Urteil vom Bundesverwaltungsgericht (8. Senat) - 8 C 43/09

Tatbestand

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Die Klage richtet sich gegen die Aufhebung eines Satzungsbeschlusses des Rates der Klägerin über die Festsetzung der Hebesätze für die Gewerbesteuer und die Grundsteuer B durch den beklagten Landrat als Kommunalaufsichtsbehörde.

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Die Klägerin ist eine kreisangehörige Gemeinde, die seit 1999 weder über einen ausgeglichenen Haushalt noch über ein genehmigtes Haushaltssicherungskonzept verfügt. Für das Haushaltsjahr 2003 setzte der Beklagte im Wege der Ersatzvornahme die Hebesätze der Klägerin für die Grundsteuer B auf 391 v.H. (im Vorjahr 350 v.H.) und für die Gewerbesteuer auf 413 v.H. (im Vorjahr 400 v.H.) des Steuermessbetrages fest.

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Durch Beschluss vom 5. Juli 2005 senkte der Rat der Klägerin für das Haushaltsjahr 2005 die Hebesätze für die Grundsteuer B auf 350 v.H. und für die Gewerbesteuer auf 400 v.H. des Steuermessbetrages. Nach der auf Anweisung des Beklagten erfolgten Beanstandung des Beschlusses durch den Bürgermeister und nach dem Beschluss des Rates vom 1. September 2005, den beanstandeten Beschluss nicht aufzuheben, hob der Beklagte mit der streitgegenständlichen Verfügung vom 23. Dezember 2005 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den Beschluss des Rates vom 5. Juli 2005 auf.

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Der dagegen von der Klägerin erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 28. Juni 2007 stattgegeben und die Verfügung des Beklagten vom 23. Dezember 2005 aufgehoben.

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Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130a VwGO mit Beschluss vom 22. Juli 2009 das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die angefochtene Verfügung des Beklagten vom 23. Dezember 2005 sei zu Recht auf § 122 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (GO NRW) gestützt. Der aufgehobene Ratsbeschluss vom 5. Juli 2005 verletze geltendes Recht, weil er gegen § 75 Abs. 3 GO NRW in der gemäß Art. 1 § 9 des Gesetzes über ein Neues Kommunales Finanzmanagement für die Gemeinden im Land Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2004 (NKFG NRW) auch nach dem 31. Dezember 2004 noch anwendbaren Fassung (GO NRW a.F.) verstoße, wonach die Gemeinden die Pflicht haben, den Haushalt in jedem Jahr auszugleichen. Wenn der Haushaltsausgleich nicht erreicht werden könne, sei dieser gemäß § 75 Abs. 4 Satz 2 GO NRW a.F. zum nächstmöglichen Zeitpunkt wiederherzustellen. Daraus ergebe sich die haushaltsrechtliche Pflicht für die Gemeinden, alles zu unternehmen, um durch Zurückführung der Ausgaben und Erhöhung der Einnahmen dieses Ziel so schnell wie möglich zu erreichen. Insbesondere beinhalte dies die Pflicht, von Einnahmen mindernden Maßnahmen - wie hier der Senkung der Realsteuerhebesätze - grundsätzlich abzusehen. Diese Pflicht sei allerdings auf das Zumutbare begrenzt. Die Zumutbarkeit des haushaltsrechtlich gebotenen Verhaltens bestimme sich einerseits nach den jeweiligen rechtlichen Vorgaben für das in Rede stehende Tun oder Unterlassen sowie danach, ob das Verhalten auch unter Berücksichtigung des im Rahmen des Grundsatzes sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung (§ 75 Abs. 2 GO NRW a.F.) eröffneten Handlungsspielraums der betroffenen Gemeinde geboten sei. Dabei sei der Spielraum umso enger, je größer oder andauernder das Haushaltsdefizit und je unabsehbarer sein Ende sei. Diesen Vorgaben des kommunalen Haushaltsrechts werde der beanstandete Ratsbeschluss der Klägerin vom 5. Juli 2005 nicht gerecht. Mit ihm wäre die Grundsteuer B mit 350 v.H. des Steuermessbetrages und die Gewerbesteuer mit 400 v.H. auf ein Niveau reduziert worden, das im Landesdurchschnitt zuletzt 1994 bzw. 1992 erreicht worden sei. Der Hebesatz für die Grundsteuer B wäre 2005 im Landkreis der niedrigste gewesen; beim Hebesatz für die Gewerbesteuer hätte sich die Klägerin zusammen mit der Gemeinde Dahlem im landkreisinternen Vergleich ebenfalls an der unteren Belastungsgrenze befunden. Für die Klägerin sei es auch zumutbar gewesen, auf die Absenkung zu verzichten. Die Annahme, die beschlossene Senkung der Realsteuerhebesätze werde wegen der damit bewirkten Steigerung der Attraktivität der Klägerin zu höheren Einnahmen führen, sei allenfalls eine Hoffnung, deren tatsächliche Grundlage dünn sei. Denn die Höhe der Realsteuerhebesätze sei regelmäßig nicht der zentrale Grund für die Entscheidung, in welcher Gemeinde sich ein Unternehmen ansiedle bzw. Personen ihren Wohnsitz nähmen. Die Absenkung der Realsteuerhebesätze könne nicht mit dem Hinweis auf die sonstige Abgabenbelastung der Bürger im Bereich der Klägerin, insbesondere mit hohen Entwässerungsgebühren, begründet werden. Weder die kommunale Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG noch Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG stünden der angefochtenen Verfügung entgegen. Ferner sei ein Verstoß gegen § 25 Abs. 1 GrStG und § 16 Abs. 1 GewStG nicht ersichtlich.

