Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 7 K 1520/11

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Streitig ist die Abziehbarkeit eines Pflichtteilsanspruchs als Nachlassverbindlichkeit.
Der am xx.xx. 2004 verstorbene Hotelier im Ruhestand CC setzte mit testamentarischer Verfügung vom xx.xx. 1987 seine Lebensgefährtin D zu seiner Alleinerbin ein. Demgegenüber berücksichtigte er in seinem Testament seine leibliche Tochter aus einer früheren Ehe, die Beigeladene B, nicht. D verstarb ihrerseits am xx.xx. 2006. Die Klägerin (Kl) ist die Tochter und Rechtsnachfolgerin der D.
Nach dem Tod des CC setzte der Beklagte (Bekl) zunächst die Erbschaftsteuer für den Erwerb von Todes wegen - aufgrund der eingereichten Erbschaftsteuererklärung - mit Bescheid vom 10. Dezember 2004 in Höhe von 4.454 EUR gegen D fest. In diesem Bescheid wurden Pflichtteilsansprüche der Beigeladenen in Höhe von 29.134 EUR zusätzlich zum Freibetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) in Höhe 10.300 EUR berücksichtigt. Gegen diesen Bescheid legte der damalige Steuerberater der D am 23. Dezember 2004 Einspruch ein und begehrte die Erhöhung der Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 5.608 EUR. Der Bekl half dem Einspruch ab, erließ am 13. Januar 2005 einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Erbschaftsteuerbescheid und setzte darin die Erbschaftsteuer mit 3.655 EUR fest.
Die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts X stellte in der Folge fest, dass CC bei seinem Tod über erhebliches Kapitalvermögen in Liechtenstein verfügte, das in der Erbschaftsteuererklärung, die zum Erbschaftsteuerbescheid vom 10. Dezember 2004 führte, nicht enthalten war. Da dem Bekl keine Kontoauszüge über den Wert des Kapitalvermögens des CC in Liechtenstein an seinem Todestag vorgelegt wurden, ermittelte die Steuerfahndung im Wege der Schätzung diesen mit 676.562 EUR. Aufgrund dessen erließ der Bekl am 22. Dezember 2009 einen nach § 173 Abs. 1 AO geänderten Erbschaftsteuerbescheid und setzte gegenüber der Kl als Rechtsnachfolgerin der D die Erbschaftsteuer mit 244.022 EUR fest.
Hiergegen legte die Kl am 04. Januar 2010 Einspruch ein, da das Finanzamt Y aufgrund des Bankdepots des CC in Liechtenstein für die Jahre 1998 bis 2001 geänderte Einkommensteuerbescheide für CC erlassen habe, die der Kl als Rechtsnachfolgerin der D, die ihrerseits Rechtsnachfolger des CC gewesen sei, zugestellt worden seien. Die diesbezüglichen Steuernachforderungen beliefen sich einschließlich Nebenleistungen auf 42.912,95 EUR (gerundet 42.913 EUR). Im Einspruchsverfahren teilte der Prozessbevollmächtigte der Kl mit Schreiben vom 11. März 2010 mit, dass die Beigeladene Kenntnis vom Bankdepot ihres Vaters in Liechtenstein erlangt und nunmehr den Pflichtteil geltend gemacht habe.
Im Klageverfahren legte der Prozessbevollmächtigte der Kl das Schreiben des Rechtsanwalts R vom 11. Februar 2010 (Finanzgerichtsakte Bl. 163) vor, aus dem sich ergebe, dass die Beigeladene den Pflichtteil geltend gemacht habe.
Im Anwaltsschreiben des Rechtsanwalts R an die Kl heißt es u.a.:
„Sehr geehrte Frau A,
        
hiermit zeigen wir an, dass uns Frau B, geb. C (geschiedene F), , mit der Wahrnehmung Ihrer rechtlichen Interessen beauftragt hat.
        
Frau B hatte bereits nach dem Tod Ihres Vaters CC Pflichtteilsansprüche gegenüber Ihrer verstorbenen Mutter geltend gemacht.
        
Damals sind unserer Mandantin Angaben zum Wert des Nachlasses gemacht worden, die zu einem Pflichtteilsanspruch von ca. 30.000,00 EUR geführt haben.
        
Mit Schreiben des Finanzamts X vom 02. Februar 2009 hat unsere Mandantin aber erfahren, dass Ihr verstorbener Vater bei der .. Bank in Liechtenstein ein Depot unterhielt, dass per 27. November 2000 ca. 1.000.000,00 Schweizer Franken betrug.
        
Für den Fall, dass dieses Depot beim Tod von Herrn C noch vorhanden war,  steht unserer  Mandantin die Hälfte davon als zusätzlicher Pflichtteil zu.
        
Dieser Vermögenswert ist seinerzeit von der Erbin nicht angegeben worden.
        
Wir haben Sie daher aufzufordern, uns binnen zwei Wochen mitzuteilen, ob Ihre Mutter bzw. nach deren Tod nun Sie in den Besitz dieses Vermögenswertes gekommen sind und welchen Wert Sie erhalten haben.
        
Weiter teilen Sie uns bitte mit, ob Sie bereit sind, unserer Mandantin Ihren zusätzlichen Pflichtteil zur Verfügung zu stellen.
        
