Urteil vom Bundesverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 C 17/14
Tatbestand
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Die Klägerin erstrebt die Feststellung, dass sie infolge der Adoption durch ihren deutschen Stiefvater, die noch vor der Vollendung des achtzehnten Lebensjahres beantragt, aber erst längere Zeit nach Eintritt der Volljährigkeit amtsgerichtlich beschlossen worden ist, die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat.
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Die Klägerin ist im Jahre 1986 als Kind russischer Eltern geboren und besitzt die russische Staatsangehörigkeit. Nach der Scheidung ihrer leiblichen Eltern im Jahre 1991 heiratete ihre Mutter im Januar 2002 einen deutschen Staatsangehörigen. Die Klägerin reiste im Juli 2002 erstmals in das Bundesgebiet ein und erhielt in der Folgezeit befristete Aufenthaltstitel zum Familiennachzug zu ihrer Mutter und ihrem Stiefvater. Im März 2003 beantragte der Stiefvater der Klägerin bei dem zuständigen Amtsgericht deren Annahme als Kind. Nach Eingang der gutachterlichen Äußerung des Jugendamtes fragte das Familiengericht bei dem Stiefvater der Klägerin an, ob er, um die weitere Entwicklung abzuwarten, den Adoptionsantrag zurücknehmen oder für eine gewisse Zeit ruhen lassen wolle. Dieser teilte mit, dass er es vorziehen würde, den Adoptionsantrag zunächst ruhen zu lassen. Im Februar 2005 verfügte das Familiengericht das Weglegen des Vorganges. Der Stiefvater der Klägerin teilte im März 2005 der Beklagten mit, dass die Klägerin nach Russland zurückgekehrt sei, um dort eine Ausbildung zu absolvieren.
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Die Klägerin reiste im Juli 2009 mit einem Visum zu Besuchszwecken erneut in das Bundesgebiet ein. Sie heiratete im Juli 2009 einen deutschen Staatsangehörigen und erhielt in der Folgezeit Aufenthaltstitel zum Ehegattennachzug. Durch einen seit August 2011 rechtskräftigen Strafbefehl wurde die Klägerin wegen Erschleichens eines Aufenthaltstitels zu einer Geldstrafe verurteilt; die in Dänemark geschlossene Ehe hatte sich als ausländerrechtliche Zweckehe ("Scheinehe") erwiesen. Diese Ehe wurde im Dezember 2011 geschieden. Die Beklagte wies mit Bescheid vom 7. Dezember 2011 die Klägerin aus dem Bundesgebiet aus und nahm rückwirkend die erteilten Aufenthaltstitel zurück. Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.
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Am 30. Dezember 2011 ging beim Amtsgericht eine notarielle Urkunde ein, gerichtet auf den Ausspruch der Annahme der Klägerin als Kind mit den Wirkungen der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen. Das Amtsgericht München - Familiengericht - sprach mit unanfechtbarem Beschluss vom 8. Mai 2012 die Annahme der Klägerin als Kind aus und bestimmte zugleich, dass sich die Wirkungen der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen richteten. Dabei nahm das Amtsgericht Bezug auf den "Antrag des Annehmenden und der Anzunehmenden vom 28.12.2011 in Verbindung mit dem Adoptionsantrag des Annehmenden vom 24.3.2003".
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Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 30. Mai 2012 ihre Rechtsauffassung mit, dass sie die deutsche Staatsangehörigkeit nicht nach § 6 Satz 1 StAG erworben habe, und bekräftigte diese Rechtsauffassung auf die Aufforderung der Klägerin (Schreiben vom 23. Juni 2012), ihre deutsche Staatsangehörigkeit anzuerkennen (Schreiben vom 27. Juni 2012). Das Verwaltungsgericht gab im Oktober 2013 der Klage auf Feststellung statt, dass die Klägerin durch die Annahme als Kind mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 8. Mai 2012 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben habe.
