Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (10. Senat) - 10 B 13/16, 10 B 13/16 (10 C 5/17)
Gründe
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Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Rückforderung einer ihr gewährten Zuwendung.
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Die Beklagte bewilligte der Klägerin zur Beseitigung von Hochwasserschäden an von dieser betriebenen Beherbergungs- und Gaststättenanlagen mit Bescheid vom 28. Februar 2003 eine nicht rückzahlbare Zuwendung in Höhe von 267 000 €. Die Zuwendung wurde vollständig ausgezahlt. Mit Bescheid vom 29. September 2010 stellte die Beklagte fest, dass sich die Zuwendung wegen des Eintritts einer auflösenden Bedingung im Sinne von Nr. 2.1 ANBest-P infolge geringerer förderfähiger Gesamtausgaben und höherer Deckungsmittel verringert habe, und forderte 209 560 € als zu viel ausgezahlte Fördermittel zurück. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der teilweise Wegfall der Zuwendung auch Folge eines Teilwiderrufs des Zuwendungsbescheides sei. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht den Rückforderungs- und den Widerspruchsbescheid aufgehoben; die Revision gegen sein Urteil hat es nicht zugelassen.
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Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beklagten hat Erfolg. Die Revision ist zuzulassen, weil das Berufungsurteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
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Das Berufungsgericht führt zur Begründung des angefochtenen Urteils unter anderem aus, dass der Erstattungsanspruch aus § 49a Abs. 1 VwVfG der Regelverjährung von drei Jahren unterliegt, dass der Lauf dieser Frist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die verfügungsberechtigte Behörde von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt, und dass bei Zuwendungsfällen hierfür ausreicht, dass der Verwendungsnachweis die Behörde in die Lage versetzt hat, eine Prüfung der zweckentsprechenden Verwendung vorzunehmen (Berufungsurteil Rn. 23 f.). Dies gelte unabhängig davon, ob der Zuwendungsbescheid infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung insoweit seine Wirkung verloren habe (Rn. 18), und - so ist zu ergänzen - auch unabhängig davon, ob der Zuwendungsbescheid rechtmäßig widerrufen wurde, was das Berufungsgericht verneint hat (Rn. 19 ff.). Dies weicht von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass für den Erstattungsanspruch nach § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 die kenntnisabhängige dreijährige Verjährungsfrist in entsprechender Anwendung des § 195 BGB n.F. Anwendung findet (BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 - 10 C 3.16 - juris Rn. 16 ff.); hiermit befindet sich das angefochtene Urteil in Übereinstimmung. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber ebenfalls entschieden, dass der Lauf dieser Frist voraussetzt, dass der Zuwendungsbescheid seine Wirkung verloren hat, sei es durch Rücknahme, Widerruf oder durch Eintritt einer auflösenden Bedingung; die bloße Vorlage der Verwendungsnachweise genügt nicht (BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 - 10 C 1.16 - juris Rn. 17). Das Berufungsgericht konnte also, nachdem es einen rechtmäßigen Widerruf verneint hatte, nicht offenlassen, ob der Zuwendungsbescheid seine Wirkung infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung verloren hat oder nicht.
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Unschädlich ist, dass die Beklagte ihre Nichtzulassungsbeschwerde auf diese Abweichung nicht gestützt hat. Sie hat deshalb ihre Darlegungspflicht aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht verletzt. Die genannten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts sind erst am 15. März 2017 ergangen; die Entscheidungsgründe lagen erst am 27. April bzw. am 31. Mai 2017 und damit deutlich nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist im vorliegenden Verfahren vor. In solchen Fällen ist der Darlegungspflicht genügt, wenn der Beschwerdeführer wegen der Frage, welche das Bundesverwaltungsgericht nachträglich - divergierend - entschieden hat, fristgerecht die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) erhoben hat (stRspr; vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Februar 1961 - 8 B 193.60 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 6 und vom 20. November 1972 - 7 B 105.68 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 98). So liegt es hier; die Beklagte hat die zuvor in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ungeklärte Rechtsfrage, ob der Erstattungsanspruch nach § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG schon vor der Entstehung des Anspruchs bzw. vor Erlass einer Widerrufsentscheidung verjähren kann, in hinlänglicher Weise bezeichnet (Frage 7 ihres Fragenkatalogs).