Auf uns lautende Vollmacht fügen wir in bei
        
        
Mit freundlichen Grüßen (…)“
Mit weiterem Schreiben vom 02. Juli 2010 setzte der Prozessbevollmächtigte der Kl den Bekl davon in Kenntnis, dass die Kl sich mit der Beigeladenen im Hinblick auf die  Pflichtteilsansprüche geeinigt habe. Ausweislich einer ebenso vorgelegten Vereinbarung vom 22. Juni 2010 (Erbschaftsteuerakte Bl. 118) habe die Beigeladene zum Ausgleich 65.000 EUR erhalten.
10 
Die Vereinbarung vom 22.Juni 2010 lautet:
11 
„Vereinbarung über die vergleichsweise Befriedigung geltend gemachter
Pflichtteilsansprüche am Nachlass des am xx.xx.2004 verstorbenen Herrn C C

Zwischen

Frau B (geb. C)

Und

A.

wird Nachfolgendes vereinbart:

I. Vorbemerkungen
Frau B ist die Tochter des am xx.xx.2004 verstorbenen Herrn CC und dessen einziger Abkömmling. Alleinerbin des Herrn CC wurde aufgrund testamentarischer Verfügung Frau D, die ihrerseits von ihrer Tochter A als Alleinerbin beerbt wurde. Frau B stehen daher Pflichtteilsansprüche an dem Nachlass des Herrn CC mit einer Quote von ½ des Netto-Nachlasswertes zu. Bereits nach dem Ableben des Herrn CC hat die Pflichtteilsberechtigte die ihr zustehenden Pflichtteilsansprüche gegenüber der Alleinerbin D geltend gemacht, worauf ein Betrag in Höhe von 29.134,00 EUR bezahlt wurde. Die Erbin D hat die Pflichtteilsberechtigte dabei aber nicht darüber informiert, dass der Verstorbene CC zum Zeitpunkt seines Ablebens über Kapitalvermögen im Ausland verfügte. Von diesem Auslandsvermögen des Verstorbenen hat die Pflichtteilsberechtigte erst im Laufe des Jahres 2009 Kenntnis erlangt. Sie hat daraufhin ihre weitergehenden Pflichtteilsansprüche gegenüber Frau A geltend gemacht.


II. Vereinbarungen
Dies vorweggeschickt vereinbaren die Parteien zur Befriedigung der geltend gemachten Pflichtteilsansprüche der Frau B im Einzelnen was folgt

1.
a) Frau A anerkennt die Pflichtteilsansprüche der Frau B auch in dem Umfang als berechtigt an, als sie nicht bereits durch die Zahlung in Höhe von 29.134,00 EUR befriedigt wurden.
b) Mangels eigener Kenntnis und Nachprüfbarkeit der exakten Höhe des Auslandsvermögens des Herrn CC zu seinem Todestag, gehen die Parteien zur Berechnung der Höhe der Pflichtteilsansprüche übereinstimmend davon aus, und stellen dies hiermit außer Streit, dass sich der Wert des Aktiv-Nachlasses aus dem Erbschaftsteuerbescheid des FA Z vom 22.12.2009 ergibt, von dem neben den bereits bekannten Nachlassverbindlichkeiten i.ü. noch nicht abschließend festgestellte Einkommensteuerschulden des Erblassers abzuziehen sind. Ungeachtet der rechnerischen Höhe der danach letztlich bestehenden Pflichtteilsansprüche treffen die Parteien zur Befriedigung sämtlicher Ansprüche der Frau B schon heute eine vergleichsweise Zahlungsvereinbarung zur Abgeltung aller Ansprüche der Frau B, wie folgt.

2. Frau A verpflichtet sich hiermit, an die Pflichtteilsberechtigte einen Betrag in Höhe von 65.000,00 EUR zu bezahlen. Der Betrag ist innerhalb von 4 Wochen nach beiderseitiger Unterzeichnung dieser Vereinbarung auf das Konto des Bevollmächtigten der Pflichtteilsberechtigten, Herrn Rechtsanwalt R, bei der Volksbank ... zu bezahlen.(Konto-Nr. xxxxxx)

3. Unter der aufschiebenden Bedingung der rechtzeitigen Zahlung des Vergleichsbetrages von 65.000 EUR  gem. vorstehender Ziff. 2, verzichtet Frau B auf sämtliche weitergehenden Rechte und Ansprüche gegen die Rechtsnachfolger des Herrn C C, gleich aus welchem Rechtsgrund. Der Verzicht auf weitergehende Ansprüche erfolgt aufgrund der Tatsache, dass weder das noch vorhandene Nachlassvermögen noch die persönliche Leistungsfähigkeit der Frau A ausreichend wären, die bestehenden und geltend gemachten Pflichtteilsansprüche der Frau B vollumfänglich zu befriedigen.

Frau A nimmt den Verzicht an.

4. Die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung sowie die Kosten dieser Vereinbarung  sind mit der Zahlung des Vergleichsbetrages ebenfalls abgegolten und erledigt.