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Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten wies der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 30. Juni 2014 zurück. Zur Begründung führte der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen aus: Die Klägerin habe nach § 6 Satz 1 StAG durch wirksame Annahme als Kind durch einen Deutschen die Staatsangehörigkeit erworben, weil sie im Zeitpunkt des Annahmeantrags das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Abzustellen sei auf den ursprünglichen Annahmeantrag aus dem Jahre 2003. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei entscheidend, dass im Zeitpunkt der Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes noch der auf Minderjährigenadoption gerichtete Antrag anhängig und bis zu diesem Zeitpunkt weder abschlägig beschieden noch wirksam zurückgenommen worden sei. Der Stiefvater habe mit Blick auf die Stellungnahme des Jugendamtes, das wegen der erst kurzen Beziehung noch kein vollwertiges Eltern-Kind-Verhältnis gesehen habe, lediglich ein Ruhen des Verfahrens beantragt. Der Antrag vom März 2003 sei erst mit dem am 8. Mai 2012 ergangenen Beschluss des Amtsgerichts beschieden worden, das ausdrücklich auch auf diesen Adoptionsantrag Bezug genommen habe.
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Die Umstände des vorliegenden Falles gäben keinen Anlass zu einer einengenden Interpretation des § 6 Satz 1 StAG, die das Bundesverwaltungsgericht für Missbrauchsfälle offengelassen habe. Die Klägerin habe das Verfahren nicht weiter betrieben und den Nichtabschluss des ersten Adoptionsverfahrens jedenfalls nicht in einer Weise zu verantworten oder zu vertreten, die eine Nichtanwendung des § 6 Satz 1 StAG rechtfertige. Die Bewertung des Verwaltungsgerichts, der Zeitpunkt des Wiederaufgreifens des Adoptionsantrages längere Zeit nach der Wiedereinreise ins Bundesgebiet und im Angesicht einer Ausweisungsverfügung lasse auf ein missbräuchliches Verhalten schließen, berücksichtige nicht, dass das Offenhalten des ursprünglichen Adoptionsantrages dem Stiefvater ausdrücklich vom zuständigen Amtsrichter angeboten worden sei. Die Durchführung einer Ausbildung im Ausland sowie die Eheschließung, die sich als Scheinehe erwiesen und zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt habe, habe nichts mit dem Adoptionsverfahren zu tun, das im Jahr 2003 nicht beendet worden sei. Der Klägerin sei nicht vorwerfbar, dass sie mit der Adoption auch der Ausweisung entgehen wolle und sie sich nicht umgehend nach ihrer Wiedereinreise im Jahre 2009 um die Verfahrensfortsetzung bemüht habe. Weder dem Adoptions- noch dem Staatsangehörigkeitsrecht sei eine derartige Pflicht zu entnehmen. Auch hätte insoweit ihr Stiefvater mitwirken müssen; eine stärkere Eltern-Kind-Beziehung sei aber erst durch das erneute Zusammenleben ab September 2009 erwachsen. Es sei auch nachvollziehbar, dass der im Jahr 2003 gestellte Adoptionsantrag zunächst aus dem Blickfeld geraten sei. Der erste Adoptionsantrag sei hier auch nicht gleichsam "ins Blaue hinein" und auf Vorrat gestellt worden, sondern nach Begründung einer Eltern-Kind-Beziehung aus dem Gefühl der Mitverantwortung und der Verbundenheit heraus.
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Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 6 Satz 1 StAG, weil die nach den Umständen des Einzelfalles gebotene teleologische Reduktion der Regelung abgelehnt worden sei; die Klägerin habe mit dem Wiederaufgreifen des Adoptionsverfahrens auch rechtsmissbräuchlich gehandelt.
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Die beteiligte Landesanwaltschaft Bayern unterstützt die Revision und hebt hervor, das Verfahren gebe dem Bundesverwaltungsgericht Gelegenheit, seine Rechtsprechung zu § 6 Satz 1 StAG fortzuentwickeln, um einen Missbrauch der Regelung auszuschließen oder abzuwehren.
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Die Klägerin verteidigt das angefochtene Berufungsurteil und hebt hervor, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Satz 1 StAG unstreitig vorlägen. Mangels Rechtspflicht zum sofortigen Wiederaufgreifen des Adoptionsverfahrens könne ihr nicht vorgeworfen werden, dass sie sich nicht sofort nach Rückkehr ins Bundesgebiet im Jahre 2009 um den Fortgang des Verfahrens bemüht habe. Mangels missbräuchlicher Ausnutzung bestehe auch kein Anlass für eine teleologische Reduktion des § 6 Satz 1 StAG.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, ein vor Eintritt der Volljährigkeit gestellter Antrag auf Annahme an Kindes statt führe nach § 6 Satz 1 StAG auch dann zum Staatsangehörigkeitserwerb kraft Gesetzes, wenn dieser Antrag erst längere Zeit nach Eintritt der Volljährigkeit wieder aufgegriffen worden ist, steht mit Bundesrecht nicht in Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung, dass sie deutsche Staatsangehörige ist.
