Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 B 55/17

Gründe

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1. Der Kläger begehrt die Besoldung aus einer höheren Erfahrungsstufe.

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Der Kläger wurde zum 1. Februar 2013 nach erfolgreicher Ableistung des Vorbereitungsdienstes zum Polizeimeister (Besoldungsgruppe A 7) im Beamtenverhältnis auf Probe ernannt. Zugleich stellte der Beklagte mit bestandskräftig gewordenem Bescheid für das rechnerische Aufsteigen des Klägers in den Erfahrungsstufen den 1. Mai 2012 fest. Dabei wurde der vom Kläger geleistete Wehrdienst berücksichtigt, sodass er mit Wirkung vom 1. Februar 2013 in die Erfahrungsstufe 1 mit einer darin verbrachten Erfahrungszeit von 9 Monaten eingestuft worden ist. In der Folgezeit befand er sich seit Mai 2014 in der Erfahrungsstufe 2 und ab Mai 2016 in der Erfahrungsstufe 3.

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Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2016 wurden im beklagten Land die Einstiegsämter in den Laufbahnen der Fachrichtung Polizei, Steuerverwaltung und Justiz von der Besoldungsgruppe A 7 auf die Besoldungsgruppe A 8 angehoben. Nach der landesgesetzlichen Regelung beginnen seitdem in diesen Laufbahnen die Besoldungsgruppen A 2 bis A 7 in der Erfahrungsstufe 1 und die Besoldungsgruppen A 8 bis A 10 in der Erfahrungsstufe 2; höhere Besoldungsgruppen beginnen in höheren Erfahrungsstufen. Der Kläger wird seit Januar 2016 nach der Besoldungsgruppe A 8 besoldet; sein Grundgehalt wurde weiterhin nach der Erfahrungsstufe 2 bemessen.

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Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Kläger Klage auf Besoldung aus einer höheren Erfahrungsstufe erhoben. Er ist der Ansicht, das in der Neuregelung vorgesehene Verbleiben in seiner bisherigen Erfahrungsstufe stelle ihn schlechter als unter der Geltung der Neuregelung eingestellte Beamte, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt sei.

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Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

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Die Einstufung des Klägers in die für ihn maßgebliche Erfahrungsstufe folge aus der unverändert gebliebenen Bestimmung des § 28 Abs. 1 Satz 2 SHBesG. Allein ausschlaggebend für die Erfahrungsstufe auch bei späteren Beförderungen sei immer die bei der erstmaligen Ernennung zum Beamten festgesetzte Erfahrungsstufe; nach einer Beförderung falle ein Beamter nicht auf die Erfahrungsstufe 1 zurück.

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Die Änderungen durch das Haushaltsbegleitgesetz 2016 seien weder gleichheits- noch unionsrechtswidrig. Zwar hätten vor der Neureglung eingestellte Beamte der betroffenen Laufbahnen (Bestandsbeamte) die gleiche Besoldungsgruppe wie neu eingestellte Beamte, aber eine niedrigere Erfahrungsstufe als diese. Es sei jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber für Bestandsbeamte wie den Kläger keine Übergangsregelung vorgesehen habe. Die Anhebung des Einstiegsamts in der Polizeilaufbahn sei Teil der Verbesserungen für die Laufbahnen in der Polizei, der Justiz und der Steuerverwaltung. Dies sei ein ausreichender sachlicher Grund. Zwar habe der Gesetzgeber das Problem der Ungleichbehandlung nicht gesehen; das bedeute aber nicht, dass sich nicht doch ein im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung finden lasse. Dieser liege hier darin, dass eine Anhebung auch der Bestandsbeamten um eine Erfahrungsstufe zwar die Ungleichbehandlung der in die höhere Besoldungsstufe übergeleiteten Beamten gegenüber den in diesen Laufbahnen neu eingestellten Beamten vermieden, zugleich aber andere verfassungsrechtliche Probleme verursacht hätte. Denn dann wären die Beamten der Besoldungsgruppe A 8 in nicht von der Anhebung der Besoldungsgruppe betroffenen Laufbahnen aufgrund ihrer niedrigeren Erfahrungsstufe gegenüber den Beamten der Besoldungsgruppe A 8 benachteiligt, die einer von der Anhebung der Besoldungsgruppe betroffenen Laufbahn angehören. Eine andere Möglichkeit wäre außerdem die Herabsetzung der Besoldungsgruppe A 8 für alle Landesbeamten um eine Erfahrungsstufe gewesen, d.h. der Gesetzgeber hätte die Besoldungsgruppe A 8 in der Erfahrungsstufe 1 beginnen lassen können. Dies hätte zwar zu keinen Friktionen mit den Bestandsbeamten ab Besoldungsgruppe A 8 geführt, da der Besoldungsgruppe A 8 vor der Gesetzesänderung stets ein Beförderungsamt zugeordnet gewesen sei. Damit hätte aber der Gesetzeszweck - u.a. Nachwuchskräftegewinnung im Polizeibereich - nicht gleichermaßen erreicht werden können. Das gelte erst recht für das Unterbleiben der Anhebung des Einstiegsamtes bei der Polizei.