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Gegen den Beschluss hat die Klägerin die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Dem Beklagten fehle es an der Kompetenz, auf die Höhe der kommunalen Hebesätze für die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer Einfluss zu nehmen. Denn Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG räume allein den Gemeinden das Recht ein, die Hebesätze für diese Steuern im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Da der Bundesgesetzgeber im Grundsteuer- und im Gewerbesteuergesetz keine Regelung geschaffen habe, die Landesbehörden eine Reglementierung des originär den Gemeinden zustehenden Rechts zur Bestimmung der Höhe der Hebesätze eröffne, gelte dies auch für den Beklagten als staatliche Kommunalaufsichtsbehörde. Zwar gebe die angefochtene Aufhebungsverfügung des Beklagten nach ihrem Wortlaut der Klägerin keinen exakten Hebesatz vor. Die Verfügung laufe im Ergebnis jedoch darauf hinaus, dass für das Haushaltsjahr 2005 der Hebesatz für die Grundsteuer B auf 391 v.H. und für die Gewerbesteuer auf 413 v.H. des Steuermessbetrages festzusetzen sei. Damit werde der gemeindliche Handlungsspielraum missachtet, obwohl die Festlegung der Hebesätze auch in kritischen Haushaltssituationen immer noch eine - auch für soziale und wirtschaftspolitische Motive offene - kommunale Ermessensentscheidung sei.

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Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Oberwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 28. Juni 2007 zurückzuweisen.

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Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Er verteidigt das angegriffene Urteil.

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Der Vertreter des öffentlichen Interesses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren, hat jedoch keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung und Anwendung der Regelungen der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung (§ 122 Abs. 1 Satz 2 GO NRW sowie § 75 Abs. 3 und 4 Satz 2 GO NRW a.F.), auf die die angefochtene Verfügung des Beklagten vom 23. Dezember 2005 über die Aufhebung des Ratsbeschlusses vom 5. Juli 2005 gestützt ist, verstößt weder gegen Art. 28 Abs. 2 GG noch gegen Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG i.V.m. § 25 Abs. 1 GrStG und § 16 Abs. 1 GewStG oder gegen sonstiges Bundesrecht.

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Die revisionsgerichtliche Prüfung muss von dem Inhalt der irrevisiblen Vorschriften des Landesrechts ausgehen, den das Berufungsgericht durch Auslegung ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (§ 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO). Das Revisionsgericht kann insoweit lediglich nachprüfen, ob Bundesrecht - insbesondere Bundesverfassungsrecht - ein anderes Ergebnis gebietet (stRspr; vgl. u.a. Urteile vom 12. November 1993 - BVerwG 7 C 23.93 - BVerwGE 94, 288 = Buchholz 160 Wahlrecht Nr. 38 S. 21 <23 f.> und vom 9. Dezember 2009 - BVerwG 8 C 17.08 - NVwZ 2010, 834 m.w.N.).

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Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen muss gemäß § 75 Abs. 3 GO NRW a.F. der Haushalt einer Gemeinde in jedem Jahr ausgeglichen sein. Wenn der Haushaltsausgleich nicht erreicht werden kann, ist dieser gemäß § 75 Abs. 4 Satz 2 GO NRW a.F. zum nächstmöglichen Zeitpunkt wiederherzustellen. Das Berufungsgericht hat die Vorschrift dahin ausgelegt, dass sich daraus für die Klägerin in ihrer angespannten Haushaltssituation die Pflicht ergibt, alles zu unternehmen, um durch Zurückführung der Ausgaben und Erhöhung der Einnahmen dieses Ziel im Rahmen des Zumutbaren so schnell wie möglich zu erreichen. Das haushaltsrechtlich gebotene Verhalten bestimmt sich dabei einerseits nach den jeweiligen rechtlichen Vorgaben für das in Rede stehende Tun oder Unterlassen sowie danach, ob das Verhalten auch unter Berücksichtigung des im Rahmen des Grundsatzes sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung (§ 75 Abs. 2 GO NRW a.F.) eröffneten Handlungsspielraums der Gemeinde zumutbar ist, wobei dieser Spielraum um so enger ist, je größer oder andauernder das Haushaltsdefizit und je unabsehbarer sein Ende ist. Daraus hat das Berufungsgericht die weitere Schlussfolgerung gezogen, dass in der Haushaltssituation, in der sich die Klägerin im Haushaltsjahr 2005 befand, von die Einnahmen mindernden Maßnahmen - wie hier der Senkung der Realsteuerhebesätze - grundsätzlich abzusehen ist. Der Ratsbeschluss der Klägerin vom 5. Juli 2005 wird nach den Feststellungen des Berufungsgerichts diesen Anforderungen nicht gerecht und verstößt damit gegen das zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens der Verfügung des Beklagten vom 23. Dezember 2005 geltende Recht, so dass dieser ihn deshalb nach § 122 Abs. 1 Satz 2 GO NRW zu Recht aufgehoben hat.