Stuttgart, den 28.06.10 - Unterschrift Rechtsanwalt S i.V. für Frau A

xxx, den 22.Juni 2010 - Unterschrift Rechtsanwalt R i.V. für Frau B

Einverstanden, 22.6.10 - Unterschrift G A, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht, ... straße x, D-xxxxx xxx.“
12 
Da sich die Beigeladene damals in einem Privatinsolvenzverfahren befand, unterzeichnete auch Rechtsanwältin A als Insolvenzverwalterin der Beigeladenen die Vereinbarung vom 22. Juni 2010.
13 
Der Bekl änderte aufgrund dessen nochmals am 22. Juli 2010 den Erbschaftsteuerbescheid nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO, erhöhte die Nachlassverbindlichkeiten um 107.913 EUR (42.913 EUR aus den Einkommensteuerfestsetzungen des Finanzamts Y sowie 65.000 EUR aus der Abgeltung des Pflichtteilsanspruch gegenüber der pflichtteilsberechtigten Beigeladenen) und setzte die Erbschaftsteuer mit 206.220 EUR fest.
14 
Auch gegen diesen Bescheid erhob der Prozessbevollmächtigte der Kl am 03. August 2010 Einspruch. Begründet wurde dieser damit, dass der Beigeladenen zivilrechtliche Pflichtteilsansprüche in Höhe von insgesamt 349.465 EUR gegen die Kl zugestanden hätten. Diese Ansprüche habe die Beigeladene bzw. deren Prozessbevollmächtigter auch gegenüber der Kl geltend gemacht. Daher seien die Nachlassverbindlichkeiten um 255.331 EUR (349.465 EUR - 65.000 EUR tatsächlich gezahlter Ausgleichsbetrag im Jahr 2010 -  29.134 EUR bereits im Jahr 2004 gezahlter Pflichtteilsausgleich =  255.331 EUR) zu erhöhen. Dass die Beigeladene tatsächlich nur 94.134 EUR (29.134 EUR + 65.000 EUR = 94.134 EUR) ihres Pflichtteilsanspruchs in Höhe von 349.465 EUR habe realisieren können, ändere an diesem Ergebnis nichts. Es komme - für den Ansatz als Nachlassverbindlichkeiten - allein darauf an, in welcher Höhe die Beigeladene ihren Pflichtteilsanspruch geltend gemacht und nicht darauf, was sie letztendlich aufgrund der Zahlungsschwierigkeiten der Kl tatsächlich erhalten habe. Nach Ansicht der Kl habe die Beigeladene ihr gegenüber den vollen Pflichtteilsanspruch von 349.465 EUR geltend gemacht.
15 
Der Bekl schloss sich dieser Sichtweise der Kl nicht an und wies deren Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 21. März 2011 als unbegründet zurück. Die Beigeladene habe ihren Pflichtteilsanspruch nach Kenntniserlangung vom Bankdepot ihres Vaters in Liechtenstein nicht geltend gemacht. Eine Geltendmachung bedeute das ernstliche Verlangen zur Durchsetzung eigener Pflichtteilsansprüche. Vorliegend habe die Beigeladene, vertreten durch ihren zivilrechtlichen Vertreter, Rechtsanwalt R, mit Schreiben vom 22. Januar 2010 nur beim Prozessbevollmächtigten der Kl angefragt, ob das Bankdepot ihres Vaters in Liechtenstein noch vorhanden gewesen sei und welchen Kontostand es aufgewiesen habe. Für den Fall, dass dieses Depot beim Tod des Vaters noch vorhanden gewesen sei, werde lediglich abstrakt ausgeführt, dass dann der Beigeladenen von dem Depotwert die Hälfte als Pflichtteil zustehe. Hierin könne jedoch kein ernsthaftes Geltendmachen eines Pflichtteilsanspruchs gesehen werden. Dies gelte auch in Bezug auf die Vereinbarung zwischen der Kl und der Beigeladenen vom 22. Juni 2010. Die Kl könne nur das als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt erhalten, was sie tatsächlich an die Beigeladene geleistet habe.
16 
Gegen die ablehnende Entscheidung des Bekl im Einspruchsverfahren erhob die Kl Klage beim Finanzgericht.
17 
Sie wiederholte im Klageverfahren im Wesentlichen ihre Argumentation aus dem Einspruchsverfahren. Die Beigeladene habe durch ihren Prozessbevollmächtigten nach Bekanntwerden des Erblasser-Bankdepots in Liechtenstein gegenüber der Kl  in vollem Umfang Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend gemacht. Dies zeige auch die schriftliche „Vereinbarung über die vergleichsweise Befriedigung geltend gemachter Pflichtteilsansprüche am Nachlass des am xx.xx.2004 verstorbenen Herrn CC“ vom 22. Juni 2010.
18 
Dass die Kl die geltend gemachten Pflichtteilsergänzungsansprüche wegen nicht vorhandener Mittel nicht habe erfüllen können und man sich daher auf eine Abgeltung der Ansprüche gegen Zahlung von 65.000 EUR verständigt habe, stelle ein außersteuerliches Motiv dar, das sie, die Kl, nicht am Abzug der geltend gemachten Pflichtteilsansprüche in voller Höhe, d.h. in Höhe von 349.465 EUR, als Nachlassverbindlichkeit hindere.
19 
Im Klageverfahren änderte der Bekl nochmals am 10. September 2013 den Erbschaftsteuerbescheid nach § 173 Abs. 1 AO und setzte die Erbschaftsteuer nunmehr auf 208.425 EUR fest, nachdem durch Ermittlungen der Steuerfahndung bekannt geworden war, dass in der Erbschaftsteuererklärung des CC von D als dessen Rechtsnachfolgerin ein Konto bei der Schweizer Bank X mit der Nummer xxxxxx und einem Guthabenstand von 9.773 Schweizer Franken (= 6.212 EUR) per 31. Dezember 2003 nicht angegeben worden war.
20 
Die Kl beantragt nunmehr,
den Erbschaftsteuerbescheid vom 22. Juli 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. März 2011, geändert durch den Erbschaftsteuerbescheid vom 10. September 2013,  aufzuheben und die Erbschaftsteuer unter Berücksichtigung erwerbsmindernder Pflichtteilsansprüche in Höhe von 349.465 EUR neu festzusetzen,
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
21 
Der Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen.
22 
Er verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung sowie auf die gewechselten Schriftsätze, auf die an dieser Stelle Bezug genommen wird.
23 
Die Beigeladene hat hingegen darauf hingewiesen, dass weder sie noch ihr Prozessbevollmächtigter nach Bekanntwerden des liechtensteinischen Vermögens ihres Vaters weitere Pflichtteilsansprüche gegenüber der Kl geltend gemacht hätten. Es sei ihr zuallererst wichtig gewesen, zu erfahren, ob und in welcher Höhe dieses Vermögen zum Todeszeitpunkt ihres Vaters noch vorhanden gewesen sei. Ebenso sollte mit dem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 22. Oktober 2010 nach der Bereitschaft der Kl gefragt werden, (freiwillig) den Pflichtteil zur Verfügung zu stellen.
24 
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
25 
Der Berichterstatter hat in dieser Rechtssache am 08. Juli 2013 einen Gerichtsbescheid erlassen, auf den die Kl -fristgerecht- am 09. August 2013 mit dem Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung reagiert hat.
26 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die sich in der finanzgerichtlichen Akte befinden, sowie die vom Bekl vorgelegten Steuerakten (1 Band Erbschaftsteuerakten, 1 Band Rechtsbehelfsakten) Bezug genommen (§ 71 Abs. 2 FGO).