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1. Im Ergebnis zutreffend haben die Vorinstanzen die Klage als zulässig angesehen. Zulässige Klageart für das erkennbare Begehren der Klägerin auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit ist indes entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs nicht die Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO), sondern die auf entsprechende behördliche Feststellung gerichtete Verpflichtungsklage.
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Gemäß § 30 Abs. 1 StAG (mit Wirkung vom 28. August 2007 einfügt durch Art. 5 Nr. 19 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007, BGBl I S. 1970) wird das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit auf Antrag von der Staatsangehörigkeitsbehörde festgestellt (Satz 1); diese Feststellung ist in allen Angelegenheiten verbindlich, für die das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit rechtserheblich ist (Satz 2). Bei Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit hat nach § 30 Abs. 1 StAG mithin nunmehr die verbindliche Klärung durch einen feststellenden Verwaltungsakt zu erfolgen (s. Marx, in: Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, § 30 Rn. 29 ff., 34, Stand April 2010). Der Staatsangehörigkeitsbehörde steht es nicht frei, auf den auch von Amts wegen möglichen (§ 30 Abs. 1 Satz 3 StAG) Erlass dieses feststellenden Verwaltungsaktes zu verzichten und den Einzelnen direkt auf eine verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage zu verweisen. Diese ist gegenüber der Gestaltungs- oder Leistungsklage nachrangig (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht einer Ausdeutung des durchgängigen und unveränderten Begehrens der Klägerin als Verpflichtungsbegehren, gerichtet auf den Erlass eines Verwaltungsaktes nach § 30 Abs. 1 Satz 1 StAG, der ihre deutsche Staatsangehörigkeit feststellt, nicht entgegen.
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Mit der Einfügung des § 30 StAG, der die Staatsangehörigkeitsbehörde zur verbindlichen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der deutschen Staatsangehörigkeit ermächtigt, ist auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1985 - 1 C 12.84 - Buchholz 130 § 25 RuStAG Nr. 5) zur Zulässigkeit der Feststellungsklage in Fällen überholt, in denen die Staatsangehörigkeitsbehörde gegenüber dem Betroffenen die Rechtsstellung als Deutscher bestreitet. Diese Rechtsprechung gründete sich maßgeblich darauf, dass nach seinerzeitigem Recht ein auf Antrag ausgestellter Staatsangehörigkeitsausweis lediglich den Charakter einer widerlegbaren Vermutung (BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1985 - 1 C 52.82 - BVerwGE 71, 309 <316>) hatte und daher auch die inzidenten Feststellungen über das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit nicht in allen Angelegenheiten Rechtsklarheit schaffen konnten, für die das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit rechtserheblich war.
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2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Verpflichtung der Beklagten, ihre deutsche Staatsangehörigkeit festzustellen, weil sie nicht deutsche Staatsangehörige (geworden) ist. Sie hat die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch die - hier allein als Erwerbsgrund in Betracht kommende (2.1) - Annahme an Kindes statt durch einen deutschen Staatsangehörigen erworben. Zwar sind die allgemeinen Voraussetzungen des § 6 Satz 1 StAG erfüllt (2.3). Diese Annahme ist indes nicht im Sinne des § 6 Satz 1 StAG auf einen Annahmeantrag erfolgt, bei dessen Stellung die Klägerin das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatte; denn zwischen dem Annahmeantrag, der durch ihren Stiefvater im März 2003 vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres der Klägerin gestellt wurde, und der Annahme als Kind durch ihren Stiefvater deutscher Staatsangehörigkeit besteht nicht der nach dem Sinn und Zweck der Regelung erforderliche verfahrens- und materiellrechtliche Zusammenhang (2.4).
