Urteil vom Bundessozialgericht (5. Senat) - B 5 RS 1/16 R

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 3. Juni 2016 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten als Versorgungsträger, die Zeit vom 1.9.1973 bis 30.6.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sowie die dabei erzielten Arbeitsentgelte anzuerkennen.

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Der im Dezember 1948 geborene Kläger hat von September 1969 bis August 1973 Informationselektronik studiert und am 4.10.1973 das Studium als Diplom-Ingenieur abgeschlossen. Ab 1.9.1973 war er bei dem VEB Elektronik G. beschäftigt, ab August 1979 als Abteilungsleiter, ab 1.3.1980 als Hauptabteilungsleiter und ab 16.3.1981 wieder als Abteilungsleiter. Der VEB Elektronik G. wurde am 11.2.1977 in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen. Ab dem 2.3.1978 gehörte er zum Kombinat VEB Elektronische Bauelemente T. Am 30.4.1990 erklärte der Betriebsdirektor des VEB Elektronik G. seine Zustimmung zur Ausgliederung des Betriebsteils P. aus dem VEB Elektronik G. zur Gründung einer eigenständigen GmbH. Am 12.6.1990 unterzeichneten er und der Vertreter der Treuhandanstalt eine Erklärung zur Umwandlung des VEB Elektronik G. in zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Errichtet wurden die Electronicon-GmbH mit Sitz in G. und die B. Kondensatoren-GmbH mit Sitz in P. Die Electronicon-GmbH wurde am 27.6.1990 und die B. Kondensatoren-GmbH am 3.7.1990 in die beim Staatlichen Vertragsgericht Amtsgericht G. bzw Amtsgericht N. geführten Register eingetragen. Am 19.9.1990 wurde im Register der volkseigenen Wirtschaft in Bezug auf den VEB Elektronik G. eingetragen: "Von Amts wegen gelöscht gemäß § 7 Umwandlungsverordnung vom 1. März 1990, GBl. Teil 1 Nr. 14". Als Beendigung der Rechtsfähigkeit des Betriebs ist der 3.7.1990, als Rechtsnachfolger sind die Electronicon-GmbH G. und die B. Kondensatoren-GmbH eingetragen.

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Mit Bescheid vom 4.2.2005 und Widerspruchsbescheid vom 22.4.2005 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG ab, weil dieses Gesetz auf ihn nicht anwendbar sei. Den Überprüfungsantrag vom 8.8.2011 lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 9.11.2011), ebenso den weiteren Überprüfungsantrag vom 11.3.2012 (Bescheid vom 19.3.2012, Widerspruchsbescheid vom 18.6.2012).

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Die gegen die letztgenannten Entscheidungen erhobene Klage hat das SG Nürnberg abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 30.8.2013). Das Bayerische LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 3.6.2016). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe nicht wenigstens einen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in die AVItech. Er erfülle zwar die persönliche und die sachliche Voraussetzung, sei aber am Stichtag 30.6.1990 nicht mehr beim VEB Elektronik G., sondern bei der Electronicon-GmbH G. beschäftigt gewesen, sodass es an der betrieblichen Voraussetzung fehle. Die Arbeitgebereigenschaft der Electronicon-GmbH G. ergebe sich aus § 12 Abs 1 des Gesetzes über die Spaltung der von der Treuhand verwalteten Unternehmen (SpTruG), wonach der zunächst unwirksame Übergang der Arbeitsverhältnisse im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in Bezug auch auf das Einzelarbeitsverhältnis des Klägers rückwirkend zum 27.6.1990 geheilt worden sei. Die auf die Umwandlungsverordnung gestützte Umwandlung des VEB Elektronik G. in zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung sei ursprünglich unwirksam gewesen und habe nicht zu einem Erlöschen des VEB Elektronik G. geführt. Die Umwandlungsverordnung erlaube nur eine Umwandlung in eine einzige GmbH und nicht in zwei GmbHs nach vorheriger Aufspaltung des VEB. Hierfür gebe es auch sonst keine Rechtsgrundlage. Der VEB Elektronik G. habe damit bis 30.6.1990 fortbestanden und sei dann erst am 1.7.1990 gemäß § 11 Treuhandgesetz kraft Gesetzes in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt worden. Durch die wirksame Eintragung der Electronicon-GmbH in das Register habe diese allerdings gemäß § 75 GmbHG trotz der vorliegenden Unwirksamkeit Bestandskraft erlangt. Damit sei zwar nicht zugleich der Übergang des für die neue Gesellschaft vorgesehenen Vermögensteils des ehemaligen VEB auf diese Gesellschaft bewirkt, doch sei dieser Rechtsmangel auch in Bezug auf das Arbeitsverhältnis des Klägers durch § 12 Abs 1 S 1 SpTruG rückwirkend zum 27.6.1990 geheilt worden.