Entscheidungsgründe

27 
I) Die zulässige Klage ist nicht begründet.
28 
Der Bekl hat zu Recht im Erbschaftsteuerbescheid vom 22. Juli 2010 sowie im geänderten Erbschaftsteuerbescheid vom 10. September 2013 Pflichtteilsansprüche nur insoweit als abziehbare Nachlassverbindlichkeiten angesetzt, als die Kl diese gegenüber der Beigeladenen erfüllt hat. Somit ist der Pflichtteilsanspruch nur in Höhe von 94.134 EUR erbschaftsteuermindernd zu berücksichtigen.
29 
Zu den nach § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten gehören gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG u.a. Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflichtteilen (§§ 2303 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-). Damit übereinstimmend gilt ein Pflichtteilsanspruch gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erst dann als Erwerb von Todes wegen, wenn er geltend gemacht wird.
30 
Dem bloßen Entstehen des Anspruchs auf einen Pflichtteil mit dem Erbfall (§ 2317 Abs. 1 BGB) kommt erbschaftsteuerrechtlich noch keine Bedeutung zu, und zwar sowohl gegenüber dem Berechtigten als auch gegenüber dem Verpflichteten. Dieses zeitliche Hinausschieben der erbschaftsteuerrechtlichen Folgen eines Pflichtteilsanspruchs ist im Interesse des Berechtigten geschehen und soll ausschließen, dass bei ihm auch dann Erbschaftsteuer anfällt, wenn er seinen Anspruch zunächst oder dauerhaft nicht erhebt (Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH - vom 07. Oktober 1998 II R 52/96, BFHE 187, 50, BStBl II 1999, 23; vom 19. Juli 2006 II R 1/05, BFHE 213, 122, BStBl II 2006, 718;  vom 31. März 2010 II R 22/09, BFHE 229, 374, BStBl II 2010, 806, Rz 11; vom 19. Februar 2013 II R 47/11, BFHE 240, 186, BStBl II 2013, 332).
31 
Die "Geltendmachung" des Pflichtteilsanspruchs besteht in dem ernstlichen Verlangen auf Erfüllung des Anspruchs gegenüber dem Erben. Der Berechtigte muss seinen Entschluss, die Erfüllung des Anspruchs zu verlangen, in geeigneter Weise bekunden (BFH-Urteil vom 19. Juli 2006 II R 1/05, BFHE 213, 122, BStBl II 2006, 718). Ist dies geschehen, entsteht die Erbschaftsteuer für den Erwerb des Pflichtteilsanspruchs (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung. Ein Pflichtteilsberechtigter muss im Übrigen nicht den gesamten Pflichtteil beanspruchen, sondern kann diesen auch nur teilweise geltend machen. Die Steuer entsteht dann begrenzt durch die Höhe, in der dieser Anspruch geltend gemacht worden ist (BFH-Urteil vom 18.07.1973 II R 34/69, BStBl II 1973, 798; Meincke, Kommentar zum ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 3 Rn. 52).
32 
Hinsichtlich des Abzugs des Pflichtteils als Nachlassverbindlichkeit wirkt dessen Geltendmachung hingegen auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer gegenüber dem Erben, also auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) zurück, stellt also ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Nachlassverbindlichkeiten können nicht isoliert, sondern nur im Rahmen der Festsetzung der Erbschaftsteuer berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 19. Februar 2013 II R 47/11, BFHE 240,186, BStBl II 2013, 523).
33 
Vorliegend ist für den erkennenden Senat nicht ersichtlich, dass die Beigeladene ihren Pflichtteilsanspruch in unbeschränktem Umfang bereits unmittelbar nach dem Tod des Erblassers im Jahr 2004 geltend gemacht hat. Entsprechende tatsächliche Anhaltspunkte lassen sich insbesondere aus dem Schriftwechsel nach dem Tod des CC im Jahre  2004 (s. Schreiben  des damaligen  Bevollmächtigten   der Beigeladenen vom 25. Juni 2004 - Erbschaftsteuerakte Bl. 23 -) nicht entnehmen. In diesem Zusammenhang ist zudem zu beachten, dass der Beigeladenen erst im Jahr 2010 überhaupt bekannt wurde, dass ihr Vater über ein Bankdepot in Liechtenstein verfügte. Die Mutter der Kl hat auch gegenüber dem Bekl. am 19. November 2004 wissentlich eine unrichtige Erbschaftsteuererklärung abgegeben, in der das Vermögen des Herrn C in Liechtenstein nicht enthalten war. Solange der Pflichtteilsberechtigte jedoch vorsätzlich vom Erben über die tatsächliche Höhe und den Umfang der Erbmasse getäuscht wird, kann sich eine