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2.1 Als Rechtsgrundlage für einen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Klägerin kommt hier allein § 6 StAG in Betracht. Nach § 6 Satz 1 StAG in der noch heute gültigen Fassung, die diese Bestimmung durch Art. 6 § 5 des Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts (vom 25. Juli 1986, BGBl. I S. 1142) erhalten hat, erwirbt mit der nach den deutschen Gesetzen wirksamen Annahme als Kind durch einen Deutschen das Kind, das im Zeitpunkt des Annahmeantrags das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, die deutsche Staatsangehörigkeit. Dass die Klägerin aus einem anderen Rechtsgrund die deutsche Staatsangehörigkeit erworben oder besitzen könnte, ist nicht ersichtlich oder vorgetragen.
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2.2 Die Staatsangehörigkeitsbehörde hat nach § 6 Satz 1 StAG selbständig zu prüfen, ob eine nach deutschem Recht wirksame Annahme an Kindes statt ein Kind betrifft, das im Zeitpunkt des zur Annahme führenden Antrages das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. An die familiengerichtliche Entscheidung über ein Adoptionsbegehren ist sie nur insoweit gebunden, als es die Tatsache einer nach deutschem Recht wirksamen Annahme als Kind, und zwar zu den Bedingungen einer Minderjährigenadoption, betrifft. Eine weitergehende Bindung auch an die Beurteilung des Familiengerichts, auf welchen Antrag hin diese Adoption erfolgt sei, oder an die familiengerichtliche Begründung, aus welchem der in § 1772 Abs. 1 Satz 1 BGB benannten Rechtsgründe sich die Wirkungen der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen oder eines verwandten Minderjährigen richten, für den nach § 6 Satz 1 StAG zu beurteilenden Staatsangehörigkeitserwerb kraft Gesetzes besteht nicht. § 1772 BGB regelt nur die familienrechtlichen Wirkungen. Eine Bindungswirkung für den eigenständig geregelten Staatsangehörigkeitserwerb ergibt sich hieraus nicht. Sie folgt auch nicht aus der Tatbestandswirkung der Annahme an Kindes statt oder der Rechtskraftwirkung der familiengerichtlichen Entscheidung. Die auf die zivilrechtlichen Wirkungen der Annahmeentscheidung bezogenen Wirkungen bleiben von einer selbständigen staatsangehörigkeitsbehördlichen Beurteilung des Zusammenhanges des vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres gestellten Annahmeantrages und der letztlich bewirkten Annahme unberührt.
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2.3 Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof sind im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass für einen Staatsangehörigkeitserwerb nach § 6 Satz 1 StAG erforderlich ist, dass ein Annahmeantrag zu einem Zeitpunkt bei dem Familiengericht gestellt worden ist, zu dem das Kind das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatte (s.a. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1998 - 1 C 2.98 - BVerwGE 108, 216), und dass dieser Annahmeantrag verfahrensrechtlich nicht dadurch "verbraucht" worden sein darf, dass er im Zeitpunkt der Vollendung des achtzehnten Lebensjahres abschließend negativ beschieden oder wirksam zurückgenommen worden ist (BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 2003 - 1 C 20.02 - BVerwGE 119, 111 <121>). Diese Voraussetzungen sind hier mit Blick auf den im März 2003 gestellten Antrag festgestellt und stehen auch nicht im Streit.
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Der Anwendung des § 6 Satz 1 StAG steht für sich allein auch nicht entgegen, dass das auf diesen Antrag hin eingeleitete familiengerichtliche Verfahren zum Ruhen gebracht und die Akten schließlich weggelegt worden sind; dies bewirkt keine Erledigung dieses Verfahrens im Rechtssinne (BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 2003 - 1 C 20.02 - BVerwGE 119, 111 <121>). Dem gesetzlichen Staatsangehörigkeitserwerb nach § 6 Satz 1 StAG steht auch nicht notwendig entgegen, dass mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes das durch einen zuvor gestellten Antrag wirksam eingeleitete Verfahren nur dann zu einer Annahme an Kindes statt führen kann, wenn nach § 1768 Abs. 1 BGB ein weiterer Antrag durch den Annehmenden und den (volljährig gewordenen) Anzunehmenden gestellt wird; denn die Einwilligung, die gemäß § 1746 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Annahme eines minderjährigen Kindes erforderlich ist, wirkt auch dann nicht über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus, wenn sie durch das anzunehmende Kind - wie nach Vollendung des vierzehnten Lebensjahres grundsätzlich vorausgesetzt (§ 1746 Abs. 1 Satz 3 BGB) - selbst erteilt worden ist. Dieser neuerliche Antrag ist Voraussetzung dafür, dass es - wie von § 6 Satz 1 StAG vorausgesetzt - nach Eintritt der Volljährigkeit überhaupt zu einer Annahme an Kindes statt kommen kann und steht daher dem erforderlichen Zusammenhang mit dem vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres gestellten Antrag für sich genommen nicht entgegen (s.a. BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 2003 - 1 C 20.02 - BVerwGE 119, 111 <118 f.>).
