Beschluss vom Bundessozialgericht (9. Senat) - B 9 V 22/16 B

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Januar 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

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I. Mit Urteil vom 26.1.2016 hat das Bayerische LSG einen Anspruch des im Juni 1945 geborenen Klägers auf Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) verneint, weil ein Zusammenhang der im Jahr 2009 als Schädigungsfolgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen (Hirnschädigung, Epilepsie, Sprachstörung, Gelenks- und Wirbelsäulenschäden) und den vom Kläger angegebenen potentiell schädigenden Handlungen gegenüber seiner schwangeren Mutter im Krieg (Vergewaltigungen, Tritte in den Bauch und Misshandlungen durch russische und polnische Soldaten) nicht hergestellt werden könne. Dabei hat das LSG nach Übertragung der Berufung auf den Berichterstatter mit Beschluss vom 10.3.2015 in der mündlichen Verhandlung vom 26.1.2016 durch Richter am LSG N. als Vorsitzenden zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern B. und F. entschieden. Zuvor hatte der Senat des LSG die für den 18.3.2015 anberaumte mündliche Verhandlung wegen eines Ablehnungsgesuchs des Klägers vom selben Tag unter dem Vorsitz von Richter am LSG N. und Mitwirkung der Berufsrichter Dr. Br. und P. sowie von zwei ehrenamtlichen Richtern vertagt. Mit Beschluss vom 29.10.2015 hat das LSG das Ablehnungsgesuch ua bezüglich des Richters am LSG N. zurückgewiesen.

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Gegen die Nichtzulassung der Revision in vorgenannten Urteil hat der Kläger Beschwerde eingelegt und das Vorliegen eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) geltend gemacht, weil eine Verletzung von § 153 Abs 5 SGG und zugleich eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter nach Art 101 Abs 1 S 2 GG gerügt werde.

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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

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Macht ein Kläger das Vorliegen eines Verfahrensmangels geltend, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, so muss er bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34 und 36). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 und 36), es sei denn, es werden absolute Revisionsgründe gerügt, bei denen gemäß § 202 SGG iVm § 547 ZPO der Einfluss auf die Entscheidung unwiderlegbar vermutet wird (BSGE 4, 281, 288; BSG SozR 1500 § 136 Nr 8).

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Ungeachtet des Umstandes, ob die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers das erforderliche Mindestmaß der Geordnetheit des Vortrags erfüllt (vgl hierzu BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48 mwN), legt dieser eine vermeintliche Überschreitung des Ermessens des LSG im Rahmen der Übertragung der Sache auf den Berichterstatter nach § 153 Abs 5 SGG als Verstoß gegen den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG) und damit einen wesentlichen Verfahrensfehler iS von § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO nicht hinreichend dar. Generell handelt es sich insoweit um einen absoluten Revisionsgrund, der immer zur Aufhebung des Urteils des LSG führt (vgl Becker, Die Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG [Teil II], SGb 2007, 328, 333). Trotz der Beschränkung der Prüfungsbefugnis des BSG nach § 202 SGG iVm § 557 Abs 2 ZPO legt der Kläger allerdings nicht ausreichend dar, dass er bereits vor dem LSG die Übertragung auf den Berichterstatter als unzulässig gerügt habe. Vielmehr legt er lediglich dar, vor dem LSG mit Gesuchen vom 18.3. und 24.7.2015 ua den Richter am LSG N. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt zu haben, weil dieser in seinem Schreiben vom 3.11.2014 ua das Ergebnis einer etwaigen Beweisaufnahme in unsachlicher Weise vorweggenommen habe mit dem Hinweis, dass er angesichts "der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ( … ) für die Berufung keine Aussicht auf Erfolg" sehe. Infolgedessen hätten die Richter des Senats bei der Beschlussfassung vom 10.3.2015 nicht die Sicht der Beteiligten bei ihrer Ermessensentscheidung nach § 153 Abs 5 SGG berücksichtigt. Ungeachtet des Umstands, dass das LSG das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 29.10.2015 gegen ua den Richter am LSG N. zurückgewiesen hat, liegt in diesem Befangenheitsgesuch keine Rüge der Übertragung der Sache vor dem LSG auf den Berichterstatter als unzulässig. Insoweit hätte es auch im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde weiterer Auseinandersetzungen zu den hier relevanten Ermessenskriterien bedurft, weshalb eine ordnungsgemäße Senatsbesetzung trotz des vorliegenden Übertragungsbeschlusses aller Berufsrichter des Senats nicht gegeben sein soll. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht mehr darauf an, ob die nach der Übertragung des Rechtsstreits auf den Berichterstatter vom Senat wegen des zuvor eingegangenen Ablehnungsgesuchs in voller Besetzung am 18.3.2015 durchgeführte Sitzung mit Vertagung des Rechtsstreits unzulässig war (vgl hierzu: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 153 RdNr 25a ff). Schließlich fehlt es auch an jeglicher Auseinandersetzung des Klägers mit der zu § 547 Nr 1 ZPO ergangenen Rechtsprechung.

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Gleiches gilt im Ergebnis für die sinngemäße Rüge, dass der Beschluss vom 29.10.2015 "offensichtlich willkürlich ergangen" sei. Die Rüge eines Verfahrensmangels ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn sie sich gegen eine unanfechtbare Vorentscheidung richtet (§ 202 SGG iVm § 557 Abs 2 ZPO). Dies gilt für alle verfahrensleitenden Beschlüsse und Zwischenentscheidungen des LSG (vgl Becker, aaO, S 329). Etwas anderes kann lediglich gelten, wenn der Mangel weiter wirkt und dem unanfechtbaren Urteil des LSG noch anhaftet (BSG SozR 1500 § 160 Nr 57 S 61; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 1 RdNr 7 ff). Insoweit ist auch die Zurückweisung eines Befangenheitsgesuchs typischerweise nicht überprüfbar, weil der Beschluss unanfechtbar ist (vgl § 177 SGG). Etwas Anderes kann lediglich dann gelten, wenn die Entscheidung willkürlich manipulativ erfolgt ist, sodass die nicht ordnungsgemäße Besetzung der Richterbank gerügt werden kann (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 57 S 61 mwN; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 1 RdNr 7 ff). Derartige willkürliche und manipulative Gründe legt der Kläger nicht dar. Die Beschwerdebegründung lässt zudem nicht erkennen, dass die Entscheidung vom 29.10.2015 Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 S 2 GG grundlegend verkennt (vgl BSG Beschluss vom 27.10.2009 - B 1 KR 68/09 B - Juris). Hierfür hätte es einer ausreichenden Wiedergabe der Entscheidungsgründe bedurft. Schon daran fehlt es. Auch behauptet der Kläger nicht, nach dem Beschluss des LSG vom 29.10.2015 (L 15 SF 97/15 AB ) rechtzeitig vor Erlass der anzufechtenden Entscheidung ein neuerliches Ablehnungsgesuch gestellt zu haben.

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Soweit der Kläger die Beweiswürdigung des LSG (vgl § 128 Abs 1 S 1 SGG) kritisiert, kann er damit gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG von vornherein keine Revisionszulassung erreichen. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger eine unzutreffende Rechtsanwendung des LSG rügt (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10).

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Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

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Die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG).

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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

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