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2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

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Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 m.w.N.).

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Die von der Beschwerde für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage, ob

"die mit Artikel 7 Haushaltsbegleitgesetz 2016 in Schleswig-Holstein erfolgte Änderung des § 25 SHBesG hinsichtlich der Festlegung eines Einstiegsamtes 'Besoldungsgruppe A 8' für Beamte der Laufbahngruppe 1 (ehemals mittlerer Dienst) mit Art. 3 GG und mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist, ohne dass eine Anpassung der Erfahrungsstufen dergestalt erfolgt ist, dass das Aufsteigen in den Erfahrungsstufen im Einstiegsamt der Laufbahngruppe 1 in der Erfahrungsstufe 1 beginnt",

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Sofern die Frage entscheidungserheblich ist, ist sie auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens zu beantworten. Die Frage ist mit dem Berufungsurteil zu verneinen.

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a) Nicht entscheidungserheblich wäre die Frage dann, wenn sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Das kommt hier deshalb in Betracht, weil zweifelhaft ist, ob dem Kläger überhaupt eine Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 8 zusteht. Voraussetzung für einen Anspruch auf eine solche Besoldung wäre, dass er in ein dieser Besoldungsgruppe zugeordnetes Amt befördert worden wäre oder wenn es eine gesetzliche Regelung gäbe, wonach im Hinblick auf die Anhebung der Eingangsämter in bestimmten Laufbahnen auch die Bestandsbeamten dieser Laufbahnen - also die Beamten, die vor der Anhebung der Eingangsämter eingestellt worden sind - aus dem höheren Amt, d.h. nach der Besoldungsgruppe A 8, besoldet werden. An beidem dürfte es nach Aktenlage fehlen. Jedenfalls genügt es nicht, wie es - allein - in der Begründung des im Gesetzentwurfs der Landesregierung zum Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2016 (LT-Drs. 18/3301 vom 26. August 2015, S. 17) heißt, dass "als Folge der Anhebung der Einstiegsämter ... Beamtinnen und Beamte im bisherigen Einstiegsamt als mit dem Inkrafttreten des Gesetzes in die höhere Besoldungsgruppe übergeleitet (gelten)"; dies ergibt sich aus dem bundesrechtlich zwingend vorgegebenen Ernennungserfordernis bei der Verleihung eines anderen Amtes mit anderem Grundgehalt (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BeamtStG) einerseits und dem Gesetzesvorbehalt für die Besoldung (§§ 3 und 4 Besoldungsgesetz Schleswig-Holstein - SHBesG -, vgl. auch §§ 2 und 3 BBesG) andererseits.