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Diese Annahme verletzt weder Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG noch die der Klägerin durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierte gemeindliche Selbstverwaltung in Gestalt ihrer kommunalen Finanzhoheit. Sie stellt auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff in diese Rechte dar.

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Nach Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG ist den Gemeinden das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und der Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Nach Art. 105 Abs. 2 GG hat der Bund - neben der nach § 105 Abs. 1 GG ihm zugewiesenen Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole - für die "übrigen Steuern" die Kompetenz zur konkurrierenden Gesetzgebung, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Das Aufkommen der beiden Steuern steht nicht nach Art. 106 Abs. 1 GG dem Bund, sondern nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG den Gemeinden zu, so dass der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nur nach Maßgabe des Art. 72 Abs. 2 GG Gebrauch machen durfte, was er mit dem Grundsteuergesetz und dem Gewerbesteuergesetz getan hat. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken dagegen bestehen im Hinblick auf Art. 72 Abs. 2 GG oder andere Regelungen des Grundgesetzes nicht (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 2 BvR 2185/04, 2 BvR 2189/04 - DVBl 2010, 509 = juris Rn. 56 ff.). Der Bundesgesetzgeber ist durch § 25 Abs. 1 GrStG und § 16 Abs. 1 GewStG dem Gesetzgebungsauftrag des Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG nachgekommen, wonach den Gemeinden das Recht einzuräumen ist, die Hebesätze der Grundsteuer und der Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen.

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Das durch Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG i.V.m. § 25 Abs. 1 GrStG und § 16 Abs. 1 GewStG eingeräumte Hebesatzrecht dient der Sicherung einer angemessenen Finanzausstattung der Gemeinden. Einerseits ermöglicht es ihnen, Unterschiede in der Belastung und in der Ergiebigkeit der zugewiesenen Steuerquellen auszugleichen. Die Gemeinden sollen die Möglichkeit haben, ihre Einnahmen durch Anhebung der Gewerbesteuer an den Finanzbedarf anzupassen und damit angesichts wachsender Haushaltslasten handlungsfähig zu bleiben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2010 a.a.O. juris Rn. 86 m.w.N.). Die Gewährleistung des Hebesatzrechts ermöglicht andererseits aber auch eine Anpassung nach unten und damit den Einsatz niedriger Hebesätze im interkommunalen Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen. In dem Spannungsverhältnis zwischen dem Streben nach einem möglichst hohen Niveau der öffentlichen Leistungen und einer möglichst niedrigen Steuerbelastung, das bei der Einführung der Verfassungsgarantie des gemeindlichen Hebesatzrechts als unentbehrlich für eine eigenverantwortliche Selbstverwaltung hervorgehoben wurde (vgl. BTDrucks V/2861 S. 39 Nr. 183), wird das Streben nach einer möglichst niedrigen Steuerbelastung gerade durch die Bedeutung der Gewerbesteuerbelastung im Standortwettbewerb befördert (BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2010 a.a.O. juris Rn. 86).

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Die durch Bundesrecht in Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG in Verbindung mit den Ausführungsregelungen in § 16 Abs. 1 GewStG und § 25 Abs. 1 GrStG erfolgte Zuweisung der ausschließlichen Kompetenz der Gemeinden zur Festsetzung der Hebesätze für die Gewerbe- und die Grundsteuer ist vom Bundesgesetzgeber in beiden Gesetzen allerdings in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt worden. So hat er für die Gewerbesteuer einen Mindesthebesatz von 200 v.H. des Steuermessbetrages vorgeschrieben (§ 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG). Die Gemeinden dürfen damit weder auf die Erhebung der Gewerbesteuer verzichten noch einen den Mindesthebesatz unterschreitenden Hebesatz festsetzen. Ausweislich der Gesetzesbegründung dienten die Einführung der Pflicht zur Erhebung der Gewerbesteuer und die Normierung eines Mindesthebesatzes vor allem der Vermeidung von "Gewerbesteueroasen" sowie der Verhinderung von Ausfällen bei der Gewerbesteuerumlage (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2010 a.a.O. juris Rn. 95 ff. unter Verweis auf BTDrucks 15/481 S. 16; BTDrucks 15/1517 S. 17, 19; Protokoll der 786. Sitzung des Bundesrates vom 14. März 2003, S. 48). Andererseits werden die Bundesländer ermächtigt, sowohl für die Grundsteuer als auch für die Gewerbesteuer einen das Hebesatzrecht der Gemeinden begrenzenden Höchsthebesatz zu normieren (§ 16 Abs. 5 GewStG, § 26 GrStG). Das ist nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen in Nordrhein-Westfalen bisher nicht geschehen. Des Weiteren ist in den beiden Bundesgesetzen als letzter Zeitpunkt für den Fall einer Erhöhung des Hebesatzes verbindlich der 30. Juni eines Jahres festgelegt (§ 16 Abs. 3 GewStG, § 25 Abs. 3 GrStG). Außerdem ist in beiden Bundesgesetzen näher bestimmt, inwieweit bei der Erhebung von Grund- und Gewerbesteuern Differenzierungen zwischen Unternehmen, Betrieben bzw. Grundstücken zulässig sind (§ 16 Abs. 4 Satz 1 GewStG, § 25 Abs. 4 Satz 1 GrStG). Schließlich gestatten das Gewerbe- und das Grundsteuergesetz den Ländern bei Gebietsänderungen, vorübergehend verschiedene Hebesätze innerhalb des Hoheitsgebiets einer Gemeinde zuzulassen (§ 16 Abs. 4 Satz 3 GewStG, § 25 Abs. 4 Satz 2 GrStG). Weitergehende Beschränkungen des den Gemeinden im Rahmen der Gesetze gewährleisteten Rechts zur Festsetzung der Hebesätze für die Grundsteuer und für die Gewerbesteuer lassen sich beiden Bundesgesetzen nicht entnehmen.

