Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (8. Senat) - 8 B 8/10
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. November 2009 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 Euro festgesetzt.
Gründe
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Dem Oberverwaltungsgericht ist kein Verfahrensfehler unterlaufen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
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Die Klägerinnen erheben diesen Vorwurf insoweit, als das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung hinsichtlich einer bestehenden Wiederholungsgefahr auf eine Mutmaßung gestützt haben soll, die nicht auf Tatsachen basiere. Entscheidend sei nicht, wie sich die Rechtslage verändert habe, sondern wie sich die Beklagte in Zukunft tatsächlich verhalten werde. Das tatsächliche Verhalten werde nicht durch eine Gesetzesänderung bestimmt. Die Beklagte verfolge das Ziel, die Steuerberatung "rein" zu halten und eine zu enge Zusammenarbeit der Steuerberater mit Buchhaltern zu verhindern. Das Gericht gehe in rechtlich unzulässiger Weise davon aus, dass die Beklagte ihr Verhalten und ihre Äußerungen gegenüber ihren Mitgliedern der gesetzlichen Lage anpasse. Die Beklage habe sich aber stets geweigert, eine entsprechende Erklärung abzugeben.
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Soweit in diesem Vorbringen der Vorwurf unzureichender Sachverhaltsaufklärung enthalten sein sollte, fehlt es bereits an einer hinreichenden Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Das ist deshalb nicht der Fall, weil die Beschwerde nicht darlegt, welche Beweise angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für die Beschwerdeführerinnen günstigeren Entscheidung hätte führen können.
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Auf einem Verfahrensfehler könnte die Auslegung des Schriftsatzes der Beklagten vom 30. April 2009 allerdings dann beruhen, wenn das Gericht entgegen dem in § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO enthaltenen Gebot, seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnen, den tatsächlichen Prozessstoff verkannt, etwa schriftliche oder mündliche Äußerungen falsch gelesen oder sprachlich falsch verstanden hat (Beschluss vom 6. November 2001 - BVerwG 9 B 46.01 - juris Rn. 4). Ein derartiger Fall ist hier nicht gegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat seinen Überlegungen die Aussage der Beklagten im Schriftsatz vom 30. April 2009 zugrunde gelegt, wonach die Beschäftigung von Kontierern durch einen Steuerberater auf der Grundlage eines Anstellungsvertrages möglich ist oder im Rahmen einer freien Mitarbeit unter den Voraussetzungen des § 7 BOStB erfolgen kann. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 5. November 2009 wurde der Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten vom 30. April 2009 ausführlich diskutiert und das Oberverwaltungsgericht hat den Erklärungsinhalt dieses Schreibens im Protokoll festgehalten. Dem hat sich die Beklagte nicht widersetzt. Ob das Oberverwaltungsgericht dabei die rechtlichen Auslegungsgrundsätze, wie sie insbesondere in den §§ 133, 157 BGB ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden haben, hinreichend gerecht geworden ist, ist keine Frage des Verfahrensrechts, sondern eine Verletzung materiellen Rechts (Beschluss vom 30. April 2008 - BVerwG 7 B 6.08 - juris Rn. 7).
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Im Übrigen haben die Klägerinnen die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts dazu nicht angegriffen. Sie wenden sich im Grunde gegen die rechtliche Schlussfolgerung des Oberverwaltungsgerichts, aufgrund der Äußerung der Beklagten im Schriftsatz vom 30. April 2009 sei nicht davon auszugehen, dass die Beklagte Franchisenehmer der Klägerin zu 1 von dieser Erklärung ausnehmen wolle, und dass deshalb keine Wiederholungsgefahr bestehe.
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Dem Oberverwaltungsgericht ist kein Verstoß gegen Denkgesetze unterlaufen, weil es von der Änderung der Rechtslage darauf schließt, dass die Beklagte ihr Verhalten und ihre Äußerungen ändern werde. Ein Tatsachengericht hat nicht schon dann gegen die Denkgesetze verstoßen, wenn es nach Meinung des Beschwerdeführers unrichtige oder fernliegende Schlüsse gezogen hat. Ebenso wenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen. Es muss sich vielmehr um einen Schluss handeln, der aus Gründen der Logik schlechthin unmöglich ist (Beschluss vom 8. Juli 2008 - BVerwG 8 B 29.08 - juris). Davon kann hier keine Rede sein. Es ist nicht aus Gründen der Logik schlechthin ausgeschlossen, dass die Beklagte ihr zukünftiges Verhalten der geänderten Rechtslage anpassen wird. Dies folgt schon erkennbar aus dem Schriftsatz vom 30. April 2009. Unter den Voraussetzungen des § 7 BOStB ist für die Beklagte die freie Mitarbeit von Kontierern bei einem Steuerberater denkbar. Nichts anderes hat das Oberverwaltungsgericht aus dem Schriftsatz gefolgert.
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Der Senat sieht von einer weiteren Begründung der Beschwerde ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
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Referenzen
- VwGO § 132 1x
- VwGO § 108 1x
- § 52 Abs. 1 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 157 Auslegung von Verträgen 1x
- § 7 BOStB 2x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 133 1x
- BGB § 133 Auslegung einer Willenserklärung 1x