Urteil vom Bundessozialgericht (3. Senat) - B 3 KR 4/10 R

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 10. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2118,76 Euro festgesetzt.

Tatbestand

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Streitig ist die Höhe des Vergütungsanspruchs für eine stationäre Krankenhausbehandlung nach dem Fallpauschalenkatalog 2004.

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Die Klägerin betreibt ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus, in dem vom 15.6. bis 3.7.2004 die bei der Beklagten versicherte I. G. (im Folgenden: Versicherte) wegen eines Lungenrundherdes und eines Nebennierenbefundes behandelt worden ist. Die Klägerin nahm eine Lungenoberlappenteilresektion vor, wobei operationsvorbereitend wegen eines alten Thrombosebefundes an der linken Vena tibialis auch eine Phlebosonographie und eine Echokardiographie durchgeführt wurde. Im Entlassungsbericht war anschließend ua ein "Zustand nach Lungenoberlappenteilresektion links" sowie ein "Zustand nach Vena tibialis posterior-Thrombose links; Zustand nach Hüft-TEP links" verzeichnet. Für diese Versorgung beanspruchte die Klägerin auf der Grundlage der Fallpauschale für die Diagnosis Related Group (DRG) E01A ("Große Eingriffe am Thorax mit äußerst schweren CC") eine Vergütung in Höhe von 8024,51 Euro. Die Beklagte erachtete hingegen nach Einholung einer Stellungnahme des MDK die DRG E01B als zutreffend ("Große Eingriffe am Thorax ohne äußerst schwere CC") und zahlte 5905,75 Euro. Die im Entlassungsbericht erfasste Diagnose "Zustand nach Vena tibialis posterior-Thrombose links; Zustand nach Hüft-TEP links" hätte nicht als Nebendiagnose mit der ICD-10 I80.2 ("Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis sonstiger tiefer Gefäße der unteren Extremitäten") kodiert werden dürfen, denn offensichtlich habe es sich um ein älteres Geschehen ohne akute Behandlungsbedürftigkeit gehandelt. Ohne diese bzw mit einer anderen Nebendiagnose führe die Kodierung lediglich zu einem Vergütungsanspruch nach der DRG E01B.

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Die Zahlungsklage ist erfolglos geblieben (Urteile des SG vom 26.6.2008 und des LSG vom 10.12.2009): Weder eine normale noch eine schwere Begleiterkrankung sei ausreichend für eine Nebendiagnose iS der DRG E01A, da diese Fallgruppe ihrer textlichen Beschreibung nach nur im Fall äußerst schwerer Komplikationen oder Komorbiditäten Anwendung finden dürfe. Zudem habe die Erhebung der Nebendiagnose keine spezifischen therapeutischen Maßnahmen nach sich gezogen.

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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Für die Frage, ob eine Nebendiagnose zu Abrechnungszwecken kodiert werden dürfe, sei allein auf die Kodierrichtlinien 2004 abzustellen. Danach sei eine Diagnose als Nebendiagnose zu kodieren, wenn - wie hier in Form der Phlebosonographie und Echokardiographie - diagnostische Maßnahmen ergriffen worden seien. Auf den Schweregrad der Diagnose oder den Umfang der diagnostischen bzw therapeutischen Maßnahmen komme es nicht an.

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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 10.12.2009 und des SG Lübeck vom 26.6.2008 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr 2118,76 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.7.2006 zu zahlen.

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Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Urteile und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass ein weiterer Vergütungsanspruch nicht besteht. Die im Krankenhaus vor dem Thorax-Eingriff zu Recht durchgeführten Untersuchungen zur Abklärung von Thrombose-Risiken sind vorliegend mit der für diese Operation vorgesehenen Standard-Vergütung nach DRG E01B vollständig abgegolten.

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1. Die Revision der Klägerin ist zulässig. Insbesondere ist sie entgegen der Auffassung der Beklagten in der gesetzlichen Form des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG begründet worden. Hiernach muss die Revisionsbegründung neben einem bestimmten Antrag auch die verletzte Rechtsnorm (§ 162 SGG) bezeichnen. Dem hat die Klägerin durch Bezugnahme auf die bundesrechtlichen Regelungen der §§ 7 und 9 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) Genüge getan. Auch liegen die von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen vor. Eines Vorverfahrens iS von § 78 SGG bedurfte es nicht, da die Klage zu Recht als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) erhoben wurde. Da sich Krankenhaus und Krankenkasse bei der Frage, wie die Behandlung eines gesetzlich gegen Krankheit Versicherten zu vergüten ist, im Gleichordnungsverhältnis gegenüber stehen, kommt eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht (stRspr, vgl zB BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 18, 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9).

