Gerichtsbescheid vom Finanzgericht Hamburg (5. Senat) - 5 K 148/16

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Höhe des Gegenstandswerts im Rahmen einer Kostenerstattung für das Vorverfahren.

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Die Klägerin zog im September 2012 aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland und war seitdem in der Bundesrepublik Deutschland gemeldet. Sie beantragte am 08.12.2014 bei der Familienkasse Nord der Bundesagentur für Arbeit die Festsetzung von Kindergeld für ihr Kind A (geboren am ... 2005). Danach sollte sich A ab November 2013 in dem Haushalt der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Zuvor wurde A in dem Zeitraum September 2012 bis Oktober 2013 nach Angaben der Klägerin von der Mutter der Klägerin in deren Haushalt in Polen betreut. Die Familienkasse Nord gab die Akte zuständigkeitshalber im Januar 2015 an die Beklagte ab.

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Am 03.02.2016 beauftragte die Klägerin den Prozessbevollmächtigten. Am 10.02.2016 erhob dieser namens und in Vollmacht der Klägerin Einspruch "dagegen, dass der Antrag noch nicht beschieden" war, und beantragte, "unverzüglich eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung zu erlassen."

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Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 15.03.2016 Kindergeld für A ab November 2013 fest. Für den Zeitraum November 2013 bis einschließlich Februar 2016 erfolgte eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 5.212 Euro. Ab März 2016 erfolgten Zahlungen in Höhe von 190 Euro monatlich.

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Mit weiterem Bescheid vom 26.05.2016 lehnte die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld für das Kind A für den Zeitraum September 2012 bis einschließlich Oktober 2013 mangels Haushaltszugehörigkeit ab.

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Am 24.05.2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Kosten des Vorverfahrens zu erstatten. Dabei ging sie von einer Geschäftsgebühr in Höhe von 300 Euro nach Nr. 2302 des Vergütungsverzeichnisses (VV, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte - Rechtsanwaltsvergütungsgesetz -) zuzüglich einer Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20 Euro (Nr. 7002 VV) nebst Umsatzsteuer aus.

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Mit Schreiben vom 28.05.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die im Einspruchsverfahren entstandenen Kosten auf Antrag erstattet werden, soweit sie notwendig waren.

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Mit Bescheid vom 11.07.2016 setzte die Beklagte die erstattungsfähigen Kosten auf 201,71 Euro fest. Die Beklagte nahm dabei an, dass dem Gegenstandswert das beantragte Kindergeld für ein Kind für den Zeitraum Januar 2010 bis Februar 2016 (Monat der Einlegung des Untätigkeitseinspruchs), insgesamt in Höhe von 13.676 Euro, zugrunde liege. Da es sich um einen Untätigkeitseinspruch gehandelt habe, sei der Gegenstandswert in Höhe von 10 % dieses Betrages anzusetzen, demnach in Höhe von 1.367,60 Euro.

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Hiergegen legte die Klägerin am 02.08.2016 Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, dass der Gegenstandswert insgesamt 7.492 Euro betrage. Er setze sich zusammen aus der Höhe des rückständigen Kindergeldes in Höhe von 5.212 Euro und dem Kindergeld für zwölf Monate in Höhe von 2.280 Euro (= 12 × 190 Euro). Dementsprechend betrage die Kostenerstattung insgesamt 729,23 Euro (= 592,80 Euro Nr. 2300 VV + 20 Euro Nr.7002 VV, zuzüglich Umsatzsteuer 19 %).

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Mit Einspruchsentscheidung vom 16.09.2016, abgesandt am 19.09.2016, wies die Beklagte den Einspruch gegen den Bescheid über die Kostenerstattung vom 11.07.2016 zurück.

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Hiergegen hat die Klägerin am 20.10.2016 Klage erhoben.
Sie bezieht sich auf ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren.

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Die Klägerin beantragt nach Aktenlage,
den Bescheid vom 11.07.2016 und die Einspruchsentscheidung vom 16.09.2016 in der Weise zu ändern, dass die Kostenerstattung um 527,52 Euro höher auf 729,23 Euro festgesetzt wird.

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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Sie ist der Auffassung, der Gegenstandswert sei in Höhe von 10 % des streitigen Betrages anzunehmen.