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2.4 § 6 Satz 1 StAG erfordert aber für den Staatsangehörigkeitserwerb kraft Gesetzes zwischen dem vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres gestellten Annahmeantrag und der nachfolgenden Annahme an Kindes statt einen hinreichenden verfahrens- und materiellrechtlichen Zusammenhang. Dies gebieten Sinn und Zweck der Regelung, wie sie sich hinreichend aus der Entstehungsgeschichte erschließen (a). Dieser Zusammenhang besteht nur dann, wenn bei einem vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres gestellten Annahmeantrag der zur Fortsetzung des Verfahrens nach § 1768 BGB erforderliche Antrag spätestens bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt worden ist und das Adoptionsverfahren von den Antragstellern sodann mit dem gebotenen Nachdruck betrieben wird (b). Nicht zu prüfen ist dann, ob bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres das Verfahren aus Gründen nicht zu einem Abschluss gekommen ist, die ganz oder überwiegend in der Sphäre der Antragsteller liegen, oder ob der vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres gestellte Antrag im Zeitpunkt des Eintritts der Volljährigkeit bereits zur Annahme an Kindes statt hätte führen müssen (c).
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a) Die durch das Gesetz vom 25. Juli 1986 (BGBl. I S. 1142) eingefügte Vorverlagerung des Anknüpfungszeitpunktes für einen gesetzlichen Staatsangehörigkeitserwerb durch Adoption auf den Zeitpunkt der Antragstellung berücksichtigt Art. 3 des Europäischen Übereinkommens vom 24. April 1967 über die Adoption von Kindern - Europäisches Adoptionsübereinkommen - (BGBl. 1980 II S. 1093 und 1981 II S. 72) und passt im Kern die Reichweite des gesetzlichen Staatsangehörigkeitserwerbs dem Geltungsbereich dieses Abkommens an (s.a. BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 2003 - 1 C 20.02 - BVerwGE 119, 111 <116 f.>). Dies modifiziert die bei Einfügung des § 6 StAG (Adoptionsgesetz vom 2. Juli 1976, BGBl. I S. 1749) getroffene Grundentscheidung, dass nur die Adoption Minderjähriger staatsangehörigkeitsrechtliche Folgen haben soll, um jeden Anreiz zu vermeiden, durch eine Adoption die für Ausländer bestehenden aufenthaltsrechtlichen, berufsrechtlichen und sonstigen Beschränkungen zu umgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1998 - 1 C 2.98 - BVerwGE 108, 216 <219 f.>; s.a. BT-Drs. 7/3061; S. 65), für Fälle im Grenzbereich zwischen Minderjährigen- und Volljährigenadoption. Es hebt sie indes nicht auf. Minderjährigen, die durch ihre Einwilligung (§ 1746 BGB) zu dem Adoptionsantrag ihren Wunsch und Willen zur Annahme durch Einleitung des dafür vorgesehenen Verfahrens wirksam bekundet haben, sollen lediglich die ihnen gewährten Rechtsvorteile ohne Rücksicht auf die Dauer und Gestaltung des Adoptionsverfahrens erhalten bleiben (s. - unter Auswertung der Entstehungsgeschichte - BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 2003 - 1 C 20.02 - BVerwGE 119, 111 <117 f.>). Die Anknüpfung an den Annahmeantrag berücksichtigt dabei auch, dass bei einer beachtlichen Antragstellung vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres das Ziel an Gewicht verliert, Manipulationen und Umgehungen der für erwachsene Ausländer geltenden Aufenthaltsbeschränkungen zu begegnen (BT-Drs. 10/504 S. 96).