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2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten weiteren Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm § 7 Satz 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG (jeweils idF des Fallpauschalenänderungsgesetzes vom 17.7.2003, BGBl I 1461) sowie § 17b KHG (idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190) und der Anlage 1 der Fallpauschalenverordnung (idF der Verordnung vom 13.10.2003 - KFPV 2004, BGBl I 1995).

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a) Nach ständiger Rechtsprechung des BSG entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den bei ihr versicherten Patienten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (vgl nur BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15). Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser iS des § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) in der zwischen den Krankenkassen und dem Krankenhausträger abzuschließenden Pflegesatzvereinbarung festgelegt wird (§ 109 Abs 4 Satz 3 SGB V idF des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Die hier einschlägige Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2004 beruht auf den Regelungen des KHG und des KHEntgG und nicht auf der BPflV, weil das von der Klägerin betriebene Krankenhaus in das DRG-Vergütungssystem einbezogen ist (§ 1 Abs 1 BPflV).

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b) Gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, dort in den Nummern 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 iVm § 9 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (bis 30.6.2008: die Spitzenverbände der Krankenkassen) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam haben nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien (§ 11 KHEntgG iVm § 18 Abs 2 KHG: Krankenhausträger und Sozialleistungsträger) einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge zu vereinbaren.

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Die Grundlage dieser Regelungen des KHEntgG findet sich in § 17b KHG, auf den § 9 KHEntgG auch mehrfach Bezug nimmt. Nach § 17b Abs 1 Satz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen. Dazu vereinbaren gemäß § 17b Abs 2 Satz 1 KHG der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (bis 30.6.2008: die Spitzenverbände der Krankenkassen) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam entsprechend den Vorgaben der Absätze 1 und 3 mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage von DRG orientiert, seine jährliche Weiterentwicklung und Anpassung, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im KHEntgG vorgegeben werden. Gemäß § 17b Abs 6 Satz 1 KHG wurde dieses Vergütungssystem für alle Krankenhäuser mit einer ersten Fassung eines deutschen Fallpauschalenkatalogs verbindlich zum 1.1.2004 eingeführt.

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c) Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG) geordnet. Dabei erfolgt die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalles zu einer DRG in zwei Schritten: Zunächst wird die durchgeführte Behandlung nach ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen mit einem Kode gemäß dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des BMG herausgegebenen "Operationen- und Prozedurenschlüssel nach § 301 SGB V" (OPS-301) verschlüsselt (§ 301 Abs 2 Satz 2 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung dieser Verschlüsselung ("Kodierung") haben die Vertragspartner auf Bundesebene "Kodierrichtlinien" beschlossen. Maßgebend für den vorliegenden Abrechnungsfall sind gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 KFPV 2004 die für den Tag der stationären Aufnahme geltenden Abrechnungsregeln, dh vorliegend die Kodierrichtlinien 2004 (vgl http://www.g-drg.de/cms/index.php/Archiv, recherchiert am 10.11.2010), der OPS-301 in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.9.2003 und die ICD-10 in der Version 2004 (jeweils abrufbar über http://www.dimdi.de, recherchiert am 10.11.2010). In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als "Groupierung" bezeichneten Prozess der Fallgruppenzuordnung (DRG-Zuordnung) liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde. Auf der Basis eines "Entscheidungsbaumes" wird anhand verschiedener Kriterien eine exakte DRG-Zuordnung vorgenommen. Zur Einstufung in die jeweils abzurechnende DRG werden Software-Programme (Grouper) eingesetzt, die vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), einer Einrichtung der Selbstverwaltungspartner, zertifiziert sind. Grundlage hierfür ist ein entsprechendes Definitionshandbuch (hier in der Version 2004 mit Stand 28.11.2003; vgl http://www.g-drg.de/cms/index.php/Archiv, recherchiert am 10.11.2010), in dem für jede Fallpauschale die jeweils maßgebliche Entscheidungslogik in Form von Ablaufdiagrammen festgehalten ist.

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3. Bedeutsam für diese Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer DRG sind auch Nebendiagnosen, soweit ihnen die Vertragsbeteiligten zur angemessenen Bewertung von Versorgungsbesonderheiten Abrechnungsrelevanz beigemessen haben. Für Begleiterkrankungen ist das nach den hier geltenden Kodierrichtlinien der Fall, wenn sie einen über die Hauptdiagnose hinausgehenden Versorgungsaufwand bedingen und nach der DRG-Entscheidungslogik eine höhere Bewertung der erbrachten Leistungen nach sich ziehen. Fehlt es aber - wie hier (dazu unter 4.) - an einer dieser Voraussetzungen, ist mit der Fallpauschale für die Grunderkrankung auch der Versorgungsaufwand für etwaige Begleiterkrankungen vollständig mit abgegolten.