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Nach Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG ist das Hebesatzrecht für die Grund- und die Gewerbesteuer den Gemeinden allerdings nur "im Rahmen der Gesetze" gewährleistet. Dies entspricht der Regelung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2010 a.a.O. juris Rn. 77 m.w.N.), der den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, ebenfalls nur im Rahmen der Gesetze garantiert. Das in Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG i.V.m. § 16 Abs. 1 GewStG und § 25 Abs. 1 GrStG den Gemeinden gewährleistete Hebesatzrecht für die Grundsteuer und die Gewerbesteuer ist eine spezielle Ausprägung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und konkretisiert diese. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie unterliegt normativer Prägung durch den Gesetzgeber, der sie inhaltlich ausformen und begrenzen darf (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 1994 - 2 BvR 445/91 - BVerfGE 91, 228 <240> m.w.N.). Die im Rahmen der Gesetze garantierte finanzielle Eigenverantwortlichkeit der Gemeinden stellt sich als notwendiges Korrelat zur verfassungsrechtlich gewährleisteten eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung dar (Knemeyer, Der Städtetag, 1988, 330 <331>; Corsten, Der Gemeindehaushalt, 1990, 57 <58>). Die kommunale Finanzhoheit besteht jedoch nicht darin, dass die Gemeinde nach Belieben frei schalten kann, sondern darin, dass sie verantwortlich disponiert und bei ihren Maßnahmen auch ihre Stellung innerhalb der Selbstverwaltung des modernen Verwaltungsstaates und die sich daraus ergebende Notwendigkeit des Finanzausgleichs in Betracht zieht (BVerfG, Beschluss vom 21. Mai 1968 - 2 BvL 2/61 - BVerfGE 23, 353 = juris Rn. 57). Daran hat die durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 27. Oktober 1994 (BGBl I S. 3146) erfolgte Ergänzung des Art. 28 Abs. 2 GG um einen Satz 3 ("Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung.") nichts geändert. Mit dieser Regelung, die auf eine Empfehlung der Gemeinsamen Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat zurückgeht (BTDrucks 12/6000 S. 46 ff.), sollten nach der Vorstellung des verfassungsändernden Gesetzgebers keine über die im Grundgesetz verankerte Finanzverfassung hinausgehenden finanziellen Absicherungen geschaffen werden (vgl. BTDrucks 12/6000 S. 1 <48>; Schwarz, Finanzverfassung und kommunale Selbstverwaltung, 1996, S. 44). Der kommunalen Finanzhoheit sollte allerdings ein ausdrücklicher Stellenwert eingeräumt und diese damit gestärkt werden (BTDrucks 12/6633 S. 7). Vor dem Hintergrund gewachsener Belastungen der Gemeinden bei der Erfüllung ihrer vielfältigen staatlichen Aufgaben sollte so klargestellt werden, dass die finanzielle Eigenverantwortung zum Recht auf kommunale Selbstverwaltung gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2010 a.a.O. juris Rn. 70 unter Berufung auf den Abschlussbericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BTDrucks 12/6000 S. 46). Die durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 28 und Art. 106) vom 20. Oktober 1997 (BGBl I S. 2470) erfolgte Einfügung eines weiteren Halbsatzes in Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG ("zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle") garantiert den Gemeinden über Art. 106 Abs. 2 Satz 2 GG hinaus, dass die wirtschaftskraftbezogene Gewerbesteuer nicht abgeschafft wird, ohne dass die Gemeinden an ihrer Stelle eine andere wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle mit Hebesatzrecht erhalten. Die kommunale Finanzautonomie sollte so durch die Garantie des Bestandes der Gewerbeertragsteuer oder einer anderen an der Wirtschaftskraft orientierten Steuer mit Verfassungsrang gewährleistet werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2010 a.a.O. juris Rn. 71 unter Berufung auf BTDrucks 13/8488 S. 5; 13/8340 S. 2).