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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 1 Abs 1 S 1 AAÜG. Das LSG habe rechtsfehlerhaft lediglich auf die Registereintragung der Electronicon-GmbH am 27.6.1990 abgestellt und die erst nach dem 1.7.1990 erfolgte Registereintragung der B. Kondensatoren-GmbH unberücksichtigt gelassen. Wenn eine Heilung bezogen auf die Electronicon-GmbH mit der Eintragung in das Register eingetreten sein solle, müsse das Gleiche aber auch für die Eintragung der B. Kondensatoren-GmbH gelten mit der Folge, dass der VEB bis zur Eintragung der B. Kondensatoren-GmbH als juristische Person fortbestanden habe. Eine rückwirkende Heilung der zunächst unwirksamen Übertragung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers von dem VEB auf die Electronicon-GmbH könne nach § 12 Abs 1 S 1 SpTruG nicht erfolgen, sodass der Kläger am 1.7.1990 noch Arbeitnehmer des VEB gewesen sei. In diesem Zusammenhang sei unklar geblieben, ob der VEB nach der Umwandlung mit den jeweiligen zugewiesenen Sachmitteln weiter gewirtschaftet habe oder ob der VEB in Folge der auf die Electronicon-GmbH übertragenen Betriebsmittel mit dem 1.7.1990 die Löhne und Gehälter nicht mehr habe weiterzahlen können. Der Zeuge F. habe angegeben, dass die Produktion über den 30.6.1990 hinaus unverändert weitergelaufen sei. Über diese Aussage sei das LSG im Rahmen der Begründung hinweggegangen. Zudem sei fraglich, ob die Electronicon-GmbH überhaupt wirksam eingetragen worden sei. Auf dem Registerauszug fehle die Unterschrift der Rechtspflegerin. Das Fehlen der Unterschrift sei mit der Nacherfassung der Originalblätter im Zuge der Einführung der EDV nicht plausibel erklärt, weshalb eine weitere Beweiserhebung aus Sicht des Klägers notwendig sei. Im Übrigen sei er durch die Ausführungen des LSG in dessen Urteil mit Blick auf die Verteilung der Vermögenswerte auf die beiden neuen GmbHs überrascht worden. Wäre ihm zuvor ein Hinweis erteilt worden, hätte er in der mündlichen Verhandlung bei der Vernehmung des Zeugen F. als Kombinatsdirektor durch Befragung eine abschließende Klärung herbeiführen können.

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Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 3. Juni 2016 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 30. August 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2012 und den Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Rücknahme des Bescheides vom 4. Februar 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2005 die Zeit vom 1. September 1973 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz und die hierin erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

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Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die Entscheidung des LSG im Ergebnis für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen bereits nicht abschließend entscheiden, ob der Kläger am Stichtag 30.6.1990 auch die betriebliche Voraussetzung für eine - vorliegend allein in Betracht kommende - fiktive Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr 1 zum AAÜG) erfüllt hatte und damit der Anwendungsbereich dieses Gesetzes eröffnet ist. Ua von dieser doppelrelevanten Voraussetzung hängt die Rechtmäßigkeit sowohl der unmittelbar mit der Klage angegriffenen Entscheidungen wie der hiernach ggf von der Beklagten aufzuhebenden bestandskräftigen Verwaltungsakte ab.

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1) Der Kläger begehrt im Wege der Kombination (§ 56 SGG) einer Anfechtungs- und mehrerer Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs 1 S 1 Var 1 und 3 SGG), die Ablehnungsentscheidungen im Bescheid vom 19.3.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 18.6.2012 (§ 95 SGG) aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, die bestandskräftigen (§ 77 SGG) Verwaltungsakte (§ 31 S 1 SGB X) über die Ablehnung seines Antrags auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem und der von in diesen Zeiten erzielten Arbeitsentgelte aufzuheben.

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Die insoweit erstrebte Rücknahme richtet sich nach § 44 SGB X, der auch im Rahmen des AAÜG anwendbar ist (§ 8 Abs 3 S 2 AAÜG; vgl auch Senatsurteil vom 15.6.2010 - B 5 RS 6/09 R - Juris RdNr 13 und ausführlich BSGE 77, 253, 257 = SozR 3-8570 § 13 Nr 1 S 5). Danach ist ein (iS von § 45 Abs 1 SGB X) nicht begünstigender Verwaltungsakt zurückzunehmen, soweit er (anfänglich) rechtswidrig ist. Der Verwaltungsakt ist immer mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (Abs 2 S 1 aaO), soweit er noch Rechtswirkungen hat, also noch nicht iS von § 39 Abs 2 SGB X erledigt ist. Die Rücknahme hat (gebundene Entscheidung) für die Vergangenheit zu erfolgen, wenn wegen der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts "Sozialleistungen" zu Unrecht nicht erbracht oder "Beiträge" zu Unrecht erhoben worden sind (§ 44 Abs 1 S 1 SGB X). Das Gebot zur rückwirkenden Rücknahme gilt nicht in bestimmten Fällen der Bösgläubigkeit (Abs 1 S 2 aaO). Im Übrigen "kann" (Ermessen) der anfänglich rechtswidrige Verwaltungsakt auch in sonstigen Fällen, also über die Fälle des Abs 1 S 1 aaO hinaus, für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Abs 2 S 2 aaO).