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a) Relevant für den Vergütungsanspruch eines Krankenhauses sind Besonderheiten des Versorgungsgeschehens im DRG-Fallpauschalensystem prinzipiell nur in dem Rahmen, der von den Selbstverwaltungspartnern ausdrücklich vorgegeben ist. Maßgeblich für die Krankenhausvergütung ist hiernach nicht der tatsächlich angefallene und nach Selbstkostendeckungsprinzipien zu bewertende Krankenhausaufwand, sondern der Behandlungsanlass und der zu dessen Versorgung nach der Wertung der Vertragspartner typischerweise erforderliche Aufwand. Demgemäß können die Krankenhäuser für die in das DRG-System fallenden Versorgungen ausschließlich die DRG-Fallpauschalen nach dem DRG-Regelwerk und die weiteren Entgelte nach dem Katalog des § 7 Abs 1 Satz 1 KHEntgG abrechnen. Damit sind nach ausdrücklicher Regelung des § 7 Abs 1 Satz 2 KHEntgG "alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen" abgegolten. Das sind nach der Legaldefinition des § 2 Abs 2 KHEntgG alle Leistungen, die "im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind". Aufgabe der Selbstverwaltungspartner ist es deshalb, die Pauschalen "leistungsorientiert" auszugestalten (§ 17b Abs 1 Satz 1 KHG) und demzufolge die Komplexität des Leistungsgeschehens in geeignete Fallpauschalen umzusetzen. Dabei haben sie Sorge dafür zu tragen, dass einerseits der Aufwand der Krankenhäuser leistungsgerecht vergütet wird und andererseits der DRG-Katalog hinreichend praktikabel ist. Ausdrücklich ist ihnen vorgegeben: "Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Comorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein" (§ 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Begleiterkrankungen und andere Versorgungsbesonderheiten kommt danach im Fallpauschalensystem nur Bedeutung zu, soweit sie in das DRG-Regelwerk eingegangen sind und in dessen System zu einer höher bewerteten DRG führen. Dies ist dann der Fall, wenn die Nebenerkrankung erstens kodierfähig (dazu unter b) und zweitens erlöswirksam (dazu unter c) ist.

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b) Voraussetzung für die Abrechnungsrelevanz einer Nebenerkrankung ist zunächst, dass sie nach den Kodierrichtlinien (zusätzlich) kodierfähig ist und deshalb in die DRG-Bestimmung dem Grunde nach (überhaupt) eingehen kann. Das ist nach den Kodierrichtlinien 2004 - und im Wesentlichen unverändert auch nach den Richtlinien für die nachfolgenden Jahre - dann der Fall, wenn die fragliche Nebendiagnose für das Versorgungsgeschehen tatsächlich bedeutsam geworden ist. Insoweit definieren die Kodierrichtlinien 2004 (Abschnitt D003b, S 11) den Begriff Nebendiagnosen als "eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose besteht oder sich während des Krankenhausaufenthaltes entwickelt." Weiter heißt es:

        
        

"Für Kodierungszwecke müssen Nebendiagnosen als Krankheiten interpretiert werden, die das Patientenmanagement in der Weise beeinflussen, dass irgendeiner der folgenden Faktoren erforderlich ist:

        
                 

·       

therapeutische Maßnahmen

                 

·       

diagnostische Maßnahmen

                 

·       

erhöhter Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand

        

Krankheiten, die durch den Anästhesisten während der präoperativen Beurteilung dokumentiert wurden, werden nur kodiert, wenn sie den oben genannten Kriterien entsprechen. Sofern eine Begleitkrankheit das Standardvorgehen für eine spezielle Prozedur beeinflusst, wird diese Krankheit als Nebendiagnose kodiert.

        
        

Anamnestische Diagnosen, die das Patientenmanagement gemäß obiger Definition nicht beeinflusst haben, wie z.B. eine ausgeheilte Pneumonie vor 6 Monaten oder ein abgeheiltes Ulkus, werden nicht kodiert ..."