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b) Da der Kläger ebenso wie vergleichbare (Bestands-)Beamte von der Änderung des § 25 SHBesG - mit der Erstreckung des zweiten Eingangsamtes in der Laufbahngruppe 1 auch auf die Besoldungsgruppe A 8 - begünstigt worden ist, zielt die aufgeworfene Frage darauf, ob Verfassungsrecht gebietet, dass die Bestandsbeamten so gestellt werden müssen, dass rückwirkend ihre Erfahrungszeiten mit der Stufe 2 beginnen. Wäre dem so oder bedürfte es zur Klärung dieser Frage der Durchführung eines Revisionsverfahrens, dann müsste die Revision zugelassen und im Revisionsverfahren ggf. nach Art. 100 Abs. 1 GG das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.

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Auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Frage jedoch eindeutig zu verneinen.

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aa) Die Regelung der Bezüge ist auch an den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er verbietet ungleiche Belastungen ebenso wie ungleiche Begünstigungen. Unzulässig ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird. Differenzierungen sind damit nicht ausgeschlossen, bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft und die er so als rechtlich gleich qualifiziert. Diese Auswahl muss er jedoch sachgerecht treffen. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund, die von auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Das Willkürverbot ist verletzt, wenn für die (un)gleiche Behandlung zweier Sachverhalte durch den Gesetzgeber bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den neben Art. 3 GG betroffenen Freiheitsrechten und aus der Ungleichbehandlung von Personengruppen ergeben. Zudem verschärfen sich die Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern. Im Bereich des Besoldungsrechts bedeutet dies, dass Beamte mit gleichen oder gleichwertigen Ämtern zwar in der Regel gleich zu besolden sind. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Die Zulässigkeit einer Differenzierung hängt davon ab, ob nach dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvR 883/14 - NVwZ 2017, 1689 Rn. 81 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

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Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Bei der Regelung des Übergangs von einer älteren zu einer neueren Regelung steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu. Die verfassungsrechtliche Prüfung von Stichtagsregelungen muss sich daher darauf beschränken, ob der Gesetzgeber den ihm zustehenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, insbesondere ob die Einführung des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar war. In besonderen Lagen können Stichtags- und Überleitungsregelungen geboten sein. Diese Grundsätze gelten ebenso für die Anwendung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG (BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Oktober 2015 - 2 BvR 413/15 - NVwZ 2016, 56 Rn. 24 f. m.w.N.).

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bb) Hiernach ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn ein Besoldungsgesetzgeber die Eingangsbesoldung und die erste Erfahrungsstufe mit Wirkung für neu eingestellte Beamte bestimmter Laufbahnen anhebt, aber den Bestandsbeamten nur den ersten Teil dieser "gesetzgeberischen Wohltat" zukommen lässt. Im vorliegenden Fall ist der Gesetzeszweck (gesteigerte Anforderungen in diesen Laufbahnen, Fachkräftegewinnung) ein legitimer Zweck, der eine Besserstellung neu eingestellter Beamter rechtfertigt. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war der Gesetzgeber nicht verfassungsrechtlich verpflichtet, eine alternative Regelung zu treffen: Der Verzicht auf die Anhebung der ersten Erfahrungsstufe für die Besoldungsgruppe A 8 oder gar der Verzicht auf die Anhebung der Besoldungsgruppe für die neu eingestellten Beamten hätte die Effektivität der gesetzlichen Neuregelung beeinträchtigt bzw. entfallen lassen und im Übrigen den Kläger und die anderen Bestandsbeamten gegenüber der gegenwärtigen Regelung nicht bessergestellt. Und zu einer - vom Kläger letztlich gewollten - Anhebung der ersten Erfahrungsstufe mit der Folge der entsprechenden Fortschreibung für die Bestandsbeamten war der Gesetzgeber angesichts dessen nicht verpflichtet, dass er damit neue Gleichheitsprobleme zu den Beamten anderer Laufbahnen der Besoldungsgruppe A 7 verursacht hätte.

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 3 GKG.

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