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Da sich § 44 Abs 1 SGB X nur auf solche bindenden Verwaltungsakte bezieht, die - anders als die ablehnenden Verwaltungsakte im Bescheid vom 4.2.2005 und im Widerspruchsbescheid vom 22.4.2005 - unmittelbar Ansprüche auf nachträglich erbringbare "Sozialleistungen" (§ 11 S 1 SGB I) iS der §§ 3 ff und 18 ff SGB I betreffen (BSGE 69, 14, 16 = SozR 3-1300 § 44 Nr 3), kann sich der Rücknahmeanspruch des Klägers nur aus Abs 2 aaO ergeben. Nach dieser Vorschrift ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar (und damit zugleich bindend) geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (S 1). Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (S 2). Hiernach ist für alle im Bescheid vom 4.2.2005 verkörperten Ablehnungsentscheidungen, die in Bezug auf die nach dem Antrag begehrte Feststellung von Zeiten und Entgelten jeweils einzelne Verwaltungsakte iS des § 31 S 1 SGB X sind und keinen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt haben (nicht begünstigende Verwaltungsakte iS von § 45 Abs 1 SGB X), zu entscheiden, ob diese im Zeitpunkt ihres Erlasses (Bekanntgabe iS von § 37 SGB X) rechtmäßig waren.

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Für die fiktive Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem iS von § 1 Abs 1 S 1 AAÜG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats maßgeblich, ob aus der Sicht des bei Inkrafttreten des Gesetzes am 1.8.1991 geltenden Bundesrechts nach der in tatbestandlicher Rückanknüpfung maßgeblichen Sachlage am Stichtag 30.6.1990 aufgrund der zu Bundesrecht gewordenen zwingenden Bestimmungen der Versorgungssysteme ein Anspruch auf Einbeziehung/Versorgungszusage bestanden hätte (BSG vom 9.4.2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr 7 S 56). Die Frage, ob der Kläger am Stichtag 30.6.1990 bei einem VEB beschäftigt war und damit neben der persönlichen und sachlichen Voraussetzung die betriebliche Voraussetzung der VO-AVItech iVm der 2. DB erfüllt (vgl zu den Voraussetzungen der Einbeziehung in die AVItech BSG Urteile vom 9.4.2002 und 10.4.2002 - SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 14, Nr 5 S 33, Nr 6 S 40, Nr 7 S 60, Nr 8 S 74 sowie BSG Urteil vom 18.12.2003 - B 4 RA 18/03 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 1; zur Rechtsnatur der Versorgungsordnungen im Zusammenhang des § 1 AAÜG BSG Urteil vom 18.10.2007 - B 4 RS 28/07 R - SozR 4-8570 § 5 Nr 10 RdNr 18 ff), bestimmt sich nach dieser Rechtsprechung danach, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten an diesem Tag Arbeitgeber im rechtlichen Sinne war und welchem Zweck der Betrieb des Arbeitgebers - nicht eines Dritten, bei dem die Arbeit tatsächlich verrichtet wurde - tatsächlich diente (BSG vom 7.9.2006 - B 4 RA 41/05 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 11 RdNr 15 und BSG Urteil vom 18.12.2003 - B 4 RA 20/03 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 2).

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2) Vorliegend kommen für den Stichtag 30.6.1990 sowohl die Electronicon-GmbH mit Sitz in G. als auch der zu diesem Zeitpunkt noch fortbestehende VEB Elektronik G. als Arbeitgeber in Betracht. Anders als in den vom Senat am 15.6.2010 entschiedenen Fällen (exemplarisch BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17) bestehen nämlich bei einer ursprünglich rechtswidrigen - weil von der vorliegend allein in Betracht kommenden Umwandlungs-VO vom 1.3.1990 (GBl I S 107) nicht vorgesehenen (BGH vom 27.5.1999 - VII ZR 245/97 - Juris RdNr 12 mwN) - Spaltung ein und derselben Wirtschaftseinheit in mehrere Kapitalgesellschaften zum Stichtag mehrere Rechtssubjekte, wenn jedenfalls eine der neuen Kapitalgesellschaften bereits bis dahin in das Register eingetragen und dadurch der Entstehungsmangel nach § 75 GmbHG, der in der DDR bis zum 30.6.1990 idF der Bekanntmachung vom 20.5.1898 weiter galt (RGBl 846, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 10.8.1937, RGBl I 897), geheilt war (vgl BGH vom 19.12.1994 - II ZR 174/93 - ZIP 1995, 322 = BGHR SpTrUG § 10 Abs 3 S 1 Altfälle 1). Diese Wirkung ist für die Electronicon-GmbH mit der nach den bindenden Feststellungen des LSG wirksamen Eintragung unabhängig von § 12 SpTrUG (so der BGH aaO und die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats - BR-Drucks 71/1/91 - in BT-Drucks 12/214; anders noch etwa Mayer, DB 1991, 1609 unter VI, 2) und ebenso unabhängig von der Eintragung der B. Kondensatoren-GmbH am 27.6.1990 in der DDR nach deren Recht eingetreten. Dagegen hat der VEB Elektronik G. mangels Erfüllung der Voraussetzungen von § 7 Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1.3.1990 - UmwVO - (GBl I S 107), der von der Umwandlung in eine einzige juristische Person und dem vollständigen Übergang auf diese als Rechtsnachfolger ausgeht, über diesen Zeitpunkt hinaus auch am 30.6.1990 noch fortbestanden. Hiervon geht auch das LSG zutreffend aus. Die geheilte Gründung einer Kapitalgesellschaft als Teilrechtsnachfolger verhilft nämlich weder automatisch auch der zweiten Kapitalgesellschaft zu einer rechtlich wirksamen Existenz, noch vermag sie entgegen etwa Thüringer LSG vom 13.8.2014 (L 3 R 1922/12 - S 9 des Umbruchs - unveröffentlicht), logisch und rechtlich gleichzeitig den vollständigen Untergang des umzuwandelnden VEB zu bewirken (BGH vom 23.11.1998 - II ZR 70/97 - WM 1999, 273 = NJW 1999, 1481, Juris RdNr 9). Die Koexistenz einer durch Eintragung wirksam gewordenen abgespaltenen Kapitalgesellschaft und eines mangels Erfüllung der Beendigungsvoraussetzungen noch fortbestehenden VEB steht auch in keinem erkennbaren Widerspruch zu einem gesellschaftsrechtlichen "Grundsatz der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit" (so aber etwa Thüringer LSG vom 13.4.2016 - L 12 R 55/14 - S 11 des Umbruchs - unveröffentlicht).