        

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Zusätzlich zur Hauptdiagnose kodierfähig sind danach solche Nebendiagnosen, deren Versorgung weitere und in Bezug auf die Haupterkrankung nicht gebotene Leistungen des Krankenhauses ausgelöst haben. Hauptdiagnose in diesem Sinne ist nach den Kodierrichtlinien 2004 "die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist" (vgl Abschnitt D002c, S 4). Sind gemessen an dem hieraus sich ergebenden Versorgungsbedarf wegen einer Nebenerkrankung zusätzliche Leistungen zu erbringen, so rechtfertigt dies die Kodierung der entsprechenden Nebendiagnose. Maßstab hierfür ist jedenfalls bei Operationen - wie hier - nach den Kodierrichtlinien 2004 die "Abweichung von dem Standardvorgehen für eine spezielle Prozedur" (vgl Abschnitt D003b, S 11). Erfordert also eine Begleiterkrankung besondere Leistungen der Diagnostik, der Therapie oder der Betreuung/Pflege und wirkt sie sich somit im "Patientenmanagement" aus, so ist das für die Kodierung bei operativ zu versorgenden Haupterkrankungen beachtlich, wenn die Erbringung dieser Leistungen in der von der Fallpauschale für die Haupterkrankungen abgedeckten Standardversorgung nicht vorgesehen ist.

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c) Solche kodierfähigen Nebendiagnosen sind des Weiteren nur dann auch erlöswirksam, wenn sie nach der von den Selbstverwaltungspartnern bestimmten Entscheidungslogik eine höher bewertete DRG auslösen. Das ist immer und aber auch nur dann der Fall, wenn der zutreffend kodierten zusätzlichen Diagnose zusammen mit der Hauptdiagnose und etwaigen weiteren prägenden Faktoren im DRG-Regelwerk eine andere Bewertungsrelation zukommt als der Hauptdiagnose für sich allein. Maßgebend dafür ist ausschließlich der dem Fallpauschalenkatalog zu Grunde liegende "Entscheidungsbaum" (vgl oben 2.c); auf die textliche Umschreibung der Fallpauschale kommt es entgegen der Auffassung des LSG nicht an. Die Frage, ob eine (Neben-)Diagnose als erlösrelevant zu verschlüsseln ist, lässt sich nicht anhand der sprachlichen Fassung der in Frage kommenden DRG beantworten. Der ausdifferenzierte Algorithmus, mit dem die verschlüsselten Prozeduren und Diagnosen in eine bestimmte DRG "übersetzt" werden, ist einer wertenden Betrachtung im Einzelfall nicht zugänglich und wäre mit dem Ziel nicht vereinbar, Vergütungsregeln streng nach Wortlaut für die routinemäßige Anwendung in zahlreichen Behandlungsfällen handhabbar zu machen (vgl allg zur Funktion von Vergütungsregeln: BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2 S 15; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 S 6; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 Satz 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl dazu zuletzt zur Abrechnung von Sonderentgelten nach der Bundespflegesatzverordnung 1994: BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 3 KR 4/09 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 14 mwN).

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4. Von diesen Grundsätzen ausgehend ist die hier im Streit stehende Versorgung zutreffend mit der Fallpauschale DRG E01B vergütet worden. Ein Anspruch nach DRG E01A besteht nicht. Die zusätzlichen Untersuchungen zur Abklärung von Thrombose-Risiken vor dem Thorax-Eingriff bei der Versicherten waren zwar kodierfähig, aber nicht erlöswirksam.

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a) Wie zu Recht auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht, hat die Klägerin durch die Versorgung der Versicherten jedenfalls einen Vergütungsanspruch auf der Grundlage der DRG E01B erworben. Diese DRG wird nach den maßgeblichen Regeln ua dann angesteuert, wenn wie im vorliegenden Fall als Hauptdiagnose eine histologisch gesicherte Lungentuberkulose (ICD-10 A15.2) diagnostiziert wurde (vgl Definitionshandbuch Band 1, S 227). Bei der von der Klägerin durchgeführten Operation handelte es sich auch um einen großen Eingriff am Thorax, denn die vorgenommene Teilresektion der Lunge (OPS 5-322.61) wird diesen Eingriffen zugeordnet (vgl Definitionshandbuch Band 1, S 230).

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b) Ebenfalls zutreffend hat die Klägerin den alten Thrombosebefund als jedenfalls dem Grunde nach kodierfähig angesehen. Wie das LSG unangegriffen und damit für den Senat bindend (§ 163 SGG) festgestellt hat, ist deswegen vor der Lungenoperation der Versicherten eine Phlebosonographie und eine Echokardiographie durchgeführt worden. Dies sind diagnostische Maßnahmen, die nach der ebenfalls nicht beanstandeten Feststellung des LSG nicht zum Regelvorgehen bei einer Lungenoberlappenteilresektion gehören. Sie rechnen daher nicht zum Standardvorgehen aus Anlass der Hauptdiagnose, weshalb die zu Grunde liegende Nebendiagnose grundsätzlich auch kodierfähig ist. Ob diese Maßnahmen nur deshalb durchgeführt wurden, um Risiko bzw Durchführbarkeit der Lungenoperation zu klären, ist für die Kodierrelevanz der Nebendiagnose - anders als das LSG meint - nicht entscheidend. Denn der Wortlaut der Kodierrichtlinie enthält eine solche Einschränkung weder ausdrücklich noch ist das Gebot einer derartig einschränkenden Auslegung aus den in der Kodierrichtlinie 2004 genannten Beispielen abzuleiten.