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Die verfassungsrechtlich in dieser Weise geschützte kommunale Selbstverwaltungsfreiheit kann allerdings vom Gesetzgeber beschränkt werden. Hinsichtlich des den Gemeinden in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Rechts zur Aufgabenerledigung "in eigener Verantwortung" ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut, dass dieses nur "im Rahmen der Gesetze" besteht. Demnach genießen die gemeindlichen Selbstverwaltungskörperschaften einerseits zwar die durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistete kommunale Autonomie. Andererseits müssen sie jedoch den Vorrang der staatlichen Gesetze beachten. Der sowohl in Art. 28 Abs. 2 GG als auch in Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG normierte Gesetzesvorbehalt gilt auch für die kommunale Finanzhoheit als Teil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (vgl. dazu BVerfG, Entscheidungen vom 21. Mai 1968 - 2 BvL 2/61 - BVerfGE 23, 353 <369>, vom 10. Juni 1969 - 2 BvR 480/61 - BVerfGE 26, 172 <181>, vom 24. Juni 1969 - 2 BvR 446/64 - BVerfGE 26, 228 <244>, vom 24. Juli 1979 - 2 BvK 1/78 - BVerfGE 52, 95 <117> und vom 15. Oktober 1985 - 2 BvR 1808/82, 2 BvR 1809/82, 2 BvR 1810/82 - BVerfGE 71, 25 <36>), die die Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens beinhaltet (vgl. u.a. BVerfG; Entscheidung vom 24. Juni 1969 - 2 BvR 446/64 - a.a.O. <244>).

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Das Recht auf gemeindliche Selbstverwaltung einschließlich der kommunalen Finanzautonomie steht allerdings nicht zur vollständigen Disposition des einfachen Gesetzgebers (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27. Januar 2010 a.a.O. juris Rn. 91 und vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 - BVerfGE 79, 127 <143>). Es ist in seinem Kern gesetzgebungsfest gewährleistet. Dem beschränkenden Zugriff des Gesetzgebers sind insoweit verfassungsrechtliche Schranken gesetzt. Die durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierten wesentlichen Hoheitsrechte, die der Staat den Gemeinden im Interesse einer funktionsgerechten Aufgabenwahrnehmung gewährleistet, darunter die Finanzhoheit, müssen den Gemeinden im Kern erhalten bleiben (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Juli 1979 a.a.O. <117>). Der Gesetzgeber darf nicht in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung eingreifen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2010 a.a.O. juris Rn. 91 unter Verweis auf BVerfGE 79, 127 <143>; 83, 363 <381>; 91, 228 <238>; 107, 1 <2>; stRspr). Was zu dem Bereich gehört, der verfassungskräftig gegen jede Schmälerung durch gesetzgeberische Eingriffe geschützt ist, lässt sich nicht abstrakt-allgemein umschreiben, sondern ergibt sich einmal aus der geschichtlichen Entwicklung und sodann aus den verschiedenen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung (BVerfG, Entscheidungen vom 10. Juni 1969 a.a.O. juris Rn. 31, vom 26. November 1963 - 2 BvL 12/62 - BVerfGE 17, 172 <182> = juris Rn. 38 m.w.N. und vom 27. Januar 2010 a.a.O. juris Rn. 92 m.w.N.). Den absoluten Schutz der Kernbereichsgarantie genießt jedoch nicht jede einzelne Ausformung der den Gemeinden durch Art. 28 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 6 GG garantierten Hoheitsrechte (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. Mai 2001 - 2 BvK 1/00 - BVerfGE 103, 332 <366> und vom 27. Januar 2010 a.a.O. juris Rn. 93; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 11. Aufl. 2008, Art. 28 Rn. 78). Der Kernbereich ist dann verletzt, wenn das Recht auf kommunale Selbstverwaltung beseitigt wird oder kein hinreichender Spielraum für seine Ausübung mehr übrig bleibt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. Mai 2001 a.a.O. <366> und vom 27. Januar 2010 a.a.O. juris Rn. 93; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 28 Rn. 22; Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz der kommunalen Selbstverwaltung, 1998, S. 59; Stern, Staatsrecht Bd. I, 2. Aufl. 1984, § 12 II 4, S. 416).

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Außerdem unterliegt der Gesetzgeber bei Beschränkungen der Gewährleistung der gemeindlichen Selbstverwaltung und der kommunalen Finanzhoheit dem verfassungsrechtlichen Gebot zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (BVerfG, Entscheidungen vom 24. Juni 1969 a.a.O. <241>, vom 7. Oktober 1980 - 2 BvR 584/76, 2 BvR 598/76, 2 BvR 599/76, 2 BvR 604/76 - BVerfGE 56, 298 <313>, vom 23. Juni 1987 - 2 BvR 826/83 - BVerfGE 76, 107 <121 ff.> sowie vom 27. Januar 2010 a.a.O. juris Rn. 94 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 4. August 1983 - BVerwG 7 C 2.81 - BVerwGE 67, 321 = DVBl 1983, 1152 f. = juris Rn. 13 und 20; von Mutius, Kommunalrecht, 1996, Rn. 866; Knemeyer, JuS 2000, 521 <522>; Franz, JuS 2004, 937; Schmidt-Assmann, Kommunale Selbstverwaltung "nach Rastede", Festschrift für Horst Sendler, 1991, S. 121 <132>; Selmer/Hummel, NVwZ 2006, S. 14 <18 ff.>). Wie die Selbstverwaltungsgarantie im Allgemeinen und die Finanzhoheit als eines ihrer wesentlichen Elemente darf auch das in Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG und in Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG gewährleistete Hebesatzrecht nicht unverhältnismäßig beschränkt werden. Beschränkungen müssen danach zur Erreichung eines nach dem Grundgesetz zulässigen Zwecks geeignet sowie erforderlich und (im engeren Sinne) verhältnismäßig sein.