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3) Die Einwände des Klägers gegen die Feststellung des LSG, dass alle tatsächlichen Voraussetzungen für die Eintragung der Elektronicon-GmbH gegeben waren, insbesondere dass die Eintragung auf einer richterlichen Verfügung beruhte und im Original von der Zeugin S. unterschrieben worden war, greifen nicht durch. Der Kläger hätte den gedanklichen Weg des LSG zu seiner Überzeugung, also die zusammenfassende Würdigung der Tatsachen und Beweisergebnisse (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) mit zulässigen Revisionsrügen angreifen müssen (§ 163 SGG). Die entsprechende Überzeugungsbildung ist grundsätzlich dem Tatsachengericht vorbehalten. Das Revisionsgericht kann das eingeräumte Ermessen nur insofern überprüfen, ob das Tatsachengericht bei der Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat, und ob es das Gesamtergebnis des Verfahrens ausreichend und umfassend berücksichtigt hat (stRspr vgl BSG Urteile vom 6.4.1989 - 2 RU 69/87 - HV-Info 1989, 1368 und vom 27.1.1994 - 2 RU 3/93 - HVBG-Info 1994, 943; BSG SozR 3-2200 § 551 Nr 16 und § 539 Nr 19; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl 2017, § 128 RdNr 10 bis 13 mwN). An einem entsprechenden Vortrag fehlt es jedoch. Insbesondere reicht nicht aus, dass der Kläger den Feststellungen des LSG offenbar ein abweichendes eigenes Beweisergebnis entgegenhalten will. Ein derartiges Vorbringen betrifft schon seiner Art nach keinen Verfahrensfehler (error in procedendo), sondern den rechtlichen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts und dessen inhaltliche Richtigkeit (error in iudicando). Soweit der Kläger das Fehlen weiterer Ermittlungen und hierauf basierender Feststellungen rügt, ist hierauf schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil das LSG nach Zurückverweisung ausgehend von der Rechtsauffassung des Senats ohnehin den Sachverhalt weiter aufzuklären hat. Entsprechendes gilt für die weiteren Verfahrensrügen des Klägers.

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4) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war der Kläger zunächst seit dem 1.9.1973 bei dem VEB Elektronik G. beschäftigt. Die bisherigen Feststellungen lassen jedoch keine Aussage darüber zu, ob dieser seine Eigenschaft als Arbeitgeber im Rechtssinne am Stichtag 30.6.1990 verloren hatte. Ein Übergang der Arbeitgebereigenschaft auf die Elektronicon-GmbH ist jedenfalls weder im Wege der nach § 12 Abs 1 S 1 SpTrUG vom 5.4.1991 (BGBl I 854) geheilten Einzelübertragung (nachfolgend a) noch aufgrund einer Universalsukzession nach § 7 S 2 UmwVO erfolgt (nachfolgend b).