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Aus der Entstehungsgeschichte des § 6 StAG ergibt sich indes kein Anhaltspunkt, dass der Grundsatz, einer Erwachsenenadoption keine staatsangehörigkeitsrechtlichen Folgen beizumessen, insgesamt oder doch auch für Fälle aufgegeben werden sollte, in denen zwischen dem vor Eintritt der Volljährigkeit gestellten Annahmeantrag und der anschließenden Annahme als Volljähriger kein substantieller materieller und verfahrensrechtlicher Zusammenhang mehr besteht. § 6 Satz 1 StAG ist daher nur dann anzuwenden, wenn sich die nach Eintritt der Volljährigkeit vollzogene Adoption sachlich und verfahrensrechtlich als Abschluss des durch den vor Eintritt der Volljährigkeit gestellten Annahmeantrages darstellt. Dies ist nicht der Fall, wenn das Verfahren, das durch den vor Eintritt der Volljährigkeit gestellten Adoptionsantrag eingeleitet worden ist, zwar formell noch anhängig ist, es aber für einen Zeitraum faktisch oder förmlich zum Ruhen gebracht worden ist, der allein schon durch den Zeitablauf einen substantiellen Zusammenhang zu dem Erstantrag ausschließt. Auch das Urteil des Senats vom 14. Oktober 2003 (1 C 20.02 - BVerwGE 119, 111 <119>) hat nicht das Erfordernis einer "funktionalen Verbindung" zwischen dem ersten Adoptionsantrag mit dem Annahmebeschluss als Anwendungsvoraussetzung des § 6 Satz 1 StAG abgelehnt; abgestellt wird allein darauf, dass die in jenem Verfahren zu dessen Verneinung herangezogenen Gründe die seinerzeitige Berufungsentscheidung nicht tragen konnten.
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b) Für die verfahrensrechtliche Verknüpfung ist maßgeblich auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der für den Fortgang des Verfahrens nach § 1768 Abs. 1 BGB erforderliche (weitere) Adoptionsantrag bei dem Familiengericht eingeht, soweit dann in der Folgezeit das Verfahren mit dem gehörigen Nachdruck betrieben wird. Aus Gründen der Rechtssicherheit müssen die Staatsangehörigkeitsbehörde und auch der Anzunehmende nach hinreichend klaren, nicht von streitanfälligen Wertungen abhängigen objektiven Kriterien beurteilen können, ob noch ein hinreichend substantieller Zusammenhang besteht, der die Rechtsfolge des § 6 Satz 1 StAG auslöst. Keine andere Beurteilung rechtfertigt, dass der Antrag nach § 1768 Abs. 1 BGB gemeinsam mit dem Annehmenden zu stellen ist, also nicht allein in der Verfügungsmacht des Anzunehmenden steht. Denn ist der später Annehmende vorübergehend nicht bereit, an der erforderlichen Antragstellung mitzuwirken, fehlt es an dem von § 6 Satz 1 StAG für den Rechtserhalt vorausgesetzten, fortbestehenden beiderseitigen Adoptionswillen. Ein später gleichwohl gestellter Antrag setzt dann sachlich nicht das durch den Erstantrag eingeleitete Verfahren fort.
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Der Antrag nach § 1768 Abs. 1 BGB wahrt den hinreichenden substantiellen Zusammenhang mit dem Erstantrag nur, wenn er bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt worden ist und sodann mit dem gehörigen Nachdruck verfolgt wird. Zu diesem Zeitpunkt endet eine Übergangsphase auch rechtlich abgestufter Verantwortlichkeit und Verantwortung, die mit der Volljährigkeit durch die der junge Mensch rechtlich in vollem Umfang handlungsfähig wird, beginnt. Dass die Volljährigkeit nicht zwingend eine umfassende rechtliche Verantwortlichkeit bedeutet, anerkennt etwa das Jugendstrafrecht, das auch auf Heranwachsende angewendet wird, die im Zeitpunkt der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt waren (§ 1 Abs. 2 JGG). Im Einzelfall fortbestehenden Orientierungs- und Entwicklungsbedarf setzt auch § 41 Abs. 1 SGB VIII voraus, nach dem einem jungen Volljährigen Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden soll, wenn und solange die Hilfe auf Grund der individuellen Situation des jungen Menschen notwendig ist, in der Regel aber nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres. Nach der Neufassung des § 29 StAG (sog. Optionsregelung) durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes (vom 13. November 2014, BGBl. I S. 1714) anerkennt nunmehr auch das Staatsangehörigkeitsrecht selbst in § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4, Abs. 1a StAG, dass der Prozess des Aufwachsens im Bundesgebiet erst mit der Vollendung des 21. Lebensjahres als beendet anzusehen ist und der junge Volljährige sich mit der Zustellung des Hinweises, der seine Optionspflicht auslöst, in vollem Umfange seiner staatsangehörigkeitsrechtlichen Verantwortung zu stellen hat.