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c) Bei einer den gesundheitlichen Zustand der Versicherten zutreffend widerspiegelnden, ICD-10 konformen Kodierung der Nebendiagnose beschränkt sich der Vergütungsanspruch der Klägerin dennoch auf eine Vergütung nach der DRG E01B. Denn die Nebendiagnose durfte nicht mit ICD-10 I80.2, sondern allenfalls mit einem Kode versehen werden, der eine Vergütung nach DRG E01A nicht begründet. Die Entscheidungslogik der DRG-Groupierung - also das konkrete Ansteuern einer bestimmten DRG - differenziert zwischen gewichtigen und unbedeutenden bzw einander ähnlichen Nebendiagnosen (Tuschen/Trefz, Krankenhausentgeltgesetz, Stuttgart 2010, S 168), weswegen bei identischer Basis-DRG den Nebendiagnosen bzw ihrer Kombination entscheidender Einfluß auf die angesteuerte DRG und damit auf die Höhe des Vergütungsanspruchs zukommt. Erlöswirksam ist eine Nebendiagnose deshalb nur, soweit sich dies bei zutreffender Verschlüsselung nach dem ICD-10 aus der Entscheidungslogik des DRG-Fallpauschalenkatalogs so ergibt.

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Dem ist die Abrechnung der Klägerin nicht gerecht geworden. Der bei der Versicherten diagnostizierte "Zustand nach Vena tibialis posterior-Thrombose links, Zustand nach Hüft-TEP links" durfte nicht mit der Nebendiagnose "Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis sonstiger tiefer Gefäße der unteren Extremitäten" nach ICD-10 I80.2 kodiert werden. Denn nach den bindenden Feststellungen des LSG litt die Versicherte nicht an einer akuten Thrombose, sondern an einem Altzustand nach Thrombose in Folge der im April 2004 erfolgten Hüftoperation. Der bloße Verdacht einer Thrombose vor Durchführung der diagnostischen Maßnahmen rechtfertigt eine Kodierung nach ICD-10 I80.2 nicht, denn für sie kommt es nach ihrer textlichen und damit für ihre Auslegung maßgeblichen Fassung nur auf den tatsächlich aktuellen Zustand des Patienten und nicht auf einen etwa auszuräumenden Verdacht an.

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Der Gesundheitszustand der Versicherten konnte auch nicht mit einem anderen ICD-10-Kode verschlüsselt werden, der einen Anspruch auf Vergütung nach DRG E01A begründet hätte. Die einer Verdachtsdiagnose zugrundeliegenden Befunde und Symptome sind zwar auch dann, wenn eine definitive Diagnose nicht existiert, zu Abrechnungszwecken kodierfähig (Kodierrichtlinien 2004 Abschnitt 1801a, S 179). Gleiches gilt für nicht mehr aktive Folgezustände einer Krankheit, wenn der Folgezustand als solcher in den ICD-10 mit einer spezifischen Schlüsselnummer versehen wurde (Kodierrichtlinien 2004 Abschnitt D005a, S 14), was in Bezug auf einen etwaigen "Folgezustand nach Thrombose" aber nicht der Fall ist. Statt der von der Klägerin zu Unrecht kodierten ICD-10 I80.2 hätte hier möglicherweise eine Kodierung der ICD-10 I87.0 (postthrombotisches Syndrom) oder der ICD-10 R60.9 (Ödem, nicht näher bezeichnet) erfolgen können, was ohne weitergehende medizinische Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden kann. Einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG bedurfte es gleichwohl nicht, denn die anderweitig in Betracht kommenden Kodierungen führen - bei im Übrigen unveränderten Verschlüsselungsdaten - nicht zu einer Vergütung nach DRG E01A, sondern nur nach DRG E01B (recherchiert am 10.11.2010 über den zertifizierten Webgrouper der DRG Research Group des Universitätsklinikums Münster, http://drg.uni-muenster.de). Anhaltspunkte dafür, dass statt dieser Alternativen eine andere ICD-10-Kodierung rechtmäßig gewesen wäre und zur Vergütung auf Grundlage von DRG E01A geführt hätte, sind nicht ersichtlich und wurden auch von der Klägerin nicht vorgebracht.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

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