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Das Berufungsurteil beruht auf der Abweichung. Es ist namentlich nicht zugleich selbständig tragend auf eine alternative Begründung gestützt. Eine solche kann nicht darin gesehen werden, dass das Berufungsgericht - unabhängig von der Verjährungsfrage - die angefochtenen Bescheide auch insoweit als rechtswidrig angesehen hat, als die Beklagte ihren Zuwendungsbescheid im Widerspruchsbescheid widerrufen hat. Dies stellte ersichtlich eine Hilfsbegründung der Bescheide dar; die Beklagte hatte ihren Erstattungsbescheid in der Fassung ihres Widerspruchbescheides auf den Eintritt einer auflösenden Bedingung, hilfsweise auf einen Widerruf der Bewilligung gestützt. Dann aber betrifft die Annahme des Berufungsgerichts, der Widerruf sei rechtswidrig, nur diese Hilfsbegründung; sie ist nicht imstande, das die Bescheide aufhebende Urteil insgesamt zu tragen. Dementsprechend präsentiert das Urteil (Rn. 18) die Annahme der Rechtswidrigkeit des Widerrufs (Rn. 19 ff.) nur als kumulative Erwägung neben der Annahme der Verjährung - auch - einer etwaigen Erstattungsforderung wegen Eintritts einer auflösenden Bedingung.
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Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO), vollends nicht in einem Maße der Offensichtlichkeit, welche die Durchführung des Revisionsverfahrens von vornherein überflüssig machen könnte. Zwar können die angefochtenen Bescheide nicht auf die Annahme gestützt werden, der Zuwendungsbescheid habe seine Wirkung in Höhe der hier strittigen Erstattungsforderung durch Eintritt einer auflösenden Bedingung verloren. Der Senat hat bereits entschieden, dass die fortdauernde Wirksamkeit eines Zuwendungsbescheides in Fällen wie hier nicht im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG davon abhängig gemacht werden kann, dass sich die zuwendungsfähigen Gesamtkosten im Zuge der Prüfung der Verwendungsnachweise nicht als niedriger erweisen als die bei der Bewilligung veranschlagten Gesamtkosten, sondern dass es der Rücknahme oder des Widerrufs des Zuwendungsbescheides bedarf, sofern der Zuwendungsbescheid insofern nicht unter den Vorbehalt späterer Prüfung gestellt wurde (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. November 2009 - 3 C 7.09 - BVerwGE 135, 238, vom 16. Juni 2015 - 10 C 15.14 - BVerwGE 152, 211, vom 11. Mai 2016 - 10 C 8.15 - NVwZ 2016, 1577 und vom 15. März 2017 - 10 C 1.16 - juris sowie Beschluss vom 31. Juli 2017 - 10 B 26.16 -). Jedoch bleibt offen, ob die angefochtenen Bescheide nicht als Schlussbescheide oder doch jedenfalls als (Teil-)Widerruf angesehen werden und rechtmäßig sein können. Das Berufungsgericht hat Letzteres unter Hinweis auf die Jahresfrist der § 48 Abs. 4, § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG verneint. Ob dies richtig ist, ist offen; es wird von der Beklagten in Zweifel gezogen. Insofern hat der Senat bislang lediglich entschieden, dass die Befugnis der Zuwendungsbehörde zum Erlass eines Rücknahme-, Widerrufs- oder Schlussbescheides als Gestaltungsrecht der Verwaltung nicht der Verjährung unterliegt, sondern - sofern sie nicht ausnahmsweise verwirkt wurde - erst nach dreißig Jahren ausgeschlossen ist (BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 - 10 C 1.16 - juris).
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Sollten sich die angefochtenen Bescheide als rechtmäßige Schluss- oder Widerrufsbescheide erweisen, wäre die hierdurch ausgelöste Erstattungsforderung jedenfalls nicht verjährt. Der durch einen Widerruf ausgelöste Erstattungsanspruch entsteht zwar in Ansehung der Verzinsung rückwirkend auf den Zeitpunkt der Auszahlung. Die Frist, nach deren Ablauf er verjährt, beginnt aber erst mit dem Widerruf zu laufen (Urteil vom 15. März 2017 - 10 C 1.16 - juris Rn. 18).
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