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a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen vom 17.10.2012 - L 8 R 859/11 - Juris RdNr 36 ff) kann für Fälle der vorliegenden Art nicht auf § 12 Abs 1 S 1 SpTrUG abgestellt werden. Hiernach gilt: "Sollte das Vermögen oder ein Teil des Vermögens eines Rechtsträgers, der ehemals eine Wirtschaftseinheit im Sinne des § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1. März 1990 (GBl. I Nr. 14 S. 107) oder des § 1 Abs. 4 des Treuhandgesetzes vom 17. Juni 1990 (GBl. I Nr. 33 S. 300) war, oder das einem solchen Rechtsträger nach § 11 Abs. 2 Satz 2 oder § 23 des Treuhandgesetzes zufallende Vermögen oder ein Teil dieses Vermögens vor dem Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes im Wege der realen Teilung jeweils als Gesamtheit auf eine oder mehrere neue Kapitalgesellschaften übergehen und ist der Übergang deswegen nicht wirksam geworden, weil für einen solchen Vermögensübergang eine rechtliche Grundlage fehlte, so sind hierauf beruhende Mängel des Rechtsübergangs des einzelnen Gegenstandes mit der Eintragung der neuen Kapitalgesellschaft im Handelsregister geheilt." § 12 Abs 1 SpTrUG heilt dementsprechend nicht die Realteilung als solche, sondern die hierauf beruhenden Mängel des Rechtsübergangs des einzelnen Gegenstandes (LAG Brandenburg vom 25.7.1997 - 2 Sa 824/97 - Juris RdNr 34; Mayer, DB 1991, 1609, unter VI 4 a und Weimar, ZIP 1991, 769, 775).

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§ 12 SpTrUG ist für die überführungsrechtliche Frage der betrieblichen Voraussetzung am Stichtag 30.6.1990 nicht einschlägig. Er bestimmt weder aufgrund echter Rückwirkung fiktiv ein Element des Sachverhalts, an den § 1 Abs 1 S 1 AAÜG anknüpfen könnte (nachfolgend aa), noch regelt § 12 SpTrUG gegenüber § 1 Abs 1 S 1 AAÜG ganz oder teilweise vorrangig an dessen Stelle mit unechter Rückwirkung ein Element des Tatbestandes, von dem die Anwendbarkeit des AAÜG abhängt (nachfolgend bb; zur verfassungsrechtlichen Sinnlosigkeit einer Zusammenfassung von rückwirkender normativer Herbeiführung von Rechtsfolgen und tatbestandlicher Rückanknüpfung unter einem gemeinsamen Oberbegriff der "Rückwirkung im weitesten Sinne" vgl BVerfGE 72, 200, Juris RdNr 92).

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aa) Der bundesdeutsche Gesetzgeber hat mit dem zum 12.4.1991 in Kraft getretenen SpTrUG vom 5.4.1991 (BGBl I 854) im Zuge der Privatisierung einer Kapitalgesellschaft, deren sämtliche Geschäftsanteile oder Aktien sich unmittelbar oder mittelbar in der Hand der Treuhandanstalt befinden, die Möglichkeit eröffnet, ihr Vermögen in den neuen Formen der Aufspaltung oder der Abspaltung zu spalten und ihr Vermögen in jeweils einem einheitlichen Akt der "partiellen Universalsukzession" bzw "Spezialsukzession" auf neue, dadurch gegründete Kapitalgesellschaften als Sonderrechtsnachfolger zu überführen (§ 1 SpTrUG; vgl näher etwa Oetker, VersR 1992, 7). Dieses im deutschen Recht völlig neue (Weimar, BB Beilage 1991, 16, 20) Vorgehen sollte unter Vermeidung einer zeitraubenden und kostenaufwendigen Einzelübertragung von Vermögensgegenständen insbesondere einem praktischen Bedürfnis Rechnung tragen, "für ein sinnvolles Wirtschaften" zu große Kapitalgesellschaften, wie sie aus der Umwandlung hervorgegangen waren, in ihre einzelnen Betriebe aufzuteilen und diese Betriebe zu verselbstständigen (vgl BT-Drucks 12/105 S 7; vgl zum Inhalt des Gesetzes im Übrigen die Nachweise bei Mayer, DB 1991, 1609, Fn 3).

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In diesem Zusammenhang sollten für notleidende Realteilungen ua von volkseigenen Betrieben auf der Grundlage der UmwVO, bei denen zu Unrecht bereits in der Vergangenheit von der Möglichkeit der Spaltung und der Übertragung von Vermögensgegenständen auf die neuen Wirtschaftseinheiten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ausgegangen worden war, Ungewissheiten hinsichtlich des Vermögensübergangs beseitigt werden. Zu diesem Zweck regelt Art § 12 Abs 1 S 1 SpTrUG allein die Frage, ob neben der - vorliegend durch § 75 GmbHG bereits geklärten Entstehung der neuen Kapitalgesellschaften - auch die beabsichtigten Vermögensübergänge im Wege der Einzelrechtsnachfolge wirksam geworden sind (vgl die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats - BR-Drucks 71/1/91 - in BT-Drucks 12/214 S 1) und ordnet insofern die Heilung an. Dies dient im Interesse des Rechtsverkehrs und zur Gewährleistung angemessener Sicherheit für die Altgläubiger der gespaltenen Unternehmen der Sicherstellung der erforderlichen Deckung des Stammkapitals oder Grundkapitals der neuen Gesellschaften (vgl von Spiessen/Gruber, VIZ 1994, 209).