Geltendmachung des Pflichtteils allein auf die dem Pflichtteilsberechtigten mitgeteilte Erbmasse beziehen, nicht aber auf Erbteile, die ihm von Seiten des Erben verschwiegen worden sind. Mithin kann aus der Tatsache, dass die Beigeladene im Jahr 2004 bezüglich der damals bekannten Erbmasse ihren Pflichtteil von der Mutter der Kl eingefordert hat, nicht abgeleitet werden, dass sich dieses Verhalten auch auf das erst im Jahr 2010 bekanntgewordene Erblasser-Vermögen in Liechtenstein erstrecken soll. Ein ernstliches Verlangen auf Erfüllung eines Anspruchs gegenüber dem Erben setzt jedenfalls voraus, dass sich ein Pflichtteilsberechtigter über die Chancen zur zivilrechtlichen Durchsetzung eines Pflichtteilsanspruchs gegenüber dem Erben wenigstens ein ungefähres Bild machen kann. Dies ist aber nicht der Fall, wenn der Erbe den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten dadurch verletzt, indem er bewusst falsche Angaben zum Umfang des zum Todeszeitpunkt des Erblassers vorhandenen Vermögens macht.
34 
Genauso wenig vermag der erkennende Senat im Jahr 2010 - nachdem die Beigeladene Kenntnis vom Liechtensteiner Bankdepot ihres Vaters erlangte - ersehen, dass die Kl ernstlich und unmissverständlich ihren Anspruch auf Ergänzung des bisher zur Verfügung gestellten Pflichtteils geltend gemacht hat.
35 
Im Schreiben des Rechtsanwalt R vom 11. Februar 2010 an die Kl führte dieser nur abstrakt aus, dass für den Fall, dass zum Todeszeitpunkt des CC noch Vermögen in Liechtenstein vorhanden gewesen sei, der Beigeladenen die Hälfte davon als zusätzlicher Pflichtteil zustehe. Gleichzeitig forderte Rechtsanwalt R die Kl auf, innerhalb von zwei Wochen mitzuteilen, ob die Mutter der Kl in den Besitz des Liechtensteiner Vermögens gekommen sei und welchen Wert sie als Erbin der mittlerweile - im Jahr 2010 - verstorbenen Alleinerbin des C C, D, erhalten habe.
36 
Der Brief schließt schließlich mit dem Satz, ob die Kl bereit sei, der Beigeladenen ihren zusätzlichen Pflichtteil zur Verfügung zu stellen.
37 
Aus diesem Gesamtkontext wird nach Ansicht des Senats deutlich, dass Rechtsanwalt R zunächst einmal weitere Informationen über das bisher unbekannte Vermögen in Liechtenstein sammeln und erst hiernach konkret über die weitere Vorgehensweise nachdenken wollte, ansonsten hätte er auch nicht die Bereitschaft der Kl zur Leistung eines zusätzlichen Pflichtteils angefragt, sondern diesen unmissverständlich eingefordert. Darüber hinaus stützt nach Ansicht des Senats auch die nachfolgende Korrespondenz zwischen Rechtsanwalt R und dem Prozessbevollmächtigten der Kl diese Sichtweise, da der Prozessbevollmächtigte der Kl bereits mit Anwaltsschreiben vom 04. März 2010 (Finanzgerichtsakte Bl. 166) und vom 15. März 2010 (Finanzgerichtsakte Bl. 168) die Frage der Verjährung eines möglichen Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Beigeladenen thematisierte und auf ein Vollstreckungsrisiko hinwies, weil die Kl. einen Pflichtteilsergänzungsanspruch allenfalls - durch die Aufnahme von Bankkrediten - in Höhe von 65.000 EUR bedienen könne.
38 
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der am 22. Juni 2010 geschlossenen ,,Vereinbarung über die vergleichsweise Befriedigung geltend gemachter Pflichtteilsansprüche am Nachlass des am xx.xx.2004 verstorbenen Herrn C C". Zwar heißt es in den Vorbemerkungen, dass die Beigeladene  "ihre weitergehenden Pflichtteilsansprüche" gegenüber der Kl " geltend gemacht" habe. Diese Formulierung entspricht nach Aktenlage aber nicht den soeben dargestellten tatsächlichen Gegebenheiten. Die Beigeladene hat im finanzgerichtlichen Verfahren zudem bestritten, einen zusätzlichen Pflichtteilsanspruch gegenüber der Kl geltend gemacht zu haben. Die Vereinbarung vom 22. Juni 2010 stammt im Übrigen aus der Feder des Prozessbevollmächtigten der Kl, die Rechtsanwalt R als Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zur Unterschrift vorgelegt wurde. Dass Rechtsanwalt R die Vereinbarung am 22. Juni 2010 unterschrieb, kann ebenso wenig als Anerkenntnis dieses unter den Vorbemerkungen aufgeführten, nach Ansicht des Gerichts unrichtigen Sachverhaltes gewertet werden. Wie der zusätzliche Pflichtteil aufgrund der vorgetragenen Zahlungsschwierigkeiten der Kl abgegolten werden sollte, ergibt sich jedenfalls aus dem Unterpunkt „II Vereinbarungen“ und nicht aus dem Unterpunkt „Vorbemerkungen“.