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Unter den in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG normierten Gesetzesvorbehalt fallen (auch) gesetzliche Regelungen des Landesrechts, wie sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in Nordrhein-Westfalen für den Bereich der kommunalen Haushaltswirtschaft in § 75 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 GO NRW a.F. sowie für die staatliche Kommunalaufsicht in § 122 Abs. 1 Satz 2 GO NRW bestehen. Das ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Die staatliche Rechtsaufsicht über die Gemeinden ist ein von Verfassungs wegen vorgesehenes Korrelat der kommunalen Selbstverwaltung. Nach der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes steht die staatliche Aufsicht über die Gemeinden ausschließlich dem jeweiligen Bundesland zu. Bei der Wahrnehmung der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden, zu denen jedenfalls freiwillige Selbstverwaltungsangelegenheiten sowie pflichtige, aber weisungsfreie Selbstverwaltungsaufgaben gehören, unterliegen die Kommunen nur der staatlichen Rechts-, jedoch keiner Fachaufsicht. Eine über die Rechtmäßigkeitskontrolle hinausgehende Zweckmäßigkeitskontrolle mit Weisungsrechten der staatlichen Kommunalaufsichtsbehörden wäre mit der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG und der kommunalen Finanzhoheit nicht zu vereinbaren. Dass die Staatsaufsicht in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Kommunen auf die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit (Rechtsaufsicht) beschränkt ist, ist in der Regel in den Landesverfassungen und in den Gemeindeordnungen der Bundesländer ausdrücklich angeordnet. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist dies in Nordrhein-Westfalen nach Maßgabe des Art. 78 Abs. 4 Satz 1 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen in § 122 Abs. 1 GO NRW angeordnet.

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Der aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Selbstverwaltungsrechts und der Finanzhoheit der Gemeinden resultierende Gestaltungsspielraum wird nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in Nordrhein-Westfalen durch die in § 75 Abs. 3 und 4 Satz 2 GO NRW a.F. geregelte Pflicht beschränkt, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen und gegebenenfalls den Haushaltsausgleich zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder herbeizuführen. Die Annahme des Berufungsgerichts, dies schränke das Recht der Gemeinden zur Senkung der Hebesätze in Fällen einer schweren Haushaltsnotlage von unabsehbarer Dauer ein, ist weder verfassungsrechtlich zu beanstanden noch verstößt sie gegen sonstiges Bundesrecht.

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Die Erfüllung der den Gemeinden nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in § 75 Abs. 4 Satz 2 GO NRW a.F. auferlegten rechtlichen Verpflichtung, im Falle eines unausgeglichenen Haushalts den Haushaltsausgleich zum nächstmöglichen Zeitpunkt wiederherzustellen, ist auf der Einnahmeseite nicht nur von Art und Höhe der Erhebung kommunaler Gebühren und Beiträge sowie der Gemeinde zustehender Steuern wie der Gewerbe- und Grundsteuer abhängig. Vielmehr wird diese Einnahmesituation entscheidend auch von den Finanzzuweisungen des Landes (Schlüsselzuweisungen, zweckgebundene Zuweisungen, Sonderbedarfszuweisungen) beeinflusst. Ebenso wird auch die kommunale Ausgabenseite in starkem Maße von den den Kommunen durch Bund und Land auferlegten (Pflicht-)Aufgaben mitgeprägt. Wegen der in Art. 28 Abs. 2 GG erfolgten verfassungsrechtlichen Gewährleistung der gemeindlichen Selbstverwaltung und kommunalen Finanzhoheit ist es daher grundsätzlich Aufgabe des Rates und der Verwaltung einer Gemeinde, alle notwendigen Maßnahmen - sowohl auf der Ertrags- als auch auf der Aufwandsseite - zu ergreifen, um den gesetzlich vorgegebenen Haushaltsausgleich zu erreichen. Innerhalb des den Gemeinden zustehenden Gestaltungsspielraums ist es der Kommunalaufsicht deshalb grundsätzlich untersagt, der Gemeinde im Falle eines unausgeglichenen Haushalts alternativlos vorzuschreiben, was sie zu tun hat. Auch wenn die Finanzlage der betreffenden Gemeinde sehr angespannt und unter Umständen selbst die Erfüllung der Pflichtaufgaben nicht mehr sichergestellt ist, liegt es innerhalb des Gestaltungsspielraums der Gemeinde, durch ihre demokratisch gewählten Organe zu entscheiden, wie die notwendige Reduzierung freiwilliger Leistungen und die Erzielung zusätzlicher Einnahmen (z.B. durch Abgaben und Steuern) erfolgen soll.