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Mit den anderen Regelungen des SpTrUG ist auch dessen § 12 am 12.4.1991 in Kraft getreten (§ 17 SpTrUG). Das Gesetz legt sich damit insgesamt keine echte Rückwirkung im Sinne einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen bei (vgl zu den Voraussetzungen der echten Rückwirkung BVerfG vom 22.3.1983 - BVerfGE 63, 343 - Juris RdNr 42 f und BVerfGE 72, 200, Juris RdNr 85 ff). Es fehlt nämlich an der hierzu erforderlichen normativen Festlegung des Beginns seines zeitlichen Anwendungsbereichs (Art 82 Abs 2 S 1 GG) auf einen Zeitpunkt vor der mit der Ausgabe des ersten Stücks des Bundesgesetzblatts vom 11.4.1991 eintretenden rechtlichen Existenz durch Verkündung (Art 82 Abs 1 S 1 GG). Auf die vielfältigen Probleme, die sich neben Fragen des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes aus dem Erlass von Bundesrecht mit Wirkung auch für einen Zeitpunkt vor dessen Inkrafttreten im Beitrittsgebiet am 3.10.1990 und für ein Territorium außerhalb des damaligen Geltungsbereichs des Grundgesetzes (Art 23 S 1 GG aF) ergeben könnten, ist hier damit von vornherein nicht einzugehen.

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bb) § 12 SpTrUG ist darüber hinaus für den vorliegenden Streitfall auch nicht in der Weise einschlägig, dass ihm ab seinem Inkrafttreten am 12.4.1991 im Wege einer tatbestandlichen Rückanknüpfung Voraussetzungen auch für die Anwendbarkeit des AAÜG entnommen werden könnten (vgl zur möglichen Rückanknüpfung bundesdeutschen Rechts an DDR-Sachverhalte im Wege unechter Rückwirkung etwa BVerfG 1. Senat 1. Kammer vom 22.4.1998 - 1 BvR 2146/94, 1 BvR 2180/94 - WM 1998, 1343 = VIZ 1998, 586). Die Norm enthält weder eine vollständige eigene Umschreibung der Anwendungsvoraussetzungen des AAÜG noch beantwortet sie im Rahmen der Anwendung von § 1 Abs 1 S 1 AAÜG für Fallgestaltungen der vorliegenden Art die spezielle Vorfrage nach der Zuordnung von Arbeitsverhältnissen am Stichtag 30.6.1990.

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Die Funktion von § 1 AAÜG erklärt sich - wie diejenige der sonstigen Normen dieses Gesetzes und der hieran anknüpfenden Regelungen des SGB VI - aus der Notwendigkeit, für Personen wie den Kläger, die im streitigen Zeitraum originäre rentenrechtliche Zeiten im bundesdeutschen System der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zurückgelegt haben, Rechte und Anwartschaften im Rahmen des SGB VI sowie für die Wertbestimmung der (novierten) Berechtigungen nach dessen Grundsätzen durch besondere bundesrechtliche Grundlagen neu zu begründen (BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 4 RA 117/00 R - SozR 3-8570 § 5 Nr 6, Juris RdNr 17). Im Rahmen der damit erforderlichen Sonderregelungen zu den Rechtsbegründungs- und Wertfestsetzungsregelungen in §§ 63 ff SGB VI bestimmt das Bundesrecht zunächst in §§ 248, 256a SGB VI die gleichgestellten Beitragszeiten und die Verdienste, die für Versicherte der Sozialpflichtversicherung der DDR und der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung anstelle originär versicherten Einkommens im Nachhinein fiktiv sowie allein leistungsrechtlich und zukunftsbezogen relevant als "durch Beiträge versichert" geltendes Individualeinkommen aus Beschäftigung oder Erwerbseinkommen zugrunde zu legen sind (§ 256a SGB VI sowie hierzu BSG in SozR 3-2600 § 256a Nr 3, 5). Für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem ist demgegenüber (mit entsprechender Funktion) nach § 259b Abs 1 SGB VI exklusiv der Verdienst zugrunde zu legen, der nach dem AAÜG auf der Grundlage von dessen Zwecken und der dort verankerten Maßstäbe erstmals eigenständig ermittelt und bundesrechtlich nach Gleichstellung (fiktiver) Zugehörigkeitszeiten mit Beitragszeiten iS des SGB VI als berücksichtigungsfähig anerkannt wird. Hier treffen die §§ 5 bis 8 AAÜG Spezialregelungen zu den Rechtsbegründungs- und Wertbestimmungsregelungen des SGB VI, soweit Beschäftigungen oder Tätigkeiten und die Verdienste hieraus für den Wert der SGB VI-Berechtigung Bedeutung haben sollen, für die in der DDR ein (in den Anlagen 1 oder 2 zum AAÜG benanntes) Versorgungssystem eingerichtet worden war (vgl BSG in SozR 3-8570 § 5 Nr 4). Anders als im erstgenannten Fall der Inhaber von Rechten und Ansprüchen nur in der Sozialpflichtversicherung und der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR bedarf es nämlich nach der Wertung des Bundesrechts bei Zugehörigkeit zu einem Zusatz- und Sonderversorgungssystem einer besonderen "Sichtung und Reinigung" (vgl exemplarisch BSGE 76, 257 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 3), um den vielfältigen Unsicherheiten in diesem Bereich Rechnung zu tragen und insbesondere Entgelte erst nach Aussonderung eventuell unabhängig von Arbeit und Leistung aufgrund sachfremder politischer Begünstigung erworbener Bestandteile in die bundesdeutsche Bewertung einzustellen (vgl etwa Urteile in BSGE 72, 50, 61 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 und BSGE 76, 257 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 3). Mit dem AAÜG hat der Gesetzgeber daher entsprechend den - hierdurch modifizierten - Vorgaben im Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (EinigVtr) Nr 9 das Ziel verfolgt, sämtliche Zeiten, in denen Beschäftigungen in der ehemaligen DDR ausgeübt wurden und für die ihrer Art nach zu irgendeinem Zeitpunkt - abstrakt - Versorgungsansprüche aus einem Zusatz- und Sonderversorgungssystem vorgesehen waren, ab dem 1.1.1992 als Pflichtbeitragszeiten in die gesetzliche Rentenversicherung zu übernehmen (BT-Drucks 12/826 und BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 1 S 6 mwN). Dieser eigenständige und besondere Zweck des Bundesrechts bestimmt den Geltungsbereich des AAÜG und ein Verständnis der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem", das es ermöglicht, alle auch nur potentiell Begünstigten - umgekehrt aber auch nur diese - in das besondere Verfahren einzubeziehen (zu alledem BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 4 RA 117/00 R - SozR 3-8570 § 5 Nr 6, Juris RdNr 18).