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Das Begehren der Klägerin, das diese mit dem Untätigkeitseinspruch verfolgt habe, sei nur auf das Tätigwerden als solches gerichtet gewesen. Dieser Einspruch sei schon dann erfolgreich mit der Folge der Kostenerstattung, wenn die Behörde überhaupt tätig werde. In diesem Fall trage die Klägerin auch kein Kostenrisiko. Wäre das Begehren hingegen auf eine Entscheidung in der Sache gerichtet, trüge die Klägerin ein Kostenrisiko, das von der materiell-rechtlichen Entscheidung abhinge. Dies wäre jedoch in den Fällen, in denen es nur um das Tätigwerden als solches ginge, nicht sachgerecht. Wie in den Fällen der Untätigkeitsklage, bei denen es ebenfalls nur um das bloße Tätigwerden ginge, sei demnach der Gegenstandswert auf 10 % der streitigen Summe festzusetzen. Falls stattdessen der Antrag auf einen bezifferten Kindergeldzeitraum bezogen wäre, müsste neben dem Festsetzungsbescheid vom 15.03.2016 auch der Ablehnungsbescheid vom 16.05.2013 für den Zeitraum September 2012 bis Oktober 2013 im Rahmen einer Kostengrundentscheidung berücksichtigt werden. Der Bescheid vom 28.05.2016 über die Kostengrundentscheidung, der die volle Kostenerstattung für die Klägerin enthalte, wäre in diesem Fall wegen widerstreitender Beurteilung zu korrigieren.

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Dem Gericht hat ein Ausdruck der Kindergeldakte der Beklagten zur Kindergeldnummer ... vorgelegen.

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Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

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I. Das Gericht entscheidet gemäß § 90a der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.

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II. Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Der angefochtene Bescheid ist zwar rechtswidrig insoweit, als er eine um 54,15 Euro zu hohe Kostenerstattung festsetzt. Die Klägerin ist hierdurch jedoch nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

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1. Der Klägerin sind gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Kosten in Höhe von 147,56 Euro zu erstatten. Soweit der angefochtene Bescheid Kosten darüber hinaus festgesetzt hat, ist er rechtswidrig.

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a) Die Gebühren werden gemäß § 2 Abs. 2 RVG nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). Der Gegenstandswert beträgt im Streitfall 749,20 Euro.

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aa) Der Gegenstandswert bestimmt sich gemäß §§ 2 Abs. 1, 23 Abs. 1 Sätze 3 und 1 RVG nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Nach § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) ist in finanzgerichtlichen Verfahren der Streitwert nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag der Klägerin eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG). Die Regelung des § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG geht der Regelung des § 52 Abs. 1 GKG vor (vergleiche - vgl. - Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 18.11.2014 V S 30/14, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2015, 346 mit weiteren Nachweisen - m. w. N. -).

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bb) Im Streitfall betraf das Verfahren des Untätigkeitseinspruchs nach § 347 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 der Abgabenordnung (AO) allein das Begehren der Klägerin auf ein bloßes Tätigwerden der Behörde und war nicht auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet.

25

Nach dem Wortlaut des Einspruchs legte die Klägerin den Einspruch (nur) dagegen ein, dass der Antrag noch nicht beschieden war und beantragte, unverzüglich eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung zu erlassen. Eine konkrete Bezifferung über den begehrten Anspruch war hieraus nicht ersichtlich. Eine Bezifferung ergibt sich auch nicht aus den konkreten Umständen im Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs. Die im September 2012 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogene Klägerin hatte im Dezember 2014 einen Antrag auf Festsetzung von Kindergeld gestellt, der im Februar 2016 noch nicht beschieden war. Demgemäß kam es der Klägerin darauf an, für ihren zeitlich nicht bestimmten Antrag überhaupt erst einmal einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu erhalten. Ob diesbezüglich für bestimmte Zeiträume eine Ablehnung erfolgte oder Kindergeld bewilligt wurde, war für die Klägerin nach den Umständen zunächst nicht entscheidend. Denn erst mit Erhalt der Bescheide konnte sie entscheiden, ob gegen diese Bescheide Einsprüche eingelegt werden sollten. Die beschriebene Auslegung des Einspruchsbegehrens steht auch mit der Gesetzeshistorie und dem Sinn und Zweck des § 77 EStG im Fall eines Untätigkeitseinspruchs im Einklang.

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Mit Einführung des § 77 EStG sollte eine Schlechterstellung gegenüber dem bisherigen Recht (vgl. § 63 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X -) vermieden werden (Bundestags-Drucksache - BT-Drs. - 13/1558, S. 162). Da der Untätigkeitseinspruch von der Regelung des § 77 EStG umfasst wird (vgl. hierzu Finanzgericht - FG - Köln, Urteil vom 21.11.2012, 14 K 1020/12, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2013, 713 m. w. N.; FG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2011, 7 K 3951/10 Kg, juris; FG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2011, 7 K 85/11 Kg, EFG 2012, 529), ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass sich das Begehren, das letztlich zur Kostenerstattung führt, auch nur auf ein bloßes Tätigwerden der Behörde bezieht (vgl. auch BFH-Urteil vom 03.08.2005 I R 74/02, BFH/NV 2006, 19 m. w. N.).