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Auf der Ausgabenseite ist die Aufsichtsbehörde grundsätzlich darauf beschränkt, eine Reduzierung der Mittel für freiwillige Leistungen der Gemeinde insgesamt anzumahnen, ohne ein konkretes Mittel oder einzelne geförderte Projekte für die gebotene Einsparung vorzuschreiben (BayVGH, Urteil vom 27. Mai 1992 - 4 B 91.190 - NVwZ-RR 1993, 373 <375> = juris Rn. 22; Brüning, DÖV 2010, 553 <557>). Entsprechendes muss angesichts der verfassungsrechtlichen Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung für Anordnungen der Kommunalaufsicht hinsichtlich der Einnahmeseite gelten, also für die Entscheidung über die zu ergreifenden Maßnahmen zur Erhöhung der kommunalen Einnahmen und Erträge.

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Die staatliche Kommunalaufsichtsbehörde ist jedoch - unabhängig von der Frage einer aufgabenadäquaten Finanzausstattung der Gemeinde durch das Land - bei sachgerechter Ausübung des ihr zustehenden Entschließungs- und Auswahlermessens im Rahmen der Rechtsaufsicht befugt, bei Nichterfüllung einer der Gemeinde obliegenden rechtlichen Verpflichtung einzugreifen und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgebots eine gegen diese Verpflichtung verstoßende Maßnahme zu beanstanden und aufzuheben. Unter welchen Voraussetzungen im Rahmen der Rechtsaufsicht auch weitergehende Eingriffe der staatlichen Kommunalaufsichtsbehörden in die gemeindliche Selbstverwaltung und kommunale Finanzhoheit in Betracht kommen, bedarf hier keiner näheren Prüfung und Entscheidung.

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Weder Art. 28 Abs. 2 noch Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG i.V.m. § 6 Abs. 1 GewStG und § 25 Abs. 1 GrStG schließen eine Beanstandung der Senkung der Hebesätze für die Grund- und die Gewerbesteuer aus, wenn die betreffende Gemeinde sich in einer anhaltenden Haushaltsnotlage befindet und das von ihr vorgelegte - gesetzlich vorgeschriebene - Haushaltssicherungskonzept nicht erkennen lässt, wie der durch die Hebesatzabsenkung unmittelbar bewirkte Einnahmeverlust hinreichend verlässlich ausgeglichen werden soll. In einer solchen Situation darf die betroffene Gemeinde die Hebesätze nicht auf ein deutlich niedrigeres Niveau festsetzen, wenn ein Ausgleich des Einnahmeausfalls weder konkret in der Haushaltsplanung vorgesehen noch hinreichend konkret absehbar ist.

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Eine solche Beschränkung des Rechts zur Festsetzung der Hebesätze für die Grund- und für die Gewerbesteuer wahrt den Kernbereich des in Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts und der kommunalen Finanzhoheit. Denn es belässt weiterhin der Gemeinde die Entscheidung, wie der Haushaltsausgleich angestrebt und erreicht werden soll. Reichen die Einnahmen nicht aus, um die zur Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde erforderlichen Ausgaben zu decken (sog. kameralistischer Rechnungsstil) oder deckt der Gesamtbetrag der Erträge nicht die Höhe des Gesamtbetrages der Aufwendungen (neues Rechnungswesen), ist zu prüfen, inwieweit der Ausgleich durch Beschränkung der Ausgaben bzw. der Aufwendungen oder Erhöhung der Einnahmen bzw. Erträge herbeigeführt werden kann. Die angefochtene kommunalaufsichtliche Verfügung des Beklagten belässt der Klägerin den notwendigen grundsätzlichen Gestaltungsspielraum, da keine konkreten Vorgaben für die Zurückführung bestimmter Ausgaben/Aufwendungen und die Erhöhung bestimmter Einnahmen/Erträge erteilt werden. Sie beanstandet allein, dass die von dem Rat der Klägerin beschlossene Senkung der Hebesätze für die Grund- und für die Gewerbesteuer in einer anhaltenden Haushaltsnotlage der Klägerin vorgenommen wurde, obwohl ein Ausgleich des damit bewirkten Einnahmeausfalls, der nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung im Haushaltsjahr 2005 ca. 300 000 € betrug, weder konkret in die Haushaltsplanung eingestellt noch auf der Basis eines genehmigungsfähigen Haushaltssicherungskonzepts für die Folgejahre in nachvollziehbarer Weise hinreichend verlässlich absehbar war.

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Die angefochtene kommunalaufsichtliche Verfügung des Beklagten schränkt die gemeindliche Finanzhoheit und das daraus fließende Hebesatzrecht auch nicht unverhältnismäßig ein.