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In dem Zeitraum bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres hat der junge Volljährige einerseits hinreichend Gelegenheit, sich unter den mit Eintritt der Volljährigkeit veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen Klarheit zu verschaffen, ob er an dem eingeleiteten Adoptionsverfahren festhalten möchte, und den hierfür erforderlichen Antrag auch zu stellen. Innerhalb dieser Frist ist ihm dies indes auch abzuverlangen, wenn er den materiell fortbestehenden wechselseitigen Adoptionswillen und die in § 6 Satz 1 StAG vorausgesetzte verfahrensrechtlich vermittelte Antragskontinuität geltend machen will. Diese Frist wahrt aber andererseits noch einen substantiellen Zusammenhang zu dem vor Eintritt der Volljährigkeit eingeleiteten Adoptionsverfahren und stellt so sicher, dass die Übergangsphase einer erleichterten, situationsgerechten Gesetzesanwendung im Grenzbereich zwischen Minderjährigen und Volljährigen sachgerecht begrenzt wird. Bei einem bereits vor Eintritt der Volljährigkeit durch einen wirksamen Adoptionsantrag dokumentierten wechselseitigen Adoptionswillen, an den bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres ein Antrag nach § 1768 Abs. 1 BGB anknüpft, ist ein Gebrauch des Adoptionsrechts zu vorrangig familienrechtsfremden Zwecken weitestgehend ausgeschlossen, so dass dem Zweck der grundsätzlichen Beschränkung staatsangehörigkeitsrechtlicher Wirkungen auf die Minderjährigenadoption hinreichend Rechnung getragen wird. Der durch den Zeitablauf gelockerte Zusammenhang zu dem bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres gestellten Antrag wird durch einen fristgerecht gestellten Antrag nach § 1768 Abs. 1 BGB aber nur gewahrt, wenn das dadurch wieder aufgegriffene Verfahren sodann mit dem gebotenen Nachdruck betrieben und unter gehöriger Mitwirkung des Anzunehmenden bis zum Adoptionsbeschluss gefördert wird; dies ist insbesondere bei einem lediglich "auf Vorrat" gestellten Antrag, der dann gleich wieder zum Ruhen gebracht wird, ebenso wenig der Fall wie bei einer sonst verfahrensverzögernden Verfahrensgestaltung.
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c) Bei einer Stellung des Antrags nach § 1768 Abs. 1 BGB bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und damit in einer Übergangsphase bedarf es nicht der Prüfung, inwieweit das Nichtbetreiben oder der Nichtabschluss des durch den Erstantrag eingeleiteten Verfahrens von dem Anzunehmenden zu verantworten oder zu vertreten ist oder sonst in dessen Sphäre fällt. Dies dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Diese Prüfung würde einen Staatsangehörigkeitserwerb, der kraft Gesetzes erfolgt, mit einer einzelfallbezogenen Ermittlung und Bewertung der Gründe belasten, die zum Nichtabschluss des durch den vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres gestellten Antrag eingeleiteten Verfahrens oder dessen Nichtweiterbetreibens geführt haben.
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Sinn und Zweck des § 6 Satz 1 StAG erfordern auch keine hypothetische Prüfung, ob zu dem Zeitpunkt, zu dem der Anzunehmende volljährig wird, nach der objektiven Rechtslage eine Annahme an Kindes statt familiengerichtlich hätte ausgesprochen werden können oder gar müssen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Referenzen
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- § 30 Abs. 1 Satz 3 StAG 1x (nicht zugeordnet)
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- JGG § 1 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich 1x
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- § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4, Abs. 1a StAG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 142 1x
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- BGB § 1746 Einwilligung des Kindes 3x
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- § 6 StAG 3x (nicht zugeordnet)
- § 41 Abs. 1 SGB VIII 1x (nicht zugeordnet)
- § 6 Satz 1 StAG 25x (nicht zugeordnet)
- BGB § 1772 Annahme mit den Wirkungen der Minderjährigenannahme 2x
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- RuStAG § 25 1x