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Eine Auslegung dahingehend, dass nur ein Tätigwerden der Behörde begehrt wird, entspricht auch der Regelung im sozialgerichtlichen Verfahren, das vor der Übernahme des Kindergeldrechts in das EStG in Kindergeldangelegenheiten anwendbar war (§ 27 des Bundeskindergeldgesetzes - BKGG - in der bis 31.12.1995 geltenden Fassung, § 51 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - in der am 31.12.1995 geltenden Fassung). Denn für ein diesbezügliches Widerspruchsverfahren galten gemäß § 62 SGB X die Vorschriften der §§ 77 ff. SGG. Ein Untätigkeitswiderspruch war und ist dort jedoch nicht geregelt. Vielmehr kann nach § 88 SGG eine Untätigkeitsklage erhoben werden, die allein darauf gerichtet ist, einen Antrag zu bescheiden und nicht auch zugleich eine materiell-rechtliche Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen vorzunehmen (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 16.10.2014, B 13 R 282/14 B, juris, m. w. N.).

28

Im Streitfall ist auch eine andere Situation als bei einer Untätigkeitsklage gemäß § 46 FGO gegeben. Denn bei einem Untätigkeitseinspruch liegt noch keine Entscheidung der Behörde vor, die angegriffen werden könnte. Erst im Fall eines Ablehnungsbescheids infolge eines Untätigkeitseinspruchs hätte sich die Klägerin mit einer Entscheidung der Behörde auseinandersetzen und ggf. (gesonderten) Einspruch gegen einen Ablehnungsbescheid einlegen können. Demgegenüber zielt eine Untätigkeitsklage nach § 46 FGO darauf ab, eine alsbaldige behördliche Entscheidung über einen Einspruch herbeizuführen und nicht - zusätzlich - darauf, eine Entscheidung der Behörde über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes zu erzwingen (BFH-Urteil vom 03.08.2005 I R 74/02, BFH/NV 2006, 19). Die Untätigkeit der Behörde ist bei der Untätigkeitsklage nach § 46 FGO lediglich Zulässigkeitsvoraussetzung, während der Gegenstand der Klage auf Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsaktes oder auf Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes gerichtet ist und nicht auf ein Tätigwerden der Behörde überhaupt (BFH-Urteil vom 18.11.2015 XI R 24-25/14, BFH/NV 2016, 418 m. w. N.; BFH-Beschluss vom 02.07.2012 III B 101/11, BFH/NV 2012, 1628 m. w. N.).

29

cc) Der Streitwert ist danach gemäß § 52 Abs. 1 GKG nach der Bedeutung der Sache für die Klägerin nach Ermessen zu bestimmen.

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aaa) Hierfür ist (zunächst) auf die mögliche Höhe der Bewilligung des Kindergeldes für den in Betracht kommenden Zeitraum bis zur Einlegung des Untätigkeitseinspruchs abzustellen. Im Streitfall ist dies der Zeitraum von November 2013 bis einschließlich Februar 2016. Daraus ergibt sich ein Betrag in Höhe von 5.212 Euro (November 2013 bis Dezember 2014: 184 Euro monatlich; Januar 2015 bis Dezember 2015: 188 Euro monatlich; Januar 2016 und Februar 2016: 190 Euro monatlich).

31

Eine derartige Auslegung entspricht im Streitfall dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin, da - soweit ersichtlich - erst ab November 2013 eine Festsetzung von Kindergeld für das Kind A in Betracht kam.

32

Zwar kann grundsätzlich ein Antrag auf Festsetzung von Kindergeld für nichtverjährte Zeiten gestellt werden (vgl. BFH-Urteil vom 20.06.2012 V R 56/10, BFH/NV 2012, 1775 m. w. N.), hier also - wie die Beklagte in der Einspruchsentscheidung angenommen hat - ab Januar 2010. Indes kann aufgrund besonderer Umstände der Kindergeldantrag im Einzelfall abweichend dahin auszulegen sein, dass die Festsetzung ab dem Monat beantragt wird, in dem die zum Zeitpunkt der Antragstellung erforderlichen Voraussetzungen erstmals vorlagen (BFH-Urteil vom 20.06.2012 V R 56/10, BFH/NV 2012, 1775 m. w. N.).

33

Dies war im Streitfall gegeben. Die Klägerin war aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland erst im September 2012 zugezogen und hatte das Kind A erst ab November 2013 in ihren eigenen Haushalt in der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH; vgl. EuGH-Urteil vom 22.10.2015 C-378/14, EU:C:2015:720) und nachfolgend der des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 04.02.2016 III R 17/13, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 253, 134; Bundessteuerblatt Teil II - BStBl II - 2016, 612) ist danach anzunehmen, dass die Klägerin Kindergeld erst ab November 2013 für das Kind A beantragt hat. Die Klägerin war zuvor nach § 62 Abs. 1 EStG nicht anspruchsberechtigt bzw. deshalb nicht persönlich anspruchsberechtigt, weil das Kind A vor November 2013 nicht in ihren Haushalt, sondern nach der Rechtsprechung des EuGH in den Haushalt einer anderen Anspruchsberechtigten aufgenommen war.