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Sie ist ersichtlich auf das Ziel ausgerichtet, Einnahmeausfälle im Haushalt der Klägerin zu unterbinden, solange deren Ausgleich durch anderweitige Einnahmeerhöhungen und/oder Ausgabenminderungen nicht in hinreichendem Maße absehbar ist. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen verfügt die Klägerin seit 1999 weder über einen ausgeglichenen Haushalt noch über ein genehmigtes Haushaltssicherungskonzept gemäß § 75 Abs. 4 Satz 1 GO NRW a.F. Sie befand sich im maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens der angegriffenen Verfügung des Beklagten seit Jahren im Zustand vorläufiger Haushaltsführung. Das vom Rat der Klägerin zusammen mit der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2005 am 31. Mai 2005 beschlossene und dem Beklagten vorgelegte Haushaltssicherungskonzept wurde lediglich für die Jahre 2004 bis 2008 erstellt. Bei der Beschlussfassung über die Senkung der Hebesätze am 5. Juli 2005 erfolgte insoweit keine Änderung. Das vorliegende Haushaltssicherungskonzept war nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen auch nicht genehmigungsfähig, weil aus ihm entgegen § 75 Abs. 4 GO NRW a.F bzw. § 76 GO NRW a.F. jedenfalls nicht hervorging, dass spätestens im auf das Haushaltsjahr 2005 folgenden vierten Jahr (= 2009) die Einnahmen die Ausgaben (ohne Abdeckung von Fehlbeträgen aus Vorjahren) decken werden. Auch der Bürgermeister der Klägerin hatte danach das vorgelegte Haushaltssicherungskonzept nicht für genehmigungsfähig gehalten. Wenn der Rat der Klägerin auf dieser gesetzwidrigen Grundlage eine Senkung der Hebesätze für die Grundsteuer B und für die Gewerbesteuer beschloss, ohne die sich daraus ergebenden Konsequenzen für ihre Einnahmesituation und den notwendigen Haushaltsausgleich hinreichend zu ermitteln und in das vom Gesetz vorgeschriebene Haushaltssicherungskonzept einzustellen, konnte das Berufungsgericht ohne Bundesrechtsverstoß die Rechtswidrigkeit dieses Handelns feststellen. Die Unterbindung eines solchen rechtswidrigen Verhaltens der Klägerin ist ein nach dem Grundgesetz zulässiges, ja gebotenes Ziel der staatlichen Kommunalaufsicht.

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Die angefochtene Verfügung des Beklagten war auch geeignet, zur Erreichung dieses Zieles beizutragen. Denn sie bewirkte jedenfalls, dass wenigstens die durch die Hebesatzsenkungen unmittelbar veranlassten Einnahmeausfälle, die sich nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Haushaltsjahr 2005 in einer Größenordnung von etwa 300 000 € bewegten und deren Ausgleich nicht hinreichend verlässlich absehbar war, vermieden wurden.

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Eine gleichermaßen wirksame, die Klägerin weniger belastende Maßnahme ist nicht ersichtlich. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen beruht die Annahme der Klägerin, die beschlossene Senkung der Realsteuerhebesätze werde wegen der damit bewirkten Steigerung der Standortattraktivität der Klägerin zu höheren Einnahmen führen, auf vagen Hoffnungen, deren tatsächliche Grundlage "dünn", also unzureichend ist. Die prognostischen Grundlagen der nach dem Vorbringen der Klägerin mit der beschlossenen Senkung der Hebesätze angestrebten Verbesserung ihrer Standortattraktivität und ihrer Haushaltsnotlage sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weder dem Beklagten als Kommunalaufsichtsbehörde dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Diese berufungsgerichtlichen Feststellungen hat die Klägerin im Revisionsverfahren nicht angegriffen.

33

Eine Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist nicht ordnungsgemäß erhoben worden. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zudem auf Befragen bestätigt, dass nach seiner Kenntnis seitens der Klägerin keine näheren Untersuchungen oder Erhebungen über die konkreten Auswirkungen der für das Haushaltsjahr 2005 von ihrem Rat beschlossenen Senkung der Hebesätze auf den Haushaltsausgleich erstellt worden sind und vorliegen.

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Die auf § 122 Abs. 1 Satz 2 GO NRW gestützte Verfügung des Beklagten beschränkt das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht und die kommunale Finanzhoheit der Klägerin zudem ersichtlich weniger gravierend als eine Festsetzung der Hebesätze im Wege der Ersatzvornahme oder die Bestellung eines Beauftragten der Kommunalaufsicht nach § 123 Abs. 2 GO NRW. Denn sie hebt zwar die erfolgte Senkung der Hebesätze für das Haushaltsjahr 2005 auf, belässt jedoch im Übrigen der Klägerin die weitere Entscheidung darüber, mit welchen anderen Mitteln der Haushaltsausgleich zum nächstmöglichen Zeitpunkt wiederhergestellt werden soll. Anders als bei der Bestellung eines Beauftragten nach § 124 GO NRW durch die Kommunalaufsichtsbehörde verbleibt den zuständigen Organen der Klägerin weiterhin das Recht, die ihnen zustehenden gesetzlichen Befugnisse eigenverantwortlich auszuüben.

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Die angefochtene Verfügung ist im Hinblick auf das angestrebte gesetzlich vorgegebene Ziel, zum Haushaltsausgleich der Klägerin zum nächstmöglichen Zeitpunkt beizutragen, auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne. Es bleibt weiterhin der Klägerin überlassen, die - mit Ausnahme der aufgehobenen, für das Haushaltsjahr 2005 beschlossenen Senkung der Hebesätze - aus ihrer Sicht gebotenen Maßnahmen zum Haushaltsausgleich zu prüfen und zu treffen sowie in die Haushaltsplanung (Haushaltssicherungskonzept) einzustellen. Indem der Beklagte sich auf die Aufhebung des Beschlusses der Klägerin über die Senkung der Hebesätze beschränkt und gerade nicht angeordnet hat, welche konkrete(n) Maßnahme(n) zur Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs getroffen werden sollen, hat er den Gestaltungsspielraum der Klägerin anerkannt und respektiert.

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