39 
Die Vereinbarung vom 22. Juni 2010 ist nach Auffassung des erkennenden Senats und dem tatsächlich in ihr zum Ausdruck gekommenen Willen der Vertragsparteien als eine Regelung zur Abfindung der pflichtteilsberechtigten Beigeladenen für einen Verzicht auf einen entstandenen Pflichtteilsanspruch zu werten, § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG. Dabei ist von Bedeutung, dass der Verzicht auf die Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs gegen Abfindung nicht deswegen unmöglich ist, weil in dem Aushandeln der Abfindung stets schon ein Geltendmachen des Pflichtteils liegt (Meincke, Kommentar zum ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 3 Rn. 101). Der Beigeladenen wurde von Seiten der Kl bereits im März 2010 klar gemacht, dass dem Grunde nach kein freies Vermögen der Kl zur Begleichung eines  weiteren Pflichtteilsanspruchs (in Höhe von ca. 320.000 EUR) zur Verfügung stünde und die Beigeladene insoweit leer ausginge. Die Kl stellte ihr „nur“ in Aussicht, 65.000 EUR auszahlen zu können, die über einen Kredit der Kl finanziert werden sollten. Dies erklärt auch die Bereitschaft der Beigeladenen in der Vereinbarung vom 22. Juni 2010, gegen Zahlung von 65.000 EUR „auf sämtliche weitergehenden Rechte und Ansprüche gegen die Rechtsnachfolger des Herrn C C, gleich aus welchem Rechtsgrund“ zu „verzichten“ (Ziff. II 3 der Vereinbarung vom 22. Juni 2010).
40 
Als die Kl und die Beigeladene die Vereinbarung vom 22. Juni 2010 schlossen, war zudem die Frage, ob der mit dem Tod des CC im Jahr 2004 entstandene Pflichtteilsanspruch bereits verjährt sein könnte (der im Jahr  2004 gültige § 2332 Abs. 1 BGB a.F. sah eine Verjährung des Pflichtteilsanspruchs  drei Jahre nach Kenntnis des Eintritts des Erbfalls und von der den Pflichtteilsberechtigten beeinträchtigenden Verfügung des Erblassers vor), ungeklärt. Selbst der Anwalt der Kl räumte in der mündlichen Verhandlung ein, dass bei einer Berufung der Kl auf eine mögliche Verjährung des Pflichtteilsanspruchs dieser der Rechtsgedanke des § 242 BGB oder deliktische Schadensersatzansprüche wegen der unrichtigen Angabe des Nachlassbestandes durch D hätten entgegengehalten werden können.
41 
Mithin trafen die Kl und die Beigeladene die Vereinbarung vom 22. Juni 2010, um endgültig die vermögensrechtliche Auseinandersetzung am Nachlass des CC herbeizuführen und festzuschreiben, was die Beigeladene als pflichtteilsberechtigte Tochter des Erblassers von der Erbin verlangen und worauf sie keine Zahlung erwarten könne.
42 
Bei einem Verzicht auf die Geltendmachung eines Pflichtteils gegen Abfindungsleistung nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG kann der Erbe von seinem Erwerb nur den tatsächlich geleisteten Abfindungsbetrag als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5  Nr. 2 ErbStG abziehen. Diesen Betrag von 65.000 EUR hat der Bekl im angegriffenen Steuerbescheid vom 22. Juli 2010 bzw. im geänderten Steuerbescheid vom 10. September 2013 erbschaftsteuermindernd berücksichtigt.
43 
Nach alledem war die Klage als unbegründet abzuweisen.
44 
II) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
45 
III) Da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO normierten Revisionszulassungsgründe ersichtlich ist, lässt das Gericht gegen das Urteil die Revision zum BFH nicht zu.
46 
IV) Der erkennende Senat vermag überdies dem Antrag der Kl, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, nicht zu entsprechen, weil die im Hinblick auf ein Vorverfahren angefallenen Gebühren und Auslagen nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO nur dann erstattungsfähig sind, wenn der Erstattungsberechtigte die Kosten des gerichtlichen Verfahrens nicht zu tragen hat (BFH-Beschluss vom 13. Juli 2006 IV E 1/06, BFH/NV 2006, 1874). Da vorliegend die Klage (für die Kl) kostenpflichtig abzuweisen war, bleibt der Antrag der Kl nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO erfolglos.

