 29/00, OLGR Hamm 2001, 297) und von einer Stimme in der Literatur (Liebheit, AnwBl. 2000, 73) Einwände erhoben worden, mit denen sich die höchstrichterliche Rechtsprechung bislang nicht auseinandergesetzt habe. Die Differenzmethode führe dazu, dass die angefallenen Kosten nicht entsprechend dem streitwertanteiligen Unterliegen der Parteien hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils und der streitigen Restforderung verteilt würden. Vorzuziehen sei daher die Quotenmethode. Mit diesen Ausführungen hat die Rechtsbeschwerde die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht in der gebotenen Weise dargelegt.

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a) Gemäß § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muss die Begründung der Rechtsbeschwerde dann, wenn die Rechtsbeschwerde - wie im Streitfall - aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung statthaft ist (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO enthalten. Nach dieser Bestimmung ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Der Beschwerdeführer muss den Zulassungsgrund bzw. die Zulassungsvoraussetzungen nicht nur benennen, sondern auch zu den jeweiligen Voraussetzungen substantiiert vortragen (BGH, Beschlüsse vom 25. Juli 2012 - XII ZB 170/11, FamRZ 2012, 1561 Rn. 8 f.; vom 2. August 2017 - XII ZB 190/17, NJW-RR 2017, 1476 Rn. 6; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 15. Auflage, § 575 Rn. 6).

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b) Hieran fehlt es vorliegend. Die Rechtsbeschwerde hat einen Zulassungsgrund weder benannt noch die jeweiligen Voraussetzungen konkret dargetan. Sie hat insbesondere nicht aufgezeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hat. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Sache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig sind solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden oder die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 291; vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03, BGHZ 159, 135, 137; vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09, NJW-RR 2010, S. 1047 Rn. 3). Hat der Bundesgerichtshof eine Rechtsfrage bereits geklärt, kann sich weiterer Klärungsbedarf ergeben, wenn neue Argumente ins Feld geführt werden können, die den Bundesgerichtshof zu einer Überprüfung seiner Auffassung veranlassen könnten (vgl. BVerfGK 11, 420, 431; 19, 467, 474; BVerfG, FamRZ 2010, 1235, 1236 f.; NJW 2011, 2276, 2277).

7

Gemessen hieran hat die Rechtsbeschwerde nicht hinreichend dargelegt, warum die Frage, ob sich der für die Beschwer maßgebliche Wert der auf den erledigten Teil der Hauptsache entfallenden Kosten der Vorinstanz nach der Differenzrechnung oder der Quotenmethode bestimmt, klärungsbedürftig sein soll. Wie bereits ausgeführt entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass sich die Beschwer des Klägers im Fall einer einseitigen Teilerledigungserklärung grundsätzlich nach dem restlichen Betrag der Hauptsache unter Hinzurechnung der auf den erledigten Teil entfallenden Kosten der Vorinstanzen bestimmt. Der Wert dieser Kosten ist dabei - sofern in dem angefochtenen Urteil wie im Streitfall über die Teilerledigung entschieden worden ist (BGH, Urteil vom 10. November 2017 - V ZR 217/16, NJW-RR 2018, 571 Rn. 10) und der Rechtsmittelkläger sowohl die Entscheidung über die Hauptsache als auch über die Teilerledigung zum Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens macht (Senatsurteil vom 9. März 1993 - VI ZR 249/92, VersR 1993, 625, 626) - durch eine auf den Zeitpunkt der Teilerledigung bezogene Differenzrechnung zu ermitteln, die ergibt, um welchen Betrag diejenigen Kosten überschritten worden sind, die angefallen wären, wenn der Kläger den Rechtsstreit von Anfang an nur über den nicht erledigten Teil der Hauptsache geführt hätte (Beschlüsse vom 13. Juli 1988 - VIII ZR 289/87, MDR 1989, 58 f.; vom 25. September 1991 - VIII ZR 157/91, WM 1991, 2009, 2010; vom 13. Juli 2005 - XII ZR 295/02, NJW-RR 2005, 1728 f.; vom 28. Januar 2010 - III ZR 47/09, juris Rn. 5 sowie Urteil vom 10. November 2017 - V ZR 217/16, NJW-RR 2018, 571 Rn. 9). Die Rechtsbeschwerde hat keine neuen Argumente aufgezeigt, die den Bundesgerichtshof zu einer Überprüfung seiner Auffassung veranlassen könnten. Mit der Auffassung, der Kostenwert sei in einem Fall wie dem vorliegenden nicht durch Differenzrechnung, sondern durch eine Quotelung der gesamten Kosten im Verhältnis des erledigten Teils zum Betrag der Hauptsache vor Teilerledigung zu ermitteln, hat sich der Bundesgerichtshof bereits im Beschluss vom 13. Juli 1988 (VIII ZR 289/87, MDR 1989, 58 f.) auseinander gesetzt. Er hat ihr mit dem Argument eine Absage erteilt, dass dem Kosteninteresse ein Wert nur insoweit beizumessen ist, als die Kosten nicht ohnehin angefallen sind (ebenda; vgl. auch Urteil vom 10. November 2017 - V ZR 217/16, NJW-RR 2018, 571 Rn. 9).

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

von Pentz     

      

Wellner     

      

Offenloch

      

Oehler     

      

Roloff     

      

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