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§ 1 AAÜG stellt deshalb in der Folge des EinigVtr für die Frage, ob nicht förmlich Einbezogene - wie der Kläger - Anwartschaften aufgrund der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem erworben haben, nach der bereits zitierten ständigen Rechtsprechung des BSG im Wesentlichen auf die bei Schließung der Versorgungssysteme nach dem RAnglG am 30.6.1990 in der (demokratisierten) DDR geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen ab. Bei Personen, die am 1.7.1990 in kein Versorgungssystem einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (zB Art 17 EinigVtr) einbezogen wurden, ist daher zu prüfen, ob sie nach dem am 1.8.1991 geltenden Bundesrecht an diesem Tag aufgrund der am 30.6.1990 gegebenen tatsächlichen Umstände einen fiktiven bundesrechtlichen "Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage" erlangt haben (vgl ua: BSG Urteile vom 9. und 10.4.2002 - SozR 3-8570 § 1 Nr 2 bis 8). In den genannten höchstrichterlichen Entscheidungen ist darauf hingewiesen worden, dass der Bundesgesetzgeber an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme in der DDR sowie an die gegebene versorgungsrechtliche Lage der Betroffenen ohne Willkürverstoß anknüpfen und damit ua zugrunde legen durfte, dass nur derjenige in das Zusatzversorgungssystem der AVItech einbezogen werden durfte, der bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme am 30.6.1990 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie und des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt war.

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Aus alledem ergibt sich, dass das AAÜG seiner Funktion nach grundsätzlich auf die zum Stichtag in der DDR historisch vorhandenen und von dieser gestalteten Verhältnisse und nicht etwa auf nachträglich rückwirkend durch Recht der Bundesrepublik fingierte Umstände abstellt, um hieran bundesrechtlich "anzuknüpfen". Wie etwa die schon im EinigVtr angelegte Möglichkeit von Rehabilitierungsentscheidungen zeigt, ist ein derartiges Vorgehen zwar grundsätzlich auch im Überführungsrecht möglich. Von derartigen zur Beseitigung rechtsstaatswidriger Ergebnisse erforderlichen Sonderregelungen abgesehen, entspricht jedoch in aller Regel allein die strikte Orientierung an den historischen Verhältnissen dem Ziel der Überführung des "vorgefundenen" Bestandes und ist grundsätzlich nur sie geeignet, dem bundesrechtlichen Neueinbeziehungsverbot (etwa BSG vom 18.12.2003 - B 4 RA 20/03 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 2 RdNr 13 = Juris RdNr 20) zu genügen. Art 3 Abs 1 und 3 GG gebietet es daher - vom Bundesverfassungsgericht bestätigt (Beschluss vom 4.8.2004 - 1 BvR 1557/01 - SozR 4-8570 § 5 Nr 4; Beschluss vom 26.10.2005 - 1 BvR 1921/04 - SozR 4-8560 § 22 Nr 1 RdNr 34 ff = Juris RdNr 38 ff) - nicht, von jenen zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme sowie von den historischen Fakten, aus denen sich etwa Ungleichheiten ergeben, abzusehen und sie "rückwirkend" zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Umgekehrt widerspräche es dem erklärten Ziel einer vollständigen Erfassung aller potenziell von der DDR jenseits eines Anwartschaftserwerbs durch Arbeit und Leistung zu Unrecht Begünstigten, würde der bundesdeutsche Gesetzgeber die Zahl der Betroffenen im Nachhinein durch eigenes Tun selbst reduzieren.