Gründe

27 
I) Die zulässige Klage ist nicht begründet.
28 
Der Bekl hat zu Recht im Erbschaftsteuerbescheid vom 22. Juli 2010 sowie im geänderten Erbschaftsteuerbescheid vom 10. September 2013 Pflichtteilsansprüche nur insoweit als abziehbare Nachlassverbindlichkeiten angesetzt, als die Kl diese gegenüber der Beigeladenen erfüllt hat. Somit ist der Pflichtteilsanspruch nur in Höhe von 94.134 EUR erbschaftsteuermindernd zu berücksichtigen.
29 
Zu den nach § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten gehören gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG u.a. Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflichtteilen (§§ 2303 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-). Damit übereinstimmend gilt ein Pflichtteilsanspruch gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erst dann als Erwerb von Todes wegen, wenn er geltend gemacht wird.
30 
Dem bloßen Entstehen des Anspruchs auf einen Pflichtteil mit dem Erbfall (§ 2317 Abs. 1 BGB) kommt erbschaftsteuerrechtlich noch keine Bedeutung zu, und zwar sowohl gegenüber dem Berechtigten als auch gegenüber dem Verpflichteten. Dieses zeitliche Hinausschieben der erbschaftsteuerrechtlichen Folgen eines Pflichtteilsanspruchs ist im Interesse des Berechtigten geschehen und soll ausschließen, dass bei ihm auch dann Erbschaftsteuer anfällt, wenn er seinen Anspruch zunächst oder dauerhaft nicht erhebt (Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH - vom 07. Oktober 1998 II R 52/96, BFHE 187, 50, BStBl II 1999, 23; vom 19. Juli 2006 II R 1/05, BFHE 213, 122, BStBl II 2006, 718;  vom 31. März 2010 II R 22/09, BFHE 229, 374, BStBl II 2010, 806, Rz 11; vom 19. Februar 2013 II R 47/11, BFHE 240, 186, BStBl II 2013, 332).
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Die "Geltendmachung" des Pflichtteilsanspruchs besteht in dem ernstlichen Verlangen auf Erfüllung des Anspruchs gegenüber dem Erben. Der Berechtigte muss seinen Entschluss, die Erfüllung des Anspruchs zu verlangen, in geeigneter Weise bekunden (BFH-Urteil vom 19. Juli 2006 II R 1/05, BFHE 213, 122, BStBl II 2006, 718). Ist dies geschehen, entsteht die Erbschaftsteuer für den Erwerb des Pflichtteilsanspruchs (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung. Ein Pflichtteilsberechtigter muss im Übrigen nicht den gesamten Pflichtteil beanspruchen, sondern kann diesen auch nur teilweise geltend machen. Die Steuer entsteht dann begrenzt durch die Höhe, in der dieser Anspruch geltend gemacht worden ist (BFH-Urteil vom 18.07.1973 II R 34/69, BStBl II 1973, 798; Meincke, Kommentar zum ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 3 Rn. 52).
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Hinsichtlich des Abzugs des Pflichtteils als Nachlassverbindlichkeit wirkt dessen Geltendmachung hingegen auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer gegenüber dem Erben, also auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) zurück, stellt also ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Nachlassverbindlichkeiten können nicht isoliert, sondern nur im Rahmen der Festsetzung der Erbschaftsteuer berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 19. Februar 2013 II R 47/11, BFHE 240,186, BStBl II 2013, 523).
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Vorliegend ist für den erkennenden Senat nicht ersichtlich, dass die Beigeladene ihren Pflichtteilsanspruch in unbeschränktem Umfang bereits unmittelbar nach dem Tod des Erblassers im Jahr 2004 geltend gemacht hat. Entsprechende tatsächliche Anhaltspunkte lassen sich insbesondere aus dem Schriftwechsel nach dem Tod des CC im Jahre  2004 (s. Schreiben  des damaligen  Bevollmächtigten   der Beigeladenen vom 25. Juni 2004 - Erbschaftsteuerakte Bl. 23 -) nicht entnehmen. In diesem Zusammenhang ist zudem zu beachten, dass der Beigeladenen erst im Jahr 2010 überhaupt bekannt wurde, dass ihr Vater über ein Bankdepot in Liechtenstein verfügte. Die Mutter der Kl hat auch gegenüber dem Bekl. am 19. November 2004 wissentlich eine unrichtige Erbschaftsteuererklärung abgegeben, in der das Vermögen des Herrn C in Liechtenstein nicht enthalten war. Solange der Pflichtteilsberechtigte jedoch vorsätzlich vom Erben über die tatsächliche Höhe und den Umfang der Erbmasse getäuscht wird, kann sich eine Geltendmachung des Pflichtteils allein auf die dem Pflichtteilsberechtigten mitgeteilte Erbmasse beziehen, nicht aber auf Erbteile, die ihm von Seiten des Erben verschwiegen worden sind. Mithin kann aus der Tatsache, dass die Beigeladene im Jahr 2004 bezüglich der damals bekannten Erbmasse ihren Pflichtteil von der Mutter der Kl eingefordert hat, nicht abgeleitet werden, dass sich dieses Verhalten auch auf das erst im Jahr 2010 bekanntgewordene Erblasser-Vermögen in Liechtenstein erstrecken soll. Ein ernstliches Verlangen auf Erfüllung eines Anspruchs gegenüber dem Erben setzt jedenfalls voraus, dass sich ein Pflichtteilsberechtigter über die Chancen zur zivilrechtlichen Durchsetzung eines Pflichtteilsanspruchs gegenüber dem Erben wenigstens ein ungefähres Bild machen kann. Dies ist aber nicht der Fall, wenn der Erbe den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten dadurch verletzt, indem er bewusst falsche Angaben zum Umfang des zum Todeszeitpunkt des Erblassers vorhandenen Vermögens macht.
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Genauso wenig vermag der erkennende Senat im Jahr 2010 - nachdem die Beigeladene Kenntnis vom Liechtensteiner Bankdepot ihres Vaters erlangte - ersehen, dass die Kl ernstlich und unmissverständlich ihren Anspruch auf Ergänzung des bisher zur Verfügung gestellten Pflichtteils geltend gemacht hat.
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Im Schreiben des Rechtsanwalt R vom 11. Februar 2010 an die Kl führte dieser nur abstrakt aus, dass für den Fall, dass zum Todeszeitpunkt des CC noch Vermögen in Liechtenstein vorhanden gewesen sei, der Beigeladenen die Hälfte davon als zusätzlicher Pflichtteil zustehe. Gleichzeitig forderte Rechtsanwalt R die Kl auf, innerhalb von zwei Wochen mitzuteilen, ob die Mutter der Kl in den Besitz des Liechtensteiner Vermögens gekommen sei und welchen Wert sie als Erbin der mittlerweile - im Jahr 2010 - verstorbenen Alleinerbin des C C, D, erhalten habe.
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Der Brief schließt schließlich mit dem Satz, ob die Kl bereit sei, der Beigeladenen ihren zusätzlichen Pflichtteil zur Verfügung zu stellen.