34

bbb) Zu dem vorgenannten Betrag ist ein Betrag in Höhe von 2.280 Euro hinzuzurechnen.

35

Wegen der Besonderheiten des Untätigkeitseinspruchs in Kindergeldangelegenheiten ist im Rahmen des Ermessens zur Berücksichtigung der Bedeutung der Sache für die Klägerin die Regelung des § 52 Abs. 3 Satz 2 und 3 GKG zu berücksichtigen. Danach ist bei der Bestimmung des Streitwerts im Streitfall ein Jahresbetrag (2.280 Euro = 12 x 190 Euro) im Rahmen des § 52 Abs. 1 GKG zu berücksichtigen.

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Zwar ist § 52 Abs. 3 Satz 2 und 3 GKG nach dem Wortlaut nur anwendbar, wenn der Streitwert nach § 52 Abs. 3 GKG und nicht nach § 52 Abs. 1 GKG zu bemessen ist (BFH-Beschluss vom 18.01.2017 X S 22/16, ECLI:DE:BFH:2017:B.180117.XS22.16.0). Allerdings schließt dies eine Berücksichtigung im Rahmen des Ermessens nach § 52 Abs. 1 GKG im Streitfall nicht grundsätzlich aus. Denn gerade mit Einfügung des § 52 Abs. 3 Satz 3 GKG ab 01.08.2013 in Kindergeldangelegenheiten sollte für zukünftige wiederkehrende Leistungen auf einen Jahresbezug abgestellt werden (BT-Drs. 18/823, S. 26). In Fällen einer Kindergeldfestsetzung, die - wie hier - bei unveränderten Verhältnissen jedenfalls über die Jahresgrenze hinaus wirken, entspricht diese Berücksichtigung danach dem Interesse der Kindergeldberechtigten.

37

Hierfür spricht auch die Rechtsprechung des BFH, wonach eine positive Kindergeldfestsetzung aufgrund der gesetzlichen Konzeption des § 70 Abs. 1 bis 3 EStG Bindungswirkung für die Zukunft hat (BFH-Urteil vom 25.07.2001 VI R 78/98, BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88; vgl. auch FG Münster, Beschluss vom 19.02.2015, 4 K 4115/14 Kg (PKH), EFG 2015, 956; Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand: Oktober 2015, Vor § 135 FGO Randnummer- Rn. - 217 m. w. N.).

38

Gegen eine Berücksichtigung des Jahresbetrages sprechen nicht die Entscheidungen des BFH vom 18.11.2014 (V S 30/14, BFH/NV 2015, 346) und vom 02.10.2014 (III S 2/14, BFHE 247, 119, BStBl II 2015, 37). Denn diese Entscheidungen bezogen sich auf Bescheide, mit denen die Festsetzung von Kindergeld abgelehnt oder aufgehoben wurde und ergingen im Übrigen noch zu § 52 Abs. 3 GKG in der vor dem 01.08.2013 geltenden Fassung.

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ccc) Der Gegenstandswert beträgt 749,20  Euro, da im Streitfall 10 % des bisher ermittelten Wertes in Höhe von 7.492 Euro (= 5.212 Euro + 2.280 Euro) anzusetzen sind.

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Die Verminderung des Streitwertes auf 10 % im hier streitigen Fall eines "echten" Untätigkeitseinspruchs ist angesichts der obigen Ausführungen (II.1.a]bb]) ermessensgerecht.

41

b) Die zu erstattenden Kosten betragen 147,56 Euro. Soweit darüber hinaus der Bescheid Kostenerstattung festgesetzt hat, ist er rechtswidrig.

42

Bei einem Gegenstandswert von 749,20 Euro beträgt die einfache Gebühr nach § 13 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Anlage 2 RVG 80 Euro und die 1,3-fache Gebühr damit 104 Euro (Nr. 2300 VV). Zuzüglich der Pauschale für Post und Telekommunikation gemäß Nr. 7002 VV (20 Euro) und der Umsatzsteuer in Höhe von 19 % (Nr. 7008 VV) ergibt sich der Betrag der zu erstattenden Kosten in Höhe von 147,56 Euro.

43

2. Durch die zugunsten der Klägerin erfolgte zu hohe Kostenfestsetzung ist die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Eine Minderung der Höhe der zu erstattenden Kosten ist angesichts des für das Gericht bestehenden Verböserungsverbots nicht möglich.

44

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

45

Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, wie sich im Fall eines (erfolgreichen) Untätigkeitseinspruchs in Kindergeldangelegenheiten der Streitwert nach § 52 GKG für eine Kostenerstattung nach § 77 EStG bemisst.

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