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Das mit § 12 SpTrUG verfolgte Ziel einer bundesrechtlichen Heilung misslungener Vermögensübertragungen zur Sicherung allen später auf dieser Grundlage aufbauenden Rechtsverkehrs unterscheidet sich diametral von der erstmaligen Verknüpfung abgeschlossener historischer Sachverhalte in der DDR mit bundesrechtlichen Rechtsfolgen, wie sie das AAÜG vorsieht. § 12 SpTrUG muss deshalb sachlich von vornherein ohne Einfluss auf die Anwendbarkeit des AAÜG bleiben. Auch der Wortlaut beider Normen gibt keinerlei Hinweis, auf eine vom Gesetzgeber erkannte Wechselbezüglichkeit. § 12 SpTrUG hat schließlich - soweit ersichtlich - auch bei den Beratungen des AAÜG keinerlei Rolle gespielt und hat in die oberstgerichtliche Rechtsprechung zu dessen Anwendungsbereich zu keinem Zeitpunkt Eingang gefunden. Es ist daher nicht näher darauf einzugehen, dass selbst bei einer Überlagerung der Regelungsgehalte dem am 1.8.1991 in Kraft getretenen (Art 42 Abs 8 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung - Rentenüberleitungsgesetz - vom 25.7.1991 - BGBl I 1606) § 1 Abs 1 S 1 AAÜG konkurrenzrechtlich als lex posterior und lex specialis der Vorrang zukommen müsste.

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b) Ebenso ist die Elektronicon-GmbH auch nicht im Wege der Universalsukzession nach § 7 S 2 UmwVO zum Arbeitgeber des Klägers geworden (anders auch insofern LSG Nordrhein-Westfalen vom 17.10.2012 - L 8 R 859/11 - Juris RdNr 33, nach dessen Auffassung das dort in Frage stehende Arbeitsverhältnis sowohl im Wege einer begrenzten Universalsukzession also auch durch eine - nach § 12 Abs 1 S 1 SpTrUG geheilte - Einzelübertragung übergegangen sein müsste). S 2 aaO setzt an den S 1 des § 7 UmwVO unmittelbar anknüpfend die Umwandlung eines VEB in eine einzige GmbH oder AG voraus und macht die Rechtsnachfolge des damit umgewandelten und nach S 3 aaO untergegangenen Betriebes von der Eintragung dieser juristischen Person abhängig. In Fällen der Spaltung fehlt die Voraussetzung der Umwandlung in einen einzigen Rechtsträger. Eine auf einen Vermögensteil beschränkte Universalsukzession kennt § 7 S 2 UmwVO - im Gegensatz zu den später in Kraft getretenen Regelungen des SpTrUG - noch nicht.

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5) § 12 SpTrUG ist damit entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts für die überführungsrechtlich nach § 1 Abs 1 S 1 AAÜG ab dem 1.8.1991 allein beachtliche konkrete Sachlage in der DDR am 30.6.1990 - und vorliegend die sich aus der Eintragung der Electronicon-GmbH am 27.6.1990 ergebenden Folgen für die Zuordnung des Arbeitsverhältnisses des Klägers - ohne Bedeutung. Entscheidend ist folglich, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers beim VEB Elektronik G., bei dem der Kläger seit dem 1.9.1973 beschäftigt war, am 30.6.1990 nach dem zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Arbeitsrecht der DDR aufgelöst war. Hierfür kann die inhaltlich § 613a BGB entsprechende Regelung des § 59a AGB DDR, die erst zum 1.7.1990 in Kraft getreten ist (vgl etwa LAG Brandenburg vom 6.5.2004 - 3 Sa 59/04 - Juris), keine Anwendung finden. Da nach dem Urteil des 4. Senats vom 18.12.2003 (SozR 4-8570 § 1 Nr 2) der Beschäftigungsbetrieb des Arbeitgebers - und nicht eines Dritten - maßgeblich ist, kann aus dem Beschäftigungsbetrieb nicht ohne Weiteres auf den Arbeitgeber rückgeschlossen werden. Selbst wenn daher der Kläger seine Arbeitsleistung am Stichtag bei der Elektronicon-GmbH erbracht hätte, stünde diese nicht allein deshalb auch als Arbeitgeber fest. Für die Annahme der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem VEB Elektronik G. genügt schließlich nicht der bloße Hinweis auf die Eingehung eines neuen Arbeitsverhältnisses (Urteil des Senats vom 9.10.2012 - B 5 RS 9/11 - Juris). In Abhängigkeit von der ursprünglichen Begründung des Arbeitsverhältnisses beim VEB durch Arbeitsvertrag oder durch "Berufung" wird das LSG daher nach Zurückverweisung die jeweils in Betracht kommenden Beendigungstatbestände (hierzu näher Urteil des Senats aaO) zu prüfen haben.

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Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

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