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Aus diesem Gesamtkontext wird nach Ansicht des Senats deutlich, dass Rechtsanwalt R zunächst einmal weitere Informationen über das bisher unbekannte Vermögen in Liechtenstein sammeln und erst hiernach konkret über die weitere Vorgehensweise nachdenken wollte, ansonsten hätte er auch nicht die Bereitschaft der Kl zur Leistung eines zusätzlichen Pflichtteils angefragt, sondern diesen unmissverständlich eingefordert. Darüber hinaus stützt nach Ansicht des Senats auch die nachfolgende Korrespondenz zwischen Rechtsanwalt R und dem Prozessbevollmächtigten der Kl diese Sichtweise, da der Prozessbevollmächtigte der Kl bereits mit Anwaltsschreiben vom 04. März 2010 (Finanzgerichtsakte Bl. 166) und vom 15. März 2010 (Finanzgerichtsakte Bl. 168) die Frage der Verjährung eines möglichen Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Beigeladenen thematisierte und auf ein Vollstreckungsrisiko hinwies, weil die Kl. einen Pflichtteilsergänzungsanspruch allenfalls - durch die Aufnahme von Bankkrediten - in Höhe von 65.000 EUR bedienen könne.
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Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der am 22. Juni 2010 geschlossenen ,,Vereinbarung über die vergleichsweise Befriedigung geltend gemachter Pflichtteilsansprüche am Nachlass des am xx.xx.2004 verstorbenen Herrn C C". Zwar heißt es in den Vorbemerkungen, dass die Beigeladene  "ihre weitergehenden Pflichtteilsansprüche" gegenüber der Kl " geltend gemacht" habe. Diese Formulierung entspricht nach Aktenlage aber nicht den soeben dargestellten tatsächlichen Gegebenheiten. Die Beigeladene hat im finanzgerichtlichen Verfahren zudem bestritten, einen zusätzlichen Pflichtteilsanspruch gegenüber der Kl geltend gemacht zu haben. Die Vereinbarung vom 22. Juni 2010 stammt im Übrigen aus der Feder des Prozessbevollmächtigten der Kl, die Rechtsanwalt R als Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zur Unterschrift vorgelegt wurde. Dass Rechtsanwalt R die Vereinbarung am 22. Juni 2010 unterschrieb, kann ebenso wenig als Anerkenntnis dieses unter den Vorbemerkungen aufgeführten, nach Ansicht des Gerichts unrichtigen Sachverhaltes gewertet werden. Wie der zusätzliche Pflichtteil aufgrund der vorgetragenen Zahlungsschwierigkeiten der Kl abgegolten werden sollte, ergibt sich jedenfalls aus dem Unterpunkt „II Vereinbarungen“ und nicht aus dem Unterpunkt „Vorbemerkungen“.
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Die Vereinbarung vom 22. Juni 2010 ist nach Auffassung des erkennenden Senats und dem tatsächlich in ihr zum Ausdruck gekommenen Willen der Vertragsparteien als eine Regelung zur Abfindung der pflichtteilsberechtigten Beigeladenen für einen Verzicht auf einen entstandenen Pflichtteilsanspruch zu werten, § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG. Dabei ist von Bedeutung, dass der Verzicht auf die Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs gegen Abfindung nicht deswegen unmöglich ist, weil in dem Aushandeln der Abfindung stets schon ein Geltendmachen des Pflichtteils liegt (Meincke, Kommentar zum ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 3 Rn. 101). Der Beigeladenen wurde von Seiten der Kl bereits im März 2010 klar gemacht, dass dem Grunde nach kein freies Vermögen der Kl zur Begleichung eines  weiteren Pflichtteilsanspruchs (in Höhe von ca. 320.000 EUR) zur Verfügung stünde und die Beigeladene insoweit leer ausginge. Die Kl stellte ihr „nur“ in Aussicht, 65.000 EUR auszahlen zu können, die über einen Kredit der Kl finanziert werden sollten. Dies erklärt auch die Bereitschaft der Beigeladenen in der Vereinbarung vom 22. Juni 2010, gegen Zahlung von 65.000 EUR „auf sämtliche weitergehenden Rechte und Ansprüche gegen die Rechtsnachfolger des Herrn C C, gleich aus welchem Rechtsgrund“ zu „verzichten“ (Ziff. II 3 der Vereinbarung vom 22. Juni 2010).
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Als die Kl und die Beigeladene die Vereinbarung vom 22. Juni 2010 schlossen, war zudem die Frage, ob der mit dem Tod des CC im Jahr 2004 entstandene Pflichtteilsanspruch bereits verjährt sein könnte (der im Jahr  2004 gültige § 2332 Abs. 1 BGB a.F. sah eine Verjährung des Pflichtteilsanspruchs  drei Jahre nach Kenntnis des Eintritts des Erbfalls und von der den Pflichtteilsberechtigten beeinträchtigenden Verfügung des Erblassers vor), ungeklärt. Selbst der Anwalt der Kl räumte in der mündlichen Verhandlung ein, dass bei einer Berufung der Kl auf eine mögliche Verjährung des Pflichtteilsanspruchs dieser der Rechtsgedanke des § 242 BGB oder deliktische Schadensersatzansprüche wegen der unrichtigen Angabe des Nachlassbestandes durch D hätten entgegengehalten werden können.
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Mithin trafen die Kl und die Beigeladene die Vereinbarung vom 22. Juni 2010, um endgültig die vermögensrechtliche Auseinandersetzung am Nachlass des CC herbeizuführen und festzuschreiben, was die Beigeladene als pflichtteilsberechtigte Tochter des Erblassers von der Erbin verlangen und worauf sie keine Zahlung erwarten könne.
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Bei einem Verzicht auf die Geltendmachung eines Pflichtteils gegen Abfindungsleistung nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG kann der Erbe von seinem Erwerb nur den tatsächlich geleisteten Abfindungsbetrag als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5  Nr. 2 ErbStG abziehen. Diesen Betrag von 65.000 EUR hat der Bekl im angegriffenen Steuerbescheid vom 22. Juli 2010 bzw. im geänderten Steuerbescheid vom 10. September 2013 erbschaftsteuermindernd berücksichtigt.
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Nach alledem war die Klage als unbegründet abzuweisen.
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II) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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III) Da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO normierten Revisionszulassungsgründe ersichtlich ist, lässt das Gericht gegen das Urteil die Revision zum BFH nicht zu.
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IV) Der erkennende Senat vermag überdies dem Antrag der Kl, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, nicht zu entsprechen, weil die im Hinblick auf ein Vorverfahren angefallenen Gebühren und Auslagen nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO nur dann erstattungsfähig sind, wenn der Erstattungsberechtigte die Kosten des gerichtlichen Verfahrens nicht zu tragen hat (BFH-Beschluss vom 13. Juli 2006 IV E 1/06, BFH/NV 2006, 1874). Da vorliegend die Klage (für die Kl) kostenpflichtig abzuweisen war, bleibt der Antrag der Kl nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO erfolglos.

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